Bosch 125 Jahre Technik fürs Leben

February 1, 2017 | Author: Hilke Feld | Category: N/A
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Bosch 125 Jahre Technik fürs Leben

Bosch 125 Jahre Technik fürs Leben

Bosch 125 Jahre Technik fürs Leben



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Vorwort



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Robert Bosch

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Chronologie

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1886 – 1900 Die Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik

46

1901 – 1923 Der Weg zum internationalen Automobilzulieferer

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1924 – 1945 Vom Automobilzulieferer zum diversifizierten Unternehmen

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1946 – 1959 Wiederaufbau und Wirtschaftswunder

100

1960 – 1989 Gründung der Geschäftsbereiche und Durchbruch der Elektronik

124

1990 – 2011 Antworten auf die Herausforderungen der Globalisierung

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Mitarbeiter und Arbeitswelten

174

Unternehmerische Verantwortung

192

Anhang

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Robert Bosch und seine Nachfolger

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Standorte weltweit

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Umsätze und Mitarbeiter 1886 – 2010

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Meilensteine

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Die Bosch-Gruppe

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Bildnachweis

Vorwort

E

in Unternehmen kann ein hohes Alter erreichen, ohne zu altern. Denn jedes unternehmerische Handeln wirkt erneuernd. Stetigkeit und Veränderungsfähigkeit – das eine wie das

andere kennzeichnet die Geschichte der Bosch-Gruppe, die jetzt seit 125 Jahren besteht. Zugleich feiern wir den 150. Geburtstag unseres Firmengründers. Beide Jubiläen sind ein guter Anlass für dieses Buch. Wir verbinden es mit dem Dank an unsere Mitarbeiter und Geschäftspartner, ohne die unser Unternehmen weder so alt geworden noch so jung geblieben wäre. Das vorliegende Buch versteht sich als Rückblick im Wortsinn – es erzählt unsere Geschichte nicht nur nach, es veranschaulicht sie auch mit Bildern aus unserem seit mehr als 75 Jahren bestehenden Archiv. Verdeutlichen wollen wir vor allem dies: Tradition hat einen Wert auch und gerade in einem Unternehmen, das sich als inno­­-

vativ versteht. Die Geschichte von Bosch steckt voller Pionier­taten – technischer, sozialer und wirtschaftlicher. Das aber verstehen wir immer wieder als Ansporn für neue Leistungen. So können wir ­einen Bogen von der Herkunft in die Zukunft schlagen. Auch mit einer noch so guten Geschichte darf sich ein Unternehmen nie zufriedengeben, es muss nach unserem Verständnis immer nach Verbesserung streben. Dabei können wir Kraftlinien aus der Vergangenheit in die Zukunft fortschreiben. Ein Beispiel: Nach wie vor ist Robert Bosch für unsere Mitarbeiter in aller Welt eine starke Identifikationsfigur. Er hat den Ausgleich zwischen wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Verantwortung gesucht und gefunden.

Es ist diese Balance, die wir heute um ökologische Gesichtspunkte verstärkt ergänzen. Ein Unternehmen wie Bosch muss diesen Anspruch vor allem technisch einlösen – auf dem Weg zur organischen Photovoltaik ebenso wie zum Elektroauto. Der eine wie der andere Weg wird lang sein. Das erfordert Stehvermögen – ein Stehvermögen, wie es Bosch gerade in der Kraftfahrzeugtechnik bei vielen wichtigen Innovationen ent­wickelt hat. Auch hier schließt sich der Kreis zwischen Herkunft und Zukunft. Ganz offenbar gibt es Kontinuitäten in der Geschichte von Bosch, die fortzusetzen sich lohnen. Dabei müssen wir stets aufs Neue drei wesentliche Fragen beantworten: Welche Leitmotive gab es im bisherigen Erfolg? Wie hält das Bewährte kommenden ­Bewährungsproben stand? Welche Bereiche müssen weiterent­ wickelt und welche neu aufgebaut werden? Solch eine kritische Reflexion ist die ­Voraussetzung, damit ein traditionsreiches Unternehmen wie Bosch dynamisch bleibt. In diesem Sinne wünschen wir uns, dass die Rückschau angesichts des Doppeljubiläums vor allem anregend wirkt: Sie soll die Energien zeigen, die in unserer wechselvollen und zugleich kraft­ vollen Geschichte stecken.

Prof. Dr. Hermann Scholl

Franz Fehrenbach

Vorsitzender des Aufsichtsrates

Vorsitzender der Geschäftsführung

Robert Bosch

Der Mann, der das Unternehmen Bosch gründete und ihm seinen Namen gab, hatte viele Facetten. Er war ein liberaler Weltbürger und ein die Heimat liebender Schwabe, ein Techniker und Naturfreund, ein sozialpolitischer Feuerkopf und umsichtiger Patriarch. Bis heute prägt Robert Bosch das Unternehmen und die Robert Bosch Stiftung. Es ist vor allem die Anziehungskraft seiner Persönlichkeit, die bis zum heutigen Tag wirkt. Er ist Vorbild, gerade auch weil er keine Idealgestalt war, sondern ein kantiger, unbequemer Mann, der viel geliebt wurde, aber auch wegen seiner Überzeugungen aneckte. Vor allem aber wurde er respektiert, denn man wusste, dass er weiter dachte und klarer sah als die meisten seiner Zeitgenossen, und dass er für das einstand, was er sagte. Was aber prägte ihn selbst? Diese Frage kann nur beantworten, wer seinem Leben von den Anfängen her nachgeht.

„Immer habe ich nach dem Grundsatz gehandelt: Lieber Geld verlieren als Vertrauen. Die Unantastbarkeit meiner Versprechungen, der Glaube an den Wert meiner Ware und an mein Wort standen mir stets höher als ein vorübergehender Gewinn.“ Robert Bosch, 1919

„... ich hatte keinen Gefallen an der Schule …“ ‒ Kindheit und Ausbildung

R

obert Bosch wurde als elftes von zwölf Kindern am 23. September

1861 in Albeck, einem Dorf nördlich von Ulm, geboren. Seine Eltern gehörten der bäuerlichen Oberschicht an und besaßen eine Gast-

und Landwirtschaft. Der Vater Servatius war Freimaurer und überzeugter Demokrat, die Mutter Maria Margaretha eine außerordentlich tüchtige und verständnisvolle Frau – so beschrieb Robert Bosch sie selbst in einem

Rückblick. 1869 verkaufte der Vater sein Gasthaus und setzte sich in Ulm zur Ruhe. Angesichts der Pläne zum Bau der neuen Eisenbahnlinie AalenHeidenheim-Ulm fürchtete er, seine Hauptkunden – die vorbeiziehenden Fuhrleute – zu verlieren. In Ulm besuchte Robert Bosch von 1869 bis 1876 die Realschule, mit wenig Begeisterung, denn er schrieb später: „[…] ich hatte keinen Gefallen an der Schule […].“ Seine Abneigung richtete sich gegen die Institution Schule und die Lehrer mit ihren veralteten Lehrmethoden, nicht jedoch gegen das Lernen und die Inhalte an sich. Er war als Schüler wissbegierig und vielfältig interessiert. Nach Ende der Schulzeit stellte sich die schwierige Frage, welchen Bild links: Robert Bosch im Alter von 25 Jahren, 1886 Bild oben: Das Geburtshaus von Robert Bosch in Albeck bei Ulm – der Gasthof „Zur Krone“, 1931

beruflichen Weg er einschlagen sollte. Auf Anraten seines Vaters entschied sich Robert Bosch für eine Lehre als Feinmechaniker bei einem Ulmer Betrieb, obwohl seine Interessen woanders lagen: „Mein Sinn stand allerdings mehr nach Zoologie und Botanik.“ Sein Lehrherr Wilhelm Maier, „Mechanicus & Opticus“, kümmerte sich kaum um die Ausbildung der Lehrlinge, wie Bosch bald feststellen musste. Maier war oft gar nicht in der Werkstatt und konnte seinem Lehrling Robert Bosch nur wenige Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln. Diese Erfahrung prägte Robert Bosch so nachhaltig, dass ihm später Aus- und Weiterbildung sehr am Herzen lagen.

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Bild rechts: Robert Bosch war das elfte von zwölf Kindern. 1871 wurde dieses Atelierfoto, das ihn mit seiner jüngeren Schwester Maria zeigt, aufgenommen.

Nachdem Robert Bosch 1879 seine Lehre abgeschlossen hatte, wollte er erst einmal die Welt entdecken. Deshalb arbeitete er mehrere Jahre lang bei verschiedenen Unternehmen in Deutschland, den USA und Großbritan­ nien. Seine erste Station im Herbst 1879 war die Firma Bosch & Haag in Köln, die seinem Bruder Karl gehörte. Bereits im Winter desselben Jahres zog Robert Bosch weiter zu C. & E. Fein in Stuttgart. Dort blieb er ebenfalls nur einige Monate, bevor er seine Wanderschaft fortsetzte und vom Frühjahr 1880 an für ein Jahr in einer Fabrik in Hanau arbeitete, die Spezialmaschinen für Ketten aus Gold und Silber herstellte. In den Jahren 1881 bis 1883 war Robert Bosch in den Firmen Sigmund Schuckert (Fertigung von Volt- und Amperemetern) und Schäffer in Nürnberg (Fertigung von Bogenlampen) tätig. Im Wintersemester 1883/84 schrieb er sich, trotz fehlender Vorkenntnisse, als Gasthörer an der Technischen Hochschule in Stuttgart ein. Dort verlor er nach eigenen Angaben „die Furcht vor technischen Ausdrücken […]. Ich wusste nachher, was Spannung und Stromstärke, was eine Pferdekraft war.“ Nach dem kurzen Hochschul-Intermezzo zog es Robert Bosch in die Ferne, da in Nordamerika und Großbritannien die Wegbereiter jener Elektrotechnik zu finden waren, die ihn so sehr interessierte. In den USA arbeitete er 1884/85 unter anderem bei Edison Machine Works (Telefone und Telegraphen) und danach in England bei Siemens Brothers (Apparatebau). Die letzte Station, bevor Robert Bosch sich selbstständig machte, war 1886 bei Buss, Sombart & Co. in Magdeburg (elektrische Beleuchtungen).

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„Liebe Anna …“ ‒ Die Gründung einer Familie Bild oben: Robert Bosch heiratete am 10. Oktober 1887 Anna Kayser (1864 – 1949), die Schwester seines Freundes Eugen Kayser. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1886. Bild rechts: Anna und Robert Bosch bekamen vier Kinder, von denen das Mädchen Elisabeth mit nur knapp zwei Jahren starb. Paula (1889 – 1974), Margarete (1888 – 1972) und Robert junior (1891 – 1921), um 1903 (v. l. n. r.).

Ausschlaggebend für Robert Boschs Rückkehr nach Deutschland war vor allem die heimliche Verlobung mit Anna Kayser im Frühjahr 1885, der Schwester seines Freundes Eugen Kayser. Nahe ihrer Heimat Obertürkheim eröffnete er am 15. November 1886 in Stuttgart seine „Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik“. Gerade weil er auf seinen Stationen in Amerika und anderswo als Beschäftigter auch Enttäuschungen erlebt hatte, war er Unternehmer aus Überzeugung. In seinem eigenen Betrieb und als sein eigener Herr konnte er die Dinge endlich so gestalten, wie er es für richtig hielt. Am 10. Oktober 1887 heirateten Robert Bosch und Anna Kayser in der evangelischen Kirche in Obertürkheim und bezogen ihre erste Wohnung in der Stuttgarter Schwabstraße 56. Dort kamen 1888 und 1889 die Töchter Margarete und Paula zur Welt. Mit der Geburt des dritten Kindes Robert eineinhalb Jahre später zog die Familie in eine größere Wohnung in der Rotebühlstraße 145 um. Anlässlich der Geburt der dritten Tochter Elisabeth im Jahr 1893 stand erneut ein Wohnungswechsel an, diesmal in die Moltkestraße 20. Zwei Jahre später starb die kleine Elisabeth plötzlich an „akuter Zuckerkrankheit“. Beruflich ging es für Robert Bosch trotz vieler Rückschläge stetig bergauf: Sein Unternehmen entwickelte sich zwischen 1900 und 1910 von einer kleinen Werkstatt zum weltweit tätigen Unternehmen. Dies spiegelte sich auch in den Stuttgarter Wohnsitzen der Familie wider: 1902 baute er eine kleine Villa in der Hölderlinstraße 7. 1910 begann der Bau der repräsentativen großen Villa in der Heidehofstraße 31. Robert Boschs beruflicher Erfolg wurde allerdings durch einen weiteren Schicksalsschlag getrübt. Sein Sohn war als Nachfolger für sein Unter-

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nehmen vorgesehen. Deshalb führte er ihn früh ans Geschäft heran. Schon im Alter von elf Jahren ließ er ihn beispielsweise bei der Inventur helfen. Der junge Robert begann 1909 bei seinem Vater als Lehrling, doch schon nach einem Jahr endete seine Laufbahn aus Krankheitsgründen. Die erschütternde Diagnose: Multiple Sklerose. Die folgenden Jahre waren von Arztbesuchen und Kuren geprägt. Robert starb schließlich am 6. April 1921 nach langer Krankheit. Robert Bosch erhielt die Nachricht vom Tod seines Sohnes auf einer Geschäftsreise in Südamerika: „Wie oft fragte ich mich, warum muss ich das Leben weiter haben und er, der junge, muss dahinsiechen?“ Die Eltern versuchten jeweils auf ihre Art und Weise, mit dem Tod des Sohnes fertig zu werden. Während sich Robert Bosch in Arbeit flüchtete und weiterhin aktiv am öffentlichen Leben teilnahm, zog sich seine Frau immer mehr zurück. Das Leid und vor allem die unterschiedliche Art, es zu verarbeiten, entzweiten das Paar immer mehr, bis die Ehe 1927 schließlich geschieden wurde.

Der Sonntag im Jagdhaus ‒ der Naturliebhaber Bosch In dieser schwierigen privaten Zeit wurde die Leidenschaft für die Jagd, die Robert Bosch um die Jahrhundertwende für sich entdeckt hatte, immer mehr zu einer Quelle der Erholung: „Ich hatte mir einen kleinen Kraftwagen gekauft und brachte fast jeden Samstagnachmittag und Sonntag im Jagdhause zu, bei schönem Wetter mit Familie, sonst mit einem Jagdfreund

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Bild rechts: Robert Bosch liebte die Jagd. Sogar noch 1941, im Alter von 80 Jahren, ging er in seinem Jagd­ gebiet in der Nähe von Pfronten auf die Pirsch. Ihn begleiteten ent­ weder Freunde, Geschäftspartner oder einer seiner Revier­förster, hier ­Seraphin Schöll.

oder meinem Sohn.“ Robert Bosch war nicht nur Jäger, sondern auch Heger und Pfleger des Wildbestandes und hatte mehrere Jagdgebiete, zum Beispiel in Pfronten im Allgäu und Urach auf der Schwäbischen Alb, gepachtet. Auch wenn Robert Bosch der Natur sehr verbunden war, verlor er selbst dort das Unternehmen nicht aus dem Blick. Einladungen zur Jagd nutzte er oft, um künftige Geschäftspartner besser kennen zu lernen. Sein Privatsekretär Felix Olpp erinnerte sich später: „Herr Bosch sagte oft, der Aufenthalt in Pfronten ermögliche Kontakte, die eben im Büro nie zu erreichen seien. Man lerne sich auf der Jagd ganz anders kennen als in der betrieblichen Atmosphäre. Gespräche in Jagdhütten oder in der Krone in Pfronten [ein Gasthof] waren ihm stets geschäftlich sehr von Nutzen.“ Robert Bosch hatte nicht viele enge Freunde, da er auch gegenüber vertrauten Menschen eine gewisse Sprödheit an den Tag legte. Intensive und freundschaftliche Kontakte hatte er vor allem zu den Männern, die seine Leidenschaft für die Jagd teilten. Naturverbundenheit spiegelte sich auch in Robert Boschs Interesse für die Landwirtschaft wider. Nach dem Ersten Weltkrieg stieg er über einen Umweg in die Landwirtschaft ein. Er hatte um 1912 Anteile einer Moorverwertungsgesellschaft in Beuerberg in Bayern erworben, die mit einem neuen Verfahren Torf für die Brennstoffherstellung gewinnen wollte. Nachdem sich dieses Verfahren als unrentabel erwiesen hatte, entschied er sich, das Land dennoch zu behalten und die ausgedehnten Moorgebiete in ein landwirtschaftliches Mustergut zu verwandeln. Aus sieben ehemals selbstständigen Bauernhöfen entstand der Boschhof: „Damals schien es mir eine Großtat, aus einem Sumpfe ein Land zu machen, auf dem Milch und Honig flösse.“ Die Prinzipien seiner industriellen Tätigkeit sollten auch in

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Bild unten: Diese Grafik von 1931 warb für die Produkte des Boschhofes, der südlich von München liegt. Bild rechts: Die Produkte des Bosch­ hofes wurden in erster Linie r­ egional vermarktet. In München gab es, wie hier 1930 zu sehen, eine eigene Ver­ kaufsstelle.

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der Landwirtschaft umgesetzt werden. Robert Bosch wollte mit moderner Technik hochwertige landwirtschaftliche Produkte erzeugen und regional vermarkten. Diese Idee scheiterte jedoch. Die Moore waren kein geeigneter Standort für eine ertragreiche Landwirtschaft, das Projekt Boschhof blieb ein Zuschussgeschäft.

Der Rückzug ins private Leben 1927 heiratete Robert Bosch erneut: die 39-jährige Sängerin Margarete Wörz, die Tochter eines Oberförsters. 1928 bekam das Paar einen Sohn, der wiederum Robert genannt wurde. 1931 wurde die Tochter Eva geboren. Zu dieser Zeit hatte sich der Unternehmensgründer bereits aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Wie mit seiner ersten Familie war er auch mit Margarete und den Kindern oft in den Bergen, auf dem Boschhof in Bayern oder in seiner Jagdhütte bei Urach auf der Schwäbischen Alb. Theodor Bäuerle, der spätere Stuttgarter Kultusminister und ein enger Vertrauter von Robert Bosch, schreibt in seinen Erinnerungen: „An

Bild oben: Nach der Scheidung von Anna heiratete Robert Bosch 1927 ein zweites Mal: Margarete Wörz (1888 – 1979), um 1930

den Kindern hatte er eine großväterliche Freude, auf den heranwachsenden

Bild rechts: Die Kinder aus zweiter Ehe – Robert Bosch d. J. (1928 – 2004) und seine Schwester Eva (1931) im Pferdewagen in Stuttgart, 1937

Geselligkeit fehlte, und sie wusste die Gäste so auszuwählen, dass seine man-

Sohn setzte er große Hoffnungen. […] Frau Margarete Bosch verstand es mit außerordentlicher Klugheit, der Eigenart ihres Mannes gerecht zu werden. […] sie brachte Gäste ins Haus, sodass es eigentlich nie an Unterhaltung und nigfachen Interessen dadurch befriedigt wurden.“ Margarete Bosch war es auch, die ihren Mann in vielen Fragen beriet und zwischen ihm und der jüngeren Generation vermittelte.

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Bild links: Robert und Margarete Bosch luden regelmäßig Mitarbeiter in das Wohnhaus in der Heidehofstraße in Stuttgart ein. Bei diesen Gesprächen, hier 1941 mit Karl Zehender (1. v. l.) im Park der Villa, informierte sich Robert Bosch über den Stand der Geschäfte und die politische Lage.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 zog sich Robert Bosch noch stärker als zuvor ins Privatleben zurück. Er war verzweifelt angesichts der sehr früh erkennbaren Kriegsabsichten Hitlers. 1937 wandelte er die Firma in eine GmbH um und regelte seinen Nachlass. 1938 verfasste er sein Testament. Er verfügte unter anderem, dass ein Teil der erwirtschafteten Erträge des Unternehmens gemeinnützigen Zwecken zugeführt werden sollte. Damit entwarf er die Grundzüge der 1964 umgesetzten und bis heute gültigen Unternehmensverfassung. Am 12.  März 1942 starb Robert Bosch im Alter von 80 Jahren in Stuttgart an den Folgen einer Mittelohrentzündung.

„Linderung von allerhand Not“ ‒ gesellschaftliche Grundsätze Damit fand ein Leben sein Ende, das bei allem Erfolg auch Rückschläge und Krisen kannte. Robert Bosch hatte feste soziale und demokratische Grundsätze, an denen er auch in schwierigen Zeiten festhielt. In den Richtlinien für seine Testamentsvollstrecker formulierte er 1935 das Ziel seiner gemeinnützigen Aktivität: „Meine Absicht geht dahin, neben der Linderung von allerhand Not, vor allem auf die Hebung der sittlichen, gesundheitlichen und geistigen Kräfte des Volkes hinzuwirken.“ Immer wieder spendete Robert Bosch für gemeinnützige Zwecke. Die erste große Stiftung von rund 20 Millionen Mark leistete er im Ersten Weltkrieg, 13 Millionen davon für den Bau des Neckarkanals. Die Zinsen aus der Neckarkanal-Stiftung kamen der Stadt Stuttgart zur Linderung sozialer Not zugute. Robert Bosch

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erzählte im Rückblick: „Als nun der Krieg und mit ihm die Kriegslieferungen kamen, […] drückte mich der Verdienst, den ich machte, während andere ihr Leben einbüßten. Ich fasste Ende 1916 den Entschluss, meinen Kriegsgewinn zu einer Stiftung für die Erbauung des Neckarkanals zu verwenden.“ Zeitlebens war auch Bildung ein wesentliches Anliegen von Robert Bosch. 1910 förderte er zum Beispiel mit einer Million Mark die ­Forschung und Lehre an der damaligen Technischen Hochschule in Stuttgart. Dabei bedeutete für ihn Bildung nicht nur das pure Anhäufen von Wissen, sondern auch die Fähigkeit, „politisch richtig zu handeln und Irrlehren als solche zu erkennen“. Gerade in der politisch instabilen Zeit der Weimarer Republik war es ihm wichtig, dass die Menschen ein demokratisches Verständnis entwickelten. Im Gesundheitswesen widmete sich Robert Bosch der Förderung der Homöopathie. In seinen Lebenserinnerungen schreibt er: „Ich bin vom Knabenalter an nie anders als homöopathisch behandelt worden.“ Deshalb träumte er lange von einem homöopathischen Krankenhaus in Stuttgart. Der Wunsch ging allerdings erst im April 1940 mit der Eröffnung des Robert-Bosch-Krankenhauses in Erfüllung. Hier standen die Schulmedizin, die Homöopathie und die Naturheilkunde gleichwertig nebeneinander. Auch wenn Robert Bosch für sich selbst der Homöopathie den Vorzug gab, sollte in seinem Krankenhaus das Beste aus allen Richtungen zum Wohl der Patienten praktiziert werden. Im Laufe der Jahrzehnte verdrängte allerdings die Schulmedizin die anderen Richtungen immer mehr. Über sein breites gemeinnütziges Engagement hinaus betätigte sich Robert Bosch in den 1920er und 1930er Jahren auch politisch. Seine Haltung war durch sein liberales Elternhaus geprägt und durch die „Wander-

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Bild links: Robert Bosch war Mitglied der Deutschen Sektion für deutschfranzösische Verständigung und lud 1935 deutsche und französische Kriegs­ veteranen nach Stuttgart zu einem Treffen mit dem Motto „Pioniere des Friedens“ ein. Der Redner im Bild ist Albert Delsuc, Repräsentant der fran­­z­ösischen Kriegsveteranen. Bild oben: Bei der Einweihung des Robert-Bosch-Krankenhauses 1940 zeigte Robert Bosch (3. v. l.) dem Stutt­ garter Oberbürgermeister Karl Strölin (1. v. l.), Ludwig Schweizer (2. v. l.), Architekt Paul Hahn (4. v. l.) und Mit­ gliedern des Stuttgarter Gemeinderates stolz das Gebäude und das Gelände.

jahre“ gefestigt worden, besonders durch den Aufenthalt in den USA. Sogar selbst im „Mutterland der Demokratie“ fehlte Robert Bosch „der Eckstein der Gerechtigkeit: die Gleichheit vor dem Gesetz“. Nach seiner Rückkehr aus den USA und der Gründung des Betriebs hatte er einige Zeit Kontakt zu einem besonderen Nachbarn: Karl Kautsky, einem führenden Mitglied der damals noch jungen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Robert Bosch fand zwar die Thesen von Marx und Engels nicht überzeugend, aber in ihm reifte die Vision des sozialen Unternehmers. Nach dem Ersten Weltkrieg engagierte sich Robert Bosch als überzeug­ ter Pazifist und Europäer vor allem für die Aussöhnung mit Frankreich. Davon erhoffte er sich einen dauerhaften Frieden und die Schaffung eines Wirtschaftsraumes ohne Zollschranken. Umso mehr litt Robert Bosch unter der aggressiven Außen- und Autarkiepolitik der Nationalsozialisten. Dass sein Unternehmen in die Aufrüstungs- und Kriegspolitik des Dritten Reiches einbezogen wurde, überschattete seine letzten Lebensjahre. Robert Bosch und seine leitenden Mitarbeiter förderten darum auch den Widerstand gegen das Regime und beteiligten sich an der Rettung jüdischer Mitarbeiter und anderer Verfolgter. 1937 hatte er den ehemaligen Leipziger Oberbürgermeister Carl Goerdeler als Berater angestellt. Dieser organisierte mit Wissen und Unterstützung von Robert Bosch und seiner engsten Mitarbeiter einen Widerstandskreis gegen Hitler. Den Kriegsausbruch 1939 empfand Robert Bosch als persönliche und nationale Katastrophe. Sein Biograf Theodor Heuss schrieb dazu: „Er sagte mir einmal: Es wäre mir lieber, ich würde mit 10 Leuten für den Frieden als mit 30 für den Krieg arbeiten.“ Stattdessen musste er mit ansehen, wie auch in seinem Unternehmen die Beschäftigung von Zwangsarbeitern schreckliche Normalität wurde.

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„Lieber Geld verlieren als Vertrauen“ ‒ unternehmerische Grundsätze Bild links: Robert Bosch, der sehr großen Wert auf Qualität legte, prüfte selbst immer wieder die Arbeit. Hier begutachtet er 1936 den von einem Lehrling gefertigten Anschlag­swinkel.

Robert Bosch behandelte seine Mitarbeiter stets als Partner ‒ er verlangte viel, übertrug im Gegenzug aber auch Verantwortung, zahlte hohe Löhne und sorgte für gute Arbeitsbedingungen. Dass es manchmal ein schwieriges Unterfangen war, die Balance zu halten, gab er selbst zu: „Es war nicht immer leicht […], den Mittelweg zu halten zwischen dem Unternehmer, der sich behaupten muss, und dem sozial denkenden Geschäftsmann.“ Robert Bosch achtete sehr auf Sparsamkeit, Pünktlichkeit, Disziplin und Qualität. Er bemühte sich in allen diesen Bereichen um ständige Verbesserungen und legte größten Wert darauf, seinen Kunden eine absolut einwandfreie Leistung anzubieten. 1921 formulierte er dies für die Mitarbeiterzeitschrift Bosch-Zünder so: „Immer habe ich nach dem Grundsatz gehandelt: Lieber Geld verlieren als Vertrauen. Die Unantastbarkeit meiner Versprechungen, der Glaube an den Wert meiner Ware und an mein Wort standen mir stets höher als ein vorübergehender Gewinn.“ Robert Bosch war überzeugt, dass nur mit zufriedenen Mitarbeitern und Kunden ein Unternehmen langfristig erfolgreich sein könne. Auf diesen Grundsätzen baute Robert Bosch sein Geschäft auf. Diese Leitlinien sind in der jüngeren Vergangenheit an die veränderten Verhältnisse in der Gesellschaft und im Unternehmen angepasst worden. Manches wurde nur in eine zeitgemäßere Sprache gefasst, manches weiter und manches ganz neu entwickelt. Was Robert Bosch vorgedacht und vorgelebt hat, prägt bis heute die Werte des Unternehmens, das seinen Namen trägt.

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Chronologie

Als Robert Bosch im November 1886 gemeinsam mit zwei Mitarbeitern die „Werkstätte für Feinmechanik und Elektro­ technik“ in Stuttgart eröffnete, konnte niemand erahnen, dass 125 Jahre später mehr als 280 000 Menschen weltweit für Bosch arbeiten würden. Es war weder ein leichter noch ein immer geradliniger Weg vom kleinen Handwerksbetrieb zum inter­ nationalen Technologie- und Dienstleis­ tungsunternehmen. Bosch musste schwere wirtschaftliche und politische Rückschläge meistern. Aber es war auch eine Zeit großer Erfolge und bahnbrechender Erfindungen. Heute steht Bosch in aller Welt für Qualität, innovative Technik und ein hohes Maß unternehmerischer Verantwortung. Wie der Weg dorthin verlief, ist eine spannende Geschichte.

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1886– 1900 Die Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik

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„Böses Gewürge“ ‒ der Beginn der Selbstständigkeit Bild rechts: In dieser Hinterhof­werk­ statt im Erdgeschoss des Hauses Rotebühlstraße 75 B in Stuttgart fing Robert Bosch 1886 mit einem kleinen Handwerksbetrieb an. 1890 zog er dann in eine größere Werkstatt in der Gutenberg­straße 9 um. Bild vorherige Seite: Robert Bosch und sein Meister Arnold Zähringer entwickel­ten 1897 einen neuartigen Magnetzünder. Es war vorher noch ­niemandem gelungen, einen Magnet­ zünder als sicheres und zuverlässiges Zündsystem für einen Kraftfahrzeug­ motor zu verwenden.

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chon früh hatte Robert Bosch den Wunsch, sich mit einer eigenen Firma selbstständig zu machen. Bereits aus den USA und England schrieb er seiner späteren Ehefrau Anna Kayser, welche Pläne er

für die Zukunft habe. Allerdings war er sich im Frühjahr 1886 noch nicht

sicher, ob er allein oder gemeinsam mit einem Freund eine Firma gründen solle. Auch die Frage nach dem Standort beschäftigte ihn sehr. Schließlich gaben die wirtschaftlichen Aussichten und der Wohnort der Verlobten im nahen Obertürkheim den Ausschlag: Robert Bosch wählte Stuttgart. Das Startkapital von 10 000 Mark stammte aus Ersparnissen und seinem Anteil am Erbe des Vaters, der sechs Jahre zuvor gestorben war. Der 11. November 1886 war ein strahlender Spätherbsttag, als Robert Bosch gemeinsam mit zwei Mitarbeitern, einem Mechaniker und einem Laufburschen, im Hinterhaus der Rotebühlstraße 75 B in Stuttgart seine erste Werkstatt einrichtete. Die „Werkstätte für Feinmechanik und Elek­ trotechnik“ hatte eine Schreibstube, eine größere und eine kleinere Werk­ statt sowie einen Raum, in dem eine kleine Schmiede untergebracht war. Robert Bosch musste allerdings noch auf die amtliche Genehmigung war­ ten. Sie traf vier Tage später ein, am 15. November 1886. Dieser Tag gilt seitdem als Gründungstag des Unternehmens. Robert Bosch erledigte alle feinmechanischen und elektrotechni­ schen Arbeiten, die seine Kunden bei ihm in Auftrag gaben. Vor allem in­stallierte er Schwachstromanlagen wie Telefonstationen, elektrische Klingeln, Türkontakte und Wasserstandsfernmelder, später auch Rohr­ postanlagen und elektrisches Licht. Trotz dieses breiten Angebotes hatte Bosch in den ersten Jahren nicht immer genügend Aufträge, um seine Mit­ arbeiter ausreichend zu beschäftigen und zu bezahlen. Trotzdem wollte

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1 Amboss 2 Feldschmiede 3 Werkzeugschrank 4 Schleifstein 5 Ofen 6 Drehbank 7 Werkbank mit zwei Schraubstöcken 8 Telefon 9 Tisch und Stuhl 10 Pult

1886–1900

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Bilder rechts: In den ersten Jahren der Selbstständigkeit baute und ins­ tallierte Bosch feinmechanische und elektrotechnische Geräte aller Art. Die Bilder zeigen vier Beispiele aus der Zeit von 1888 bis 1900 (im Uhr­ zeigersinn): Anzeige für Zigarrenspit­ zen, Rohrpostanlage, ein Kontaktwerk eines Wasserstandsfernmelders und eine Blindenschreibmaschine.

1924–1945

er ihnen nichts schuldig bleiben. Zudem benötigte er weiteres Kapital, um in eine moderne Ausstattung der Werkstatt zu investieren. Deshalb lieh er sich Geld bei seiner Mutter und nahm mit Bürgschaften der Familie einen Kredit auf. Später bezeichnete Robert Bosch die ersten Jahre der Selbst­ ständigkeit einmal als „böses Gewürge“. Besonders schwer war das Jahr 1892, als er wegen Auftragsmangels gezwungen war, 22 von insgesamt 24 Mitarbeitern zu entlassen.

Die Basis des Erfolgs – Magnetzünder für Stationärmotoren Für die wirtschaftliche Erholung des jungen Unternehmens sorgte 1895 zum einen der Bau des Stuttgarter Elektrizitätswerkes. Dadurch erhielt Robert Bosch wieder neue Aufträge für sein Installationsgeschäft. Zum anderen stellte er bereits Magnetzündapparate her – Erzeugnisse, die er schon bald weiterentwickeln sollte. Sie erzeugten einen elektrischen Fun­ ken, der das Gasgemisch im Zylinder eines stationären Verbrennungs­ motors entzündete. Robert Bosch war eher zufällig darauf aufmerksam geworden. Ein Maschinenbauer hatte ihn 1887 gefragt, ob er ihm nicht einen Magnetzünder nachbauen könne, den er an einem Motor in einem Schorndorfer Betrieb gesehen hatte. Robert Bosch nahm die Anregung auf. Er fuhr ins etwa 30 Kilometer von Stuttgart entfernte Schorndorf und studierte dort sehr genau die Konstruktion vor Ort. An dem Motor war ein Apparat der Kölner Gasmotorenfabrik Deutz angebaut. Nachdem sich Robert Bosch beim Hersteller vergewissert hatte,

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Bild links: Der Mechaniker Richard Schyle arbeitete von 1891 bis 1930 bei Bosch. 1909 zeigte er an einem Modell die Funktionsweise des ersten Magnetzünders von Bosch.

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dass der Magnetzünder nicht patentrechtlich geschützt war, baute er ihn nach. Am 8. Oktober 1887 lieferte er das erste Exemplar eines Bosch-Zün­ ders an den Maschinenbauer Schmehl & Hespelt im württembergischen Städtchen Möckmühl. Robert Bosch hatte den Magnetzünder aber nicht einfach nur nachgebaut, sondern bereits weiterentwickelt – ganz im Sinne seines späteren Leitgedankens der ständigen Verbesserung. Er verwen­ dete keine stabförmigen, sondern u-förmige Magneten. Die neue Lösung war leichter und weniger anfällig – und sie sorgte vor allem für eine höhere Leistung. In den folgenden Jahren stellte Bosch die Magnetzünder in steigender, aber immer noch kleiner Stückzahl her: 1888 lieferte er insgesamt neun Stück aus, 1891 wurden bereits mehr als 100 bei Bosch gefertigt. Damit machte der Magnetzünder erstmals über 50 Prozent des Umsatzes der Werkstätte aus.

„Murkser und Pfuscher werden nicht geduldet“ ‒ Einblicke in die Werkstatt In der Werkstatt herrschte ein strenger Ton. Robert Bosch forderte hohe Leistungen von seinen Mitarbeitern, sorgte aber auch für gute Arbeitsbe­ dingungen. Er wusste, dass ein Mitarbeiter an einer veralteten Werkbank mit schlechten Werkzeugen keine hochwertigen Produkte herstellen konnte. Deshalb investierte er ständig in neue Maschinen. Auch sonst war Robert Bosch ein „moderner“ Handwerker: Um für die Kunden stets erreichbar zu sein, mietete er einen Telefonanschluss, der

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Bild links: Robert Bosch besuchte von 1890 an seine Kunden mit einem modernen Fahrrad. Er war damit nicht nur schnell unterwegs, sondern sparte auch das Geld für die Straßenbahn. Bild oben: Die geringen Erträge der ersten Jahre investierte Robert Bosch vorwiegend in eine moderne Ausstat­ tung seiner Werkstatt. 1887 kaufte er eine fußgetriebende Drehbank, auf der auch Teile für die ersten Magnet­ zünder gefertigt wurden.

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damals mit 150 Mark im Jahr noch sehr teuer war. Durch ein Abonnement der Zeitschrift „Centralblatt für Elektrotechnik“ hielt sich Robert Bosch fachlich auf dem Laufenden. Auch ließ er Prospekte drucken und schal­ tete Anzeigen in Zeitschriften, um seine Werkstatt in der Öffentlichkeit bekannter zu machen. Für seine Kundenbesuche hatte sich Robert Bosch ein modernes, in Deutschland damals noch kaum bekanntes Niederfahr­ rad bestellt. Er war damit nicht nur schneller vor Ort, sondern sparte auch das Geld für die Straßenbahn. Außerdem zog er mit dem ungewöhnli­ chen Gefährt die Aufmerksamkeit der Stuttgarter auf sich und machte so kosten­günstig Werbung für seine Firma. Bei der Auswahl neuer Mitarbeiter legte Robert Bosch hohe Maßstäbe an. Adolf Krauß kam 1898 als Mechaniker in die Firma und erinnerte sich bei seinem 25-jährigen Arbeitsjubiläum: „Jeder wurde übrigens bei seiner Einstellung von Herrn Robert Bosch persönlich auf Leistung und saubere Arbeit genau geprüft. Murkser und Pfuscher wurden in der Bosch-Werkstätte nicht geduldet.“ Wenn Robert Bosch bemerkte, dass Beschäftigte schlampig arbeiteten oder mit den Betriebsmitteln verschwenderisch umgingen, sprach er dies sofort an. Langjährige Mitarbeiter wie Gottlob Honold wussten, wie sie mit seiner Art umzugehen hatten. So sei ab und zu „ein reinigendes Ungewitter durch die ganze Bude“ gegangen, „aber schnell hellte sich immer der Himmel wieder auf und bei dem guten persönlichen Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und seinen Arbeitnehmern war sehr rasch wieder der Friede hergestellt.“

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Bild rechts: Gerade bei anspruchs­ vollen Anwendungen bewiesen Bosch-­ Magnetzünder ihre Qualität und Leistungs­fähigkeit. Im ersten Luftschiff LZ 1 des Grafen Zeppelin sorgten im Jahr 1900 die NiederspannungsMagnetzünder von Bosch für eine sichere und zuverlässige Zündung.

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Richard Schyle, der von 1891 bis 1930 bei Bosch arbeitete, berichtet in ­seinen Erinnerungen auch über die heitere und gute Arbeitsatmosphäre in der Werkstatt. So schloss Robert Bosch beispielsweise an einem Som­ mertag, an dem die Hitze in den Räumen unerträglich wurde, kurzerhand die Firma und gab der Belegschaft einen Tag frei. Auch sangen die Arbei­ ter gerne bei der Arbeit. Das soll Robert Bosch so sehr gefallen haben, dass er dann zumeist in seinem Büro blieb, um sie nicht durch sein Erscheinen zu unterbrechen. Den Bau des tausendsten Magnetzünders feierte Robert Bosch 1896 mit seinen Beschäftigten bei einem Betriebsausflug in ein Gasthaus nahe Stuttgart. Der Zünder war damals bereits zum wichtigs­ ten Umsatzträger des Unternehmens geworden. Dass dieses Produkt den Namen Bosch bald um die ganze Welt tragen würde, ahnte zu diesem Zeit­ punkt aber noch niemand.

Das „Problem der Probleme“ – die Zündung im Kraftfahrzeug Die ersten Magnetzünder hatten einen großen Nachteil. Aufgrund ihrer Konstruktion eigneten sie sich nur für langsam drehende Stationärmo­ toren, die beispielsweise in Fabriken Maschinen antrieben. In kleineren, schnell laufenden Motoren der neuen Kraftfahrzeuge – wie etwa in moto­ risierten Kutschen, Fahrrädern oder Dreirädern – funktionierten sie hin­ gegen nicht. Hier mussten deshalb andere Zündsysteme verwendet wer­ den, die allerdings unzuverlässig und unsicher waren.

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Die Marke Bosch Kein Unternehmenserfolg ist ohne eine starke Marke möglich. Schon auf den Messingsockeln der ersten Magnetzündapparate prangte die Wort­ marke „Bosch“ in klaren großen Lettern – fast wie der heutige Schrift­ zug. Der „Anker im Kreis“, der vereinfacht dargestellte Kern des Mag­ netzünders, ist die Bildmarke. Entworfen hatte sie Entwicklungsleiter Gottlob Honold als Handzeichnung im November 1918, wenige Wochen nachdem Bosch infolge des Ersten Weltkrieges die Rechte an der alten Bildmarke in den USA verloren hatte. 1920 für den weltweiten Einsatz urheberrechtlich geschützt, erhöhte der Anker im Kreis zusammen mit der Wortmarke Bosch entscheidend den Wiedererkennungswert der Produkte. Er ist noch heute die gültige Bildmarke und prägt damit schon seit über 90 Jahren das Erscheinungsbild von Bosch weltweit.

Bild rechts: 1897 setzten Robert Bosch und sein Meister Arnold Zähringer zum ersten Mal einen Magnetzünder erfolgreich als Zündsystem in ein Kraft­ fahrzeug ein. Das erste Fahrzeug mit einem Bosch-Zünder war ein Dreirad nach Bauart der französischen Firma De Dion-Bouton.

Es war der englische Automobilpionier Frederick Richard Simms, der auf der Suche nach einem besseren Zündsystem auf Robert Bosch aufmerk­ sam wurde. Simms schickte 1897 ein Motordreirad nach Bauart der franzö­ sischen Firma De Dion-Bouton nach Stuttgart, um anstelle der angebrach­ ten Summerzündung einen Magnetzünder einbauen zu lassen. Robert Bosch und sein Meister Arnold Zähringer hatten Simms’ Angaben, dass der Motor etwa 600 Umdrehungen pro Minute bewältigte, nicht geglaubt und wollten sich selbst ein Bild davon machen. Allerdings wagte nur der dama­ lige Lehrling und spätere Vorstand Max Rall eine erste Probefahrt auf dem ungewöhnlich schnellen Gefährt, die auch prompt in den aufgestapelten leeren Weinfässern der benachbarten Weinhandlung Hirsch endete. Eine weitere Testfahrt auf einer Landstraße brachte schließlich die Erkenntnis, dass der Motor etwa 1 800 Umdrehungen pro Minute erreichte. Damit war eines klar: Ein Magnetzünder der herkömmlichen Art konnte diese Drehzahlen nie leisten. Doch so schnell gaben Robert Bosch und seine Mitarbeiter nicht auf. Schließlich hatte Zähringer die zündende Idee: Er verbesserte den Antrieb des Magnetzünders und ließ nun nicht mehr den schweren Anker pendeln, sondern nur noch eine schmale, leichte Hülse. Mit diesem „Leichtgewicht“ funktionierte der Magnetzün­ der auch bei hohen Drehzahlen. Damit war eine verblüffend einfache Lösung für das „Problem der Probleme“ gefunden, wie Carl Benz einmal die Zündung im Kraftfahrzeug genannt hatte. Mit dieser zuverlässigen und sicheren Lösung für das Auto schaffte Bosch den internationalen Durchbruch.

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Die neue Konstruktion des Magnet­ zünders beruhte auf einer einfachen Idee: Statt des schweren Ankers pendelte im Inneren nur eine leichte, schmale Hülse. Dadurch war es zum ersten Mal möglich, einen Magnetzün­ der als Zündsystem auch für kleine Kraftfahrzeugmotoren mit hohen Drehzahlen zu verwenden.

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Bosch wird international ‒ die ersten Vertretungen Bild links: Im Mai 1910 zog die ­Londoner Bosch Magneto Company von der Store Street in die Newman Street um. In England hatte Robert Bosch 1898 gemeinsam mit Frederick Simms die erste Vetriebsgesellschaft außerhalb Deutschlands gegründet. Bild oben: Die Wiener Firma Dénes und Friedmann vertrieb ab 1899 Bosch-Produkte in Österreich und Ungarn. Um 1905 pries sie auf der ­Titelseite ihres Kataloges Autofahrern den Bosch-Magnetzünder an.

Diese Innovation eröffnete Bosch einen ganz neuen Kundenkreis: die Automobilhersteller und Automobilisten in aller Welt. Viele Autofahrer wollten nun statt der alten anfälligen Technik das neue elektrische Zünd­ system von Bosch. Um auch in anderen Ländern Kunden betreuen und ohne lange Transportwege beliefern zu können, vergab Bosch Vertretun­ gen vor Ort – die erste 1898 in Großbritannien. Diese Vertretung übernahm Frederick Simms, der Robert Bosch zuvor das Motordreirad geschickt hatte. Ein Jahr später folgten bereits Niederlassungen in Frankreich und Österreich-Ungarn. Dies waren die ersten Schritte zu einem weltweiten Vertrieb. Der konsequente Ausbau der internationalen Präsenz war in den folgenden Jahren einer der wichtigsten Gründe für den raschen Aufstieg und Erfolg des Unternehmens.

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1901–1923 Der Weg zum inter­ nationalen Automobil­ zulieferer

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„Hausbesitzer bin ich“ – die erste eigene Fabrik Bild rechts: Die leitenden Angestellten nutzten 1907 den ersten Firmenwagen für eine Probefahrt. Vor dem Wagen steht Ernst Ulmer. Am Lenkrad sitzt Gottlob Honold, auf dem Trittbrett Hugo Borst. Arnold Zähringer steigt gerade aus dem Wagen. Bild vorherige Seite: Am 1. April 1901 zog Bosch mit 45 Mitarbeitern in das neue Fabrikgebäude in der Stuttgarter Hoppenlaustraße ein. Das Unternehmen hatte sich innerhalb von rund 15 Jahren von einer kleinen Hinterhofwerkstatt zu einem modernen Industrieunternehmen gewandelt.

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as rasche europaweite Wachstum machte nun auch größere Inves­ titionen nötig. Der Betrieb von Robert Bosch war bisher mehrfach umgezogen und stets in angemieteten Räumen des Stuttgarter

­Westens untergebracht. 1900 kaufte Robert Bosch unweit seiner bishe­ rigen Werkstatt ein Mietshaus in der heutigen Breitscheidstraße in Stutt­ gart. In Briefen an seine Freunde schrieb er stolz, dass er nun „Haus­ besitzer“ sei, und er rechnete ihnen vor, dass sich die Investition innerhalb weniger Jahre lohnen werde. Denn an das Haus schloss sich ein großer Garten an, den er für den Bau einer neuen Fabrik nutzen wollte. Dabei setzte Robert Bosch konsequent seine Ideen eines modernen Industriebaus um. Außen passte sich der Bau der Wohngegend an, innen bot er moderne Arbeitsbedingungen und ideale Arbeitsplätze: helle, große und gut belüftete Räume. Am 1. April 1901 zogen 45 Mitarbeiter in die neue

„Elektrotechnische Fabrik Robert Bosch“ ein. Dieser Neubau im Stuttgarter Westen war ein Meilenstein auf dem Weg von der kleinen Hinterhofwerk­ statt zu einem Industrieunternehmen mit Standorten auf der ganzen Welt.

„… den Vogel abgeschossen“ – die Hochspannungs-Magnetzündung Am selben Tag kehrte auch der frühere Lehrling Gottlob Honold wieder in die Firma zurück – ein kluger Kopf, der sehr bald eine entscheidende Idee haben sollte. Nach seiner Lehrzeit hatte Honold Bosch zunächst verlassen, um als Mechaniker bei anderen Firmen zu arbeiten. Anschließend hatte er in Stuttgart Maschinenbau und Elektrotechnik studiert. Nach Studium

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Bild rechts: Gustav Klein reiste 1906 als Verkaufsleiter in die USA und gründete in New York die erste Vertriebsgesellschaft für Bosch in Amerika. Zwei Jahre später änderte sie ihren Namen in Bosch Magneto Company, an der auch Gustav Klein Anteile hielt.

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und Militärdienst traf der junge Ingenieur eher zufällig seinen ehemali­ gen Lehrherrn wieder, der ihn davon überzeugte, als Entwickler wieder zurückzukommen. Robert Bosch beauftragte Honold mit der konstruk­ tiven Verbesserung des Magnetzünders, um das bisher nötige Abreißge­ stänge für die Motorzündung überflüssig zu machen. Dieses Gestänge war wartungsintensiv und reparaturanfällig – und sehr aufwändig in der Her­ stellung, da es an jeden Motor einzeln angepasst werden musste. Honold suchte trotz vieler gescheiterter Versuche unbeirrbar nach einer besseren Lösung. Schließlich entwickelte er einen HochspannungsMagnetzünder, der es ihm erlaubte, das Abreißgestänge durch Zünd­ kerzen zu ersetzen. Der Zündfunke entstand nun nicht mehr durch die mechanische Unterbrechung eines Stromkreises an zwei beweglichen Kontakten innerhalb des Zylinders. Stattdessen erzeugte der neue Mag­ netzünder eine Hochspannung, die einen Funken zwischen den Elektro­ den einer Zündkerze überspringen ließ. Als Honold im Dezember 1901 den ersten Prototypen präsentierte, war Robert Bosch sehr beeindruckt: „Damit haben Sie den Vogel abgeschossen!“ Dieser Satz stand am Anfang der Innovationsgeschichte von Bosch.

Ein „Triumphzug“ um die Welt ‒ der Sprung über den Atlantik Die Firma wuchs nun sehr schnell. Beide Systeme – sowohl der ältere Nie­ derspannungs-Magnetzünder als auch der neue Hochspannungs-Mag­ netzünder – fanden weltweit reißenden Absatz. 1896 hatten Robert Bosch

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Bild oben: In Prag konnten Kunden im neuen Verkaufshaus ab 1925 ­Produkte von Bosch kaufen und diese in der angeschlossenen Werkstatt ­sofort montieren lassen.

und seine Belegschaft bereits das tausendste Exemplar gefeiert. 1901 ver­ ließ der zehntausendste Zünder die neue Fabrik und 1906 dann der hun­ derttausendste. Nachdem 1910 eine halbe Million erreicht war, führte Robert Bosch zu diesem Anlass den arbeitsfreien Samstagnachmittag und eine nach Dienstjahren gestaffelte Urlaubsregelung ein. Das eben erst gebaute Fabrikgebäude war schon bald nach dem Ein­ zug wieder zu klein. Robert Bosch erweiterte das Gelände stetig. Nachdem er sich entschieden hatte, Einzelteile wie die Magnete in Zukunft selbst herzustellen, erwarb er 1909 ein Gelände im damaligen Stuttgarter Vor­ ort Feuerbach. Hier entstand mit dem „Presswerk“ der dritte Fertigungs­ standort. Denn bereits vier Jahre zuvor hatte Bosch eine Fabrik in Paris eröffnet. Das war noch ein Gemeinschaftsprojekt mit Frederick Simms gewesen. Doch die Zusammenarbeit der beiden Partner wurde immer schwieriger. Robert Bosch trennte sich schließlich von Simms und über­ nahm selbst den Vertrieb und die Fertigung in den damals wichtigsten Märkten England und Frankreich. Nun wagte das Unternehmen auch den Sprung über den Atlantik. Mit einer Liste der wichtigsten amerikanischen Autofirmen in der Tasche

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machte sich der neue Verkaufsleiter Gustav Klein 1906 auf den Weg nach Amerika. Klein war für diese Aufgabe genau der richtige Mann – mutig, entschlossen und weltoffen. Mit seinem Tatendrang und seiner Energie wurde er schnell zu einem der wichtigsten Mitarbeiter und engsten Ver­ trauten von Robert Bosch. Die USA-Reise Kleins glich einem wahren „Triumphzug“, wie Robert Bosch später schrieb. Innerhalb weniger Wochen erhielten er und seine Begleiter Aufträge im Wert von über einer Million Dollar. In den folgen­ den Jahren stieg das Geschäft mit den USA sprunghaft an. Um die hohen Einfuhrzölle zu sparen und den Transportweg zu verkürzen, baute Robert Bosch eine eigene Fabrik in Springfield/Massachusetts. Deren Produktion lief 1912 an. Die USA waren schnell zum mit Abstand wichtigsten Absatz­ markt geworden. Vor dem Ersten Weltkrieg erzielte Bosch in Amerika einen größeren Umsatz als in Europa. Innerhalb weniger Jahre entstan­ den auch auf den anderen Kontinenten neue Vertretungen oder eigene Vertriebsgesellschaften.

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Springfield, MA

Amsterdam

1906 New York

1898

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1908

London

Toronto

Dublin

1914

1899 

Plainfield, NJ

Paris 1905  Paris 1911 Porto

1920 Havanna 1922 Mexico-City

1921 Caracas 1923

Die Karte zeigt die ersten Vertretungen und Fertigungsstandorte weltweit zwischen 1898 und 1923: Bereits 1898 gründete Bosch in London seine erste Vertriebsgesellschaft außerhalb Deutschlands. Innerhalb weniger Jahre folgten Vertretungen und Niederlassungen auf allen Kontinenten. Bald fertigte Bosch nicht mehr nur in Stuttgart, sondern ab 1905 auch in Paris und ab 1912 in den USA. Zwar brach durch den Krieg das wichtige internationale Geschäft abrupt weg. Aber Mitte der 1920er Jahre war Bosch zurück bei seinen Kunden vor Ort.

Bogota

1910 1913

Rio de Janeiro

Santiago de Chile

1908 Buenos Aires

 Vertretung  Fertigung

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1904 1907

Stockholm (Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland)

1920

Brüssel

Prag

1922

1899

Luxemburg

Wien 1899

1904

Budapest

Moskau

1922 Zagreb 1922 Belgrad

1906 Bukarest

Sofia

Yokohama

Konstantinopel (Istanbul)

Genf

Barcelona

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1904

1908

1911

1922

1922 1904

Damaskus

Mailand

1922 Jaffa 1913 Athen 1913 Kairo

Kalkutta 1909 Shanghai

1923 Bangkok 1923 Penang 1923 Singapur 1922 Surabaya

1923 Nairobi 1906 Johannesburg

1907 Sydney 1907 Christchurch 55

1920 Seoul

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Die Bosch-Dienste Um 1920 war Bosch bereits ein Name für erstklassige Kraftfahrzeug­ ausrüstung. Wie aber konnte man die Produkte im Handel großflächig vermarkten? Dazu entstanden die Bosch-Dienste – im Bild ein Fahrradtransporter eines dänischen Vertragspartners aus dem Jahr 1940. Den Bosch-Diensten lag ein Franchise-System für unabhängige Werkstätten zugrunde, die Bosch-Ersatzteile anboten. Sowohl ihre Werkstattausrüstung als auch ihre Reparaturqualität mussten hohen Ansprüchen gerecht werden. Sie durften das Bosch-Dienst-Logo verwenden, erhielten Bosch-Ersatzteile für den Verkauf sowie Prüfgeräte zu günstigen Konditionen und wurden mit absatzfördernden Instrumenten wie etwa Werbebroschüren oder Plakaten versorgt. 1921 eröffnete der erste Bosch-Dienst in Hamburg. Heute gibt es über 15  000 solcher Service­ betriebe in aller Welt.

Immer auf dem neuesten Stand ‒ Verbesserungen in allen Bereichen Bild rechts: Bei der Auswahl der neuen Lehrlinge legte Bosch hohe Maßstäbe an. 1925 mussten die Bewerber verschiedene Tests unter den kritischen Augen ihrer zukünftigen Ausbilder meistern.

Um das internationale Wachstum zu bewältigen, musste die interne Orga­ nisation ständig verbessert werden. In der Verwaltung entstanden erste Fachabteilungen. Hatte beispielsweise Robert Bosch am Anfang die Buch­ haltung noch selbst erledigt, bildete sich mit der Anstellung von Hugo Borst und Ernst Ulmer 1900/01 eine kaufmännische Abteilung heraus. Bald wurde auch die Einrichtung einer Patent- und Markenrechtsabteilung not­ wendig. Als Gottlob Honold 1902 die Hochspannungs-Magnetzündung als Patent anmelden wollte, musste er noch selbst nach Berlin zum ­Patentamt fahren. Schon um die Entwickler von dieser aufwändigen Arbeit zu entlas­ ten, ließ Robert Bosch 1909 ein eigenes Patentbüro aufbauen. Auch die Produktion veränderte sich deutlich: weg von der handwerk­ lichen Kleinserien-Herstellung hin zur industriellen Mengenfertigung. Nur mit mehr Mitarbeitern, mehr modernen Maschinen und ständig ver­ besserten Prozessen war es möglich, die Stückzahlen in der geforderten Qualität, Menge und Zeit zu erreichen. 1905 testete Robert Bosch erstma­ lig die Arbeit mit zwei achtstündigen Schichten. Die positiven Erfahrun­ gen aus diesem Experiment brachten ihn dazu, die Firma zum 1. August 1906 generell auf den Achtstundentag umzustellen. Robert Bosch gehörte damit zu den ersten Industriellen in Deutschland, die diesen Schritt wag­ ten. Das war kein reiner Altruismus. Denn motivierte Mitarbeiter sind auch produktiver. Später begründete Robert Bosch seine Entscheidung so: „Ich habe schon früh – im Jahre 1906 – die achtstündige Arbeitszeit ein­

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Bild links: Als im Ersten Weltkrieg viele Arbeiter zum Militärdienst einberufen wurden, ersetzten häufig Frauen ihre männlichen Kollegen in den Fabrik­ hallen. Auch um 1920, nach dem Ende des Krieges, arbeiteten vorwiegend Frauen in der Zündkerzenfer­tigung wie hier im Werk Feuerbach.

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geführt, weil ich sie für die wirtschaftlichste hielt und für am zuträglichsten für die Erhaltung der menschlichen Arbeitskraft.“ Robert Bosch zahlte überdurchschnittliche Löhne, forderte von sei­ nen Arbeitern aber auch entsprechenden Leistungswillen, Veränderungs­ bereitschaft und Qualifikation. Dazu ist sein denkwürdiger Satz überlie­ fert: „Ich zahle nicht gute Löhne, weil ich viel Geld habe, sondern ich habe viel Geld, weil ich gute Löhne bezahle.“ Um mehr hochqualifizierte Fach­ arbeiter ausbilden zu können, holte Robert Bosch 1913 einen ehemaligen Arbeitskollegen aus Nürnberg nach Stuttgart: August Utzinger. Dieser modernisierte die Bosch-Lehre und holte die Lehrlinge zusammen, die zuvor auf verschiedene Werkstätten verteilt waren. Das war der Beginn einer eigenen Ausbildungsabteilung.

Schwere Zeiten – Rückschläge im Ersten Weltkrieg Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Sommer 1914 bedeutete für Robert Bosch und das Unternehmen einen tiefen Einschnitt. Die wichtigs­ ten Auslandsmärkte brachen mit einem Schlag weg. Mehr noch: Die meis­ ten Kriegsgegner Deutschlands beschlagnahmten das Bosch-Vermögen in ihren Ländern, neben den materiellen Werten vor allem auch die Schutz­ rechte wie Patente und Marken. Auch persönlich ging der Krieg Robert Bosch sehr nahe. Schon 1912, als die Balkankrise den Frieden in Europa bedrohte, hatte er einem Freund geschrieben: „Ich bezahle lieber zehn Millionen Mark, wenn ich dadurch

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Bild rechts: 1914 richtete Robert Bosch in einer neugebauten Fabrikhalle in Feuerbach ein Lazarett für Verwundete des Ersten Weltkrieges ein.

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einen Krieg vermeiden kann.“ Nach Kriegsbeginn musste Bosch seine gesamte Produktion auf die Bedürfnisse des Militärs umstellen. Zu den geschäftlichen und politischen Belastungen kamen noch private. Robert Bosch litt selbst an einer Herzerweiterung. Vor allem ging ihm aber die unheilbare Krankheit seines Sohnes sehr nahe. Als 1917 auch noch Gustav Klein bei einem Flugzeugabsturz umkam, war dies ein weiterer schwerer Schlag für ihn und das Unternehmen. Robert Bosch, der als Schwabe mit Lob sehr sparsam war, würdigte die Leistung Kleins ebenso nüchtern wie aufrichtig: „Mit Klein verlor ich einen Mann, den mir auch drei andere nicht ersetzen konnten.“ Umso mehr wollte er die Nachfolge im Unternehmen regeln. Dazu drängten ihn auch seine engsten Mitarbeiter. So gründete er 1917 zusammen mit seinen leitenden Angestellten die Robert Bosch AG, die den bisher in einer Personengesellschaft geführten Geschäftsbetrieb von Robert Bosch erwarb. Er selbst behielt mit 51 Prozent die Mehrheit. Die restlichen 49 Prozent hielten die leitenden Mitarbeiter, die nun den neuen Vorstand der Aktiengesellschaft bildeten: Gottlob Honold, Hugo Borst, Heinrich Kempter, Eugen Kayser, Max Rall und Ernst Ulmer. Robert Bosch übernahm den Vorsitz des Aufsichtsrates und überließ das opera­ tive Geschäft mehr und mehr seinem Vorstand.

Ein steiniger Weg ‒ die Überwindung der Kriegsfolgen Nach dem Kriegsende 1918 stand das Unternehmen erneut vor großen Herausforderungen. Die Produktion musste nun wieder von Kriegs- auf

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Friedensgüter umgestellt werden. Außerdem waren die meisten auslän­ dischen Besitzungen verloren gegangen. In vielen Ländern waren neue Wettbewerber entstanden, die auch die frei gewordenen Patente nutzen konnten. Trotz dieser unüberwindlich scheinenden Hindernisse baute Bosch eine neue Auslandsorganisation auf. In einigen Ländern war es besonders schwierig, sich wieder durchzusetzen – vor allem in den USA, dem ehemals wichtigsten Markt. Dort musste das Mutterhaus sogar gegen seine frühere Tochtergesellschaft antreten, die 1917 enteignet und mit allen Patenten und Marken an amerikanische Investoren verkauft worden war. In anderen Ländern konnte Bosch an alte Geschäftskontakte anknüp­ fen, beispielsweise zu Willem van Rijn in den Niederlanden oder Fritz Egnell in Skandinavien. Und nicht zuletzt kamen neue Märkte hinzu – wie Mexiko, Korea oder Thailand. Schon Mitte der 1920er Jahre war das Ver­ triebsnetz größer als vor dem Krieg.

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Werbung bei Bosch Schon als Werkstattbesitzer warb Robert Bosch in den 1880er Jahren für seine Dienste in bescheidenen und nüchternen Zeitungsannoncen. Es sollte jedoch noch rund 20 Jahre bis zur ersten großen Werbe­ kampagne dauern. Sie machte 1906 die Magnetzündung in den USA auf einen Schlag bekannt. Durch den „Roten Teufel“ wurde die BoschWerbung nach 1909 emotional und farbig. Und mit den Arbeiten des berühmten Grafikers Lucian Bernhard entstanden ab 1914 wegweisende und zeitlose Motive wie die funkensprühende Zündkerze aus dem Jahr 1930. Trotz dieser auch künstlerisch herausragenden Plakate blieb es beim ursprünglichen Credo von Robert Bosch: Werbung darf keine Illusionen erzeugen, sondern muss hervorheben, wofür die Produkte stehen – Qualität und Innovation.

Bild rechts: Der Grafiker Lucian ­ ernhard entwarf um 1914 ein B gerade­zu leuchtendes Plakat für das Bosch-Licht. Die einzelnen Kom­po­ nenten dieses ersten elektrischen Beleuchtungssystems für Kraftfahr­ zeuge sind rot hervorgehoben: ­Scheinwerfer, ­Generator, Spannungs­ regler und Batterie.

Insgesamt aber war die Lage mehr als schwierig – und das auch, weil Bosch noch sehr stark auf ein Geschäftsfeld fixiert war, die Zündsys­ teme. Der Firmengründer hatte schon früh die Gefahren dieser Abhängig­ keit erkannt. Bereits 1905, so erzählte seine Tochter Margarete, sorgte er sich um die Flüchtigkeit seines Erfolgs: „Ich habe eine Eintagsfliege. Eines Tages kommt eine Erfindung, die den Zündapparat überflüssig macht. Und wie beschäftige ich dann meine Leute?“ Daher war Robert Bosch schon vor dem Ersten Weltkrieg auf der Suche nach sinnvollen Ergänzungen für die Produktpalette. So kaufte er 1909 Lizenzen für die Entwicklung und Ferti­ gung einer Schmierpumpe, dem späteren Bosch-Öler. 1913 kam die elek­ trische Kraftfahrzeugbeleuchtung auf den Markt. Zum Bosch-Licht gehör­ ten nicht nur die Scheinwerfer, sondern auch Generator, Spannungsregler und Batterie. Dies war das erste elektrische System für Kraftfahrzeuge. Daran ließen sich weitere Komponenten anschließen, wie beispielsweise 1914 der elektrische Anlasser. In den 1920er Jahren folgten der Vorläufer der modernen Hupen, das Bosch-Horn, ein paar Jahre später die Batterie­ zündung und der Scheibenwischer. Gegenüber der Kraftfahrzeugtechnik blieb das Geschäft mit Elektroinstallationen, mit dem sich Robert Bosch 1886 selbstständig gemacht hatte, viel zu klein, um ein sinnvolles Gegen­ gewicht zu sein. So war es nur konsequent, dieses Geschäft aufzugeben. Als Folge des Ersten Weltkrieges gerieten die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft geradezu in einen Strudel von Problemen: spontane Arbeits­ niederlegungen und Streiks, Mangel an Lebensmitteln, Rohstoffen und Energie, eine galoppierende Inflation. Trotz dieser unsicheren Rahmen­ bedingungen hielt das Unternehmen Bosch dem internationalen Wett­ bewerb stand.

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1924–1945 Vom Automobil­zulieferer zum ­diversi­fizierten Unternehmen

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Im Aufwind ‒ Kooperation und Übernahme Bild rechts: Das Schaufenster der Filiale von Eisemann – einer BoschTochter – in der Berliner Friedrichstraße war 1930 ausschließlich mit Bosch-Produkten dekoriert. Ab 1925 wurden diese auch von Eisemann vertrieben. Bild vorherige Seite: Der BoschHammer kam 1933 beim Bau der ­Neuen Weinsteige in Stuttgart zum Einsatz. Die kraftvollen Elektrowerkzeuge erweiterten ebenso wie Kühlschränke, Gasgeräte, Autoradios, Kameras und Filmprojektoren die Produkt­palette des Unternehmens.

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ie politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen, die Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg erschüttert hatten, legten sich ­allmählich – auch bei Bosch. Zwischen 1923 und 1925 stiegen die

Mitarbeiter- und Produktionszahlen stetig. Dennoch suchte die Unternehmensführung weiterhin nach Möglichkeiten, dem national wie internatio­ nal starken Konkurrenzdruck die Stirn zu bieten. Dazu traf Bosch Ende

1924 eine weit reichende Vereinbarung mit der Eisemann-Werke AG. Dies war nicht nur der bedeutendste Wettbewerber in Deutschland. Er hatte auch vieles mit Bosch gemeinsam: den Firmensitz in Stuttgart, die breite internationale Präsenz vor dem Krieg und vor allem die nahezu identische Produktpalette. Jetzt teilten beide Seiten ihr Herstellungs-, Entwicklungs- und Verkaufsprogramm untereinander auf. Bosch übernahm das Automobilzubehör, Eisemann produzierte ausschließlich Spezialerzeugnisse für Polizei, Feuerwehr und Eisenbahn. So konnten sie jedes einzelne Produkt in höherer Zahl und damit zu niedrigeren Stückkosten fertigen. Zudem stellten Bosch und Eisemann die gesamte Produktion bis hin zum Rohstoffeinkauf unter eine einheitliche Betriebsleitung. Auch das senkte die Kosten erheblich. Und schließlich übernahm die deutschlandweit gut vernetzte Eisemann-Organisation den Verkauf von Bosch-Produkten. 1926 kam es zur kompletten Fusion der beiden Firmen, bei der Bosch alle Eisemann-Aktien übernahm.

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Wischer und Winker ‒ Neuheiten für das Auto Bild rechts: Bosch-Dieseleinspritzpumpen wurden zuerst in Lkws von MAN eingebaut. Das Bild zeigt die hunderttausendste Pumpe, die 1934 bei Bosch vom Band lief.

Die Produktpalette war im Laufe der 1920er Jahre um zahlreiche Innova­ tionen fürs Fahrzeug erweitert worden. Einiges hatte Bosch noch unter der Ägide des Chefentwicklers Gottlob Honold, der 1923 starb, auf den Markt gebracht: Automobil- und Fahrrad-Beleuchtung, Batterien sowie das Bosch-Horn. Der Scheibenwischer, den Bosch 1926 einführte, machte das Autofahren sicherer. Ein Patent, das schnell überzeugte: Mehrere deutsche Automobilhersteller statteten ihre Fahrzeuge umgehend serien­ mäßig mit Bosch-Wischern aus. 1927 machte Bosch die Servobremse serienreif, die den Bremsweg um 30 Prozent verkürzte und die Kraftanstrengung für den Fahrer erheblich minderte. Der 1928 eingeführte BoschWinker erleichterte das Abbiegen. Zuvor hatten die Fahrer den Arm ausstrecken müssen ‒ eine nicht ungefährliche Übung. Mit Wischer und Winker prägte Bosch das äußere Erscheinungsbild der Fahrzeuge deutlich mit. Aber auch im Motorraum war das Markenzeichen, der Anker im Kreis, immer häufiger zu finden. Neben den Traditionsprodukten Zündung, Generator und Anlasser war nach langer Entwicklungszeit 1927 eine bis heute nachwirkende Innovation serienreif: die Dieseleinspritzpumpe. Damit schuf sich Bosch, bis dahin ausschließlich auf dem Gebiet der elektrischen Komponenten aktiv, ein zweites Standbein. Eine Entwicklung, die Robert Boschs Tochter Margarete ihrem Vater gegenüber pointiert kommentierte: „Mit dieser Sache hast du deine Firma zum zweiten Mal begründet.“

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Forschung und Entwicklung: das Beispiel Diesel Dieselmotoren begannen sich seit etwa 1920 zu etablieren. Bei ihnen erfolgte die Zündung des Kraftstoffgemisches ausschließlich über die hohen Kompressionsdrücke im Brennraum (heute bis zu 25 bar) und den daraus resultierenden Temperaturen von bis zu 900° C. Sie waren „Selbstzünder“, für die man keine herkömmliche Bosch-Magnetzündung brauchte. Das war ein bedrohliches Szenario für Bosch und Grund genug, Einspritzpumpen für die Erfolg versprechende neue Motorentechnik zu entwickeln. Entwicklungsstart war 1922, und im November 1927 lief die Serienfertigung an. Die Geschichte dieser fünfjährigen Produktentwicklung zeigt die wesentlichen Elemente, die bis heute Forschung und Entwicklung bei Bosch bestimmen: auch ohne Erfolgs­ sicherheit in Vorleistung gehen; sich durch Rückschläge nicht entmutigen las­sen; sowohl auf eigenen bewährten Technologien als auch auf externem Expertenwissen aufbauen und parallel zum Produkt auch die Fertigungskompetenz schaffen, damit die Herstellung großer Stückzahlen in beständiger Qualität möglich ist. Im Bild zu sehen: Dichtigkeitsprüfung im Werk Feuerbach, 1939.

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Bild links: Das Verkaufshaus in Berlin stellte 1936 zum 50-jährigen Jubiläum des Unternehmens die Vielfalt der Bosch-Automobilausrüstung im Schaufenster aus. Neben Hörnern finden sich auch Batterien und Winker sowie Werbung für Anlasser, Scheinwerfer und Bremsleuchten.

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„Wir müssen noch arg viel lernen“ ‒ Zündkerzen vom Band Bild links oben: Arbeiter bei der Herstellung von Scheinwerfergehäusen im Feuer­bacher Werk, 1925. Nach einem Arbeitsschritt wurden die Gehäuse auf Wagen geladen und zum nächsten Arbeitsplatz gefahren. Bild links unten: Arbeiterinnen beim Zusammenbau von Scheinwerfern nach der Umstellung auf Fließbandarbeit. Durch die neue Arbeitsweise konnten ab 1926 größere Stückzahlen in kürzerer Zeit hergestellt werden.

Es waren jedoch nicht nur Innovationen, die in den 1920er Jahren die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens steigerten. Bosch begann die Produktion zu rationalisieren und damit Kosten zu senken. „Taylorismus“ war das Wort der Stunde. Und das bedeutete: optimale Zusammensetzung jedes einzelnen Arbeitsschrittes bei größtmöglicher Zeitersparnis. Die Fließbandarbeit schien dafür am besten geeignet zu sein. Bei Ford in ­Det­roit war die Produktion am „laufenden“ Band bereits 1913 eingeführt wor­den. Bosch-Direktor Max Rall reiste 1926 in die USA, um sich vor Ort ein Bild davon zu machen. Fasziniert schrieb er nach Stuttgart: „Heute habe ich bei Ford gesehen, wie man täglich 8 000 Lichtmaschinen und 8 000  Anlasser zusammenhaut. Es ist unglaublich, wie die Leute, die nicht im Akkord arbeiten, mit affenartiger Geschwindigkeit ihre Arbeit verrichten. Wir müssen noch arg viel lernen.“ Immerhin hatte Bosch bereits seit 1924 in der eigenen Produktion erste Voraussetzungen für die Fließbandarbeit geschaffen. Die neue Fertigungsmethode wurde zunächst probeweise eingesetzt, nach und nach aber flächendeckend eingeführt.

Kurzarbeit und Entlassungen – eine Krise bis in den Vorstand Bevor die Rationalisierung allerdings Früchte tragen konnte, brach im Herbst 1925 der deutsche Automobilmarkt im Zuge einer massiven Absatzkrise dramatisch ein. Auch bei Bosch stockten die Aufträge. Bis dahin war in den Werken bis an die Kapazitäts­grenzen produziert worden. Der Absatzeinbruch in der Automobilindustrie erfasste Bosch mit

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voller Wucht. Die Krise offenbarte Strukturprobleme, die zuvor angesichts steigender Produktions- und Mitarbeiterzahlen nicht sichtbar gewesen waren. Schmerzhaft musste Bosch im sich nun verschärfenden Konkurrenz­kampf feststellen, dass Wettbewerber – vor allem außerhalb Deutschlands  – höhere Stückzahlen zu niedrigeren Preisen bei gleicher Qualität anbieten konnten. Vor dem Ersten Weltkrieg war dies noch anders gewesen. Unangefochten hatte Bosch damals die Weltmarktführung bei Automobil-Zündungen behauptet. Allein in Großbritannien zündeten beispielsweise vor 1914 rund 90 Prozent der Autos mit Bosch. Da das Unternehmen während des Ersten Weltkrieges in den Ländern der Kriegsgegner nicht mehr produzieren oder diese beliefern durfte, waren vor allem in Westeuropa und in den USA mächtige Wettbewerber entstanden – mächtig auch deshalb, weil sich ihre Produktion auf wenige Typen konzentrierte und damit größere Stückzahlen ermöglichte. Das alles blieb bei Bosch nicht ohne Folgen: Die Mitarbeiterzahl sank innerhalb weniger Monate von etwa 13 000 auf 8 000 – und das trotz verkürzter Arbeitszeiten. In den Werken wurde zeitweise nur noch an drei Tagen in der Woche gearbeitet. Im Zuge der Krise verloren nicht nur Arbeiter in den Werkhallen ihre Jobs. Die Rationalisierung erreichte auch die höchste Führungsebene. 1926 wurde die Zahl der Vorstandsmitglie­der von elf auf drei Vorstände und drei Stellvertreter reduziert. Mit dieser Umgestaltung übergab Robert Bosch zugleich die Unternehmensführung an ein kleines Gremium: Hans Walz, Hermann Fellmeth und Karl Martell Wild. Diese drei sollten die Robert Bosch AG im Sinne des Gründers weiterführen. Bosch selbst fühlte sich dazu aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht mehr in der Lage. Im Lauf der Jahre rückte Hans

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Bild oben: Der erste Bosch-Kühlschrank, den die Stuttgarter Elektrischen Werke 1933 ausstellten, war rund, kompakt und kostete 365 Mark.

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Walz immer mehr in die Position des alleinigen Nachfolgers. Im Rückblick würdigte Robert Bosch 1940 seine Verdienste: „Was wäre aus der Firma, was wäre aus mir geworden, wenn Sie in den letzten zwanzig Jahren nicht gewesen wären!“

„Noch andere Eisen ins Feuer“ ‒ der Weg zum Elektrokonzern Die Jahre 1926 bis 1934 waren eine Zeit des Wandels bei Bosch. Die Krise in der Autoindustrie hatte gezeigt, wie gefährlich es war, sich nur auf eine Branche zu spezialisieren. Daher suchte die Unternehmensführung gezielt nach anderen Geschäftsfeldern – eine Entwicklung, die Robert Bosch 1927 in einem Brief auf den Punkt brachte: „Wir selber suchen möglichst von den Automobilsachen wegzukommen oder, genauer gesagt, noch andere Eisen ins Feuer zu kriegen.“

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Bild links: Die Produkte aus dem Hause Junkers sorgten mit einem erschwinglichen Preis für Komfort und angenehme Wärme im Bad.

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Dem sollten Taten folgen – eine Reihe von Firmenübernahmen ebenso wie die Einrichtung neuer Produktionszweige. Damit veränderte die Robert Bosch AG ihre Struktur innerhalb weniger Jahre vom reinen Automobil­ zulieferer zum breitgefächerten Elektrokonzern. Den Anfang machte 1928 die Haarschneidema­schine Forfex, die einen Motor im Handgriff hatte. Sie war die Vorläuferin der Elektrowerkzeuge wie zum Beispiel der Bohrmaschine. 1929 gründete Bosch zusammen mit Baird, Zeiss Ikon und Loewe die Fernseh AG. Für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin lieferte das Gemeinschaftsunternehmen die ersten rein elektronischen Aufnahmegeräte und stellte 1936 den ersten „Heim-Fernsehempfänger“ vor. 1932 stieg Bosch mit der Übernahme der Gasgerätefertigung von ­Junkers auch in die Thermotechnik ein. Im selben Jahr brachte die Berli­ ner Firma Ideal, die späteren Blaupunkt-Werke, das erste ­seriengefertigte Auto­radio Europas auf den Markt. Und 1933 präsentierte Bosch auf der Leipziger Frühjahrsmesse den ersten Kühlschrank. 1934 schließlich rundete die Film- und Kameratechnik der Firma Bauer das neue Bosch-Portfolio ab.

„Allied excellence“ ‒ Kooperation mit internationalen Partnern Ende der 1920er Jahre, also gut zehn Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, schien für Bosch die Zeit reif, um auch international neue Wege zu gehen. Auf den Märkten der ehemaligen Kriegsgegner Frankreich, Großbritannien und USA waren die Ressentiments einer deutschen Firma gegenüber

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Bild links: In ihren Service-Stationen vertrieb die United American Bosch Corporation ab 1931 Produkte beider Marken: Bosch und American Bosch. Bild oben links: An einem Strang zogen C.A.V. und Bosch ab 1931 in London. Dort produzierte das Joint Venture Automobilausrüstung für den britischen Markt. Bild oben rechts: Bosch-Produkte waren in Frankreich in den 1930er Jahren über den Partner Lavalette zu beziehen, mit dem Bosch ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet hatte.

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deutlich abgeklungen. So entstand 1928 ein Gemeinschaftsunternehmen in St. Ouen bei Paris. Dort begann der französische Automobilzu­lieferer Lavalette zusammen mit Bosch zu produzieren. 1931 liefen in London die ersten C. A. V.-Bosch-Produkte vom Band. Das Joint Venture von Bosch und dem britischen Wettbewerber Joseph Lucas Ltd. produzierte unter dem Slogan „allied excellence“ bis kurz vor Ausbruch des Zweiten Welt­ krieges. 1935 erreichte die Gründungswelle der europäischen BoschGemeinschaftsunternehmen auch Italien – mit der MABO, einer Kooperation mit dem Automobilzulieferer Magneti Marelli. Wo die Gründung solcher Joint Ventures nicht möglich war, aber hohe Zölle die Einfuhr von Produkten erschwerten, vergab Bosch Fertigungs­ lizenzen – beispielsweise in Japan, Argentinien und Australien. Auch in den USA entspannte sich die Lage. Dort hatte sich nach der Enteignung im Ersten Weltkrieg die American Bosch Corporation etabliert – ein Wett­ bewerber, mit dem sich Bosch erst 1930 zusammenschließen konnte. Danach gab es wieder originale Bosch-Erzeugnisse „made in USA“. Die Verhältnisse, so schien es, hatten sich normalisiert.

„Die Aktionsfähigkeit jederzeit wahren“ ‒ die Nachfolgeregelung Wäre es nach Bosch gegangen, hätte sich diese Weltoffenheit fortgesetzt. Die Männer um Hans Walz waren davon überzeugt, dass die Internationalisierung maßgeblich die erfolgreiche Entwicklung des Unternehmens vorantreibe. Doch die politischen und damit auch die wirtschaftlichen

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­Verhältnisse in Deutschland sollten sich ganz anders entwickeln. 1933 übernahmen die Nationalsozialisten die Macht. Sie setzten auf wirtschaftliche Autarkie und aggressive Aufrüstung. Wie konnte das Unternehmen vor den Eingriffen der neuen Machthaber geschützt werden? Obwohl Robert Bosch den Nationalsozialisten ablehnend gegenüberstand – ein Mindestmaß an Kooperation war unter den Bedingungen der Diktatur nötig, wenn man seine wirtschaftliche Stellung behaupten wollte. Um den Fortbestand des Unternehmens in Familienhand zu sichern, wandelte Robert Bosch es 1937 von einer AG in eine GmbH um. Ein Jahr später verfasste er sein Testament und legte darin die Richtlinien für seine Nachfolger fest. „Es ist mir ein Herzensbedürfnis, dass die Robert Bosch GmbH […] für eine möglichst lange Reihe von Geschlechtern in ihrem Bestand gesichert bleibt und ihre finanzielle Unabhängigkeit, ihre Selbststän­digkeit und Aktionsfähigkeit jederzeit wahren kann.“ Ganz sicher sah Robert Bosch dabei die Gefahr, dass die Nationalsozialisten Nachfolgestreitig­ keiten nach seinem Tod nutzen könnten, um Einfluss auf das Unternehmen zu gewinnen. Es war also auch die politische Unsicherheit, die ihm beim Testament die Feder führte.

„Gerechter unter den Völkern“ – Judenrettung und Widerstand Bei allen Kompromissen – Robert Bosch und die führenden Männer in seinem Unternehmen waren keine Anhänger der nationalsozialistischen Ideologie. Der Firmengründer selbst verstand sich als Pazifist und Euro-

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Bild links: Zum 80. Geburtstag am 23. September 1941 überreichte Robert Ley, hochrangiger Vertreter des Nazi­ regimes, dem Unternehmensgründer die Urkunde „Pionier der Arbeit“. Robert Bosch hatte für die Geburtstagsfeier Baden-Baden und nicht Stuttgart gewählt, um solchen Ehrungen aus dem Weg zu gehen, jedoch vergeblich. Bild oben: Albrecht Fischer als Angeklagter vor dem Volksgerichtshof unter dem berüchtigten Nazi-Richter Roland Freisler. Bosch-Mitarbeiter Fischer musste sich hier für seine Beteiligung am gescheiterten Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 verantworten. Er wurde 1948 Aufsichtsratsvor­sitzender der Robert Bosch GmbH.

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päer, Hans Walz war praktizierender Christ und lehnte die Unmenschlich­ keiten der Nazis zutiefst ab. Beide verurteilten vehement die Repressalien gegenüber der jüdischen Bevölkerung. Als sich die Hetze und die Menschenjagd verschärften, fanden Juden und so genannte „Halb-Juden“ Unterschlupf im Unternehmen: Martha Haarburger zum Beispiel, eine Chemikerin, deren Deportation immer wieder hinausgezögert wurde, weil Bosch auf ihre Unabkömmlichkeit im Betrieb beharrte. Als sich Hans Walz dem Behördenbefehl nicht länger widersetzen konnte, erwirkte er wenigstens, dass die Jüdin nicht nach Auschwitz in den sofortigen Tod, sondern nach Theresienstadt gebracht wurde. Martha Haarburger überlebte den Holocaust. Außerdem stattete Robert Bosch Hilfsgruppen, die Juden die Emigration ermöglichten, mit den nötigen Geldmitteln aus. Die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem verlieh Hans Walz, stellvertretend für das Unternehmen, 1969 für diesen Einsatz den Titel „Gerechter unter den Völkern“. Unterstützung durch Bosch fand auch Carl Goerdeler, der zivile Kopf des Hitler-Attentats am 20. Juli 1944. Als „wirtschaftspoliti­scher Berater“ konnte er unter dem Deckmantel von Geschäftsreisen im Ausland Kontakte knüpfen und pflegen – mit dem Ziel, eine Regierung nach dem Ende des Hitler-Regimes zusammenzustellen. Nachdem das Attentat fehlgeschlagen war, wurden Goerdeler und viele andere Widerstandskämpfer vom Volksgerichtshof verurteilt und hingerichtet. Auch Bosch-Führungskräfte wie Albrecht Fischer mussten sich vor diesem Tribunal verantworten. Nur knapp entgingen sie einer Hinrichtung.

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„Ohne Krieg gesünder entwickelt“ ‒ Rüstungsbetrieb und Zwangsarbeiter Der Zwiespalt jedoch, in dem sich die Verantwortlichen von Bosch unter den Nationalsozialisten befanden, konnte tiefer nicht sein: Dasselbe Unternehmen, das Verfolgten half und den Widerstand gegen Hitler unterstützte, war zugleich ein „rüstungswichtiger Betrieb“. Schon 1934 hatte das Reichsluftfahrtsministerium Bosch verpflichtet, eine Fabrik zur Herstellung von Flugzeugzubehör in Kleinmachnow bei Berlin zu errichten. Bosch musste dieser Vorgabe folgen. Ähnlich war es 1937, als der Standort Hildesheim erschlossen wurde. Hier entstand ein Werk im Wald – kaum sichtbar für feindliche Bomber. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges musste Bosch die komplette Produktion auf rüstungswichtige Güter – Ausrüstung für Militärfahrzeuge, Flugzeuge und Schiffe – umstellen. Viele Mitarbeiter wurden an die Front berufen bei gleichzeitig steigender Bild oben: Unweit des Feuerbacher Werkes waren die Bosch zugeteilten Zwangsarbeiter in speziellen Lagern untergebracht. Blick in einen Schlaf­saal des so genannten Russenlagers Weilimdorf, 1944 Bild rechts: Bei einem Luftangriff auf Stuttgart am 12. September 1944 ­wurden große Teile der Bosch-Fabrik­ anlagen zerstört. Dabei auch das Gebäude, das seit 1901 in der Stutt­ garter Hoppenlaustraße als Wahrzeichen für die Fabrik Robert Bosch gestanden hatte.

Arbeit. Wie andere rüstungs­wichtige Betriebe bekam Bosch Kriegsgefangene, ausländische Zivilarbeiter und KZ-Häftlinge zugewiesen. Besonders die Zwangsarbeiter aus Osteuropa mussten unter zum Teil unwürdigen Bedingungen leben und arbeiten. Bosch erbrachte unter den für die Diktatur spezifischen Rahmenbedingungen Leistungen für die Kriegswirtschaft der Nationalsozialisten und dennoch ließen sich auch kritische Töne vernehmen. Bemerkenswert war zum Beispiel eine Rede, die Hans Walz 1943 im Werk Feuerbach hielt: „Auch der heutige Stand unseres Werkes ist höchstens in Hinsicht auf die forcierte Staats- und Kriegskonjunktur zu werten, im übrigen hat diese Konjunktur mit ihren Folgeerscheinungen mehr negative als positive Wirkungen auf unsere Firma ausgeübt. Ohne Aufrüstung und ohne Krieg hätten wir uns nach allem Ermessen bis jetzt zwar etwas weniger stürmisch, dagegen aber besser und gesünder entwickelt.“

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Hans Walz sollte mehr als nur Recht behalten – auch deshalb, weil sich im Verlauf des Krieges die Luftangriffe auf industrielle Ballungsräume verstärkten. Bei Kriegsende lagen große Teile der Bosch-Werke in Schutt und Asche. Robert Bosch sollte das nicht mehr erleben, er starb 1942. Auch um sein Lebenswerk zu erhalten, machten sich die verbliebenen Mitarbeiter an den Wiederaufbau. Dazu hatte er ihnen folgende Abschiedsworte mit auf den Weg gegeben: „Pflegen Sie diesen Geist der Hingabe an die gemeinsame große Aufgabe während meiner Lebzeiten und über mich hinaus immerdar zum Wohle aller Betriebsangehörigen und zum Wohle des Unternehmens selbst, das mir als Werk meines Lebens teuer ist.“

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Mit Leiterwagen und Schaufel – Wiederaufbau bei Bosch Bild links oben: Bei Luftangriffen im September 1944 wurden große Teile des Stuttgarter Werkes zerstört. Bild links unten: Nach nur fünf Jah­ ren war das Werk weitgehend wieder aufgebaut. Bild vorherige Seite: Auf der Interna­ tionalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt am Main präsentierte sich Bosch 1951 mit dem so genannten Phantomauto. So konnten sich die ­Besucher ein Bild davon machen, wie viele Bosch-Produkte im und am Fahr­ zeug zu einem sicheren und reibungs­ losen Fahrvergnügen beitrugen.

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ls der Zweite Weltkrieg 1945 zu Ende ging, war Europa in vielen

Teilen verwüstet, Deutschland zusammengebrochen. Viele Städte lagen in Schutt und Asche. Lebensmittel, Brennmaterial, Rohstoffe –

alles war Mangelware. Mit der Schaufel in der Hand begannen 750 Bosch-Mitarbeiter im Mai

1945 in Stuttgart mit dem Wiederaufbau. Sie mussten ihre Arbeitsplätze buchstäblich freischaufeln. Rund 35 Prozent des Stuttgarter Stammwerkes waren völlig zerstört. Hier wie an anderen Standorten war keine Produktion mehr möglich. Große Teile der Fertigungsanlagen waren wegen der seit 1944 zunehmenden Luftangriffe auf Ballungszentren in ländliche Regionen verlagert worden. So beseitigten die Mitarbeiter nicht nur Trümmer, sondern brachten auch die auf mehr als 100 Orte verteilten Maschinen nach Stuttgart zurück. Da Kraftstoff für Fahrzeuge unmittelbar in der ersten Nachkriegszeit knapp war, transportierten die Mitarbeiter kleinere Maschinen und Maschinenteile mit Leiterwagen und ähnlichen Gefährten teilweise über 40 Kilometer weit. Die Geschäftsführung dankte ihnen im Geschäftsbericht 1946 für ihren besonderen Einsatz: „Wir wären den fast unüberwindbaren Schwierigkeiten erlegen, wenn nicht der weitaus größte Teil unserer Betriebsangehörigen im Gefühl der gemeinsamen Aufgabe vom ersten Tag ab uns in vorbildlicher Weise unterstützt hätte.“

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Zündkerzen und Kochtöpfe – Überleben in der Nachkriegszeit Bild rechts: Eindrücke vom Solitude­ rennen 1950. Immer mit dabei: der Bosch-Renndienst.

Doch noch machten Bosch fehlende Rohstoffe und Beschränkungen durch die Alliierten zu schaffen. So kam die Produktion nur langsam wieder in Gang. Mit den verfügbaren Rohstoffen fertigte Bosch zunächst Alltagsgegenstände wie Kochtöpfe – zum einen, um den notwendigen Bedarf an wichtigen Haushaltsutensilien zu decken, zum anderen, um die eigenen Mitarbeiter zu beschäftigen. Auch hier legte Bosch gewohnte Maßstäbe an, wie ein Papier der Geschäftsführung vom Mai 1945 vermerkte: „Trotzdem wollen wir keine billige Durchschnittsware fertigen, sondern […] BoschQualität bieten.“ Einmal mehr war es die Bosch-Zündkerze, die den Aufschwung brachte. Der Fuhrpark der in Stuttgart stationierten US-Amerikaner benötigte sie bald in größeren Mengen. Die Beschränkung für die Produktion des kleinen Bosch-Erzeugnisses wurde deshalb von den Alliierten nach und nach aufgehoben. Rohstoffe blieben dennoch Mangelware. Alles Lebensnotwendige war rationiert. Lebensmittel gab es nur gegen Marken. Für die Werkverpflegung in Stuttgart und Feuerbach war es oft schwierig, die Mitarbeiter satt zu bekommen. Die Feuerbacher Kantine hielt deshalb eigens Schweine. Mit der Währungsreform 1948 und der Einführung der D-Mark verbesserte sich die Lage deutlich. Das Leben normalisierte sich langsam. So fand zum Beispiel 1949 in Stuttgart erstmals nach dem Krieg wieder das Solitude-Rennen statt. Dort konnte der Bosch-Renndienst Zündkerzen und andere Technik unter Extrembelastungen testen.

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Bosch-Renndienst Auf den großen Rennstrecken der Welt – wie Le Mans, Monza oder dem Nürburgring – durfte in den 1950er Jahren August Bamminger nicht feh­ len: Bosch-Renndienstleiter und legendärer „Zündkerzendoktor“. Diesen Ruf hatte sich Bamminger, hier rechts im Bild beim „Grossen Preis der Schweiz“ 1954, bereits 1911 erworben. Damals waren Autorennen der ­ideale Schauplatz, um Kunden die Qualität der Bosch-Zündung zu demons­ t­rieren – vor allem, wenn sie im Siegerfahrzeug eingebaut war. 1937 grün­ dete Bosch den Renndienst – den späteren Motorsportdienst. Dessen große Zeit begann aber erst in den 1950er Jahren. Bamminger und seine Nachfolger nutzten die Rennen nun auch anders: Sie betreuten die neue, noch nicht serienmäßig produzierte Benzineinspritzung in den Rennsport­ wagen und sammelten mit diesen Prototypen Erfahrungen für die spätere Serienproduktion – so wie es Bosch auch heute noch tut.

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In Personalunion – Testamentsvollstrecker, ­Aufsichtsrat und Geschäftsführer Bild rechts: Sitzung des Testamentsvoll­ strecker-Kollegiums, 1954. Unter dem Bild des Unternehmensgründers sitzen sein Sohn Robert Bosch d. J. (links) und der Vorsitzende der Geschäftsführung, Hans Walz (rechts).

Normalisieren sollte sich auch das Geschäft. Noch aber hatte die Unternehmensspitze mit personellen Turbulenzen zu kämpfen. Auf Anweisung der Alliierten war im Herbst 1945 überraschend die komplette Geschäftsführung ausgetauscht worden. Hans Walz musste als Betriebsführer während der Nazizeit ins Internierungslager – trotz der Unterstützung des Widerstandes und seiner Hilfe für Verfolgte. Erst nach zwei Jahren kam er ­wieder frei und kehrte in die Firma zurück, zunächst in den Aufsichtsrat. 1953 übernahm Hans Walz wieder den Vorsitz in der Geschäftsführung und im Testamentsvollstrecker-Kollegium. Dieses Gremium hatte Robert Bosch in seinem Testament eingesetzt. Es verwaltete seit seinem Tod 1942 das Erbe. Die sieben Mitglieder hatten Robert Bosch noch persönlich gekannt und waren mit seinen Vorstellungen und Wünschen vertraut. Sie standen in enger Verbindung zu Geschäftsführung und Aufsichtsrat – größten­teils auch in Personalunion. Mehrmals im Jahr fanden die Sitzungen der Testamentsvollstrecker statt. Auf den Tisch kamen unternehmensrelevante Themen ebenso wie Fragen zum Boschhof, zur Bosch-Villa oder zu den privaten Stiftungen Robert Boschs. Zur Familie des Firmengründers hielten die Männer um Hans Walz engen Kontakt. 1955 beriefen sie auch dessen Sohn Robert Bosch, seit 1954 Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH, in das Testamentsvollstrecker-Kollegium.

Entkartellierung – die Angst alles zu verlieren Auch wenn sich die Wirtschaft nach der Währungsreform erholte, wurde die Robert Bosch GmbH 1948 mit einem neuen Problem konfrontiert: dem

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„Verbot der übermäßigen Konzentration deutscher Wirtschaftskraft“, wie es die amerikanische Militärregierung in ihrem Gesetz Nr. 56 erlassen hatte. Im März 1948 bestellte sie Bosch-Vertreter ein, um den vorläufigen Entkartellierungsbescheid zu übergeben. Alfred Knoerzer, Finanzchef des Unternehmens, beschrieb die angespannte Atmosphäre so: „Wer dabei war, wird zeitlebens daran denken, wie wir während einer längeren […] Ansprache eiligst und ängstlich in den uns überreichten Schriftstücken blätterten, um herauszubringen, was man uns nun eigentlich alles wegnehmen wollte.“ Der Bescheid erfüllte die schlimmsten Befürchtungen: Er sah den Verkauf fast aller Besitzungen außerhalb der Stuttgarter und Feuerbacher Werkanlagen vor. Bosch legte umgehend Widerspruch ein. Das Verfahren zog sich jedoch bis 1952 hin und endete mit einem Vergleich. Auch wenn dieser nicht den Idealvorstellungen der Geschäftsführung entsprach, so konnte sie doch nach Jahren der Ungewissheit endlich wieder langfristig planen. Der Vergleich beinhaltete folgende Forderungen: Bosch musste sich von seinen Beteiligungen an Firmen in Nürnberg und Frankfurt sowie von den Fabrikanlagen für Junkers-Heiztechnik in Dessau trennen. Zudem

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Bild oben: Ende der 1950er Jahre baute Bosch im brasilianischen Campi­ nas eine moderne Fabrik, in der Diesel­ ausrüstung und Kraftfahrzeugelektrik für den südamerikanischen Markt produziert wurden.

sollten die Dreilinden Maschinenbau GmbH in Kleinmachnow und die ­Idealwerke in Berlin liquidiert werden. Im Gegenzug durfte Bosch die Werke in Hildesheim und Bamberg behalten. Noch mehr beschnitt der Bescheid allerdings das geistige Eigentum. Er verpflichtete Bosch, einen großen Teil seiner Patente jedem Antragsteller gegen eine angemessene Gebühr zur Verfügung zu stellen – allerdings nur dann, wenn dieser innerhalb der Bundesrepublik Deutschland produzierte. Dieser Zusatz war eigentlich jedoch überflüssig, denn in wichtigen anderen Ländern waren die Patente einschließlich der Marken während des Zweiten Weltkrieges entschädigungslos enteignet worden.

„Made in Brazil“ – neue Wege zum internationalen Unternehmen Beschlagnahmt hatten die Kriegsgegner auch alle Niederlassungen und Produktionsstätten von Bosch in Europa und Amerika. Wie nach dem Ersten Weltkrieg stand das Unternehmen international vor einem kompletten Neuanfang. Doch auch jetzt erwiesen sich die langjährigen Geschäftskontakte zu den Partnern außerhalb Deutschlands als sehr stabil. In Frankreich konnte sich Bosch mit Hilfe von Lavalette, in England gemeinsam mit C. A. V. Anfang der 1950er Jahre wieder etablieren. Eine Herausforderung

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blieb jedoch der amerikanische Markt. 1952 entfielen lediglich 13,6 Prozent des Gesamtumsatzes auf den Export. Davon gingen 80 Prozent ins europäische Ausland, 10 Prozent nach Asien und die anderen 10 Prozent nach Afrika, Amerika und Australien. Das USA-Geschäft machte also nur einen äußerst geringen Anteil aus. Um das zu ändern, gründete Bosch 1953 in New York eine Niederlassung. 1974 lief die Produktion von Dieselkomponenten in Charleston in South Carolina an. Aber erst 1983 konnte Bosch endlich seine Markenrechte in den USA zurückgewinnen und weitere Werke aufbauen. Umso zügiger kam das Unternehmen in anderen Teilen der Welt voran. 1956 erstreckte sich das Vertretungs- und Kundendienstnetz schon auf über 130 Länder. Zunehmend setzte Bosch auch auf die Produktion vor Ort – und das nicht nur, um hohe Zölle und lange Transportwege zu umgehen. Schon damals sollten die Produktion internationalisiert und neue Märkte erschlossen werden. Zahlreiche Länder schufen durch entsprechende Steuererleichterungen Investitionsanreize. In Indien beteiligte sich Bosch 1952 an der Motor Industries Company Ltd. (Mico). Diese Gesellschaft, die ein Jahr zuvor von mehreren lokalen Partnern gegründet worden war, sollte Zündkerzen und Dieselkomponenten produzieren. Die Fertigung im Werk Bangalore startete 1953. In Australien beteiligte sich Bosch am Aktienkapital der Pyrox Pty. Ltd. – einer Gesellschaft, zu der schon vor 1939 Kontakte bestanden hatten. In Clayton bei Melbourne

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Bild oben: Blick über den Parkplatz auf die Bosch-Fabrik im australischen Clayton bei Melbourne, um 1958

­entstand ein modernes Werk, das ab 1955 Kraftfahrzeugausrüstung pro-

Bild rechts: Ein strahlendes Lächeln dank der Bosch-Küchenmaschine: Der Werbeprospekt von 1955 stellte die Arbeitsentlastung für die Hausfrau in den Mittelpunkt.

war. Daraus entstand die Robert Bosch (Australia) Pty. Ltd.

duzierte. Dieses Werk ging später vollständig in Bosch-Eigentum über, nachdem die Beteiligung in den Jahren 1956 bis 1958 ausgebaut worden In den 1950er Jahren eröffneten mehrere große Automobilhersteller Produktionsstandorte in Brasilien. Um alt vertraute Kunden wie Mercedes oder Volkswagen dort direkt beliefern zu können, gründete Bosch eine Niederlassung in der Nähe von São Paulo. Zwar war Bosch durch den Zweiten Weltkrieg lange nicht auf dem brasilianischen Markt vertreten gewesen, doch „der gute Ruf der Erzeugnisse, die den Namen Bosch tragen, [war] noch nicht vergessen“, wie Karl Thomä, damals Leiter der Bosch-Rechtsabteilung, bemerkte. 1957 lief in einer Fabrik in Campinas die Produktion an – für Diesel-Komponenten „made in Brazil“. Und in Ländern wie Japan, Spanien und Argentinien vergab Bosch in den 1950er Jahren Lizenzen. Nach und nach sollte sich nicht nur das internationale Vertriebsnetz, sondern auch der weltweite Fertigungsverbund verdichten.

„Formschöner“ Wunschtraum der Hausfrau – neue Bosch-Produkte Zwar produzierte Bosch in den ersten Nachkriegsjahren fast ausschließlich Automobiltechnik, doch bald erweiterte sich die Produktpalette wieder um Kühlschränke, Radios und Elektrowerkzeuge. Von Blaupunkt gab es 1952 das europaweit erste UKW-Autoradio. Und im gleichen Jahr

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bediente der Bereich Elektrowerkzeuge mit dem Bosch-Combi-Elektrowerkzeug erstmals eine neue Zielgruppe: die Heimwerker. Auch Junkers, die Fernseh GmbH und Bauer produzierten wieder in vollem Umfang. Und noch eine Zielgruppe rückte bei Bosch ins Blickfeld: die Hausfrau. 1952 brachte das Unternehmen seine erste Küchenmaschine auf den Markt, die viele Handgriffe beim Kochen und Backen abnahm. Das Gerät, das als „formschönes Industrieerzeugnis“ ausgezeichnet wurde, war äußerst populär: Es entlastete die Hausfrau, die in der Werbung als Schwerstarbeiterin dargestellt wurde. So fragte 1954 die Mitarbeiterzeitung Bosch-Zünder: „Wissen Sie, dass die tägliche Arbeit der Hausfrau etwa 3 700 Kalorien erfordert, also die gleiche Menge, die ein Lokomotiv­führer Bild oben: Werbung für das erste UKWAutoradio von Blaupunkt, 1952

benötigt?“ Auch die von 1958 an von Bosch produzierten Waschmaschinen wussten Hausfrauen sehr zu schätzen.

Bild links: 1953 fand Junkers seine neue Heimat in Wernau bei Stuttgart. Dort begann noch im selben Jahr die Produktion von Gasgeräten. Bis Kriegs­ ende hatte Junkers in Dessau produ­ ziert.

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Benzineinspritzung und Elektronik – neue Geschäftsfelder Bild oben: Der Kraftheber von Bosch ersetzte ab 1953 schwere Handarbeit in der Landwirtschaft durch Hydraulik. Bild rechts: Im Mercedes 300 SL „­ Flügeltürer“ kam die Benzinein­ spritzung von Bosch erstmals 1954 in einem Viertakter zum Einsatz.

Eine ganz wichtige Innovation entwickelte Bosch für das Auto: die Benzin­ einspritzung, die 1951 für Zweitakt- und 1954 für Viertaktmotoren serien­ reif war. Sie half zunächst vor allem vielen Rennfahrern auf das Siegerpodest. Doch schon damals prophezeite der Bosch-Sportpressedienst: „Unter der Motorhaube der siegreichen Rennwagen verbargen sich Dinge, die für künftige Entwicklungen der Motortechnik nicht ohne Einfluss bleiben werden.“ Und in der Tat setzte sich die Benzineinspritzung auch in Serienfahrzeugen wegen höherer Leistung und geringerem Kraftstoffverbrauch im Vergleich zur herkömmlichen Vergasertechnik durch. Auch in der Hydraulik sorgte Bosch für Fortschritt – ein Geschäft, das 1953 seinen Anfang nahm. Zu diesem Zeitpunkt war die deutsche Landwirtschaft im Vergleich zu den westlichen Nachbarländern weit weniger technisiert. Von der Aussaat bis zur Ernte mussten die Bauern noch viel Handarbeit leisten. An diesem Punkt setzten die Überlegungen von Bosch an. Die landwirtschaftliche Arbeit sollte durch klug eingesetzte Technik einfacher werden. Der Slogan „Statt Muskelkraft – Bosch-Hydraulik“ bewarb das erste Produkt der Mobilhydraulik, einen Kraftheber. Er erleichterte das Heben und Senken des Pfluges mit Hilfe des Traktormotors. Gleichzeitig trieb Bosch die Aktivitäten im Bereich der Elektronik voran. 1958 stellten die Entwickler die „Variode“ vor, die erste serienmäßig von Bosch hergestellte elektronische Komponente für das Auto. Ein­ gebaut wurde das erbsengroße Bauteil in Lichtmaschinenreglern. Das Halbleiterelement war ein erster Schritt in Richtung Automobilelektronik, die heute zu den wichtigsten Geschäftsfeldern von Bosch zählt.

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1960–1989 Gründung der Geschäftsbereiche und Durchbruch der Elektronik

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Eine neue Unternehmensstruktur – die Geschäftsbereiche entstehen Bild rechts: Nach der Übernahme des Standortes in Blaichach im Jahr 1960 verlegte Bosch die Fertigung von Kraftfahrzeug-Zündanlagen aus Stuttgart-Feuerbach dort hin. Das Bild zeigt die Herstellung von Zünd­ verteilern im Jahr 1962. Bild vorherige Seite: Im Technischen Zentrum Schwieberdingen wird seit 1968 Autoelektrik und -elektronik ent­wickelt. Im Bild zu sehen: zwei Mitarbeiter bei der Prüfung der Motorenleistung im Motorenprüffeld.

B

is Anfang der 1960er Jahre hatte sich Bosch wieder zu einem ­großen Industrieunternehmen entwickelt. Vor allem die Konjunktur in

Westeuropa führte zu hohen Wachstumsraten. Ab 1950 war die Mit-

arbeiterzahl von rund 15 000 auf rund 70 000 gestiegen. Die zentralistisch ausgerichtete Unternehmensstruktur passte aber eher zu einem mittel-

ständischen Unternehmen. Mehr Dezentralität, mehr Handlungsspielraum für die einzelnen Geschäftseinheiten – das war dringend nötig, um bei weiterem Wachstum manövrierfähig zu bleiben. Den Anfang machte am 1. Juli 1959 die Umwandlung des Elektrowerkzeugbaus in Leinfelden bei Stuttgart in einen „selbstständigen Geschäftsteil“. Mit diesem Pilotprojekt für eine Divisionalisierung des gesamten Unternehmens war der Startschuss für den Umbau zu einem Verbund relativ selbstständiger Geschäftsbereiche gefallen, die für das Erreichen ihrer Umsatz- und Ergebnisziele selbst verantwortlich waren. Davon versprach sich die Unternehmensführung kürzere Entscheidungswege und damit mehr Kundenorientierung und Wettbewerbsfähigkeit. Außerdem machten der Ausbau des Produktportfolios und die komplexen interna­ tionalen Anforderungen an neue Produkte eine Aufteilung in Geschäftseinheiten unumgänglich. Die Automobilelektronik etwa, ein Ende der 1950er Jahre noch unbedeutendes Gebiet, fasste Bosch 1974 zu einem Geschäftsbereich zusammen, zuständig für die Entwicklung und Fertigung von Halbleiter-Bauelementen und elektronischen Steuergeräten. In der Kraftfahrzeugtechnik bildete die Geschäftsführung zwischen 1962 und 1968 insgesamt sechs Bereiche. In diesem Zeitraum baute sie den 1932 begründeten Erzeugnisbereich Sondermaschinenbau, der für die Herstellung von Fertigungsanlagen für Bosch-Standorte zuständig

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Bild oben: Am 30. April 1970 war der Umzug der Unternehmenszentrale von ­Stuttgart nach Gerlingen abgeschlossen. Für Hans L. Merkle, den Vorsitzenden der Geschäftsführung (7. v. r.), war das Anlass genug, dem Gerlinger Gemeinderat eine Führung über das Gelände der Schillerhöhe zu geben.

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war, zur selbstständigen Geschäftseinheit Fertigungsausrüstung um. 1974 wurde aus ihm der Geschäftsbereich Industrieausrüstung, der nun auch Fertigungsanlagen für externe Kunden herstellte. 1965 strukturierte Bosch das Hausgeräte-Geschäft zu einer eigenen „Erzeugnisgruppe“ um, die 1967 mit der Siemens-Hausgerätesparte zu einem Gemeinschaftsunternehmen vereint wurde. Bosch zerfiel damit keineswegs in mehrere kleine Unternehmen. Die neuen Bereiche blieben als Teil der Robert Bosch GmbH rechtlich unselbstständig und an die übergeordnete Geschäftsführung des Unternehmens angebunden. Dort war für alle Disziplinen jedes neuen Geschäftsbereichs nunmehr ein Mitglied der Bosch-Geschäftsführung zuständig. Die bisherige ausschließlich funktionelle Zuständigkeit jedes Geschäftsführers für je ein Ressort, also etwa Fertigung, Entwicklung oder Verkauf war nicht mehr angemessen, um die Vielfältigkeit der verschiedenen Geschäftsvorgänge zentral zu steuern. In den Bereichen Personal, Recht, Betriebswirtschaft, Forschung und Vorausentwicklung sowie Finanzen blieb die Gesamtverantwortung je eines Geschäftsführers jedoch bestehen.

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Von Textilbetrieben zu Technikschmieden ‒ Generationswechsel und neue Fertigungen Zu den strukturellen Veränderungen kamen nach 1960 zahlreiche Standortneugründungen von Bosch hinzu. Ausgangspunkt dafür waren das weltweit hohe Wachstum und die gleichzeitige Vollbeschäftigung in Deutschland. Im Ballungsraum Stuttgart, damals Schwerpunkt der weltweiten Fertigung und Drehscheibe für den internationalen Export, fehlten Arbeitskräfte. Daher warb Bosch Gastarbeiter aus Südeuropa an und kaufte in „industriellen Erschließungsgebieten“ – Regionen mit vielen Arbeitskräften und wenig Industrie – Grundstücke oder ganze Produk­ tionsstätten, zum Beispiel in Homburg oder Ansbach. Durch den Niedergang der deutschen Textilindustrie bestand für Bosch die Chance, große Fertigungsstandorte mit gut ausgebildetem Personal zu übernehmen und dort die eigenen Produkte zu fertigen. So kamen die heutigen Standorte Reutlingen und Blaichach zu Bosch. Die Phase tiefgreifender Veränderungen ist eng mit dem Namen Hans L. Merkle verbunden, der am 1. Oktober 1958 in die Geschäftsführung eintrat. Der Kaufmann war vorher Vorstand des Reutlinger Textilunternehmens Ulrich Gminder AG gewesen – ein Unternehmen, das Bosch später übernahm, um dort ab 1964 Kraftfahrzeugtechnik herzustellen. Merkle übernahm 1959 von Alfred Knoerzer die Finanzleitung des Unternehmens und wurde am 1. April 1963 Vorsitzender der Geschäftsführung. Er prägte mehr als 20 Jahre lang das Unternehmen, setzte die Neustrukturierung der Geschäftsbereiche um und leitete eine neue Phase der Diversifizierung ein. Unter seiner Federführung erfolgten aber auch die Gründung der Robert Bosch Stiftung GmbH und der Robert Bosch Industrietreu­hand KG ebenso wie die Erschließung des japanischen Marktes und die Rückgewinnung der früheren Marktposition in den USA.

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Bild oben: Ab den 1950er Jahren setzte Bosch elektronische Komponenten in der Kraftfahrzeugtechnik ein. Die physikalischen Grundlagen erforschten Mitarbeiter des 1965 gegründeten ­Forschungsinstitutes Berlin.

Forschen, entwickeln, akquirieren – mit Innovationen wachsen Die Produktpalette bestand bei Bosch wie bei vielen anderen europäischen Unternehmen in der Zeit des Wiederaufbaus nach Kriegsende bis Ende der 1950er Jahre größtenteils aus lange bewährten und kontinuierlich weiterentwickelten Produkten. Nach dem Wiederaufbau ging es jedoch zunehmend darum, neue technische Lösungen in Produktinnovationen umzusetzen, um damit die wirtschaftliche Entwicklung voranzubringen und neues Wachstum zu generieren. Auch bei Bosch waren Produktinnovationen wieder am Zuge, nachdem das Unternehmen sich durch hohe Umsätze mit bewährten Produkten vollends von den Kriegsfolgen erholt hatte. Dazu erhöhte Bosch das Budget für Forschung und Entwicklung bis 1963 auf rund vier Prozent vom Umsatz ‒ doppelt so viel wie zehn Jahre zuvor. In den Jahren danach stieg der Anteil weiter, um zügig neue Produkte entwickeln zu können und sich die Technologieführerschaft in den Kernbereichen des

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Produktportfolios wie etwa Kraftfahrzeugelektrik und Einspritzanlagen zu sichern – vor allem durch elektronische Steuerungen in der Kraftfahr­ zeugtechnik, an denen Bosch schon seit Ende der 1950er Jahre forschte. Eine wichtige Weichenstellung war die Neuordnung von Forschung und Entwicklung Ende der 1960er Jahre: Zentral und bereichsübergreifend organisiert wurden Forschung, Vorausentwicklung und die Entwicklung neuer Fertigungsverfahren; Produktentwicklung und Applikation waren Aufgabe der Geschäftsbereiche. Hinzu kamen spezialisierte Forschungseinrichtungen wie das Forschungsinstitut Berlin (1965) oder das Institut de Recherches Robert Bosch in Lonay/Schweiz (1970). Die Stärkung der Forschungs- und Entwicklungskompetenz war ein wichtiger Faktor für die Erfolgsgeschichte der Bosch-Elektronik: 1965 kam eine elektro­nische Getriebesteuerung auf den Markt und 1967 ‒ als erstes Großserien­produkt ‒ die elektronische Benzineinspritzung Jetronic. Die Automobilelektronik war fortan entscheidender Wachstumsfaktor und eine ­tragende Säule des Bosch-Unternehmensbereichs Kraftfahrzeugtechnik.

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Bild oben: Das Bild zeigt die Konstruktionsabteilung am indischen Standort Bangalore im Jahr 1982. Bild rechts: Am Standort der neuen Bosch-Zentrale in Gerlingen bei Stuttgart bezog 1968 auch die zentrale Forschungsabteilung ihre Gebäude.

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Über Innovationen aus eigenem Haus hinaus war für das Wachstum auch der Zukauf von Technologie oder von ganzen Unternehmen notwendig ‒ nicht zuletzt um das Produktportfolio zu erweitern und den Markteintritt zu anderen Branchen und in weitere Länder zu erleichtern. So baute Bosch die Verpackungstechnik als neuen Geschäftsbereich durch mehrere Akquisitionen und Fusionen auf. Den Anfang machte 1963 die Übernahme der Erich Wetzel Verpackungsmaschinen GmbH mit Sitz in Karlsruhe. Es folgten weitere renommierte Verpackungsmaschinenhersteller, darunter Hamac-Hansella, Hesser, Höfliger & Karg, Höller und Strunck. Diese Unternehmen fasste Bosch 1974 zum Geschäftsbereich Verpackungstechnik zusammen. In anderen Branchen kooperierte Bosch mit Wettbewerbern – so bei Hausgeräten mit der Siemens AG. 1967 bündelten beide Seiten ihre Aktivität in einem Gemeinschaftsunternehmen, das bis heute besteht: die BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH, an der Bosch und Siemens jeweils zu 50 Prozent beteiligt sind.

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Auch in der Zentrale selbst hatte das große Wachstum der 1960er Jahre Konsequenzen. Der Stuttgarter Stammsitz platzte buchstäblich aus allen Nähten. Längst waren zahlreiche umliegende Immobilien angemietet worden. Zwischen 1968 und 1970 verließen alle Abteilungen das Areal nahe dem Berliner Platz im Zentrum der Stadt. Die Zentrale bezog ‒ gemeinsam mit der Forschung ‒ einen Neubau auf der Gerlinger Schillerhöhe vor den Toren Stuttgarts. Nahezu zeitgleich entstand in Schwieberdingen nordwestlich von Stuttgart das Technische Zentrum Autoelektrik – noch heute ein wichtiges Entwicklungszentrum für die Kraftfahrzeugtechnik.

Das Vermächtnis des Gründers – die Robert Bosch Stiftung Nicht erst der Umzug der Zentrale zeigte, dass eine Ära zu Ende ging. Am 21. März 1963 hatte der Nachfolger Robert Boschs, Hans Walz, seinen 80. Geburtstag gefeiert. Er war eine der letzten Symbolfiguren des Unternehmens, die noch die persönliche Bindung an den Gründer Robert Bosch verkörperten. Walz legte zum 1. April 1963 den Vorsitz der Geschäftsführung und im Testamentsvollstrecker-Kollegium nieder. Seine Ämter übernahm Hans L. Merkle. Walz und die Mitglieder des Testamentsvollstrecker-Kollegiums legten den Grundstein für die heutige Unternehmensverfassung. Sie fanden einen Weg, die wirtschaftlichen und sozialen Ziele des Firmengründers Robert Bosch auf einen Nenner zu bringen. Es galt, mit einem gesunden und profitablen Unternehmen die Voraussetzung für ein gemeinnütziges

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Bild links: Am 28. März 1973 wurde das neue Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart eröffnet, das Nachfolgehaus des 1940 von Robert Bosch selbst eingeweihten Krankenhauses. Der Bosch-Geschäftsführer Karl Schreiber, Stuttgarts Oberbürgermeister Arnulf Klett und Robert Bosch d. J., der Sohn des Unternehmensgründers, (v. l. n. r.) begutachten den OP-Saal.

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Engagement zu schaffen. Ausgangspunkt war die Vermögensverwaltung Bosch GmbH, die schon 1921 gegründet worden war. Die Vermögensverwaltung Bosch erwarb 1964 von den Erben des Firmengründers die Kapitalmehrheit an der Robert Bosch GmbH. Die Stimmrechte gingen an die heutige Robert Bosch Industrietreuhand KG, die damit seitdem die unternehmerische Gesellschafterfunktion ausübt. Um ihren gemeinnützigen Charakter zu unterstreichen, änderte die Vermögensverwaltung Bosch 1969 ihren Namen in Robert Bosch Stiftung GmbH. Die Stiftung engagiert sich bis heute für Bildung, Gesundheit, ­Völkerverständigung, Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft. Sie ist auch Trägerin des Robert-Bosch-Krankenhauses in Stuttgart. Heute hält die Stiftung 92 Prozent der Kapitalanteile der Robert Bosch GmbH. Die übrigen Anteile liegen vor allem bei der Familie Bosch. Die Familie ist dadurch weiterhin eng mit dem Unternehmen verbunden. Ihr Vertreter ist heute, nach dem Tod des Gründersohnes Robert Bosch d. J. im Jahr 2004, der Enkel Christof Bosch. Er ist Gesellschafter der Robert Bosch Indus­ trietreuhand KG, Mitglied des Aufsichtsrates der Robert Bosch GmbH und gehört dem Kuratorium der Robert Bosch Stiftung an. Die so gestaltete Unternehmensverfassung ist nach wie vor der zentrale Baustein für die unternehmerische Selbstständigkeit und finanzielle Unabhängigkeit der Bosch-Gruppe. Die erwirtschafteten Erträge verbleiben zum großen Teil im Unternehmen und werden zur Zukunftssicherung eingesetzt. Damit ist es möglich, langfristig zu planen und aus eigener Kraft die Mittel für hohe Investitionen aufzubringen. Der Robert Bosch Stiftung fließt eine Dividende zu, die ihr ein kontinuierliches und nachhaltiges gemeinnütziges Engagement erlaubt: Von 1964 bis 2011

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Bild rechts: Die Geschichte der Automobilelektronik ist stark mit dem Standort Reutlingen verbunden. In Reutlingen wurden ab 1969 Steuergeräte für die elektronische Benzineinspritzung ­Jetronic gefertigt. Hier bestückt eine Mitarbeiterin im Jahr 1978 eine Leiterplatte für ein Steuergerät.

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standen ihr aus Unternehmensgewinnen der Robert Bosch GmbH insgesamt Mittel in Höhe von rund einer Milliarde Euro zur Verfügung. Mit der Unternehmensverfassung von Bosch ist eine in der Unternehmenswelt seltene Balance zwischen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zielen gelungen.

Halbleiter und Computer im Auto ‒ Elektronik bei Bosch Das Jahr 1967 brachte die erste Rezession in der Bundesrepublik Deutschland. Schnell leitete Bosch eine Vielzahl von Gegenmaßnahmen in die Wege, etwa die Drosselung kostspieliger Investitionen, um nach Jahren des Wachstums einen Umsatzrückgang im Stammhaus von über sieben Prozent abzufedern. Die modernisierte Unternehmensstruktur und die Produktinnovationen halfen, nach der Rezession wieder hohe Wachstumsraten zu erreichen. Von entscheidender Bedeutung waren dabei die ersten elektronischen Systeme für das Automobil Mitte der 1960er Jahre, die das Entstehen einer neuen Kernkompetenz von Bosch markierten. Mit ihnen änderte sich die Produktpalette von Bosch grundlegend, die bisher durch elektrisch oder mechanisch gesteuerte Erzeugnisse geprägt war. Das erste elektronische System in Großserie, die Benzineinspritzung Jetronic, bestand aus mehr als 220 Einzelbauteilen. Kritiker, meist Befürworter der traditionellen Mechanik, hatten erhebliche Zweifel, ob die Elektronik Kälte, Hitze, Schmutz und Nässe standhalten würde. Doch die Praxis stellte die Standfestigkeit der

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Bild oben: Die Motronic, eine integrierte Steuerung von Benzineinspritzung und Zündung, verwendete 1979 zum ersten Mal einen Mikroprozessor im Automobil. Bei der Erprobung im Jahr 1984 im Technischen Zentrum Schwieberdingen legt ein Ingenieur die Parameter für die Motorsteuerung fest.

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Elektronik unter Beweis. Allerdings waren viele elektronische Bauteile, die es auf dem freien Markt gab, nicht optimal für den Betrieb im Auto ausgelegt. Deshalb baute Bosch eine eigene Fabrik für diese Komponenten in Reutlingen nahe Stuttgart. Dort begann 1970 die Produktion. Die elektronischen Benzineinspritzsysteme etablierten sich schnell, weil sie Verbrauch und Emissionen erheblich reduzierten. Der „Clean Air Act“ in den USA 1970 und die erste schwere Ölkrise 1973 beschleunigten ihren Erfolg. Die Nachfolgesysteme boten die technischen Voraussetzungen für den Dreiwegekatalysator ‒ mit der Lambda-Sonde, die Bosch 1976 auf den Markt brachte. Mit dieser technischen Lösung setzte Bosch erneut Maßstäbe: Die Abgasemissionen ließen sich so um 90 Prozent senken. Mit aller Konsequenz trieb Bosch die Entwicklung weiter voran. Ein Meilenstein war 1979 die Motronic, die Einspritzung und Zündung gemeinsam steuerte. Erstmalig wurde hier ein Mikroprozessor mit frei programmierbarer Software im Auto eingesetzt. Mit ihr setzte Bosch den Standard für alle noch heute genutzten Motorsteuerungen bei Benzinmotoren.

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3-S-Programm „Sicher, sauber, sparsam“ Kurz nach dem „Ölschock“, der tiefgreifendsten Energiekrise des 20. Jahrhunderts, verkündete Bosch 1974 das 3-S-Programm „Sicher, sauber, sparsam“. Im Zeichen von Massenmotorisierung, Umweltproblemen und Rohstoffverknappung hatte Bosch das Ziel, das Autofahren für Insassen und Passanten sicherer zu machen, den Verbrauch der Fahrzeuge zu reduzieren und die Abgasemissionen zu senken. Noch heute ist das 3-SProgramm bei Bosch gültig. Dessen Ziele spiegeln sich auch in dem 2005 eingeführten Bosch-Werbeslogan „Technik fürs Leben“ wider. Dieser ist gleichzeitig strategisches Leitmotiv für Bosch und steht – ganz in der Tradition von „Sicher, sauber, sparsam“ – für den Anspruch, durchdachte, innovative und nutzbringende Technik zu entwickeln. Das Bild zeigt das Motorenprüffeld im Technischen Zentrum Schwieberdingen.

Schon ein Jahr vor der Motronic hatte Bosch eine andere Weltneuheit in Großserie auf den Markt gebracht: das Antiblockiersystem ABS, die erste digitale Elektronik im Auto. Das ABS verhindert, dass die Räder beim Bremsen blockieren. Der Bremsweg wird kürzer und das Fahrzeug lässt sich weiter lenken. Der Markteinführung 1978 waren neun Jahre Entwicklungszeit vorausgegangen, die den Ingenieuren viel Kreativität und Standvermögen abverlangt hatten. Bei den ersten Testfahrten 1971 im eisigen Nordschweden, so erinnert sich der damalige ABS-Entwickler ­Wolf-Dieter Jonner, „änderten wir bei den Tests die ABS-Parameter noch mit dem Lötkolben und nicht mit dem Laptop.“ Damals waren die Steuergeräte analog aufgebaut – mit bis zu 1 000 Bauteilen. Auf dem ABS baut die Antriebs-Schlupfregelung ASR auf, die 1986 auf den Markt kam. Sie verhindert durch die Drosselung des Motordrehmoments und teilweise sogar durch einen Bremseingriff, dass beim Anfahren oder Beschleunigen die Räder auf rutschigem Untergrund durchdrehen. Innovationsgeschichte schrieb Bosch aber auch in der Navigation: 1983 war mit dem Elektronischen Verkehrslotsen für Autofahrer (EVA) der erste Prototyp für die autarke Fahrzeug-Navigation entstanden. Das kofferraumgroße System führte den Fahrer mit gesprochenen Routenhinweisen zum Ziel. Damals, so Entwickler Otmar Pilsak, musste man noch eine männliche Stimme für die Routenführung einsetzen, „weil sie weniger Speicherplatz benötigt als eine weibliche“ – aufgrund der tieferen Tonlage. Auf diesem experimentellen System aufbauend, ging 1995 die weltweit erste Fahrzeugnavigation mit Zielführung, Sprachausgabe und Satellitenunterstützung in Serie.

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Bild unten: Im nordschwedischen Arjeplog erfolgen auf einem zugefrorenen See seit den 1970er Jahren die Tests von Antiblockiersystemen unter winter­ lichen Bedingungen, wie hier im Bild von 1975. Bild rechts: Die erste autarke Navigation für Personenwagen, den „Elektronischen Verkehrslotsen für Autofahrer“, stellte Bosch 1983 vor.

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Global gedacht ‒ neuer Aufbruch in den USA und Ostasien Bild rechts: Die Fertigung von Kameras für den Geschäftsbereich Photokino in Malaysia 1978 steht für die Ausdehnung der Produktion in aufstrebenden Ländern in den 1970er Jahren.

Anfang der 1970er Jahre hatte Bosch mehr als 100 000 Mitarbeiter. Doch das neue Jahrzehnt begann mit stagnierenden Märkten in Westeuropa. So nutzte Bosch das Wachstum in den aufstrebenden asiatischen Ländern, um dort Vertrieb und Produktion auszubauen. In Indien wurde 1973 der Grundstein für das zweite Bosch-Werk in Nashik gelegt. Im gleichen Jahr nahm die Handelsgesellschaft in Singapur ihre geschäftlichen Aktivitäten auf und ein Jahr später die Fertigungsgesellschaft für Konsumgüter in Malaysia. In hoch entwickelten Märkten wie Japan mit seiner starken, aber sehr abgeschotteten Autoindustrie etablierte sich Bosch durch Gemeinschaftsunternehmen: 1973 für Benzineinspritzsysteme und 1984 für das Antiblockiersystem ABS. In der Volksrepublik China, seit 1909 ein Markt für Bosch-Produkte, konnte Bosch zunächst keine eigenen Produktionsstandorte aufbauen. Nach 1978 ließen die politischen Reformen jedoch Lizenzverhandlungen zu, die 1984 in die erste chinesische Fertigung von Dieseleinspritzausrüstung in Bosch-Lizenz mündeten. Zwei Jahre später öffnete ein Vertriebsbüro für den chinesischen Markt in Hongkong die Türen. Ganz anders, wenn auch kaum weniger kompliziert, war die Situation in Nordamerika. Vor dem Ersten Weltkrieg waren die USA der größte Absatzmarkt für Bosch gewesen. Nachdem Standorte und Marken nach dem Zweiten Weltkrieg erneut beschlagnahmt worden waren, vertrat bis in die frühen 1970er Jahre lediglich eine kleine Vertriebsgesellschaft Bosch vor Ort. Die Amerikaner kannten Bosch allenfalls als Hersteller von Produkten, die im Handel erhältlich waren, wie Zündkerzen oder Scheibenwischern. Das Marktpotenzial für elektronische

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Bild rechts: Zum Unternehmensbereich Telekommunikation, den Bosch ab 1982 aufbaute, gehörte auch das Traditionsunternehmen ANT in Backnang, ein Spezialist für Nachrichtentechnik. Dessen Produktportfolio umfasste auch Funktechnik für Leitzentralen von Rettungsdiensten, Feuerwehr und Polizei, wie die abgebildete Haus-Notrufzentrale aus dem Jahr 1991.

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Motorsteuerungen war jedoch wegen der strengen Abgasvorschriften in den USA sehr vielversprechend. Das erleichterte Bosch den Wiedereintritt in den US-Automarkt als Erstausrüster für Benzineinspritzsysteme in Neuwagen. Auch bei der Dieseltechnik kam Bosch in den USA gut voran. Durch den neuen Fertigungsstandort Charleston/South Carolina konnte Bosch ab 1974 amerikanische Nutzfahrzeug- und Landmaschinenhersteller mit Einspritztechnik für Selbstzünder versorgen. Dies führte zu einem starken Wachstum: 1974 lag der Umsatz gut 30 Prozent über dem Vorjahreswert – ein Trend, der über mehrere Jahre anhielt. Damit erzielte Bosch 1974 erstmals nach 42 Jahren wieder mehr als die Hälfte seines Umsatzes außerhalb Deutschlands. 1980 konzentrierte man alle Geschäfte in den USA unter dem Dach der Robert Bosch North America Inc. mit Sitz in Broad­view/Illinois. Drei Jahre später folgte eine wichtige Weichenstellung: Bosch erwarb seine nach 1945 verlorenen US-Markenrechte zurück. Und noch im gleichen Jahr nahm das Technische Zentrum für Entwicklung und Applikation in Farmington Hills/Michigan seine Arbeit auf.

Ein neuer Schwerpunkt – die Telekommunikation „Unser gesamter Elektronikumsatz wird dieses Jahr annähernd 10 Milliarden DM erreichen: 45 Prozent unseres konsolidierten Weltumsatzes.“ Mit diesen Worten unterstrich im Jubiläumsjahr 1986 der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Hans L. Merkle, die Wandlung des Unternehmens in den

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vergangenen zwei Jahrzehnten, wie sie kein Experte je prognostiziert hätte. Sein Nachfolger Marcus Bierich entwickelte diese Ausrichtung des Unternehmens konsequent weiter. Bierich, der Mathematik, Naturwissenschaften und Philosophie studiert hatte, war 1984 Hans L. Merkle als Vorsitzender der Geschäftsführung gefolgt. Bis zu seinem Wechsel in den Aufsichtsrat 1993 baute Bierich die internationale Präsenz weiter aus. Er führte das Unternehmen durch die unruhigen, aber chancenreichen Zeiten nach dem Fall der innerdeutschen Mauer 1989 und dem Ende des ­Warschauer Paktes 1991. Bierich baute die Telekommunikation in den 1980er Jahren zu einem neuen Unternehmensbereich auf, der 1989 durch die Fusion der Geschäftsbereiche Öffentliche Kommunikationstechnik, Private Kommunikationstechnik und Mobile Kommunikation entstand. Wichtige Vorgängerbereiche waren die seit 1954 bestehende Funktechnik, der Produktbereich Mobiltelefone, sowie die ab 1982 übernommenen Nachrichtentechnik­

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Bild links: Die Aktivitäten des Unternehmensbereichs Telekommunikation erstreckten sich auch auf Raumfahrttechnik. Bosch hatte bereits vorher Kompetenz in diesem Bereich erworben: Ab 1976 bauten Ingenieure mehrere Weltraumsimulationskammern für die Erprobung von Satelliten. Im Bild zu sehen ist der Test einer Satelliten­ antenne im Jahr 1995.

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unternehmen ANT in Backnang bei Stuttgart und Telefonbau und Normalzeit Lehner & Co. in Frankfurt/Main. Die Erfolge sprachen für sich: Infolge der rasanten technischen Fortschritte in der Telekommunikationstechnik und des intensiven Ausbaus der Kommunikationsinfrastrukturen stieg der Umsatz in diesem Bereich zeitweise doppelt so stark wie im Unternehmensdurchschnitt. Die Telekommunikation brachte es in den Spitzenjahren Mitte der 1990er Jahre auf bis zu 25 Prozent Umsatzanteil, was der Absicht entsprach, die Abhängigkeit von der Automobilindustrie durch größeres Wachstum in anderen Geschäftsfeldern zu senken. Diese Diversifikation erwies sich aber nicht als nachhaltig. Die Kommunikationsbranche geriet Ende der 1990er Jahre durch die Öffnung nationaler Märkte und grundlegende technologische Umwälzungen massiv unter Druck. Das gab für Bosch den Ausschlag, sich von den Aktivitäten in der Kommunika­ tionstechnik wieder schrittweise zu trennen. Angesichts der nachfolgenden Turbulenzen in dieser Branche erwies sich dieser Schritt als richtig.

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„Ein Flug nach WaRiMiKi“ – der Fall der Mauer und die Öffnung Bild rechts: Kurz nach der Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ konnten Autofahrer auch im Osten Deutschlands die Hilfe eines Bosch-Dienstes in Anspruch nehmen. Die Motortester von Bosch, hier das Modell CompacTest beim Bosch-Dienst im brandenburgischen Kyritz 1992, waren auch für den Trabant geeignet, das populärste Automodell der ehemaligen DDR. Bild vorherige Seite: Weithin sichtbar sind Wort- und Bildmarke von Bosch am 2007 eröffneten neuen Messegelände in Stuttgart. Jeder der roten Buchstaben am Messeparkhaus, das quer über die vielbefahrene Autobahn StuttgartMünchen gebaut ist, hat eine Höhe von rund acht Metern.

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it dem Ende des „Eisernen Vorhangs“ begann auch für Bosch eine neue Ära. „Glasnost“ und „Perestroika“ – Offenheit und Reform – hatten ab 1985 die Politik der damaligen Sowjetunion geprägt und

allmählich das Ende der bisherigen Weltordnung eingeleitet. Der Fall der Berliner Mauer im November 1989 markierte das Ende des Warschauer Paktes und öffnete neue Märkte für Unternehmen wie Bosch. Die Öffnung beschleunigte auch die Globalisierung, einen Prozess, in dem sich

ehemals regional abgegrenzte Märkte zunehmend weltweit miteinander verflochten. Bei Bosch waren am 1. Januar 1990 über 174 000 Mitarbeiter weltweit beschäftigt, über 10 000 mehr als ein Jahr zuvor. Ein wichtiger Grund war der Ausbau zahlreicher Fertigungsstandorte außerhalb Deutschlands, zum Beispiel in Brasilien, Malaysia und den USA. Anspruchsvolle Technik von Bosch – wie Airbagsteuerung, das Antiblockiersystem ABS oder die elektronische Benzineinspritzung – wurde mehr und mehr zum Standard in der Autoindustrie und bescherte Bosch damit zusätzliche Umsätze. In dieser Phase guter wirtschaftlicher Bedingungen richtete sich der Blick der Geschäftsführung mit ihrem Vorsitzenden Marcus Bierich besonders auf die neuen Märkte in Osteuropa. Bislang war diese Region durch einen österreichischen Vertriebspartner, ab 1990 durch die österreichische Regionalgesellschaft in Wien betreut worden. Bosch hatte zwischen 1979 und 1981 lediglich eine Vertretung in der Sowjetunion eingerichtet – mit Sitz im Moskauer Hotel Metropol. Ab 1990 sondierte Bosch die Marktpotenziale auch in den anderen ehemaligen Ostblockländern. Neue Handelsbeziehungen entstanden. Aus dieser Zeit datieren auch die Flüge nach „WaRiMiKi“. Gemeint waren regelmäßige Flugreisen

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Bild oben: 1992 eröffnete Bosch mit der Robert Bosch Fahrzeugelektrik GmbH in Eisenach den ersten Produktionsstandort für Kraftfahrzeugtechnik in Ostdeutschland. Der Vorsitzende der Geschäftsführung, Marcus Bierich, der Eisenacher Bürgermeister Hans-Peter Brodhun, der Fraktionsvorsitzende der Landtags-CDU, Jörg Schwäblein, der Vorsitzende des ­Aufsichtsrates, Hans L. Merkle, und der thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel (v. l. n. r.) sehen dem Aufziehen der Richtkrone zu.

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der Wiener Bosch-Führungsriege zu potenziellen Kunden in den osteuropäischen Metropolen Warschau, Riga, Minsk und Kiew. Nach dem Fall der Mauer wurde die DDR zu einem neuen Markt, auch wenn anfangs noch nicht klar war, ob es zu einer Wiedervereinigung ­kommen würde oder ob zwei getrennte deutsche Staaten entstehen würden. Marcus Bierich sagte 1990 anlässlich der Bilanzpressekonferenz: „Der Wandel im Osten eröffnet auch für uns neue Chancen. Wir arbeiten zur Zeit an Gemeinschaftsprojekten mit 14 Unternehmen in der DDR.“ Beispiele sind die Übernahme des früheren VEB Elektrowerkzeuge im sächsischen Sebnitz oder die Kooperation mit dem VEB Fahrzeugelektrik Ruhla im thüringischen Eisenach. Bosch baute hier ein neues Werk und stellt in Eisenach heute Komponenten für Einspritzsysteme her. Ende 1990 arbeiteten bereits über 4 000 Menschen in den neuen Bundesländern für Bosch. Ein weiterer Schritt war der Aufbau des Bosch-Dienst-Netzes, denn BoschAutoersatzteilen ging schon in der DDR ein sehr guter Ruf voraus. Noch in den letzten Monaten vor der offiziellen Wiedervereinigung am 3. Okto­ber 1990 eröffneten in acht Städten der DDR Bosch-Dienste. Zwei Jahre später gab es in den fünf neuen Ländern der Bundesrepublik Deutschland 186 dieser Servicestationen.

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Europa wächst zusammen – Aufbau im globalen Wettbewerb Im Rückblick lässt sich ein Muster erkennen, wie sich Bosch schrittweise in neuen Märkten etablierte – auch im Falle von Osteuropa nach dem Ende des Warschauer Paktes: Der anfänglichen Zusammenarbeit mit einem Vertriebspartner folgte bei guter Entwicklung der Geschäfte die Gründung einer eigenen Vertriebsgesellschaft. Sie kooperierte mit einem Fertigungspartner vor Ort, der oft zunächst nur in Bosch-Lizenz produzierte. Zumeist suchte Bosch eine engere Kooperation in Form eines Joint Ventures. In der Folgezeit wurde der Lizenz- oder Joint-Venture-Partner oft übernommen, sodass nach und nach eine regionale Organisation mit Vertrieb und Produktion entstand. In den Ländern Osteuropas begann diese Entwicklung mit so genannten Verbindungsstellen, die Bosch 1990 in Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei eröffnete. Diese Stellen sollten prüfen, ob die osteuropäischen Märkte das nötige Potenzial für eine eigene Vertriebsgesellschaft oder Fertigung hätten. Die wirtschaftliche Ausgangssituation dafür wurde jedoch zunehmend schwieriger: Das Wachstum von Bosch verlangsamte sich 1991 und 1992 im Zuge der weltweiten wirtschaftlichen Abschwächung. Nur der rasante Anstieg der Umsätze in Deutschland nach der Wiedervereinigung wirkte zunächst noch ausgleichend. 1993 kam es dann zum zweiten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem Umsatzrückgang. Er betrug fast sechs Prozent. Es folgten einschneidende Sparmaßnahmen und ein beträchtlicher Mitarbeiterabbau, bevor das Unternehmen 1994 und 1995 wieder deutliche Umsatzzuwächse verzeichnen konnte. In dieser schwierigen Situation wusste Bosch die neuen Chancen in Osteuropa zu nutzen. Die wichtigen Entscheidungen für den Aufbau der Geschäftsaktivitäten fielen schnell: 1991 gründete Bosch die polnische und die

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Bild links: Der Vorsitzende der Ge­schäftsführung, Hermann Scholl (rechts), und Geschäftsführer G ­ otthard Romberg (links) pflanzen anlässlich der Eröffnung des neuen Gebäudes der ­russischen Regional­gesellschaft in Moskau im Herbst 1997 eine Eiche. Bild oben: Stolz posieren die Mitar­ beiter des Bosch-Fachhandels­zentrums im weißrussischen Minsk im Frühjahr 1997 für den Fotografen.

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­ungarische Regionalgesellschaft, in den Jahren 1992 bis 1994 kamen die russische, weißrussische, tschechische, slowakische, bulgarische und die rumänische hinzu. 1994 war Bosch bereits in 13 Ländern des ehemaligen Ostblocks mit eigenen Gesellschaften vertreten. Auch in der Forschung wurde das internationale Netzwerk weiter ausgebaut. Ein Beispiel ist die Eröffnung des Technischen Zentrums in Yokohama/Japan 1992 – ganz nach dem Vorbild seines 1983 gegründeten Pendants in Farmington Hills/USA. Parallel baute Bosch international die Fertigungskapazitäten aus und rekrutierte gezielt in aller Welt Fach- und Führungskräfte, um das Management der regionalen Aktivitäten zunehmend lokal besetzen zu können. Trotz der zahlreichen Veränderungen und des schnellen Wachstums arbeitete Bosch kontinuierlich weiter an der Sicherung und Verbesserung der Produktqualität. Mit den „zwölf Leitsätzen zur Qualität“ wurde ab 1989 ausdrücklich auch die Kundenzufriedenheit in den Vordergrund gestellt. In den Jahren 1989 und 1990 starteten zusätzlich 40 internationale Projekte mit dem ehrgeizigen Ziel „Null Fehler“ in der Produktion. Im Jahr 1991 führte Bosch weltweit das CIP-Programm (Continuous Improvement Process) ein, um Abläufe in allen Bereichen von der Entwicklung bis zum Vertrieb zu verbessern. Diese Maßnahmen halfen im Krisenjahr 1993, Kosten zu sparen und gleichzeitig Qualität zu sichern.

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„Ich wusste, dass es Chancen gibt“ – der neue Blick nach Asien Bild rechts: In der Shanghaier ­ traßenszene von 1999 ist Bosch S nicht zu übersehen. Das Unternehmen unterhielt zu diesem Zeitpunkt bereits acht Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen Partnern und stellte beispielsweise Zündkerzen in der chinesischen Metropole Nanjing her.

Am 1. Juli 1993 übernahm Hermann Scholl den Vorsitz der Geschäfts­ führung von Marcus Bierich, der als Vorsitzender in den Aufsichtsrat wechselte. Der promovierte Diplom-Ingenieur Scholl war bereits 1962 ins Unternehmen eingetreten. Er beschäftigte sich von Anfang an mit der Anwendung der Elektronik im Automobil und war zum Beispiel an der Entwicklung der elektronischen Benzineinspritzung Jetronic (1967) und des Antiblockiersystems ABS (1978) beteiligt. In seiner neuen Funktion lag sein Fokus vor allem auf der Weiterentwicklung der internationalen Präsenz in den aufstrebenden Ländern außerhalb Europas und der Sicherung der Innovationskraft von Bosch. Die wirtschaftliche Situation war 1993 schwierig, bot aber auch Chancen: Einerseits machten Bosch die Umsatzrückgänge in West- und Mitteleuropa sowie eine Rezession in Japan zu schaffen. Andererseits zeichneten sich in weiteren wichtigen Märkten Asiens, zum Beispiel Indien, Korea und China, gute wirtschaftliche Aussichten infolge politischer Reformen ab. Daher war die Weiterentwicklung der Asien-Aktivitäten für Bosch von großer langfristiger Bedeutung. In Japan, bisher der „Schlüsselmarkt“ in Asien, war es die exportstarke Autoindustrie, an deren Wirtschaftskraft Bosch mit Beteiligungen und Gemeinschaftsunternehmen partizipierte. Dies waren vor allem Zulieferer, die für die Automobilhersteller elektri­ sche Komponenten, Motorsteuerungen oder Bremsregelsysteme wie das ABS herstellten. Um in diesem Geschäft noch stärker Fuß zu fassen, übernahm Bosch bis 1999 schrittweise die Mehrheit an der größten japanischen Beteiligungsgesellschaft, der Zexel Corporation. Zusammen mit den anderen japanischen Bosch-Gesellschaften wurde aus ihr 2005 die Bosch Corporation mit Sitz in Tokio.

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Bild oben: Anlässlich der Eröffnung des Technischen Zentrums in Yokohama im Juni 1992 durchschneidet der Vorsitzende der Geschäftsführung, Marcus Bierich (2. v. l.), gemeinsam mit dem Botschafter Wilhelm Haas (2. v. r.), dem IBJ-Leasing Präsidenten Hideo Ishihara (links) und dem Takenaka-Direktor Masaaki Endo (rechts) feierlich das Band. Bild rechts: Bosch-Elektrowerkzeuge genießen in China einen sehr guten Ruf. Mit einem großen Banner bewirbt der Geschäftsbereich seine Produkte im Jahr 1996 in der chinesischen Stadt Guilin.

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In Indien wurde 1999 bereits der vierte Fertigungsstandort eröffnet, und die Geschäfte entwickelten sich bestens: Bis 2003 fertigten die Mitarbeiter von Mico (heute Bosch India) insgesamt 25 Millionen Einzylinder-­Die­ seleinspritzpumpen für Stationärmotoren. Im Folgejahr lief die zehnmillionste Diesel-Reiheneinspritzpumpe für Personen- und Nutzfahrzeuge vom Band. In Korea bestätigte die positive volkswirtschaftliche Entwicklung Anfang der 1990er Jahre, dass die Gründung der Bosch Korea Ltd. im Jahr 1989 zum richtigen Zeitpunkt erfolgt war. In den folgenden Jahren der Wirtschaftsblüte in den „Tigerstaaten“ Südostasiens baute Bosch fünf Gemeinschaftsunternehmen mit koreanischen Partnern auf. Zwischen 1997 und 2000 übernahm Bosch vier der fünf Gemeinschaftsunternehmen und fasste sie unter dem Dach der Bosch Korea Ltd. zusammen. In China war Bosch bis 1994 nur über Lizenzen und ab 1989 mit einer Repräsentanz vertreten. Als die chinesische Regierung Anfang der 1990er Jahre die Wichtigkeit ausländischer Zulieferer für die Entwicklung ihrer eigenen Autoindustrie erkannte, öffnete sich dieser Markt für Bosch. Nach langen Verhandlungen, flankiert durch ein persönliches Gespräch des Bosch-Chefs Scholl mit dem chinesischen Premierminister Li Peng 1994, kam 1995 der Durchbruch: Bosch erhielt von der chinesischen Regierung den strategisch wichtigen Auftrag, Fahrzeuge aus chinesischer Fertigung mit elektronischer Benzineinspritzung auszurüsten. Diese Systeme baute Bosch von 1996 an im Gemeinschaftsunternehmen United Automotive Electronic System Co., Ltd. (UAES) in Shanghai. Hermann Scholl erinnerte sich später: „Ich wusste, dass es Chancen gibt, hier in die Erstausrüstung einzusteigen. Denn die Chinesen hatten erkannt, dass sie eine leistungsstarke Zulieferindustrie brauchen, um erfolgreich zu sein. Das passte mit unseren

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Intentionen zusammen.“ Ebenfalls 1996 lief die Fertigung von Dieseltechnik im Gemeinschaftsunternehmen Europe-Asia Diesel Fuel Injection Co., Ltd in Wuxi an, ebenso die Elektrowerkzeugfertigung in Hangzhou und die Zündkerzenproduktion in Nanjing. Weitere Gemeinschaftsunternehmen folgten rasch, und 1999 gründete Bosch eine Holdinggesellschaft für China. Zur selben Zeit initiierte die Geschäftsführung auch intensive Aktivitäten im südostasiatischen Raum. Ein zentrales Ereignis war 1995 die Eröffnung des „Regional Headquarters“ in Singapur, dem alle Regional­gesellschaften, Verkaufsniederlassungen und sonstigen Bosch-Vertretungen in Südostasien zugeordnet wurden: Singapur, Malaysia, Vietnam, Thailand, Philippinen, Myanmar, Laos, Brunei, Kambodscha und Indonesien.

Von CAN bis Common Rail – unveränderter Fokus auf Innovationen In den 1990er Jahren waren vor allem Produktinnovationen bei elektro­ nischen Komponenten die Basis für den Erfolg – zumeist das Resultat

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Bild oben: Der Serieneinführung eines Produktes gehen jahrelange Entwicklungsarbeiten voraus. Dazu gehört bei­spielsweise auch die Analyse des Einspritzverlaufs bei Dieselsystemen, die im Bild aus dem Jahr 2004 zu sehen ist. Bild rechts: Bremsregelsysteme wie das Elektronische Stabilitäts-Programm ESP® müssen auch in extremen Fahr­ situationen zuverlässig funktionieren. Das Bild aus dem Jahr 2001 zeigt eine Erprobung auf der Bosch-Teststrecke in Boxberg.

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intensiver Forschung. Ein gutes Beispiel ist die digitale Datenübertragung in Fahrzeugen durch ein von Bosch entwickeltes System: das Controller Area Network CAN (1991). Dieses System ermöglichte die Vernetzung elektronischer Systeme im Auto. Das war eine wichtige Weichenstellung, denn der Elektronikanteil im Fahrzeug war schon seit Jahren kontinuierlich gestiegen – er liegt bei Personenwagen inzwischen bei einem Fünftel des Gesamtwertes. Ein technologischer Meilenstein und kommerzieller Erfolg war 1995 die Einführung des Elektronischen Stabilitäts-Programms ESP®. Es kann Leben retten, indem es das Schleudern von Fahrzeugen schon im Ansatz verhindert – vor allem mit dem geregelten Abbremsen einzelner Räder. Neue Maßstäbe setzte Bosch auch bei den Diesel- und Benzineinspritzungen: Durch innovative Techniken konnten die CO2- und AbgasEmissionen deutlich gesenkt werden. Beispielhaft steht dafür die elek­ tronisch gesteuerte Hochdruck-Dieseleinspritzung, an der Bosch rund 15 Jahre hartnäckig gearbeitet hat. Sie war maßgeblich für den beginnenden ­Dieselboom in den 1990er Jahren verantwortlich – wegen des deutlich reduzierten Kraftstoffverbrauchs, der abgesenkten Emissionen und

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des hohen Drehmoments bei niedrigen Drehzahlen. Den entscheidenden Schritt bedeutete die Serieneinführung des Common Rail Systems im Jahr 1997. Durch diese Technologie konnten die schädlichen Emissionen gegenüber dem Niveau von 1990 um über 96 Prozent gesenkt werden. Der damalige Entwicklungschef Klaus Krieger resümierte später: „Es war nicht einfach, an einen Erfolg zu glauben.“ Aber die Ingenieure waren von der Machbarkeit überzeugt und der Erfolg gab ihnen recht. Jedes zweite Neufahrzeug in Europa ist heute mit einem Dieselmotor ausgestattet. Für den Benzinmotor entwickelte Bosch ebenfalls eine zukunftsweisende Technik. Die Benzindirekteinspritzung DI-Motronic, die seit dem Jahr 2000 auf dem Markt ist, trägt zur Reduzierung von Verbrauch und Emissionen bei. Entscheidend ist dabei das „downsizing“, also die Reduzierung des Motorhubraums oder der Zylinderzahl. Durch den gleichzeitigen Einsatz eines Turboladers bleibt die Motorleistung trotz sinkendem Verbrauch und Emissionen in etwa gleich. Motoren mit diesem Konzept und Benzin­direkt­ einspritzung setzen sich auf dem Markt zunehmend durch. In den Jahren um 2000 bündelte Bosch in einigen Bereichen der ­Kraftfahrzeugtechnik die eigenen Aktivitäten mit kompetenten Partnern. Dazu gehören die Gründung der ZF Lenksysteme GmbH mit dem Getriebespezialisten ZF und die Kooperation im Nutzfahrzeugbremsengeschäft mit der Münchner Knorr AG. In anderen Produktbereichen trennte sich Bosch von Geschäftsaktivitäten, wenn grundsätzliche Marktentwicklungen eine erfolgreiche Weiterführung nahezu ausschlossen. Dazu gehörte der schrittweise Verkauf des Unternehmensbereichs Telekommunikation ab 1999, der im Jahr 1993 noch rund 25 Prozent zum Gesamtumsatz beigetragen hatte. Von ihm blieben der traditionsreiche Produktbereich

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Bild rechts: Das Foto zeigt einen Mitarbeiter des Geschäftsbereichs Thermotechnik im Werk Lollar 2004 bei der Prüfung der Dichtheit eines Buderus Guss-Kesselgliedes für einen Groß-Heizkessel.

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Autoradio und die Fahrzeugnavigation – heute der Geschäftsbereich Car ­Multimedia – sowie die Sparte Sicherheitstechnik, aus der 2002 der heutige Geschäftsbereich Security Systems hervorging. Im internationalen Wettbewerb sicherte Bosch seine Position gegenüber Konkurrenten mit globalen „Leuchtturmprojekten“ – wie zum Beispiel 1999 mit einer Neuheit im weltweiten Entwicklungs- und Fertigungsverbund: dem „Simultaneous Engineering Center“ am Standort Blaichach. Hier erfolgte die gemeinsame Entwicklung neuer Generationen der Fahrwerksysteme ABS und ESP®. Dadurch konnte die Produktion der Systeme gleichzeitig an allen Fertigungsstandorten weltweit starten. Produziert wurde jeweils für die regionalen Märkte mit weltweit gleichen Fertigungsstandards und gleichen Qualitätsansprüchen.

„… den Wandel unternehmen“ – globale Ausrichtung mit globaler Unternehmenskultur Im April 2001 stellte die Bosch-Geschäftsführung auf der Bilanzpressekonferenz nicht nur die Geschäftszahlen für 2000 vor. Thema war vor allem eine wichtige strukturelle Veränderung: Große Teile des vierten Unternehmensbereichs Telekommunikation waren verkauft worden. Dafür stand jedoch die Übernahme der Industrietechniksparte der ­Mannesmann AG mit rund 20 000 Mitarbeitern unmittelbar bevor. Der Vorsitzende der Geschäftsführung, Hermann Scholl, vermittelte der Presse aber auch noch eine Weichenstellung ganz anderer Art. Mit seiner Formulierung: „Wir unternehmen den Wandel“ spielte Scholl auf einen weitreichenden

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Bild links: Zu den wichtigsten ­Produkten des Geschäftsbereichs Security ­Systems gehört die Videotechnik, wie zum Beispiel diese ­Video-Überwachungs­zentrale.

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Kulturwandel an, den die Geschäftsführung auf den Weg brachte. Es galt, noch mehr Wert auf Offenheit, Schnelligkeit, Flexibilität und Kundenorientierung zu legen und dieses Grundverständnis im Bewusstsein der Mitarbeiter zu verankern. Bosch galt als technologisch führend, solide und vertrauenswürdig, hatte aber auch den Ruf eines Unternehmens, dessen Stärke nicht immer in schnellen Einzelentscheidungen und konsequenter Kundenorientierung lag. Um das zu ändern, hatte die Geschäftsführung bereits 1999 das Leitbild „BeQIK – Be Better – Be Bosch“ ins Leben gerufen. Qualität, Innovation, Kundenorientierung standen dabei im Fokus, ebenso wie Schnelligkeit bei internen Abläufen und die Sicherung des Ertrags. Mittel zur Umsetzung war die Idee der kleinen „Unternehmen im Unternehmen“, um mehr unternehmerische Spielräume, aber auch mehr Verantwortung in mittleren und unteren Management-Ebenen zu ermöglichen. In den Medien wurde es als „kleine Revolution“ im traditionell als hierarchisch geltenden Unternehmen bewertet. Der von Scholl angestoßene Kulturwandel nahm damit seinen Lauf. Es folgte 2002 die Ausformulierung der grundlegenden Werte des Unternehmens und ihrer weltweiten Umsetzung. Ein unternehmensstrategischer Wandel hingegen war 2001 bei der Übernahme von Mannesmann Rexroth zu erkennen. Durch die Verschmel­ zung der Bosch Rexroth AG mit der Bosch-Automationstechnik erreichte der Unternehmensbereich Industrietechnik 2002 einen Anteil von annähernd zehn Prozent am Gesamtumsatz, nach nur knapp vier Prozent im Jahr zuvor, als die Kraftfahrzeugtechnik mit 71 Prozent einen sehr hohen Anteil erreicht hatte. Ein weiterer Meilenstein beim Umbau des Konzerns war die Übernahme des traditionsreichen Heiztechnikherstellers ­Buderus

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Bild links: Erneuerbare Energien gehören zu den Zukunftsfeldern von Bosch. Der Geschäftsbereich Drive and Control Technology ist führend bei Getrieben für Windkraftanlagen. Das Bild zeigt die Getriebemontage im Jahr 2001.

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im Jahr 2003. Die Verschmelzung von Buderus mit Junkers war erfolgreich, weil sich Produktprogramme und Vertriebswege gut ergänzten. Diese fokussierte Diversifizierung war ein vorausschauender Schritt, mit dem die Abhängigkeit von der Kraftfahrzeugsparte weiter verringert werden konnte. Fokussiert heißt in diesem Zusammenhang, mit Gebrauchsgütern, Gebäude- und Industrietechnik oder auch mit neuen Themen überdurchschnittlich zu wachsen, ohne die Marktchancen in der Kraftfahrzeugtechnik zu vernachlässigen, also eine bessere Ausbalancierung der Umsatzstruktur und die breitere Streuung von Chancen und Risiken. Übernahmen gab es auch im Bereich des 2002 gegründeten Geschäftsbereichs Sicherheitstechnik, zum Beispiel Philips Communi­cation Security Imaging, Telex Communications und CCTV Extreme. Ebenfalls neu ins Portfolio kamen 2004, 2007 und 2008 die Verpackungsmaschinenher­steller Sigpack, Pharmatech und Paal. Neben den Akquisitionen wurden auch Teilbereiche ausgegründet, wie die Bosch Sensortec GmbH im Jahr 2005. Mikromechanische Sensoren, ursprünglich für Automobile gedacht, werden durch Bosch Sensortec für Anwendungen in der Konsum­elektronik, zum Beispiel Mobiltelefonen oder Laptops, weiterentwickelt und vertrieben. Im größten Unternehmensbereich, der Kraftfahrzeugtechnik, baute Bosch ungeachtet konjunktureller Schwankungen ab 2001 wichtige Fertigungsstandorte aus, zum Beispiel in Bursa/Türkei, Jihlava und Budweis/ Tschechische Republik, Wroclaw/Polen sowie Miskolc, ­Hatvan und Eger/ Ungarn. Im selben Jahr begann der Bau eines neuen Entwicklungszentrums für Fahrwerksysteme in Abstatt nördlich von Stuttgart.

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Bild rechts: Bosch fertigt neben ­Diesel- und Benzineinspritzsystemen auch ­Hybridkomponenten. Die Erfahrungen aus der Entwicklung von Elektromotoren, Leistungselek­tronik und Batterietechnik – hier ein Bild aus der Qualitätsprüfung am Standort Tamm im Jahr 2008 – nutzt Bosch für die Entwicklung vollelektrischer Antriebe für Automobile.

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Am 1. Juli 2003 übernahm Franz Fehrenbach den Vorsitz der Geschäfts­ führung. Hermann Scholl, der bereits seit 1995 persönlich haftender Gesellschafter der Robert Bosch Industrietreuhand KG und seit 2000 der Vorsitzende ihrer Gesellschafterversammlung war, übernahm jetzt auch den Vorsitz im Bosch-Aufsichtsrat. Der Wirtschaftsingenieur Fehrenbach hatte seine Karriere 1975 als Trainee im Unternehmen begonnen. Fehrenbach führte die Strategie der Bosch-Gruppe gezielt fort, die Abhängigkeit vom Automobilgeschäft durch ein überdurchschnittliches Wachstum in anderen Unternehmensbereichen weiter zu reduzieren. Dabei knüpfte Fehrenbach in seinen unternehmerischen Schwerpunkten im besonderen Maße an die Themen Globalisierung, Umwelt- und Ressourcenschonung sowie Energieeffizienz an.

Klimawandel und Weichenstellung ‒ Ausbau der „grünen“ Technologien Bis Mitte 2004 war die Mitarbeiterzahl weltweit auf rund 242 000 gestiegen. Der Zuwachs lag teilweise in der Erholung der Weltkonjunktur begründet. Deutlich machen dies zum Beispiel die Umsätze von Bosch in Südamerika, die in diesem Jahr um fast 30 Prozent stiegen. Die guten Zahlen hatten aber auch mit der erfolgreichen Integration von Buderus und Rexroth zu tun und mit der ungebremsten Innovationskraft in allen Produktfeldern, vor allem in der Kraftfahrzeugtechnik als größtem Umsatzträger. Hier konnte Bosch bis 2004 und in den Folgejahren mit einer Vielzahl von Neuerungen aufwarten, darunter vielbeachtete Fahrerassistenzsysteme, die mit aus-

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Bild links: 2008 gründete Bosch mit der koreanischen Samsung SDI das Gemeinschaftsunternehmen SB LiMotive, das sich mit der Entwicklung und Fertigung von Batterien für Hybrid- und Elektrofahrzeuge befasst, einer Kerntechnologie für das Elektroauto von morgen.

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geklügelter Sensorik den Fahrer entlasten und Unfälle verhindern können – vom Abstandsradar über Nachtsichtsysteme bis zur automatischen Vollbremsung. Der erfolgreiche Geschäftsverlauf in dieser Zeit war eine gute Ausgangsbasis für neue strategische Ansätze bei Bosch. Franz Fehrenbach betonte die ökologische Seite der Globalisierung, um technologische Lösungen angesichts der anspruchsvollen Aufgabe des globalen Klimaschutzes sowie der weltweit zunehmend strengen Emissionsnormen aufzuzeigen. Fehrenbachs Credo: Umweltschutz erfordere nicht weniger, sondern mehr Technik. Der Klimawandel stellte Bosch vor eine doppelte Aufgabe: Einerseits den Verbrauch und damit den Kohlendioxidausstoß von Benzin- und Dieselmotoren weiter zu reduzieren, andererseits die Entwicklung alternativer Antriebe zu forcieren, auch im Blick auf die endliche Ressource Erdöl. So entwickelte Bosch Komponenten für den Hybridantrieb, für Bosch eine wichtige „Brückentechnologie“ auf dem Weg zum Elektroauto. Erste Fahrzeuge mit dieser Bosch-Technik gingen 2010 in Serie. Allerdings ist die Batterie, ein Kernstück des Hybridantriebs und vor allem des vollelektri­ schen Autos, noch zu schwer, zu teuer und zu wenig leistungsfähig. Im September 2008 gründeten Bosch und die koreanische Samsung SDI Co. Ltd. das Gemeinschaftsunternehmen SB LiMotive, das leichte und leistungsfähige Batterien in Lithium-Ionen-Technik für die Elektrofahrzeuge der Zukunft zur Serienreife entwickeln und fertigen soll. 2009 legten beide Unternehmen den Grundstein für den Fertigungsstandort Ulsan in Südkorea, der 2010 den Betrieb aufgenommen hat.

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Bild rechts: Mit dem Erwerb der ersol Solar Energy AG in Erfurt etablierte sich Bosch in einer Schlüsseltechnologie für erneuerbare Energien. Eines der ersten Großprojekte: das Solarkraftwerk auf dem Dach des Parkhauses der neuen Messe Stuttgart 2009.

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Auch andere Unternehmensbereiche bauten ihre Entwicklungsaktivitäten mit dem Schwerpunkt Ressourcenschonung aus. Beispiele sind Hausgeräte mit niedrigem Energie- und Wasserverbrauch oder sparsame Heizanlagen. Um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern, setzte Bosch nicht allein auf Energieeffizienz. Das Unternehmen forcierte auch das Geschäft mit Systemen für regenerative Energien wie Sonne, Wasser, Wind und Erdwärme. Schon ab 1983 vertrieb die ThermotechnikSparte von Bosch Solarkollektoren für die Warmwasserbereitung. Mit der Übernahme von Rexroth wurde Bosch auch zu einem führenden Anbieter von Getrieben für Windenergieanlagen – Komponenten, die inzwischen bei Bosch nicht nur in Deutschland, sondern auch in China gefertigt werden. Ab 2007 verstärkte Bosch sein Engagement für regenerative Energien nochmals deutlich: Es entstand ein neuer Fertigungsstandort für Solarkollektoren in Portugal. Und mit der Übernahme der schwedischen IVT stieg Bosch zum Weltmarktführer für Erdwärmepumpen auf. Im Frühjahr 2008 übernahm Bosch den deutschen Solarzellenhersteller ersol. Daraus ging die Tochtergesellschaft Bosch Solar Energy hervor. Hinzu kam die mehrheitliche Beteiligung an dem Solarmodulproduzenten aleo solar AG im Herbst 2009, die Bosch Zugang zu einem weltweit verzweigten Vertriebsnetz im Photovoltaik-Geschäft verschaffte. Folgerichtig erschien in den Medien das Schlagwort vom „Grünen Bosch“. Die weltweite Wirtschaftskrise, die im Herbst 2008 mit dem drohenden Kollaps des Bankensystems begann und erst Mitte 2009 ihren Tiefpunkt durchschritten hatte, brachte Bosch im Geschäftsjahr 2009 einen Umsatzrückgang von rund 15 Prozent und erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg operative Verluste. Sie beliefen sich auf rund 1,2 Milliarden Euro, bei

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38,2 Milliarden Euro Umsatz weltweit. Im Frühjahr 2010 zeigte sich wieder eine deutliche Erholung des Geschäftes in allen Bereichen, angetrieben vor allem von einer kräftigen Expansion in den asiatischen Schwellenländern. Die Krise änderte die langfristig ausgelegte Strategie nicht, insbesondere nicht bei der Forschung und Entwicklung. So arbeiten Forscher unvermindert zum Beispiel an allen denkbaren Antriebskonzepten für Automobile wie auch neuen Ansätzen bei regenerativen Energien, etwa der organischen Photovoltaik.

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Bild oben: Am 18. März 2010 wurde die neue Halbleiterfabrik in Reutlingen eingeweiht: (v. l. n. r.) Bereichsleiter Automotive Electronics, Christoph Kübel, Vorsitzender des Aufsichtsrates, Hermann Scholl, baden-württembergischer Ministerpräsident Stefan Mappus, Bundespräsident Horst Köhler, Vorsitzender der Geschäftsführung, Franz Fehrenbach, Geschäftsführer Volkmar Denner.

„Langfristige Existenzsicherung“ ‒ Dreiklang aus Ökonomie, gesellschaftlicher Verantwortung und Ökologie Die langfristig angelegte strategische Ausrichtung von Bosch erschließt nicht nur zukunftsträchtige Produktfelder. Sie beinhaltet auch ein erweitertes Verständnis unternehmerischer Verantwortung, weiterentwickelt aus Grundsätzen des Firmengründers Robert Bosch. Dieser hatte den Ausgleich wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Bedürfnisse als Kern unternehmerischer Verantwortung verstanden. Nun galt es auch den Schutz der Umwelt mit einzubeziehen. „Das oberste Ziel für uns ist […] die langfristige Existenzsicherung des Unternehmens. Aber es ist gleichzeitig unser Ziel, dieses Langfristziel in einer Balance zu erreichen zwischen Ökologie, Ökonomie und […] gesellschaftlicher Verantwortung“ – so formulierte es Franz Fehrenbach im Jahr 2007. Dahinter steht die Überzeugung, dass Unternehmen nur langfristig erfolgreich sein können, wenn sie nachhaltig wirtschaften, also weder gegen gesellschaftspolitische noch ökologische Interessen verstoßen. Sowohl im Rückblick als auch in der Gegenwart ist und bleibt das Besondere an Bosch wohl die Fähigkeit, scheinbar unterschiedliche Ziele auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Es gelingt dem Unternehmen, Ertragskraft im Einklang mit gesellschaftlicher Verantwortung und

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gemeinnützigem Engagement zu sichern. Und es gelingt Bosch, Innovationen für höchste Ansprüche weltweit auf den Markt zu bringen, aber gleichzeitig passende Produkte für regionale Märkte vor Ort bis zur Serien­reife zu entwickeln und zu vertreiben. Ebenso zeichnet Bosch der Brückenschlag zwischen den scheinbar größten Gegensätzen aus: der regionalen Verwurzelung und der weltwei­ ten Präsenz. Das Unternehmen bekennt sich einerseits noch heute zu seiner Ursprungsregion. Beispiel ist die neue Waferfertigung in Reutlingen nahe Stuttgart, die im März 2010 eröffnet wurde und in die Bosch rund 600 Millionen Euro investiert. Andererseits betrat Bosch schon 1898 das internationale Parkett und begann damit den Weg zum heutigen Weltunternehmen. Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts feierten bedeutende Regionalorganisationen von Bosch, ob in China, den USA, Südafrika oder Australien, ihr 100-jähriges Jubiläum. „Bosch“, so formuliert es Franz ­Fehrenbach heute, „war schon globalisiert, als von Globalisierung noch keiner gesprochen hat.“

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Mitarbeiter und Arbeitswelten

Es muss etwas Besonderes sein, für Bosch zu arbeiten. Familien sind über mehrere Genera­ tionen hinweg für das Unternehmen tätig, Geschäftsführer betrachten ihre Funktion als Lebensaufgabe. Und vier von fünf Mitarbeitern sind nach allen weltweiten Befragungen stolz, bei Bosch tätig sein zu können. Eine starke Mitarbeiterbindung war bereits dem Firmen­ gründer Robert Bosch wichtig. Und dies ist bis heute so geblieben. Eine gut ausgebildete, hoch motivierte Belegschaft bedeutet nicht nur ein gutes Arbeitsklima, sondern ist auch ent­ scheidend für die Zukunft des Unternehmens.

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Das Beste an Bosch – die Boschler Bild rechts oben: Die Mitarbeiter bei Bosch zeichnen sich durch vielfältige Qualifikationen aus, hier die Zentral­ abteilung Intellectual Property 2009. Bild rechts unten: Der soziale Zusammenhalt der Belegschaft wurde auch durch gemeinsame Aktivitäten in der Freizeit gestärkt. So fuhren die Mitarbeiter des Verkaufshauses Berlin beispielweise 1928 gemeinsam an den Sebnitzsee. Bild vorherige Seite: Die Mitarbeiterzahlen zeigen die enorme Entwicklung vom kleinen Handwerksbetrieb zum weltweit agierenden Unternehmen.

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as macht den speziellen Bosch-Geist aus? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Vieles spricht dafür, dass die Werte, die auf Robert Bosch zurückgehen, die Boschler noch heute

verbinden. Im Unternehmen „muss Zusammenarbeit sein“, sagte der Gründer einmal und meinte es auch so. Seine Bereitschaft zu Kooperation und Miteinander prägt das Unternehmen bis heute. Gute Arbeitsbedingungen, hohe Löhne, freiwillige soziale Leistungen, vielfältige Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, fairer Umgang – all dies hat zur besonderen Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen beigetragen. Aus solchen Erfahrungen speist sich die Bosch-Kultur. Die hohe Mitarbeiterbindung bleibt auch für die Zukunft des Unternehmens ein entscheidender Erfolgsfaktor. Als Franz Fehrenbach im Juli 2003 Vorsitzender der Geschäftsführung wurde, schrieb er in einer E-Mail an die Mitarbeiter in aller Welt:

„Was ist wirklich das Beste an Bosch? Es sind die Boschler. Nur Sie können dafür sorgen, dass unser Unternehmen mehr hat als eine große Geschichte – nämlich eine noch größere Zukunft.“

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„Können wir brauchen“ – die Mitarbeiterauswahl Bild rechts: Bereits Robert Bosch legte großen Wert auf die Auswahl guter Mitarbeiter und suchte sie in den Anfangsjahren noch persönlich aus. Die ersten Meister im Betrieb zeigen sich 1905 entsprechend selbstbewusst.

Die Auswahl und Ausbildung des Personals war dem Firmengründer Robert Bosch von Anfang an ein besonderes Anliegen, da der Unternehmenserfolg vor allem auf der Leistung der Mitarbeiter beruht: „Bei allen Dingen, die man nicht selbst machen kann, sei es aus Mangel an Fähigkeit, sei es aus Mangel an Zeit, ist die Hauptsache, die rechten Leute herauszufinden, welchen man die Arbeit übertragen kann.“ In den ersten Jahren, als er noch jeden mit Namen kannte, kümmerte sich Robert Bosch persönlich um die Einstellung und den Werdegang seiner Mitarbeiter. 1901 übertrug er diese Aufgabe einer eigenen Abteilung und stellte den späteren Vorstand Ernst Ulmer als Leiter des Personalwesens ein. Bei der Auswahl der Direktoren ließ er sich von Gustav Klein beraten, ab 1906 Leiter der Verkaufsorganisation. Besonders schwer fiel Robert Bosch die Entscheidung bei Verwandten. So ließ er seinen Schwager Eugen Kayser von Gustav Klein auf die Eignung als Leiter des Metallwerks in Feuerbach prüfen. Eine gern erzählte Anekdote berichtet, dass Gustav Klein mit Eugen Kayser eine Nacht durchgezecht und ihn dabei auf Herz und Nieren geprüft habe – und daraufhin urteilte: „Kayser können wir brauchen, ich habe ihn probiert.“ Die Methoden der Mitarbeiterprüfung sind heute moderner als die von Gustav Klein. Die Personalabteilung macht sich jedoch ebenfalls ein genaues Bild von der Persönlichkeit der Bewerber. Anhand von Assessment-Centern, Bewerbungsgesprächen und Eignungstests wird entschieden, ob die Kandidaten zum Unternehmen passen. Rekrutiert wird der Nachwuchs mit vielfältigen Programmen: Mit Universitätskooperationen, Stipendien, Campus Recruitment Tours sowie internationalen und nationalen On-Track-Events baut Bosch schon sehr früh den Kontakt zu vielversprechenden Nachwuchskräften auf. Jedoch

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Bild links: Mit ihrem neuartigen Flugsimulator gewannen Bosch-Auszubildende im Nachwuchswettbewerb „Jugend forscht“ 2007 den Bundessieg im ­Fachbereich Arbeitswelt. Bild oben: Bei nationalen und inter­ nationalen On-Track-Events, wie hier in Indien 2009, knüpft Bosch schon sehr früh Kontakte zu potenziellen Nachwuchskräften.

nicht erst im Studium bietet Bosch Interessierten Einblicke in Wirtschaft und Technik, sondern bereits Schüler haben dazu Gelegenheit. Mädchen können beispielsweise am Girls’ Day teilnehmen. Diese Programme wirken nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Teilen der Welt. Bei Umfragen in Deutschland zählt Bosch regelmäßig zu den beliebtesten Arbeitgebern.

„Da habe ich natürlich mitgemacht“ – Personalentwicklung Schon früh war die Personalentwicklung ebenso wichtig wie die Personalauswahl. Sie begann 1913, als Robert Bosch eine eigene Lehrlingsabteilung einrichtete. 1927 weitete das Unternehmen die Ausbildung auf Abiturienten aus, die in einem einjährigen Lehrgang vor dem Studium praktische Erfahrungen sammeln konnten. Von 1929 an wurden auch die Verkäufer systematisch geschult. Besonders in Zeiten des Arbeitskräftemangels setzte Bosch auf Umschulung und Weiterbildung. Begonnen hatte dies im Ersten Weltkrieg, als Frauen die Arbeit der an die Front einberufenen Männer übernehmen mussten. Auch mit dem starken Wachstum im deutschen „Wirtschaftswunder“ während der 1950er Jahre hatte es Bosch schwer, genügend Fachkräfte zu finden. 1959 kamen erstmals Gastarbeiter aus anderen europäischen Ländern nach Stuttgart, die angelernt wurden. In dieser Zeit systematisierten die Personalabteilungen die Weiterbildung und entwickelten zum

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Bild links: Ab 1959 arbeiteten auch Gastarbeiter bei Bosch, um den Arbeitskräftemangel der damaligen Zeit auszugleichen. Dieser Italiener nutzte die Chance auf einen Arbeitsplatz im Werk Feuerbach, 1961.

Beispiel den „Bosch-Stufenplan für Erwachsene“. Dies war ein Programm, mit dem Arbeiter ohne Verdienstausfall die Facharbeiterqualifikation erlangen konnten. Die Teilnehmer waren meistens Männer, die als Jungen im Krieg ihre Ausbildung abgebrochen hatten, um ihre vaterlosen Familien zu ernähren. Sie nutzten das einmalige Angebot ohne Zögern. Ein Arbeiter, der sich 1966 über den Stufenplan weiterqualifizierte, erzählte voller Begeisterung: „Da habe ich natürlich mitgemacht. […] Jetzt habe ich endlich einen Beruf.“ Heute ist lebenslanges Lernen notwendig und geradezu selbstverständlich geworden – und das nicht nur angesichts des Fachkräftemangels, sondern auch wegen des rasanten technischen Fortschritts in der Arbeitswelt. Längst müssen die Mitarbeiter aller Alters- und Hierarchiestufen mit dem ständigen Wandel der Computer- und Informationstechnik Schritt halten. Damit sie ihre fachliche und soziale Kompetenz weiterentwickeln können, bietet Bosch ihnen ein breites, immer wieder aktualisiertes Weiterbildungsprogramm an. Seit 2004 gibt es beispielsweise E-LearningAngebote. Damit können Mitarbeiter sich direkt an ihrem Computer­ arbeitsplatz weiterbilden. Insgesamt wurden in den vergangenen Jahren jährlich rund 200 Millionen Euro in die Weiterbildung von Mitarbeitern investiert.

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„Auch Leiten, Führen will gelernt sein!“ – Schulung von Führungskräften Bild rechts: Qualifiziertem Führungsnachwuchs bietet Bosch ein Trainee­ programm im technischen oder kaufmännischen Bereich an. In Abstatt trafen sich die Teilnehmer 2005 unter dem Motto „Innovation trifft Tradition“.

Seit 1981 hat Bosch eine Art eigene Universität. Es war der damalige Vorsitzende der Geschäftsführung, Hans L. Merkle, der das Robert-Bosch-Kolleg initiierte. Er fand es wichtig, „dass Fach- und Führungskräfte Gelegenheit erhalten, von Zeit zu Zeit Abstand zu nehmen von ihrem Tagesgeschäft und im kritischen Austausch mit Vertretern der Wissenschaft und mit Praktikern aus anderen Geschäftsbereichen neue Sichtweisen und Ideen zu gewinnen: in gewissem Sinn ein ‚Campus‘ auf dem Gelände des Unternehmens.“ So werden auch die Führungskräfte bei Bosch intensiv gefördert. Denn „Auch Leiten, Führen will gelernt sein!“ – wie schon Robert Bosch 1920 schrieb. Seit Jahrzehnten kommen mehr als 90 Prozent der Führungskräfte vom Abteilungsleiter aufwärts aus dem eigenen Haus. Ein Team aus Personalentwicklern und erfahrenen Managern beobachtet und begleitet sie über Jahre hinweg. Durch verschiedene Projekte ebenso wie durch Funktions-, Geschäftsbereichs- und Länderwechsel soll sich der Führungsnachwuchs mit ganz unterschiedlichen Perspektiven auseinandersetzen. So verlangt gerade der Wechsel in ein anderes Land ein hohes Maß an Offenheit und Flexibilität im Umgang mit der kulturellen Vielfalt bei Bosch. Bis Anfang der 1990er Jahre kamen die Führungskräfte an den BoschStandorten in aller Welt noch vorwiegend aus Deutschland. Das hat sich seitdem geändert: Immer mehr Führungspositionen werden nun mit einheimischen Spitzenkräften besetzt. Der Anteil lokaler Führungskräfte soll in Zukunft mindestens 80 Prozent betragen. Kulturelle Vielfalt bedeutet auch Chancengleichheit für Menschen aus allen Nationen.

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Endlich eine Abteilungsleiterin – Frauen bei Bosch Bild links oben: Am 1. Oktober 1950 begannen bei Bosch die ersten sechs weiblichen Auszubildenden eine mechanische und kaufmännische Lehre. Sie alle mussten eine mechanische Grundausbildung absolvieren. Das Foto zeigt ihre Nachfolgerinnen: vier junge Frauen aus dem Jahr 1960.

Aber Chancengleichheit reicht noch weiter: Sie gilt auch zwischen den

Bild links unten: Nicht nur in Deutschland, auch weltweit hat die Ausbildung von Mädchen bei Bosch Tradition. Das Bild zeigt eine Auszubildende in Indien im Jahr 2010.

erste Abteilungsleiterin bei Bosch. Sie übernahm die Personalabteilung

Geschlechtern. Die erste Frau bei Bosch begann am 1. März 1905 als Kurz- und Maschinenschreiberin. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges Anfang August 1914 arbeiteten bereits 678 Frauen neben 4 048 Männern im Unternehmen. Im Krieg verdoppelte sich der Frauenanteil. Das gleiche wiederholte sich im Zweiten Weltkrieg – vor allem mit angelernten Hilfsarbei­terinnen. Erst 1970, Jahrzehnte später, wurde Ursula Blaich die Schillerhöhe. 1988 wurde schließlich eine Betriebsvereinbarung zur Frauenförderung abgeschlossen, die bald den internen Namen Frauenförderplan bekam. Ziel war es, mehr Frauen für das Unternehmen zu gewinnen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. 1994 rief die Geschäftsführung einen Arbeitskreis „Frauen in Führungspositionen“ ins Leben. Ein Jahr später entstand das Frauennetzwerk, das heute women@bosch heißt. 1997 wurde eine Projektstelle für Frauenförderung eingerichtet, die 2004 in „Chancengleichheit“ und 2010 in „Diversity“ umbenannt wurde. Strate­ gische Ziele und die Ausrichtung der Aktivitäten werden inzwischen im Steuerkreis Diversity mit der Geschäftsführung geplant. 2009 waren ein Fünftel aller Beschäftigten bei Bosch weltweit Frauen. Auch der Anteil von Frauen in Führungspositionen nahm kontinuierlich zu. Auf der Ebene der Gruppen- und Abteilungsleitungen sind es mittlerweile mehr als acht Prozent. Um dies weiter zu steigern, konzentriert man sich auf drei Handlungsfelder: die Gewinnung von Frauen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die spezielle Förderung von Frauen in Führungspositionen, insbesondere durch weltweite Mentoring- und Weiterbildungsangebote. 165

„Nicht rührseliges, väterliches Wohlwollen“ – gute Arbeitsbedingungen Ganz praktisch steht und fällt Frauenförderung mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dies setzte schon immer gute Arbeitsbedingungen und flexible Arbeitszeiten voraus. Weltweit gibt es bei Bosch heute mehr als 100 Arbeitszeitmodelle, die je nach Land sehr unterschiedlich sind. Auch dies geht letztlich auf Robert Bosch selbst zurück, der als einer der ersten Unternehmer schon 1906 in Deutschland den Achtstundentag einführte. Das ermöglichte einerseits den Zwei-Schichten-Betrieb, mit dem die Maschinen wirtschaftlicher ausgelastet werden konnten. Andererseits begründete Robert Bosch seine Entscheidung damit, dass dies auch „am zuträglichsten für die Erhaltung der menschlichen Arbeitskraft“ sei. Vier Jahre später bekamen die Arbeiter den Samstagnachmittag frei. Eingeführt wurde auch eine nach Dienstjahren gestaffelte Urlaubsregelung. Bild oben: An den großen Standorten gibt es einen Werkarzt. Er kann mit modernsten Geräten schnelle Hilfe ­leisten bei Unfällen und akuten Erkrankungen. Für die Erhaltung der Gesundheit werden – wie hier 2009 in Feuerbach – die Mitarbeiter auf Herz und Nieren geprüft. Bild rechts: Eine Werksfürsorgerin kümmerte sich 1940 um die Sicherheit am Arbeitsplatz. Bereits im April 1917 gab es die ersten so ge­nannten Fabrikpflegerinnen, die Vorgängerinnen der heutigen Sozialbera­terinnen.

Robert Bosch war in jeder Hinsicht ein vorausschauender Unternehmer. Schon bei seinem ersten Fabrikneubau 1901 legte er großen Wert auf gute Lichtverhältnisse und eine ausreichende Belüftung. Darüber hinaus führte das Unternehmen auch früh soziale Leistungen ein: Bereits im Ersten Weltkrieg stellte Bosch so genannte Fabrikpflegerinnen ein – später Werksfürsorgerinnen genannt –, die Vorgängerinnen der heutigen betrieblichen Sozialberatung. 1919 wurde eine erste Kantine im Werk Feuerbach eingerichtet. Von 1939 an gab es in Stuttgart einen hauptamtlichen Betriebsarzt. Seit 1953 schließlich können sich Mitarbeiter in Deutschland bei der Bosch-Betriebskrankenkasse versichern. Seither haben sich Arbeits- und Gesundheitsschutz den betrieblichen Veränderungen angepasst. Früher war in erster Linie der Schutz vor Lärm, Schmutz und Gefahrenstoffen wichtig. Mit der Verbreitung der Computerarbeitsplätze in den 1980er Jahren kamen zum Beispiel Richtlinien für die Bildschirmarbeit hinzu.

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Bild oben: Arbeitgeber- und Arbeit­ nehmervertreter im Dialog bei der Betriebsräteversammlung in Fellbach 1995: der Vorsitzende der Geschäfts­ führung Hermann Scholl (Mitte), der stellvertretende Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates Gerhard S ­ autter (links) und Arbeits­direktor Tilman ­Todenhöfer (rechts)

Eine lange Tradition hat auch die betriebliche Altersversorgung. 1921 als „Angestelltenhilfe“ ins Leben gerufen, bezog sie ab 1927 auch die Arbeiter mit ein. Die Betriebsrente hieß nun Bosch-Hilfe. Sie war – wie der BoschZünder damals betonte – „nicht rührseliges, väterliches Wohlwollen, das womöglich auf dankbare Unterwürfigkeit rechnet, sondern nüchterne Überlegung, wie schaffe und erhalte ich mir einen leistungsfähigen, leistungsfreudigen Stamm von Mitarbeitern.“ Das Argument ist vor allem vor dem Hintergrund der Inflation von 1923 zu sehen, als viele Mitarbeiter ihre Ersparnisse eingebüßt hatten. Das Unternehmen blieb weiterhin führend in der betrieblichen Altersvorsorge. 2002 war Bosch das erste Unternehmen in Deutschland, das einen eigenen Pensionsfonds gründete. Auch in anderen Ländern liegt Bosch mit den Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge gemessen an vergleichbaren Firmen im oberen Drittel. Mit all diesen betrieblichen Sozialleistungen sorgt Bosch nachhaltig für eine hohe Mitarbeiterbindung. So liegt die Fluktuation in der Bosch-Gruppe weltweit unter dem Durchschnitt anderer Großunternehmen.

„Was uns verbindet“ – die Unternehmenskultur Diese Bindung, die schon früh der „Bosch-Geist“ genannt wurde, hatte und hat allerdings nicht nur materielle Gründe. Er ist Ausdruck einer ­spezifischen Unternehmenskultur, die schon Robert Bosch hochhielt: „Nur gegenseitiges Verständnis kann ein erträgliches Verhältnis schaffen“,

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sagte er 1927. Nachdem sein Unternehmen so groß geworden war, dass er zu seinen Beschäftigten keinen persönlichen Kontakt mehr halten konnte, initiierte Robert Bosch die Mitarbeiterzeitung Bosch-Zünder. Im Vorwort zur ersten Ausgabe vom 15. März 1919 heißt es: „Entsprungen ist er dem Wunsch, die Angehörigen unseres Hauses mehr als früher teilnehmen zu ­lassen an dem Leben und Schicksal, den Sorgen und Hoffnungen des Unternehmens.“ Das setzt sich bis heute fort. Seit 2005 erscheint der Bosch-Zünder sogar in neun Sprachen und spiegelt so seine internationale ­Leserschaft wider. Mitte der 1950er Jahre wurden auch erste Mitarbeiterbefragungen durchgeführt, anfangs allerdings nur an den Stuttgarter Standorten. Das hat sich mittlerweile verändert: Seit mehreren Jahren werden die Mitarbeiter weltweit alle zwei Jahre mit elektronischem und gedrucktem Fragebogen in über 30 Sprachen befragt. Sie haben darin auch die Möglichkeit, Anregungen und Kritik einzubringen. Das Verhältnis zwischen Geschäftsführung und Belegschaft war keineswegs immer harmonisch. So wurde bereits Robert Bosch mit Streiks konfrontiert – erstmals 1913. Das war für ihn persönlich eine enttäuschende Erfahrung, da er doch gute Löhne bei kürzeren Arbeitszeiten bezahlte. Dennoch war Robert Bosch für eine Interessenvertretung der Arbeiter: „Die gewerkschaftliche Bewegung, welche nach und nach einsetzte, sah ich als begrüßenswert an.“ Konflikte in der Arbeitswelt, sei es um Rationalisierungen, Löhne oder Arbeitszeiten, haben auch in späteren Jahrzehnten bei Bosch immer wieder für unruhige Zeiten und heftige Debatten gesorgt. Aber wie hoch auch immer die Wogen schlugen, es wurden stets Lösungen gefunden. Am deut-

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Bild links: Am 15. März 1919 erschien die erste Ausgabe der Mitarbeiterzeitung Bosch-Zünder. Robert Bosch initiierte sie, um die Kommunikation zwischen der Geschäftsführung und den Mitarbeitern, aber auch unter den Mitarbeitern, zu verbessern. Bild rechts: Der national wie inter­ national mehrfach prämierte BoschZünder erscheint seit 2005 in neun Sprachen. Damit wird er der inter­ nationalen Zusammensetzung der Belegschaft gerecht.

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Vision

Leitbild

Bosch Business System Kernkompetenzen

Bild oben: Das strategische Steuerrad von Bosch, das „House of Orientation“, das 2005 schriftlich festgelegt wurde, setzt sich aus der Vision, dem Leitbild, den Werten, den Kernkompetenzen und den Management-Methoden des Bosch Business Systems zusammen. Bild rechts: Um die Mitarbeiter mit dem „House of Orientation“ vertraut zu machen, wurden bei der Einführung 2005 Workshops durchgeführt.

Werte

lichsten zeigte sich dies in der Wirtschaftskrise 2008/2009, der schwierigsten seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Betriebsrat, Gewerkschaft und Geschäftsführung diskutierten keine Maximalforderungen. Priorität hatte für alle Seiten, die Kernmannschaft mit ihren Qualifikationen im Unternehmen zu halten. Dabei mussten die unterschiedlichen Arbeitsrechtsregelungen in den verschiedenen Ländern beachtet werden. Heute ist die Belegschaft von Bosch internationaler denn je; die Wertschöpfung in den Schwellenländern Asiens und Amerikas nimmt zu. Sowohl Entwicklung als auch Fertigung finden im weltweiten Verbund statt, an dem meist alle Teile der Triade beteiligt sind. Nachdem 1960 nur gut zehn Prozent der Mitarbeiter außerhalb Deutschlands tätig waren, verdoppelte sich dieser Anteil binnen eines Jahrzehnts auf nahezu 20 Prozent. Und im Jahr 2000 waren es schon fast 55 Prozent. Erstmals waren damit mehr Mitarbeiter außerhalb als innerhalb Deutschlands ­beschäftigt. Dies veränderte auch die Ansprüche an Organisation und Kommunikation. Das Unternehmen ließ sich weniger denn je zentralistisch führen, die Geschäftsbereiche agierten zunehmend selbstständig. Zugleich gewannen die elektronischen Kommunikationsmittel an Bedeutung. Seit 1995 gibt es das Bosch Corporate Network, den Vorläufer des heutigen Bosch GlobalNet, und seit 1997 das Intranet. Auch mit E-Mails und virtuellen Konferenzen rückten die Mitarbeiter in aller Welt enger zusammen. Die Geschäftsführung tat jedoch noch mehr, um die internationale Belegschaft enger zusammenzuführen. Sie formulierte die Werte und Ziele des Unternehmens neu. Allein in Deutschland arbeiten Menschen aus 110 Nationen bei Bosch. Da kann nicht mehr nur der Rückgriff auf die Gründerfigur Robert Bosch Identifikation stiften. Zwar gehen viele Werte

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des Unternehmens auf ihn zurück, aber veränderte Strukturen verlangen nach zeitgemäßen Formulierungen – und so lauten die Bosch-Werte seit 2002 nun: Zukunfts- und Ertragsorientierung, Verantwortlichkeit, Initiative und Konsequenz, Offenheit und Vertrauen, Fairness, Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit und Legalität sowie kulturelle Vielfalt. In den Folgejahren wurden sie ergänzt um Vision, Leitbild und Kernkompetenzen und Management-Methoden. Alles dies ist seit 2005 Bestandteil des „House of Orientation“ – es fasst zusammen, „was uns antreibt, was uns verbindet, wofür wir stehen“. Die so erneuerte Unternehmenskultur hilft den Mit­ arbeitern in aller Welt, Veränderungen bei Bosch zu verstehen und mit zu gestalten. Denn „die Werte schaffen eine gemeinsame Basis und fördern Verständigung und Toleranz. Beides ist eine Grundvoraussetzung, wenn ein Unternehmen weltweit dauerhaft erfolgreich sein will“, wie es Franz ­Fehrenbach 2009 formulierte.

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Unternehmerische Verantwortung

Unternehmerische Verantwortung – das heißt Balance halten zwischen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Interessen. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema ist bei Bosch nicht neu, sondern hat eine lange Tradition. Schon der Unternehmensgründer Robert Bosch selbst fand es „nicht immer leicht, die richtige Mitte zu halten“ zwischen Wirtschaftlichkeit und gesellschaftlichem Engagement. Und mit der ersten Ölkrise 1973 gewann das Ziel der Umwelt- und Ressourcenschonung an Bedeutung. Das Koordinaten­system, in dem Bosch Balance halten muss, ist heute kom­ plexer denn je. Sich darin dynamisch zu bewegen und sich kraftvoll zu entwickeln, ist aber die unternehmerische Aufgabe.

„… immer eine lohnende Arbeit?“ – langfristiger Erfolg statt kurzfristiger Gewinnmaximierung Bild rechts: Hermann Scholl (Mitte) wurde 2008 in die „Hall of Fame“ aufgenommen, eine symbolische Ruhmeshalle der deutschen Wirtschaftszeitschrift Manager Magazin. In der Begründung hieß es, Hermann Scholl habe Bosch an die Weltspitze geführt, ohne die große soziale Tradition des Unternehmens aufzugeben. Bild vorherige Seite: Mitarbeiter des indischen Bosch-Standortes B ­ angalore beteiligten sich 2008 an einer Aktion der Art of Living Foundation und der Vereinten Nationen, weltweit 100 Millionen Bäume zu pflanzen. Das Management der Stiftung übergab die Setzlinge und die Bosch-Mitarbeiter sowie Einwohner ­Bangalores pflanzten 2 700 Bäume.

U

nter wirtschaftlichen Gesichtspunkten bedeutet unternehmerische

Verantwortung vor allem das Streben nach einem nachhaltigen Erfolg – ein Erfolg, der sowohl die unternehmerische Aktionsfähig-

keit als auch die Arbeitsplätze in aller Welt sichert. Robert Bosch sah bei-

des geradezu als Verpflichtung gegenüber seinen Mitarbeitern an. Deutlich wird das in einem Rückblick von 1936, in dem er von Richard Schyle, einem Mechaniker, erzählt, der als erster seiner Arbeiter ein eigenes Häuschen in Stuttgart kaufte. Robert Bosch hatte starke Bedenken: „Wirst du dem Manne immer eine lohnende Arbeit geben können, so dass er das Haus wird halten können?“ Erleichtert und stolz fuhr er fort: „Er konnte es halten, und viele nach ihm haben sich Häuser erworben.“ Das war nur möglich, wenn das Unternehmen wettbewerbsfähig blieb. Das aber bedeutete für Robert Bosch keineswegs, ausschließlich die Maximierung der Gewinne anzustreben. Er sah sehr deutlich die Gefahr, den langfristigen Erfolg einem kurzfristigen Nutzen zu opfern. Sein Nachfolger Hans Walz bemerkte dazu 1961: „Robert Bosch hat im Ertrag als solchem nie einen Wert an sich gesehen.“ Auch die späteren Geschäftsführer handelten so. „Das Ergebnis, der Gewinn ist nur ein Maßstab, nicht das Ziel des Unternehmens“, sagte Hans L. Merkle 1978 in einem Interview. Sieben Jahre später bekräftigte ­Marcus Bierich diesen Grundsatz in einem Vortrag auf dem ersten gemeinsamen Seminar leitender Führungskräfte. Profitabilität war für ihn nicht das Ziel, sondern die Bedingung, um die eigenen „Verpflichtungen zu erfüllen: gegenüber den Vorlieferanten und Mitarbeitern sowie gegenüber dem Gemeinwesen einschließlich unserer Verpflichtung zum Schutz der Umwelt.“ Darüber hinaus müsse noch ein Überschuss bleiben, um die „Zukunft des Unternehmens und die gemeinnützigen Zwecke“ der Robert Bosch Stiftung zu finanzieren. 176

Und so ist es bis heute geblieben: Nach wie vor steht die langfristige Zukunfts- und Ertragsorientierung an oberster Stelle der Bosch-Werte. „Einen langfristigen wirtschaftlichen Erfolg anzustreben, zu erhalten und abzusichern ist viel schwerer, als kurzfristige Gewinnmaximierung“, betonte Franz Fehrenbach 2009 in einem Interview. Es verlangt viel Mut, unternehmerische Initiative und konsequentes Handeln. Alle Prozesse und Strukturen müssen ständig überprüft und verbessert werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Manche Entscheidungen fallen schwer, besonders wenn dadurch die Zukunft von Mitarbeitern gefährdet ist. Es gibt Zielkonflikte, um deren Lösung immer neu gerungen werden muss. Kein Unternehmen kann auf Dauer überholte Strukturen und nicht mehr konkurrenzfähige Produkte halten, nur um harte Einschnitte zu vermeiden. „Das Ergebnis wäre unverantwortlich – die Gefährdung des ganzen Unternehmens und all seiner Arbeitsplätze durch einen seiner Teile“, sagte Hermann Scholl 2009 bei einem Symposium zum Thema „Unternehmerische Verantwortung“. Er fuhr fort: „Vielmehr sind wir immer auch für die Folgen unseres Tuns verantwortlich – für die unerwünschten ebenso wie für die erwünschten. Und das bedeutet in aller Konsequenz für einen Unternehmer: Auch eine kurzfristig sozial erscheinende Entscheidung kann langfristig unsozial wirken – und was zunächst unsozial anmutende Härten mit sich bringt, kann auf Dauer einen größeren sozialen Nutzen stiften. Diesem Paradox wird kein Unternehmer entrinnen können.“

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Gemeinsam durch Krisen – Verantwortung für die Belegschaft Bild rechts: 47 Arbeitnehmervertreter aus 26 Ländern diskutierten 2009 auf ihrem zweiten Welttreffen in Abstatt mit der Geschäftsführung offen und kon­struktiv über die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise für das Unternehmen und die Mitarbeiter.

Eine langfristige Strategie und nachhaltiges Handeln sollen Härten für die Mitarbeiter von vornherein möglichst vermeiden. Wo und wann immer dies nicht möglich war, versuchte Bosch die Folgen für die Betroffenen zu mildern. Als zum Beispiel mit der Weltwirtschaftskrise zwischen 1929 und 1932 viele Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren, entstand der „Bosch-Fonds“. Er wurde noch vom Firmengründer eingerichtet und war ein Vorläufer der heutigen Sozialpläne. Der Fonds unterstützte die entlassenen Mitarbeiter finanziell. Auch außerhalb der großen konjunkturellen Einbrüche musste die Geschäftsführung auf die Wettbewerbsfähigkeit der Standorte achten. Mit der beschleunigten Globalisierung betrieb sie eine zunehmend differenzierte Standortpolitik. Das hieß zum Beispiel: Die Produktion in den Schwellenländern ausbauen und sie gleichzeitig in den Industrieländern absichern – vor allem über Kostensenkungen und neue Erzeugnisse. Wenn einzelne Fertigungslinien dennoch nicht wettbewerbsfähig waren, mussten sie geschlossen oder verlagert werden. In einigen Fällen gelang es, die betroffenen Mitarbeiter im Unternehmen zu halten, wie zum Beispiel bei der Aufgabe des Thermotechnik-Werks Neckartenzlingen Ende der 1980er Jahre. Die betroffenen Mitarbeiter konnten Umschulungs- und Weiterbildungsangebote wahrnehmen, um anschließend im benachbarten Standort Reutlingen zu arbeiten. Ganz ähnlich funktionierte es, als Anfang der 1990er Jahre die Autoradio-Fertigung in Salz­gitter wegen des hohen asiatischen Wettbewerbsdrucks auslief. Bosch hatte in unmittel­ barer Nachbarschaft ab Beginn der 1980er Jahre ein Werk für elektronische Steuergeräte aufgebaut. So ließen sich in Salzgitter viele Arbeitsplätze erhalten.

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Die Kernmannschaft und ihre Qualifikationen zusammenzuhalten – ­dieses anspruchsvolle Ziel verfolgte die Geschäftsführung in der Wirtschaftsund Finanzkrise 2008/2009, dem schwersten wirtschaftlichen Einbruch seit 1945. „Wo wir sicher sind, dass es sich nur um ein konjunkturelles Tal handelt, versuchen wir die Stammbelegschaft zu halten. Da setzen wir Kurzarbeit oder Arbeitszeitverkürzung ein“, sagte Franz Fehrenbach 2009 in einem Interview. Die Mitarbeiter trugen ihrerseits durch Flexibilität und teilweise durch erheblichen Einkommensverzicht zur Überwindung der Krise bei. Die Verantwortlichen waren sich der Risiken bewusst. Ausdrücklich sprachen sie von einem notwendigen Spagat zwischen Sparen und Investieren. Doch sie wollten das Vorgehen in der Rezession Anfang der 1990er Jahre nicht wiederholen, als viele qualifizierte und motivierte Mitarbeiter von Bord gehen mussten – Mitarbeiter, die beim folgenden Aufschwung fehlten. Jetzt also galt es, trotz des tiefen Konjunktureinbruchs gut ausgebildetes Personal zu halten. Überdies musste die Geschäftsführung strukturelle Probleme konsequent angehen, um das Unternehmen nicht als Ganzes zu gefährden. So entschied sie beispielsweise, das Generatoren-Werk im britischen Cardiff zu schließen und das traditionsreiche Handels- und Komponentengeschäft von Blaupunkt abzugeben.

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„Eine anständige Art der Geschäftsführung“ – Grundsätze der Unternehmensführung Bild rechts: Robert Bosch steht mit seinem Namen für ein besonderes ­Verständnis von unternehmerischer ­Verantwortung, das bis heute in der Bosch-Gruppe lebendig ist. Er versuchte auf seine Art eine Balance zwischen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen ­Interessen zu finden, auch wenn es nicht immer leicht war.

Solche Entscheidungen hat sich die Geschäftsführung nie leicht gemacht – und das gerade, weil sie ihr eigenes Handeln an Werten wie Fairness und Vertrauen ausrichtet. Sich daran zu halten, ist in guten wie in schlechten Zeiten nicht nur moralisch richtig, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Robert Bosch hat dies 1921 so formuliert: „Eine anständige Art der Geschäftsführung ist auf die Dauer das Einträglichste, und die Geschäftswelt schätzt eine solche viel höher ein, als man glauben sollte.“ Ein wichtiger Baustein für diese „anständige Art“ des Wirtschaftens war bei Bosch schon immer der „Grundsatz strikter Legalität“. 1967 konkretisierte die Geschäftsführung diesen in einer schriftlichen Mitteilung an alle Führungskräfte, die wenig später verpflichtender Bestandteil ihrer Anstellungsverträge wurde. Im „Code of Business Conduct“, der 2008 an die Mitarbeiter in aller Welt ging, wird dies ausdrücklich betont: In allen Ländern gilt „das Prinzip des ausschließlich legalen Handelns unabhängig davon, ob daraus für die Bosch-Gruppe ein Nutzen entsteht oder nicht.“ Bei Verstößen gab und gibt es bis heute bei Bosch keine Toleranz. Weil eine „anständige Art der Geschäftsführung“ weder Ausnahmen noch Grenzen verträgt, trat Bosch 2004 auch dem Global Compact der Vereinten Nationen bei. Bosch bekennt sich damit ausdrücklich zu dessen Prinzipien, zu denen unter anderem die Wahrung der Menschenrechte, die Abschaffung jeder Art von Zwangsarbeit, Kinderarbeit und Diskriminierung, der Kampf gegen Korruption und die aktive Mitarbeit beim Schutz der Umwelt gehören.

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Hilfe für Menschen in Not – Verantwortung gegenüber der Gesellschaft Bild oben: Tin-Tin lebt im Kinderheim Elsie Gaches Village auf den Philippinen. Bosch und die Mitarbeiter-Initiative Primavera unterstützen seit 1999 das Heim für geistig und körperlich behinderte Kinder mit Spenden und Arbeitseinsätzen. Bild rechts: Das Jüdische Museum ­Berlin verlieh 2009 der Bosch-Gruppe den „Preis für Verständigung und ­Toleranz“. Christof Bosch und Franz Fehrenbach nahmen den Preis stell­ vertretend aus den Händen von Henry Kissinger und Michael Blumenthal (v. l. n. r.) entgegen.

Unternehmerische Verantwortung endet nicht am eigenen Werkstor. Bosch hat sich nie auf das scheinbar rein Wirtschaftliche, das eigene Geschäft, zurückgezogen. Vielmehr hat das Unternehmen immer wieder Menschen unterstützt, die durch Kriege oder Naturkatastrophen in Not geraten waren. Im Ersten Weltkrieg stiftete Robert Bosch die Gewinne aus den Rüstungsaufträgen für den Bau des Neckarkanals. Die Zinsen dieser Stiftung erhielt die Stadt Stuttgart für soziale Notfälle. Später rief Robert Bosch die Robert-Hilfe ins Leben, um Kindern von Kriegsopfern zu helfen. Und bis heute setzen das Unternehmen und seine Belegschaft diese Tra­dition fort. Nach dem verheerenden Erdbeben 2008 in der chinesischen Provinz Sichuan spendeten einheimische Mitarbeiter spontan rund 175 000 Euro. Die Robert Bosch GmbH, die chinesischen Landesgesellschaften und Gemeinschaftsunternehmen vor Ort stockten diesen Betrag um weitere rund 1,4 Millionen Euro auf. Aus einer Initiative der Mitarbeiter ist auch der Verein „Primavera – Hilfe für Kinder in Not e. V.“ hervorgegangen. 1990 hatte der Bosch-Zünder über die Slums in der Umgebung brasilianischer Standorte berichtet. Seither organisieren aktive und ehemalige Mitarbeiter Hilfsprojekte in Elendsvierteln vor allem in Brasilien und Indien. Neben medizinischer Hilfe unterstützen sie besonders Kindergärten und Schulen, um den Kindern dort bessere Perspektiven zu geben.

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Förderung von Begabten – Verantwortung für Nachwuchs und Bildung Bild links: Bereits die Kleinsten für Technik zu begeistern, hat sich die Wissensfabrik, zu deren Gründungs­ firmen Bosch gehört, zum Ziel gesetzt. 2007 waren b ­ eispielsweise die Kinder des Kindergartens St. Sebastian aus Theilheim zu Besuch bei Bosch Rexroth in Schweinfurt. Ein Auszubildender erklärte damals die Funktionsweise eines Flaschenzuges. Bild oben: Die Bosch-Jugendhilfe möchte ihre Stipendiaten nicht nur finanziell unterstützen, sondern ihnen auch den Einstieg in den Beruf erleichtern. Auf einem gemeinsamen Seminar 2010 lernten sie beispielsweise, wie sie ihre Stimme im Berufsalltag gezielt einsetzen können.

Bildung war und ist ohnehin ein Schwerpunkt des gesellschaftlichen Engagements von Bosch. Schon der Firmengründer stiftete 1910 seinen ersten Millionenbetrag für die damalige Technische Hochschule ­Stuttgart. Um begabten Schülern ein Studium zu ermöglichen, schuf Robert Bosch 1916 den „Verein zur Förderung der Begabten“. 1938 kam die Bosch-Jugendhilfe hinzu, die bis heute mehr als 3 250 junge Menschen in ihrer Ausbildung unterstützt hat. Das Unternehmen setzt auch hier die Tradition seines Gründers fort. 1958 gründete Bosch beispielsweise die Hans-Walz-Stiftung zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Medizin. 1990 stellte das Unternehmen 15 Millionen US-Dollar zur Ver­ fügung, um im amerikanischen Pittsburgh das Carnegie Bosch Institute für internationales Management einzurichten. An ganz unterschiedlichen Standorten der Welt stiftete Bosch auch Lehrstühle, beispielsweise 1999 eine Stiftungsprofessur für Kraftfahrzeugsysteme an der Tongji-Universität in Shanghai oder 2007 einen Lehrstuhl an der Fakultät für Maschinenbau der Stanford University in Kalifornien. Und auch in Deutschland engagiert sich das Unternehmen nach wie vor: 2009 half es, das Robert Bosch Zentrum für Leistungselektronik an der Hochschule Reutlingen und der Universität Stuttgart zu gründen. Die Verbindung von gesellschaftlichem und sozialem Engagement mit wirtschaftlichen Interessen war und ist für Bosch kein Widerspruch. So heißt es im Vorwort des Berichts zur unternehmerischen Verantwortung 2007/2008: „Wir verstehen Verantwortung nicht etwa als ethischen Anspruch, der entgegen oder gar über unserem Unternehmensinteresse steht. Vielmehr ist Verantwortung für soziale und ökologische Belange auch

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Bild oben: „Man sieht es an der Stromrechnung …“ Schon 1936 war der niedrige Stromverbrauch ein Argument für den Bosch-Kühlschrank. Bild rechts: Auch über 70 Jahre später sind die Kühl- und Gefriergeräte von Bosch sehr sparsam. Das schont nicht nur den eigenen Geldbeutel, sondern auch die Umwelt.

­wirtschaftlich in unserem Sinne. Wenn die Gesellschaft keinen gut ausge­ bildeten Nachwuchs hervorbringt, wenn Umwelt und Klima ungeschützt bleiben – dann wird sich auch die Bosch-Gruppe auf Dauer kaum kraftvoll entwickeln können.“

Sauber und sparsam – Umweltschutz durch Innovationen Auch wenn sich der Umweltschutz-Gedanke erst in den 1970er Jahren durchsetzte, hatte er bei Bosch doch schon Vorläufer. Als das Unternehmen 1933 beispielsweise seinen ersten Kühlschrank vorstellte, erregte nicht nur die runde Form Aufsehen, sondern auch der niedrige Stromverbrauch. Die Entwickler hatten alles getan, um die praktischen Vorteile eines elektrischen Kühlschranks für jedermann erschwinglich zu machen und die Kosten niedrig zu halten. Stand damals das Geldsparen im Vordergrund, so gewannen spätestens in den 1970er Jahren die Sparsamkeit im Umgang mit den Ressourcen und die Sauberkeit der Umwelt einen eigenen Wert. Ins Visier der öffentlichen Diskussion gerieten beispielsweise Smog und kilometerlange Staus als Folgen der modernen Technik sowie die absehbaren Grenzen fossiler Rohstoffe. Auf diese Herausforderungen reagierte Bosch keineswegs mit Ver­zicht auf sinnvolle Technik, sondern mit besseren technischen Lösungen in allen Unternehmensbereichen. Franz Fehrenbach formulierte das einmal so: „Wer ökologisch denkt, muss technisch handeln.“ Als Antwort auf die erste Ölkrise hatte Hans L. Merkle 1974 das 3-S-Programm ­vorgegeben, um das

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Für unsere Ingenieure muss ein Bosch Kühlschrank mehr können als nur kühlen. Er hält Obst und Gemüse bis zu zweimal länger frisch – dank HydroFresh Technologie. Er lässt Sie nicht lange suchen: LED-Licht leuchtet den Innenraum optimal aus. Von außen hingegen sorgt die Glasfront für frische Farbe in Ihrer Küche. Und auf der Stromrechnung sieht er genauso gut aus: mit den Energie-Effizienz-Klassen A+ und A++. www.bosch-home.com/de

Bild rechts: 2008 wurde auf der Schillerhöhe das „Solar Decathlon“-Haus genau unter die Lupe genommen. Die Technische Universität Darmstadt hatte in Zusammenarbeit mit Bosch ein vollständig energieautarkes Haus gebaut. Das Gebäude bezog seine gesamte Energie von der Sonne und gewann 2007 den international renommierten Wettbewerb „Solar Decathlon“ des ­US-Energieministeriums.

Autofahren sicherer, sauberer und sparsamer zu machen. Das hieß zum Beispiel für den Verbrennungsmotor Einspritzsysteme zu entwickeln, die Verbrauch und Schadstoffausstoß senkten. Die Emissionen eines modernen Dieselfahrzeugs konnten gegenüber dem Niveau von 1990 um über 96 Prozent gesenkt werden. In der Gebäude- und Industrietechnik half Bosch vor allem die Energieeffizienz zu steigern: Ein moderner Brennwert-Heizkessel verbraucht heute in der Kombination mit Solarkollektoren bis zu 60 Prozent weniger Öl oder Gas gegenüber einer 30 Jahre alten Heizung – und das ohne Einschränkungen im Wohnkomfort. Und der Stromverbrauch einer Kunststoffpresse lässt sich heute bei gleicher Produktivität mit einem Bündel von Maßnahmen um 75 Prozent senken. So arbeiten Forscher und Entwickler bei Bosch in allen Unternehmensbereichen weiter unter Hochdruck an Lösungen für den Umwelt- und Klimaschutz. 2009 zielten rund 45 Prozent des Aufwands für Forschung und Entwicklung auf umwelt- und ressourcenschonende Erzeugnisse. Bosch setzt aber auch in der Produktion und Verwaltung auf Umweltschutz und Sparsamkeit. Auch dies geht auf den Firmengründer selbst zurück. Robert Bosch reagierte gereizt, wenn Mitarbeiter verschwenderisch mit Rohstoffen und Betriebsmitteln umgingen. Das konnte eine unachtsam weggeworfene Büroklammer sein oder auch ein unnötig brennendes Licht. Dazu sind viele Beispiele überliefert. Bereits 1935 führte das Werk Feuerbach ein systematisches Abfall-Management ein. Damit konnten allein in der Gießerei täglich bis zu 600 Kilogramm Eisen aus den Abfällen zurückgewonnen werden.

188

1973 wurde das Thema Nachhaltigkeit mit der Verabschiedung der ersten Bosch-Umweltschutzrichtlinie im Unternehmen verbindlich verankert. Seither stiegen die entsprechenden Investitionen in der Bosch-Gruppe von Jahr zu Jahr – sei es für sparsamere Gebäudetechnik, für effizientere Fertigungsanlagen oder auch für den Neubau von Entsorgungszentren. Bis 2020 will Bosch die eigenen Kohlendioxid-Emissionen und den Stromverbrauch gegenüber 2007 um mindestens 20 Prozent verringern. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, sind weltweit viele kleine und große Schritte in allen Bereichen notwendig. So spart beispielsweise am koreanischen Standort ­Buyong ein neuer Wärmetauscher für einen Härteofen seit 2009 jährlich über 300  Megawattstunden Energie. Und beim Bau des neuen Südostasien-Hauptquartiers setzten die Architekten und Planer konsequent auf grüne Technik und erreichten damit den „Platinum Award“, die höchste Kategorie der Umwelt-Auszeichnung „Green Mark Scheme“ in Singapur. Das Gebäude hat nicht nur eine eigene Photovoltaik-Anlage, es verbraucht auch gut 30 Prozent weniger Energie als vergleichbare Industriegebäude in Singapur. Das schont nicht nur die Ressourcen, sondern spart auch erheblich Kosten – der Kreis zum Geldsparen schließt sich.

189

„… eine kraftvolle und reiche Entwicklung sichern“ – Chancen verantwortungsvoll nutzen Bild rechts: Unternehmerische Verantwortung und wirtschaftlicher Erfolg gehören für Bosch zusammen. Bosch baut gezielt sein Geschäft mit rege­ nerativen Energien aus und liefert auch Getriebe für Windkraftanlagen.

Umwelt- und Ressourcenschonung bedeuten heute für Bosch immer beides: Verantwortung für unsere Erde und wirtschaftlichen Erfolg. In seiner Rede auf der Bilanz-Pressekonferenz 2006 sprach Franz Fehrenbach neben der ökonomischen erstmals von „ökologischer Globalisierung“ – und meinte damit nicht zuletzt die Wachstumschancen für Bosch im Zeichen von Klimaschutz und weltweit anziehenden Emissionsnormen. „Es ist unser Anspruch, mit unserer weitreichenden technologischen Kompetenz drängende Herausforderungen der Welt mit lösen zu helfen.“ Inzwischen folgen alle Unternehmensbereiche dem strategischen Leitmotiv „Technik fürs Leben“. Und das heißt nicht nur langlebige und zuverlässige Technik für mehr Lebensqualität und Sicherheit, vielmehr auch Technik für Umwelt- und Ressourcenschonung. Gerade dafür hat Bosch das Portfolio zuletzt deutlich erweitert, sei es mit dem Einstieg in die Photovoltaik und die Wärmepumpen-Technik oder mit dem deutlichen Ausbau der Kapazitäten für Windkraft-Großgetriebe. Der Umsatz mit Systemen für regenerative Energien übertraf 2009 erstmals die Marke von einer Milliarde Euro. Die Tendenz zeigt klar nach oben – ökologische Verantwortung rechnet sich. In seinem Testament hatte Robert Bosch seinen Nachfolgern aufgetragen, das Unternehmen in seinem Sinne weiterzuführen und ihm „nicht nur das Leben zu erhalten, sondern […] eine kraftvolle und reiche Entwicklung zu sichern.“ Nach 125 Jahren Firmengeschichte wird immer deutlicher: Unternehmerische Dynamik und unternehmerische Verantwortung gehören bei Bosch eng zusammen.

190

Anhang

194 Robert Bosch und seine Nachfolger 198 Standorte weltweit 202 Umsätze und Mitarbeiter 1886–2010 206 Meilensteine 212 Die Bosch-Gruppe 214 Bildnachweis

Robert Bosch und seine Nachfolger Es ist kein alltägliches Phänomen, dass nach 125 Jahren erst der fünfte Nachfolger des Firmen­ gründers die Unternehmensgeschäfte führt. Doch es dokumentiert die langfristige Ausrichtung des Unternehmens. Robert Bosch war 25 Jahre alt, als er im Novem­ ber 1886 seine Werkstatt eröffnete. Er zog sich nach rund 40 Jahren im Jahr 1926 aus den Geschäf­ ten zurück. Als Nachfolger hatte er Hans Walz bestimmt, dem er alles anzuvertrauen bereit war. Bosch kannte Walz bereits seit 1912, als dieser die ­Leitung von Boschs Privatsekretariat übernahm. Diese persönliche Bindung kam bei den Nach­ folgern Hans L. Merkle, Marcus Bierich, Hermann Scholl und Franz Fehrenbach nicht mehr zum ­Tragen. Die Entscheidung über die Nachfolge im Vorsitz der Geschäftsführung lag auch nicht mehr bei einem Einzelnen, sondern im einvernehmlichen Votum der Gesellschafter und des Aufsichtsrats. Indes blieb das Ziel im Blick, eine Unternehmens­ führung mit langfristigen Zielen zu sichern. Gleich­ zeitig bot jeder Wechsel Chancen: Alle Nachfolger Robert Boschs setzten neue Akzente, um das Unternehmen erfolgreich weiterzuentwickeln.

194 | Anhang

Robert Bosch Geb. 23. September 1861 in Albeck bei Ulm Gest. 12. März 1942 in Stuttgart 1876 bis 1879 absolvierte Robert Bosch eine Ausbildung zum Feinmechaniker in Ulm. Nach der Ausbildung sammelte er Erfahrungen in Theorie und Praxis, zum Beispiel als Feinmechaniker und Elektrotechniker in verschiedenen deutschen Unternehmen, 1883 als Gasthörer an der Technischen Hochschule in Stuttgart sowie 1884 durch einen einjährigen Arbeitsaufenthalt in den USA bei Edison Machine Works und eine mehrmonatige Anstellung bei Siemens Brothers in Großbritannien im Jahr 1885. Am 15. November 1886 eröffnete Robert Bosch sein eigenes Unternehmen, die „Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik“ in Stuttgart. Im Herbst 1897 baute Robert Bosch erstmals einen Magnetzündapparat in ein Automobil ein. Das zuvor nur in Stationärmotoren eingesetzte Erzeugnis markierte den Beginn des Aufstiegs zum Weltkonzern. Ab 1898 eröffnete er weltweit Vertriebsbüros und bezog 1901 die erste eigene Fabrik in Stuttgart. 1913 begann Bosch, die Produktpalette für Kraftfahrzeugtechnik stark zu erweitern. 1917 wandelte er sein Unternehmen in eine Aktiengesellschaft um, und nach einer Krise 1925/26 in der Automobilindustrie begann die Diversifizierung des Unternehmens – mit Elektrowerkzeugen und Hausgeräten sowie Fernseh-, Radio- und Kameratechnik. 1937 formte Bosch sein Unternehmen erneut um, dieses Mal in eine GmbH. Mit seinem Testament schuf Robert Bosch die Voraussetzungen für die heutige Unternehmensverfassung.

Hans Walz Geb. 21. März 1883 in Stuttgart Gest. 23. April 1974 in Stuttgart Hans Walz trat 1912 als Leiter des Privatsekretariats von Robert Bosch in das Unternehmen ein. Ab 1919 war er Mitglied des Aufsichtsrates der Robert Bosch AG, ab 1924 Mitglied des Vorstandes der Robert Bosch AG. Nach dem Rückzug Robert Boschs aus den Unternehmensgeschäften übernahm er 1926 zusammen mit Hermann Fellmeth und Karl Martell Wild die Unternehmensleitung. Infolge der Vorgabe des NS-Regimes war er ab 1933 nicht mehr Vorsitzender des Vorstandes, sondern alleiniger „Betriebsführer“. Er schied 1945 aus der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH durch Amtsenthebung seitens der amerikanischen Militärregierung aus. Von 1942 bis 1963 war Walz Vorsitzender des Testamentsvoll­strecker-Kollegiums von Robert Bosch. Zusammen mit den anderen Mitgliedern dieses Gremiums gelang es Walz, die Voraussetzungen für die heutige Unternehmensstruktur zu schaffen: Die Vermögensverwaltung Bosch GmbH erwarb 1964 von den Erben des Firmengründers die Kapitalmehrheit an der Robert Bosch GmbH. Die Stimmrechte gingen an die im selben Jahr gegründete Robert Bosch Industriebetei­ligung GmbH, die seit 1976 als Robert Bosch Industrietreuhand KG firmiert; sie übt die unternehmerische Gesellschafterfunktion aus. Im Jahr 1948 wurde Hans Walz zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Robert Bosch GmbH ernannt, 1952 erneut zum Mitglied der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH und 1953 zu deren Vorsitzenden. Im Jahr 1963 schied er aus der Geschäftsführung aus.

Anhang | 195

Hans L. Merkle Geb. 1. Januar 1913 in Pforzheim Gest. 22. September 2000 in Stuttgart Im väterlichen Betrieb, einer Buchdruckerei, absolvierte Hans L. Merkle nach dem Schul­abschluss in den Jahren 1931 bis 1933 eine kaufmännische Lehre. Im Jahr 1935 begann Merkle seine berufliche Karriere bei der Ulrich Gminder AG in Reutlingen, wo er 1939 zum Abteilungsdirektor aufstieg. Er rückte 1949 in deren Vorstand auf. Im Jahr 1958 wechselte Merkle in die Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH. Ein Jahr später wurde er Finanzchef des Unternehmens. Merkle übernahm 1963 den Vorsitz der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH, den er bis 1984 inne hatte. Ab 1961 war Merkle Mitglied des Testamentsvollstrecker-Kollegiums von Robert Bosch, ab 1964 Gesellschafter der Robert Bosch Industriebeteiligung GmbH und ab 1965 deren Vorsitzender. Ab 1976 war er persönlich haftender Gesellschafter der neugegründeten Robert Bosch Industrietreuhand KG, der Nachfolgerin der Robert Bosch Industriebeteiligung GmbH, deren Vorsitz er bis 1993 inne hatte, und war darüber hinaus Vorsitzender des Aufsichtsrates der Robert Bosch GmbH von 1984 bis 1988. Merkle genoss in der deutschen Wirtschaft hohes Ansehen und nahm eine große Anzahl von Mandaten in Aufsichtsgremien internationaler Unternehmen wahr.

Marcus Bierich Geb. 29. April 1926 in Hamburg Gest. 25. November 2000 in Stuttgart Marcus Bierich studierte ab 1945 Naturwissenschaften, Mathematik und ­Philo­sophie in Hamburg und Münster und schloss das Studium 1951 mit der Promotion ab. Im selben Jahr nahm er eine Anstellung beim Hamburger Privatbankhaus Delbrück, Schickler & Co. an. Ab 1961 war Bierich als Finanzdirektor bei der Mannesmann AG angestellt, ab 1967 war er Mitglied des Vorstandes der Mannesmann AG. Im Jahr 1980 wechselte Bierich als Vorstandsmitglied zur Allianz-Versicherungen AG. Von 1984 bis 1993 war Bierich Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH; er übernahm 1993 den Vorsitz des Aufsichtsrates bis ins Jahr 2000. Bereits 1976 bis 1980 war Bierich Mitglied des Aufsichtsrates der Robert Bosch GmbH gewesen und ab 1978 Gesellschafter der Robert Bosch Industrietreuhand KG, deren Vorsitz er von 1993 bis 2000 innehatte.

196 | Anhang

Hermann Scholl Geb. 21. Juni 1935 in Stuttgart Hermann Scholl studierte ab 1954 Elektrotechnik mit der Fachrichtung Nachrichtentechnik an der Universität Stuttgart und legte 1959 das Examen zum Diplom-Ingenieur ab. 1961 promovierte er dort zum Dr.-Ing. Bei der Robert Bosch GmbH begann er 1962 als Ingenieur in der Abteilung Vorausentwicklung Kraftfahrzeugausrüstung und arbeitete insbesondere an der Entwicklung der elektronischen Benzineinspritzung. 1968 übernahm Scholl die Entwicklungsleitung der Erzeugnisgebiete Generatoren und elektronische Benzineinspritzung. Im Jahr 1971 wurde Scholl Mitglied des Bereichsvorstandes im Geschäftsbereich Motorenausrüstung. 1973 wurde Scholl in die Geschäftsleitung und 1975 in die Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH berufen. Von 1989 an war er Vorsitzender des Unternehmensbereichs Kraftfahrzeugausrüstung. Am 1. Juli 1993 übernahm Scholl den Vorsitz der Geschäftsführung, den er bis 2003 innehatte. Gleichzeitig wurde er Gesellschafter der Robert Bosch Industrie­ treuhand KG und ist dort seit 1995 persönlich haftender Gesellschafter und seit 2000 Vorsitzender der Gesellschafterversammlung. Seit 1. Juli 2003 ist Scholl gleichzeitig Vorsitzender des Aufsichtsrates der Robert Bosch GmbH.

Franz Fehrenbach Geb. 1. Juli 1949 in Kenzingen Franz Fehrenbach studierte ab 1969 an der Universität Karlsruhe Wirtschaftsingenieurwesen. 1975 legte Fehrenbach das Examen zum Diplom-Wirtschaftsingenieur ab. Im selben Jahr begann er seine berufliche Laufbahn bei Bosch als Trainee. Im Jahr 1978 übernahm er die Abteilungsleitung für Auftrags- und Lieferplanung im Werk Feuerbach; 1980 wurde er kaufmännischer Werkleiter im Werk Hildesheim. Im Jahr 1985 übernahm Fehrenbach die kaufmännische Werkleitung am Produk­ tionsstandort Charleston/South Carolina der US-amerikanischen Regionalgesellschaft Robert Bosch Corporation, in deren Geschäftsleitung er drei Jahre später eintrat. Im Jahr 1989 wechselte Fehrenbach als Geschäftsleiter für kaufmännische Aufgaben in den Bosch-Geschäftsbereich Starter und Generatoren und übernahm 1994 dort die Funktion des Sprechers der Geschäftsleitung. Ab 1996 war Fehrenbach Geschäftsleiter für kaufmännische Aufgaben im Geschäftsbereich DieselEinspritzsysteme, ab 1997 Sprecher der Geschäftsleitung. In die Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH trat Fehrenbach 1999 ein. Seit 1. Juli 2003 ist er Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH sowie Gesellschafter der Robert Bosch Industrietreuhand KG.

Anhang | 197

Standorte weltweit Schon früh war Robert Bosch klar: Seine Magnet­ zündung für Automobile hatte nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb Deutschlands gute Erfolgschancen. Die erste Auslandsniederlassung eröffnete er 1898 in London. Bereits 1905 fertigte Bosch in Frankreich, 1912 in den USA. Inzwischen ist die Bosch-Gruppe mit rund 300 Fertigungs­ standorten in mehr als 60 Ländern vertreten. Deutschland Standorte Abstatt

Eibelshausen

Ketsch

Reutlingen

Ansbach

Eisenach

Köln

Rodgau

Arnstadt

Elchingen

Kusterdingen

Rutesheim

Augsfeld

Erbach

Leinfelden-Echterdingen

Salzgitter

Bad Neustadt

Erfurt

Leipzig

Schillerhöhe

Bamberg

Essen

Leonberg

Schwäbisch Gmünd

Barbing

Fellbach

Lohr

Schweinfurt

Berlin

Feuerbach

Lollar

Schwieberdingen

Bietigheim

Frankfurt

Magdeburg

Sebnitz

Blaichach

Fürth

Mörfelden-Walldorf

Straubing

Bochum

Giengen

München

Stuttgart

Brandenburg an der Havel

Göttingen

Murrhardt

Tamm

Braunschweig

Grasbrunn

Nauen

Traunreut

Breidenbach

Gunzenhausen

Neukirchen

Viersen

Bremen

Hamburg

Nürnberg

Volkach

Bretten

Hannover

Oberramstadt

Waiblingen

Bühl

Herne

Oldenburg

Wernau

Bühlertal

Hildesheim

Ottobrunn

Wettringen

Chemnitz

Homburg

Plochingen

Wetzlar

Crailsheim

Horb am Neckar

Prenzlau

Willershausen

Dillingen

Ichtershausen

Ratingen

Witten

Ditzingen

Immenstaad

Ravensburg

Dresden

Immenstadt

Regensburg

Düsseldorf

Karlsruhe

Remshalden

198 | Anhang

West- und Osteuropa (ohne Deutschland) Land

Standorte

Belgien

Aartselaar

Bulgarien

Sofia

Dänemark

Ballerup

Estland

Tallinn

Finnland

Vantaa

Frankreich

Brüssel

Tienen

Esbjerg

Sandved

Angers

Lipsheim

St. Thégonnec

Bonneville

Mondeville

Seclin

Chelles

Moulins

Tremblay

Drancy

Rodez

Vendôme

Forbach

St. Ouen

Vénissieux

Griechenland

Athen

Großbritannien

Alfreton

Glenrothes

Stowmarket

Cirencester

Greetland

Worcester

Clay Cross

Milton Keynes

Denham

St. Neots

Irland

Dublin

Italien

Bari

Modena

Reggio Emilia

Brembate

Modugno

Turin

Cernusco

Nonantola

Udine

Correggio

Offanengo

Vezzano

Mailand

Pavullo

Kroatien

Zagreb

Lettland

Riga

Litauen

Kaunas

Luxemburg

Luxemburg

Niederlande

Amsterdam

Eindhoven

Tilburg

Boxtel

Hoevelaken

Weert

Breda

Nijmwegen

Deventer

Schiedam

Norwegen

Ski

Österreich

Hallein

Pasching

Linz

Ternitz

Polen

Lodz

Warschau

Wroclaw

Portugal

Abrantes

Braga

Ovar

Wien

Aveiro

Lissabon

Rumänien

Blaj

Bukarest

Timisoara

Russische Föderation

Engels

Moskau

St. Petersburg

Schweden

Mellansel

Tranås

Stockholm

Vagnhärad

Beringen

Frauenfeld

Buttikon

Geroldswil

Ecublens

Solothurn

Schweiz

Serbien

St. Niklaus

Belgrad

Anhang | 199

Land

Standorte

Slowakei

Bernolakova

Michalovce

Slowenien

Nazarje

Skofia Loka

Spanien

Aranjuez

La Cartuja

Santander

Barcelona

Llica

Treto

Buelna

Madrid

Vigo

Castellet

Montañana

Vitoria

Esquiroz

San Sebastian

Zaragoza

Albrechtice

Budweis

Krnov

Brünn

Jihlava

Prag

Bursa

Istanbul

Cerkezköy

Manisa

Ukraine

Krakovets

Kiew

Ungarn

Budapest

Hatvan

Eger

Miskolc

Tschechien Türkei

Weißrussland

Minsk

Nafta Land Kanada Mexiko

USA

Standorte Mississauga

Welland

Aguascalientes

Mexicali

San Luis Potosi

Hermosillo

Mexico City

Toluca

Juarez

Saltillo

Albion, IN

Fort Lauderdale, FL

Mount Prospect, IL

Anderson, SC

Fountain Inn, SC

New Bern, NC

Atlanta, GA

Hebron, KY

New Richmond, WI

Bethlehem, PA

Hoffman Estates, IL

Palo Alto, CA

Broadview, IL

Huntington Beach, CA

Peoria, IL

Burnsville, MN

Kentwood, MI

Plymouth, MI

Charleston, SC

Lancaster, PA

Raleigh, NC

Charlotte, NC

Lexington, KY

Rochester Hills, MI

Excelsior Springs, MO

Lincoln, NE

South Bend, IN

Fairport, NY

Lincolnton, NC

St. Joseph, MI

Farmington Hills, MI

Londonderry, NH

Watseka, IL

Fayetteville, NC

Morrilton, AR

West Memphis, AR

Südamerika Land

Standorte

Argentinien

Buenos Aires

Brasilien

Alphaville

Campinas

São Paulo Sorocaba

Aratu

Curitiba

Vitoria

Atibaia

Joinville

Belo Horizonte Contajem

Pomerode

Kolumbien

Bogota

Peru

Callao

Venezuela

Caracas

200 | Anhang

Australien / Ozeanien Land Australien Neuseeland

Standorte Clayton

Rowville

Melbourne

Sydney

Auckland

Asien Land China

Indien

Standorte Beijing

Hangzhou

Suzhou

Changsha

Hongkong

Taipeh

Chuzhou

Jinan

Wu Jin

Dalian

Nanjing

Wuxi

Dongguan City

Ningbo

Xian

Gaomi City

Shanghai

Zhuhai

Guangzhou

Shenzhen

Ahmedabad

Coimbatore

Mumbai

Bangalore

Jaipur

Naganathapura

Bommanahalli

Jalgaon

Nalagarti

Chakan

Koramangala

Nashik

Chennai

Manesar

Tumkur

Indonesien

Jakarta

Japan

Funabashi

Ota-City

Tsuchiura-shi

Higashi-Matsuyama

Takasaki

Yokohama

Misato

Tochigi

Yorii

Musashi

Tokio

Odawara City

Tomioka

Kasachstan

Almaty

Malaysia

Penang

Philippinen

Manila

Singapur

Singapur

Petaling Jaya

Shah Alam

Yongin

Buyong

Daejoen

Busan

Gunpo-Si

Thailand

Amata City

Bangkok

Vereinigte Ara­bische Emirate

Dubai

Vietnam

Hai Duong City

Ho Chi Minh City

Brits

Midrand

Südkorea

Rayong

Afrika Land Südafrika

Standorte

Stand 1. Januar 2011. Diese Aufstellung umfasst Länder und Standorte mit 100 und mehr Mitarbeitern sowie Standorte nicht-konsolidierter Tochtergesellschaften und die Standorte der großen Regionalgesellschaften.

Anhang | 201

Umsätze und Mitarbeiter 1886–2010

Jahr Mark

202 | Anhang

Umsatz in Mark

Auslands-Anteil in %

Mitarbeiter1 Jahresmittel1

1886/87

5 700

1888

9 300

1

Nicht ermittelbar

3

1889

15 000

1,7

Nicht ermittelbar

1890

19 000

1,5

Nicht ermittelbar

1891

25 500

2,2

10

1892

35 100

12,9

25

1893

27 600

22,4

2

1894

30 000

7,4

4

1895

38 900

8,5

Nicht ermittelbar

1896

80 600

3,3

14

1897

101 700

9,4

Nicht ermittelbar

1898

163 300

14,7

Nicht ermittelbar

1899

236 000

15,8

28

1900

295 900

Nicht ermittelbar

37

1901

369 500

Nicht ermittelbar

45

1902

Nicht ermittelbar

Nicht ermittelbar

80

1903

Nicht ermittelbar

Nicht ermittelbar

150

1904

842 500

Nicht ermittelbar

300

1905

1 726 000

Nicht ermittelbar

472

1906

3 624 000

78,9

611

1907

Nicht ermittelbar

86,7

944

1908

7 938 000

87,7

1 103

1909

12 836 000

89,6

2 066

1910

19 628 000

87,2

3 002

1911

22 286 000

86,5

3 552

1912

33 147 000

83,8

4 959

1913

26 862 000

88,7

4 542

1914

23 560 000

77,1

3 611

1915

33 126 000

12,7

3 895

1916

47 513 000

9,8

5 639

Jahr

Reichsmark

DM

Umsatz in Mark / Reichsmark / DM

Auslands-Anteil in %

Mitarbeiter1 Jahresmittel1

1917

77 652 000

8,5

8 253

1918

73 462 000

8,5

9 249

1919

62 539 000

14,8

6 208

1920

Inflation

57,4

7 794

1921

Inflation

40,2

6 444

1922

Inflation

49,2

8 491

1923

Inflation

Inflation

10 621

1924

49 445 000

34,6

9 769

1925

72 825 000

31,6

13 808

1926

47 521 000

41,1

6 752

1927

71 370 000

34,1

10 267

1928

83 029 000

40,6

11 333

1929

85 227 000

43,5

10 292

1930

67 465 000

46,5

8 367

1931

55 940 000

48,6

8 658

1932

48 443 000

55,7

8 548

1933

60 314 000

34,8

11 455

1934

96 605 000

22,0

15 216

1935

111 129 000

16,5

16 396

1936

134 705 000

15,9

18 599

1937

158 319 000

17,4

19 817

1938

182 900 000

11,6

23 103

1939

217 927 000

9,3

21 580

1940

225 446 000

10,3

23 161

1941

248 080 000

9,9

24 650

1942

328 782 000

11,1

25 288

1943

368 845 000

12,7

22 879

1944

364 652 000

7,4

22 124

1945

50 351 000

0

4 975

1946

49 209 000

0

9 432

1947

57 137 000

4,1

10 541

1948

85 000 000

5,4

10 812

1949

188 000 000

10,3

12 533

1950

258 000 000

10,5

20 836

1951

385 000 000

13,3

19 432

1952

419 000 000

13,6

20 493

1953

469 000 000

16,7

26 441

1954

599 000 000

18,0

31 357

1955

757 000 000

17,0

37 997

1956

860 000 000

18,8

38 488

1957

967 000 000

18,4

44 459

1958

1 153 000 000

19,8

51 001

1959

1 495 000 000

19,2

60 0002

1960

1 741 000 000

19,1

71 000

Anhang | 203

Jahr

Umsatz in DM

Auslands-Anteil in %

Mitarbeiter1 Jahresmittel1

1961

1 883 000 000

20,5

70 000

1962

2 031 000 000

19,6

69 500

1963

2 232 000 000

35 (21)

75 048

1964

2 650 000 000

35

87 112

1965

2 970 000 000

34

89 723

1966

3 168 000 000

36

85 720

1967

3 051 000 0004

39

84 714

1968

3 751 000 000

40

93 367

1969

4 719 000 000

40

109 897

1970

5 508 000 000

39

119 502

1971

5 606 000 000

40

114 800

1972

5 765 000 000

46

107 483

1973

6 461 000 000

48

113 023

1974

7 076 000 000

52

115 171

1975

7 281 000 000

52

105 553

1976

8 319 000 000

51

105 827

1977

9 160 000 000

49

110 459

1978

9 618 000 000

49

117 754

1979

10 804 000 000

51

120 487

1980

11 809 000 000

54

121 584

1981

12 950 000 000

56

115 869

1982

13 812 000 000

56

112 154

1983

14 352 000 000

55

109 660

1984

18 373 000 000

53

131 882

5

204 | Anhang

3

1985

21 223 000 000

54

140 374

19866

21 719 000 000

51

147 378

1987

25 365 000 000

50

161 343

1988

27 675 000 000

51

165 732

1989

30 588 000 000

52

174 742

1990

31 824 000 000

51

179 636

1991

33 600 000 000

48

181 498

1992

34 432 000 000

47

177 183

1993

32 469 000 000

49

164 506

1994

34 478 000 000

54

156 464

1995

35 844 000 000

56

158 372

1996

41 146 000 000

61

172 359

1997

46 851 000 000

65

179 719

1998

50 333 000 000

65

188 017

1999

54 579 000 000

66

194 335

2000

61 717 000 000

72

196 880

Euro

Jahr

Umsatz in Euro

Auslands-Anteil in %

Mitarbeiter1 Jahresmittel1

2001

34 029 000 000

72

218 377

2002

34 977 000 000

72

225 897

2003

36 357 000 000

71

229 439

20047

40 007 000 000

72

238 847

2005

41 461 000 000

73

248 853

2006

43 684 000 000

74

257 754

2007

46 320 000 000

75

267 562

2008

45 127 000 000

74

282 758

2009

38 174 000 000

76

274 530

2010

47 259 000 000

77

276 418

8

1 2 3 4

5

6

7 8

Bis 1958 ohne Regionalorganisationen. Bis einschließlich 1966 sind die Mitarbeiter­ zahlen zum Jahresende ermittelt. Ab 1967 ist der Jahresmittelwert festgehalten. Von 1959 bis einschließlich 1962 liegen nur die gerundeten Mitarbeiterzahlen von RB Welt vor. Bis 1962 Anteil Export am Gesamtumsatz; ab 1963 Export und Außenumsätze der Auslandsgesellschaften Zum 1. Januar 1968 wurden alle Umsätze als Nettobeträge (ohne Mehrwertsteuer) behandelt. Die Umsatzbeträge vor 1968 wurden als Bruttoumsätze errechnet, die die Umsatzsteuer alter Art enthielten. Zum Vergleich betrug für 1967 der Umsatz nach alter Rechnung 3 210 000 000 DM. Zum 1. Januar 1984 wurden erstmalig die Umsätze des Konsolidierungskreises der Telefonbau und Normalzeit Lehner & Co (Telenorma) einbezogen. Zur Vergleich­barkeit lag der Umsatz des Vorjahres 1983 unter Einbezug der Telenorma bei 16 126 000 000 DM. Im Jahr 1987 wurden der Bosch-Siemens Hausgeräte-Konzern Inland und die ANT Nachrichtentechnik GmbH anteilig in den Jahresabschluss einbezogen. Zur Vergleich­ barkeit lag der Umsatz des Vorjahres 1986 unter anteiligem Einbezug dieser beiden Beteiligungen bei 23 807 000 000 DM. Rückrechnung für 2004 nach dem IFRS-Standard: Umsatz 38 954 000 000 Euro; Mit­arbeiter Welt (Jahresmittel) 234 000 (gerundet); davon Inland 107 000 (gerundet) Der Konzernabschluss 2005 wurde erstmals nach den internationalen Rechnungs­ legungsvorschriften „International Financial Reporting Standards“ (IFRS) erstellt. Davor wurden die Vorschriften des Deutschen Handelsgesetzbuches angewandt.

Anhang | 205

Meilensteine 1886

1902

1861 Robert Bosch wird am 23. September in Albeck bei Ulm geboren. 1886 Robert Bosch eröffnet am 15. November die „Werkstätte für Feinmechanik und Elektro­ technik“ in Stuttgart. 1887 Bau des ersten Bosch-Magnetzünders für ortsfeste Gasmotoren 1897 Erste erfolgreiche Anwendung der BoschNiederspannungs-Magnetzündung in einem Kraftfahrzeug 1898 Erste Vertretung außerhalb Deutschlands für Bosch-Erzeugnisse in Großbritannien 1899 Eröffnung einer Vertriebsgesellschaft für Frankreich und Belgien in Paris 1901 Bezug des ersten eigenen Fabrikgebäudes in der Stuttgarter Hoppenlaustraße 11 1902 Lieferung der ersten Hochspannungs-Magnetzündung mit Bosch-Zündkerzen 1905 Eröffnung der ersten Bosch-Fertigung außerhalb Deutschlands in Paris

206 | Anhang

1906

1906 Einführung des Achtstundentages 1906 Gründung der Robert Bosch New York Inc. als erste Niederlassung in den USA 1906 Erste Vertretung für Südafrika 1907 Erste Vertretung für Australien und Neuseeland 1909 Übertragung der ersten Vertretung in China an die Firma Walter Schärff & Co. in Shanghai 1909 Fertigungsbeginn des Bosch-Ölers – einer Schmierpumpe für Motoren 1909 Erwerb eines Grundstückes in Feuerbach für eine weitere Fabrik 1911 Übertragung der ersten Vertretung in Japan an die Firma Andrews and George & Co. 1912 Anlauf der Produktion in der ersten BoschFabrik in den USA in Springfield /Massachusetts 1913 Gründung einer Lehrlingsabteilung mit eigener Lehrwerkstatt im Stammwerk Stuttgart 1913 Markteinführung des Bosch-Lichts – einer Beleuchtungsanlage für Kraftfahrzeuge

Bilder von links nach rechts:     Erstes Firmenschild     Hochspannungs-Magnetzünder Typ HdH mit Zündkerze     Bosch Magneto Company in New York     Signet der Bosch-Dienste     Erste Bosch-Dieseleinspritzpumpe    Werbung für die Forfex-Haarschneidemaschine

1921

1927

1916 Stiftung von rund 20 Millionen Mark für gemeinnützige Zwecke 1917 Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft 1918 Gottlob Honold entwirft den Anker im Kreis als neues Bosch-Markenzeichen 1919 Erste Ausgabe der Mitarbeiterzeitung Bosch-Zünder 1920 Erster Vertrieb von Bosch-Produkten in Korea 1921 Eröffnung des ersten Bosch-Dienstes in ­Hamburg 1921 Gründung der Vermögensverwaltung Bosch GmbH, heute Robert Bosch Stiftung GmbH 1922 Gründung der Bosch-Vertretung für BritischIndien 1927 Beginn der Serienfertigung von Bosch-Einspritzpumpen und -düsen für Dieselmotoren 1928 Markteinführung der Forfex Haarschneidemaschine als erstes Elektrowerkzeug von Bosch 1929 Gründung der Fernseh AG

1928

1931 Gründung der C.A.V.-Bosch Ltd. in LondonActon 1932 Übernahme des Heiztechnik-Herstellers ­Junkers & Co. GmbH in Dessau 1932 Präsentation des Bosch-Hammers 1932 Markteinführung des ersten serienmäßigen Autoradios Europas 1932 Markteinführung der elektrischen Bohrund Schraubwerkzeuge 1933 Übernahme der Ideal-Werke AG für drahtlose Telephonie in Berlin (heute Robert Bosch Car Multimedia GmbH) 1933 Markteinführung des Bosch-Kühlschrankes 1934 Kauf der Kinogerätefabrik Eugen Bauer GmbH in Untertürkheim 1936 Serienfertigung der Dieseleinspritzung für Personenwagen 1936 Präsentation des ersten Fernsehers der ­Fernseh AG für Zuhause 1937 Umwandlung der Robert Bosch AG in die Robert Bosch GmbH Anhang | 207

1932

1932

1937 Serienfertigung Benzineinspritzpumpen für Flugzeugmotoren 1939 Gründung der Diesel Kiki Co., Ltd. in Japan zur Lizenzfertigung von Bosch-Einspritzpumpen 1940 Eröffnung des Robert-Bosch-Krankenhauses 1942 Robert Bosch stirbt am 12. März in Stuttgart. 1951 Fertigungsbeginn der Benzineinspritzung für Pkw mit Zweitaktmotoren 1953 Markteinführung der Bosch-Hydraulikgeräte 1953 Gründung der Robert Bosch Corporation in New York 1953 Beginn der Fertigung von Zündkerzen bei der Motor Industries Co. Ltd. (Mico) in ­Bangalore/Indien 1954 Gründung einer Regionalgesellschaft für ­Brasilien in São Paulo 1955 Produktionsstart von Zündkerzen und DieselEinspritzausrüstung im australischen Clayton 1956 Beginn der Fertigung von Dieselausrüstung bei Mico in Bangalore/Indien

208 | Anhang

1933

1959 Umwandlung des Elektrowerkzeugbaus zum ersten selbstständigen Geschäftsteil 1960 Die erste Diesel-Verteilereinspritzpumpe Typ VM kommt auf den Markt. 1963 Erwerb der Erich Wetzel Verpackungsmaschinen GmbH 1964 Die gemeinnützige Vermögensverwaltung Bosch GmbH übernimmt die Kapitalmehrheit an der Robert Bosch GmbH. 1964 Gründung der Robert Bosch Industriebeteiligung GmbH (heute Robert Bosch Industrie­ treuhand KG) 1965 Gründung der Robert Bosch South Africa (Pty.) Ltd. in Johannesburg 1967 Gründung der Bosch-Siemens Hausgeräte GmbH (seit 1998 BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH) 1967 Fertigungsbeginn der elektronisch gesteuerten Benzineinspritzung Jetronic

Bilder von links nach rechts:     Erstes Blaupunkt-Autoradio AS 5     Junkers-Gasbadeofen Typ W32KA     Werbung für den ersten Bosch-Kühlschrank     Erste Bosch-Benzineinspritzpumpe Typ PFM2 für Pkw     Volkswagen 1600 E mit Steuergerät der D-Jetronic     Lambda-Sonden

1951

1967

1968 Bezug der Technischen Zentren Forschung Gerlingen-Schillerhöhe und Autoelektrik Schwieberdingen 1970 Serienanlauf von Halbleiterelementen im Werk Reutlingen 1972 Gründung der Robert Bosch (Japan) Ltd. 1973 Bau einer Fabrik in Charleston in South Carolina /USA 1974 Einführung des 3-S-Programms „Sicher, sauber, sparsam“ für die Produktentwicklung 1975 Beginn der Fertigung der Diesel-Verteilereinspritzpumpe Typ VE 1976 Beginn der Fertigung von Lambda-Sonden 1976 Entwicklungsbeginn für den ersten Schwenkarm-Industrieroboter der Welt 1978 Erwerb der spanischen Fábrica Española Magnetos S. A. (FEMSA) 1978 Beginn der Serienfertigung des elektronisch gesteuerten Antiblockiersystems ABS 1979 Beginn der Serienfertigung der elektronischen Motorsteuerung Motronic

1976

1980 Fertigungsbeginn von Airbag-Steuergeräten 1981 Vollständige Übernahme der Teldix GmbH 1981 Übernahme der qualifizierten Mehrheit an der Telenorma Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. in Frankfurt /Main 1983 Rückgewinn der kriegsbedingt enteigneten Markenrechte in den USA und somit wieder volles Nutzungsrecht des Namens Bosch weltweit 1983 Serienanlauf der elektronischen Getriebe­ steuerung für Automatgetriebe 1984 Markteinführung Bosch Akku-Bohrhammer 1986 Markteinführung der elektronischen Regelung für Dieseleinspritzpumpen 1986 Beginn der Fertigung der Antriebsschlupf­ reglung ASR 1989 Gründung der Bosch Korea Ltd. 1989 Markteinführung des ersten autarken FahrzeugNavigationssystems TravelPilot in Europa 1991 Beginn der Fertigung der Motronic mit Controller Area Network CAN Anhang | 209

1978

1989

1991 Einführung des Continuous Improvement ­Process CIP 1995 Inbetriebnahme einer neuen Halbleiterfabrik in Reutlingen 1995 Serienanlauf des mikromechanischen Sensors MEMS 1995 Gründung der ersten fünf Gemeinschafts­ unternehmen in China 1995 Fertigungsbeginn des weltweit ersten Elektro­ nischen Stabilitäts-Programms ESP® 1996 Übernahme des Bremsengeschäfts der Allied Signal Inc. 1997 Fertigungsbeginn des Hochdruck-Diesel­ einspritzsystems Common Rail 1999 Übernahme der Mehrheit an der japanischen Zexel Corporation (ehemals Diesel Kiki Co., Ltd.; heute Bosch Corpo­ration) 1999 Gründung der chinesischen Holdinggesellschaft Bosch (China) Investment Ltd.

210 | Anhang

1995

1999 Einführung des Leitbilds BeQIK 1999 Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens für Lenksysteme mit der ZF Friedrichshafen AG 2000 Serienanlauf des Benzin-Direkteinspritzsystems DI-Motronic 2001 Übernahme der industriellen Führung der Mannesmann Rexroth AG und Zusammenführung mit dem Geschäftsbereich Automationstechnik zur Bosch Rexroth AG 2003 Übernahme der Buderus AG in Wetzlar 2003 Markteinführung des Akkuschraubers Ixo mit Lithium-Ionen-Akku 2004 Übernahme des Schweizer Verpackungsmaschinenherstellers Sigpack Systems AG (heute Bosch Packaging Systems AG) 2004 Eröffnung des Entwicklungszentrums in Abstatt 2004 Fertigungsbeginn der Denoxtronic für die Abgasnachbehandlung bei Diesel-Nutzfahr­ zeugen

Bilder von links nach rechts:     Vergleichstest mit (rechts) und ohne (links) Bosch-Antiblockiersystem     Navigationssystem TravelPilot IDS     Mikromechanischer Sensor und Insekt im Größenvergleich     Dieseleinspritzsystem Common Rail     Bühnentechnik von Bosch Rexroth     Parallel-Vollhybridantrieb für Pkw

1997

2001

2005 Einführung des Leitbildes „House of Orien­ tation“ 2005 Übernahme des schwedischen Wärmepumpenspezialisten IVT Industrier AB 2005 Fertigungsbeginn des Fahrerassistenzsystems Night Vision 2006 Übernahme der Telex Communications ­Holdings, Inc. in Minneapolis/USA 2007 Übernahme des Anbieters telemedizinischer Lösungen Health Hero Network, Palo Alto/USA 2008 Gründung des Gemeinschaftsunternehmens Bosch Mahle Turbo Systems GmbH & Co. KG für Abgasturbo­lader 2008 Übernahme des schwedischen Industrietechnikspezialisten Hägglunds Drives AB 2008 Übernahme des Solarzellenherstellers ersol Solar Energy AG (heute Bosch Solar Energy AG) 2008 Gründung des Gemeinschaftsunternehmens SB LiMotive Co. Ltd. mit Samsung SDI

2010

2008 Übernahme der Innovations Softwaretechno­ logie GmbH in Immenstaad (heute Bosch Software Innovations GmbH) 2010 Kleinstes Motorrad-ABS der Welt vorgestellt 2010 Inbetriebnahme einer neuen Halbleiterfabrik in Reutlingen 2010 Serieneinführung Parallel-Vollhybridantrieb für Pkw 2010 Fertigungsstart von Lithium-Ionen-Batteriezellen bei SB LiMotive in Ulsan/Südkorea 2011 Serienstart Antriebskomponenten für eBikes in Mondeville/Frankreich 2011 Eröffnung des ersten Produktionsstandortes in Vietnam in Ho Chi Minh City

Anhang | 211

Die Bosch-Gruppe

Bild rechts: Das Bosch Haus Heidehof, Weiter­bildungs- und Konferenzzentrum für Bosch-Führungskräfte aus der ganzen Welt, liegt im Park des früheren Wohnhauses von Robert Bosch in Stuttgart. Auf einzigartige Weise verkörpert das Zusammenspiel zwischen Alt und Neu die Verbindung zwischen Tradition und Moderne, die unser Unter­nehmen kennzeichnet. Die Robert Bosch Stiftung hat ihren Hauptsitz im früheren Wohnhaus des Unternehmensgründers.

D

ie Bosch-Gruppe ist ein international führendes Technologie- und Dienstleistungsunternehmen. Mit Kraftfahrzeug- und Industrietechnik sowie Gebrauchsgütern und Gebäudetechnik erwirtschaf-

teten rund 285 000 Mitarbeiter im Geschäftsjahr 2010 einen Umsatz von 47,3 Milliarden Euro. Die Bosch-Gruppe umfasst die Robert Bosch GmbH und ihre mehr als 350 Tochter- und Regionalgesellschaften in über 60 Ländern; inklusive Vertriebspartnern ist Bosch in rund 150 Ländern vertreten. Dieser weltweite Entwicklungs-, Fertigungs- und Vertriebsverbund ist die Voraussetzung für weiteres Wachstum. Im Jahr 2010 gab Bosch mehr als 3,8 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung aus und meldete über 3 800 Patente weltweit an. Mit allen seinen Produkten und Dienstleistungen fördert Bosch die Lebensqualität der Menschen durch innovative und nutzbringende Lösungen. Das Unternehmen wurde 1886 als „Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik“ von Robert Bosch (1861–1942) in Stuttgart gegründet. Die gesellschaftsrechtliche Struktur der Robert Bosch GmbH sichert die unternehmerische Selbstständigkeit der Bosch-Gruppe. Sie ermöglicht dem Unternehmen, langfristig zu planen und in bedeutende Vorleistungen für die Zukunft zu investieren. Die Kapitalanteile der Robert Bosch GmbH ­liegen zu 92 % bei der gemeinnützigen Robert Bosch Stiftung GmbH. Die Stimmrechte liegen mehrheitlich bei der Robert Bosch Industrietreuhand KG; sie übt die unternehmerische Gesellschafterfunktion aus. Die übrigen Anteile liegen bei der Familie Bosch und der Robert Bosch GmbH.

212 | Anhang

Anhang | 213

Bildnachweis

© Bundesarchiv, Bild 151-06-29: 81 ©B  ert Bostelmann / manager magazin: 177 ©B  osch-Gruppe: Umschlag: li., re. o., re. Mi., re. u.; 4, 10 (Karl Meckes, Ulm), 11, 13 (Karl Meckes, Ulm), 14, 15 (H. Brandseph, Stuttgart), 17, 18, 19, 21, 22, 24, 25, 26, 29, 30, 33, 35, 36, 38 (Atelier Hackh, Stuttgart), 39, 41, 42, 43, 44 (W. Brooks, London), 45, 46, 49, 51, 52-53, 56, 57, 58, 61, 62, 63, 64, 67, 69 o., 69 u., 70-71, 72 o., 72 u., 75, 76, 78, 79 li., 79 re., 80, 82, 83, 84, 86 o., 86 u., 89 o., 89 u., 91, 92-93, 94, 95, 96, 97, 98, 100, 103, 104, 106-107, 108, 109, 113, 114, 115, 116, 117, 119, 121, 122, 124 (Kraufmann & Kraufmann GmbH, Stuttgart / Thomas Hörner), 127, 130, 131 (Wladimir Schuba, Minsk), 133 (Jörg Kunze, Ditzingen), 134, 135 (Jörg Kunze, Ditzingen), 136, 137 (Kraufmann & Kraufmann GmbH, Stuttgart / Thomas Hörner), 139, 140, 142, 145, 146 (Ralf Grömminger, Kornwestheim), 149 (Kraufmann & Kraufmann GmbH, Stuttgart / Thomas Hörner), 150-151 (Kraufmann & Kraufmann GmbH, Stuttgart /  Thomas Hörner), 155 u., 157, 158 (Kraufmann & Kraufmann GmbH,

214 | Anhang

Stuttgart / Thomas Hörner), 159, 160, 163 (Kraufmann & Kraufmann GmbH, Stuttgart / Thomas Hörner), 164 o., 164 u., 166 (Kraufmann & Kraufmann GmbH, Stuttgart / Thomas Hörner), 167, 168 (Kraufmann & Kraufmann GmbH, Stuttgart), 170, 171, 173, 175, 179 (Kraufmann & Kraufmann GmbH, Stuttgart / Thomas Hörner), 181, 182, 184, 185 (Kraufmann & Kraufmann GmbH, Stuttgart / Thomas Hörner), 186, 187, 189 (Kraufmann & Kraufmann GmbH, Stuttgart /  Thomas Hörner), 191, 195 o., 195 u. (B. Holtmann, Stuttgart), 196 o., 196 u. (J. H. Darchinger, Bonn), 197 o., 197 u., 206 li., 206 Mi. (Niels Schubert), 206 re., 207 li., 207 Mi., 207 re., 208 li., 208 Mi., 208 re., 209 li., 209 Mi., 209 re., 210 li., 210 Mi., 210 re., 211 li., 211 Mi., 211 re., 213 (Peter Walser, Stuttgart) ©J  üdisches Museum, Berlin, Fotografen S. Pietschmann / G. Lopata: 183 ©K  raufmann & Kraufmann GmbH, Stuttgart, Foto Kraufmann und Scherer: 110

© Schmitt, Alexander, Stuttgart: 155 o. © Schultes, Rolf, Bad Waldsee: 128

Hinweis: Bei einigen Fotos konnten die Rechtsinhaber trotz intensiver Recherchen nicht ermittelt werden. Wir bitten diese, ihre Rechtsansprüche geltend zu machen.

Bildbeschreibungen Umschlag li.: Robert Bosch, 1936 Umschlag re. o.: Dem Sonnenstand nachgeführte Solarsysteme mit ­kristallinen Modulen von Bosch Solar Energy AG, 2010 Umschlag re. Mi.: Zwei Pkw in der Steilkurve auf der Teststrecke Boxberg, 2001

© Mercedes-Benz Classic, Stuttgart: 99

Umschlag re. u.: Der 2003 auf den Markt gekommene „Ixo“ war der weltweit erste Akku-Schrauber mit LithiumIonen-Akku, hier ein Modell von 2007

© Robert Bosch Stiftung, Stuttgart: 20

Seite 4: Robert Bosch, 1931

Impressum Herausgeber Robert Bosch GmbH Zentralabteilung Unternehmenskommunikation C/CC Postfach 10 60 50 70049 Stuttgart Leitung: Uta-Micaela Dürig Projektleitung Dr. Kathrin Fastnacht Historische Kommunikation C/CCH Autoren Dr. Kathrin Fastnacht, C/CCH Dietrich Kuhlgatz, C/CCH Dieter Schmitt, C/CCH Christine Siegel, C/CCH Fotoredaktion Vera Dendler, C/CCH Lektorat Ludger Meyer, C/CC Gestaltung Edenspiekermann AG Holz- und Papierprodukte mit dem PEFCSiegel stammen aus nachhaltig und damit vorbildlich bewirtschafteten Wäldern. Mehr unter www.pefc.de

Druck GZD, Heimerdingen © 2011 Robert Bosch GmbH Alle Rechte vorbehalten.

Anhang | 215

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