Der Weg und das Ziel Strategiedebatte zwischen neuen Spielräumen und alten Schulden

January 27, 2018 | Author: Carl Busch | Category: N/A
Share Embed Donate


Short Description

Download Der Weg und das Ziel Strategiedebatte zwischen neuen Spielräumen und alten Schulden...

Description

Sperrfrist: Redebeginn. Es gilt das gesprochene Wort!

Der Weg und das Ziel Strategiedebatte zwischen neuen Spielräumen und alten Schulden

Regierungserklärung des Finanzministers Jens Bullerjahn anlässlich der Landtagsdebatte über die Mittelfristige Finanzplanung 2008 – 2012 und das Personalentwicklungskonzept am 11.September 2008

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Mit der bisher geführten Strategiedebatte und der nun vorliegenden Mittelfristigen Finanzplanung verfolgt die Landesregierung ein wichtiges Ziel: Das Land SachsenAnhalt muss bis zum Jahre 2019 auf eigenen finanziellen und wirtschaftlichen Beinen stehen!

Dieses Ziel kann und wird das Land auch erreichen, - wenn man weiterhin über die Legislaturperioden hinaus denkt, - wenn man weiterhin die richtigen Weichen stellt - und wenn es uns allen gelingt, weiterhin zukunftsträchtige Schwerpunkte zu bilden!

Die mittelfristige Finanzplanung und das Personalentwicklungskonzept, die Ihnen heute vorliegen, sind dabei entscheidende Instrumente. Selbstverständlich hat die MIPLA keine unmittelbare rechtliche Verbindlichkeit, dient aber als Entscheidungshilfe für Landesregierung und Landtag. Deshalb sind die Debatte und Beratungen dieses Hauses auch so wichtig.

Der Landtag fällt die endgültigen Entscheidungen. Das ist sein vornehmstes Recht; darin besteht aber auch unser aller Verantwortung. 1

Mit der MIPLA und PEK zeigen wir Möglichkeiten auf, bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts die finanzpolitische Normalität zu erreichen.

Dabei haben wir von vier Eckdaten auszugehen: 1. Sachsen-Anhalt ist eines der Bundesländer mit dem höchsten Schuldenstand 2. der Solidarpakt wird bis 2019 auslaufen 3. die Zuwendungen der EU werden geringer werden (beides zusammen stellen 20% unserer Einnahmen dar) 4. im Jahre 2020 werden in Sachsen-Anhalt aus heutiger Sicht noch 2,1 Mio. Menschen leben.

Meine Damen und Herren! Vor Ihnen liegen wieder einmal Hunderte von Seiten aus dem Finanzministerium. Zahlen, Berechnungen, Schaubilder - fast ohne Ende. Lassen Sie mich zunächst die politische „Botschaft der Zahlen“ der nächsten Jahre kompakt zusammenfassen.

1. keine neuen Schulden 2. Einstieg in die Tilgung der aufgelaufenen Schulden 3. weitere Absicherung gegen Haushaltsrisiken 4. finanzpolitische Vorsorge für die Zukunft 5. Bindung aller Drittmittel 6. Auseinandersetzung mit der Ausgabenstruktur vergleichbarer Länder.

Vor Ihnen liegt aber mehr als ein Zahlenwerk. Vor Ihnen liegt ein System berechenbarer, transparenter Finanzplanung. Wir brauchen diese Planung, weil Rahmenbedingungen sich ändern, aber Trends ablesbar sein müssen. Die Bewertung kann unterschiedlich sein, die Ausgangsdaten nicht.

Bei allen Herausforderungen, die absehbar auf uns warten – bei allen Problemen, die noch nicht geklärt werden konnten:

2

Sachsen-Anhalt, das ist meine feste Überzeugung, ist auf Kurs. Diesen Kurs wird die Landesregierung in dieser Wahlperiode auch halten. Die Landesregierung hat nicht nur finanzpolitisch erfolgreich agiert, auch in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik sind wir vorangekommen; Bildungseinrichtungen und Infrastruktur haben sich deutlich verbessert. Ich gebe zu, dabei haben uns auch die Umstände und die allgemeine Entwicklung geholfen. Aber man muss eben auch in der Lage sein, solche Entwicklungen zu nutzen.

Verfahren

Anrede, Natürlich gab es im Rahmen der Strategiegespräche mit dem einen oder anderen Kollegen gelegentlich Meinungsunterschiede. In seltenen Fällen gab es auch etwas, was ich als „verschärfte professionelle Debatte“ bezeichnen möchte. Das kann nicht anders sein, dazu sind Diskussionen da.

Aber: Wenn Beobachter dann gleich persönliche Zerwürfnisse oder „Eiszeiten“ zwischen Ministern wittern, dann will ich dem widersprechen. Ich halte das für übertrieben. Es gab Diskussionen mit allen Häusern, gleichgültig, ob sie von einem Sozialdemokraten oder einem CDU-Minister oder –ministerin geführt werden. Oder einem, der keiner Partei angehört. Parteipolitische Nachsicht wurde nicht geübt.

Wichtiger aber ist: Am Ende konnten wir uns alle einigen, wie sich das in einem handlungsfähigen Kabinett gehört.

Zum Beispiel mit dem Kultusminister: In seinem Ressort haben wir uns nach langen Diskussionen darauf verständigt, dass zunächst keine Stellen im Hochschulbereich wegfallen sollen, wenn die Gesamt-Studierendenzahl von 51.000 gehalten wird.

3

Zum Beispiel auch mit dem Innenminister: im Bereich der Polizei werden die Beschäftigtenzahlen weniger zurückgeführt als zunächst vorgeschlagen. Es gibt mehr Neueinstellungen als zunächst geplant. Insgesamt bleibt im Jahre 2020 eine „leistungsfähige Personalausstattung“ und natürlich ist die innere Sicherheit nicht gefährdet.

Ich habe auch den Vorwurf gelesen, der Finanzminister und die SPD-Fraktion würden politisch auseinanderdriften. Während der eine hart konsolidiere, würden die anderen maßlose Forderungen aufstellen.

Dabei, Herr Scharf, hatten Sie wohl die linke SPD im Blick. Nun, dann lassen Sie mich auch mal kurz nach links schauen, denn von meinem Standpunkt hier oben sieht die Parlamentswelt leicht seitenverkehrt aus.

Lassen Sie mich exemplarisch, aber nicht abschließend, eine kurze Liste von politischen Diskussionspunkten aufstellen. Zu meiner Linken sitzt Minister Haseloff (CDU). Er will für die Förderung von Forschung und Entwicklung mehr Geld. Am Ende schlagen wir vor, bis 2025 insgesamt 164 Mio. € mehr für Forschung und Entwicklung zur Verfügung zu stellen. Dies wäre nämlich gut angelegtes Geld und wahrscheinlich noch nicht einmal genug.

Links daneben sitzt der Herr Kollege Dr. Daehre (CDU), der für den Landesstraßenbau Mehrforderungen im Langfristzeitraum von - sage und schreibe 500 Mio. € geltend macht.

Links dem Kollege Daehre sitzt Kollege Prof. Dr. Olbertz (jedenfalls nicht SPD). Da wird´s dann ganz interessant. Von dort gibt es Vorschläge, für die Hochschulen im Lande die stolze Summe insgesamt 400 Mio. € einzuplanen – für Tarifanpassungen des Budgets, dazu gibt es zusätzliche Mittel für der Hochschulbau bis 2020 und schließlich haben wir den Abbau von 1400 Stellen gestoppt. - Soviel also zur Maßlosigkeit auf meiner linken Seite.

In der Summe reden wir also über ein Paket meiner „linken“ Kollegen von über einer Milliarde Euro bis 2020/2025. – Und das ist auch gut so! 4

Es geht hier nicht um „maßlose Forderungen“ einzelner Personen oder Fraktionen, meine Damen und Herren, sondern um eine Debatte über die Gestaltung der Landespolitik. Es geht um unser aller Zukunft. Dabei trägt jeder Verantwortung.

Am Ende der ersten Gesprächsrunde gab es keine „Gewinner“ oder „Verlierer“. Aber es gibt eine abgestimmte und beschlossene Mittelfristige Finanzplanung, die für uns alle ein Gewinn ist. Soweit zum Verfahren in der Landesregierung.

Anrede Die Landesregierung hat bereits in der Vergangenheit mit Personalräten und Gewerkschaften über unsere Vorstellungen zur Personalentwicklung gesprochen. Mit kommunalen Vertretern und Kommunalen Spitzenverbänden haben wir uns über die Finanzlage ausgetauscht und unsere Strategie erläutert. Diese Gespräche werden auf allen Ebenen weitergeführt.

Dabei haben wir selbstverständlich auch zugesagt, dass wir unsere Vorschläge und Entscheidungen überprüfen werden, wenn sich Rahmenbedingungen und tatsächlichen Entwicklungen anders gestalten als z.B. in der MIPLA unterstellt. Auch das gehört zu einer offenen und vertrauensvollen Zusammenarbeit.

Eckwerte

Zunächst – ich kann es ihnen nicht ersparen – viele Zahlen und Fakten. Zum ersten Mal verzeichnet nicht nur der aktuelle Haushalt, sondern auch die Mittelfristige Finanzplanung keine neue Schulden mehr – und zwar in sämtlichen Planungsjahren.

2011 werden wir den fünften Haushalt in Folge ohne Neuverschuldung erreicht haben.

Wir sind jetzt soweit, dass wir sagen können: In Zukunft wird die Schuldenlast abnehmen! Dies ist schon ein Paradigmenwechsel in der Geschichte des Landes. 5

Nun zu den Eckpunkten: Ausgaben: Die jährliche Ausgaben werden in den kommenden Jahren etwa 10 Mrd. € betragen. (Gesamtverschuldung rd. 20 Mrd.) Größter Anteil: Personalausgaben rd. 2,4 Mrd. € Die Investitionen liegen zwischen 1,4 und 1,5 Mrd. €. Zinsausgaben werden von 963 Mio. € auf 945 Mio. € leicht sinken Kommunen: rd. 1,5 Mrd. € für laufende Zwecke (gemäß FAG) Eingliederungshilfe für Behinderte und die Pflegehilfe – besser bekannt als Sozialhilfe - über 400 Mio. €. In etwa gleicher Höhe müssen wir dem Bund Ausgaben für die Sonder- und Zusatzversorgung der DDR erstatten. Sachkosten 400 Mio. Kultur 100 Mio.

Einnahmen: Steuereinnahmen über 5,5 bis über 6 Mrd. € pro Jahr. Damit steigt die Steuerdeckungsquote auf über 60% an. (Hinweis Steuerschätzung November und Mai 2009) Der Länderfinanzausgleich (einschließlich Fehlbedarfsbundesergänzungszuweisungen)steigt 2010 bis 2012 von 900 Mio. Euro auf 950 Mio. Euro. Die Sonderbundesergänzungszuweisungen gehen allerdings von 2008 bis 2012 von 1,6 Mrd. auf 1,1 Mrd. Euro zurück. Hintergrund ist die degressive Ausgestaltung des Solidarpakts.

Wir sehen bis 2012 eine Schuldenreduzierung um fast 500 Mio. € vor. Wir haben mit der Langfristprojektion einen Weg aufgezeigt, der die Schulden des Landes von 20 Mrd. € in diesem Jahr auf 16 Mrd. € in 2025 absenkt.

Wir haben einen Tilgungsplan beschlossen, der bis 2050 eine vollständige Tilgung unserer Landesschulden vorsieht. Dies ist zwar noch ein weiter Weg, - wichtig ist jedoch, dass die Richtung stimmt. 6

Wir haben einen Pensionsfonds aufgelegt, der bereits jetzt ein Vermögen von 123 Mio. € verwaltet. Bis 2012 sollen es schon 268 Mio. € sein.

Daneben beginnt der Aufbau einer Steuerschwankungsreserve. Wir wissen alle, dass die Steuereinnahmen nicht kontinuierlich zunehmen. Es wäre fatal, wenn bei einem Rückgang der Steuereinnahmen auch der Rückfall in hohe Kreditaufnahmen stattfinden würde. (Das hat nichts mit Katastrophen zu tun!). Deshalb müssen wir für schlechte Zeiten vorsorgen und eine Reserve anlegen. Obwohl die erste planmäßige Zuführung erst 2009 stattfinden wird, haben wir bereits aus dem Überschuss des letzten Haushaltsjahres 26 Mio. € zurückgelegt. So wollen wir auch in diesem Jahr verfahren. Zusätzlich gibt es positive Trendveränderungen: Wenn Sie die Defizite der alten Finanzplanung mit der neuen vergleichen, werden Sie feststellen, dass wir im letzten Jahr für den Zeitraum 2010-2012 noch ein Minus von rd. 957 Mio. € hatten. Dieses Minus konnten wir um über 600 Mio. € verringern.

Neu ist auch – und das war gewollt: Ab 2013/2014 können wir nach jetziger Prognose erstmals sogar Überschüsse erwarten! Überschüsse können und werden erst künftigen Landtagen und Landesregierungen für politische Projekte zur Verfügung stehen.

Ohne Konsolidierung - keine Überschüsse ! Ohne dauerhafte Mehreinnahmen – keine dauerhafte Mehrausgaben!

Wir können also, meine Damen und Herren Abgeordneten, auch in Zukunft den leichten oder den richtigen Weg gehen: gehen wir den leichten Weg, werden wir politisch immer weniger Handlungsspielräume und am Ende Defizite zu verwalten haben.

Die Landesregierung hat sich jedoch entschlossen, den richtigen Weg zu gehen: den Haushalt konsolidieren – gegen Risiken vorsorgen – in Schwerpunkte

7

investieren. Sie hofft allerdings, dass der Gesetzgeber sie auf diesem Wege unterstützt, weil Sachsen-Anhalt auf diesem Wege vorankommt.

Ausgangslage

In welchem Umfeld bewegen wir uns bei unseren Überlegungen? - Trotz gewisser Abkühlung ist die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands weiterhin positiv einzuschätzen. Die Steuereinnahmen steigen derzeit kräftiger als im Mai prognostiziert.

Sicherlich, die Wachstumsraten nehmen ab und die Preissteigerungen spüren wir alle. Aktuell zeigen uns Wechselkursentwicklungen, Ölpreissteigerungen und Finanzmarktrisiken, allerdings auch die US-Konjunkturentwicklung, wie fragil die wirtschaftliche Entwicklung sein kann.

Auf der anderen Seite warne ich davor, die Gemütslage nach den positiven Entwicklungen der letzten Monate und Jahre schlagartig auf „zu Tode betrübt“ umzuschalten.

Derzeit fahren wir noch die Rendite eingeleiteter Reformen in Deutschland ein. Am deutlichsten ist diese Entwicklung auf dem bundesdeutschen Arbeitsmarkt zu sehen. Aber auch die Bewertungen, in denen Deutschland einen der Spitzenplätze im internationalen Standortwettbewerb einnimmt, zeigen, dass sich die Anstrengungen der vergangenen Jahre gelohnt haben.

Deutschland ist das am meisten global vernetzte Land der Welt. Zum erneuten Mal verteidigte die Bundesrepublik den Titel des Exportweltmeisters. Deutschland hat in den vergangenen Jahren seinen Anteil an weltweiten Exporten auf 9,4% ausgebaut; unsere Exporte machen 35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Jede Abkoppelung von den Weltmärkten würde zu Wohlstandsverlusten führen.

8

Alle zur Verfügung stehenden Zahlen zeigen, dass die Internationalisierung unserer Wirtschaft mehr nützt als schadet. Auch die Verbraucher profitieren von diesem Prozess.

Die Arbeitsmarktentwicklung, auch in unserem Lande, schafft weiterhin neue Arbeitsplätze. Dies müssen wir gerade in Sachsen-Anhalt durch unsere Förderund Infrastrukturpolitik unterstützen. Im letzten Jahr konnten wir in Sachsen-Anhalt ein Wachstum von über 2 Prozent verzeichnen und eine Zunahme der Beschäftigtenzahl um 10.000 erreichen. Auch in diesem Jahr kann man nach allen vorliegenden Daten von einer ähnlich positiven Entwicklung ausgehen.

Die Finanzminister und die Bundesbank sind sich im Finanzplanungsrat einig gewesen, dass es derzeit keinen Grund für Panikmache gibt.

Die Anstrengungen und Erfolge von Arbeitnehmern und Unternehmen müssen sich jedoch für beide Seiten lohnen. Zwar halte ich es für falsch, immer nur von den Arbeitnehmern zu reden, denen es immer schlechter geht, und von den Unternehmern, die alle zunehmend Gewinne machen. Die Wirklichkeit sieht da differenzierter aus. Aber dennoch macht die zunehmende gesellschaftliche Kluft Sorgen – nicht nur bei der Spreizung der Einkommen. Im Grunde stehen wir vor der Frage, wie der Sozialstaat Deutschland in Zukunft aussehen soll und wie er finanziert werden kann. Soweit ich sehe, will niemand das amerikanische System als Vorbild. Orientieren wir uns allerdings am skandinavischen Modell, würden wir starke Veränderungen vornehmen müssen. Dennoch bleibt: Es muss eine gerechte Anteilnahme am wirtschaftlichen Erfolg für alle geben.

Deshalb sind Minilöhne aus meiner Sicht nicht akzeptabel. Gute Arbeit muss auch gut entlohnt werden. Wir haben als Billiglohnland nicht die Zukunft, die wir wollen. Wer dauerhaft Minilöhne zahlt, darf sich nicht wundern, dass junge, gut ausgebildete und mobile Menschen unser Land verlassen und gleichzeitig nur wenige Menschen aus anderen Bundesländern zuwandern.

9

Landespersonal

Meine Damen und Herren!

Lassen Sie mich konkreter auf zwei wichtige Bereiche eingehen, in denen wir besondere Konsolidierungsanstrengungen unternehmen. Die Landesregierung tut das, weil sie im dritten Bereich, den Investitionen, weitere Schwerpunktsetzungen vorschlägt.

Aufgrund der zurückgehenden Einwohnerzahlen und geringer werdender Einnahmen müssen wir den Personalbestand der Landesverwaltung weiter reduzieren.

Wir können nicht überproportional mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen als andere Bundesländer. Es ist nicht zu begründen, warum wir zur Erledigung unserer Aufgaben in fast allen Bereichen mehr Personal benötigen als andere Bundesländer.

Es geht also nicht darum, wie gelegentlich zu lesen ist, die Aufgabenerledigung zu gefährden. Es geht um Anpassung an derzeitige und künftige Entwicklungen und um die Konzentration auf zukunftsträchtige Schwerpunkte. Das dies Aufgabenkritik beinhaltet, ist aber richtig.

Bis 2020 soll die neue Stellenzielzahl von 19 sogenannten Vollzeitäquivalenten je 1.000 Einwohner erreicht werden. Dies bedeutet einen Rückgang von rd. 60.000 Stellen auf rd. 43.500 Stellen. Danach wollen wir aus heutiger Sicht die Relation Einwohner/Stellenzahl konstant halten.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir zusätzlich 2.600 Stellen abbauen. Mit dem Erreichen der finanziellen Normalität im Jahre 2020– müssen wir auch die personalwirtschaftliche Normalität erreicht haben. Diese Normalität ist in anderen Ländern schon heute Realität.

10

Das Personalentwicklungskonzept wird jährlich fortgeschrieben und der allgemeinen Entwicklung angepasst. Wir werden es in den nächsten Jahren noch weiter ausdifferenzieren. Trotz des Personalabbaus werden zunehmend mehr junge Menschen ein Stellenangebot des Arbeitgebers „Land Sachsen-Anhalt“ erhalten. Wir wollen und müssen der Überalterung der Belegschaften frühzeitig entgegentreten. Deshalb werden wir in den nächsten Jahren auch mehr Neueinstellungen vornehmen als es zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes notwendig ist. (Lösungen Polizei, Hochschulen, Schulen durch Aufwertung der Eckwerte)

Anrede, Im PEK 2009 werden nun Landesbetriebe, Stiftungen und Anstalten bewertet. Hier gab es im PEK 2008 nur pauschale, an den Eckwerten anderer Länder ausgerichtete Einsparvorschläge.

Flankiert werden muss der Personalabbau allerdings mit einer vernünftigen Personalentwicklung und Förderung. Wir haben viele Talente in der Verwaltung, die für einen effizienten Staat unverzichtbar sind. Diese Talente müssen wir durch Aus- und Fortbildung unterstützen und wir müssen auch durch Beförderungen deutlich machen, dass sich die Anstrengungen lohnen. Deshalb schlage ich dem Landtag vor, auch zukünftig mit jedem Doppelhaushalt rd. 10 Mio. € in die Hand zu nehmen, um Beförderungen vorzunehmen.

Kommunalfinanzen

Anrede, Die Konsolidierungsarbeit wird und muss auch von den Kommunen weiter geleistet werden. Wir überweisen den Städten, Gemeinden und Landkreisen heute noch sehr viel mehr Geld als die westdeutschen Länder. Dies ist nur möglich, weil wir durch den Solidarpakt derzeit noch finanziell besser ausgestattet sind. Diese Zahlungen sind allerdings degressiv ausgestaltet. Seit 2005 nehmen die Sonderbundesergänzungszuweisungen (SOBEZ) jährlich ab; im Finanzplanungszeitraum beläuft sich das Minus auf fast 500 Mio. €. 11

Wir werden also nicht umhin kommen, die Zahlungen an die Kommunen diesen Veränderungen anzupassen.

Es ist meine feste Überzeugung, dass es besser ist, diese langfristige Anpassung kontinuierlich vorzunehmen, damit sich alle Kommunen darauf einstellen können. Dies ist die Grundlage der Konsolidierungspartnerschaft.

Ein Versprechen, mehr Geld bereitzustellen, kann keine Landesregierung – egal welcher Couleur – erfüllen.

Wenn wir auf die letzten Jahre schauen, sehen wir, dass die Steuereinnahmen der Gemeinden in Summe stärker gestiegen sind als in den Kommunen West. Dies wird langfristig die zurückgehenden Landeszuweisungen ersetzen und stellt ebenfalls einen Schritt in Richtung Normalität dar.

Trotz dieser Anpassungen werden die Kommunen vom Land natürlich weiterhin massiv unterstützt. Im Doppelhaushalt 2008/2009 sind Zahlungen von insgesamt fast 5 Mrd. € vorgesehen, im Zeitraum von 2010 bis 2012 weitere 8 Mrd. €.

Hinzu kommt ein neues Element: Wir wollen den Kommunen bei der Entschuldung von über 3 bzw. 4 Mrd. Euro Schulden helfen.

Die Landesregierung schlägt ein Entlastungsvolumen von 500 Mio. € im Zeitraum 2010 bis 2014 vor. Die Kommunen werden in dieser Höhe von Tilgungen befreit; die Zinseinsparungen kommen noch oben drauf. Voraussetzung zur Beteiligung an dem Entschuldungsprogramm ist jedoch die Vereinbarung eines überzeugenden, konkreten kommunalen Konsolidierungskonzepts.

Bereits in den letzten beiden Jahren haben wir kommunale Lasten übernommen. Ich will nur auf den sog. Midewa-Kredit hinweisen. Dafür hat das Land 81 Mio. € bereitgestellt. Zusätzlich stellen wir für die freiwilligen gemeindlichen Zusammenschlüsse bis 2010 rd. 45 Mio. € bereit.

12

Kein anderes Bundesland und schon gar nicht der Bund werden uns neue zusätzliche Mittel zur Finanzierung weitergehender Ausgabenwünsche zur Verfügung stellen.

Im Gegenteil: Die Föderalismusreform wird die Kontrolle und Selbstkontrolle der Finanzen verstärken (müssen). Eine Schuldenbremse aus Pappmaschee wird nicht ausreichen, um den Marsch in den Schuldenstaat zu verhindern. Wir brauchen wirksame Barrieren gegen hohe Schulden, die auch bei schlechtem Wetter belastbar sind.

Im Zusammenhang mit der Schuldenbremse wird derzeit eine Entschuldung oder Zinshilfe für hoch verschuldete Länder diskutiert. Dies betrifft auch das Land Sachsen-Anhalt. Sollte es eine solche Hilfe geben, werden der Ministerpräsident und ich alles daransetzen, diese Hilfe für das Land zu sichern.

Investitionsplanung

Anrede Durch Einsparungen in den Bereichen Personal und Kommunalfinanzen und anderen Landesprogrammen wie Brandschutz, Sport u.a. gewinnen wir Spielräume.

Um an dieser Stelle konkrete Zahlen zu nennen: rund 1 Mrd. bei den Personalkosten und fast 400 Mio. Euro im Bereich der Kommunen. Dieses Geld können wir bei zukunftsorientierten Aufgaben und Investitionen einsetzen. Wichtigste Handlungsbereiche sind die Förderung von Wachstum und Beschäftigung sowie Bildung und Familie.

Hinzu kommen Effizienzrenditen durch die Kreis- und Gebietsreform, durch Strukturveränderungen bei der Polizei, Justiz und in der Finanzverwaltung. Diese Veränderungen (auch der damit zum Teil verbundene Ärger) dienen dem Ziel, Spielräume zu erwirtschaften.

13

Klar ist aber auch, dass wir den Rückgang der Drittmittel vonseiten des Bundes, der EU und des Solidarpaktes nicht voll kompensieren können. Darauf ist der Rückgang der Investitionsquote zurückzuführen.

Noch einige zusammenfassende Anmerkungen zu den Investitionen: - GA „Verbesserung der Regionalen Wirtschaftsstruktur“: insgesamt 2 Mrd. € (2010 und 2025) – die Hälfte aus reinen Landesmitteln

- GA „Agrarstruktur und Küstenschutz“ :1 Mrd. € im Rahmen der Langfristprojektion) – zu 100% kofinanziert.

- Forschungsförderung des Wirtschaftsministers: zusätzlich 10 Mio. Euro pro Jahr

- Stadtumbau: Mittel werden auch zu 100% ausgeschöpft - Ganztagsschulen, Kindergärten, Bildungsgipfel

Das Thema Bildung wurde bewusst in das Kapitel Investitionsplanung eingefügt. Wie Sie vielleicht gesehen haben, ist dem Thema Bildung ein eigenes Kapitel in der MIPLA gewidmet.

Ausgaben für Kinder und Bildung sind – auch wenn es sich um Personal- und Sachausgaben handelt - eine der wichtigsten Zukunftsinvestitionen unseres Landes.

- Deshalb gibt es weiterführende Vorschläge für die Ausweitung der Schülerbeförderung auf die Klassen 10 und 11 und auf die Berufsschüler,

- deshalb sehen wir 10 Mio. Euro für die qualitative Verbesserung der Kinderbetreuung vor.

- deshalb sind die in der Strategiediskussion unterstellten Kürzungen im Kulturbereich zurückgenommen werden.

14

Ich habe heute bewusst darauf verzichtet, so vollständig wie möglich alle neuen Vorschläge und Details der MIPLA vorzustellen. Für die Detaildiskussionen bleibt noch genügend Zeit.

Schluss

Meine Damen und Herren!

Wir haben in der Regierung die erste Runde der Strategiegespräche abgeschlossen. Die Ergebnisse sind in die vorliegende mittelfristige Finanzplanung 2008-2012 und das Personalentwicklungskonzept eingeflossen. Damit ist die Strategiedebatte aber noch nicht beendet. Die Vorlage der Finanzplanung ist vielmehr der Auftakt zur öffentlichen Debatte vor allem hier im Landtag.

Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten, werden am Ende über den Kurs des Landes letztendlich zu entscheiden haben.

MIPLA und PEK sind aber auch Grundlage für die zweite und dritte Runde der Strategiegespräche der Landesregierung.

In der zweiten Runde werden wir uns so wichtigen Bereichen wie der Krankenhausplanung, dem Maßregelvollzug, der Wasserrahmenrichtlinie und dem Personal in den nachgeordneten Bereichen widmen.

Wir werden im nächsten Jahr im Rahmen der 3. Runde der Strategiegespräche eine umfassende Analyse der Investitionsplanung und der langfristigen Investitionsbedarfe vornehmen.

Ziel soll es sein, für Sachen-Anhalt ein langfristiges Investitionsprogramm bis zum Jahre 2020 auf den Weg zu bringen. . Wir werden die 3. Runde im Frühjahr 2009 beenden und auf dieser Basis den Doppelhaushalt 2010/2011 und die neue Finanzplanung beschließen und Ihnen zur Beratung und Entscheidung vorlegen. 15

Und hier, meine Damen und Herren, liegen der Zweck, der Sinn und der Ehrgeiz aller unserer Bemühungen in den letzten Jahren:

Wir konsolidieren, wir straffen die Verwaltung, wir sorgen vor, wir beginnen mit der Schuldentilgung. Dadurch gewinnen wir Geld für andere Aufgaben.

Es geht nicht – ich wiederhole mich - um Sparen als Selbstzweck. Es geht um die Gestaltung unserer Zukunft.

Die Leitfragen dabei sind: Was ist für unser Land wichtig? Wo wollen wir Schwerpunkte setzen? Welches sind die besten und wirksamsten Maßnahmen? Wie können wir die Zukunftschancen verbessern? Was trägt für die kommenden 10 Jahre?

D i e s e Fragen müssen wir diskutieren: in der Regierung, im Landtag und natürlich in der Öffentlichkeit.

Dazu dürfen alle Vorschläge unterbreiten, ohne Denkverbote.

Die Strategiedebatte in Sachsen-Anhalt wird öffentlich geführt und nicht im verschlossenen Kämmerlein. Zu dieser Diskussion lade ich alle Bürgerinnen und Bürger herzlich ein. Die Bürger an dieser Diskussion zu beteiligen, sie „mitzunehmen“, heißt aber auch, der populistischen Versuchung widerstehen, allen alles zu versprechen.

Ich will Ihnen auch sagen, welches Bild mir bei alledem persönlich vorschwebt: Ich möchte erreichen, dass wir in Sachsen-Anhalt bis zum Jahre 2020 alle Kitas, alle Schulen, alle Hochschulen, alle Straßen und alle Landesimmobilien in einen guten und sanierten Zustand versetzt haben.

16

Ich möchte einen sich selbst tragenden Aufschwung und eine massive Abnahme der Arbeitslosigkeit, erreichen. Ich will gute staatliche Rahmenbedingungen sichern, in denen die Bürgerinnen und Bürger sich nach eigenen Zielen entfalten und an der Gestaltung der Gesellschaft teilnehmen können.

Ich weiß, die Zustimmung zu dem in der MIPLA und PEK aufgezeigten Weg fällt allen schwer. Das gilt naturgemäß für die Opposition. Das gilt aber auch für die Koalitionsfraktionen.

Dennoch lade ich Sie alle ein, an der Diskussion mitzuwirken. Der Doppelhaushalt 2010/2011 wird sehr wichtig für die Entwicklung des Landes, weil er weit über die Legislaturperiode hinaus wirken wird.

Meine Damen und Herren! Sie werden mir in der nun folgenden Debatte in unterschiedlichem Maße entgegen halten, dass -

die Steuereinnahmen zu günstig,

-

die Investitionen zu gering,

-

der Personalabbau zu stark gewichtet werden.

Die einen werden sagen, wir sparen zu viel; die andern werden sagen „zu wenig“ - außerdem sei das alles über einen Kamm gebürstet worden. Die Anpassungen bei der Sozialhilfe seien zu riskant und das allgemeine Steueraufkommen könne durch politische Veränderungen in Berlin aufwachsen.

Zusammengefasst würde die Kritik dann lauten: „Die eigentlichen Probleme des Landes werden so nicht gelöst. Was kein Wunder ist, wenn man sich nur mit Tabellen und Vergleichen statt mit Politik beschäftigt.“ Dies alles zu sagen, ist Ihr gutes Recht und macht eine Debatte aus. 17

Nur eins ersetzt diese Kritik nicht: das eigene Nachdenken, die eigenen Lösungskompetenz, den eigenen Blick auf das Ganze.

Lassen Sie uns aus den Schützengräben herauskommen und gemeinsam an der weiteren Entwicklung des Landes arbeiten. Wir haben jetzt eine große Chance, die Entwicklung des Landes gegen künftige Stürme wetterfest zu machen. Und diese Verantwortung nimmt uns und Ihnen niemand ab.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

18

View more...

Comments

Copyright � 2017 SILO Inc.