Geist und Glanz der Dresdner Gemäldegalerie

July 2, 2017 | Author: Alfred Steinmann | Category: N/A
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Geist und Glanz der Dresdner Gemäldegalerie

Rund hundert Meisterwerke berühmter Künstler, darunter Carracci, van Dyck, Velázquez, Lorrain, Watteau und Canaletto, veranschaulichen Entstehen und Charakter der legendär reichen Dresdner Gemäldegalerie in Barock und Aufklärung. Im »Augusteischen Zeitalter« der sächsischen Kurfürsten und polnischen Könige August II. (1670–1733) und August III. (1696–1763), einer Zeit der wirtschaftlichen und kultu-

Geist und Glanz der Dresdner Gemäldegalerie

rellen Blüte, dienten zahlreiche Bauprojekte und die forcierte Entwicklung der königlichen Sammlungen dazu, den neuen Machtanspruch des Dresdner Hofs zu demonstrieren. Damals erhielt die Stadt mit dem Bau von Hof- und Frauenkirche ihre heute noch weltberühmte Silhouette. Renommierte Maler wie der Franzose Louis de Silvestre (1675–1760) oder der Italiener Bernardo Bellotto (1722–1780) wurden als Hofkünstler verpflichtet. Diese lebendige und innovative Zeit bildet den Hintergrund, vor dem die Meisterwerke ihre Geschichten erzählen.

HIRMER W W W. H I R M E R V E R L A G . D E

HIRMER

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Rembrandt Tizian Bellotto

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Rembrandt Tizian Bellotto

Geist und Glanz der Dresdner Gemäldegalerie

Herausgegeben von Bernhard Maaz, Ute Christina Koch und Roger Diederen

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Inhalt

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Grußwort

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Vorwort Bernhard Maaz

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Wirkungsmacht und Wortgewalt – Die Dresdner Gemäldegalerie Ute Christina Koch

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Meisterwerke und fehlende Meisterwerke – Europäische Geschmacksbildung und die Dresdner Gemäldegalerie Katalog

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Höfische Welt in Sachsen

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Das verheißene Idyll – Italien als Sehnsuchtsort

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Charakterbild und Menschenbild

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»Die schönste in der Welt« – Winckelmann und die Gemäldegalerie

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Kopie und Diskurs – Kunst, Künstler und Gelehrte

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Pracht und Vergänglichkeit – Die Stillleben in der Dresdner Galerie

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Die Dresdner Kunstakademie Anhang

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Künstlerbiografien

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Literatur

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Personenregister _________

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Abbildungsnachweis

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Impressum

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Grußwort

Wenn »Alte Meister« auf Reisen gehen, muss das einen triftigen Grund haben, denn Kunstwerke aus ihrem gewohnten Raum zu nehmen, ist immer eine heikle Angelegenheit. Aber Bilder auf Reisen sind seit jeher auch Botschafter ihres angestammten Museums. Deswegen freue ich mich sehr, dass sich aufgrund der Renovierung des Semperbaus der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden eine so vorzügliche Botschafter-Reise der in Sachsen beheimateten Gemälde ergibt. Denn wenn Europa die Kunstwerke der Gemäldegalerie in Dresden wegen der Umbauten nicht im gewohnten Umfang besichtigen kann, dann schicken wir »Dresden« eben durch Europa. Ein schönes Zeichen für die Verbundenheit unseres Kontinents und ein Symbol dafür, wie Kunst Brücken schlagen kann. Die Ausstellung zeigt einen Nukleus der Sammlungen am kurfürstlich-sächsischen Hof und erklärt somit aufs Beste, warum wir Sachsen, warum die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden bis heute auf diesem Erbe aufbauen können. Ein Erbe, das auf den Schätzen beruht, die die sächsischen Bergleute aus den Tiefen des Erzgebirges holten und das im besten Sinne nachhaltig investiert wurde: Nicht etwa nur in stehende Heere oder Schwerter und Kanonen, sondern eben auch in Gemälde, Skulpturen, Schmuck und prunkvolle Bauten. Und so können wir heute etwas vom Geist und Glanz der damaligen Zeit, ihren Ideen und Vorstellungen erfahren, wenn wir uns die Zeit nehmen, uns in die Kunstwerke der Ausstellung zu vertiefen. Es ist eine Bilder-Reise, bei der die Ausstellungsorte auf die Gemälde und wiederum die Werke auf den sie umgebenden Raum wirken. Ich bin überzeugt, dass dabei neue, spannende und faszinierende Eindrücke entstehen werden. Ihnen, den Genießern dieses prachtvollen Katalogs, wünsche ich beim Lesen der Texte und beim Betrachten der Bilder schöne sowie inspirierende Stunden und freue mich, wenn Sie die Muße finden, die »Alten Meister« auch wieder in ihrer gewohnten Umgebung – bei uns in Dresden – zu besuchen. Stanislaw Tillich Ministerpräsident des Freistaates Sachsen

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Vorwort

Die Dresdner Gemäldegalerie gehört mit jährlich etwa einer halben Million Gästen zu den bestbesuchten Museen in Deutschland. In dem Mitte des 19. Jahrhunderts von Gottfried Semper errichteten und nach dem Zweiten Weltkrieg wiederaufgebauten Galeriebau wurde jetzt eine grundlegende Instandsetzung erforderlich. Seit Ende 2013 laufen daher Sanierungsarbeiten, die auch technische und infrastrukturelle Verbesserungen bringen. Diese Baumaßnahme bot Anlass für zwei Projekte: Zum einen wurde diese Wanderausstellung konzipiert, mit der Werke aus dem Bestand während der Renovierung an anderen Orten gezeigt werden können. Zum anderen wurde mit Blick auf die eingeschränkten räumlichen Kapazitäten eine grundlegend veränderte Sammlungspräsentation entwickelt. Der aktuelle Dresdner Parcours folgt – anders als die tradierte Hängung – nicht dem Prinzip der Trennung nach zis- und transalpinen Malerschulen, sondern zeigt eine gesamteuropäische Zusammenschau. Aus diesem Grund freut es uns umso mehr, auch die hier wandernden Alten Meister mit ihren Reisezielen München, Groningen und Wien unter dem Gedanken des europäischen Austauschs versammelt zu wissen. Die 99 Werke mögen den Besuchern im Süden Deutschlands, in den Niederlanden und in Österreich eine Vorstellung davon vermitteln, welche Reichtümer die jahrhundertealte Dresdner Gemäldesammlung birgt und welche Epochen, Meister und Schwerpunkte sich in ihr finden. Natürlich können Hauptwerke wie Raffaels Sixtinische Madonna nicht ausgeliehen werden – sie ist eine Dresdner Ikone, die ihren seit 260 Jahren angestammten Ort nicht mehr verlässt. Reichtum und Vielfalt der Dresdner Galerie werden dennoch an der edlen Auswahl deutlich, die – wie es der Ausstellungstitel umreißt – von Rembrandt über Tizian bis zum »Porträtisten« des Dresdner Stadtbildes Bernardo Bellotto reicht. Die Ausstellung führt den Besucher ein in die Charakteristik und Geschichte Dresdens und seiner ehemals königlichen Gemäldesammlung. Alles das, was der Begründer der Archäologie und Kunstgeschichte Johann Joachim Winckelmann in Dresden sah und was Johann Wolfgang Goethe als prägendes Kunsterlebnis erfuhr, all das, was die zahllosen und oftmals berühmten Reisenden in und an der Gemäldegalerie würdigten, klingt in der reichen Auswahl an. Der inhaltliche Fokus liegt dabei auf dem 18. Jahrhundert, auf der Zeit des prächtigen späten Barock und der frühen Aufklärung. In Dresden ist dieses Zeitalter untrennbar mit den Herrschern August dem Starken und seinem Sohn August III. verbunden, die mehr als ein halbes Jahrhundert lang regierten und eine einmalige Sammlung von Kunst und Preziosen zusammentrugen. So wird nicht nur ein blühender Zustand der Kunstpflege – die barocke Sammelleidenschaft der sächsischen Könige von Polen – gewürdigt, sondern auch das, was daraus weiter erwuchs: die bürgerliche Besinnung auf die Werte des Menschlichen, der Individualität, der Integrität des Einzelnen. Das Konzept der Ausstellung wurde von Ute Christina Koch – in Zusammenarbeit mit Bernhard Maaz – entwickelt und mit Roger Diederen abgestimmt. Ihr sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Ebenso den Restauratoren, die unter der Federführung von Silke Beisiegel in

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Vorbereitung der Ausstellung umfangreiche Arbeit leisteten, zahlreiche Bilder auf ihre Ausleihbarkeit untersuchten sowie erforderliche Restaurierungen und Neuverglasungen vornahmen. Die Mitarbeiterinnen der Depotverwaltung, namentlich Heike Kauffenstein und Bettina Forger, haben dabei stets für reibungslose Abläufe in der Bereitstellung der Gemälde Sorge getragen. Für die Umsetzung von Ausstellung und Katalog war in Dresden Maike Hohn zuständig, die umsichtig zwischen den drei Partnern in München, Groningen und Wien wirkte. Die Kolleginnen aus Sekretariat und Bildarchiv, Gunhild Krüger und Steffi Reh, haben sie dabei engagiert unterstützt. Ihr und den Projektverantwortlichen der jeweiligen Stationen – Ariane Mensger mit Joana Mylek für München, Andreas Blühm mit Ruud Schenk für Groningen und Georg Lechner für Wien – gilt unser großer Dank. Dass wir uns heute über einen gelungenen Ausstellungskatalog freuen können, verdanken wir den Autoren der Texte sowie der Arbeit des Hirmer Verlags und der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, in deren Händen die Verantwortung für die Publikation lag. Ariane Mensger sowie Maike Hohn und Joana Mylek haben die Entstehung des Buches durch ihre achtsame Redaktionsarbeit und mit großer Professionalität betreut und Ausstellung wie Katalog in enger Gemeinschaftsarbeit zum Erfolg geführt.

Hartwig Fischer

Roger Diederen

Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden

Direktor der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung

Bernhard Maaz

Agnes Husslein-Arco

Direktor der Gemäldegalerie Alte Meister und des Kupferstich-Kabinetts

Direktorin der Österreichischen Galerie Belvedere

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Bernhard Maaz

Wirkungsmacht und Wortgewalt – Die Dresdner Gemäldegalerie

Kanon-Debatten »Sie haben behaupten wollen, daß ich bei dem ersten Anblick der Gemälde in Dresden nichts fühlen würde, daß mir die heilige Sprache der Künstler ganz unverständlich wäre, weil ich […] nicht einmal die Buchstaben verstünde, daß ich erst den langweiligen Schulweg gehen, erst die Kunstfibel zur Hand nehmen müßte«, schreibt der norwegische Dichter, Philosoph und Naturforscher Henrik Steffens im Sommer 1799 indigniert an die kapriziöse, kluge und legendäre deutsche Salondame der Frühromantik Caroline Schlegel.1 Und er fährt beherzt, den provokanten Stolz der jungen Frau zurechtweisend, ironisch fort: »Sie haben sich geirrt, Madame! recht sehr geirrt; und es ist mir gar nicht angenehm gewesen, daß Sie Sich auf die Art geirrt haben. Ich habe mir tausendmal vorgestellt, wie ich vor den Gemälden des Raphael stehen würde, niedergedrückt von meiner entsetzlichen Dummheit« – aber, stellt er erleichtert fest, dieser Gedanke sei gegenstandslos.2 Sogleich tritt er ein in den analytischen Mono- oder Dialog über die Kunstwerke der Dresdner Galerie, der – wie in jener Zeit kaum anders zu erwarten – polemisch und pointierend geführt wird: Peter Paul Rubens’ Faune und Satyrn konnten ihn gar nicht rühren, Adriaen van der Werffs Kleinlichkeit habe ihn geärgert, vor der oft gerühmten Präzisionsmalerei Balthasar Denners und Christian Seybolds habe es ihn geschaudert. Harsche Äußerungen, mit denen er mutig den Kanon der herkömmlichen Wertschätzungen über Bord wirft, um dann umso mehr Albrecht Dürer und Hans Holbein d. J. zu loben, bei denen er »kühne und doch bescheidene Phantasie« konstatiert, also eine wohltuende Balance von Innovation und Demut.3 Und »in der italienischen Sammlung sah ich bloß die Madonna – bei Gott! nichts als die Madonna, die der Inspector mir, weil ich mich so lange bei der Holbeinschen [Abb. 1] aufhielt, bald

Abb. 1 Bartholomäus Sarburgh (ehem. Hans Holbein d. J. zugeschr.): Die Madonna des Jakob Meyer zum Hasen, um 1635/37, Öl auf Eichenholz, 159 × 103 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 1892

zeigte« , zu der also der Reisende offenkundig sogar etwas hingedrängt werden mußte.4 In zahlreichen Texten aus nun zweieinhalb Jahrhunderten finden sich immer aufs Neue Debatten darüber, welches die kanonischen Werke der Dresdner Galerie seien, welche am tiefsten beeindrucken, welche weniger wichtig oder minder wertvoll seien. Die Fülle dieser Erörterungen allein zeigt, welch vielfältige Diskussionsgrundlagen die Gemälde selbst oder auch ihre jeweils wechselnden Präsentationen boten. Vorgeschichte Öffentliche Galerien sind seit ihrer Entstehung im 18. Jahrhundert zur stillen Betrachtung ebenso bestimmt wie zum Dialog, ganz gleich, ob dieser angesichts der Werke mündlich oder wie bei Caroline und Steffens nur in Briefen geführt wird. Das war nicht immer so; denn ehe sich die eigentlichen Gemäldegalerien etablierten, gab es nicht nur bei wohlhabenden Bürgern private Sammlungen, sondern auch an den Höfen. Die höfischen Kollektionen konnten meist nicht separat besichtigt werden und waren Reisenden und Fremden nur im Rahmen eines Schlossrundgangs oder eines Besuchs des Besitzers zugänglich, ersteres oft gegen erhebliches Eintrittsgeld.5 In Dresden, wo Gemälde seit dem 16. Jahrhundert im Besitz des Hofes nachweisbar sind, darf man sich die Situation ähnlich vorstellen. Das änderte sich erst in der ersten Hälfte

_________ 1 Zit. nach: Schelling 1869 – 1870, Bd. 1, S. 268f. 2 Ebd., S. 269. 3 Ebd. 4 Ebd., S. 270. 5 Völkel 2007, S. 37.

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Abb. 2 Bernardo Bellotto: Der Zwingerhof in Dresden, 1751/52, Öl auf Leinwand, 134 × 237 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 629

des 18. Jahrhunderts, als die beiden Regenten, die als sächsische Kurfürsten und als Könige von Polen regierten, ihre Sammelleidenschaft entwickelten: Zunächst sammelte – primär auf Preziosen ausgerichtet – August II., genannt der Starke, forciert wertvolle Gemälde. 1707 separierte er einen Bestand aus der Kunstkammer, der dann im sogenannten Redoutensaal präsentiert wurde. Dieser ersten Etappe der Herausbildung einer Galerie folgte 1718 die Umgestaltung eines Saales, der die kontinuierlich getätigten Neuerwerbungen aus Flandern und Holland, aus Italien wie auch aus Prag aufnahm. Mit der bildlich nicht dokumentierten Einrichtung einer Gemäldesammlung im Riesensaal des Schlosses fand die Entwicklung 1730 einen ersten Abschluss. Während andere wissenschaftliche und Kunstsammlungen in den Pavillons des Zwingers (Abb. 2) untergebracht wurden – darunter die Bestände des heutigen Mathematisch-Physikalischen Salons –, befanden sich die wegen ihres Kunstwertes versammelten Gemälde im Residenzschloss. Dutzende ganzfigurige Porträts von wettinischen Herrschern hingegen waren davon getrennt zu sehen und dienten der dynastisch-politischen Legitimation.6 Pläne von 1727 zu einem nur den Gemälden vorbehaltenen Zentralbau nahe dem Zwinger scheiterten. Sie sind dennoch bemerkenswert, da sie das früheste Projekt eines autonomen Museumsbaus in Europa darstellen, was Potenz und Anspruch des sächsischen Hofes illustriert. Allerdings wäre der geplante Bau schon bald zu klein gewesen, denn unter König August III., also ab 1733, wuchs die Sammlung rasant und wurde neben Paris zur führenden Galerie nördlich der Alpen. Der Umfang der Ankäufe in seiner Regierungszeit übertraf jedes zuvor in Europa bekannte Maß.7 Die Orte, an denen seine Agenten einkauften, reichen von Amsterdam über Den Haag, Hamburg, Leipzig, Madrid, Paris, Prag bis Venedig. Der eigentliche Coup aber war der Kauf von 100 Meisterwerken (nur wenige erwiesen sich später als Fehlzuschreibungen) aus der Galerie in Modena. Darunter waren Hauptwerke der italienischen Malerei des 16. und 17. Jahrhunderts, der Renaissance, des Manierismus und Barock. Die programmatische Vollendung erfuhr diese kontinuierliche Erweiterung der Gemäldesammlung mit dem Kauf der Sixtinischen Madonna (Abb. 8, S. 123), die 1754 nach zweijährigen Verhandlungen in Dresden eintraf und heute zu jenen Hauptwerken gehört, zu denen jährlich mehr als eine halbe Million Besucher _________ 6 Neidhardt 2012, S. 350. 7 Pilz 2006, S. 151.

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Bernhard Maaz

aus aller Welt reist. Raffaels Madonna hing damals in der Inneren Galerie des Stallgebäudes am Jüdenhof inmitten der flächendeckenden Präsentation von Gemälden italienischer Maler, die sich in

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symmetrisch arrangierten Kompartimenten bis unter die Decke erstreckte. In der Äußeren Galerie befanden sich die nordalpinen Werke; jener Raum ist trotz der Bedeutung der Sammlung nicht in Abbildungen überliefert, obwohl er von 1745 bis zum Umzug aller Gemälde in Gottfried Sempers noch heute existierenden Nachfolgebau 1855 bestand. Von der Galerie gibt es nur eine Abbildung (Abb. 3). Sie gewährt eine Anschauung von der historischen Bilderhängung, die der eingangs erwähnte Reisende Steffens ebenso wie Caroline Schlegel wohl vor Augen hatten, und zeigt eine Galerie des schieren Überflusses, eine Sammlung von Haupt- und Meisterwerken, deren Reichtum die Reisenden beeindruckte oder gar überwältige. Museumskirche Der Ruhm dieses von vielen Gästen aufgesuchten Museums war legendär, wie zahllose Stimmen des 18. und 19. Jahrhunderts beweisen: »Die Königliche Galerie der Schildereien in Dresden enthält ohne Zweifel einen Schatz von Werken der größten Meister, der vielleicht alle Galerien in der Welt übertrifft«, konstatierte der gelehrte Archäologe Johann Joachim Winckelmann 1755, ein Jahr nach Erwerbung der Sixtinischen Madonna – und zehn Jahre vor dem Erscheinen des ersten gedruckten Kataloges.8 Natürlich kam auch Johann Wolfgang Goethe der Galerie wegen nach Dresden. In seinem Lebensrückblick Dichtung und Wahrheit feiert er hymnisch den Moment seiner ersten Begegnung mit der legendären Sammlung: »Die Stunde, wo die Galerie eröffnet werden sollte, mit Ungeduld erwartet, erschien. Ich trat in dieses Heiligthum, und meine Verwunderung überstieg jeden Begriff, den ich mir gemacht hatte. Dieser […] Saal, in welchem Pracht und Reinlichkeit bei der größten Stille herrschten, die blendenden Rahmen, alle der Zeit noch näher, in der sie verguldet wurden, der gebohnte Fußboden, die mehr von Schauenden betretenen als von Arbeitenden benutzten Räume gaben ein Gefühl von Feierlichkeit, einzig in seiner Art, das um so mehr der Empfindung ähnelte, womit man ein Gotteshaus betritt, als der Schmuck so manches Tempels, der Gegenstand so mancher Anbetung hier abermals, nur zu heiligen Kunstzwecken aufgestellt schien.«9 Das Museum also als ein »Tempel«, ja gar als Kirche der ästhetischen Andacht, in der die kleinsten und größten Altarbilder bedeutendster Meister von van Eyck über Dürer bis zu Raffael und Correggio hingen – diese sakral-ehrfürchtige Sicht auf die geheiligte Galerie wurde prägend. Mit Blick auf die bescheidene bürgerliche Sammlung seines Großvaters in Frankfurt am Main und auf deren einstige Wirkungskraft für ihn als Heranwachsenden konstatiert Goethe: »Ja, die Sammlung dieses würdigen Mannes ist für mich, für meine übrigen Besitzungen, für

Abb. 3 Italienischer Saal der Galerie – Blick in die Bildergalerie des ehemaligen Stall gebäudes (Johanneum), um 1830, Radierung und Aquatinta, 21,6 × 36 cm, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. A 131532

mein Verhältniß und mein Urtheil, was die Dresdner Sammlungen für Deutschland sind, eine ewige Quelle echter Kenntniß für den Jüngling, für den Mann Stärkung des Gefühls und guter Grundsätze und für einen jeden, selbst für den flüchtigsten Beschauer, heilsam; denn das Fürtreffliche wirkt auf Eingeweihte nicht allein.«10 So artikuliert Goethe einen Anspruch jenseits bloßen Wohlgefallens und Kunstkennerschaft: Er erwartet und fordert eine moralisch-sittliche Wirksamkeit der Kunst, die sich als Bestandteil einer auf Erziehung gründenden Verbesserung der menschlichen Gesellschaft verstand. An keine Sammlung im deutschsprachigen Raum war ein derartig hoher Anspruch gerichtet wie an die Dresdner Galerie. Eben dies machte sie zum Gesprächsgegenstand und gab ihr einen solch hohen Stellenwert im Diskurs über Kunst in der Goethezeit, wie es auch in der Korrespondenz zwischen Caroline Schlegel und Steffens bereits anklingt. _________

Wertschätzung Während die Aufklärung sich auf die moralische Wirkungsmacht der Werke berief, weckte die Galerie bei der nächsten Generation Zweifel und Selbstzweifel. Der Dichter, Jurist, Musiker und Zeichner E. T. A. Hoffmann rekapitulierte anlässlich der Besichtigung der in Berlin befindlichen

8 Zit. nach: Winckelmann 1976, S. 23. 9 Goethe 1887–1919, 1. Abt., Bd. 27 (Dichtung und Wahrheit, Zweiter Teil, achtes Buch), S. 170f. 10 Goethe 1887–1919, 1. Abt., Bd. 47 (Der Sammler und die Seinigen), S. 124.

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antiken Skulpturen seinen Sommeraufenthalt in Dresden und sein Scheitern als angehender Maler: »Jetzt bin ich fast zu verwöhnt durch die Dresdner Galerie, wo ich Meisterstücke aus allen Schulen sah. Ich kann in Enthusiasmus geraten, wenn ich mich zurückversetze in den Saal der Italiäner – denke Dir einen Saal, der gewiß noch einmal so lang ist wie das Haus Deines Onkels […] dessen ungeheure Wände von oben bis unten Gemälde von Raffael, Corregio, Tizian, Battoni usw. decken. Bei alledem sah ich denn nur freilich bald, daß ich gar nichts kann – Ich habe die Farben weggeworfen«, schrieb er seinem Freund Theodor Gottlieb Hippel 1798.11 Mutlosigkeit als Folge einer Übermacht der Kunstwerke – diese demotivierende Wendung hätte bei den unerschütterlichen Großmeistern Goethe und Schiller deutliches Unbehagen ausgelöst, wurde aber auch Steffens durch Caroline insuffliert, wenngleich vergebens, da er sich nicht durch die Fülle und Qualität verschrecken ließ. Der Glanz der Sammlung war so legendär, dass sogar Napoleon Bonaparte zurückschreckte, als Vivant Denon, sein für die Konfiskation von Kunstwerken in den eroberten Ländern zuständiger Directeur général, die Dresdner Gemälde beschlagnahmen und gen Paris bringen wollte. Die Tatsache, dass die Galerie dem Besuch der Reisenden, dem Studium der Gelehrten und dem Kopieren durch Kunstschüler regulär im Sommerhalbjahr offenstand (mangels Heizung war sie im Winter geschlossen), ließ Napoleon von der Beschlagnahmung respektvoll Abstand nehmen. Wenn Seine Majestät Napoleon, so erinnerte sich Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord später, »einige Gemälde aus Dresden wegnehmen ließe, so würde sie sich mehr Abb. 4 Hans Holbein d. J.: Charles de Solier, Sieur de Morette, 1534/35, Öl auf Eichenholz, 92,5 × 75,5 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 1890

erlauben als der König von Sachsen selbst. Denn er verbietet sich, Gemälde in seiner Residenz zu platzieren. Er respektiert die Galerie wie ein nationales Eigentum«, womit der höchstmögliche Rang artikuliert ist.12 Vor den Bildern begegnete sich alle Welt: Als der dänische Bildhauer Bertel Thorvaldsen, ein »Star« seiner Generation, durch Deutschland reiste, traf er sich mit dem romantischen Dichter Ludwig Tieck vor Raffaels Madonna. 13 Der Wiener Dramatiker Franz Grill parzer notierte überwältigt: »Die Galerie besehen. Himmel, welcher Reichtum! Ich dachte immer, die Gemäldesammlung in Wien wäre bedeutend, aber was ist das gegen diese. […] In die äußere Galerie sind die Holländer, Deutschen und Franzosen verwiesen, das innere Heiligtum haben die Italiener. Mit Recht, deucht mir, wenn man schon nach Schulen und Nationen sondert«, was allerdings der damaligen Praxis entsprach.14 Mit dem Wort »Heiligtum« artikuliert auch er – wie Goethe – sakrale Ehrfurcht. Galerieschicksale In den folgenden Jahrzehnten kamen etliche wichtige Impulse für die weitere Gestaltung, Vermehrung und Erforschung der Galerie von außen, was nicht wundert, da man sie in Dresden selbst für »vollendet« halten musste: »In Dresden scheint um 1830 oder wenig später niemand auf der Höhe der Auseinandersetzung gewesen zu sein; die heikelsten Erörterungen und Streitigkeiten über Dresdner Zuschreibungen wurden von Berlinern ausgefochten«, konstatierte Harald Marx angesichts der Zuschreibung des Porträts des Charles de Solier, das lange als Werk Leonardos gegolten hatte und dann Hans Holbein d. J. zugewiesen wurde (Abb. 4).15 Auch Überlegungen zu baulichen Verbesserungen verdankten sich Berliner Impulsen: Kein Geringerer als der Meister klassizistischer Architekturen, Karl Friedrich Schinkel, soll 1835 empfohlen haben, der Galerie durch einen Neubau am Zwinger einen geeigneteren Raum zu geben.16 Der Berliner Künstler Adolph Menzel stellte hingegen den Kanon des Berühmten beherzt in Frage: »Die

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Hoffmann 1976, S. 77 f. Pilz 2006, S. 154. Schwarz/Conrad 2007, S. 60. Grillparzer 1980, S. 317f. Marx 1998, S. 267. Marx/Magirius 1992, S. 14.

Bernhard Maaz

Galerie habe ich in jeder Hinsicht, sowohl in Rücksicht des Guten, als des Uebels, was ich über sie gehört, über meine Erwartung gefunden, das Gute anlangend, so meine ich damit nicht sowohl dasjenige Alles, weswegen die Galerie weltberühmt ist; denn ich muß offen gestehen: über die ›Nacht‹ überhaupt die berühmten Correggios und den Raphael war ich, als ich endlich davor stand, aufs Höchste verwundert. – Dagegen ist Anderes da, Rubense, überhaupt, Nieder -

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länder!!! und Venetianer!!! —— von denen man wenig hört!«17 (Abb. 5). Für Maler eines koloristisch verfeinerten Realismus und einer bürgerlichen Diesseitigkeit bei gleichzeitiger historischer Aufladung wie Menzel konnte die Galerie ganz anderes offerieren als etwa für Romantiker und Nazarener, die sich auf Raffael und die Altdeutschen beriefen. Aber möglicherweise befiel auch Menzel jene Scheu vor der Übermacht der Bilder, die Caroline dem eingangs abgedruckten Zitat zufolge wecken wollte. Er hat jedenfalls die Dresdner Gemälde, die Räume oder auch nur die Besucher nicht in Skizzen festgehalten.

Abb. 5 Peter Paul Rubens und Werkstatt: Der Tugendheld, von der Siegesgöttin gekrönt, um 1615/16, Öl auf Leinwand, 203 × 222 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 956 Abb. 6 Jacob van Ruisdael: Der Juden friedhof, um 1655, Öl auf Leinwand, 84 × 95 cm, SKD, Gemälde galerie Alte Meister, Gal.-Nr. 1502

Für Landschaftsmaler wie Johan Christian Dahl und Johann Christian Klengel (Kat. 78) wiederum mussten Werke wie der Judenfriedhof von Jacob van Ruisdael (Abb. 6) anregend wirken, als sie sich von der lieblichen Vorbildhaftigkeit der lyrischen und heroischen Landschaften Claude Lorrains (Kat. 16) ab- und einer dramatisierenden, atmosphärisch aufgeladenen Realitätsnähe zuwandten. Der jahrzehntelang diskutierte, ab 1838 durch den Dresdner Architekten Gottfried Semper mit Gutachten und Entwürfen vorbereitete Neubau für die Sammlung kam dann tatsächlich zustande und wurde 1855 eingeweiht.18 Noch immer waren die Ideale der Aufklärung gültig, die auf eine allgemeine Besserung des Menschen durch die Kunst zielten, wie Sempers Absichtserklärung zeigt: »Öffentliche Sammlungen von Kunstgegenständen waren immer und werden bei entsprechender Einrichtung stets sehr mächtige Hilfsmittel für die nationale Erziehung sein.«19 Doch gerade er, der 1848 wegen seiner demokratischen Gesinnung fluchtartig Dresden verlassen musste, hatte zweifellos nicht nur eine »nationale« Ausrichtung im Sinne, sondern wohl auch eine menschheitliche Dimension. Das geht aus dem im wesentlichen von Ernst Julius Hähnel und Ernst Rietschel entwickelten und realisierten, auffällig reichen bauplastischen Bildprogramm hervor, das dem Gebäude appliziert ist und die Menschheitsgeschichte der Kunst ebenso evoziert wie die Literaturgeschichte, da sich neben Statuen Giottos und Holbeins auch solche Dantes und Goethes finden. Die Sammlung, deren Stärken in der italienischen Kunst des 16. und 17. Jahrhunderts sowie in der holländischen und flämischen Malerei des 17. Jahrhunderts lagen, war seit dem Sieben-

_________ 17 Menzel 2009, Bd. 1, S. 140f. 18 Dresden 1979, S. 121–128. 19 Zit. nach: ebd., S. 114.

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Abb. 8 Antonello da Messina: Der heilige Sebastian, um 1478, Öl auf Holz, auf Leinwand übertragen, 171 × 85,5 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 52 Abb. 9 Andrea Mantegna: Die Heilige Familie, um 1495/1500, Eitempera und Leinöl auf Leinwand, 75 × 61,5 cm, SKD, Gemälde galerie Alte Meister, Gal.-Nr. 51

jährigen Krieg (1756–1763) nicht mehr nennenswert gewachsen. Erst nach der Mitte des 19. Jahrhunderts traten Werke hinzu, die maßgebliche neue Aspekte beisteuerten, so die Neuerwerbungen früher italienischer Gemälde wie etwa von Lippo Memmi und Fra Angelico und der Ankauf eines Dutzends spanischer Gemälde, darunter Hauptwerke von Francisco de Zurbarán und Bartolomé Esteban Murillo. Bald aber verwandte man die verfügbaren Mittel auf den Ankauf zeitgenössischer und meist sächsischer Malerei, da man – analog zu Berlin, wo die Nationalgalerie gegründet worden war – der Gegenwartskunst Raum geben wollte. Nur noch vereinzelt gelangten Hauptwerke der älteren Kunst neu in die Sammlung, so 1873 Antonello da Messinas Heiliger Sebastian und 1876 Andrea Mantegnas Heilige Familie (Abb. 8 und 9). Die von Semper errichtete, 1855 eröffnete Galerie blieb das Schatzhaus einer barock geprägten Gemäldesammlung von Weltruhm, war Studienort für zahllose Künstler und Kunststudenten, Anziehungspunkt für Reisende und Gebildete (Abb. 10). Sie wurde immer populärer, sodass um 1865 durch die betagte Malerin Louise Seidler moniert werden konnte, das Museum sei nun sogar »der Rendezvousplatz geselliger Zusammenkünfte. Ist es doch an Markt- und Meßtagen gegenwärtig sogar nicht selten, daß Bauern, Soldaten und müßige Gaffer sich neugierig in den der Kunst geweihten Hallen umhertreiben!«20 Eigentlich hätte die Künstlerin sich über die demokratische Offenheit und die Akzeptanz dieses Kunsttempels freuen können, spiegelte sich doch darin die enorme Breitenwirkung, die der bildenden Kunst nun zukam. Aber diese Missbilligung hatte neben einer gewissen Altersmisanthropie wohl auch Wurzeln im relativ kleinen Gebäude der Galerie, was ihrer Lokalisierung zwischen Residenzschloss, Zwinger und Oper geschuldet war. Womöglich gründete sie auch in der Fülle des Kostbaren, die die Gäste zu vergleichsweise langem Verweilen anstiftete und auf diese Weise die meditative Betrachtung des Einzelwerks erschwerte. Die Popularität konnte sich tatsächlich trübend auf den Kunstgenuss auswirken. Im Laufe des 20. Jahrhunderts, das hier nur verknappt dargestellt werden soll, kam eine

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Ausgründung mit romantischer und zeitgenössischer Kunst auf der Brühlschen Terrasse hinzu.

20 Uhde 1922, S. 41.

Dann folgten in dichtem Takt mehrere Schicksalsschläge, nämlich die Aktion »Entartete Kunst«

Bernhard Maaz

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Abb. 10 Karl Louis Preusser: In der Dresdner Galerie, 1881, Öl auf Leinwand, 67,5 × 87 cm, SKD, Galerie Neue Meister, Inv.-Nr. 94/05

von 1937 mit dem Verlust zahlreicher Gemälde der Moderne, das Bombardement 1945 mit der Zerstörung eines großen Gebäudeteils und der Abtransport der Sammlung aus ihren diversen Auslagerungsorten in die Sowjetunion.21 Erst die Rückführung zahlreicher Bilder im Jahre 1955 und die Wiedereröffnung der Galerie im Folgejahr ließen deren Ruhm wieder aufscheinen. Seither kehren aus aller Welt regelmäßig kriegsverlorene Bilder zurück. Dieser Prozess ist nicht abgeschlossen, da noch immer Hunderte Gemälde vermisst werden. Eine partielle Instandsetzung der Galerie zwischen 1989 und 1992 hatte unzureichende Langzeitwirkung; nun laufen abermals komplexe Sanierungsarbeiten, die zahlreichen Sicherheits- und technischen Aspekten, der Infrastruktur, der Tageslichtnutzung und der Energieeinsparung dienen. Sie werden in zwei Abschnitten realisiert und sollen 2017 abgeschlossen sein. Danach werden die Besucher wieder wie Caroline Schlegel über die Frage räsonieren können, ob sie der Fülle des Guten gewachsen sind. Wirkungsmacht Die Schätze der Dresdner Galerie konnten selbst erfahrene Kunsthistoriker seit jeher irritieren, wie der Brief von Jakob Burckhardt aus dem Jahre 1877 bezeugt: »Gestern mittag im Regen hier angelangt – von zwei bis vier in der Galerie. O du gütiger Gott, wie soll ich’s hier nur anfangen? Ich wollte auch wieder, wie ich es in Cassel und sonst anderswo getan, die Galerie rasch durchlaufen, was ich für eine treffliche Übung in meinem Fache halte – aber die Namen stehen doch über den Bildern, und ich wurde ob der Masse des Herrlichen so konfus, dass ich es bleiben liess. Aber die Sache sieht sich sehr ernst an; ich werde Nürnberg und überhaupt jede Erholung auf der Rückreise sakrifizieren« – also opfern, aufgeben – »müssen, ja sogar die übrigen hiesigen Sammlungen vernachlässigen, nur um in den Gemälden sattelfest zu werden.« 22 Die Wirkungs- oder Übermacht der Bilder war und ist heute noch ebenso stark wie zu Zeiten der Caroline Schlegel. Aus diesem reichen Fundus scheinen in dieser Ausstellung Größe und Grenzen, Geist und Glanz auf.

_________ 21 Brenner 1963, S. 109. 22 Burckhardt 1913, S. 24f.

Wirkungsmacht und Wortgewalt

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Meisterwerke und fehlende Meisterwerke – Europäische Geschmacksbildung und die Dresdner Gemäldegalerie

Die Dresdner Gemäldegalerie wartet dem Besucher mit zahlreichen Schätzen auf: Gemälde weltberühmter Meister von Correggio und Raffael bis Peter Paul Rubens und Rembrandt finden sich in überwältigender Anzahl und Vielfalt. Französische und englische Künstler des 17. und 18. Jahrhunderts sind hingegen nur mit wenigen – allerdings sehr qualitätvollen – Werken vertreten. Der Kern der Sammlung wurde maßgeblich von den beiden polnisch-sächsischen Königen August II. (1670–1733) und August III. (1696–1763) geprägt: Ihr Geschmack und ihr Kunstverständnis zeigen sich deutlich im Bestand. Höfische Konventionen und der Wille zur Repräsentation waren bei der Auswahl der Künstler und Werke jedoch ebenfalls ausschlaggebend. Die vier genannten Maler, aber auch Veronese, Tizian oder Canaletto bildeten wichtige Koordinaten, an denen sich die Agenten des sächsischen Hofes während ihrer Erwerbungen in Frankreich, Italien, Spanien und den Niederlanden zu orientieren hatten. Diese Künstlernamen durften zum einen in einer repräsentativen fürstlichen Sammlung nicht fehlen, zum anderen entsprach ihre Kunst auch dem individuellen Geschmack der polnisch-sächsischen Könige. Erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden andere Akzente in der Ausrichtung der Galerie gesetzt. Nun sollte die Geschichte der Kunst in der Sammlung abgebildet werden: Durch gezielte Ankäufe italienischer Malerei des Quattrocento, spanischer und zeitgenössischer Malerei wurden neue Sammelbereiche erschlossen. Einige Leerstellen, etwa in der französischen Malerei von François Boucher, Jean Siméon Chardin, Jean-Honoré Fragonard und Hubert Robert, blieben hingegen bestehen. Dieser Wandel war wie schon im 18. Jahrhundert dem Zeitgeist und den entsprechenden Erfordernissen an die Kunst unterworfen. Geschmack und höfische Sammlungen Andere höfische Sammlungen in Europa orientierten sich ebenfalls an ästhetischen Regeln, die sich seit der Renaissance entwickelt hatten. Somit ähnelten sich fürstliche Galerien im 17. und 18. Jahrhundert in ihren Schwerpunkten sehr. Noch heute sind in Museen, die auf königliche Sammlungen zurückgehen, mit den bekannten Künstlernamen der italienischen Renaissance und des Barock die Leitkoordinaten höfischen Sammelns im 17. und 18. Jahrhundert zu finden. Auch die Präsenz von Gemälden holländischer und flämischer Künstler des 17. und frühen 18. Jahrhunderts war verbindlich. Alte Meister vor allem der italienischen Renaissance gehörten zum Kanon, der sich in der Kunsttheorie seit dem 16. Jahrhundert herausgebildet hatte. Dabei bestimmten die Vite von Giorgio Vasari und spätere Lebensbeschreibungen sowie Kunsttraktate diese Entwicklung: Die darin erwähnten Maler wie Michelangelo, Raffael, Tizian, Caravaggio, Rubens oder Rembrandt waren Fixsterne, in deren Umlaufbahn die Sehnsüchte der adeligen Sammler kreisten. Natürlich zeigten sich hier Hierarchisierungen und Moden, die wiederum Gegenbewegungen hervorriefen – nicht nur bei den Künstlern, sondern auch bei den Gattungen und Schulen. Durch Kunsttheoretiker und Akademiker von Vasari bis Charles Le Brun abgesegnet, blieben Raffael

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Abb. 1 David Teniers d. J.: Erzherzog Leopold Wilhelm in seiner Galerie in Brüssel, um 1651, Öl auf Leinwand, 124 × 165 cm, Wien, Kunst historisches Museum, Ge mälde galerie, Inv.-Nr. GG_739

und Michelangelo jedoch in der Gunst der Sammler während des 17. und 18. Jahrhunderts unangefochten – für ihre Werke oder oft genug auch für Kopien und Fälschungen wurden Höchstpreise bezahlt. Allerdings standen im Sammlerinteresse den Werken der Meister der florentinischen Hochrenaissance die lichtdurchfluteten und farbenreichen Gemälde der venezianischen Kunst des 16. Jahrhunderts gegenüber, die sich gleichfalls großer Beliebtheit erfreuten. Erzherzog Leopold Wilhelm von Habsburg war im deutschsprachigen Raum für die Sammlungsphilosophie und Ausrichtung einer Gemäldegalerie wegweisend.1 Während seines langjährigen Aufenthalts in Brüssel hatte er zahlreiche Werke von Tizian, Tintoretto, Palma il Vecchio, Veronese und Giorgione zusammengetragen. In dem Gemälde Erzherzog Leopold Wilhelm in seiner Galerie in Brüssel von David Teniers d. J. (Abb. 1), das ihn inmitten von 50 Werken seiner Sammlung zeigt, wird sein Interesse an venezianischer Malerei deutlich: Tizian ist besonders prominent vertreten; auch Veronese, Giorgione und Tintoretto fehlen nicht.2 Teniers verstand es, dem Galerieraum durch seine Farbgebung eine atmosphärische Wirkung zu verleihen und kopierte die Bilder der venezianischen Künstler sorgfältig. Ähnliches zeigt sich bei den Wirtshausszenen Teniers’, die von den Farben und dem malerischen Duktus venezianischer Meister inspiriert sind. Diese Verwandtschaft der flämischen und venezianischen Malerei begünstigte bei Leopold Wilhelm eine Vorliebe für diese Meister: Er nannte zahlreiche Werke von Rubens und Anthony van Dyck sein Eigen. Andere deutsche Potentaten wie Maximilian II. Emanuel von Wittelsbach oder Johann Wilhelm von der Pfalz, deren Sammlungen sich heute unter anderem in München befinden, verfolgten ähnliche Ziele. Auch in Dresden waren die Werke von Rubens sehr begehrt. August II. ließ bis 1728 rund 50 dem Flamen zugeschriebene Gemälde _________ 1 Vgl. Swoboda 2008. 2 Vgl. Welzel 1997, S. 183ff.

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ankaufen, darunter das Haupt der Medusa (Abb. 2). Später zeigte sich jedoch, dass es sich um eine Kopie von Victor Wolfvoet nach Rubens’ Gemälde in Wien handelt. Van Dyck und Rembrandt erfreuten sich ebenfalls einiger Beliebtheit, wobei auch hier Kopien erworben wurden.

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In Frankreich war in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein entsprechender Wandel nicht aufzuhalten, wenngleich an der französischen Académie Royale de Peinture et de Sculpture zunächst eine völlig andere Richtung eingeschlagen wurde. Hier wurde das Primat der Zeichnung propagiert und somit der disegno Raffaels und Michelangelos. Allerdings bildete sich an der Akademie selbst gegen diese Orientierung Widerstand, der unter dem Schlagwort »Rubenisten gegen Poussinisten« firmierte. Er entzündete sich an der Übersetzung eines lateinischen Lehrgedichts über die Malerei, die aus der Feder des französischen Kunsttheoretikers Roger de Piles stammte. In den beigefügten Erläuterungen erklärte er anhand der Frage nach der Farbigkeit eines Bildes, dass die Wirkung von Licht und Schatten, ihre Berechnung und Abstimmung ein spezifisches Kunstmittel der Malerei sei.3 So würden Tizian, Veronese, Rubens und van Dyck sich durch die Wahl der Farben der Wahrheit stärker annähern als beispielsweise Poussin.4 Damit setzte sich de Piles in direkte Opposition zur vorherrschenden Lehrmeinung, die die Bedeutsamkeit der Zeichnung in der Werkgenese bei Raffael, Michelangelo und auch Poussin hervorhob. Der Kanon der »sammelwürdigen« Künstler erweiterte und veränderte sich also ständig – auch Schwerpunktsetzungen bei Schulen oder bei Gattungen wandelten sich im Laufe des

Abb. 2 Victor Wolfvoet: Das Haupt der Medusa, Öl auf Leinwand, 45,5 × 59 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 1050

17. und 18. Jahrhunderts. So war zum einen das Sammelverhalten stark durch die bestehende Gattungshierarchie beeinflusst, die die Historienmalerei als das anspruchsvollste Gebiet hervorhob und Porträt, Landschafts- und Genremalerei sowie Stillleben auf die nachgeordneten Plätze verwies. Entsprechend waren Historien die begehrtesten Themen in den Gemäldesammlungen des 17. und 18. Jahrhunderts. Jedoch traten zum anderen im frühen 18. Jahrhundert vor allem in Paris Sammler auf, die die Gemälde der holländischen Genre- oder Landschaftsmalerei zu Objekten ihrer Begierde auserkoren hatten. Die angenehmen und unprätentiösen Sujets der holländischen Meister, aber auch ihre – durch die enorme Produktion des 17. Jahrhunderts bedingt – leichtere Zugänglichkeit auf dem Kunstmarkt sowohl in Paris als auch in Italien können dafür den Anstoß gegeben haben. Sie wurden bald, obwohl den Italienern immer nachgeordnet, für fürstliche Sammler und Sammlungen obligatorisch. Als eine Begründerin dieser Vorliebe gilt Jeanne Baptiste d’Albert de Luynes, Comtesse de Verrue. Der Gräfin gelang es bis zu ihrem Tod im Jahre 1736, auf verschiedenen Reisen eine Sammlung von rund 400 Gemälden anzulegen.5 In ihren Nachlassdokumenten offenbart sich eine große Vorliebe für die gesamte nordeuropäische Schule – auch abseits von Rembrandt und Rubens – sowie für Landschaften. Beide Bereiche waren, wie gezeigt wurde, eigentlich nachranginge Sammlungsgebiete. Die Sammlung Verrue markiert den Anfang, von dem aus holländische und flämische Malerei ein immer stärkeres Prestige und eine höhere Popularität gewannen, weshalb sie zunehmend in königlichen Sammlungen zu finden war. Diese Mode gelangte auch nach Dresden: Ein offensichtliches Beispiel hierfür sind die Landschaften und Reiterstücke des holländischen Künstlers Philips Wouwerman, die sowohl von August II. als auch von August III. ganz besonders geschätzt wurden. Im Laufe der Jahre wuchs der Bestand seiner Werke auf über 60 Stück an. Die beiden Gemälde Hirschjagd am Fluss und Feldlager am Fluss (Kat. 67 und 68) stammten sogar ursprünglich aus der Galerie der Comtesse de Verrue. Nach ihrem Tod gelangten die Bilder in den Besitz von Victor-Amédée de Savoie, Prince de Carignan – eines Kunstliebhabers, der ebenfalls auf dem französischen Kunstmarkt sehr aktiv war. Aus dessen Nachlass könnte der Dresdner Kunstagent Samuel de Brais 1742 diese Pendants erworben haben. Ein weiterer bedeutender Sammler in Paris, Pierre Crozat, hielt zwar an der Vorliebe für italienische Malerei fest, förderte jedoch als wichtiger Mäzen einen Künstler, der eine gänzlich neue Gattungsspielart etablierte: Antoine Watteau und seine fêtes galantes. Mit diesen neuartigen Werken ebnete Watteau anderen französischen Künstlern den Weg; seien es JeanBaptiste François Pater oder Nicolas Lancret, die ähnliche Sujets wählten, oder Boucher und

_________ 3 Dresdner 1968, S. 164. 4 De Piles 1767, Bd. 5, S. 169. 5 Lawrence/Kasman 1997, S. 216ff.

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Chardin, die mit ihren Genrestücken und Stillleben reüssierten. Bis diese Themen »hoffähig« wurden, sollten noch mehrere Jahrzehnte vergehen. Doch auch hier gibt es Ausnahmen: Friedrich II. von Preußen, Caroline Luise von Baden aber auch die Katharina II. von Russland waren bedeutende Sammler der genannten französischen Meister. Fürsten sammeln Franzosen Friedrich II. war der wichtigste Sammler der Werke Watteaus in Europa.6 So befanden sich zwei Hauptwerke dieses Künstlers in seinem Besitz, die zweite Version der Einschiffung nach Kythera und Das Ladenschild (Abb. 3). Diese und zahlreiche weitere Erwerbungen waren jedoch persönlich motiviert: Als eine private Liebhaberei zierten sie vor allem seine Privatgemächer. Deutlich wird dies in Schloss Sanssouci – seiner privaten maison de plaisance, wo in den Gemächern des Königs Gemälde mit galanten Themen dominierten. Die benachbarte Bildergalerie ließ er hingegen von 1755 bis 1764 zu Repräsentationszwecken errichten. 7 Hier waren zahlreiche Originale, aber auch Kopien, Werkstattarbeiten und Fälschungen von und nach Rubens und van Dyck, Tizian, Correggio und Reni versammelt. Diese Wandlung ist Ausdruck von Friedrichs Aufstieg zum König einer Großmacht: Der königliche Privatsammler entwickelte sich zu einem sammelnden König.8 Als solcher hatte sich Friedrich dem Diktat der Hierarchisierung von Künstlern, Sujets und Schulen zu beugen und akzeptierte die gängigen Regeln, um im Kreis der königlichen Sammler anerkannt zu werden. Wie die sächsisch-polnischen Könige hatte Friedrich beispielsweise Agenten in Paris, die dort nach Gemälden für ihn suchten und dabei keine Kosten und Mühen scheuten. Anders agierte Caroline Luise von Baden. Sie darf als echte Kennerin gelten, die nicht nur regelmäßig – wie auch der sächsische Hof – mit ihren Kunstagenten in Paris korrespondierte, sondern sogar persönlich die berühmtesten öffentlichen und privaten Sammlungen sowie Ateliers der zeitgenössischen Künstler wie Jean-Baptiste Greuze oder Louis Jean François Lagrenée aufsuchte. Gezielt erwarb sie Gemälde französischer Künstler, »wenn es geht, vom Besten, das sie geschaffen haben«.9 Sie konzentrierte sich jedoch nicht nur auf Franzosen wie Chardin oder Boucher, sondern ließ beispielsweise auch Genrebilder von holländischen Malern ankaufen. Allerdings waren die Vorzeichen in Karlsruhe andere: Die großen fürstlichen Galerien in Dresden, Mannheim, Düsseldorf, München, Berlin und Potsdam dienten vor allem repräsen-

Abb. 3 Antoine Watteau: Das Ladenschild, 1720, Öl auf Leinwand, 166 × 306 cm, Potsdam, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Inv.-Nr. GK I 1200/1201

_________ 6 Vogtherr 2011, S. 3. 7 Potsdam 2013. 8 Vogtherr 2005, S. 91. 9 Aus einem Briefentwurf von Caroline Luise von Baden an Johann Heinrich Ebert vom 24. März (?) 1770, zit. nach: Michel 2005, S. 65. Das Originalzitat lautet: »s’il peut ce qu’il a fait de mieux«.

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tativen Zwecken, waren relativ gut zugänglich und sogar zum Teil »publiziert«, das heißt in Form von Kupferstichwerken einer breiteren Öffent lichkeit zugänglich gemacht. Die Karlsruher Galerie zeigte sich hingegen vor allem als ein Ort der Erbauung und des privaten Studiums; sie war mehr eine persönliche Sammlung der Fürstin denn ein öffentlicher Ort. Trotzdem war auch für Caroline Luise die Dresdner Galerie der Maßstab aller Dinge: Beim Aufbau ihrer Sammlung diente sie ihr als Vorbild. Sie versuchte sogar, diese zu übertreffen – sie gedachte »die Karlsruher Sammlung besser zu machen als die Dresdner«.10 Es zeigt sich also auch bei diesen Sammlungen, dass sie keineswegs die herrschenden Regeln brachen, sondern sie vielmehr bestätigten. Sie dokumentieren nicht den »öffentlichen« Geschmack eines Fürsten oder Königs, sondern private Vorlieben. Entsprechend lässt sich in den großen höfischen Sammlungen im deutschsprachigen Raum die Dominanz historischer Sujets nachweisen.11 In diesen Galerien stellen sie mindestens einen Anteil von einem Drittel, während Porträts an zweiter und Landschaften an dritter Stelle stehen, womit sie der tradierten Hierarchie der Gattungen folgten. Das Aufweichen dieser Vorgaben lässt sich sehr deutlich an der Gemäldesammlung der russischen Zarin nachvollziehen: Ähnlich wie Friedrich II. von Preußen versuchte sie mit allen

Abb. 4 Jean Siméon Chardin: Stillleben mit den Attributen der Künste, 1766, Öl auf Leinwand, 112 × 140,5 cm, Sankt Petersburg, Ermitage, Inv.-Nr. GE 5627

Mitteln, sich als aufgeklärte und kunstliebende Monarchin – als die »russische Minerva« – zu präsentieren. Dazu gehörte auch ihre umfangreiche und ästhetisch hochstehende Gemäldesammlung im Winterpalast. Die Ankunft der Berliner Gemäldesammlung Gotzkowsky in Sankt Petersburg im Jahre 1764 wird allgemein als das Gründungsdatum der Ermitage angesehen. Weitere berühmte Galerien unter anderem aus Flandern (Cobenzl, 1768), Sachsen (Brühl, 1768), Frankreich (Crozat, 1772) und England (Walpole, 1779) folgten ihr. Bemerkenswert für die Sammlungsstrategie der Zarin ist jedoch nicht nur, in welchem Ausmaß sie ganze Sammlungen ankaufte, sondern dass sie nun auch Werke von Künstlern sammelte, die noch wenige Jahre zuvor als einer königlichen Galerie nicht würdig befunden worden waren. So werden im Inventar der Ermitage aus dem Jahr 1774 beispielsweise fünf Werke von Chardin geführt, darunter das Stillleben mit den Attributen der Künste (Abb. 4), das Katharina persönlich vom Künstler erworben hatte.12 Watteau ist im gleichen Inventar mit 13 Werken vertreten, aber auch Meister der deutschen Renaissance – Lucas Cranach, Albrecht Dürer und Hans Holbein – sind präsent.13 Nur zehn Jahre früher hatte sich einer der wichtigsten sächsischen Kunstkenner, Carl Heinrich von Heineken, höchst abfällig über die deutsche Schule geäußert: »Es wäre wohl zu wünschen, daß man von den Deutschen, meinen Landsleuten, in Betracht der bildenden Künste, sagen könnte: sie hätten, wo nicht die Italiener, Franzosen und Niederländer übertroffen, doch wenigstens es eben so weit als sie gebracht. Allein, es ist auf keine Weise zu läugnen, daß wir unter allen obgenannten Schulen, im allgemeinen Verstande zu reden, noch die schlechtesten sind.«14 Damit entsprach er ganz der gängigen Meinung über die altdeutschen Meister, die noch bis weit in das 18. Jahrhundert Bestand hatte. Auch in Bezug auf andere Schulen oder Gattun-

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gen kann das Urteil Heinekens für die Dresdner Galerie als maßgeblich angesehen werden, da

10 Zit. nach: Michel 2005, S. 64. Das Ori ginal zitat lautet: »rendre le cabinet de Carlsrouhe supérieur à celui de Dresden«. 11 Cremer 1989, S. 121. 12 Archiv der Ermitage, Fonds 1, Inv. VI-a, Nr. 85: Ernst von Münnich, Catalogue raisonné des Tableaux qui se trouvent dans les Galeries, Sallons et Cabinets du Palais Impérial de S. Petersbourg, commencé en 1773. et continué jusqu’en 1783. incl:, Nr. 378. 13 Ebd., u. a. für Antoine Watteau: Nr. 27, Nr. 345, Nr. 401; für Cranach: Nr. 1446, Nr. 1552; für Dürer: Nr. 1013, Nr. 1614; für Holbein: Nr. 1021, Nr. 1020. 14 Heineken 1768, S. I. 15 Heineken 1753/57.

er die »offizielle« Auffassung vertrat. Der »bon goût« in Sachsen Heineken eignete sich im Laufe der Jahre exzellente Kenntnisse über das Kunstschaffen in Europa an: Als Sekretär des sächsischen Ministers Heinrich Graf von Brühl hatte er unter anderem die Verantwortung für den Ankauf und die Pflege der Brühlschen Sammlungen, darunter eine umfangreiche Gemäldesammlung und ein Kupferstichkabinett. Zudem leitete er seit 1746 die Königliche Kupferstichsammlung und betätigte sich auch als Kunstsachverständiger für König August III. Heineken gab des Weiteren den Recueil d’Estampes heraus, ein zweibändiges Galeriewerk mit je 50 Kupferstichen nach den Meisterwerken der Königlichen Galerie.15 In den beiden Vorworten legte er seine Position zu Kunst und Kunstgeschehen dar. Im ersten Band

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entwickelte er allgemeine Überlegungen zur Malerei und zum Sammeln von Gemälden. Er betonte aber auch den Nutzen, den Gemäldesammlungen für das Volk haben, weswegen sie eine besondere Zierde für einen Herrscher seien. Im zweiten Band ging er auf die Zusammensetzung der Dresdner Sammlung ein: »Es gibt nahezu keinen berühmten Maler, von dem man nicht wenigstens ein Werk in dieser Galerie sieht.«16 Allerdings handelte es sich hier um Berühmtheiten nach Heinekens Verständnis: Besonders hob er Raffael und Correggio hervor, von denen August III. verschiedene Werke hatte erwerben können – insbesondere der Ankauf der Modeneser Galerie hatte die Anzahl hochkarätiger italienischer Historiengemälde stark erhöht. Nachfolgend erwähnte er die nordeuropäischen Schulen, die jedoch von ihm bei weitem nicht so positiv bewertet wurden. So wären zwar die Werke von David Teniers d. J., Adriaen und Isaac van Ostade, Philips Wouwerman, Jan van Mieris, Adriaen van der Werff, Caspar Netscher in der Galerie gut vertreten und »man sei versucht zu glauben, dass man hier diesen Geschmack hätte.«17 Jedoch waren sie – wie Heineken versicherte – nicht aus Begeisterung für ihre Kunst in die Galerie gekommen, sondern weil sie »durch die Überlegenheit ihrer Begabung den Beifall ihres wie unseres Jahrhunderts verdient hätten«.18 Als repräsentative fürstliche Sammlung sollte die Dresdner Galerie sowohl Historienbilder der italienischen Renaissance als auch holländische Kabinettstücke enthalten. Nach Heineken war die Dresdner Galerie ein »echtes Zeichen eines universellen Geschmacks« und zeige den Regenten als »einen wahren Liebhaber & sicheren Kenner«, der imstande sei, alle Schulen zu würdigen und die Werke berühmter Meister entsprechend einzuschätzen.19 Dieser Geschmack, der sich an diesen allgemeingültigen Normen orientierte und die Kennerschaft des Sammlers in den Mittelpunkt stellte, wurde im 18. Jahrhundert häufig auch als »bon goût« bezeichnet.20 Heineken äußerte sich später noch deutlicher zu Kennerschaft und zur Bewertung der einzelnen Schulen. So betonte er, dass jeder Künstler nach seinem jeweiligen Umfeld und den entsprechenden künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten bewertet werden sollte: »Wahre Kenner schätzen jeden Künstler, nach seiner eigenen Manier, und nach der Schule worinnen er sich gebildet hat.«21 Allerdings gibt die Dresdner Galerie mitnichten ein umfassendes Bild der europäischen Malerei – wie schon mit einem Blick auf den Bestand der französischen Malerei zu sehen ist. Zwar stammte der Hofmaler Louis de Silvestre, der mit seinen Werken nachhaltig den Dresdner _________ 16 Heineken 1753/57, Bd. 2, Avertissement. Der Originaltext lautet: »Il n’a presque existé aucun peintre célébre, dont on ne voïe quelque morçeau dans cette Galerie.« 17 Ebd., der Originaltext lautet: »tenté de croire que l’on auroit donné ici dans le même goût«. 18 Ebd., der Originaltext lautet: »qui ont mérité, par la supériorité de leur talent, le suffrage de leur siècle & du nôtre«. 19 Ebd., der Originaltext lautet: »est la véritable marque d’un goût universel & en même tems le caractère d’un amateur vrai & d’un connoisseur sûr, qui juge & qui estime, dans chaque école, & dans chaque maitre, ce qui est estimable«. 20 Spenlé 2008, S. 186. 21 Heineken 1786, S. 89. 22 Ein Junge mit einem Kartenspiel, 1737 (?), Öl auf Leinwand, 82 × 66 cm, Washington D.C., National Gallery of Art, Inv. Nr. 1937.1.90; Ein kleines Mädchen, das Federball spielt, 1737, Öl auf Leinwand, 81 × 65 cm, Paris, Sammlung Rothschild, vgl. Burg 2007. 23 Winckelmann 2002 (Gedancken), S. 29.

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Barock prägte, aus Frankreich, jedoch wurden nur wenige Arbeiten von zeitgenössischen Künstlern wie Watteau (Kat. 75) oder Nicolas Lancret und nicht eine einzige von Chardin erworben. Chardin war jedoch in der Sammlung des sächsischen Premierministers Heinrich Graf von Brühl mit zwei Werken vertreten, wodurch die aus der Tradition begründete Nachrangigkeit dieser Kunst besonders deutlich wird – sie war eines Grafen würdig, nicht jedoch eines Königs!22 Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts setzte in Dresden ein Geschmackswandel ein, der für die Galerie nachhaltige Konsequenzen hatte. Er ist auf das engste mit Johann Joachim Winckelmann verbunden. Dieser hatte sich noch in seiner berühmten Schrift Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Wercke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst, die 1755 erschienen war, positiv zum guten Geschmack des augusteischen Dresden geäußert – wenngleich es sich hierbei natürlich um eine Verbeugung vor dem eigenen Dienstherren handelte: »Und man muß gestehen, daß die Regierung des grossen Augusts der eigentliche glückliche ZeitPunct ist, in welchem die Künste, als eine fremde Colonie, in Sachsen eingeführet worden. Unter seinem Nachfolger, dem deutschen Titus [gemeint ist August III.], sind dieselben diesem Lande eigen worden, und durch sie wird der gute Geschmack allgemein.«23 Die in dem Werk entwickelten Ideen leisteten jedoch dem klassizistischen Kunsturteil Vorschub, das eine veränderte Bewertung der vom europäischen Barock geprägten Galerie zur Folge hatte. Auf mehreren Auktionen wurden zahlreiche Meisterwerke von Tiepolo, Piazzetta, Pittoni oder Zuccarelli versteigert, die aus dem Besitz der sächsischen Krone stammten. Die erste fand bereits 1765 in

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Abb. 5 Giovanni Battista Tiepolo: Bankett der Kleopatra, 1743/44, Öl auf Leinwand, 250 × 357 cm, Melbourne, National Gallery of Victoria, Inv.-Nr. 103-4

Amsterdam statt; hier wurden insgesamt 188 Gemälde aus dem Schloss Hubertusburg verkauft, das im Zuge des Siebenjährigen Krieges geschleift worden war.24 Darunter waren Werke wie das Bankett der Kleopatra von Giovanni Battista Tiepolo (Abb. 5), das Graf Francesco Algarotti nur 20 Jahre zuvor in Venedig erworben hatte, um die Galerie entsprechend seinen Vorschlägen zu verjüngen. Weitere Verkäufe folgten im Jahr 1796. Sie beraubten die Galerie zahlreicher Meisterwerke des italienischen Barock. Spätere Direktoren wie Julius Hübner konnten die Entscheidungen ihrer Vorgänger nur bedauern beziehungsweise äußerten die »Missbilligung aller Kunst- und Vaterlandsfreunde«.25 Abgesehen von diesen Debatten und Entwicklungen ist jedoch zu bedenken, dass zu dieser Zeit der Begriff des Geschmacks als Stifter einer herrscherlichen Identität zu verstehen ist, bei der Kunst als »Quelle der individuellen Tugend und des sozialen Zusammenhalts« gesehen werden kann.26 Mit dem Befolgen der Regeln des Geschmacks zeigten sich König, Fürst oder Höfling einer Adelsidentität zugehörig, die durch die Bildkunst definiert wurde – insbesondere durch den Aufbau einer repräsentativen Gemäldesammlung. Wie schon Baldassare Castiglione in seinem Buch Vom Hofmann von 1528 ausführte, waren gewisse Distinktionsmerkmale zu befolgen, mit denen man sich unter seinesgleichen behaupten konnte.27 Sie umfassten nicht nur Bildung und Verhalten, sondern auch geschmacklichen Stil und das Urteil darüber – damals wie heute.

_________ 24 Catalogus van een Koninglyke Ver zameling van […] Schilderyen, gekomen uit Saxen, Amsterdam 1765, Lugt-Nr. 1462. 25 Vgl. zu den Auktionen Marx 1990. 26 Sheehan 2002, S. 24. 27 Baldassare Castiglione, Il Libro del Cortegiano, Venedig 1528; vgl. u. a. Ricci 2009; Burke 1996.

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Autoren der Katalogeinträge AH BM JM MH UK UN

Andreas Henning Bernhard Maaz Joana Mylek Maike Hohn Ute Christina Koch Uta Neidhardt

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Kapitel I

Höfische Welt in Sachsen

Anfang des 18. Jahrhunderts hatte sich Dresden von den Schrecken des Dreißigjährigen Krieges erholt und war zudem Residenzstadt eines Königs geworden. Mit der Erlangung der polnischen Königskrone im Jahr 1697 waren die wettinischen Kurfürsten aus dem Kreis der deutschen Reichsfürsten zu Königen aufgestiegen. Wirtschaftlich auf den Silberbergbau gestützt, gaben sie ihrer neuen Stellung durch eine unter den deutschen Höfen einzigartige Prachtentfaltung Ausdruck und förderten dazu Künste und Handwerk. In den verschiedenen Bereichen des politischen und kulturellen Lebens wurde das »Augusteische Zeitalter« – benannt nach den beiden Kurfürsten Sachsens, die als August II. und August III. Könige von Polen waren – prägend für die weitere Entwicklung Dresdens. Die Stadt erhielt neue Gebäude und Sammlungen, deren Strahlkraft trotz der Kriegszerstörungen und -verluste bis heute ungebrochen ist. In der Luxusgüterproduktion hielt Sachsen zeitweilig das europäische Monopol für die Porzellanherstellung und konnte seine führende Stellung lange behaupten. Neben aufwendigen Festlichkeiten zu unterschiedlichen Anlässen galt zudem der Musik besondere Aufmerksamkeit: Unter August II. konnte beispielsweise der im 18. Jahrhundert berühmte Komponist Johann Adolf Hasse als »Königlich Polnischer und Kurfürstlich Sächsischer Kapellmeister« für die Dresdner Oper verpflichtet werden. Politische Verwicklungen im Augusteischen Zeitalter Nachdem im Jahr 1694 Kurfürst Johann Georg IV. überraschend kinderlos an den Blattern gestorben war, übernahm sein jüngerer Bruder Friedrich August die Kurwürde (Kat. 3). Kurz nach dem Regierungsantritt des neuen Kurfürsten bot sich die Möglichkeit, die polnische Königskrone nach Sachsen zu holen. Dieses Ziel verfolgte Friedrich August mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln. Zunächst trat er zum katholischen Glauben über – ein mutiger Schritt in Sachsen, dem Kernland der Reformation. Allerdings war die katholische Konfession eine zwingende Voraussetzung, um sich zur Wahl für den polnischen Thron stellen zu können. Zudem mussten mehrere Millionen Taler an polnische Adelige gezahlt werden, die mithilfe des Verkaufs oder der Verpfändung territorialer Besitzungen und Rechte sowie durch die Erhebung neuer Steuern aufgebracht wurden. Diese und ähnliche Maßnahmen führten schließlich in Krakau am 15. September 1697 zur Krönung von Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen zum König August II. von Polen. Mit der Wahl wurden Kursachsen und die Residenzstadt Dresden nicht nur in die große europäische Politik des 18. Jahrhunderts einbezogen, sondern auch in ihre militärischen Konflikte. So schloss August II. im Kampf um die Vorherrschaft im Ostseeraum 1699 ein Bündnis mit Dänemark und Russland, um gegen Karl XII. von Schweden vorzugehen. Im Jahr 1700 griff diese Dreierallianz Schweden an und begann damit den Großen Nordischen Krieg.1 Allerdings blieb zunächst der schwedische König siegreich: Die sächsische Armee erlitt vernichtende Niederlagen in Polen und 1706 besetzte die schwedische Armee sogar das Territo-

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rium Kursachsens. August II. musste in den Altranstädter Frieden einwilligen und zugunsten

1 Groß/John 2006, S. 35f.

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Stanisław Leczinski ´ – einem Verbündeten Karls XII. – auf den polnischen Thron verzichten. 1709 wendete sich jedoch das Blatt: Russische Truppen besiegten in der Schlacht bei Poltawa das schwedische Heer. In der Folge ließ sich August II. von einem großen Teil des polnischen Adels wieder zum legitimen König erklären. Es folgten drei Jahrzehnte relativen Friedens für Kursachsen. In dieser Zeit war die Hochzeit des Kronprinzen Friedrich August mit Maria Josepha von Habsburg (Kat. 5 und 6), Tochter des Kaisers Joseph I. und älteste Nichte des regierenden Kaisers Karl VI., im Jahr 1719 von großer politischer Bedeutung. Mit ihr erhielten die Wettiner die Aussicht, nach dem Tod des deutschen Kaisers zu dessen Nachfolger gewählt zu werden. Diese Option sollte, wenn sie schon nicht genutzt wurde, als Pfand für andere sächsische Interessen dienen. Als weiteres wichtiges Ereignis ist die erneute Wahl eines Wettiners zum polnischen König zu nennen: Nachdem August II. von Polen 1733 in Warschau gestorben war, gelang im Polnischen Thronfolgekrieg – wiederum durch ein Bündnis mit Russland und einen Defensivvertrag mit Österreich – die Sicherung des Wettinischen Königtums in Polen. Am 5. Januar 1734 wurde Kurfürst Friedrich August II. von Sachsen zum König August III. von Polen gekrönt. Mit der Erneuerung der sächAbb. 1 Antoine Pesne: König Friedrich II. von Preußen, Öl auf Leinwand, 78 × 62 cm, Potsdam, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Inv.-Nr. GK I 51018

sisch-polnischen Personalunion verfolgten die wettinischen Kurfürsten ihr Ziel, das polnische Wahlkönigtum in ein Erbkönigtum umzuwandeln, konsequent weiter. Diese Verstetigung sollte vor allem auf diplomatischen Wegen erreicht werden. Heinrich Graf von Brühl, der mächtige sächsische Premierminister, setzte dabei auf eine umfangreiche Bündnis- und Heiratspolitik, um unter anderem eine territoriale Verbindung zwischen Sachsen und Polen zu erhalten.2 Dies wurde allerdings durch das Verhalten von Friedrich II. von Preußen (Abb. 1) vereitelt. In seinem Testament Politique von 1752, unter dem Kapitel Acquisitions par droit de bienséance, beschrieb er seine Absichten: »Sachsen, Polnisch-Preußen und Schwedisch-Pommern […] runden den Staat ab. Sachsen wäre jedoch am nützlichsten. Sein Besitz würde die Grenzen erweitern und deckte Berlin, die Landeshauptstadt und den Sitz des Königshauses«.3 Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits zwei Kriege um den Besitz Schlesiens stattgefunden. Es handelt sich zum einen um die Österreichischen Erbfolgekriege, zum anderen kämpften Preußen und Österreich um die Vorherrschaft in den Territorien rund um Breslau. Sachsen verfolgte mit wechselnden Bündnispart-

Abb. 2 Michael Keyl: Plan von Dresden, Belagerung 1759/60, Radierung, 37,4 × 47,4 cm, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. A 1902-455

_________ 2 Vgl. Hanke 2006. 3 Friedrich II. von Preußen 1920, S. 61.

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nern ebenfalls eigene Interessen in dieser Situation: Es erhoffte sich eine Landbrücke zwischen Sachsen und Polen. Der dritte Schlesische Krieg ist besser unter dem Namen Siebenjähriger Krieg bekannt. Er begann für Sachsen im August 1756 mit dem Einmarsch preußischer Truppen auf sächsisches Gebiet. Mit ihm wollte Friedrich II. seine vier Jahre zuvor formulierte Absicht, Preußen abzurunden, in die Tat umsetzen. Bereits vier Tage nach dem preußischen Überfall befand sich der sächsische Hof auf der Flucht nach Warschau. Hier blieb August III. zusammen mit seinem Hofstaat bis zum Hubertusburger Frieden im Jahre 1763 (Abb. 3). Sachsen litt sehr unter den drei Kriegen. Vor allem während des Siebenjährigen Krieges wurden das Land, aber auch die kursächsische Residenz schwer verwüstet (Abb. 2). Allein in Dresden waren etwa 800 Häuser zerstört sowie einige Kirchen, darunter die durch Bellottos Gemälde berühmte Kreuzkirche (Kat. 93). Meisterwerke des sächsischen Rokoko wie das Brühlsche Belvedere hatte Friedrich gezielt bombardieren lassen. Die Einwohnerzahl Sachsens war aufgrund der hohen Kriegsopfer und Flüchtlingsbewegungen um mehr als ein Viertel zurückgegangen.4 Kriegskontributionen, Verteuerung und Münzverschlechterung belasteten die ohnehin geschädigte Wirtschaft zusätzlich. Nur wenige Zeit nach seiner Rückkehr nach Dresden starb August III., kurz nach ihm sein Premierminister Graf Brühl. Somit markiert das Ende des Siebenjährigen Krieges auch das Ende der sächsischpolnischen Personalunion und des augusteischen Zeitalters. Der Nachfolger Friedrich Christian bereits zu Lebzeiten seines Vaters August III. auf Reformen drängend, begann sofort mit der

Abb. 3 Johann Leonhard Öxlein (Me dailleur): Münze auf den Hubertusburger Frieden, 1763, Gold geprägt, 4,5 cm Durchmesser, SKD, Münz kabinett, Inv.-Nr. BGA 3721

Konsolidierung der Finanzen und der Wirtschaft und leitete damit das Zeitalter des sogenannten Rétablissements ein.5 Der Ausbau einer königlichen Residenz Als August II. im Jahr 1697 zum König gekrönt wurde, war Dresden bereits seit 150 Jahren Residenz des Kurfürstentums Sachsen. In diesem Zeitraum waren sowohl das fürstliche Schloss als auch die Stadt beständig erweitert worden. Unter August II. und August III. wurde Dresden zu einer modernen Residenz ausgebaut, die den Verwaltungs- und Repräsentationsaufgaben der neuen Königsmacht gerecht werden konnte. Während ein ambitioniertes Projekt, die Neugestaltung des Dresdner Schlosses nach dem großen Brand 1701, nicht über die Planungsphase hinauskam, veränderten zahlreiche Neubauten das Gesicht der Stadt Dresden nachhaltig.6 Besonders prägend waren moderne Baubestimmungen für die Stadt, die eine einheitliche Bebauung und die Ersetzung der hölzernen Häuser durch steinerne verlangten. Aber auch der wachsende Wohlstand der Bewohner zeigte sich in neuen prächtigen Adelspalais und Bürgerhäusern. Neben dem Projekt des Neubaus des Dresdner Residenzschlosses war für August II. der Ausbau des Areals zwischen der äußeren und inneren Festungsmauer (Zwinger) zu einer Terrassenanlage von besonderer Bedeutung: Zunächst mit einem Galeriebau, dann zusätzlich von Matthäus Daniel Pöppelmann mit einer Orangerie geplant, wurde das Vorhaben immer wieder erweitert und modifiziert. In Hinblick auf die Hochzeitsfeierlichkeiten des Kronprinzen Friedrich August und der Habsburger Prinzessin Maria Josepha wurde schließlich die Fertigstellung der Anlage dringend erforderlich. Die Beendigung des Baus verzögerte sich jedoch weiterhin durch die sich vielfach ändernden Entscheidungen Augusts II. Aus diesem Grund wurden die geplante Galerie und ein Pavillon behelfsmäßig in Holz errichtet. Erst 1728 fanden die Bauarbeiten einen vorläufigen Abschluss. Nachdem der Schlossneubau zurückgestellt worden war, verfolgte August II. andere Pläne, die durch Einbeziehung der Elbe und der Elblandschaft den städtischen Raum und das Stadtbild nachhaltig verändern sollten. Er beschäftigte sich dabei auch mit den Schlössern der Umgebung: Zwischen 1720 und 1725 entstanden das »orientalische Lust-Gebäude« in Pillnitz und in den Jahren 1723 bis 1730 Schloss Moritzburg, beides Umbauten vorhandener Gebäude unter der Leitung von Pöppelmann. In Dresden lag das Holländische Palais (heute Japanisches

_________ 4 Schlenkrich 2006. 5 Vgl. Schirmer 2000. 6 May 2006.

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Abb. 4 C. H. Fritzsche: Aufzug der Wagen und Reiter zum Damenfest am 6. Juni 1709 im hölzernen Amphitheater, 1709, Deck farben, 58,5 × 91,5 cm, SKD, KupferstichKabinett, Inv.-Nr. C 1968-791

Palais), das die umfangreiche königliche Porzellansammlung beherbergen sollte, direkt an der Elbe auf der dem Schloss gegenüberliegenden Seite. Die Öffnung der Stadt zur Elbe war auch unter August III. von Bedeutung: Sie erfolgte durch die Bebauung der Festungswerke – der Canal Grande in Venedig diente hier als Vorbild – und durch den 1738 begonnenen Bau der Hofkirche von Gaetano Chiaveri. Die Veduten Dresdens, sowohl vom sächsischen Hofmaler Johann Alexander Thiele (Kat. 1), als auch später von Bernardo Bellotto (Kat. 2), zeigen diese Entwicklung eindrücklich. Neben den beiden wichtigsten Kirchen, der Frauenkirche und der Katholischen Hofkirche, sowie der noch von Pöppelmann umgebauten Augustusbrücke prägten die Gebäude der Brühlschen Terrasse die Elbsilhouette der Stadt. Heinrich Graf von Brühl, der spätere sächsische Premierminister, erhielt von August III. seit 1739 sukzessiv Teile der Festungswerke als Geschenk und bebaute diese mit einer prächtigen Gartenanlage. In ihr befanden sich unter anderem eine Bibliothek, eine Gemäldegalerie, ein Theater mit einem Wasserbassin zum Speisen der Brunnenanlagen und ein Belvedere. Die Bauten waren das Werk des Architekten Johann Christoph Knöffel. Ähnlich wie Pöppelmann die Architektur unter August II. prägte, war Knöffel für zahlreiche Bauwerke in der Zeit Augusts III. verantwortlich. Allerdings wurden im Auftrag des Königs mit Ausnahme der Hofkirche keine Großprojekte mehr verfolgt. Beim Ausbau der Stadt und den dazugehörigen Vororten knüpfte er vielmehr an die Planungen seines Vaters an. Lediglich bei dem schwierigen Vorhaben, in einem Zentrum der lutherischen Orthodoxie eine prächtige katholische Kirche zu errichten, ging er weit über die Pläne Augusts II. hinaus. Standort und Gestaltung der Hofkirche waren von städtebaulichen Überlegungen bestimmt, sodass die Kirche beispielsweise nicht geostet ist. Durch die zur Brücke gerichtete Turmfront bot und bietet sich noch heute dem Ankommenden ein großartiger Anblick. Die Form des Turmes war hingegen mit der steinernen Kuppel der Frauenkirche abgestimmt, wodurch die Flusslandschaft einen wirkungsvollen Akzent erhielt. Festlichkeiten und Hofkultur in Dresden Ihre Stellung unter den europäischen Fürsten machten die Wettiner insbesondere durch ihre höfische Festkultur deutlich. Schon im 16. Jahrhundert gab es eine lange Tradition der Festlichkeiten in Sachsen, jedoch war die Königskrönung ein besonderer Höhepunkt. Verschiedene geringere Anlässe wie Geburtstage, Namenstage, die Karnevalszeit, Schützenfeste oder auch die Weinlese

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verhießen Hofvergnügungen, die mit großem Aufwand begangen wurden. Neben Musikern, Sängern, Tänzern, Schauspielern und einer unüberschaubaren Anzahl von Dienern wurden auch Handwerker und Bauarbeiter – etwa für die Erstellung von Festkulissen – benötigt. Den Aufwand für diese jahreszyklischen Lustbarkeiten übertraf noch das Gepränge der großen Anlässe wie der Hochzeit des Kronprinzen oder der Besuch des dänischen Königs. Mehrwöchige, kompliziert aufeinander abgestimmte Folgen von Feierlichkeiten erforderten umfassende Planungen, an denen auch Architekten, Maler und Bildhauer beteiligt waren. Ihre Inventionen und Abläufe wurden in Zeichnungen, Kupferstichen und Festberichten dokumentiert und verbreitet. Im Jahr 1709 bot der Staatsbesuch von Friedrich IV. von Dänemark dem sächsisch-polnischen König die willkommene Gelegenheit, die Wiedererlangung der polnischen Krone mit allem Pomp zu feiern. Unter anderem wurde ein »Damenringrennen« veranstaltet – eine Dresdner Besonderheit, bei der die in einem Wagen sitzende Dame von zwei Kavalieren begleitet wurde (Abb. 4). Weitere Höhepunkte waren ein »Nachtringrennen« und zum Abschluss eine »Bauernwirtschaft« im Großen Garten außerhalb der Stadtmauern. Höflinge und Gäste genossen als Bauern verkleidet einen ungezwungenen, von den strengen Regeln des Hofzeremoniells gelockerten Umgang miteinander. Die 1719 stattfindenden Festlichkeiten anlässlich der Hochzeit des Kurprinzen Friedrich August mit Maria Josepha von Habsburg gelten bis heute als Inbegriff barocker Prachtent faltung. Die einzelnen Veranstaltungen wie Oper, Ball, Theater, Wettkämpfe, Jagden oder das »Karussell der Vier Elemente« (Abb. 5) standen dabei jeweils unter dem Motto eines himmlischen Planeten. Das »Fest Sol« am 10. September im Holländischen Palais war Auftakt der Planetenfeste. Zunächst wurde eine Serenade im Gartentheater dargeboten, der ein theatralisches Wasser-Feuerwerk folgte, das die Eroberung des Goldenen Vlieses zeigte (Abb. 6). Da der Orden des Goldenen Vlieses die höchste habsburgische Auszeichnung war, huldigte man mit diesem Schauspiel der kaiserlichen Herkunft der Braut. Mit dem »Saturnfest« am 26. September im Plauenschen Grund bei Dresden fanden die Feierlichkeiten ihren Abschluss. Es war dem Bergbau gewidmet, der den Reichtum Sachsens begründet hatte. Unter anderem wurde eine Parade aus insgesamt 1.600 Bergknappen in kostbaren Uniformen abgehalten.

Abb. 5 Carl Heinrich Jacob Fehling: Ring rennen beim Karussell der Vier Elemente, 1719, Feder und Pinsel in Grau und Schwarz, 56 × 88,9 cm, SKD, Kupfer stichKabinett, Inv.-Nr. C 5694

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Abb. 6 Johann August Corvinus nach Matthäus Daniel Pöppelmann: Feuerwerk auf der Elbe hinter dem Holländischen Palais am 10. Sept. 1719, Kupferstich, 62,7 × 85,6 cm, SKD, Kupferstich- Kabinett, Inv.-Nr. A 153201

Anlässlich der Hochzeit war ein umfangreicher Prachtband geplant, der Recueil des dessins et gravures representent les solemnites du mariages, der auf insgesamt 562 Seiten und mit 30 Kupferstichen die Hochzeitsfeierlichkeiten wiedergeben sollte. Das Werk, an dem auch die Hofkünstler und Architekten Raymond Leplat, Zacharias Longuelune und Matthäus Daniel Pöppelmann beteiligt waren, blieb jedoch unvollendet. Dieses und andere Stichwerke sowie literarische Beschreibungen dienten zur Demonstration der Potenz und Pracht Sachsens in ganz Europa. Musik und Theater waren innerhalb der höfischen Festkultur in Dresden zur Zeit der beiden Polenkönige von besonderer Bedeutung. Die Königlich Polnische und Churfürstlich Sächsische Kapelle, die von August II. kurz nach dem Erhalt der polnischen Königswürde gegründet wurde, entwickelte sich zu einem hochgeschätzten und auch im Ausland anerkannten Ensemble. Für die Opern- und Kirchenmusik konnte mit dem Komponisten Johann Adolf Hasse eine bedeutende Persönlichkeit an den Dresdner Hof verpflichtet werden. Zusammen mit seiner Frau, der Sängerin Faustina Hasse-Bordoni, prägte er die Dresdner Oper im zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts entscheidend. Dem vermehrten Repräsentationsbedürfnis sollte mit der Förderung der einheimischen Luxusgüterproduktion ebenfalls Rechnung getragen werden. August II. begünstigte vor allem hoch entwickelte Technologien wie Glasfabriken, Spiegelschleifereien, eine Teppichwirkerei und eine Tapetenfabrik. Mit der Fähigkeit, Porzellan herzustellen, konnten August II. und August III. sogar eine Einzigartigkeit unter den europäischen Höfen geltend machen. Sie nutzten die begehrten Produkte zu Repräsentationszwecken bei der Ausstattung von Schlössern, bei der Dekoration von Banketten und als diplomatische Geschenke. Unter August II. von Polen setzte zudem eine umfassende Sammlungstätigkeit ein. In den 1720er-Jahren nahm er eine Neuorganisation der Sammlungen vor, durch die verschiedene Spezialmuseen im Zwinger entstanden. 7 1720 wurden die einzelnen Sammlungen in einem »Collection-Gebäude« am Jüdenhof nach Sachgebieten geordnet zusammengezogen. 1728 entschloss man sich, den Zwinger für die Unterbringung einzelner Sammlungen zu nutzen.

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August II. konzentrierte sich bei seinen Aktivitäten nicht auf spezifische Bestände. Neben Ge-

7 Vgl. Heres 2006, S. 30–100.

mälden und Preziosen erwarb er beispielsweise auch zahlreiche zeitgenössische und antike

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Skulpturen. Während der Regierungszeit von August III. wurden zwar alle Kunstsammlungen ständig erweitert, der Ankaufsschwerpunkt lag jedoch nunmehr ganz auf der Malerei. Ihm gelang es, die Gemäldegalerie mit Hilfe von Kunstkennern und -agenten zu einer umfangreichen Sammlung von internationalem Rang auszubauen.8 Während seiner Regierungszeit fanden verschiedene spektakuläre Ankäufe statt, die europaweit Beachtung fanden, etwa 1745 der Ankauf von 100 Werken der Galerie des Herzogs Francesco III. von Modena und einige Jahre später der Sixtinischen Madonna von Raffael.9 Darüber hinaus wurden bedeutende Künstler wie Bernardo Bellotto für den sächsischen Hof verpflichtet, sodass sich Dresden zu einem der bedeutendsten deutschen Kunstzentren entwickelte. Als solches zog es weitere Künstler und Gelehrte an. Der Umfang der Gemäldeerwerbungen unter August III. machte schon bald die Unterbringung der Sammlung in einem eigenen Gebäude notwendig. 1745 wurde die Einrichtung einer Galerie im kurfürstlichen Stallgebäude am Jüdenhof beschlossen. In knapp zwei Jahren schuf der Architekt Knöffel einen Bau, der durch das Zusammenziehen der beiden Obergeschosse über eine enorme Raumhöhe verfügte. Um den geschlossenen Hof zog sich die sogenannte Innere Galerie, die der italienischen Malerei vorbehalten war. In der umlaufenden Äußeren Galerie fanden vor allem nordalpine Werke ihren Platz. Sie wurden in enger, genau aufeinander abgestimmter Hängung präsentiert, die es ermöglichte, Bezüge zwischen den Werken herzustellen und die Galerie als Gesamtkunstwerk zu erleben. Ausblick Der Siebenjährige Krieg bedeutete für diese Entwicklung Ende und Neuanfang zugleich. Die sächsische Niederlage und die hohen finanziellen Verluste machten eine Neuorganisation der Finanzen und somit auch eine Reduktion der Repräsentationsausgaben dringend erforderlich. In der Folge wanderten zahlreiche alteingesessene Künstler und Musiker ab. Im Gegenzug wurden zur Stärkung des Handwerks und Manufakturwesens verschiedene Maßnahmen zur Förderung der Künste und Wissenschaften ergriffen: So hatte die Neugründung der Akademie der Künste im Jahr 1764 vor allem auch einen wichtigen wirtschaftlichen Aspekt. Auch hinsichtlich des kulturellen Lebens erfuhr Sachsen während des Rétablissements einschneidende Veränderungen. Diese standen vor allem im Zeichen der Eindämmung der Ausgaben für die Hofhaltung, wovon die Hofkapelle besonders stark betroffen war. Bereits zwei Tage nach dem Tod Augusts III. erfolgte die Entlassung Hasses, Kapellmeister und Direktor der italienischen Oper. Das Opernhaus wurde geschlossen und die Komödie sowie das Ballett wurden aufgelöst. Kommerzielle Häuser waren weiterhin zugelassen, etwa eine französische Komödie mit dem Namen »Compagnie des Comediens François«, die Lust- und Trauerspiele, Singspiele sowie Komische Opern und Ballette aufführte.10 In den Bereichen Architektur, Bildhauerei und Malerei gingen die Aufträge an die Künstler zunächst stark zurück. Auch für jene Handwerker, die vor allem Luxusgüter produzierten, sanken die Verdienstmöglichkeiten. Als Beispiel sei hier der ehemalige Hofmaler Bellotto genannt. Er hatte eine Professur an der neu gegründeten Akademie erhalten, bezog aber nur noch ein Drittel seines ehemaligen Gehalts – statt 1.800 waren es nun 600 Taler.11 Die Hauptgründe für Bellottos Weggang aus der sächsischen Wahlheimat im Jahr 1766 waren daher seine schwierige materielle Situation und die Verschlechterung seiner sozialen und beruflichen Stellung. Gleichwohl lehrten an der Kunstakademie verschiedene bekannte Persönlichkeiten wie Giovanni Battista Casanova, Johann Eleazar Zeissig, genannt Schenau, und Anton Graff, der die weitere Kunstentwicklung in Dresden entscheidend prägen sollten.

UK _________ 8 Vgl. Spenlé 2008. 9 Vgl. Winkler 1989. 10 Mücke 2003, S. 39. 11 Rottermund 2005, S. 26.

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Diese Dresden-Ansicht gehört zum Spätwerk des sächsischen Hofkünstlers Johann Alexander Thiele, der sich im Lauf seines künstlerischen Schaffens vor allem durch die Darstellung der näheren und 1

Johann Alexander Thiele

weiteren Umgebung Dresdens einen Namen gemacht hatte (Abb.).

(Erfurt 1685–1752 Dresden)

Seine genauen Ansichten der sächsischen Landschaft dokumentie-

Ansicht von Dresden mit der Augustusbrücke, 1746 Bez. unten rechts: »Prospect der alt. und Neu Stadt Dresden, zusamt der Brücken ad vivum par A. Thielen. 1746« Öl auf Leinwand, 104 × 153 cm Gal.-Nr. 3660 Provenienz: 1746 vom Künstler; zwischen 1864 und 1867 Abgabe an das Königl. Haus marschallamt; 1924 durch den Verein Haus Wettin A. L. an das Staats theater Dresden; 1967 an die Gemäldegalerie Alte Meister Literatur: Göpfert 1972, Bd. 1, S. 23; Bd. 2, Nr. 43 – Dresden 1974, Nr. 35 – Washington/New York/San Francisco 1978, Nr. 4 – Neidhardt 1983, S. 34 – Dresden/Erfurt 2002, Nr. 26

ren deren Vielfalt und Reichtum, aber auch die Reize ihrer Natur. Die querformatige Vedute aus dem Jahr 1746 zeigt die gebaute Pracht der Hauptstadt Sachsens von Westen: Bis in die Ferne steht die Reihe der Kirchen, Adels- und Bürgerhäuser an der Elbe entlang, die sich unter den damals noch 17 Bögen von Pöppelmanns mächtiger Augustusbrücke weitet. Links werden die mehrgeschossigen Gebäude der »Neuen Königsstadt«, der heutigen Neustadt, sichtbar, die nach einem verheerenden Brand 1685 nach modernen Bauvorgaben errichtet worden waren. Auf der Altstädter Seite sind Bauten aus der Regierungszeit von August II. und August III. wiedergegeben. Der rechte Bildrand wird von der im Bau befindlichen Katholischen Hofkirche bestimmt. Gaetano Chiaveri errichtete sie im Auftrag Augusts III. ab 1738. Das Ufer im Vordergrund zeigt das geschäftige Treiben der Schiffsleute und Bauarbeiter. Der Kirche gegenüber, von der Elbe leicht zurückgesetzt, ist das Fürstenbergische Palais zu sehen. Ihm schließt sich der Brühlsche Garten mit den dazugehörigen Gebäuden wie der Bibliothek und der Gemäldegalerie an. Der Garten, heute als Brühlsche Terrasse bekannt, entstand auf den alten Befestigungsanlagen. Hinter dem weitläufigen Areal des Grafen Brühl ist die imposante steinerne Kuppel der Frauenkirche zu erkennen. Trotz der genauen Darstellung im Einzelnen bleibt die Architektur insgesamt atmosphärisch verschleiert, wodurch die Stadt ein sehr weitläufiges Aussehen erhält. Sie schmiegt sich scheinbar dem Flusslauf der Elbe an und verliert sich mit ihm in der Ferne. Nur ein Jahr nach diesem Werk Thieles begann Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, mit seiner berühmten Serie der Dresdner Veduten (Kat. 2). Durch ihre perspektivische Klarheit, den geschlossenen Bildaufbau und ihre neutral-sachliche Beleuchtung vermitteln sie ein viel kompakteres Bild der Stadt, wie es für die Nachwelt prägend wurde.

Johann Alexander Thiele: Blick ins Elbtal, vor 1728, Öl auf Leinwand, 106 × 154 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 3707

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Bernardo Bellotto schuf die Ansicht Dresden vom rechten Elbufer oberhalb der Augustusbrücke in seinem ersten Jahr als sächsischer Hofmaler. Es ist die erste in einer Reihe von insgesamt 16 Veduten, die jeweils paarweise mehr oder weniger streng einem gemeinsamen Kompositionsschema folgen. So ist das hier behandelte Gemälde das Pendant zur Ansicht Dresden vom rechten Elbufer unterhalb der Augustusbrücke, die ein Jahr später entstand und die Vorstellung von der Stadt nachhaltig prägen sollte (Abb.). Den Dresden-Veduten steht eine weitere Reihe von elf Ansichten Pirnas gegenüber, einer kleinen Stadt in der Nähe Dresdens mit ihrer bedeutenden Festung Sonnenstein. Zusammen mit den Werken Johann Alexander Thieles, der in zahlreichen Landschaftsprospekten die Schönheiten der sächsischen Natur festhielt, sind diese Folgen ein Ausdruck der königlichen Feudalherrschaft und der Territorialeinheit. Thieles Werke gelten vorrangig den natürlichen Ressourcen Sachsens, Bellottos Veduten führen dem Betrachter hingegen die städtebaulichen Leistungen und somit die Reichtümer der Kultur vor Augen. Beide Zyklen ergänzen sich also programmatisch, indem sie mit Natur und Kultur den Machtbereich des königlichen Herrschers verdeutlichen.

2

Bernardo Bellotto (Venedig 1722–1780 Warschau)

Dresden vom rechten Elbufer oberhalb der Augustusbrücke, 1747 Bez. unten rechts auf Cartellino: » BERNARDO. BELLOTO / DETTO. CANALETO. / F . ANNO . 1747. IN. DRESDA.« Öl auf Leinwand, 132 × 236 cm Gal.-Nr. 602 Provenienz: 1747 in der Galerie inventarisiert Literatur: Kozakiewicz 1972, Bd. 2, Nr. 140 – Walther 1995, S. 23f. – Warschau 1997, Nr. II 23 – Dresden 2005, Nr. 57 – Dresden 2011, Nr. 1 (siehe auch Detail S. 10–11)

1

In der alten Tradition italienischer Künstler signierte Bellotto das Werk – nicht ohne Stolz – auf einem Cartellino am rechten unteren Bildrand mit den Worten, dass er es »im Jahre 1747 in Dresden gemacht« habe. Seinem Taufnamen stellte er den Zusatz »genannt Canaletto« hinzu, um sich als Neffe des berühmten Malers Antonio Canal in die Linie der venezianischen Vedutenmaler des 18. Jahrhunderts zu stellen. Dem Betrachter ist eine leicht erhöhte Aussichtsposition auf der Neustädter Seite zugewiesen, von der er elbabwärts auf die Altstadt Dresdens schaut. Am linken Bildrand erscheint die Gemäldegalerie des Grafen Heinrich von Brühl, seit 1746 sächsischer Premierminister, in hellem Licht. Hinter ihr erhebt sich die mächtige Kuppel der Frauenkirche aus dem Stadtbild. Mit dem Gartenpavillon, der Bibliothek und dem Palais sind die Bauten der Brühlschen Terrasse bis zur Augustusbrücke zu erkennen. Am Brückenkopf liegt die Hofkirche noch unvollendet, daneben ragt der Hausmannsturm des Residenzschlosses empor. Den Vordergrund belebt Bellotto mit einer Reihe von Staffagefiguren, die sich am sanft beleuchteten grünen Uferbereich aufhalten: Vermutlich hat er sich selbst sitzend und skizzierend im Gespräch mit den Hofmalern Christian Wilhelm Ernst Dietrich und Johann Alexander Thiele am unteren Bildrand porträtiert. 2 In der Gruppe rechts neben ihnen stehen unter anderem der beleibte Sopran-Kastrat Niccolò Pozzi und in Tiroler Tracht der Hofnarr Joseph Fröhlich.

Bernardo Bellotto: Dresden vom rechten Elbufer unterhalb der Augustus brücke, 1748, Öl auf Leinwand, 133 × 237 cm, SKD, Gemälde galerie Alte Meister, Gal.-Nr. 606

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_________ 1 Maaz 2011, S. 30. 2 Vgl. Menz 1959 und Weber 2003.

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Erst durch den Tod des Kurfürsten Johann Georg IV. von Sachsen, der 1694 ohne Thronfolger starb, gelangte sein jüngerer Bruder als Friedrich August I. von Sachsen auf den wettinischen Thron. Nach 3

Unbekannt König August II. von Polen, Kurfürst von Sachsen, zu Pferde, vor 1728

der Konversion zum Katholizismus 1697 wurde er – mit großem finanziellem und diplomatischem Aufwand – zum polnischen König gewählt und nannte sich von nun an August II. von Polen. Es folgten zahlreiche kriegerische Auseinandersetzungen mit dem erstarkten

Öl auf Leinwand, 139 × 116,5 cm

Schweden, die 1706 mit dem Verzicht Augusts auf den polnischen

Inv.-Nr. 2005/01

Thron endeten. Erst 1716 erhielt er mit dem Warschauer Vergleich

Provenienz: 1728 in die Galerie; nach 1945 aus Schloss Bärenstein zu den Dresdner Sammlungen; 2005 für die Gemäldegalerie erworben

erneut die rechtliche Absicherung der Königskrone. August II. setzte

Literatur: Marx 1975, Nr. 59 – Udine 2004, Nr. 1 – Rosenberg/Mandrella 2005, Nr. 1294 – Dresden 2009, Nr. 1

sowohl in Polen als auch in Sachsen verschiedene Reformen durch, beispielsweise eine Erneuerung des Steuersystems oder eine Reorganisation des Beamtenapparats. Große Bedeutung erlangte er in beiden Ländern durch seine intensive Förderung von Kunst und Wissenschaft. Das Reiterbild zeigt den König auf einem von ihm linkshändig in Levade geführten Pferd. In antikisierender Feldherrnuniform mit wehendem Hermelinmantel blickt er direkt zum Betrachter. An einem blauen Band ist das Abzeichen des polnischen Ordens des Weißen Adlers zu sehen; der dazugehörige Stern ist am Mantel befestigt. Das Ordensgehänge des Goldenen Vlieses wird fast vollständig vom Mantel verdeckt. Hinter Pferd und Reiter ist die Skulptur einer Frau dargestellt, die einen Globus und eine Lanze in ihren Händen hält und somit als Personifikation der Virtus zu identifizieren ist.1 Zu ihren Füßen hält ein schwarzer Diener den lorbeerumkränzten Helm des Königs. Im Hintergrund lagern Männer und Frauen, die ihren Trachten nach zu urteilen aus Polen stammen könnten. Seit der Antike ist die souveräne Beherrschung des schweren Rosses im Darstellungstypus des Reiterbildnisses mit der Symbolik des Herrschers verbunden. In der Renaissance, vermehrt jedoch im Barock, wurde diese Bildtradition wieder aufgegriffen und fortentwickelt, wie es das Reiterbildnis Ludwigs XIV. von Frankreich von Pierre Mignard zeigt. Auch das große Reiterdenkmal Augusts II. nach Entwürfen des Hofbildhauers Jean Joseph Vinache reiht sich in diese Linie ein (Abb.). Das hier gezeigte Gemälde dient mit all seinen propagandistischen Anspielungen ganz der Verherrlichung des sächsisch-polnischen Königs: Neben dem Bildtypus und seinem Bezug auf Ludwig XIV., der Tugend-Allegorie und den zahlreichen Insignien der Macht verdeutlicht der Künstler durch das Abbilden der

Jean Joseph Vinache: Reiterstatuette Augusts des Starken, nach 1728, Bronze, Höhe 72 cm, SKD, Grünes Gewölbe, Inv.-Nr. IX 87

ranghöchsten Orden Polens und des Reichs die glanzvolle Vereinigung des Kurfürstentums Sachsen und des Königreichs Polen unter der historisch legitimierten Herrschaft Augusts II. _________ 1 Ripa 1611, S. 540.

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Die Angaben in den Dresdner Inventaren sind zu ungenau, um die Dargestellte eindeutig zu identifizieren. Sie ist lediglich als »Comtesse Oginska« bezeichnet. Vermutlich handelt es sich hier um 4

Adám Mányoki

Marcybella Ogin´ska (nach 1693–1763?) und nicht um ihre jüngere

(Szokolya 1673–1757 Dresden)

Schwester Teresa. Aus einer einflussreichen Familie des litauischen

Dame in weißem Seidenkleid und blauem Mantel (Gräfin Marcybella Ogin´ska)

Hochadels stammend, gehörten beide zu den Hofdamen der Kurprinzessin Maria Josepha. Marcybella Ogin´ska heiratete den künstlerisch begabten, jungen polnischen Adeligen Ignaczy Zawisza, der an der Dresdner Kadettenschule unterrichtet wurde. 1 Durch die

Öl auf Leinwand, 75 × 61 cm

sächsisch-polnische Personalunion befanden sich zahlreiche pol-

Inv.-Nr. S 997

nische Adelige am Dresdner und Warschauer Hof. Beide Höfe waren

Provenienz: Erstmals im Inventar von 1722–1728; 1937 in Schloss Pillnitz; nach 1945 zu den Dresdner Sammlungen Literatur: Lázár 1933, S. 72, 127 – Schallaburg 1984, Nr. 40 – Buzási 2003, A. 113 – Dresden 2009, Nr. 48

eng miteinander verbunden; zudem verbrachten August II. und August III. stets mehrere Monate im Jahr in Polen. Zahlreiche Umgestaltungen der dortigen Schlossanlagen und Adelspaläste prägten die Stadt nachhaltig. Unter anderem erwarb Heinrich Graf von Brühl einen Palast in Warschau, den er aufwendig umbauen ließ, sowie zahlreiche weitere Schlossanlagen und Güter in ganz Polen. Angesichts dieser engen Beziehungen verwundert es nicht, dass auch junge polnische Damen für die sogenannte Schönheitengalerie, die August II. im Venustempel von Pillnitz einrichten ließ, ausgewählt wurden. Mit einer solchen Galerie orientierte sich August an Vor bildern in Hampton Court und der des Pierre Gobert in Nymphenburg, gab jedoch durch den beachtlichen Umfang seiner Bildnisfolge eine eigene Prägung. Neben 21 Gemälden von Louis de Silvestre umfasste sie auch 22 Damenporträts von Antoine Pesne, Kopien nach den Bildnissen in Hampton Court und Werke anderer Künstler. Mányoki lieferte anscheinend 18 Bildnisse vorrangig polnischer Damen, zu denen auch das Porträt von Marcybella Ogin´ska gehörte, die bereits durch ein Bildnis von Silvestre in dieser Reihe vertreten war. 2 Mányoki schuf zahlreiche weitere Porträts von Angehörigen des sächsischen Hofes, war aber unter anderem auch für den preußischen König Friedrich Wilhelm I. tätig. In seiner Malweise war er zwar ganz dem Rokoko verpflichtet, seine in der Komposition stark vereinfachten Brustbilder waren jedoch für spätere Künstler wie Anton Raphael Mengs oder Anton Graff prägend. _________ 1 Kowalczyk 2005, S. 208. 2 Buzási 2003, S. 96f.

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Höfische Welt in Sachsen

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Friedrich August (1696–1763) war das einzige Kind von Friedrich August I. von Sachsen, dem späteren König August II. von Polen (1670–1733), und Christiane Eberhardine von Brandenburg-Bayreuth (1671–1727). Obwohl streng im evangelischen Glauben erzogen, konvertierte Friedrich August im Jahr 1712 während seiner Kavalierstour durch die Schweiz, Italien und Frankreich in Bologna zum Katholizismus. Dadurch bewahrte er sich weiterhin Chancen auf den polnischen Thron. Diesen konnte er ein halbes Jahr nach dem Tod seines Vaters im Oktober 1733 als König August III. von Polen besteigen. Der Wahl durch die Versammlung der polnischen Adeligen, dem Sejm, gingen zahlreiche diplomatische Verhandlungen voraus, die durch hohe Geldzahlungen begleitet wurden. Während der Regierung von August III. erlebten Dresden und Sachsen eine Blütezeit auf dem Gebiet der Musik, der bildenden Künste und der Architektur. Berühmte Sänger und Komponisten, Maler, Bildhauer und Architekten aus ganz Europa wurden für den sächsischen Hof verpflichtet; die Königliche Gemäldesammlung erlangte durch zahlreiche Erwerbungen ihre noch heute geltende Bedeutung. Allerdings ist die Herrschaft Augusts III. auch durch Kriege wie dem Siebenjährigen Krieg gekennzeichnet, die Sachsen schwer trafen. Die Ausgaben für die repräsentative Hofhaltung, die Aufrechterhaltung des polnischen Königtums und die Kriegskosten bewirkten den finanziellen und wirtschaftlichen Ruin Sachsens. Auch der sächsische Premierminister Heinrich Graf von Brühl ist hierfür durch Fehlentscheidungen verantwortlich zu machen. Der Nachfolger, Kurfürst Friedrich Christian I., leitete in seiner kurzen Regierungszeit zahlreiche Maßnahmen ein, die auf eine Verringerung der Ausgaben und die Belebung der Wirtschaft zielten. Das hier gezeigte Werk wurde von einem Kopisten nach einem 5

Pietro Antonio Graf Rotari

heute verlorenen Original Rotaris angefertigt. Das Porträt zeigt die

(Werkstatt)

Bedeutung Augusts als polnischen König: Rechts im Vordergrund ist der Hermelinmantel als Ausdruck seiner Königswürde zu sehen,

Kurfürst Friedrich August II. von Sachsen, als polnischer König August III., nach 1755

herrn aus. Die Abzeichen des katholischen Ordens vom Goldenen Vlies und des polnischen Weißen-Adler-Ordens am blauen Band ver-

Öl auf Leinwand, 107,5 × 86 cm

deutlichen seine Zugehörigkeit zum katholischen Glauben und seine

Inv.-Nr. S 438

Verbundenheit mit dem polnischen Volk. Pietro Antonio Graf Rotari

Provenienz: 1937 in Schloss Pillnitz; nach 1945 zu den Dresdner Sammlungen Literatur: Dresden 1999, Nr. II, 1.B – Köln 2003, Nr. 40 – Dresden 2009, Nr. 76 – Peking 2010, Nr. 4 (siehe auch Detail S. 30)

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Brustharnisch und Kommandostab weisen ihn als obersten Feld-

Höfische Welt in Sachsen

orientierte sich bei der Komposition des Bildes an einem späten Porträt Augusts III. von Louis de Silvestre. Bei der Darstellung des Kopfes folgte Rotari hingegen einem Porträt in Pastell, das Anton Raphael Mengs 1744 angefertigt hatte.

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Durch die Hochzeit des Thronfolgers Friedrich August mit der Habsburger Prinzessin Maria Josepha im Jahr 1719 konnte ein weiterer Grundstein zur Festigung der Position der Wettiner im Reich gelegt werden, da sich damit enge verwandtschaftliche Beziehungen zu Kaiser Karl VI., dem Onkel der Braut, ergaben. Entsprechend wurden die Feierlichkeiten mit großem Pomp in Szene gesetzt, war die Eheschließung doch ein geeigneter Anlass, den eigenen Status als Monarchie in der europäischen Fürstengesellschaft deutlich werden zu lassen: Man mobilisierte in Dresden sämtliche Ressourcen zur genauen Planung und Durchführung umfangreicher Festlichkeiten. Diese sollten anschließend in verschiedenen Publikationen und einem aufwendigen Stichwerk verbreitet werden.1 Maria Josepha gebar August III. insgesamt 15 Kinder, von denen elf das Erwachsenenalter erreichten. Sie konnten zum Teil sehr vorteilhaft mit Nachkommen verschiedener großer Fürsten- und Königshäuser verheiratet werden. Schon als Kurprinzessin, vor allem jedoch als Königin trat die Habsburgerin Maria Josepha im protestantischen Sachsen in hohem Maße für die Interessen der katholischen Kirche ein – insbesondere für die der Jesuiten. Verschiedene katholische Stiftungen wie eine Erziehungs- und Lehranstalt für mittellose Mädchen sowie ein Krankenstift gehen auf ihre Bemühungen zurück. Das Porträt Maria Josephas weist analog zu dem ihres Gemahls Friedrich August (Kat. 5) zahlreiche Insignien der Macht auf: Rechts im Vordergrund findet sich auf einem roten Samtkissen die Krone. Das kostbar mit Silber bestickte Kleid ist pelzverbrämt. Sie trägt zudem neben dem Abzeichen des russischen Katharinen-Ordens auch den Sternkreuz-Orden, den höchsten österreichischen Damenorden. Unter dem Schmuck am Haaransatz fällt ein großer tropfenförmiger Diamant auf, der von einem Adler gehalten wird. Er wird noch heute in den Staatlichen Kunstsammlungen aufbewahrt. Die Porträtminiatur auf dem kostbar gefassten Armband zeigt ihren Gemahl August III.

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Pietro Antonio Graf Rotari (Werkstatt)

Das Bildnis Maria Josephas wie auch das ihres Mannes ist Teil einer Reihe von zehn Stücken, die im gleichen Format und Figurenmaßstab angefertigt wurden. Die Serie lässt sich in fünf Paaren an-

Maria Josepha, Gemahlin König Augusts III. von Polen, nach 1755

ordnen, die in enger formaler und stilistischer Beziehung zueinander

Öl auf Leinwand, 108 × 86 cm

stehen. Neben dem Porträt von August III. und Maria Josepha gehö-

Inv.-Nr. S 439

ren die beiden Porträts des Kronprinzenpaares Friedrich Christian und Maria Antonia sowie die Bildnisse von sechs weiteren Kindern des Königspaares zu diesem Zyklus. Er wurde offenbar in der Königlichen Galerie neben dem Pastellzimmer präsentiert.2 Darüber hinaus

Provenienz: 1937 in Schloss Pillnitz; nach 1945 zu den Dresdner Sammlungen Literatur: Dresden 1999, Nr. II, 2.B – Köln 2003, Nr. 41 – Dresden 2009, Nr. 77 – Peking 2010, Nr. 5

entstanden weitere Kopien und Versionen für die verschiedenen sächsischen Schlösser.3 Auch das hier ausgestellte Porträt ist eine Werkstattarbeit nach dem verlorenen Original.

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_________ 1 Beschreibung 1719; Beschreibung 1719a; das Kupferstichwerk Recueil des dessins et gravures representent les solemnites du mariages […] en 1719 blieb unvollendet; vgl. u.a. Schlechte 1990; Marx 2005. 2 Riedel/Wenzel 1765, S. 244. 3 Vgl. auch Liebsch 2003.

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Die Hochzeit zwischen der sächsisch-polnischen Prinzessin Maria Josepha und dem französischen Kronprinzen Louis war nur eine von mehreren sehr vorteilhaften Eheschließungen der Wettiner mit 7

Johann Georg Dathan

großen europäischen Fürstenhäusern. Die Politik der dynastischen

(Speyer 1701–1749 Speyer)

Verbindungen hatte auch für die sächsische Außenpolitik eine be-

Allegorie auf die Vermählung der Prinzessin Maria Josepha von Sachsen mit dem Dauphin von Frankreich im Jahr 1747, 1748

sondere Bedeutung: Territorialpolitisch und militärisch von Preußen in die Enge getrieben, versuchte Sachsen auf diesem Wege, seine Position in Europa zu sichern.1 Maria Josepha war anfänglich für den Dauphin, dessen erste Frau im Kindbett gestorben war, gar nicht in Erwägung gezogen wor-

Bez. unten in der Mitte: »Georg Dathan 1748«

den. Es war dem diplomatischen Geschick von Moritz von Sachsen,

Öl auf Apfelbaumholz, 57 × 41,5 cm

dem Halbbruder Augusts III., und dessen hervorragenden Bezie -

Gal.-Nr. 2101

hungen zum französischen Hof und insbesondere zur Marquise de

Provenienz: Nach 1830 zur Galerie

Pompadour zu verdanken, dass die Verhandlungen innerhalb kurzer

Literatur: Biermann 1914, Bd. 2, S. IX – Hartje 1997

Zeit abgeschlossen werden konnten. Zahlreiche Details des Bildes und seine spezifisch sächsische Symbolik legen nahe, dass der Maler Johann Georg Dathan das Empfangszeremoniell der sächsischen Prinzessin in Straßburg – ihrer ersten Station auf französischem Boden – sehr genau kannte. Hier wurden Maria Josepha Willkommensbriefe der königlichen Familie, das Bräutigamporträt und verschiedene Geschenke überreicht. Entsprechend wird sie von Dathan ohne den Dauphin auf einem erhöhten Podest sitzend dargestellt. In ihrem Schoß liegen unter anderem der polnische Reichsapfel und drei Kronen, darunter die polnische Königskrone. Maria Josepha ist von allegorischen Figuren umgeben, die auf ihre Tugenden anspielen. Justitia (Personifikation der Gerechtigkeit) und Apoll (Patron der Künste) stehen hinter der Prinzessin, während Minerva (Göttin der Weisheit) als monumentale Sitzstatue über ihr thront. Die Göttin hält in der rechten Hand statt des Schildes ein Medaillon mit den Profilbildnissen der Brauteltern. Eine ältere Frau überreicht der Prinzessin einen Schlüssel – den Stadtschlüssel Straßburgs. Damit wird auf die Gunsterweisung der Stadt hingewiesen, die zudem mit ihrer zukünftigen Rolle als Königin von Frankreich in Verbindung steht. Der Schlüssel ermöglicht ihr symbolisch den Zutritt zu Frankreich und zur französischen Monarchie. Über die Schulter der Prinzessin beugt sich mit einer brennenden Fackel in der Hand der Hochzeitsgott Hymen. Er überreicht ihr eine aus dem französischen und kursächsisch-polnischen Wappen und den Namensinitialen der Brautleute zusammengesetzte Girlande. Die drei kleinen Putti im Vordergrund spielen mit zwei weiteren Girlanden, in die sie die Jahreszahl 1747 in römischen Ziffern einflechten. Der Granatapfel zu den Füßen der Prinzessin ist ein Symbol der Fruchtbarkeit und verweist auf ihre Pflicht, die Erbfolge der Bourbonen zu sichern. _________ 1 Vgl. Knöfel 2009.

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Im Jahr 1757 wurde Silvestres Gemälde Augustus schließt den Tempel des Janus im Salon du Louvre öffentlich ausgestellt. In den explications, die zu den Salons herausgegeben wurden, ist das Werk ausführlich beschrieben. August »erscheint auf den Stufen des Tempel des Janus, dessen Türen geschlossen sind: […] Apoll, seine Lyra haltend, & auf einer Wolke sitzend, ist zu Augustus’ Rechten platziert, & präsentiert ihm den Frieden [in einer allegorischen Frauengestalt]: sie ist geschmückt mit einem Ölzweig […] Die Musen & die Künste

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Louis de Silvestre (Paris 1675–1760 Paris)

Augustus schließt den Tempel des Janus, 1757

folgen ihr, & der Prinz nimmt sie unter seinen Schutz. Mars auf einer

Bez.: »peint par Louis de Silvestre 1757«

Wolke ist zu seiner Linken: er zieht sich irritiert zurück, als er eine

Öl auf Leinwand, 158 × 200 cm

Gruppe von Genien sieht, die, im Vordergrund des Bildes, einen Hau-

Inv.-Nr. 2000/02

fen Waffen in Brand stecken.«1 Das Bildthema hatte der Maler den Kaiserbiografien des römischen Schriftstellers Sueton entnommen. Auch in anderen antiken Schriften wird immer wieder auf die Schließung des Janus-Tempels als einem Symbol des Friedens, aber auch des Sieges hingewiesen. So rühmte sich Augustus in seinen Res

Provenienz: 2000 als Geschenk des Vereins Freunde der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden e. V. Literatur: Salon 1757, Nr. 1 – Locquin 1912, S. 23f. – Weigert 1932, S. 361–488 – Marx 2001 – Dresden 2009, Nr. 137

gestae, den Tempel während seiner Regierung dreimal geschlossen zu haben. Obwohl eine Auftraggeberschaft des sächsischen Hofes nicht nachweisbar ist, legen zahlreiche ikonografische Bezüge zur damals aktuellen politischen Situation eine solche nahe. So wurden sowohl August II. als auch August III. immer wieder als Kaiser Augustus dargestellt, etwa in Tiepolos Gemälde Maecenas stellt die Künste unter den Schutz von Kaiser Augustus.2 Des Weiteren lässt sich das Werk Silvestres als ein Verweis auf die außenpolitische Lage des sächsisch-polnischen Königreiches verstehen: August III. und sein Premierminister Heinrich Graf von Brühl waren sehr darum bemüht, die Ziele Sachsens in den ständigen Konfrontationen mit Preußen auf diplomatischem Wege durchzusetzen.3 Man könnte also durchaus behaupten, dass August III. »als König des Friedens in die Geschichte« eingehen wollte.4 Als solchen könnte ihn Silvestre in dem Bild Augustus schließt den Tempel des Janus dargestellt haben. Der Beginn des Siebenjährigen Krieges im Jahr 1756 machte die Pläne jedoch zunichte, wodurch auch Silvestres Gemälde für den sächsischen Hof nicht mehr interessant gewesen wäre. Der Maler sah sich also vermutlich nach einem neuen Käufer um, den er in der Direction des bâtiments du roi fand, also jener administrativen Einrichtung, die unter anderem für die Kunstwerke im Besitz des französischen Königs zuständig war.

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_________ 1 Guiffrey 1990, S. 11f. Der Originaltext lautet: »1. Le Temple de Janus fermé par Auguste. Ce Prince paroît sur les marches du Temple dont les portes sont fermées: […] Apollon tenant sa Lyre, & placé sur un nuage, est à la droite d’Auguste, & lui présente la Paix: elle est couronné d’olivier […]. Les Muses & les Arts marchent à sa suite, & ce Prince les prend sous sa protection. Mars sur un nuage est à sa gauche: il se retire irrité à la vue d’un grouppe de Génies, qui, sur le devant du Tableau, mettent le feu à un amas d’armes de toute espèce.« 2 Maecenas stellt die Künste unter den Schutz von Kaiser Augustus, um 1743, Öl auf Leinwand, 69,5 × 89 cm, Sankt Petersburg, Ermitage, Inv.-Nr. GE 4. 3 Hanke 2006, S. 323f. 4 Marx 2001, S. 296.

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Bernardo Bellottos Allegorie INCLINATA RESURGIT (Gebeugtes richtet sich auf) und ihr Gegenstück EX ARDUIS IMMORTALITAS (aus der Mühsal Unsterblichkeit) (Abb.) galten noch bis ins 19. Jahrhundert 9

Bernardo Bellotto

als Werke aus dem Umfeld des Leonello Spada. Ihre ursprünglich ge-

(Venedig 1722–1780 Warschau)

schweifte Form weist auf ihre eigentliche Bestimmung als Supra-

Allegorie INCLINATA RESURGIT , 1762 Bez. auf dem Blatt im Schnabel der Taube: »INCLINATA / RESURGIT«; auf dem Sockel darunter: »MDCCLXII« Öl auf Leinwand, 109 × 154,5 cm Gal.-Nr. 632 Provenienz: Erstmals im Inventar des Vorrats »vor 1841« Literatur: Kozakiewicz 1972, Bd. 1, S. 131, 142; Bd. 2, Nr. 362 – Camesasca 1974, Nr. 173 – Rizzi 1996, Nr. 144 – Weber 2003 – Dresden 2011, S. 19f.

porten hin. Aufgrund fehlender Dokumente kann heute nicht mehr nachvollzogen werden, für welches Schloss oder Palais sie geschaffen wurden. Beide Werke waren jedoch vermutlich Teil einer komplexen Serie, zu der auch Gemälde von anderen sächsischen Hofmalern wie Christian Wilhelm Ernst Dietrich oder Charles François Hutin gehörten. Die beiden Allegorien beziehen sich in ihrer inhaltlichen Aussage auf die Mühen des Krieges und die Bedeutung der Treue von Bündnispartnern. Die Allegorie INCLINATA RESURGIT zeigt eine weibliche Figur mit weißem Gewand, hellblauem Mantel und einem Helm mit rotweißen Federn, die sich durch das kursächsische Wappen in ihrer Linken als Personifikation Sachsens in Gestalt einer kriegerischen Minerva deuten lässt. Während sich Saxonia an einen polnischen Adeligen in Nationaltracht wendet – ein zweiter ist hinter dem offenbar erhöht zu denkenden Paar postiert – weist sie mit ihrer rechten Hand nach unten. Am rechten Bildrand hält eine Taube ein Blatt mit dem Leitspruch »inclinata resurgit« im Schnabel, der durch die Palmwedel darunter illustriert wird: Die Eigenschaft der Palme, im Sturm nicht zu brechen, wird in zahlreichen emblematischen Abbildungen genutzt. Somit lässt sich die Allegorie dahingehend deuten, dass sich Sachsen vom Boden wieder aufrichten (angedeutet durch die nach unten weisende Handbewegung Saxonias und den Palmenwedel) und zum Frieden (Taube) zurückfinden wird. Im Entstehungsjahr der Allegorien befand sich Sachsen bereits seit sechs Jahren im Krieg gegen Preußen, der erst ein Jahr später enden sollte. Die sächsische Armee hatte bei Einmarsch der Truppen Friedrichs II. kaum Widerstand leisten können, sodass der kursächsische Hof schon bei Ausbruch des Krieges nach Warschau fliehen musste und Dresden von den Preußen besetzt wurde. Friedrich ließ, ganz im Gegensatz zu seiner Selbstdarstellung als aufgeklärter Philosoph, zahlreiche Kulturschätze plündern und zerstören – das Brühlsche Belvedere und die Dresdner Kreuzkirche sind eindrucksvolle Belege dafür. Aber auch die sächsische Bevölkerung litt sehr unter der Besetzung. Handel und Wirtschaft kamen zum Erliegen, zudem mussten an Preußen hohe Steuern und Kontributionen ge-

Bernardo Bellotto: Allegorie EX ARDUIS IMMORTALITAS, wohl 1762, Öl auf Leinwand, 109 × 155 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 633

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Höfische Welt in Sachsen

zahlt werden. Vor diesem Hintergrund wird der bildliche Aufruf zum Durchhalten verständlich.

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Diese ungewöhnliche Darstellung des Christus am Kreuz ist eine Skizze zu einem weitaus größeren Werk (Abb.), das sich im Bestand der Dresdner Gemäldegalerie befand, bis es 1999 an das Haus 10

Louis de Silvestre

Wettin abgegeben wurde. Eine Inschrift auf dem großen Bild erläu-

(Paris 1675–1760 Paris)

tert das Thema: »Das was man in diesem Bilde sieht, stellt einen

Christus am Kreuz aus Wolken gebildet, 1734

Christus am Kreuz aus Wolken gebildet inmitten eines blauen Himmels dar, der ist am Himmel auf der Seite des Sonnenuntergangs im Weinberg von Rotschberg am Abend, dem 19. Mai 1734, 6.15 Uhr

Öl auf Leinwand, 73 × 52 cm

gesehen worden. [...] Die Zuschauer waren: Herr Abt Pirenne.C.

Inv.-Nr. 94/02

[Katholik] / Herr Bildstein der Jüngere und [...] Frau Silvestre und

Provenienz: 1994 aus dem Auktionshaus Dorotheum in Wien; Geschenk des Vereins Freunde der Staat lichen Kunst sammlungen Dresden e. V. 1994 Literatur: Marx 1994 – Versailles 1997, Nr. 11 – Köln 2003, Nr. 75 – Udine 2004, Nr. 77 – Dresden 2009, Nr. 136

deren Töchter. C. / und ich Louis Silvestre, der ich es so gemalt habe, wie man hier sieht. Die oben genannten Personen, von denen die meisten ihn haben malen sehen, sind von der perfekten Ähnlichkeit überzeugt, insoweit auch die Kunst eine so prächtige und außergewöhnliche Sache abbilden kann.«1 Das Werk ist völlig untypisch für das Schaffen Silvestres und erscheint auf den ersten Blick rätselhaft. Erst durch die Inschrift wird verständlich, dass eine tatsächlich erlebte Wolkenerscheinung den Maler angeregt hatte und warum die Darstellung nicht der künstlerischen Konvention entspricht. Allerdings könnten auch ältere Bildtraditionen Silvestre bei seiner Komposition beeinflusst haben: In der europäischen Malerei finden sich Darstellungen des Gekreuzigten als monumentale und einsame Figur am Himmel, so im Werk von Anthony van Dyck oder Philippe de Champaigne. In Silvestres Œuvre sind weniger Wolkenerscheinungen vorherrschend als das repräsentative portrait d’apparat, Historienbilder sowie monumentale Fresken und Wanddekorationen. In Anlehnung an die Staatsgemälde von Hyacinthe Rigaud prägte er als Hofmaler wie kein anderer die gültigen Bildnistypen von August II. und August III. von Polen. Zudem sind von ihm zahlreiche Porträts der wettinischen Familie sowie sächsischer und polnischer Adeliger überliefert. Für das Residenzschloss, den Zwinger oder auch das Brühlsche Palais schuf er umfangreiche malerische Ausstattungen.

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_________ 1 Zit. nach: Dresden 2009, S. 328. Das Originalzitat lautet: »Ce que l’on voit dans ce tableau, représentant un Christ en Croix formé par des nuées au milieu d’un ciel bleu, a esté vu au ciel du coté du soleil couchant à la vigne de Rotschberg à six heures et un quart du soir le 19 May 1734. […] Les spectateurs étaient: / Mr. l’abbé Pirenne.C. [Catholique] / Mr. Bildstein le fils et […] Md. Sylvestre et ses deux filles. C. / et moi Louis Sylvestre qui l’ayt peint tel que l’on voit ici. Les personnes cy-dessus nommées dont la plupart l’ont vu peindre sont convenues de la parfaite ressemb lance autant que l’art peut representer une chose aussi admirable et extraordinaire.« Ebd., S. 330. Louis de Silvestre: Christus am Kreuz aus Wolken gebildet, Öl auf Leinwand, 291 × 201 cm, ehemals SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 3939

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Pierre Subleyras (St-Gilles-du-Gard 1699–1749 Rom)

Christus beim Pharisäer Simon, um 1737 Öl auf Leinwand, 50,5 × 122 cm Gal.-Nr. 789 Provenienz: 1739 als Geschenk des Künstlers an den sächsischen Kurprinzen Friedrich Christian; 1742 in die Galerie Literatur: Paris 1987, Nr. 35 – Madrid 1998, Nr. 69 – Dijon 2001, Nr. 75 – Köln 2003, Nr. 81

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Das querformatige Gemälde zeigt das prächtige Gastmahl des Phari-

Sachsen im Dienst des Königs beschäftigt zu werden«.1 In diesem

säers Simon (Lk 7,36–50). Der entscheidende Moment der biblischen

Zusammenhang wird auch das Geschenk erwähnt: »Er [Subleyras]

Episode ist im linken Drittel des Bildes dargestellt. Dort sieht man,

ist genauso gut in der Geschichtsmalerei wie im Porträt, hat auf bei-

wie eine Frau mit ihren Haaren Jesus die Füße trocknet, woraufhin

den Gebieten Erfolg und seine Werke haben ihm großes Ansehen ein-

dieser ihr ihre Sünden vergibt. Das Gemälde entstand im Zusammen-

gebracht, besonders ein Bild von 25 Fuß Breite, die Darstellung des

hang mit einer großen Komposition, heute im Louvre, die der Maler

Abendmahls, von dem er Seiner Königlichen Hoheit die Skizze zum

in Rom etwa von 1735 bis 1737 für das Refektorium des Klosters

Geschenk gemacht hat.«2 Die Bedingungen, die Subleyras für eine

Santa Maria Nuova in Asti in Piemont schuf. Während der Arbeit ent-

Anstellung in Dresden hatte, werden in späteren Briefen detailliert

standen mehrere vorbereitende Studien und kleinere Fassungen, zu

ausgeführt. So wünschte er, auf die gleiche Stufe wie der Hofmaler

denen das vorliegende Bild gehört. Die große Bedeutung, die der

Silvestre gesetzt und sein Nachfolger als Direktor der Dresdner Aka-

Künstler der Dresdner Version beimaß, zeigt sich darin, dass er das

demie zu werden.3 Neben einer entsprechenden Bezahlung für ihn

Werk dem sächsischen Kurprinzen in der Hoffnung auf eine Anstel-

und seine Frau, die eine bekannte Miniaturistin war, sollte zudem

lung in Dresden zusandte. 1739 hielt sich Kurprinz Friedrich Christian

eine freie Anreise garantiert werden. Zwar führte Subleyras noch ein

von Sachsen in Rom auf, wo er Subleyras kennenlernte. Sein Name

von Kennern gelobtes Porträt des Kronprinzen aus, jedoch fand man

findet sich auf einer Liste, die entsprechend eines Auftrags des

den Prinzen darauf dicker, als er eigentlich war. Und so reichten diese

Königs »einige gute Künstler« nennen sollte, »begabt genug, um in

Empfehlungen nicht, um eine Anstellung in Dresden zu erhalten.

Höfische Welt in Sachsen

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_________ 1 Hauptstaatsarchiv Dresden, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 768/4, fol. 185, das Originalzitat lautet: »Le Roi aiant ordonné, de lui trouver dans cette ville quelques bons artistes, capables pour être emploiés en Saxe, au Service de S.M. il s’est présenté ici les personnes suivantes, qui se recommandent pour leur capacité, chacun dans la science qu’ils posessent.« 2 Ebd., das Originalzitat lautet: »Il est autant pour l’histoire que pour les portraits, dans les quels il réussit egalement bien, et ses ouvrages lui ont acquis une grande réputation, particulièrement un tableau de vingt cinq pieds de longueur, présentand la Ste Cene de notre Seigneur, dont il a présenté l’esquisse à S. A. R. la quelle fait tirer actuellement son portrait par le dit peintre.« 3 Ebd., fol. 412r.

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Kapitel II

Das verheißene Idyll – Italien als Sehnsuchtsort

Die Anziehungs- und Strahlkraft Italiens auf den Rest Europas war bis in das beginnende 19. Jahrhundert ein ungebrochenes Phänomen. Die Schönheit der Landschaft, das antike Erbe, die Sonne und das freundliche Klima zogen Künstler und Reisende an. Mit Italien verband sich für den Nordeuropäer eine Gegenwelt zum eigenen Dasein; hier war Arkadien! Die Ausstrahlung Italiens wirkte besonders stark in den bildenden Künsten, schließlich war dieses Land seit der Antike und ihrer Wiederentdeckung durch die Renaissance der Maßstab, an dem es sich zu messen galt. Nordalpine Künstler reisten schon im 16. Jahrhundert zu Studienzwecken nach Italien, aber auch Italiener waren an den Höfen nördlich der Alpen gern gesehen. Dabei waren der Kultur- und Wissenstransfer höchst vielfältig: Die antiken Stätten Italiens boten Anregung für Gelehrte und Künstler. Inspiriert durch dieses Erbe nahm die Kunst der Renaissance hier ihren Anfang und breitete sich in ihren Spielarten über ganz Europa aus. Die nordischen Maler wiederum verhalfen mit ihrer Empfänglichkeit für die Schönheiten Italiens der Darstellung südlicher Landschaften zu einer besonderen Blüte. Sie entwickelten verschiedene Bildtypen wie etwa die »Ideallandschaft«, die zwar von der Natur, Atmosphäre und Geschichte Italiens inspiriert ist, jedoch nicht die Wirklichkeit wiedergibt. Die sogenannten Bambocciaden stellen dazu das genaue Gegenteil dar, zeigen sie doch zum Teil auf sehr drastische Weise das einfache Leben, in Ruinen und auf dem Land, den Straßen und Märkten. Reisende aus ganz Europa kurbelten den Absatz von Darstellungen der italienischen Landschaft, antiker Sehenswürdigkeiten oder des alltäglichen Lebens zusätzlich an, indem sie diese als Andenken erwarben. Auch die wettinischen Prinzen besuchten Italien auf ihren mehrjährigen Bildungsreisen, der Grand Tour. Bereits 1601 reiste der spätere Kurfürst Johann Georg I. für ein Jahr durch das Land. Seine Söhne absolvierten ebenfalls die Tour durch Europa, aber erst mit Johann Georg IV. und seinem Nachfolger und jüngeren Bruder Friedrich August betraten wieder sächsische Prinzen italienischen Boden. Der Sohn Friedrich Augusts, der spätere König August III. von Polen, wurde sogar acht Jahre, von 1711 bis 1719, auf Reisen geschickt und besuchte dabei verschiedene deutsche Höfe sowie Frankreich, Österreich und Italien. Ein Gemälde von Louis de Silvestre, noch in Paris entstanden, zeigt den Moment des Abschieds (Abb. 1). Die Karten im Vordergrund verweisen auf die Reiseroute, die antikisierende Architektur im Hintergrund deutet auf Italien als bedeutendste Etappe. Neben dem Besuch antiker Ruinen gehörte auch das Besichtigen von Palästen und Gärten, Befestigungsanlagen und Kirchen sowie Einrichtungen von Polizeiwesen und Justiz zum festen Programm, wodurch das Wissen der Prinzen erweitert und ihr Geschmack geformt werden sollten.1 Die starke Präsenz italienischer Maler, Bildhauer, Architekten oder auch Sänger und Komponisten in Dresden zeigt, wie nachhaltig die in Italien gewonnenen Eindrücke wirkten, die sich auch in der späteren Sammel- und Bautätigkeit während der sächsisch-polnischen Personal-

_________

union niederschlugen.

1 Vgl. Keller 1994.

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Abb. 1 Louis de Silvestre: Allegorie auf den Abschied des Kurprinzen Friedrich August von seinem Vater, König August II., 1715, Öl auf Leinwand, 126 × 160 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 3942

Dresden als Elbflorenz: Die Beziehungen zwischen Sachsen und Italien Dresdens Orientierung an Italien wird durch die Bezeichnung »Elbflorenz« deutlich, die bereits seit dem 16. Jahrhundert verbürgt ist.2 Schon damals berief man italienische Künstler an den sächsischen Hof: Von 1504 bis 1506 hielt sich der aus Venedig stammende Jacopo de’ Barbari als Hofmaler bei Friedrich III. von Sachsen in Wittenberg auf. Francesco Ricchino, gebürtig aus Brescia, war dort ebenfalls als Lehrer für Malerei und Architektur an der Universität tätig. Seit 1549 konzipierte er zusammen mit den Brüdern Benedetto und Gabriele Thola die aufwendige, schwarz-weiße Graffito-Dekoration des Dresdner Schlosses, zu der sich verschiedene Entwurfszeichnungen erhalten haben (Abb. 2). Offenbar vermittelten sie ortsansässigen Künstlern die Graffito-Technik, da für den Umfang des Projekts zahlreiche Ausführende notwendig waren. Im 17. Jahrhundert ließen sich italienische Künstler wie der Architekt Giovanni Maria Nosseni oder der Komponist und Musiker Giovanni Andrea Angelini Bontempi in Dresden nieder. Auch der Wissenstransfer von Italien nach Sachsen war von großer Bedeutung, zum Beispiel im Bereich der Kristallschleiferei. Verschiedene italienische »Kulturgüter« – hier sind nicht nur Kunstwerke oder Kunsthandwerk zu nennen, sondern auch Pferde aus Mantua oder Ferrara – weckten die Begehrlichkeiten der wettinischen Kurfürsten. Sie scheuten weder Kosten noch Mühen, diese Repräsentationsobjekte an den Dresdner Hof zu holen. Zum Ende des 17. und vor allem während des 18. Jahrhunderts bekamen die sächsischitalienischen Beziehungen eine neue Dimension. Zunächst sah es allerdings gar nicht danach aus, denn August II. hatte vielmehr eine besondere Vorliebe für französische Kunst und Kultur und entließ nach seiner Thronbesteigung 1694 alle italienischen Musiker. Erst 1716 wurden auf Drängen des Kronprinzen Friedrich August wieder Italiener in die königliche Hofkapelle aufgenommen. Die Italienbegeisterung in Sachsen erreichte während der Regierung von August III. ihren Höhepunkt. In allen Bereichen von Kunst, Kultur und Wissenschaft waren italienische

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_________

Einflüsse spürbar. So erhielten italienische Bildhauer und Architekten bedeutende Aufträge wie

2 Vgl. unter anderem Marx 2000.

etwa den Bau der Katholischen Hofkirche. Es ist das wichtigste Bauprojekt unter August III. und

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Abb. 2 Benedetto de Thola: König Salomo auf dem Thron, Entwurf für eine Wand malerei, Feder in Braun, 12,4 × 22,6 cm, SKD, Kupferstich- Kabinett, Inv.-Nr. C 1962-266

wurde zwischen 1738 und 1749 von dem Architekten Gaetano Chiaveri geleitet; für den Skulpturenschmuck, darunter 78 überlebensgroße Statuen, war der Hofbildhauer Lorenzo Mattielli zuständig. Im Bereich der Musik brachten der deutschstämmige Komponist Johann Adolph Hasse und seine Frau, die Sängerin Faustina Bordoni (Abb. 3), den italienischen Stil in die Dresdner Oper ein und gaben ihr damit entscheidende neue Impulse. Stefano Benedetto Pallavicini wirkte als Hofdichter, Dramaturg, Regisseur und Sekretär in Dresden. Die große Hochachtung, die August ihm entgegenbrachte, belegen unter anderem die auf Geheiß des Herrschers posthum herausgegebenen Werke des Dichters. Nicht zu vergessen sind die zahlreichen Kunstankäufe italienischer Agenten und Diplomaten im Auftrag des Königs. Die bekanntesten Meisterwerke der Dresdner Gemäldegalerie erwarben Italiener: Raffaels Sixtinische Madonna, Correggios Heilige Nacht oder auch Jean-Etienne Liotards Schokoladenmädchen. Von besonderer Bedeutung für die bildliche Darstellung der Stadt wurde die Verpflichtung Bernardo Bellottos als Hofkünstler. Wie kein anderer prägte er mit seinen Veduten Dresdens Ruf als italienische Stadt auf deutschem Boden. Bellotto erfasste das besondere Licht des Elbtals und ließ die aufwendigen, neu errichteten Kirchen und Paläste der Stadt in italienischem Glanz erstrahlen.

Abb. 3 Rosalba Carriera: Die Sängerin Faustina Bordoni mit einem Notenblatt, um 1724/25, Pastell auf Papier, 44,5 × 33,5 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. P 118

Sehnsuchtsorte: Rom und Venedig in der Vedutenmalerei Das 18. Jahrhundert war das Goldene Zeitalter der Architekturansichten in Malerei und Grafik, auch Veduten genannt. Vor allem in Venedig und Rom gab es einen festen Kanon an gern dargestellten Bauten, Plätzen und Denkmälern. Für Venedig waren Abschnitte des Canal Grande (Kat. 13 und 14), San Marco und Dogenpalast (Kat. 12) sowie San Giorgio Maggiore beliebte Motive. In Rom wurden vorzugsweise der Tiber, Blicke von den umliegenden Hügeln auf die Stadt und die wichtigsten Plätze wie die vor San Pietro und dem Quirinalspalast, aber auch Motive vom Campo Vaccino, also dem damals als Viehmarkt und -weide genutzten Forum Romanum (Kat. 25 und 26), und das Spektrum der Antikenruinen festgehalten. In Venedig wie in Rom fand die Vedutenmalerei mit dem Auftreten von Gaspar van Wittel, auch Vanvitelli genannt, ihren Anfang. Er hielt sich wahrscheinlich 1695 in Venedig auf und schuf in den nachfolgenden Jahrzehnten rund 40 Ansichten der Stadt, darunter Piazzetta und Dogenpalast in Venedig (Kat. 12). Unmittelbar von diesem beeinflusst begann Luca Carlevarijs die Schönheiten der Stadt in Malerei und Druckgrafik darzustellen. Vor allem seinem Stichwerk Le fabriche, e Vedute di Venezia (1703) war ein enormer Erfolg beschieden (Abb. 4). Während

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Vanvitelli in seinen Werken Venedig als ein ruhiges Juwel zwischen Sommerhimmel und klarem Wasser darstellte, betonte Carlevarijs die Pracht und Geschäftigkeit der Handelsstadt. Von den späten 1720er-Jahren an traten Antonio Canal und sein Neffe Bernardo Bellotto mit ihren Werken hervor. Die Stadtansichten Canals und später auch jene Francesco Guardis wurden ungemein populär. In den 60er- und 70er-Jahren des 18. Jahrhunderts waren sowohl Rom als auch Venedig die bedeutenden Stationen auf der Grand Tour, was eine große Nachfrage nach Veduten zur Folge hatte. Durch diese Massenproduktion kam es zu einer Banalisierung des Sujets, der verschiedene Künstler zu entkommen versuchten, indem sie die exakte Architekturwiedergabe in die fantastische Dimension des Capriccios überführten. Durch ungewöhnliche Blickwinkel oder spektakuläre Beleuchtung strebten sie nach einem besonderen Effekt. Die römische Campagna als ideale Landschaft Abb. 4 Luca Carlevarijs: Veduta della piazetta. Verso la Zecca, Kupferstich, in: Le fabriche, e Vedute di Venezia, Venedig, 1703–1704, Bl. 49, SKD, KupferstichKabinett, Inv.-Nr. B 824m, 2

Im 17. Jahrhundert gingen von Italien wegweisende Impulse bei der Herausbildung der sogenannten »idealen« Landschaftsmalerei aus. Vorherige Entwicklungen wie die wachsende Bedeutung des Landlebens und der Villenkultur während der Renaissance sowie die Entdeckung der landschaftlichen Schönheit und naturwissenschaftliche Erkenntnisse trugen maßgeblich dazu bei.3 Durch die Beschäftigung mit der Antike und damit einhergehend mit antiken Schriftstellern wie Vergil und Plinius empfand man das Leben auf dem Land als Rückkehr in ein Goldenes Zeitalter. Jedoch war es nicht die wilde, unbeugsame Natur, die man hier suchte, sondern die vom Menschen kultivierte. Diese Auffassung fand in den ausgedehnten und aufwendigen Gartenanlagen der reichen römischen Familien seit dem späten 16. Jahrhundert künstlerischen und gesellschaftlichen Ausdruck. In diesem kulturellen Umfeld entwickelte sich auch die italienische Landschaftsmalerei Bellinis, Giorgiones oder Tizians. Einen entscheidenden Beitrag leistete Annibale Carracci, der das Konzept einer Bildanlage entwickelte, das den Raum und die Natur einer allein in der Kunst zu realisierenden Idealität unterwarf. In seinen Werken begrenzen in das Bild hineinragende Bäume die Komposition und öffnen so den Blick in die Landschaft (Abb. 5). Vertikale und horizontale Achsen schaffen ein strenges Grundmuster, das den Eindruck von Ruhe und Geschlossenheit vermittelt. Auf diesen Aufbau bezog sich auch Claude Lorrain, den später der Dresdner Landschaftsmaler Carl Gustav Carus den »Raffael der Landschaft« nannte. Seine Landschaftsdarstellungen sind von einem genauen Naturstudium geprägt. Dabei vermittelt er durch Licht und Atmosphäre den Eindruck

Abb. 5 Annibale Carracci: Römische Flußlandschaft mit Kastell und Brücke, um 1600, Öl auf Leinwand, 73 × 143 cm, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 372

_________ 3 Büttner 2005, S. 12.

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einer fernen Zeit und zeigt eine Landschaft ohne Spuren der Mühen des Menschen um seinen Lebenserhalt. Antike Architekturen und Staffagefiguren, die entweder nicht näher bestimmt sind oder auf mythologische beziehungsweise christliche Themen verweisen, evozieren die Vorstellung von Arkadien (Kat. 16). Die Werke Claude Lorrains und seiner Nachfolger wie Gaspard Dughet (Kat. 17) oder Jean François Millet (Kat. 18) waren bei Adeligen auf Kavalierstour sehr beliebt, sodass sie in zahlreichen europäischen Sammlungen vertreten sind. Vor allem Engländer schätzten die Landschaftsdarstellungen Lorrains sehr und brachten sie von ihren Reisen mit. Hier beeinflussten sie nicht nur englische Maler, sondern waren auch von großer Bedeutung für die Theorie und Praxis der Gartenkunst. Der Idealismus Claude Lorrains berührte aber auch deutsche Landschaftsmaler wie Jacob Philipp Hackert. Dieser bezog sich in seinen Werken auf die Kompositionsprinzipien idealer Landschaftsmalerei und versuchte, diese mit der topografisch getreuen Dokumentation italienischer Landschaften zu verbinden. Verheißenes Idyll? Realität und Drastik der Bamboccianti

Abb. 6 Pieter van Laer: Römisches Gesindel vor S. Maria del Popolo in Rom, Öl auf Leinwand, 74 × 98 cm, SKD, Gemälde galerie Alte Meister, Gal.-Nr. 1366, Verlust

Auf neue und provokante Art und Weise näherte sich die Künstlergruppe der Bamboccianti um den holländischen Künstler Pieter van Laer ab circa 1630 dem italienischen Leben. Zu dieser Zeit hatte die Stadt Rom viel von ihrem früheren Glanz eingebüßt: Tempel und antike Anlagen waren verfallen und dienten als Steinbrüche; die Bevölkerungszahlen waren stark zurückgegangen. Diese Atmosphäre des Verfalls erkundeten die Bamboccianti und ihre Nachfolger während langer Wanderungen und hielten das Stadtleben mit seinen Einwohnern, Händlern und Bettlern in ihren Bildern fest. Dabei waren auch die antiken Ruinen eine beliebte Kulisse (Kat. 24, 25 und 26). Die Sujets der kleinen und sorgfältig ausgeführten Werke dieser Gruppe schockierten das damalige Publikum, das fast ausschließlich vornehme und erbauliche Themen gewöhnt war.4 Entsprechend herabsetzend war die Kritik. Der Maler und Philosoph Salvator Rosa ließ sich beispielsweise in seiner Satira III: La Pittura über die niederen Themen der Bamboccianti aus: »einer der pisst, einer der kackt«.5 Auch der Name Bamboccianti stammte von Kritikern und sollte deren Geringschätzung zum Ausdruck bringen. Er war von bamboccio abgeleitet, was »entstellte Puppe« oder »Einfaltspinsel« bedeutete. Es war der Spitzname von Pieter van Laer, der ihn wegen einer körperlichen Missbildung erhalten hatte. Van Laer kam um 1625 nach Rom und schloss sich bald der Schildersbent an, einer neugegründeten Vereinigung in Rom ansässiger holländischer und flämischer Maler. Er stand aber auch in engem Kontakt mit Claude Lorrain und Nicolas Poussin, die sein Werk nachhaltig beeinflussten. So zeigt sich in seinen Bildern trotz der schlichten Themen (Abb. 6) eine sorgfältige Anordnung der Personen und architektonischen Formen sowie ein ausgewogener Bildaufbau. Zahlreiche Künstler wie Andries und Jan Both oder Jan Miel ahmten seine Werke nach. Die lose Gruppe der Bamboccianti zog vor allem junge Maler aus Flandern und Holland an, war jedoch keineswegs auf diese Länder beschränkt. In den nachfolgenden Jahrzehnten orientierten sich weitere Künstler wie Jan Asselijn oder Sébastien Bourdon an dieser Gruppe. Während sie die gleichen Themen behandelten wie die erste Generation um van Laer, entschärfte die dritte Generation um Johannes Lingelbach und Jan Baptist Weenix die Dramatik und Gewalt in ihren Darstellungen. Nun überwogen Themen, die Beschaulichkeit im kleinbürgerlichen städtischen Alltag zeigten wie Marktszenen und Berufsdarstellungen.

UK

_________ 4 Levine 1991, S. 14. 5 Rosa 1791, S. 72, das Originalzitat lautet: »Un che piscia, un che caca.«

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Bereits als junger Mann reiste der aus dem niederländischen Amersfoort stammende Landschaftsmaler Gaspar van Wittel nach Rom, wo er seit 1674 seinen künstlerischen und privaten Lebens12

Gaspar Adriaensz. van Wittel (Amersfoort 1653–1736 Rom)

mittelpunkt fand. Abgesehen von einigen wenigen dokumentierten Reisen durch Italien blieb van Wittel dieser Stadt, deren führende Familien zu seinen Hauptauftraggebern zählten, bis zu seinem Lebensende treu.

Piazzetta und Dogenpalast in Venedig, um 1695/97 Öl auf Leinwand, 65,5 × 98 cm Gal.-Nr. 640 Provenienz: Vor 1723 in die Galerie Literatur: Briganti 1966, Nr. 171

Bereits während seiner ersten Jahre in Italien hatte van Wittel im Auftrag des holländischen Ingenieurs Cornelis Meyer architektonisch und topografisch exakte Darstellungen Roms geschaffen, die dessen Traktate zur Wasserbautechnik illustrierten. Meyer erkannte frühzeitig van Wittels besondere Fähigkeiten als Zeichner, Stecher und Maler von perspektivisch exakt konstruierten Bauwerken und Architekturprospekten und vermittelte ihm zahlreiche Aufträge bedeutender römischer Sammler, etwa der Familien Colonna und Altoviti. Im Laufe seines Lebens schuf van Wittel neben Zeichnungen, Kupferstichen und Tempera-Blättern eine beeindruckende Zahl panoramaartiger Stadtansichten von Rom, Florenz, Neapel, Venedig und weiteren pittoresken Orten, die sich bei aller perspektivischen Exaktheit und Detailfreude zugleich durch kompositorische Großzügigkeit und eine interessante Lichtgebung auszeichnen. Als einer der ersten Vedutenmaler in Italien wurde er zu einem der bedeutendsten Vorläufer Canalettos (Kat. 13 und 14) und Luca Carlevarijs’. Erst zwei Jahrzehnte nach seiner Ankunft in Rom lernte van Wittel während ausgedehnter Reisen durch das Land auch Venedig kennen, das eines seiner beliebtesten Bildmotive werden sollte. Sein besonderes Interesse galt der berühmten Ansicht des molo mit Piazzetta und Dogenpalast, die er, ausgehend von einer detaillierten Vorzeichnung, zwischen 1697 und 1717 in wenigstens neun Gemäldefassungen ausführte. 1 Die Dresdner Vedute gibt den Blick über den durch Boote belebten bacino auf die wie an einem Band aufgereihten Bauten der Lagunenstadt wieder. Links der Piazzetta sind der Getreidespeicher, die Zecca und die Biblioteca Marciana vor dem Campanile erkennbar. Genau im Fluchtpunkt der Komposition etwas zurückgesetzt sind die Basilika San Marco und rechts daneben der Dogenpalast wiedergegeben. Die Sonne steht offenbar rechts hinter dem Betrachter und taucht die Uferpromenade mit ihren Bauwerken in ein gleichmäßiges, weiches Licht. Van Wittel stellte hier seine in den Niederlanden ausgeprägte Fähigkeit zur topografisch genauen Zeichnung naar het leven in den Dienst der nahsichtigen Schilderung venezianischer Architektur. Das unsignierte Dresdner Gemälde folgt einer größeren Fassung mit weiterem Bildausschnitt, der es auch qualitativ nachgeordnet zu sein scheint.2

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_________ 1 Die Vorzeichnung befindet sich heute in der Biblioteca Nazionale Centrale Vittorio Emanuele II in Rom. Vgl. Briganti 1966, Nr. 207d. 2 Der Molo vom Bacino di San Marco gesehen, 1697, Öl auf Leinwand, 98 × 174 cm, Madrid, Museo Nacional del Prado, Inv.-Nr. 475.

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13, 14

Canaletto

Canaletto war maßgeblich an der Begründung der Vedutenmalerei

eigentlich Antonio Canal

in Venedig beteiligt. Die beiden hier gezeigten Gemälde gehören dem

(Venedig 1697–1768 Venedig)

Frühwerk des Künstlers an. Er scheint sie als Pendants gemalt zu haben, worauf das annähernd identische Format und der gleiche

Der Canal Grande in Venedig vom

Blick über das Wasser hindeuten. Auch inhaltlich gehören die beiden

Palazzo Balbi aus, um 1725/26

Werke zusammen, denn der Künstler wählte zwei Standorte, deren

Der Canal Grande in Venedig nahe

gemeinsamer Bezugspunkt die Rialtobrücke ist, die damals einzige

der Rialtobrücke nach Norden,

Brücke über den Canal Grande. Zum einen blickte Canaletto die zen-

um 1725/26

trale Wasserstraße nordöstlich hinauf in Richtung dieser Brücke, die sich am Ende der Sichtachse über das Wasser spannt. Zum anderen

Öl auf Leinwand, 148,5 × 196 cm (Kat. 13), 150 × 198 cm (Kat. 14) Inv.-Nr. 52/105 (Kat. 13), 52/20 (Kat. 14) Provenienz: Erstmals im Inventar von 1754 (Vorrat) Literatur: Constable 1962, Nr. 211 und 231 – Walther 1992, S. 138 – Venedig 2001, S. 138 – Berlin 2002, Nr. 18 und 19 – Dresden 2008, Nr. 5 und 6

nahm der Künstler einen Standpunkt unmittelbar hinter der Brücke ein, um den Kanal weiter gen Norden zu überblicken. Die eine Ansicht zeigt links, vom Bildrand überschnitten, den Palazzo Balbi (Kat. 13). Ihm gegenüber befindet sich der Palazzo Contarini delle Figure, der wie die daran anschließenden Häuser der Familie Mocenigo stark verschattet ist. Das Prinzip des Hell-DunkelKontrasts nutzt Canaletto auch in dem Pendant (Kat. 14). Dort liegt die imposante Architektur der Fabbriche Nuove di Rialto im Dunkeln,

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während dahinter der Palazzo Pesaro in die Mündung des Canal

Darauf verweist nicht zuletzt die geschmückte Gondel, die in einer der

Grande ragt, von klarem Licht umspielt wie die Palazzi der Familie

beiden Veduten am vorderen Bildrand entlangfährt (Kat. 13). Hier sind

Michiel auf der anderen Seite des Wassers. Dabei setzt Canaletto den

Figuren der Commedia dell’Arte versammelt: Colombina schwingt

Canal Grande regelrecht als Bühne ein, auf der er die Stadt mit ihrer

drohend das Ruder, während Pulcinella ihr ein gewickeltes Kleinkind

Architektur und ihren Bewohnern auftreten lassen kann. Die Palazzi,

entgegenhält.1

die wie Kulissen entlang Venedigs zentraler Lebensader in den Hin-

Das große Format der Veduten lässt auf einen hochstehenden

tergrund fluchten, sind dabei weit mehr als nur Beiwerk. Der Künstler

Auftraggeber schließen, eventuell den kaiserlichen Gesandten Graf

behandelt sie vielmehr als Protagonisten der Stadt, die der Szenerie

Colloredo. In Dresden wurden die Bilder 1754 inventarisiert, verblie-

ihr unverwechselbares Gepräge geben. Doch auch der Himmel in all

ben aber zunächst im Vorrat wie viele andere Werke venezianischer

seiner Weite und Bewegtheit ist maßgeblicher Teil der Komposition;

Künstler. Vermutlich waren sie für eine spezielle Galerie zeitgenös-

immerhin nimmt er mehr als die Hälfte der Bildfläche ein.

sischer Künstler vorgesehen. Nachdem die beiden Werke später in

Canaletto schildert die Hausfassaden, die er zuvor eventuell

Schlössern wie Pillnitz aufgehängt wurden, sind sie seit dem Ende

mithilfe einer Camera obscura studiert hatte, bis ins Detail. Durch

des Zweiten Weltkriegs in der Dauerausstellung der Gemäldegalerie

die starken Schatten, die das schräg einfallende Sonnenlicht bildet,

Alte Meister zu sehen.

kann er ihre Architektur plastisch herausarbeiten. Dass die Veduten

_________

wie eine realistische Momentaufnahme wirken, liegt vor allem auch

1 Vgl. Berlin 2002, S. 68; Krellig 2008, S. 36.

AH

an der Staffage, mit der er die Stadt bevölkert. Doch der venezianische Alltag, den der Künstler hier vorführt, ist in Teilen inszeniert.

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Bernardo Bellotto, der sich wie sein Onkel und Lehrer Canaletto nannte, arbeitete 1745 für kurze Zeit in Verona, wo er vier verschiedene Veduten schuf. Im Gegensatz zu seinen Venedig-Darstellungen 15

Bernardo Bellotto

konnte er hier das Abbild der Stadt mit einem Blick in die umge-

(Venedig 1722–1780 Warschau)

bende Landschaft verbinden. Neben zwei kleinformatigen Gemälden

Die Etsch in Verona, um 1746/47 (?)

wählte er für zwei weitere Ansichten jeweils ein Großformat von ungefähr 130 mal 230 Zentimetern, das er hier erstmals erprobte – es

Öl auf Leinwand, 131 × 232 cm

sollte in den folgenden Jahrzehnten in Dresden, Wien, München und

Gal.-Nr. 604

Warschau sein Standardformat werden.1

Provenienz: 1747 in der Galerie inventarisiert Literatur: Matthäi 1835, Nr. 555 – Kozakiewicz 1972, Bd. 2, Nr. 99 – Verona 1990, Nr. 35 – Venedig/Houston 2001, Nr. 38

Von beiden Großformaten schuf Bellotto eine formatgleiche Replik, darunter das hier gezeigte Bild. Unklar ist allerdings, ob Bellotto diese eigenhändigen Wiederholungen noch in Italien ausführte oder erst in Dresden, wo er seit 1747 arbeitete. Doch wo auch immer diese Vedute entstand, sie zeigt deutlich die große Meisterschaft des Künstlers, der mit noch nicht einmal 25 Jahren seinen Stil gefunden hatte. In allen vier Verona-Ansichten bezog Bellotto die Etsch mit ein. Wie er es bei Canaletto gelernt hatte (vgl. Kat. 13 und 14), nutzte er die plane Fläche des Wassers als Bühne, auf der er Stadt, Schiffe und Figuren inszenieren konnte. Als Standpunkt wählte er den Ponte Nuovo, als Fluchtpunkt des Bildes das Castello San Pietro. Anders als beispielsweise in einer gestochenen Ansicht Veronas von François Huret, die erstmals 1648 in einem Stadtführer erschien, wirken Fluss und Stadt nicht eingeengt, sondern atmen eine repräsentative Grandezza.2 Die Architektur ist in dem schräg einfallenden Sonnenlicht plastisch geschildert, gekonnt sind die unterschiedlichen Materialien der Baukörper erfasst. So gibt er beispielsweise am rechten Bildrand überaus anschaulich den ruinösen Charakter der Renaissance-Fresken an der Fassade des Palazzo Fiori della Seta wieder. Auch der Alltag der Stadt wird detailliert und abwechslungsreich artikuliert; besonders signifikant erscheinen die im Fluss schwimmenden Mühlen. Durch ihre lebendige Schilderung wirkt auch diese Vedute wie eine Momentaufnahme. Tatsächlich aber handelt es sich um ein künstlerisches Konstrukt, da die Komposition im Hinblick auf ihre Wirkung innerhalb der Grenzen des Bildformats entwickelt wurde. Künstler wie Canaletto oder Bellotto suchten primär den Betrachter vor dem Bild zu überzeugen – die Frage nach einer exakten Realitätswiedergabe war nachrangig. Wenn Veduten wie diese heute mit dem Abbild eines Kamerablicks verwechselt werden, dann handelt es sich um ein modernes Missverständnis.3

AH

_________ 1 Die Etsch in Verona, Öl auf Leinwand, 123,5 × 229,5 cm, und Der alte Ponte delle Navi in Verona, Öl auf Leinwand, 132 × 230 cm, beide Edinburgh, National Gallery of Scotland. Für die beiden kleinen Formate vgl. Kozakiewicz 1972, Bd. 2, Nr. 94 und 96. 2 Vgl. Verona 1990, S. 128. 3 Zur Rekonstruktion von Bellottos hybridem Systemraum anhand einer seiner Dresden-Ansichten vgl. Groh 2011.

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Mit seinen arkadisch-idyllischen Ideallandschaften hat der Wahlrömer Claude Lorrain das Genre der Landschaftsmalerei wie kaum ein anderer geprägt. Aus der römischen Tradition idealer, sorgsam 16

Claude Lorrain

konstruierter Landschaften eines Annibale Carracci (Abb. 5, S. 62)

eigentlich Claude Gellée

und eines Domenichino entwickelte er im 17. Jahrhundert eine

(Chamagne 1600–1682 Rom)

eigenständige Bildsprache. Diese war aus der direkten Beobachtung der Natur gewonnen und bannte ihre flüchtigen Phänomene – wie

Landschaft mit der Flucht

sich wandelnde Lichtsituationen – in fest gefügte Augenblicke.

nach Ägypten, 1647

Lorrains Kunst sollte fortan für Generationen von Landschaftsma-

Bez. unten links: »CLAVDE IVEF ROMA 1647«

lern unumgänglich werden; sei es, dass sie ihm in seiner Auffassung

Öl auf Leinwand, 102 × 134 cm

zu folgen (Kat. 17 und 21) oder sich von ihm abzusetzen suchten

Gal.-Nr. 730

(Kat. 73).

Provenienz: 1751 vom Kunsthändler Noël Araignon Literatur: Röthlisberger 1961, Bd. 1, Nr. LV 110 – Dijon 2001, Nr. 71 – Marx 2006/07, Bd. 1, S. 270

Die Flucht nach Ägypten zählt zu Lorrains bevorzugten bib lischen Sujets (Mt 2,13–15). Selten erzählt er die Begebenheit jedoch so beiläufig wie in diesem Gemälde, in dem die Heilige Familie in einiger Entfernung im Schatten der großen Bäume am linken Bildrand wiedergegeben ist. Die Bedeutsamkeit der Szene erschließt sich dennoch, da Lorrain sie durch die Landschaft mitteilt, die als sinnstiftender Träger der Erzählung fungiert: Der Flucht aus Judäa entspricht die Randstellung der Figuren im Bild. Die Gruppe hat die Stadt bereits in einiger Entfernung hinter sich gelassen. Das Morgenlicht verweist auf den nächtlichen Aufbruch der Familie aus Bethlehem und schreibt ihn zeitlich fort. Der schräge Baum, den die Gruppe passiert, durchbricht die sonst strenge horizontale und vertikale Ordnung der Komposition und sichert ihr auf diese Weise die Aufmerksamkeit des Betrachters. Das Gemälde kam 1751 zusammen mit Lorrains formatgleicher, zehn Jahre später entstandenen Küstenlandschaft mit Acis und Galatea (Abb.) in die Königliche Galerie Augusts III. Unter ihrer zeitweiligen Besitzerin, der Comtesse de Verrue, hatte man die Bilder als Pendants zusammengeführt. Als ursprüngliches Gegenstück zur Flucht nach Ägypten wird hingegen eine pastorale Landschaft im Metropolitan Museum in New York diskutiert. 1 Seit den 1630erJahren hatte Lorrain das dekorative Konzept der Bildpaare zu einem eigenen künstlerischen Gestaltungsmittel entwickelt, das er syste-

Claude Lorrain: Küstenlandschaft mit Acis und Galatea, 1657, Öl auf Leinwand, 102,5 × 136 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 731

matisch einsetzte. Die Zugänglichkeit der beiden Bilder in der Dresdner Galerie war zentral für die Rezeption von Lorrains Malerei in Deutschland, wo Originale des Künstlers – anders als in Italien oder England – vergleichsweise rar waren.2

MH

_________ 1 Sonnenaufgang, wahrscheinlich 1646/47, Öl auf Leinwand, 103 × 134 cm, New York, The Metropolitan Museum of Art, Inv.-Nr. 47.12. 2 Vgl. Röthlisberger 1983, S. 33f.

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Um die Wende zum 17. Jahrhundert emanzipierte sich die Landschaftsmalerei von ihrer meist dienenden Funktion, die sie im Kontext sakraler und historischer Sujets schon seit einem Jahrhundert innehatte; sowohl die flämischen als auch die französischen Maler spielten dabei eine maßgebliche Rolle. Entscheidend – und europaweit wirksam – waren insbesondere die Impulse, die von Claude Lorrain ausgingen, da er Berg- und Hafenlandschaften mit großem

17

Gaspard Dughet (Rom 1615–1675 Rom)

Am Bergsee, um 1656/57

Pathos, aber auch mit besonderer Betonung atmosphärischer

Öl auf Leinwand, 73 × 97 cm

Erscheinungen und stimmungsintensiver Lichtphänomene schuf

Gal.-Nr. 733

(Kat. 16). Nicolas Poussin hingegen reicherte seine zuweilen schwereren, dunkleren Landschaften häufig mit mythologischen Staffa-

Provenienz: Erstmals im Inventar des Doubletten-Saals von 1821

gefiguren an und verlieh ihnen damit eine historische Dimension.

Literatur: Boisclair 1986

Poussins reiche Nachfolge ist mit Namen wie Gaspard Dughet verbunden, der bezeichnenderweise auch Gaspard Poussin genannt wurde – benannt nach seinem etwa zwei Jahrzehnte älteren Lehrmeister, der überdies sein Schwager wurde. Der frankophile Kunsthistoriker Otto Grautoff charakterisierte Dughet als »die einzige Persönlichkeit unter den unmittelbaren Nachfolgern Poussins«, womit Eigenständigkeit und Individualität des Malers deutlich artikuliert sind.1 Allenfalls der Niederländer Herman van Swanevelt ist ihm an die Seite zu stellen. Von ihm besitzt die Dresdner Gemäldegalerie bezeichnenderweise ein Bild, das fast denselben Titel trägt, nämlich Am Landsee (Abb.). Die Parallele lässt anklingen, wie sich in Dughets Bergsee ein umfassender Schulzusammenhang spiegelt, gleichsam die Welt im einzelnen Tropfen. Hinsichtlich der malerischen Mittel gibt es freilich Unterschiede zwischen Poussin und Dughet, der dessen strenge, zuweilen akademisch anmutende Normen zugunsten einer freieren Handhabung weiterentwickelte. In der Palette erscheint Dughet jedoch oft noch schwerer, was sicher in manchem Fall dem Nachdunkeln der Farben geschuldet ist. Doch dieses zuweilen mystische Dunkel ist auch insofern Teil des künstlerischen Konzeptes, als Dughet den Betrachter zu kennerschaftlicher Annäherung, zum nahsichtigen, sukzessiven Erschließen aller Details seiner Kompositionen anregen möchte. So erkennt man erst beim zweiten Hinsehen die im Hintergrund unterhalb der Berghänge liegenden villenartigen Anwesen mit italianisierenden Türmen. Auch der Hirte im Vordergrund gehört zu den Kunstgriffen Dughets, die den Blick des Betrachters leiten: Die Lese -

Herman van Swanevelt: Am Landsee, Öl auf Leinwand, 78,5 × 90,5 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 1844

richtung aufnehmend, treibt er mit einer ausladenden Geste seine Schafe heim. Handlung und Beleuchtung ergänzen einander zum poetischen Bild einer ländlichen Abendstunde, und diese kleine transitorische Szene kontrastiert sinnfällig zur heroischen Zeit losigkeit des im Abendlicht liegenden Gebirgszuges.

BM

_________ 1 Pevsner/Grautoff 1928, S. 281.

Italien als Sehnsuchtsort

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Eine Generation jünger als Gaspard Dughet (Kat. 17), orientierte sich Jean François Millet ebenfalls an Nicolas Poussin und machte über die französischen Landesgrenzen hinweg Karriere. Die nach dem 18

Jean François Millet

Dreißigjährigen Krieg wieder friedlichere Gesamtverfassung Euro-

(Antwerpen 1642–1679 Paris)

pas in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ließ ein kunstfördern-

Landschaft mit der Bogenbrücke

des geistiges Klima entstehen, das Millet zu Reisen von Frankreich bis England und in die Niederlande nutzte – und vielerorts auch zu

Öl auf Leinwand auf Eichenholz, 54,5 × 60 cm

Verkäufen seiner Werke. Folgerichtig wurde die Erwerbung des vor-

Gal.-Nr. 754

liegenden, in seiner Frische bestechenden Gemäldes durch die

Provenienz: 1862 von A. Allen in London

Dresdner Galerie denn auch in Großbritannien getätigt, wo man den

Literatur: Marx 2006/07, Bd. 1, S. 278

von Millet souverän erfassten Wirkungen der Atmosphäre stets ein besonderes Augenmerk widmete. Der Kauf kam allerdings erst 1862 zustande, also zu einer Zeit, da die Tradition der heroischen Landschaften etwas an Wertschätzung verloren hatte und man sich eher für lebendigere und malerische Tendenzen interessierte, gleichsam am Vorabend des Impressionismus. Millet komponierte seine Landschaft mit der Bogenbrücke ganz klassisch mit seitlich flankierenden Baumgruppen – links licht und luftig, rechts dicht und duftig – und mit einem enormen Tiefenzug. Quergelagerte Kompositionselemente halten den in die Tiefe »wandernden« Blick auf, der sie jeweils neu überwinden muss. Am konsequentesten riegelt die Bogenbrücke die Einsicht in die Weite der Landschaft ab. Dieser Viadukt mit seinem Turm mutet italienisch, ja antikisch an, doch bereiste Millet der Überlieferung zufolge Italien nie. Er benutzte diese möglicherweise durch Druckgrafik vermittelten Bildelemente vielmehr, um eine heitere, grünende Landschaft zu gliedern und ihr ein zivilisatorisches Element einzuschreiben. Aber auch eine Betrachtung unter ausschließlich gestalterischem Blickwinkel liegt nahe, da es eben zu Millets Bildregie gehört, der Wanderung des Auges in der komponierten Landschaft solche Widerstände entgegenzustellen. Umso lieblicher und frischer erscheinen dann der Pinselduktus mit seiner Lebhaftigkeit und die Farbigkeit mit ihrem differenzierten Reichtum. Millets Werke erlangten erst um 1670 eine gewisse Eigenständigkeit.1 Die Datierung dieses reifen, an Einzelmotiven reichen, in seiner Gesamtheit überaus harmonischen Gemäldes darf in das Jahrzehnt vor seinem Tode gesetzt werden, also um 1670/79. _________ 1 Vgl. Biard 2010.

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Im Vordergrund des Gemäldes haben sich an beiden Ufern eines Flusses Frauen und Männer zum Baden niedergelassen. Weiter oben steht eine hölzerne Mühle, an der zwei Wäscherinnen ihre Arbeit ver19

Marco Ricci

richten. Hinter ihr ragt ein hoher Brückenturm auf, dessen vertikale

(Belluno 1676–1730 Venedig)

Form in anderen Gebäuden des Gemäldes – auf der Anhöhe am

Die Mühle im Tal

linken Bildrand und auf der Kuppe des Berges – wiederkehrt. Jene steinernen Bauten, wie sie in diesem frühen, bald nach 1700 ent-

Öl auf Leinwand, 100 × 134 cm

standenen Werk zu finden sind, werden sich zum typischen Merkmal

Gal.-Nr. 558

des Landschafts- und Vedutenmalers Marco Ricci entwickeln. Seine

Provenienz: 1738 durch Ventura Rossi aus Venedig Literatur: Scarpa Sonino 1991, Nr. 27 – Delneri 1993, S. 87–91 – Marx 2006/07, Bd. 1, S. 186

fantasievollen Architekturdarstellungen mit ihren dramatischen Lichtkontrasten und pastos gesetzten Farben sollten venezianische Kollegen wie den über 20 Jahre jüngeren Canaletto (Kat. 13 und 14) prägen, wovon insbesondere dessen frühes Schaffen zeugt.1 Die Mühle im Tal gehört zu einer Gruppe von Bildern, deren Ankauf 1738 durch den Künstler und Agenten Ventura Rossi von Venedig an den sächsischen Hof vermittelt wurde. Der geschäftstüchtige Kunsteinkäufer, dessen Bruder Lorenzo bereits in gleicher Funktion für den Vater Augusts III. tätig gewesen war, hat die begehrten Stücke wohl dank seiner guten Verbindungen zu wichtigen ortsansässigen Kunstsammlern wie dem britischen Konsul Joseph Smith und Anton Maria Zanetti – beide große Mäzene und Freunde Riccis – erwerben können. Vor allem nach dem Tod des Malers 1730 avancierten seine Bilder zu gefragten Sammlerstücken auf dem venezianischen Kunstmarkt, sodass Riccis Landschaften Ende der 1730er-Jahre als Werke eines der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler der Lagunenstadt an die Königliche Galerie kamen. Das Pendant zum gezeigten Bild, Die Landstraße über dem Tal, war ebenfalls unter den ursprünglich acht durch Ventura Rossi akquirierten Bildern; 1920 ist es jedoch unter dem Galeriedirektor Hans Posse verkauft worden.2 Heute befinden sich insgesamt neun Werke Riccis in der Dresdner Gemäldegalerie.

MH

_________ 1 Vgl. Succi 1993. 2 Die Landstraße über dem Tal, bald nach 1700, Öl auf Leinwand, 97 × 131 cm, Gal.-Nr. 559.

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In einer idyllischen Landschaft macht sich eine kleine Gruppe von Menschen an einem Fluss daran, ein Feuer zu entfachen. Im Hintergrund des Gemäldes sind Bauern zu sehen, die ihrem Tagewerk nachgehen. Verschiedene Baumgruppen spenden Schatten vor der Sonne, in der Ferne verliert sich ein Bergmassiv im blauen Licht. Die ganze Szene strahlt trotz der Geschäftigkeit der einzelnen Personen durch ihre übersichtliche und formal geordnete Gliederung eine zeitenthobene Ruhe aus.

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Andrea Locatelli (Rom 1695–1741 Rom)

Flusslandschaft bei Tivoli Öl auf Leinwand, 48,5 × 64 cm

Die Landschaft ist offenbar von der Umgebung Roms bei Tivoli

Gal.-Nr. 739

an der Ponte Lucano inspiriert: Die Mühle und der Turm, der das

Provenienz: Erstmals im Inventar von 1754

Mausoleum der Familie der Plautier darstellen könnte, geben die

Literatur: Busiri Vici 1976, Nr. 38

entsprechenden Hinweise. Tivoli war ein beliebtes Ziel für Künstler im 17. und 18. Jahrhundert. Insbesondere die eindrucksvollen Wasserfälle wurden immer wieder als Sujet genutzt. Aber auch von dem Mausoleum gibt es verschiedene Darstellungen, unter anderem wurde es von Giovanni Battista Piranesi in einem Kupferstich wiedergegeben. Andrea Locatelli, in Rom geboren und arbeitend, fand in der Umgebung der Stadt immer wieder Motive für seine Gemälde. So erinnert auch das Pendant zu diesem Werk, die im Zweiten Weltkrieg verbrannte Landschaft mit Hirten am Waldsee, an diese landschaftlich reizvolle Gegend.1 Locatelli folgte damit den Protagonisten der Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts in Italien, Claude Lorrain (Kat. 16) oder Gaspard Dughet (Kat. 17). Wie diese ließ er sich von der Natur, dem Licht und der Atmosphäre beeinflussen und komponierte aus realen wie erdachten Versatzstücken seine Werke. In dem hier besprochenen Gemälde sind verschiedene für Locatelli typische Motive zu finden: Dicht gewachsene Baumgruppen bauen die notwendige Raumtiefe auf, die von fernen Gebirgshöhen weitergeführt wird. Staffagefiguren, die häufig rastend dargestellt sind, fügen sich harmonisch in die Komposition ein. Oft weist eine bei der Gruppe stehende Figur in die umliegende Landschaft. Das umfangreiche Œuvre Locatellis spricht für eine große Beliebtheit dieses Künstlers. Unter seinen fast 300 Gemälden gibt es neben Landschaften auch Marinestücke sowie Architektur- und Ruinendarstellungen. Allerdings wirkte sich sein Werk nur wenig auf nachfolgende Künstler aus. Die Flusslandschaft bei Tivoli kam gemeinsam mit seinem Gegenstück in der Mitte des 18. Jahrhunderts als Werk Pietro Locatellis, dem Vater Andreas, nach Dresden. Nachdem es im 19. Jahrhundert dann als Werk von Jean François Millet (Kat. 18) galt, wird es heute Andrea Locatelli zugeschrieben.

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_________ 1 Landschaft mit Hirten am Waldsee, Öl auf Leinwand, 48 × 64 cm, Gal.-Nr. 740, Verlust.

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Ehe einerseits die romantische Weltsicht eines Caspar David Friedrich in die deutsche Landschaftsmalerei Einzug hielt und andererseits die Pleinairmalerei im Gefolge von Pierre Henri de Valenciennes 21

Jacob Philipp Hackert

eine realistische Aneignung der Welt entdeckte, blühte die heroi -

(Prenzlau 1737–1807 San Piero di Careggi)

sche, auf innere wie äußere Größe gerichtete Landschaftsmalerei

Civita Castellana, 1775

noch einmal auf. Der deutsche Jacob Philipp Hackert als ihr reinster und reichster Vertreter war verschiedenenorts in Italien zwischen

Bez. unten rechts am Felsen: »J. Ph. Hackert. 1775 Civitacastellana«

Neapel und Florenz tätig, von wo er einen gesamteuropäischen

Öl auf Leinwand, 71,5 × 59 cm

allenfalls von einem Porträtisten der Höfe und des englischen Land-

Gal.-Nr. 2183 A

adels wie Pompeo Batoni übertroffen.

Provenienz: 1928 aus der Kunsthandlung Heinrich Kühl, Dresden Literatur: Köln 2003, Nr. 110 – Peking 2010, Nr. 165

Markt bediente. Als bestverdienender Künstler seiner Zeit wurde er

Hackerts zahlreiche Landschaften verbinden das Idyll – im vorliegenden Fall sind es die angelnden Landleute am Fluss – mit der zeitlosen Wirkungsmacht der Natur. Letztere manifestiert sich in der gigantischen, durch die enorme Distanz erst recht in ihrer Größe unterstrichenen Architektur, hoch gelegen, mit wehrhaften Bastionen versehen, über einer unerklimmbaren Felswand aufragend. Diese Festung, Civita Castellana, war lange zuvor durch die RenaissancePäpste Alexander VI. und Julius II. errichtet worden. Ihre naturgegebene Unzugänglichkeit wird im Bild durch die gewölbte Brücke noch unterstrichen, die von rechts, die Schlucht überquerend, die Unwegsamkeit der Landschaft betont. Die lyrische und unbekümmerte Selbstgenügsamkeit der leicht bekleideten Landleute im Vordergrund wird in ihrer heiteren italianità erst recht fühlbar, wenn man noch jenseits der hohen grünen Berge die fernen, von Schnee bedeckten Höhen erkennt. Die ku lissen artig gestaffelte, aufgegipfelte Landschaft wirkt durch die kompositorische Regie, aber auch durch das beständige Rauschen des Wasserfalls und durch die Wolken ganz überzeitlich. Mensch – vorne, die Fischer – und Menschenwerk – oben, die Bauten – sind winzig im Vergleich mit der Unendlichkeit der Natur. Die Erhabenheit dieser Szenerie und der mit ihr verbundene Schauer des Betrachters vor Naturgewalt und -größe gehörten zu den Gründen, weshalb Hackerts Gemälde sich eines enormen Erfolges erfreuten: Er verband die Empfindsamkeit seines Zeitalters mit den Bildtraditionen seit Poussin und Gaspard Dughet (Kat. 17), fand aber immer unkonventionelle Lösungen wie hier, da der Himmel durch die Wand aus Wald und Felsen bis auf einen schmalen Streifen versperrt ist.

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Seinen Zeitgenossen galt Giovanni Ghisolfi als einer der vornehmsten Ruinen maler Italiens und war als solcher ein wichtiger Weg bereiter für nachfolgende Künstler wie Giovanni Paolo Pannini. 1 22

Giovanni Ghisolfi

Ghisolfi schuf zahlreiche Fantasielandschaften, in denen die Dar-

(Mailand 1623–1683 Mailand)

stellung von antiken Ruinen eine wichtige Rolle spielt. In seinen

Die Ruinen von Karthago Bez. unten links auf dem Steinblock: »CARTHAGO / HIC FVIT.«

Werken lassen einzelne Elemente wie Bauformen, Skulpturen und Reliefs in ihrer Detailgenauigkeit zwar auf ein intensives Antikenstudium schließen, jedoch nutzt er die antiken Versatzstücke in seinen Kompositionen nach seinen eigenen Vorstellungen und in

Öl auf Leinwand, 116,5 × 167 cm

veränderten Kontexten. So sind auch auf dem Gemälde Die Ruinen

Gal.-Nr. 471

von Karthago die ionischen Säulen – wenngleich in einer modernen

Provenienz: 1744 aus Venedig

Variante – ebenso wie die Fragmente von Reliefs und Skulpturen

Literatur: Voss 1924, S. 300 – Salerno 1991, S. 58 – Busiri Vici 1992, S. 93 – Zanzotto 1996, S. 280 – Jackson 2004, Nr. I.36

sehr sorgfältig dargestellt. Allerdings erinnern die Bogenarchitek-

(siehe auch Detail S. 58)

turen eher an das Forum Romanum als an die nordafrikanische Küstenstadt Karthago, auf die in der Inschrift »CARTHAGO HIC FVIT.« (Hier war Karthago) auf dem Stein unten links verwiesen wird. Nicht nur dieser Hinweis in der Vergangenheitsform, auch die Ruinen, die das Bild beherrschen, sind ein Hinweis auf die vergangene Größe und das tragische Schicksal der Stadt: Das historische Karthago wurde von den Römern unter Scipio Aemilianus im Jahr 146 v. Chr. erobert und zerstört. Die Staffagefiguren – sie sollen von Salvator Rosa stammen, der mit Ghisolfi befreundet war – sind in antikisierender Kleidung wiedergegeben, wodurch der Eindruck einer fernen Welt in alten Zeiten verstärkt wird. Das Werk gelangte gemeinsam mit seinem Gegenstück Ein Seehafen von Johann Anton Eismann und zehn weiteren Meisterwerken im Jahr 1744 aus Venedig nach Dresden.2 Der für den sächsischen Hof tätige Kunstagent Ventura Rossi hatte sie aus der Sammlung Grimani-Calergi erworben, die sich im gleichnamigen Palast befand. Fünf Jahre zuvor war die Linie der Calergi ausgestorben, wodurch der Palast an die entfernt verwandten Vendramin gelangte. Spätere berühmte Bewohner des Palastes waren neben der Duchesse de Berry auch Richard Wagner, der 1883 hier starb. Im 17. und 18. Jahrhundert war der Palast mit Gemälden der berühmtesten Meister wie Palma il Giovane, Tizian oder Veronese ausgestattet. Im Laufe der Jahrhunderte wurden jedoch immer mehr Kunstwerke verkauft, so auch jene zwölf, die nach Dresden gelangten.

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_________ 1 Busiri Vici 1992, S. 6. 2 Ein Seehafen, Öl auf Leinwand, 117 × 167 cm, Gal.-Nr. 472.

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Als Jan Asselijn um 1635 nach Rom reiste, folgte er einer Tradition, die unter niederländischen Künstlern bereits seit mehr als hundert Jahren fest verankert war. Die Sehnsucht nach dem Süden entsprang einem zweifachen Bedürfnis: einerseits die berühmten und legendären Werke der Antike beziehungsweise deren Ruinen zu studieren, anderseits die weiten, sanften Landschaften der römischen Campagna und das warme Licht zu erleben. Keines der offenbar in großer Zahl in Italien entstandenen

23

Jan Asselijn (Dieppe um 1610–1652 Amsterdam)

Hirt und Herde unter Säulenruinen Bez. unten rechts: »JA«

Werke Asselijns ist datiert. Römische Genremotive, landschaftliche

Öl auf Leinwand, 96,5 × 75 cm

und architektonische Szenerien, die sich auch in seinem umfangrei-

Gal.-Nr. 1593

chen zeichnerischen Œuvre wiederfinden, deuten jedoch häufig auf

Provenienz: Vor 1723 in die Galerie

eine Entstehung während des Italienaufenthaltes hin. Zeigen die dort entstandenen Werke zunächst eine deutliche Beeinflussung durch die Landschaftsmaler Herman van Swanevelt und Jan Both

Literatur: Steland-Stief 1971, S. 89f., Nr. 53 – Blankert 1978, S. 221 – Steland-Stief 1980, S. 245f. – Wien 2007, Nr. 27

sowie durch Pieter van Laer, einem der führenden Vertreter der Bamboccianti, so entwickelte Asselijn in Rom später einen eigenständigen Bildtypus, den er auch nach seiner Rückkehr in die Niederlande weiterverfolgte. Seine durchsonnten, atmosphärischen Landschaften sind oft durch eine Ruinenarchitektur bereichert, vor der sich eine meist an den vorderen Bildrand gerückte Genreszene abspielt. Das Dresdner Bild Hirt und Herde unter Säulenruinen zählt zu den typischen Beispielen jener italianisanten Werke aus der Zeit nach 1647/49, die Asselijn bereits wieder in Amsterdam malte. Der nahsichtig komponierte hochformatige Landschaftsausschnitt wird durch zwei Ruinen dominiert, die der Begegnung einer Frau und eines neben seinem Vieh stehenden Hirten Raum bieten. Die meisterhafte Schilderung der in ihrer Anatomie detailliert wiedergegebenen Rinder oder des Stilllebens am rechten vorderen Bildrand in seiner effektvollen Farbigkeit lassen den Einfluss von Jan Baptist Weenix erkennen, dem Asselijn in seinen späten Amsterdamer Schaffensjahren offenbar eng verbunden war. Bei der antiken Säulengruppe mit Architrav handelt es sich wahrscheinlich um die Reste des Vespasian-und-Titus-Tempels auf dem Forum Romanum, die Asselijn aus eigener Anschauung kannte. Ein warmes, helles Licht überzieht die Szenerie und vermittelt eine Atmosphäre südlicher Leichtigkeit. Asselijns künstlerische Ausstrahlung auf die nachfolgende Generation von Italianisanten wird im Werk von Nicolaes Berchem, Willem Schellinks und Frederik de Moucheron besonders deutlich. So findet sich im Werk Moucherons ein Gemälde, das sowohl in der Wiederholung der antiken Ruine wie in der Gesamtanlage deutlich an das Dresdner Bild angelehnt ist.1

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_________ 1 Eine Landschaft mit antiken Ruinen, um 1660, Öl auf Leinwand, 71 × 65 cm, London, The National Gallery, Inv.-Nr. NG1352.

Italien als Sehnsuchtsort

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Auf dem Gemälde von Johann Heinrich Roos sieht man eine schlafende Hirtin inmitten ihrer Tiere. Der Weg, auf dem die Herde lagert, ist gesäumt von antiken Architekturfragmenten. Das Werk ist typisch 24

Johann Heinrich Roos

für die Roos’sche Malerei, deren Hauptthema die Beschaulichkeit

(Otterberg 1631–1685 Frankfurt am Main)

und Ruhe von Hirten und ihren Herden in einer von südlicher Sonne

Hirten und Herden unter Ruinen, 1681

und antiken Ruinen geprägten Landschaft ist. Wichtige Anregungen für diese Hirtenstücke hatte Roos von Nicolaes Berchem und Karel

Bez. unten halblinks: »JHRoos. Pinxit. 1681.«

Dujardin erhalten, die sich mit ihrer naturalistischen Darstellung von

Öl auf Leinwand, 58,5 × 79 cm

Viehhirten, Bauern, Handwerkern und Händlern bei ihren alltäg -

Gal.-Nr. 2001

lichen Arbeiten stark von der idealisierenden Landschaftsmalerei

Provenienz: 1699 zur Kunstkammer

eines Cornelis van Poelenburgh oder gar Claude Lorrain (Kat. 16) ab-

Literatur: Jedding 1998, S. 64–66

grenzten. Auch Roos strebte in seinen Werken einem Ideal von Freiheit und Naturverbundenheit nach: Die zerklüfteten Landschaften der Campagna und die antiken Ruinen Roms bilden die Kulisse für Schäfer und Landleute – eine Szenerie, die dem paradiesischen Arkadien nahekommen sollte. Dabei kombinierte Roos, der vermutlich selbst nie in der Campagna gewesen war, verschiedenste Elemente dieser italienischen Landschaft mit Tempeln aus dem antiken Rom wie dem Vespasian-Tempel, aber auch mit Torbögen, Gewölben oder Kirchenanlagen. Bei diesem Bild handelt es sich um eine Hirtenidylle inmitten von antiken Ruinen, die nicht weiter zu bestimmen sind. Die Wertschätzung für Roos und seine italianisierenden Landschaften hält noch weit nach seinem Tod an. Bis Ende des 18. Jahrhunderts wird er als »Rafael aller Viehmaler« bezeichnet; Anfang des 19. Jahrhunderts erzielen seine Gemälde auf Auktionen deutlich höhere Preise als zum Beispiel jene von Frans Hals.1 Roos ist der Urvater einer ganzen Malerfamilie, die bis in das 18. Jahrhundert die deutsche Tiermalerei prägte. In der Dresdner Galerie befanden sich um 1765 elf Gemälde von insgesamt vier Generationen der Familie, die in der Äußeren Galerie präsentiert wurden. Das hier gezeigte Werk kam bereits 1699 in die Kunstkammer und ist in der König lichen Galerie im Inventar von 1722–1728 sowie wieder ab 1817 nachzuweisen.

UK

_________ 1 Hüsgen 1776, S. 45.

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Wenzel Lorenz Reiner tat sich zwar vor allem mit monumentaler Freskomalerei und großformatigen Altarbildern hervor, hat aber auch als Landschaftsmaler ein beträchtliches Œuvre hinterlassen. 25

Wenzel Lorenz Reiner

Christian Ludwig von Hagedorn erwähnt in seinem Lettre à un Ama-

(Prag 1689–1743 Prag)

teur de la Peinture Reiners Ruf als »excellent Païsagiste«. 1 Seine

Römischer Viehmarkt mit einem gemüsetragenden Schimmel

Kompositionen würden an Gaspard Poussin (Kat. 17) und sein Kolorit an Cornelis Huysmans erinnern. Die beiden Landschaften Reiners in der Gemäldegalerie Alte

Öl auf Leinwand, 72,5 × 98 cm

Meister, von denen eine hier gezeigt wird, nehmen in seinem Œuvre

Gal.-Nr. 2076

eine Sonderstellung ein. Sie sind, ähnlich wie das Hirtenstück von

Provenienz: 1739 aus Prag

Johann Heinrich Roos (Kat. 24), stark von den niederländischen

Literatur: Salzburg 1984, S. 10

Italianisanten, insbesondere von Pieter und Jan van Bloemen beeinflusst. Allerdings ist hier nicht eine unbestimmte italienische Landschaft dargestellt, sondern ein konkreter Ort in der Mitte Roms: Es ist das halbverschüttete Forum Romanum, das in nachantiker Zeit als Viehmarkt, als Campo Vaccino, genutzt wurde. Kühe und Ziegen sowie Händler auf Pferden oder in Gruppen beisammenstehend bestimmen den Vorder- und Mittelgrund des Bildes. An einem Brunnen werden die Tiere getränkt, rechts dahinter ragen die imposanten Bögen der Maxentius-Basilika auf. In ihrem Durchblick erscheint die vor der Porta San Paolo gelegene Cestius-Pyramide, während links im Hintergrund die Ufer des Tiber zu sehen sind, von denen Pferdefuhrwerke in Richtung Viehmarkt ziehen. Das Werk verrät deutlich den Einfluss von Pieter van Bloemen. In Lille wird eine Ansicht des Campo Vaccino van Bloemens aufbewahrt (Abb.), die Reiners Darstellung in verschiedenen Einzelheiten gleicht, etwa in der Ziegengruppe rechts vorn. Andere Elemente wie der Brunnen in der Mitte des Bildes oder die Cestius-Pyramide sind hingegen Zugaben Reiners. Die Motivübernahmen könnten darauf hindeuten, dass sich Reiner einige Zeit in Rom aufgehalten und dort die Bekanntschaft van Bloemens gemacht hat – allerdings ist eine solche Reise durch keinerlei Dokumente verbürgt. Der Dresdner Hofmaler Johann Gottfried Riedel hat vermutlich dieses Werk und das dazugehörige Pendant 1739 bei Reiner in Prag erworben, noch bevor er nach Dresden berufen wurde und die Werke an den sächsischen Hof mitbrachte.2

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_________ 1 Hagedorn 1755, S. 296. 2 Römischer Viehmarkt mit einer Bettlergruppe, Öl auf Leinwand, 73,5 × 98 cm, Gal.-Nr. 2075.

Pieter van Bloemen: Der Campo Vaccino mit der Maxentius-Basilika, Öl auf Leinwand, 73 × 98 cm, Palais des Beaux-Arts de Lille, Inv.-Nr. P 994

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Der Antwerpener Genre- und Landschaftsmaler Pieter van Bloemen reiste vermutlich bereits als 17-jähriger nach Rom, wo er gemeinsam mit seinen Brüdern Jan Frans und Norbert der Schildersbent 26

Pieter van Bloemen

beitrat. In Opposition zur offiziellen Accademia di San Luca um 1620

(Antwerpen 1657–1720 Antwerpen)

entstanden, bot die Vereinigung holländischen und flämischen

Viehmarkt in den Ruinen Roms, 1710 Bez. unten links: »P.V.B. 1710«

Künstlern eine Möglichkeit zu Begegnung und Austausch, die auch soziale und finanzielle Unterstützung mit einschloss. Gemeinsam mit seinem Bruder Jan Frans widmete sich Pieter

Öl auf Leinwand, 86 × 101 cm

van Bloemen in den 20 Jahren seiner römischen Schaffenszeit vor

Gal.-Nr. 1117

allem der Darstellung von italianisanten Landschaften mit antiken

Provenienz: 1742 aus Prag

Ruinen, die durch Reiter, Viehherden und weitere genrehafte Staf-

Literatur: Wilenski 1960, Bd. 1, S. 497 – Jackson 2004, Nr. I.52 B – Tieze 2009, S. 50f.

fage in der Art der Bamboccianti belebt sind. In zahlreichen Zeichnungen, vorzugsweise des antiken Rom und seiner Umgebung sowie Tier- und Figurenstudien, bereitete er seine Gemälde vor. Auch lange nach seiner Rückkehr nach Antwerpen, wo er sich 1694 endgültig niederließ, griff er in seinen genrehaften Landschaften auf dieses Formen- und Figurenrepertoire zurück. Erst 1710 datiert, steht van Bloemens Viehmarkt in den Ruinen Roms noch ganz in der Tradition der Malerei der dritten Italianisantengeneration. Antike römische Ruinen bieten die pittoreske Kulisse für die Darstellung eines Viehmarktes im Bildvordergrund. In der zentralen Gruppe von drei Pferden ist der urinierende Schimmel besonders hervorgehoben. Die derbe Szene in der Tradition der Malerei der Bamboccianti steht in starkem Kontrast zur romantisch er habenen Umgebung und poetischen Gesamtstimmung des Bildes. Ausgewogen gruppiert und in verschiedenen Posen wiedergegeben, sind Menschen und Tiere vor dem Hintergrund einer Architektur, die an das römische Forum Boarium erinnert, arrangiert. Deutlich erkennbar ist der stark verbaute, einst dem römischen Herkules Victor geweihte Rundtempel links im Mittelgrund, der auf mehreren Gemälden van Bloemens und einer ihm zugeschriebenen Zeichnung wiederkehrt.1 Seit der Antike wurde auf dem Forum Boarium, einem nahe dem Tiber in einer Senke am Fuß des Palatins gelegenen Marktplatz, mit Vieh gehandelt. So spricht das Gemälde im Zusammenspiel von Erhabenem und Banalem zugleich auch von histo rischer Kontinuität und Vergänglichkeit.

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_________ 1 Viehmarkt vor dem sogenannten Vestatempel in Rom, 1694, Öl auf Leinwand, 73,5 × 97 cm, Dessau, Anhaltische Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 562; Viehmarkt vor dem sogenannten Vestatempel in Rom, Öl auf Leinwand, 41 × 60,5 cm, London, Sotheby’s, 12. Juli 1978, Lot 182; Lastpferde, Vieh und Figuren an der Kirche Santa Maria del Sole in Rom, schwarze und rote Kreide, graue Lavierungen, 39,2 × 53,6 cm, Stiftung Klassik Weimar, Inv.-Nr. KK 4788.

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KAPITEL III

Charakterbild und Menschenbild

Porträt und Abbild Unser heutiges Verständnis eines Porträts zielt auf die Wiedererkennung der dargestellten Person: Die physiognomischen und anatomischen, im besten Fall auch die charakterlichen und geistigen Eigenheiten des Individuums sollen ersichtlich werden.1 Als Kunst »nach der Natur« steht die Porträtmalerei der Landschafts- oder Stilllebenmalerei nahe und wurde als solche im hierarchischen Gattungsverständnis des 17. und 18. Jahrhunderts niedriger eingeschätzt als beispielsweise die Historienmalerei.2 Dennoch behauptete sie sich durch das menschliche Bedürfnis nach Vergegenwärtigung und fortlebender Präsenz und bildete über die Jahrhunderte verschiedene Spielarten aus. Zahlreiche Mythen zur Entstehung der Porträtkunst sind überliefert, so die Beschreibung von Gaius Plinius Secundus in seiner Naturgeschichte. Darin werden der Töpfer Butades von Sicyon und seine Tochter als »Erfinder der Abbildungskunst« beschrieben, da die »Tochter, die aus Liebe zu einem jungen Mann, der in die Fremde ging, bei Lampenlicht an der Wand den Schatten seines Gesichts mit Linien umzog; den Umriß füllte der Vater mit aufgedrücktem Ton und machte ein Abbild«.3 Der Legende schließen sich weitere an, beispielsweise die von Narziss aus der römischen Mythologie, die oft in Verbindung mit der Entstehung des Selbstporträts bemüht wird. Im Gegensatz zu unserer heutigen Wahrnehmung von individuell geprägten Bildnissen motivierten in der Antike nicht die physiognomischen Eigenheiten des Porträtierten die Art seiner Darstellung, sondern vielmehr Topoi politischer oder gesellschaftlicher Zugehörigkeiten, die

Abb. 1 Anonym: Jean II Le Bon, König von Frankreich, um 1355, Öl auf Holz, 55,5 × 34 cm, Paris, Musée du Louvre, Inv.-Nr. RF 2490

eine bestimmte Ausprägung und Wiedergabe von Rang, Funktion und Charakter zur Folge hatten. Auch im Mittelalter zeigte sich diese Verbindung von Individualität und Typisierung. Anders als häufig vermutet, konnten Künstler damals durchaus differenzierte, am realen Erscheinungsbild orientierte Abbilder des menschlichen Gesichts schaffen. Jedoch griffen sie ebenfalls auf Typisierungen zurück, um bestimmte Funktionen oder den politischen und gesellschaftlichen Status einer Person im Porträt wiederzugeben. Auch in den nachfolgenden Epochen ist die Art der Darstellung immer mit der sozialen Stellung des Porträtierten verbunden. In diesen Porträts ist nicht nur der Dargestellte in seinem persönlichen oder öffentlichen Umfeld von Bedeutung, sondern auch die kontextuelle Funktion des Bildes. Bis ins Spätmittelalter war die Porträtkunst noch eng an die Funktion des Stifterbildnisses gebunden – sie war also immer primär religiösen Zwecken untergeordnet. Erst in der Frührenaissance fand die autonome Darstellung von Fürsten, Angehörigen des Klerus und Adeligen sowie später auch von reichen Bankiers und Kaufleuten eine größere Verbreitung. Zu den

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frühesten Beispielen eines eigenständigen Herrscherbildnisses zählt das Porträt des franzö-

1 Zur Diskussion um Entstehung und Begriffs herleitung von Porträt, Bildnis und Abbild vgl. unter anderem Spanke 2004, insbesondere S. 31ff. 2 Beyer 2002, S. 18. 3 Plinius Secundus d. Ä., Nat. Hist. 35, 151, zit. nach: Beyer 2002, S. 17.

sischen Königs Jean II Le Bon (Abb. 1), das sich heute im Louvre befindet. Der Dargestellte wird hier in Profilansicht – ein Rückgriff auf antike Münzbildnisse – unabhängig von der Rolle eines Stifters beziehungsweise außerhalb eines religiösen Inhalts abgebildet. In der Folge entstanden innerhalb weniger Jahrzehnte im 15. Jahrhundert und Anfang des 16. Jahrhunderts verschie-

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Abb. 2 Perugino: Kopf der Jungfrau, Zeichnung, 25 × 18,7 cm, Paris, Musée du Louvre, Inv.-Nr. INV 4370, recto Abb. 3 Federico Barocci: Büste einer jungen Frau, Zeichnung, 31,8 × 25,6 cm, SKD, Kupfer stich-Kabinett, Inv.-Nr. C 217

denste Varianten von Bildnistypen, wobei von Italien immer wieder entscheidende Impulse ausgingen. Aber auch in den nordischen Ländern trugen Künstler wie Jan van Eyck oder Lucas Cranach zur Ausbildung des Porträts bei: So sei hier das erste ganzfigurige Herrscherporträt von Lucas Cranach d. Ä. als Beispiel genannt. Tronies Eine Sonderform des Porträts entwickelte sich mit den sogenannten Charakterköpfen, den tronies (niederländisch: Kopf, Gesicht). Hierbei handelt es sich um Kopf- oder Brustbildnisse nicht näher identifizierbarer Personen. Der Künstler konzentrierte sich dabei ganz auf die Wiedergabe eines bestimmten Ausdrucks, ohne auf ikonografische Konventionen Rücksicht zu nehmen. Neben ersten isolierten Kopfdarstellungen in mittelalterlichen Vorlagenbüchern werden auch cartoni als Vorläufer von Tronies angesehen.4 Diese Kartons, mit denen man vor allem in der italienischen Renaissance arbeitete, waren sowohl Entwurfszeichnungen als auch Vorlagen bei der Ausführung von Wandmalereien und Gemälden, da sie wie Schablonen genutzt wurden. In den großen Renaissance-Werkstätten wie der von Perugino arbeitete man nach dieser Praxis (Abb. 2).5 Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts dienten in Öl gemalte Kopfstudien oder pastelli der Vorbereitung von Gemälden, wie sie etwa Leonardo da Vinci oder auch Federico Barocci schufen (Abb. 3). Auch hierbei handelte es sich um Entwürfe, in denen Typus, Haltung eines Kopfes, nun aber auch Farbwirkung und Lichteinfall in Hinblick auf das geplante Gemälde studiert wurden. An diese vorbereitenden Ölskizzen knüpften die Tronies an: Als porträtähnliche Charakterstudien in Öl kamen sie in der Mitte des 16. Jahrhunderts in den Niederlanden auf und fanden dort eine weite Verbreitung. Zunächst dienten sie zu Übungszwecken oder als Vorstudien für größere Kompositionen. Anders als die italienischen Vorläufer sollte jedoch nicht nur das Motiv und die Farbgebung veranschaulicht werden, sondern vor allem die Malweise. Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts entstanden Tronies jedoch immer häufiger als autonome Kunstwerke. Bei dieser Entwicklung gilt Peter Paul Rubens als Schlüsselfigur.6 Er griff bereits bestehende flämische Traditionen auf – hier ist vor allem Frans Floris zu nennen – und verband sie mit italienischen Einflüssen. So schuf er naturnahe Brustbildnisse, die sich grundlegend von den idealisierten Darstellungen seiner Vorgänger unterscheiden. Doch auch seine Köpfe standen noch

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_________

immer im Zusammenhang mit der Genese anderer Werke, da Rubens sie als Vorlagen für grö-

4 5 6 7

ßere Kompositionen nutzte. Darüber hinaus dienten diese Studien auch als Meistermodelle für

Vgl. Gottwald 2011, S. 31–55. Perugia 2004, S. 342. Gottwald 2011, S. 57. Ebd., S. 87.

Charakterbild und Menschenbild

Mitarbeiter und Schüler und beeinflussten vermutlich in dieser Form unter anderem das Werk von Jan Lievens (Kat. 30).7 Dieser malte eine ganze Reihe von Köpfen in Öl, die zwar Anklänge

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an seine Historiengemälde zeigen, jedoch eigenständige Schöpfungen sind. Zudem gab er eine Kupferstichreihe mit dem Titel Diverse Tronikens heraus. Auch Rembrandt (Kat. 29), der sich möglicherweise zeitweilig ein Atelier mit Lievens teilte, schuf zahlreiche Tronies. Sie erfüllten zum Teil ebenfalls die Funktion von Meistermodellen, wurden aber auch in Hinblick auf den Kunstmarkt hergestellt. Dabei erweiterte er das narrative Element der Kopfstudien indem er verschiedene Gemütszustände – bevorzugt den melancholischen – darstellte. Für die neue Bildform der Tronies fand sich vor allem seit Ende der 1620er-Jahre eine breite Käuferschicht, die ihre Realitätsnähe und ihre meisterhafte Ausführung schätzte. Zudem bedienten sie das Verlangen nach etwas Pittoreskem und Außergewöhnlichem, waren doch oft alte Männer und Frauen sowie Gestalten in exotischen Gewändern Gegenstand dieser Werke. Häufig ist es schwierig, die Abgrenzung zur Genre- und Historienmalerei zu ziehen.8 Bei Tronies von einer eigenen Gattung zu sprechen, ist jedoch umstritten; sie sind vielmehr eine Spielart der Bildnismalerei. Das Gesicht als Stillleben Die aufwendig und sehr fein gemalten Werke Balthasar Denners (Kat. 34) und Christian Seybolds stehen in der Tradition der Tronies, haben jedoch einen anderen theoretischen Hintergrund. Ihre Bildnisse, die keinen realen Persönlichkeiten zugeordnet werden können, sind auf das Genau-

Abb. 4 Balthasar Denner: Alte Frau, vor 1721, Öl auf Leinwand, 37 × 31,5 cm, Wien, Kunst historisches Museum, Gemälde galerie, Inv.-Nr. GG_675

este ausgearbeitet – jedes Detail ist zu erkennen. Mit fast wissenschaftlichem Interesse werden jede Falte und jedes Haar erfasst. Das menschliche Gesicht wird zum Stillleben objektiviert oder wie Alfred Lichtwark 1898 schrieb: »Es sind Bravourstücke der intimsten Detailbeobachtung und der subtilsten Technik. Denner hat in ihnen die Methode der holländischen Blumenmaler des Typus van Huysum und der Rachel Ruysch auf die Wiedergabe des menschlichen Antlitzes übertragen. […] so hatte Denner den Kopf eines alten Mannes oder einer alten Frau mit tausend Runzeln, Fältchen und Stoppeln wie eine große Frucht gemalt, wie ein Stilleben von Haut und Haaren.«9 Der aus Hamburg stammende Denner gehörte in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu den berühmtesten Bildnismalern in Europa, für dessen Werke Höchstpreise bezahlt wurden. Mit dem Bild Alte Frau (Abb. 4), heute im Kunsthistorischen Museum in Wien, hatte Denner einen Prototyp geschaffen, mit dem er durch Europa tourte und für Furore sorgte. Nachdem der Maler verschiedene Angebote für das Bild ausgeschlagen hatte, wurde es für den damals sensationellen Preis von 4.700 Gulden von Kaiser Karl VI. erworben. Denners Darstellungen alter Männer und Frauen sind extrem detailgenau ausgearbeitet und hinterlassen in ihrer hochartifiziellen Virtuosität beim Betrachter Irritationen gegenüber der Bildmäßigkeit ihrer Realität.10 Sie sind sozusagen wirklicher als die Wirklichkeit. Mit bloßem Auge ist kein Pinselstrich zu erkennen; jede Spur von Arbeit wurde getilgt. Ein solch hoher Grad an Naturähnlichkeit konnte jedoch den Betrachter nicht über die Natur des Bildes als Darstellung täuschen: Ähnlich wie bei Wachsfiguren erhielt man beim Betrachten der Werke einen Eindruck von gefrorener Künstlichkeit. Der Erfolg Denners ist im Zusammenhang mit der seinerzeit allgemeinen Bewunderung für die Feinmalerei zu verstehen. So verurteilte beispielsweise Gérard de Lairesse in seinem Groot Schilderboeck die »Schmiererey« eines Rembrandt und Lievens.11 Die Feinmalerei sei hingegen der adäquate Ausdruck des Bürgerlichen; sie habe eine moralische Dimension, bei der eine säuberliche und manierliche Malweise mit Sittsamkeit und Mäßigung gleichzusetzen sei. Auch in Dresden fanden die Werke Denners großen Anklang. Vier seiner Gemälde gelangten bereits unter August II. in die Sammlung; 1765 erwarb man insgesamt acht Bildnisse alter Männer und Frauen. Diese Wertschätzung zeigte sich auch bei den zeitgenössischen Dresdner Kunsttheoretikern. Sowohl Carl Heinrich von Heineken als auch Christian Ludwig von Hagedorn lobten die extreme Feinheit seiner Malerei und hoben vor allem Denners Fähigkeit hervor, das Alter darzustellen: »Er verstand es, in seinen Gemälden das hohe Alter in seinem letzten Verfall darzu-

_________ 8 Vgl. Hirschfelder 2008. 9 Lichtwark 1898, S. 132ff. 10 Ebd., S. 174. 11 De Lairesse 1728/1730, Bd. 1, Buch V, Kapitel 22, S. 84ff., hier S. 87.

Charakterbild und Menschenbild

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Abb. 5 Schloss Peterhof, Bildersaal mit Ge mälden Pietro Antonio Graf Rotaris, Sankt Petersburg, Staatliches Russisches Museum Peterhof

stellen. Eine extreme Feinheit bereicherte sein Werk.«12 Allerdings zeigten sich schon Ende des 18. Jahrhunderts entgegengesetzte Meinungen. So betonten Claude-Henri Watelet und PierreCharles Levesque in ihrem 1792 erschienenen Dictionnaire des Arts, dass die zuvor so bewunderten kleinen Details von der Kunst vernachlässigt werden müssen: »Die kleinen Details, also die kleinen Teile des Objekts, müssen von der Kunst verleugnet werden.«13 Im späten 18. Jahrhundert wurden Denners Werke zu einem unkünstlerischen Kuriosum degradiert. Diese Kritik zog sich auch durch das 19. Jahrhundert. So führe die sklavische Beachtung winziger Details, der »pathologische Genauigkeitstrieb«, zu einem Widerspruch zwischen Malweise und Gegenstand: »Das unbehagliche Gefühl, zwei ganz divergente Forderungen, der des Formats und Objekts und der Technik folgen zu sollen, stellt sich vor seinen Porträts ein.«14 Varie teste Eine weitere Spielart der Kopfbildnisse stellen die varie teste des Malers Pietro Antonio Graf Rotari dar (Kat. 35–46). Sie zeigen interessante Gesichtszüge und sprechende Affektäußerun_________ 12 Hagedorn 1755, S. 277. Das Originalzitat lautet: »Il savoit rendre dans ses Tableaux le grand âge dans sa derniere décrepitude. Un finiment extrême encherissoit l’ouvrage.« 13 Watelet/Levesque 1792, Bd. 1, S. 617. Das Ori ginalzitat lautet: »Les petits détails, c’est-à-dire, les petites parties des objets, doivent être négligées par l’art.« 14 Waetzoldt 1908, S. 193; weiterführend zu Denner und seine Beziehung zum literarischen Werk von Barthold Heinrich Brockes sowie den theolo gischen Bezügen vgl. Wellmann 2008, S. 176. 15 Wenzel 2001, S. 417.

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Charakterbild und Menschenbild

gen in einem festgelegten, sich wiederholenden Bildformat. Mit diesen Werken hatte Rotari nicht nur in Dresden großen Erfolg; auch in Russland stattete er eine Vielzahl von Zimmern mit seinen »Charakterbildern« aus, die wie in Dresden dicht an dicht ganze Wände füllten. Diese Präsentation schließt sich an die Tradition der teste aus den sogenannten Schönheitengalerien an, die sich an den verschiedenen europäischen Höfen finden lassen.15 Pietro Graf Rotari konnte bereits auf eine erfolgreiche Karriere in Italien zurückblicken, als er 1752 oder 1753 an den Dresdner Hof kam. Dort schuf er unter anderem die kleinformatigen Kopfbildnisse, die große Bekanntheit erlangten. Sie haben alle das gleiche Format und zeigen junge Mädchen und Knaben sowie alte Frauen und Männer in unterschiedlichen Posen als Brustbild. Wenige Jahre später schuf Rotari gemeinsam mit Gehilfen in Russland hunderte weiterer solcher Bildnisse, wie sie noch heute auf Schloss Peterhof westlich von Sankt Petersburg in der historischen dichten Hängung zu sehen sind (Abb. 5).

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Einige der Bildnisse entstanden als Vorstudien zu größeren Historiengemälden wie die vier Kopfstudien zu Rotaris Altargemälde Ruhe auf der Flucht nach Ägypten.16 Lediglich die Darstellung des heiligen Joseph ist davon erhalten (Kat. 37). Rotari interessierte sich in seinen teste vor allem für die Physiognomie der Dargestellten. Zum einen versuchte er, die Charaktereigenschaften darzustellen, die sich im Gesicht widerspiegeln. So wurde beispielsweise das verlorene Bildnis eines Knaben im Verzeichnis »vor 1841« als ein »lachender, ziemlich gemein aussehender Knabe« beschrieben.17 Zum anderen stellte er auch Regungen des Augenblicks, Bewegungen des Körpers und der Seele dar. Dies wird wieder in den Inventareinträgen deutlich, etwa bei dem »Brustbild eines Mannes, der belauschen will; er hält den Zeige Finger der rechten Hand an den Mund«18 (Kat. 45), oder einem »Mädchen vorwärts geneigt, nach links aufwärts blickend. Ihr Gesicht und die linke Hand drücken Staunen und Uiberraschung aus«.19 Die Darstellung von Regungen und Affekten wurde in zahlreichen Traktaten seit der Renaissance diskutiert, zum Beispiel von Leon Battista Alberti. Dabei ging es immer wieder um die Schwierigkeit, die Bewegungen der Seele im Gesicht zum Ausdruck zu bringen. Mit der posthumen Publikation einer Vorlesung des französischen Malers und Kunsttheoretikers Charles Le Brun (Kat. 89) über den Ausdruck an der Pariser Kunstakademie wurde ein Standardwerk geschaffen, auf das sich nachfolgende Künstler immer wieder bezogen.20 Zusammen mit Le Bruns eigenen Zeichnungen und beigefügten Kupferstichen veröffentlichten Bernard Picart (1696) und Sébastien Leclerc (1698) die Aufzeichnungen. Le Brun bezog sich darin stark auf

Abb. 6 Pietro Antonio Graf Rotari: Mädchen mit schwarzem Spitzenhalsband, Öl auf Leinwand, 44 × 35 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Inv.-Nr. Mo 2089

René Descartes’ physiologische Beschreibung der Leidenschaften, die dieser 1649 in seinem Werk Traité des Passions dargelegt hatte. Le Brun war überzeugt, dass die Seele im Gesicht ihre Gefühle besonders deutlich zeige.21 Dabei seien alle Teile des Gesichtes von großer Bedeutung, insbesondere jedoch die Augenbrauen. Über ihre Form würden die Emotionen stärker als über die Augen ausgedrückt. Rotari muss mit dieser Arbeit Le Bruns vertraut gewesen sein, zumal seiner Person eine spätere italienische Übersetzung von Pierantonio Perotti gewidmet worden war.22 Sein Mädchen mit schwarzem Spitzenhalsband (Abb. 6) zeigt eine enge Verwandtschaft zu Le Bruns Darstellung der Verachtung (Abb. 7). Der enorme Erfolg von Rotaris Köpfen wird durch eine ganze Reihe von Stichfolgen dokumentiert, die nach diesen Bildnissen angefertigt wurden. Aber auch in anderen Dresdner Sammlungen wie in jenen von Christian Ludwig von Hagedorn oder Heinrich Graf von Brühl war er vertreten. Ausblick – Das Bildnis am Ende des 18. Jahrhunderts Mit den Bildnissen, in denen alle Konzentration auf der Vermittlung bestimmter Charaktereigenschaften oder momentaner Gefühlsregungen lag, zeichnet sich eine Entwicklung ab, die in Johann Caspar Lavaters Physiognomischen Fragmenten zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe (1775–1778) einen weiteren Höhepunkt fand. Lavater untersucht darin, inwieweit Gesichtszüge und Körperformen Rückschlüsse auf einzelne Charaktere zulassen. Mit diesem Werk beeinflusste er zum Ende des 18. Jahrhunderts maßgeblich solche Künstler, die nicht nur die körperliche Erscheinung des Dargestellten wiedergeben wollten, sondern zugleich auch dessen Seele. Ein bedeutender Vertreter dieser Porträtkunst war Anton Graff, der lange an der Dresdner Akademie gewirkt hat (Kat. 97).

Abb. 7 Nach Charles Le Brun: Le Mespris (Die Verachtung), Kupferstich, in: Charles Le Brun: Conférence […] sur l’expression générale et particulière, Paris 1698, Bl. 10

UK _________ 16 Pietro Antonio Graf Rotari: Ruhe auf der Flucht nach Ägypten, Öl auf Leinwand, 274 × 209 cm, Gal.-Nr. 596, Verlust 17 Inv. »vor 1841«, Nr. 727. 18 Inv. 1809, Bd. 2, Nr. 1805. 19 Inv. »vor 1841«, Nr. 709. 20 Testelin 1696; Le Brun 1698. 21 Ross 1984, S. 30. 22 Le Brun 1751.

Charakterbild und Menschenbild

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Kinderbildnisse waren im 15. und 16. Jahrhundert ein nur sporadisch auftauchendes Sujet; erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts werden sie insbesondere in Venedig, Bologna und der Emilia häufiger. 27

Agostino Carracci

Auch Agostino Carracci gehörte zu dem Kreis von Künstlern, die sich

(Bologna 1557–1602 Parma)

in Bologna des Kinderporträts annahmen. Sein Bildnis eines Knaben

Bildnis eines Knaben, um 1590

stellt einen privaten Moment dar: Mit großen Augen blickt der Dargestellte den Betrachter an. Er scheint sich eben erst zu ihm hinge-

Öl auf Leinwand, 65 × 48,5 cm

wendet zu haben, denn in den verschiedenen Ausrichtungen des

Gal.-Nr. 316

Körpers, des Kopfes und der Augen ist diese Bewegung noch zu

Provenienz: 1746 aus der herzoglichen Galerie, Modena Literatur: Zapperi 1987, S. 12ff. – Modena 1998, Nr. 123 – Negro/Roio 2007, S. 131ff. – Los Angeles 2008, Nr. 12

erahnen. In seinen Händen hält er ein Paar Kirschen. Die kindliche Form des Kopfes lässt vermuten, dass der Junge ungefähr acht Jahre alt sein dürfte. Im Art Institute in Chicago ist eine Zeichnung Carraccis überliefert, die denselben Knaben zeigt, der nun jedoch einige Jahre älter ist (Abb.). Eine wohl aus dem 17. Jahrhundert stammende Inschrift auf der Zeichnung nennt den Namen des Dargestellten: Antonio Carracci. Wenn diese Identifizierung zutrifft, zeigt sowohl die Chicagoer Zeichnung als auch das Dresdner Gemälde den Sohn des Künstlers. Nur wenige Quellen sind zu Antonio Carracci (um 1583–1618) überliefert, besonders das Geburtsjahr wird kontrovers diskutiert.1 Gesichert ist, dass Antonio in Venedig geboren wurde und seine Mutter Isabella eine Kurtisane war. Sein Vater bildete ihn zum Maler aus, später übernahm ihn sein Onkel Annibale Carracci (Kat. 60) als Mitarbeiter. Kirschen und Musikinstrument im Bild lassen sich als Symbole für die Hoffnung verstehen, dass der Knabe in die Fußstapfen seines Vaters treten möge. Die Kirschen wurden dabei als Zeichen des Frühlings gelesen und damit auch als Anspielung auf das Kindesalter, das ebenso gute Früchte hervorbringen soll.2 Die fünfchörige Laute deutet ebenfalls in diese Richtung: Agostino Carracci war dafür bekannt, ein sehr guter Lauten- und Gitarrenspieler zu sein, und offensichtlich sollte sein Sohn ihm auch in dieser Disziplin folgen. AH _________ 1 Zapperi hält ein Geburtsdatum um 1582/83 für wahrscheinlich. Roio datiert auf Ende 1592, was Sickel jedoch als eine falsche Lesart der Hochzeitsurkunde korrigiert: Zapperi 1987, S. 3ff.; Roio 2007, S. 82; Sickel 2011, S. 263. 2 Modena 1998, S. 350; Feigenbaum 2008, S. 18. Zu Früchten und Blumen in Porträts dieser Zeit vgl. Ghirardi 1995, S. 156ff., 164f.

Agostino Carracci: Antonio Carracci, um 1592/95, Rötel zeichnung, 36,1 × 25,6 cm, The Art Institute of Chicago, Clarence Buckingham Collection, Inv.-Nr. 1973.152

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Dieses Werk von Diego Velázquez gehörte zu den 100 Gemälden der Galerie von Francesco III. d’Este, Herzog von Modena, die 1745/46 von August III. erworben werden konnten. Bei dem Ankauf galt es zunächst als Werk von Peter Paul Rubens; Anfang des 19. Jahrhunderts schrieb man es Anthony van Dyck zu, bis es Mitte des 19. Jahrhunderts von dem damaligen Galeriedirektor Julius Hübner als Gemälde von Velázquez erkannt wurde. Diese Zuschreibung konnte durch weitere Forschungsergebnisse bestätigt werden. Die korrekte Identifizierung des Dargestellten als Ritter des Christusordens erfolgte

28

Diego Velázquez (Sevilla 1599–1660 Madrid)

Porträt eines Christusritters (Francisco de Andrade Leitão?), um oder nach 1635

hingegen erst vor kurzem.1 Das rote Kreuz an seinem linken Arm, das

Öl auf Leinwand, 67,3 × 56 cm

nur schemenhaft zu erkennen ist, wurde bislang als das Jakobs-

Gal.-Nr. 698

kreuz der Santiagoritter gedeutet. Die gerade abgeschlossenen Kreuzarme weisen jedoch vielmehr auf den portugiesischen Christusorden hin. Zudem haben sich in der Druckgrafik verschiedene Darstellungen des Francisco de Andrade Leitão (vor 1600–1655) als

Provenienz: 1746 aus der herzoglichen Galerie, Modena Literatur: Hübner 1856, S. 172 – Rom 2001, S. 250–253 – Gehlert 2011 – Weniger 2012, Nr. 32

Christusritter erhalten, die eine starke Ähnlichkeit mit dem Por trätierten haben (Abb.). Somit handelt es sich hier nicht um einen »Charakterkopf«, also der psychologisch differenzierten Darstellung eines nicht näher zu identifizierenden Modells, sondern um das Porträt einer realen Person. Als portugiesischer Diplomat hielt sich Andrade Leitão an verschiedenen Höfen Europas wie Den Haag, London oder Madrid auf, wo er mit Velázquez in Kontakt gekommen sein könnte. In der charakterlichen Durchdringung und der Unmittelbarkeit der Schilderung erinnert das Porträt an ähnliche Werke van Dycks, die Velázquez in den Sammlungen der spanischen Könige studieren konnte. Das ganze Augenmerk des Betrachters wird auf das helle Gesicht gelegt, aus dem die Augen dunkel hervorstechen. Die kostbare Kleidung und die Abzeichen der Ritterwürde scheinen mit dem Hintergrund zu verschmelzen. Der fast skizzenhafte Farbauftrag verstärkt diesen Eindruck: Details der Kleidung sind mit wenigen sicheren Strichen angedeutet; stellenweise wurde der Grund stehen gelassen und seine Wirkung bewusst mit einbezogen. Wie ein dünner Schleier legt sich das Haar über das Ohr, an manchen Stellen schimmert die Kopfhaut durch. In dieser Behandlung zeigt sich auch die Reife der Maltechnik, wie sie für spätere Werke von Velázquez charakteristisch ist.

UK

_________ 1 Gehlert 2011.

Anselmus Hulle nach Pieter de Jode: Bildnis Francisco de Andrada Leitão, Kupferstich, 30 × 19,3 cm, SKD, Kupferstich- Kabinett, Inv.-Nr. A 37121

Charakterbild und Menschenbild

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Das unsignierte Halbfigurenbild eines alten Mannes in fantastischem historisierendem Kostüm zählt zu jener Gruppe sehr guter Figurenbilder aus dem künstlerischen Umfeld Rembrandts, die bis29

Rembrandt

lang noch keinem Maler zweifelsfrei zugeordnet werden konnten.

(Umkreis)

Es ist der Rembrandt-Forschung der vergangenen Jahrzehnte zu verdanken, dass sich unser Bild vom Œuvre des Meisters klarer konturiert hat. Dies ging mit der Abschreibung einer erheblichen Zahl

Bildnis eines Mannes mit Perlen

von Gemälden einher, die als Werke seiner Mitarbeiter, Schüler,

am Hut

Nachfolger und Nachahmer neu definiert werden müssen, ein kunst-

Öl auf Leinwand, 82 × 71 cm

historischer Prozess, in den bis heute auch eine Reihe von Dresdner

Gal.-Nr. 1570

Gemälden eingebunden ist.

Provenienz: Vor 1723 aus Polen Literatur: Laurie 1932, S. 283 – Bauch 1966, Nr. 247 – Bredius 1969, Nr. 324

Erste Zweifel an der Eigenhändigkeit des Mannes mit Perlen am Hut wurden bereits 1932 geäußert. Es dauerte jedoch noch über 30 Jahre, bis man auch in Dresden die Urheberschaft Rembrandts für dieses Gemälde hinterfragte. 1 Ungeachtet dessen ist das Bild des nach links gewandten alten Mannes mit in sich gekehrtem Gesichtsausdruck von hoher malerischer Qualität. Das aus Goldbrokat gefertigte und mit einer aufgesetzten Brosche reich verzierte Gewand unter dem schwarzen, offenbar überarbeiteten Umhang sowie das imposante perlenbesetzte Barett sind mit pastosen, frischen Pinselzügen gleichsam plastisch modelliert. Das von links kommende Licht spielt auf dem Gesicht des Alten und hinterlässt auf der Oberfläche des Gewandes über Brust und Ärmeln sowie auf der Perlenkette am Barett ein effektvolles Glitzern. Die übereinandergelegten Hände in ihrer eigenartig rohen Form scheinen jedoch von einem anderen Maler zu stammen. Haltung und Ausdruck des Dargestellten sprechen dafür, das Werk in die Gruppe der Tronies einzuordnen, einem Bildtypus, der sich im Werk Rembrandts, seiner Schüler und Nachfolger besonders oft findet. So ist das Modell für den Mann mit Perlen am Hut auch in wenigstens einem weiteren Bild eines alten Mannes zu identifizieren.2

UN

_________ 1 Mayer-Meintschel/Walther/Marx 1979, Nr. 1570. 2 Porträt (?) eines alten Mannes, 1667, Öl auf Leinwand, 70 × 58 cm, ehemals Lugano, Sammlung Thyssen-Bornemisza.

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Charakterbild und Menschenbild

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»Im Ausdruck des Gesichtes erreichte er Wunderbares; und könnte nur jener große und ungebändigte Schwung seiner Begabung gezügelt werden, der jetzt in kühner Hoffnung das Ganze der Natur umfaßt, so gäbe der wohl keinen schlechten Rat, der sich vor allem auf diesen Teil zu werfen riete als gleichsam wunderbaren Abriß des ganzen Menschen, des Körpers sage ich und des Geistes.« 1 In seinem um 1630 verfassten autobiografischen Fragment pries Constantijn Huygens den jungen Leidener Jan Lievens bereits als Meister der Tronie-Malerei. Zu einem frühen Zeitpunkt erkannte er

30

Jan Lievens (Leiden 1607–1674 Amsterdam)

Ein junger Krieger Bez. unten rechts: »L.« Öl auf Eichenholz, 49,5 × 38,5 cm

Lievens’ besonderes künstlerisches Talent in den Werken einer

Gal.-Nr. 1581

Gattung, deren Blütezeit in den 20er- und frühen 30er-Jahren des

Provenienz: Vor 1723 in die Galerie

17. Jahrhunderts lange nur mit dem Namen Rembrandts verbunden

Literatur: Schneider/Ekkart 1973, Nr. 157 – Sumowski 1983–1994, Bd. 3, Nr. 1256 – Hirschfelder 2008, S. 38f., 103, Nr. 286 – Gottwald 2011, S. 153, Nr. L.X.

war. Vergleichende Untersuchungen zum Frühwerk der beiden Leidener Maler ergaben jedoch, dass Lievens für die Entwicklung sowohl der Historien- und Porträtmalerei als auch der Darstellung von Charakterköpfen Grundlegendes geleistet hat. Dennoch wurde sein Œuvre in der Kunstgeschichte lange nicht gewürdigt. Der Begriff tronie (niederländisch: Kopf, Gesicht) bezeichnet die Darstellung einer einzelnen Figur mit einem besonderen charakteristischen Gesichtsausdruck in meist fantasievoller Kleidung, die als Kopfstück, Brustbild oder Halbfigur wiedergegeben ist. Anders als beim Porträt oder einfigurigen Historien- und Genrebildern kon zentrierte sich der Künstler hier auf einen physiognomisch interessanten Charakterkopf, der zwar oft nach dem lebenden Modell entstand, jedoch kein Bildnis darstellt. Im Unterschied zu formal vergleichbaren Studienköpfen im Werk flämischer Maler wie Peter Paul Rubens oder Anthony van Dyck dienten Tronies auch nicht als vorbereitende Studien für umfangreichere Kompositionen, sondern galten als eigenständige Werke. Für ihren autonomen Status spricht auch, dass Lievens bereits um 1630 eine Reihe von Tronies verkauft hatte und offenbar mit einem anhaltenden Interesse holländischer Sammler an dieser speziellen Bildgattung rechnete. Der Junge Krieger entstand vermutlich um 1627 und steht in Lievens’ Frühwerk beispielhaft für die Darstellungsform des Tronie. In frischem, teils pastosem Farbauftrag ist das Brustbild eines Mannes mit gelocktem Haar und Schnauzbart in strengem Profil vor einem grauen Hintergrund wiedergegeben. Effektvoll trifft das Licht von links auf Schulter, Hals, Wange und Haarschopf des Dargestellten, dessen weitere Körperpartien wie die durch eine Halsberge geschützte Brust im Schatten bleiben. Lievens modellierte die Züge des sinnend ins Leere blickenden Mannes mit malerischer Virtuosität. In wenigstens zwei weiteren Tronies, die die Männer in derselben Haltung, aber in veränderter Kostümierung zeigen, arbeitete Lievens nach demselben Modell.2

UN

_________ 1 Huygens 1897, S.76ff. 2 Junger Mann mit Barett, Öl auf Holz, 49 × 38 cm, Raleigh, North Carolina Museum of Art, Inv.-Nr. G.57.28.1, und Junger Mann in gelbbraunem Mantel, Öl auf Holz, 63 × 51,5 cm, Salzburg, Residenzgalerie, Inv.-Nr. 311.

Charakterbild und Menschenbild

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Das Dresdner Brustbild gehört zu einer Gruppe von Darstellungen alter Männer, die wohl alle nach demselben, in einer heute verschollenen Zeichnung festgehaltenen Modell geschaffen worden sind.1 Der im Profil gegebene Kopf mit der stark hervor tretenden großen Nase, dem charakteristischen Ohr, der zerfurchten Stirn und dem stark faltigen Hals war offenbar ein Lieblingsmodell des Künstlers, da kein anderer seiner Menschentypen derart häufig in Backers Œuvre vorkommt. Neben dem Kahlkopf, einem typischen Tronie, existieren zwei Werke in der Ermitage Sankt Petersburg, die die Profilansicht der verlorenen Zeichnung ebenfalls aufnehmen.2 In veränderter Pose und neu kostümiert findet sich dieselbe Person in der pittoresken Gestalt des Alten Mannes im Pelz (Kat. 32). Von diesem Kostümstück ist es nur ein kleiner Schritt zur allegorischen Darstellung des Alten Mannes mit Spiegelscherbe, in der der Mann nun einen Vollbart trägt.3 Schließlich findet Backers bevorzugter Charakterkopf in der Ganzfigur des Hippo krates auch Eingang in ein Historienbild, Hippokrates besucht Demokrit in Abdera, dessen entstehungsgeschichtlicher Zusammenhang mit den Dresdner Tronies damit auch über Gattungsgrenzen hinweg offensichtlich wird.4 Maltechnische Untersuchungen des Gemäldes haben ergeben, dass das Werk dem Petersburger Alten Mann in liturgischem Gewand ursprünglich noch ähnlicher war, als das heute der Fall ist. Die frisch und pastos aufgetragene Farbschicht des rotbraunen Mantels überdeckt eine frühere Farbfassung, die offenbar dem reich ornamentierten roten Gewand des Diakons im Petersburger Bild vergleichbar gewesen ist. Dies bestätigt den engen Entstehungszusammenhang beider Werke, wobei das Dresdner Bild dem Petersburger zeitlich nachgeordnet werden muss. Strittig ist noch immer, ob es sich bei dem Modell der Zeich31

Jacob Adriaensz. Backer

nung, die einer derart großen Gruppe von Tronies und Historien -

(Harlingen 1608–1651 Amsterdam)

bildern in Backers Œuvre zugrunde lag, um einen noch in Leeu -

Ein alter Kahlkopf, um 1633/35

einer in jüngster Zeit angenommenen Datierung um 1632 fällt die

Öl auf Leinwand, 63,5 × 53 cm

Entstehung der Zeichnung jedenfalls in genau jene Phase, in der

Gal.-Nr. 1585

Backers künstlerisches Interesse sich in besonderem Maß dem

Provenienz: Vor 1723 aus Polen

Malen von Charakterköpfen und Porträts zuwandte.

Literatur: Bauch 1925, S. 84 – Sumowski 1983–1994, Bd. 1, Nr. 18 – Braunschweig 1993, S. 158 – Jackson 2004, Nr. I.45 – Liedtke 2007, Bd. 2, S. 556 – Aachen/Amsterdam 2009, S. 33, 75

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warden oder schon in Amsterdam festgehaltenen Typus handelt. Mit

Charakterbild und Menschenbild

UN

_________ 1 Aachen/Amsterdam 2009, S. 75, Abb. 87, Anm. 225. 2 Der heilige Petrus, Öl auf Leinwand, 72 × 60 cm, Inv.-Nr. GE 774, und Alter Mann in liturgischem Gewand, Öl auf Leinwand, 62 x 50 cm, Inv.-Nr. GE 775, beide Sankt Petersburg, Ermitage. 3 Alter Mann mit Spiegelscherbe, Eichenholz, 71,5 × 60,5 cm, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 935B. 4 Hippokrates besucht Demokrit in Abdera, Öl auf Leinwand, 94 × 64 cm, Milwaukee, Sammlung Dr. Alfred und Isabel Bader.

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Das Dresdner Brustbild eines alten Mannes in pittoreskem Kostüm zählt zu den frühen Werken Backers, die unmittelbar nach seiner Übersiedlung von Leeuwarden in Friesland nach Amsterdam um die Mitte der 30er-Jahre des 17. Jahrhunderts entstanden sind. Stu dienköpfe oder Halbfiguren nach interessanten, heute anonymen Modellen hat Backer mit besonderer Vorliebe gemalt. Mit seinen oft typisierten Halbfigurenbildern eines mehrfach wiederkehrenden Modells in variierender Kostümierung und Pose ist Backer zu jener Zeit neben Rembrandt einer der führenden holländischen TronieMaler. Die keinem Porträtauftrag folgenden, sondern unabhängig entstandenen Charakterköpfe ermöglichten ihm eine größere künstlerische Freiheit, mit der er seine besonderen Fähigkeiten als Kolorist und virtuoser Maler verschiedenartiger Oberflächen demon strieren konnte. Den Gemälden dieser frühen Werkgruppe ist eine besondere Frische, Transparenz und Bewegtheit im malerischen Duktus eigen. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Bild des seinerzeit hoch gepriesenen Amsterdamer Porträt- und Historienmalers deutlich gewandelt. Nachdem Backer im späten 18. und 19. Jahrhundert beinahe ganz in Vergessenheit geraten war, besann man sich seiner in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder, wobei er jedoch fälschlich als Schüler Rembrandts betrachtet und in dessen Schatten gestellt wurde.1 Jüngere Untersuchungen haben ergeben, dass Backer nach seiner Ankunft in Amsterdam gleichzeitig mit Rembrandt und Govaert Flinck für den Kunsthändler Hendrick van Uylenburgh gearbeitet hat, sich jedoch sofort als unabhängiger Maler etablierte und niemals Schüler in Rembrandts Atelier war.2 Nachdem sich Backer in der Mitte der 1630er-Jahre stilistisch dem Werk Rembrandts näherte, entwickelte sich sein Malstil jedoch später unter flämischem Einfluss in eine klassizistische Richtung, die eine strengere, betont plastische Form mit einem erlesenen, sensiblen Kolorit verband.

32

Jacob Adriaensz. Backer (Harlingen 1608–1651 Amsterdam)

UN

_________ 1 Vgl. Vosmaer 1868, S. 59. 2 Den Haag 1992, S. 26f., 89; Aachen/Amsterdam 2009, S. 34f.

Bildnis eines alten Mannes im Pelz, um 1634/35 Bez. in der Mitte rechts (Monogramm): »JAB« Öl auf Leinwand, 65,5 × 54 cm Gal.-Nr. 1583 Provenienz: Erstmals im Inventar von 1809 Literatur: Sumowski 1983–1994, Bd. 1, Nr. 30 – Braunschweig 1993, bei Nr. 36 – Dresden 1996, Nr. 1 – Jackson 2004, Nr. I.44 – Hirschfelder 2008, S. 148, Nr. 7 – Aachen/ Amsterdam 2009, Nr. A 28 (siehe auch Detail S. 92)

Charakterbild und Menschenbild

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Aus Ungarn kommend, hat sich Christoph Paudiss in den Jahren 1659 und 1660 nur kurz am kurfürstlich-sächsischen Hof Johann Georgs II. aufgehalten, bevor er nach Wien und Freising weiterreiste. 33

Christoph Paudiss

Dennoch hat sein Wirken in Dresden künstlerische Spuren hinter-

(Hamburg? um 1625–1666 Freising)

lassen, die in jüngerer Zeit wieder vermehrt Beachtung gefunden

Ein Heyducke in hoher Mütze Bez.: »Christoffer Paudiß. 166…«

haben. 1 Unter den vier in der Gemäldegalerie erhaltenen Werken befindet sich auch der Heyducke in hoher Mütze. Das Brustbild eines jungen Mannes in pelzbesetztem Mantel

Öl auf Leinwand, 59 × 51,5 cm

und exotisch anmutender, pittoresker Kopfbedeckung entspricht ei-

Gal.-Nr. 1995

nem Bildtypus, den Paudiss während seiner Lehrjahre in den

Provenienz: Erstmals im Inventar von 1722–1728; seit 1945 vermisst; 2001 Rückkehr in die Galerie Literatur: Ebert 1963, Nr. 1995 – Sumowski 1983–1994, Bd. 4, Nr. 1573 – Freising 2007, Nr. 13 – Liebsch 2008, S. 139

Niederlanden kennengelernt haben muss. Das Malen von Tronies – einzelner als Kopfstudie oder Brustbild wiedergegebener Figuren mit charakteristischem Gesichtsausdruck und in fantasievoller Kleidung – war eine Spezialität Rembrandts und seiner Schule. Es liegt daher nahe, Joachim von Sandrarts Hinweis Glauben zu schenken, Paudiss sei ein Schüler Rembrandts gewesen, wenngleich sich zu einem Aufenthalt in den Niederlanden außer Paudiss’ eigener Aussage in einem Schreiben an Kurfürst Johann Georg II. bisher keine Dokumente gefunden haben.2 Neben einer Reihe von Tronies mit selbstbildnishaften Zügen in historisierendem Kostüm und Federbarett, die in seinen Wiener und frühen Freisinger Jahren entstanden sind, nimmt der Heyducke in hoher Mütze in Paudiss’ Werk eine Sonderstellung ein: Es steht dem Dresdner Jugendbildnis aus der Mitte der 1650er-Jahre stilistisch nahe und scheint somit vor den anderen Bildern geschaffen worden zu sein (Abb.). Die Anregung zur Darstellung eines Mannes in der Tracht der Heiducken erhielt Paudiss vielleicht während seines Aufenthalts in Ungarn. Dort hatte er Gelegenheit, Angehörigen jener Bevölkerungsgruppe vormaliger Viehhirten zu begegnen, die sich im Zusammenhang mit den Türkenkriegen im 16. und 17. Jahrhundert zunehmend in Räuber- und Söldnerbanden zusammenfanden. Die nahsichtige Schilderung des Mannes, dessen sinnender Blick gerade auf den Betrachter gerichtet ist, hat eine intensive Wirkung. Paudiss modellierte die Gestalt in sicheren, summarischen, zuweilen fast rau-pastosen, zuweilen weich vertriebenen Pinselzügen aus nur wenigen Braun- und Rottönen.

UN

_________ 1 Mayer-Meintschel 1965/66; Dittrich 1999; Liebsch 2008. 2 Vgl. Brief an Johann Georg II. vom 6. Februar 1660, Hauptstaatsarchiv Dresden, Freising 2007, S. 16. Christoph Paudiss: Junger Mann mit grauem Hut, Öl auf Leinwand, 75,5 × 60 cm, SKD, Gemälde galerie Alte Meister, Gal.-Nr. 1996

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Charakterbild und Menschenbild

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Obwohl Balthasar Denner auch Stillleben und Genrebilder schuf, war er vor allem für seine detailgenauen Bildnisse alter Männer und Frauen in ganz Europa berühmt und gefragt – Sammler zahlten Höchstpreise dafür. Diese »Bravourstücke der intimsten Detail beobachtung« nannte man auch »Porendenner«.1 Durch seine unerbittliche Kartografie des menschlichen Gesichts übertraf Denner sogar die Naturtreue der altniederländischen und der altdeutschen Schule.2 Seine Werke sind keine Porträts realer Personen, vielmehr

34

Balthasar Denner (Hamburg 1685–1749 Rostock)

Bejahrte Frau mit weißer Haube, 1731 (?)

ist ihre Anonymität programmatisch. Bestimmte Figurentypen wer-

Öl auf Leinwand, 74,5 × 62 cm

den vorgestellt, die sich auch formal von der zeitgenössischen Por-

Gal.-Nr. 2067

trätmalerei abheben. Mit diesen Bildnissen objektivierte Denner das

Provenienz: Erstmals im Inventar von 1754

menschliche Gesicht zu einem Stillleben und stellte dabei die Kunst

Literatur: Columbus/Ohio 1999, S. 212

beziehungsweise seine eigene Könnerschaft in den Mittelpunkt. Denner und verschiedene Nachfolger, zu denen auch der sächsische Hofmaler Christian Seybold zählt, prägten mit diesen hyperrealistischen Kopfdarstellungen eine eigene Spielart der Charakterköpfe. Auch in der Dresdner Gemäldegalerie befinden sich mehrere Werke Denners, die zum Teil noch vom Künstler selbst erworben wurden.3 Der Galeriekatalog von 1765 weist insgesamt sieben Gemälde in der Äußeren Galerie aus. Darunter befand sich auch das hier gezeigte Werk zusammen mit dem damals als Pendant geltenden Bildnis eines alten Mannes, das heute verloren ist (Abb.). Im Gegensatz zu den oben beschriebenen berühmten Porträts in extremer Feinmalerei zeigt die Behandlung der Bejahrten Frau eine größere Freiheit. Die Malweise ist sehr locker und scheint vor allem im Gewand fast skizzenhaft. Einflüsse der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts sind hier spürbar; so könnte man an Frans Hals als Vorbild denken. Das Gegenstück, ein Bildnis eines alten Mannes in braunem Mantel ist bezeichnet und mit 1731 datiert, sodass auch für das ausgestellte Werk eine ähnliche Datierung angenommen werden kann.

UK

_________ 1 Lichtwark 1898, Bd. 1, S. 132. 2 Wellmann 2008, S. 168. 3 Bildnis einer alten Frau mit weißem Kopftuch, Öl auf Leinwand, 43 × 33,5 cm, Gal.-Nr. 2070, und Bildnis eines Herrn mit langen grauen Haaren, Öl auf Leinwand, 43 × 33,5 cm, Gal.-Nr. 2071, Verlust.

Balthasar Denner: Bildnis eines alten Mannes in braunem Mantel, 1731, Öl auf Leinwand, 75,5 × 63,5 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 2066, Verlust

Charakterbild und Menschenbild

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August III. besaß mindestens 62 Bilder von Pietro Rotari mit Darstellungen unterschiedlichster Köpfe, von denen sich heute noch 25 in der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister nachweisen lassen. 1 35 – 46

Pietro Antonio Graf Rotari

Christian Ludwig von Hagedorn, der einflussreiche Kunstkenner am

(Verona 1707–1762 Sankt Petersburg)

Hofe Augusts III., der selbst einige Exemplare dieser Charakterköpfe

Alter Mann mit Kneifer (Kat. 35) Inv.-Nr. Mo 2098

Alter Mann, die linke Hand am Kopf (Kat. 36) Inv.-Nr. Mo 2093

von Rotari sein eigen nannte, bezeichnete sie treffend als »têtes de fantaisie«.2 Rotari zählt zu den wichtigen Protagonisten des akademischen Klassizismus in Verona, wobei sich seine Reputation insbesondere auf großformatige Altartafeln gründete. Auch als er Mitte des 18. Jahrhunderts nach Dresden kam, wurde er mit zwei großen Altar-

Der heilige Joseph (Kat. 37)

bildern für die neuerrichtete Katholische Hofkirche beauftragt. 3

Inv.-Nr. Mo 2096

Doch auch seine Fähigkeiten in der Porträtmalerei wurden von den

Mädchen mit weißem Kopftuch, nach unten blickend (Kat. 38)

Mitgliedern des Dresdner Hofes sehr geschätzt. Neben August III. sammelten beispielsweise auch Premierminister Heinrich Graf von Brühl und der apostolische Nuntius Ignazio Accoramboni Rotaris

Inv.-Nr. Mo 2087

Charakterköpfe.4 Dass Rotari als einer der wenigen zeitgenössischen,

Alte Frau, das Kinn aufstützend (Kat. 39)

in Dresden tätigen Maler mit einem Bild in der unter August III. eröff-

Inv.-Nr. Mo 2085

neten neuen Gemäldegalerie vertreten war, muss als Auszeichnung verstanden werden.5

Lächelndes Mädchen mit Perlenkette (Kat. 40) Inv.-Nr. Mo 2094

Brieflesendes Mädchen, den Kopf aufgestützt (Kat. 41)

Die varie teste sind als Serie konzipiert und einheitlich in Format und Nahansicht gestaltet.6 Für Dresden ist nicht überliefert, wo diese Bilder ursprünglich präsentiert wurden. Der von der russischen Zarin Katharina II. mit 368 Charakterköpfen ausgestattete Saal im Schloss

Bez. auf dem Brief: »Mad [...] elle / [...] / Dresde.«

Peterhof vermittelt noch heute einen Eindruck von der erzähleri-

Inv.-Nr. Mo 2097

schen Wirkung dieser Bilder (Abb. 5, S. 96). Rotari schuf mit seinen

Jüngling, die linke Hand am Kinn (Kat. 42)

varie teste einen ganzen Kosmos unterschiedlicher Charaktere und

Inv.-Nr. Mo 2163

Affekte. Die Anordnung der Bilder ist dabei mannigfaltig kombinierbar. Der Betrachter ist dazu aufgerufen, aus all den vergnügten,

Schlafender Knabe (Kat. 43)

schelmischen, traurigen, neugierigen, schlafenden oder nachdenk-

Inv.-Nr. S 170

lichen Gesichtern Geschichten zu ersinnen. Entscheidend ist das

Schlummerndes Mädchen (Kat. 44)

Prinzip der Gegensätze, sei es in Alter, Charakter, Affekt oder im dargestellten Handlungsmoment. Unter den Köpfen finden sich häufig

Gal.-Nr. 600 B

Charaktere unter dem Einfluss des Saturn, der den Menschen Me-

Mann mit Pelzmütze, den rechten Zeige-

lancholie und Schwermut beschert. Dieser Ikonografie gehört nicht

finger erhoben (Kat. 45)

nur das brieflesende Mädchen (Kat. 41) an, sondern auch die Dar-

Inv.-Nr. S 40

stellungen von Schlaf, Nachdenklichkeit, Trägheit und Trauer. Die melancholischen Stimmungen bilden den Fond, vor dem sich die

Mädchen mit pelzbesetzter Jacke (Kat. 46)

anderen varie teste mit ihren verschiedenen Gemütszuständen

Inv.-Nr. Mo 2092

kontrastreich abheben können.

AH

_________ Öl auf Leinwand, 42/44 × 31/35,5 cm Provenienz: Erstmals im Inventar von 1809; 1937 in Schloss Pillnitz; nach 1945 zu den Dresdner Sammlungen mit Ausnahme von Kat. 44 (schon 1925 zur Galerie) Literatur: Polazzo 1990, S. 60ff. – Dresden 1999, Nr. III passim – Marx 2006/07, Bd. 1, S. 191–194 – Henning 2007 – Verona 2007, S. 166f., Nr. 123–134 und 388f.

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Charakterbild und Menschenbild

1 Inv. 1809, Bd. 2, Nr. 1798–1860. 2 Hagedorn 1755, S. 25. 3 Polazzo 1990, Nr. 106 und 107 (1945 verbrannt). 4 Zu Rotaris Dresdenaufenthalt vgl. Ciancio 1999; Weber 1999; Henning 2007; Koch 2009, S. 193ff.; zu Rotaris Maltechnik vgl. Giebe 1999. 5 Ruhe auf der Flucht, Öl auf Leinwand, 274 × 209 cm, Gal.-Nr. 596, Verlust. 6 Zu dem aus Grafikfolgen entlehnten Begriff der varie teste vgl. Weber 1999, S. 45f.

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KAPITEL IV

»Die schönste in der Welt« – Winckelmann und die Gemäldegalerie

»Die Königl. Bilder Gallerie ist nachdem die Modenesische und Pragische und verschiedene andere dazu gekommen, die schönste in der Welt« – so äußert sich Johann Joachim Winckelmann in einem Brief aus dem Jahr 1749 an seinen Freund Konrad Friedrich Uden über die Dresdner Gemäldegalerie.1 Er war kurz zuvor nach Nöthnitz gekommen, einem Adelsgut unweit von Dresden, um dort als Bibliothekar von Heinrich von Bünau zu arbeiten. Offen bar besuchte er zunächst nur sporadisch, später immer häufiger die Galerie in Dresden. Sie war zu diesem Zeitpunkt bereits in das neugestaltete Stallgebäude am Jüdenhof gezogen und wurde von dem Galerieinspektor Pietro Maria Guarienti eingerichtet. Guarienti entwickelte eine komplexe Präsentation der Gemälde, an der sich die Bedeutung und Wertschätzung bestimmter Künstler und ihrer Werke ablesen ließ. Die Galerie war, wie verschiedene Textdokumente und Bilder belegen, Kunstliebhabern und Künstlern zugänglich, die sich im Gespräch und künstlerisch mit den Werken auseinandersetzten. Zu ihnen gehörte auch Winckelmann, der sein kunsthistorisches Wissen durch den Besuch der Galerie und die fachmännische Anleitung der Inspektoren wie Guarienti oder Johann Gottfried Riedel vertiefte. Winckelmann erwähnte in seinen Briefen immer wieder Kunstwerke aus Dresden. Zudem existiert ein Textfragment von 1752/53, die Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dreßdner Gallerie, in dem er seine Sicht auf die Galerie darlegt. Aber auch in späteren Werken wie seinem wichtigsten Text, den Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Wercke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst aus dem Jahr 1755, entwickelte er seine kunsttheoretischen Vorstellungen anhand von Dresdner Kunstwerken. All diese Textdokumente lassen ein lebendiges Bild der Königlichen Galerie aus der Zeit um die Mitte des 18. Jahrhunderts entstehen. Stationen einer Sammlung: Zur Vorgeschichte der Gemäldegalerie Die Dresdner Kunstkammer, von Kurfürst August von Sachsen im Jahr 1560 gegründet, gehört zusammen mit den etwa zeitgleich entstandenen Kunstkammern in Wien und München zu den ersten ihrer Art in Europa. In Dresden sind zum ersten Mal Gemälde im Kontext einer Sammlung vorzufinden. Natürlich hatten die wettinischen Kurfürsten auch schon zuvor Gemälde erworben und beauftragt, sie gehörten allerdings zur Ausstattung der Räume wie die drei Tafeln von Lucas Cranach d. J. mit Herkulesdarstellungen im Turmzimmer des Dresdner Residenzschlosses. Die Kunstkammer war in fünf Zimmern im dritten Geschoss des Westflügels des Schlosses untergebracht, wo neben den Gemälden auch Naturalien, Mineralien, kunsthandwerkliche Gegenstände und wissenschaftliche Instrumente aufbewahrt wurden. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges erfuhren die Bildbestände der Kunstkammer eine beachtliche Vermehrung, etwa durch den Ankauf des Nachlasses des Dresdner Hofarchitekten Giovanni Maria Nosseni im Jahr 1622. Im Jahr 1640 wurden in insgesamt acht Räumen die Objekte präsentiert. Ein Inventar aus diesem Jahr verdeutlicht, dass den Gemälden kein eigenes »Zimmer« zur Verfügung

_________ 1 Brief von Winckelmann an Uden am 31. August 1749, in: Rehm 1952, S. 91.

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stand, sie aber offenbar nach Themen geordnet waren: »In diesem vierten zimmer seindt vornehmlich schöne kästlein auf tafeln und tischen und an den wänden schöne geistliche gemälde zusehen.«2 Die Kunstkammer stand seit ihrer Gründung Besuchern unter bestimmten Auflagen offen. Verzeichnisse geben über die Anzahl der Gäste Auskunft: 1642 wollten nur 120 Interessierte die dort ausgestellten Schätze sehen, 1680 waren es 800. Neben Fürsten, Adeligen und Diplomaten befanden sich auch Gelehrte, Studenten oder Kaufleute darunter. Oft kamen auch Goldschmiede, die hier Inspiration suchten. Die eigentliche Glanzzeit der Dresdner Gemäldesammlung begann unter August II. von Polen. Während seiner Regierung bildeten sich nicht nur einzelne Spezialsammlungen heraus, sondern erfolgte auch der Ankauf von Kunstwerken und Gemälden in einem vorher nicht gekannten Umfang. Zwar konzentrierte sich August vor allem auf Preziosen, jedoch wurden auch zahlreiche und vor allem qualitätvolle Gemälde erworben. So lieferte der Kunsthändler Charles Le Roy im Januar 1699 insgesamt 15 Gemälde an die Kunstkammer, darunter die Schlummernde Venus von Giorgione und Tizian (Abb. S. 126). Im Jahr 1707 wurden insgesamt 535 Gemälde der Kunstkammer entnommen und in den »Redoutensaal wie auch in die anderen Zimmer« gebracht und dort aufgehängt.3 Der Redoutensaal lässt sich heute nicht mehr im Residenzschloss nachweisen und könnte auch im nahegelegenen Redoutenhaus beheimatet gewesen sein.4 Um 1717 wurde offenbar eine grundlegende Neukonzeption aller Sammlungen notwendig, die August II. persönlich plante: Im Zusammenhang mit einer größeren Schlossanlage sollte in einem unabhängigen Bereich neben Räumen für andere Bestände auch eine lange Galerie mit »childereien und statuen« eingerichtet werden (Abb. 1). Allerdings wurde dieses Projekt nie verwirklicht. Trotzdem erfuhr die Präsentation der Gemälde eine einschneidende Veränderung: Anlässlich der Hochzeit des Kurprinzen Friedrich August mit der Habsburger Prinzessin Maria Josepha im Jahr 1719 richtete man die durch einen Brand schwer beschädigten Repräsentationsräume in der zweiten Etage des Residenzschlosses wieder her, zu denen auch eine über 60 Meter lange und fast acht Meter breite Galerie für die Gemälde, Statuen, Büsten und Statuetten gehörte.5 Neben Meisterwerken von Anthony van Dyck, Rembrandt, Peter Paul Rubens oder Luca Giordano waren hier Werke sächsischer Hofkünstler wie Adám Mányoki (Kat. 4) oder Christoph Paudiss (Kat. 33) vertreten. Allerdings war dieser Aufstellungsort nicht von Dauer: Bereits 1725 wurde der Riesensaal im Nordflügel als Galerie hergerichtet; angrenzende Räume

Abb. 1 August II. von Polen: Skizze für den idealen Museumsbau, um 1717, Hauptstaatsarchiv Dresden, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 2097/33, Bl. 28

_________ 2 Syndram/Minning 2010, S. 157r. 3 Archiv der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Posse Nachlass, Bd. 13, fol. 2–38; vgl. auch Spenlé 2008, S. 36. 4 Schölzel 2012, S. 18. 5 Spenlé 2008, S. 53.

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Winkelmann und die Gemäldegalerie

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Abb. 2 Antoine Aveline: »Premier grande Salle nomé Riesen Saal« – Der Riesensaal im Dresdener Schloss, Kupferstich, 25,5 × 44 cm, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. A 153219

beherbergten bereits seit 1721 Gemälde (Abb. 2). Hier wie bei den zuvor für die Sammlungen genutzten Räumen war die dekorative Wirkung des Gesamtensembles von Bedeutung – ihr hatten sich auch die Gemälde unterzuordnen. Die Königliche Galerie im Stallgebäude Unter dem Sohn und Nachfolger Augusts II., König August III. von Polen, erhielt die Gemäldesammlung erneut entscheidende Impulse und einen dauerhaften Ausstellungsort. Zu den Anfängen der Dresdner Galerie als einer Sammlung von internationalem Rang hatte August II. den Grundstein gelegt, die exzeptionelle Qualität ihres Bestandes ist jedoch vor allem den Ambitionen Augusts III. zu verdanken. Die Galerie wuchs in seiner Regierungszeit um bedeutende Meisterwerke vor allem italienischer Künstler. Der Riesensaal war nach dem Tod Augusts II. 1733 zu Gemächern der neuen Kurfürstin Maria Josepha umgestaltet worden, in denen nur wenige der ursprünglich dort ausgestellten Gemälde nun als Dekoration dienten. Vermutlich brachte man die restlichen Werke in den ersten und zweiten Stock des Stallgebäudes am Jüden hof. Dort waren neben Räumen für Gäste des Königs auch Säle für Sammlungen vorgesehen, wie eine Kupferstichserie aus dem Jahr 1740 zeigt (Abb. 3–5). Hier befand sich unter anderem eine »grande gallerie aux Pintures« (Abb. 3, »f«) in der ersten Etage und eine »petite gallerie de peintures« (Abb. 4, »e«) in der zweiten. Aus einem Nachtrag zum Inventar von 1741 ergibt sich, dass insgesamt fast 2.000 Gemälde im Stallgebäude zu sehen waren. Im Jahr 1745 gelang dann ein besonderer Coup: Die Erwerbung der Gemäldesammlung des Herzogs Francesco III. d’Este von Modena. Immer wieder wurden verschiedene Projekte zu einem Museumsneubau vorgeschlagen, beispielsweise durch Graf Francesco Algarotti im Jahr 1742. August III. entschied sich jedoch spätestens 1744 für den Umbau des Stallgebäudes durch den Hofarchitekten Johann Christoph Knöffel. Dieser hatte bereits für Heinrich Graf von Brühl den Bau eines Galeriegebäudes auf der Brühlschen Terrasse am Elbufer geleitet, sodass er mit den Anforderungen einer Galerie bestens vertraut war. Das Stallgebäude wurde nach seinen Plänen umfassend umgestaltet: Das zweite Geschoss wurde abgetragen und das erste bedeutend erhöht (Abb. 6). Die neunachsige

Winkelmann und die Gemäldegalerie

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Abb. 3 Alexander Glässer: Stallgebäude – »Grund zur Ersten Etage«, 1740, Kupferstich, 20,3 × 30,4 cm, SKD, KupferstichKabinett, Inv.-Nr. A 131509 Abb. 4 Alexander Glässer: Stallgebäude – »Andere Etage«, 1740, Kupferstich, 20,3 × 29,7 cm, SKD, Kupfer stich-Kabinett, Inv.-Nr. A 131510

Fassade wurde von einer Reihe hoher Bogenfenster gegliedert, die sich an den Seiten des Baus wiederholten. Der Grundriss (Abb. 7) war in seiner Primärstruktur in eine Innere und eine Äußere Galerie aufgeteilt. Die Innere Galerie wurde dabei durch Fenster beleuchtet, die sich zu einem Lichthof öffneten. Man erhielt somit eine durchlaufende Galeriewand mit einer gegenüberliegenden Fensterfront, was ganz dem damaligen Galerieschema entsprach, beispielsweise in Düsseldorf oder Wien. Die Größe der so entstandenen Säle war beeindruckend: Bei einer Höhe von fast neun Metern maßen die Wände der Äußeren Galerie 48 beziehungsweise 47 Meter und die der Inneren 33 beziehungsweise 29 Meter. Diese Aufteilung in Innere und Äußere Galerie ermöglichte eine Trennung der Kunstwerke nach Schulen. In der Inneren Galerie hingen vor allem Meis-

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Winkelmann und die Gemäldegalerie

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Abb. 5 Alexander Glässer: Stallgebäude – »Grund- und Aufriß des Königl. Stalls in Dreßden«, 1740, Kupferstich, 19,2 × 29,8 cm, SKD, Kupferstich- Kabinett, Inv.-Nr. A 131511

terwerke italienischer Künstler, während in der Äußeren Galerie die nordalpinen Maler vertreten waren. Zudem enthielt ein kleines Kabinett Pastelle aus Frankreich, Italien und Sachsen. Innerhalb von zwei Jahren waren die verschiedenen Arbeiten wie die Auslagerung der im Stallgebäude befindlichen Gemälde, der äußere Umbau und die Innenausstattung soweit abgeschlossen, dass der Kronprinz die »fast völlig fertige neue Bildergallerie« im Juli 1746 besichtigen konnte.6 Die Galerie zeigte sich in der Innendekoration relativ zurückhaltend, wie eine Beschreibung Dresdens aus dem Jahr 1783 erörtert: »Die Decke ist weiß, ungemahlt, die Wände mit gründamastenen Tapeten mit goldenen Leisten, und obenher dergl. Laubwerk bekleidet, und auf ihnen hängen die Bilder in prächtigen goldenen Rahmen von Bildhauerarbeit. Auf dem unteren Schenkel des Rahms steht das königliche Wappen, auf dem obern darüber die Krone, von Gold.«7 Die Rahmen sind für die Dresdner Galerie von besonderer Bedeutung. Die Fertigung der einheitlichen Rokokorahmen, von denen sich bis heute eine große Anzahl erhalten hat, zog sich über mehrere Jahre hin. Die Bildhauer Matthäus Kugler und Franz Deibel leiteten die Herstellung der Goldrahmen mit aufwendigen Rocaille-Schnitzereien, unten mit einem Monogramm und oben dem gekrönten Wappen des Königs versehen. So wurden unterschiedliche Gemälde optisch zusammengefasst und die königliche Pracht in Szene gesetzt. Der Aufwand lohnte sich, wie Johann Wolfgang Goethe 1768 bei seinem Besuch der Galerie bemerkte: »die blendenden Rahmen, alle der Zeit noch näher, in der sie verguldet wurden, […] gaben ein Gefühl von Feyerlichkeit, […] womit man ein Gotteshaus betritt.«8 Winckelmanns Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdner Gallerie als Schule des Sehens Winckelmann war zu einer Zeit in Dresden, als die von Goethe später so bewunderte Galerie im

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Entstehen und ständigen Wandel war – als Gebäude und als Sammlung. Noch immer tätigte

6 Historischer Kern Dresdnischer Merk würdigkeiten 1746, S. 54. 7 Hasche 1783, S. 77; vgl. auch Heres 2006, S. 127. 8 Goethe 1818, Bd. 2, S. 170f. 9 Brief von Winckelmann an Uden am 14. September 1748, in: Rehm 1952, S. 87.

August III. bedeutende Gemäldeerwerbungen für Dresden; Winckelmann selbst schrieb dazu nur wenige Wochen nach seiner Ankunft in Nöthnitz: »Der König von Polen hat des Herzogs von Modena Galerie von Gemälden an sich gekaufet, welche in Venedig versetzet gewesen für 500000 Rthl.«9 Es kamen jedoch nicht nur ständig neue Kunstwerke nach Dresden, auch ihre

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Abb. 6 Michael Keyl: Fassade der Gemäldegalerie, Kupfer stich, in: Carl Heinrich von Heineken (Hg.): Recueil d’Estampes d’après les plus célèbres Tableaux de la Galerie Royale de Dresde, Dresden 1757, Bd. 2 Abb. 7 Michael Keyl: Grundriss der Gemälde galerie, Kupferstich, in: Carl Heinrich von Heineken (Hg.): Recueil d’Estampes d’après les plus célèbres Tableaux de la Galerie Royale de Dresde, Dresden 1754, Bd. 1

Hängung in der Galerie änderte sich laufend. So sind in dem kurzen Zeitraum von 1747 bis 1754 die Gemälde insgesamt dreimal umgehängt worden. Winckelmann konnte offenbar auch während dieser Umgestaltungen die Sammlung besuchen, wie aus seinen Briefen und Texten hervorgeht. Im März 1752 berichtete er: »Ich habe die Erlaubniß erhalten die Königl. Schildereyen Gallerie so oft ich will zu frequentieren.«10 Ein Jahr später führte er weiter dazu aus: »Es hat mich nicht wenig Mühe gekostet, einen Zutritt, und zwar mit einer Freyheit zu bekommen, daß ich allenthalben, allein, auch an Tagen, wo niemand zugelaßen wurde […] die Galerie habe frequentieren können. […] Ich bin etwa alle 14 oder 8 Tage nach Tisch hineingelaufen oder früh und gegen Tisch wieder heraus.«11 Diesem Brief an seinen Freund Hofrat Hieronymus Dietrich Berendis war eine Anlage beigefügt: die Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dreßdner Gallerie.12 Es ist der erste, allerdings unvollendete Text, den Winckelmann der Geschichte der Kunst widmete. Eine fragmentarische Abschrift wurde 1923 wiederentdeckt und publiziert.13 Sie beschäftigt sich vor allem mit den Werken der italienischen Meister, also der Inneren Galerie, was nahelegt, dass ein zweiter Teil von den nordalpinen Künstlern der Äußeren Galerie handeln sollte. Winckelmann selbst behauptete, dass er sich mit der Schrift seinem Dienstherren

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Heinrich von Bünau empfehlen wollte; sie sollte vor allem zur Instruktion junger adeliger Herren

10 Brief von Winckelmann an Uden am 3. März 1752, in: Rehm 1952, S. 110. 11 Brief von Winckelmann an Berendis am 11. Januar 1753, in: ebd., S. 125. 12 Winckelmann 2002 (Beschreibung). 13 Heres 1991, S. 71. 14 Weddigen 2007, S. 126.

dienen. Es könnte jedoch auch sein, dass er auf eine Anstellung am sächsischen Hof speku-

Winkelmann und die Gemäldegalerie

lierte: Carl Heinrich von Heineken jedenfalls schrieb später, dass er nach der »Direktion der Galerien und Kunstkabinette« gestrebt habe.14 Dennoch ist dieses kennerschaftliche Exerzitium auch ein pädagogischer Galerierundgang, in dem sich die auf vergleichendes Sehen angelegte Hängung des Galerieinspektors Guarienti widerspiegelt.

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Sehr wahrscheinlich hatte Winckelmann die Galerie von 1750 vor Augen, als er seine Beschreibung verfasste, oder er war in der nachfolgenden Zeit der Umhängung häufig zu Besuch, wie sich aus verschiedenen Bemerkungen zu bestimmten Bildern herauslesen lässt.15 So seien das Bildnis einer Dame in Weiß von Tizian (Kat. 47) und weitere Werke zu hoch gehängt – ein Kritikpunkt, der in der späteren Präsentation behoben wurde. Aber auch strukturelle Merkmale griff Winckelmann auf, indem er zwei Pendants verglich, hier von Ribera (Kat. 54 und Abb. S. 130): »Von Spagnolet [Ribera] sind sonderlich ein Betender Eremit und ein h. Stephanus, groß wie die Natur, zu bemerken, von denen der letzte in seiner sehr dunckelen Art ist.«16 Des Weiteren bezog er Werke gleichen Themas aus unterschiedlichen Epochen und Schulen aufeinander, die auch in der Hängung einander gegenübergestellt waren. Damit griff Winckelmann den Kernpunkt der Präsentation Guarientis auf: »Man kann die Vorzüge dieses Stücks noch mehr durch Vergleichung mit der kostbaren großen Anbetung der Weisen von Albrecht Dürern, wo von ich unten reden werde, einsehen lernen.«17 Hinter der repräsentativen, eindrucksvollen und sehr dichten Hängung der Werke, die als solche schon ein dekoratives Gesamtkunstwerk darstellte, verbarg sich also eine Schule des Sehens. Die Bilder sollten vom Betrachter zueinander in Beziehung gesetzt werden; das Auge sollte sich darin üben, Unterschiede zwischen einzelnen Künstlern, Epochen oder Schulen zu erkennen. Man ging sogar so weit, Original und Kopie miteinander auszustellen und somit eine kennerschaftliche Auseinandersetzung über Originalität anzuregen. Winckelmann rezipierte in seiner Beschreibung die Kunstauffassung, die am sächsischen

Abb. 8 Raffael: Sixtinische Madonna, 1512/13, Öl auf Leinwand, 269,5 × 201 cm, SKD, Gemälde galerie Alte Meister, Gal.-Nr. 93

Hof vorherrschte. Deutlich schlug sich beispielsweise die Vorliebe der sächsisch-polnischen Könige für die venezianischen Meister des Barock wie Andrea Celesti (Kat. 63), Giovanni Battista Piazzetta, Marco Ricci (Kat. 19) oder Tiepolo nieder. Entsprechend wird auch Correggio von Winckelmann gewürdigt, indem er ihm gleich den ersten Abschnitt widmet, den er mit der Feststellung beschließt: »Man siehet mit Vergnügen und Verwunderung den Sprung von seiner ersten bis zu seiner vollkommensten Manier.«18 Innerhalb kurzer Zeit durchlief Winckelmann jedoch einen grundlegenden Geschmackswandel hin zum Klassizismus. Offensichtlich wird diese Entwicklung bei einem Vergleich der Beschreibung mit seinem Hauptwerk Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Wercke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst, das rund zwei Jahre später erschien. In den nachfolgenden Texten wie dem Sendschreiben stellt sich dieser Wandel noch pointierter dar.19 Während er anfänglich die Einheit von colore und disegno für erstrebenswert hielt und Grazie, Weichheit und Wärme als künstlerische Qualitäten hervorhob, zählte später nur noch der contour.20 Es ist Raffaels Sixtinische Madonna (Abb. 8), 1754 nach Dresden gekommen, die für ihn das neue Ideal der »edlen Einfalt und stillen Größe« erfüllt: »Sehet die Madonna mit einem Gesichte voll Unschuld und zugleich einer mehr als weiblichen Grösse, in einer seelig ruhigen Stellung, in derjenigen Stille, welche die Alten in den Bildern ihrer Gottheiten herrschen liessen. Wie groß und edel ist ihr gantzer Contour!«21 Raffael tritt bei Winckelmann an die Stelle von Correggio – eine Änderung der Wertigkeit, die sich in Dresden erst mehrere Jahrzehnte später durchsetzen sollte. Noch war Correggios Heilige Nacht (Abb. S. 172) der Stern am Himmel der Galerie und ihr größter Schatz, wie es sich auch bei dem Dresdner Kunstkenner Heineken und seiner Beschreibung der Galerie von 1757 zeigt.22 Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts setzte die Umwertung mit den Schriften von Georg Forster und Heinrich Meyer langsam ein und bildete sich dann Anfang des 19. Jahrhunderts auch in der Galeriehängung ab: Die Sixtinische Madonna avancierte zum Hauptstück der Galerie.23

UK

_________ 15 16 17 18 19 20 21 22 23

Weddingen 2007, S. 130. Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 3. Ebd., S. 7. Ebd., S. 1. Winckelmann 2002 (Sendschreiben). Weddigen 2007, S. 141. Winckelmann 2002 (Gedancken), S. 46. Heineken 1753/57. Maaz 2012.

Winkelmann und die Gemäldegalerie

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Der erste gedruckte Katalog der Königlichen Gemäldegalerie in Dresden aus dem Jahr 1765 sah in der Dargestellten eine Liebschaft des Künstlers: »Bildniß der Geliebten von Tizian in Haaren, und weiß 47

Tizian

gekleidet. Sie hält eine Art von Fächer. Ein Kniestück.«1 Diese fanta-

eigentlich Tiziano Vecellio

sievolle Interpretation hatte Tradition. Schon der Kunstkritiker Fran-

(Pieve di Cadore um 1488/90–1576 Venedig)

cesco Scannelli notierte 1657 zu der jungen Frau: »in anmutiger Haltung, zeigt in angemessener Würde mehr als die Hälfte des Gesich-

Bildnis einer Dame in Weiß, um 1561

tes und blickt lieblich mit einem Fächer in der Hand.« Dabei war er

Öl auf Leinwand, 102 × 86 cm

sich sicher, dass das Bild das ȟberaus wahre Bild von Tizians Ge-

Gal.-Nr. 170

liebter« darstelle.2

Provenienz: 1746 aus der herzoglichen Galerie, Modena

Meisterwerke aus der Sammlung des Herzogs Francesco III. d’Este

Literatur: Wethey 1969/75, Bd. 2, Nr. 59 – Pedrocco 2000, Nr. 191 – Marx 2006/07, Bd. 1, S. 223 – Henning 2010 – Dresden 2010, Nr. 1

1745/46 gelangte das Gemälde als Teil des Ankaufs der 100 nach Dresden. Die Frage nach der Identität der Dame bewegte die Gemüter nachhaltig, wechselweise wurde in ihr eine Kurtisane, eine Braut, Tizians Tochter Lavinia, ein uneheliches Kind oder eine Personifizierung der Schönheit an sich vermutet. Winckelmann hielt sie für die Geliebte des Malers.3 Tizian selbst machte nur eine Andeutung: Als er das Gemälde 1561 an den Ferrareser Herzog Alfonso II. d’Este schickte, teilte er ihm mit, dass es sich um das für ihn »teuerste Wesen auf der Welt« handle.4 Tizian war ein Meister der Porträtmalerei, der Kaiser, Dogen, Fürsten, Adelige, Gelehrte und Kaufleute auf die Leinwand bannte. Auch die Dame mit dem weißen Gewand scheint der vermögenden Oberschicht anzugehören. Das Kleid aus Seidenatlas, die goldenden Armbänder, der Rubinring und der Ziergürtel, der teure Fähnchenfächer und die vielen Perlen – als Halskette, Ohranhänger und Haarschmuck – zeugen von großem Wohlstand. Doch lässt sich in Tizians Œuvre dasselbe Modell mehrfach wiederfinden. Wahrscheinlich ging es ihm nicht vorrangig um die Dargestellte als konkrete Person, sondern vielmehr als überpersönliches Ideal. Seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts, vor allem seit den ersten belle donne veneziane von Giorgione, hatte sich in Venedig eine Bildtradition etabliert, die ideale Schönheit zu erfinden suchte. Zu dieser Gattung gehört aller Wahrscheinlichkeit nach auch das Dresdner Bild.

AH

_________ 1 Zit. nach: Riedel/Wenzel 1771, G.I. 181, S. 177. 2 Scannelli 1966, S. 222f. 3 »Sie soll die Liebste des Mahlers Violanta seyn. […] Nur schade, daß es zu hoch stehet.« Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 1. 4 Scannelli 1966, S. 223.

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Palma il Vecchios Kunst entstand im fruchtbaren Klima der venezianischen Renaissance, in der Künstlergrößen wie Giovanni Bellini, Giorgione und Tizian (Kat. 47) die Malerei mit neuen Themen, Techni48

Jacopo Palma il Vecchio

ken und Stilen revolutionierten. Zu den neuartigen Bildthemen dieser

(Serinalta 1480–1528 Venedig)

Zeit gehörte der weibliche Akt. Palmas Darstellung einer lagernden

Ruhende Venus, um 1518/20

nackten Frau in einer Landschaft rekurriert im Wesentlichen auf die von Giorgione begonnene und vermutlich von Tizian vollendete pro-

Öl auf Leinwand, 112 × 186 cm

totypische Komposition der Schlummernden Venus, die sich eben-

Gal.-Nr. 190

falls in der Dresdner Gemäldegalerie befindet (Abb.). Einige Unter-

Provenienz: 1728 durch Lorenzo Rossi aus Italien Literatur: Rylands 1988, Nr. 43 – Venedig 1999, Nr. 140 – München 2001, Nr. 2 – Marx 2006/07, Bd. 1, S. 168

schiede sind dennoch offenkundig: Anstelle einer schlafenden Venus pudica, die ihre Scham vor den Blicken des Betrachters verbirgt, zeigt Palma eine wache, zugewandte Frau. Im Gegensatz zu ihrem passiven Vorbild nimmt sie Kontakt mit dem Gegenüber auf. Während die schlafende Schönheit von Giorgione und Tizian eindeutig als Liebesgöttin identifiziert werden kann, da in der Komposition ursprünglich einmal ein kleiner Amor angelegt war, finden sich bei Palma keine derartigen Attribute. Die Platzierung der blonden Schönheit am Rande eines Gewässers legt vielmehr ihre Interpretation als Nymphe nahe. Das abgelegte weiße Hemd stützt diese Vermutung, da eine derartige Bekleidung in zeitgenössischen Theaterstücken als typisch für Nymphen galt. Dass die Identität der Figur aber im Grunde zweitrangig und die Darbietung der entkleideten Frau das eigentliche Sujet des Bildes ist, machen zwei Liegeakte Palmas in Pasadena und London deutlich, in denen die gleiche Figur einmal als Venus und einmal als Nymphe auftritt.1 In seiner Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dreßdner Gallerie bespricht Winckelmann verschiedene Werke Tizians und erwähnt dabei eine »liegende nackende Venus«, die er jedoch nicht sonderlich schätzt und sie daher für die Arbeit eines Schülers hält.2 Wahrscheinlich hatte Winckelmann bei dieser Äußerung Palmas Gemälde vor Augen und nicht etwa Giorgiones und Tizians Schlummernde Venus (Abb.).3 Letztere galt zwar nach dem Gesamtinventar von 1722–1728

Giorgione und Tizian: Schlummernde Venus, um 1508/10, Öl auf Leinwand, 108,5 × 175 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 185

als Werk Tizians, ihre Spur hatte sich jedoch im 18. Jahrhundert vorrübergehend verloren, weswegen sie auch nicht in der Königlichen Galerie am Jüdenhof ausgestellt war.4 Palmas Venus ist hingegen für das Jahr 1754 in der Galerie nachweisbar.

MH

_________ 1 Venus und Cupido in einer Landschaft, um 1515, Öl auf Leinwand, 89 × 167 cm, Pasadena (CA), Norton Simon Art Foundation, Inv.-Nr. M.1996.1.P, und Nymphe in einer Landschaft, um 1520, Öl auf Leinwand, 77,5 × 153 cm, London, The Courtauld Gallery, Inv.-Nr. P.1978.PG.305. 2 »Man giebet außerdem noch eine liegende nackende Venus vor ein Werk dieses Meisters [Tizian] aus: sie hat aber keine vorzügliche Schönheiten, und kann vielleicht nur aus seiner Schule seyn.« Winckelmann 2002 (Be schrei bung), S. 1f. 3 Weddigen 2007, S. 130. 4 Vgl. Weber 2001, S. 18.

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Pietro della Vecchia schuf neben Historienbildern und Landschaften auch Porträts. Dabei erfreuten sich vor allem seine Charakterköpfe und halbfigurigen Darstellungen von Kriegern großer Beliebtheit. Besondere Verbreitung fand die Komposition des Bärtigen Mannes, der sein Schwert zieht: Zahlreiche Versionen, die sich nur in Einzelheiten und im Format unterscheiden, befinden sich in verschiedenen europäischen Sammlungen wie dem Louvre, der Warschauer und der Prager Nationalgalerie. Auch Johann Joachim Winckelmann ging in seiner Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dreßdner Gallerie auf dieses Werk ein. Allerdings wies er es nicht – wie der damalige Galerieinspektor Pietro Guarienti – della Vecchia, sondern Caravaggio zu: »Von Caravaggio findet sich ein Soldat, aus Modena, groß wie die Natur, an den er alles recht greiflich gemacht hat durch seine schwartze Schat-

49

Pietro della Vecchia (Venedig 1605–1678 Venedig)

Bärtiger Mann, der sein Schwert zieht Öl auf Leinwand, 117 × 100 cm Gal.-Nr. 531 Provenienz: 1748 aus der Casa Gheltof, Venedig Literatur: Posse 1929, S. 233 – Aikema 1990, S. 149, Nr. 211

ten.« 1 Zwar sind im Werk della Vecchias durchaus caravaggeske Elemente enthalten, jedoch gehen sie in diesem Bild nicht über die starken Hell-Dunkel-Kontraste hinaus. Winckelmann irrte sich auch in der Provenienz des Gemäldes, da es nicht aus der Galleria Estense in Modena stammte, sondern durch Bernardo Benzoni in Venedig erworben wurde. Winckelmann erwähnte noch drei weitere Werke, die damals Caravaggio zugeschrieben wurden, heute jedoch als französische Caravaggisten gelten.2 Bei ihnen bemängelte er die zu hohe Hängung, lediglich ein »Stück aber von einem Filou, der mit jemanden in der Carte spielet, hänget niedriger, seine Art eigentlich zu bemerken.«3 Hier zeigt sich deutlich, dass Winckelmann sein Erleben in der Galerie unmittelbar zum Ausdruck brachte: Bestimmte Werke hingen offenbar zu hoch, um genauer in Augenschein genommen werden zu können. An anderer Stelle diente ihm Caravaggio als Maßstab; so seien zum Beispiel einige der »stärckeren« Stücke von Guido Reni »Caravaggio-mäßiger Art«.4 Hier versuchte er durch das Herstellen von Bezügen seine Kenntnisse in Kunstsachen zum Ausdruck zu bringen, anscheinend erhoffte er sich eine entsprechende Anstellung bei Hofe.

UK

_________ 1 Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 3. 2 Valentin de Boulogne: Die Falschspieler, um 1615/18, Öl auf Leinwand, 94,5 × 137 cm, Gal.-Nr. 408; Bartolomeo Manfredi (Schule): Die Kartenspieler, Öl auf Leinwand, 123 × 173 cm, Gal.-Nr. 414, und Nicolas Tournier: Die Verleug nung Petri, Öl auf Leinwand, 127 × 175 cm, Gal.-Nr. 413. 3 Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 3. 4 Ebd.

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Der heilige Hieronymus gilt als Verfasser der Vulgata, der lateinischen Übersetzung der Heiligen Schrift aus dem hebräischen Urtext. Aus diesem Grund wird er häufig als alter Gelehrter mit Büchern und 50

Anthony van Dyck

Schreibutensilien wiedergegeben. Van Dyck greift in diesem Bild je-

(Antwerpen 1599–1641 Blackfriars)

doch einen anderen Darstellungstypus auf, der den Heiligen als bü-

Der heilige Hieronymus, um 1620

ßenden Eremiten in der Landschaft zeigt. In jungen Jahren hatte Hieronymus einige Zeit als Einsiedler in der Wüste von Chalkis im

Öl auf Leinwand, 196 × 217 cm

heutigen Syrien gelebt. Van Dyck schildert ihn jedoch als ergrauten

Gal.-Nr. 1024

bärtigen Greis – eine Darstellungsweise, die sich entgegen der bio-

Provenienz: Erstmals im Inventar von 1747–1750

grafischen Fakten durchgesetzt hat, wohl weil sich auf diese Weise

Literatur: Barnes 2004, Nr. I. 35 – Marx 2006/07, Bd. 1, S. 375 – Madrid 2012, Nr. 70

die beiden ikonografischen Typen miteinander verbinden lassen. Winckelmann vergleicht das Gemälde in seiner Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dreßdner Gallerie mit dem Einsiedler Paulus von Jusepe de Ribera (Abb.).1 In der Gegenüberstellung wird die historische Präsentation beider Werke offenkundig, die wohl in Sichtweite zueinander an zwei angrenzenden Schauwänden der Inneren Galerie platziert waren.2 Die Hängung des zuständigen Galerieinspektors Pietro Guarienti setzte Bilder ähnlicher Themen aus unterschiedlichen Schulen und Epochen zueinander in Beziehung. Winckelmann greift dieses Ordnungsmerkmal in seiner Beschreibung auf. Dabei hält er den Hieronymus jedoch für ein Gemälde von Peter Paul Rubens; ein Irrtum, der aufgrund der stilistischen Nähe van Dycks zu seinem Vorbild verständlich ist. Im Inventar von 1747– 1750 wurde das Bild selbst von Guarienti zunächst als Werk von Rubens geführt, bevor es 1754 dann als van Dyck Aufnahme fand. Tatsächlich steht die Komposition in engem Zusammenhang mit einem Gemälde gleichen Sujets von Rubens, das sich ebenfalls in Dresden befindet.3 Als Mitarbeiter in Rubens’ Antwerpener Werkstatt waren van Dyck dessen Bilderfindungen sehr vertraut und lieferten dem jungen Künstler vielfach die Grundlage für die eigene künstlerische Bearbeitung eines Themas. Das vorliegende Bild hat wahrscheinlich einstmals Rubens gehört, der einige Gemälde des begabten van Dyck, darunter drei Hieronymus-Darstellungen, erworben hatte.4

MH

_________ 1 »Seinen Eremiten [Spagnolet/Ribera] kan man mit dem Eremiten |: oder dem h. Hieronymo, unter welchen Namen dieses Stück auch bekant ist :| von Rubens [van Dyck], vergleichen.« Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 3. Vgl. Weddigen 2007, S. 130f. 2 Vgl. ebd., S. 591f., Abb. 281 und 282. 3 Peter Paul Rubens: Der heilige Hieronymus, um 1615, Öl auf Leinwand, 236 × 163 cm, Gal.-Nr. 955. 4 Nachlassinventar von Peter Paul Rubens, 1640, Nr. 230, vgl. Barnes 2004, S. 51.

Jusepe de Ribera (Werkstatt?): Der Einsiedler Paulus, Öl auf Leinwand, 205,5 × 151,5 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 687

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Der Bologneser Maler Guido Reni gibt den heiligen Hieronymus als Eremiten wieder; der Stein in seiner Rechten weist ihn als büßenden Asketen aus. Anders als sein flämischer Zeitgenosse Anthony van Dyck (Kat. 50) zeigt Reni den Heiligen jedoch nicht in der Wildnis, sondern vor dunklem, nicht näher bestimmbarem Fond in einer konzentrierten Halbfigurenansicht. Seine linke Hand ruht auf einem Felsen und hält ein schlichtes Holzkreuz. Ein schmaler, unauffälliger Nimbus über seinem Haupt weist ihn – im Gegensatz zu van Dycks Darstellung – dezidiert als Heiligen aus. Reni löst die Figur des büßenden Einsiedlers aus dem Erzählzusammenhang heraus und lenkt den Blick des Betrachters damit auf die Gefühlsregungen des alten Gelehrten. In seinem gesenkten, nach innen gerichteten Blick drücken sich Gedanken der Umkehr und Buße aus. Mit derartigen Darstellungen christlicher Einzelfiguren hat Reni die Bildwelt des 17. und 18. Jahrhunderts in ganz Europa nachhaltig geprägt (vgl. Kat. 56). Winckelmann erwähnt Reni in seiner Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dreßdner Gallerie mehrfach. Dabei bewertet er dessen Œuvre grundsätzlich positiv und reiht sich damit in das gängige Urteil der Kunsthistoriografen vom 17. bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein.1 Wie bereits Renis Biograf Carlo Cesare Malvasia unterscheidet Winckelmann zwischen einer ersten und zweiten Manier des Künstlers, wobei er der ersten, die er als »Caravaggiomäßige Art« charakterisiert, den Vorzug gibt.2 Er lobt die »Stärcke, Ausdrückung und Erhobenheit« dieser Malweise, der er auch den Heiligen Hieronymus zurechnet.3 Kritik übt er an der hohen Hängung des Bildes in der Inneren Galerie – ein Einwand, den er für andere Werke (Kat. 47 und 49) wiederholt. Tatsächlich waren die Schauwände mit fast neun Metern ausgesprochen hoch, was die Betrach51

Guido Reni

tung, insbesondere kleinerer Formate, in den oberen Wandbereichen

(Calvenzano 1575–1642 Bologna)

erschwerte.4

Der heilige Hieronymus Öl auf Leinwand, 79 × 64,5 cm Gal.-Nr. 331 Provenienz: 1740 aus den königlichen Zimmern Literatur: Baccheschi 1971, Nr. 1881 – Pepper 1984, Nr. 160 – Bonn 2005, Nr. 3/4 (2)

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Winkelmann und die Gemäldegalerie

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_________ 1 2 3 4

Zur Rezeption Renis vgl. Schmidt- Linsenhoff 1988. Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 3. Ebd. Vgl. Weber 1998a, S. 13.

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Diese Hieronymus-Darstellung des neapolitanischen Malers Luca Giordano bildet das Gegenstück zu seiner formatgleichen Darstellung des Einsiedlers Paulus von Theben (Abb.), die sich ebenfalls im Bestand der Dresdner Gemäldegalerie befindet. Thematisch und kompositorisch sind die Werke aufeinander bezogen: Beide Heiligen verbindet ein Dasein in Einsamkeit und Entsagung. Paulus gilt als Begründer des Eremitenlebens. Der Legende zufolge floh er während der Christenverfolgung unter dem römischen Kaiser Decius in die ägyptische Wüste, wo er mehrere Jahrzehnte als Asket verbrachte. Hieronymus hielt schließlich ein Jahrhundert später die Lebensgeschichte des Wüstenvaters fest. In Anlehnung an Paulus ist Hieronymus hier nicht als Gelehrter, sondern auch als Eremit wiedergegeben. In seiner linken Hand hält er das aus den anderen Hieronymus-Darstellungen (Kat. 50 und 51) vertraute Bußwerkzeug, den Stein, während seine rechte einen Totenschädel – Symbol der Vergänglichkeit menschlichen Seins – umfasst. Auch im Aufbau korrespondieren die Pendants: Beide Eremiten sind als Halbfiguren gezeigt, die Gesichter gen Himmel gerichtet. In den nach oben gewandten Blicken drückt sich ihre Hinwendung zu Gott in Gebet und Buße aus. Das einfallende Licht veranschaulicht in diesem Zusammenhang die göttliche Inspiration als Moment spiritueller Zwiesprache. Beide Gemälde wurden in augusteischer Zeit zunächst als Arbeiten des in Neapel tätigen spanischen Malers Jusepe de Ribera inventarisiert. Erst 1887 schrieb sie der damalige Galeriedirektor Karl Woermann Giordano zu, der als Schüler Riberas in Neapel gilt.1 Die starken Hell-Dunkel-Kontraste, die naturalistische und zugleich emotionale Schilderung der Figuren lassen sich als formale Anleihen Giordanos verstehen. Ob es sich um Frühwerke unter dem Einfluss des Lehrers handelt oder um eine gezielte Aneignung des fremden Stils – eine charakteristische Methode für den als »Stimmenimitator« berühmter Kollegen bekannten Maler – ist nicht mit völliger Sicherheit zu sagen. 2 In jedem Fall zeugen die Pendants von der hohen Rezeptivität des neapolitanischen Künstlers, in dessen Œuvre sich verschiedene stilistische Konzepte vereinen.

MH

52

Luca Giordano (Neapel 1634–1705 Neapel)

Der heilige Hieronymus, um 1650/54 Öl auf Leinwand, 77 × 63 cm

_________

Gal.-Nr. 481

1 Woermann 1887, Bd. 1, S. 178, Nr. 480 und 481. 2 Wien 2001a, S. 14. Zur Problematik von Giordanos Jugendwerk und der bewussten »scelta riberesca« in den 1660er-Jahren: ebd., S. 16–20, und De Vito 1991.

Provenienz: Vor 1723 in die Galerie Literatur: Ferrari/Scavizzi 1966, Bd. 3, Nr. 20 – Wien 1988, Nr. 22 – Marx 2006/07, Bd. 1, S. 128

Luca Giordano: Der Einsiedler Paulus, um 1650/54, Öl auf Leinwand, 76,5 × 52,5 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 480

Winkelmann und die Gemäldegalerie

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Das Gemälde des in Venedig beheimateten Maffeo aus Verona zeigt den toten Christus in der Umsorgung durch drei Engel: Sein Leib ruht auf einem Steinquader – wohl einem Sarkophag oder Salbstein – und wird von einem der göttlichen Boten behutsam im Rücken gehalten. Ein weiterer kniet zur Verehrung der Wundmale an seiner Seite, während der dritte mit gefalteten Händen gen Himmel schaut. In diesem Bildtypus, der sogenannten Engelpietà, verbinden sich

53

Maffeo Verona (Verona um 1574–1618 Venedig)

Die Beweinung Christi

einerseits Trauer um den Verlust des Menschensohnes und ande-

Öl auf Leinwand, 108 × 87 cm

rerseits Hoffnung auf seine Auferstehung.

Gal.-Nr. 86

Auffallend an dieser Malerei sind der Nuancenreichtum und die chromatische Weichheit der Farben. Das Inkarnat des Leichnams, Tücher und Gestein sind in feinen Abstufungen wiedergegeben, während die Gewandfarben der Engel für farbige Impulse im Bild sorgen.

Provenienz: 1742 aus der Sammlung Carignan, Paris Literatur: Florenz 1982, Nr. III.2. (als Porta, genannt Salviati) – Vertova 1983, S. 7 – Dijon 2001, Nr. 70

In dieser Handhabung der Farbe wird Maffeos Schulung an venezianischen Vorgängern wie Tizian (Kat. 47) oder Veronese deutlich. Letzterer stammte ebenfalls aus Verona und war der Onkel von Maffeos Lehrer und späterem Schwiegervater Luigi Benfatto. Die Beweinung Christi galt noch als ein Gemälde des florentischrömischen Malers Francesco Salviati, als Winckelmann in den Jahren 1752/53 seine Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dreßdner Gallerie abfasste. 1 Obwohl er das Bild in seiner Schrift nicht erwähnt, dürfte es damals dennoch in der Inneren Galerie und bereits in Nachbarschaft zu Vertretern venezianischer Malerei wie Tizian, Tintoretto und Veronese präsentiert worden sein.2 Der Kunst der Serenissima widmete Winckelmann einen längeren Passus, in dem er sie als Widerstreit von Farbe (colore) und Zeichnung (disegno) charakterisierte, deren Verbindung zur Einheit er als Kriterium künstlerischer Qualität verstand. Diese Auffassung sollte sich in seinen späteren klassizistischen Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Wercke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst (1755) eindeutig zugunsten von Linie und Kontur wandeln.3 Auch wendet er sich hier vom höfischen Kunstgeschmack ab und bemängelt zum Beispiel nun das Fehlen allegorischer Sujets in der Galerie.4 In der Tat überwogen religiöse Themen wie die unter August III. erworbene Beweinung Christi. Dies dokumentiert die persönliche Haltung des Regenten und seiner Gemahlin (Kat. 5 und 6), die nicht nur als Kunstkenner, sondern auch als überzeugte Katholiken im sonst lutherisch geprägten Sachsen Kunst gesammelt haben.

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_________ 1 2 3 4

Erst 1983 hat Luisa Vertova es Maffeo Verona zugeschrieben. Vgl. Weddigen 2007, S. 599, Abb. 295. Vgl. ebd., S. 140–144, hier S. 141. Winckelmann 2002 (Gedancken), S. 56.

Winkelmann und die Gemäldegalerie

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Das Martyrium des heiligen Laurentius von Jusepe de Ribera gehört zu einer Gruppe von neun Dresdner Werken, die eng mit dem Namen des Spaniers verknüpft sind. Diese Bilder, von denen heute nur noch 54

Jusepe de Ribera

zwei als eigenhändige Arbeiten des in Neapel ansässigen Ribera gel-

(Xàtiva 1591–1652 Neapel)

ten, kamen alle unter der Herrschaft Augusts II. und seines Sohnes

Martyrium des heiligen Laurentius, um 1625

nach Dresden, was auf eine hohe Wertschätzung des Malers seitens des sächsischen Hofes schließen lässt.1 Eine Erklärung könnte die besondere Vorliebe der Regenten für die an Caravaggio angelehnte

Öl auf Leinwand, 206 × 154 cm

Hell-Dunkel-Malerei des Seicento sein, die sich allenthalben in der

Gal.-Nr. 686

Sammlung feststellen lässt (Kat. 49, 52 und 55).

Provenienz: Angeblich 1742 durch Carl Heinrich von Heineken aus Hamburg

Laurentius zum Thema, der der Legende zufolge Mitte des dritten

Literatur: Pérez Sánchez/Spinosa 1978, Nr. 272 – Hamburg/Dresden/Budapest 2005, Nr. 25 – Marx 2006/07, Bd. 1, S. 251f. – Weniger 2012, Nr. 14

Das Gemälde hat das Martyrium des frühchristlichen Diakons Jahrhunderts auf Geheiß des Kaisers Valerian auf einem Rost über offenem Feuer zu Tode gefoltert wurde. Ribera gibt den Moment kurz vor der Marter des Diakons wieder und greift damit im Vergleich zu anderen Schilderungen dieses Sujets eine ungewöhnliche Episode auf. Während häufig die Folter des Heiligen durch die Schergen im Mittelpunkt steht, liegt das Augenmerk dieser Komposition auf der Zwiesprache des Märtyrers mit Gott. Seine Haltung und sein himmelwärts gewandter Blick erinnern an Darstellungen des Erzmärtyrers Stephanus, der den Tod durch Steinigung fand. Dies ist wohl ein Grund dafür, dass Winckelmann den Heiligen in seiner Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dreßdner Gallerie nicht als Laurentius, sondern fälschlich als Stephanus identifizierte.2 Sicherlich war die dunkle Gesamtwirkung des Gemäldes, die Winckelmann ebenfalls feststellt, seiner Einordnung des Bildthemas nicht zuträglich. Indem einschlägige Elemente wie der Rost von der Dunkelheit vereinnahmt bleiben, wird die Lesbarkeit der Darstellung zusätzlich erschwert.

MH

_________ 1 Vgl. Weniger 2012, S. 17f. 2 »Von Spagnolet [Ribera] sind sonderlich ein Betender Eremit [Einsiedler Paulus; Abb. S. 130] und ein h. Stephanus [Martyrium des heiligen Laurentius], groß wie die Natur, zu bemerken, von denen der letzte in seiner sehr dunckelen Art ist.« Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 3.

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Winkelmann und die Gemäldegalerie

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Das Gemälde des Bolognesers Leonello Spada nimmt auf die alttestamentarische Geschichte des Kampfes zwischen dem Hirtenjungen David und dem Riesen Goliath Bezug (1. Sam 17). David gelang es, den scheinbar übermächtigen Philister durch einen Stein aus seiner Schleuder zu töten und damit sein Volk erfolgreich aus der Schlacht zu führen. Das Thema des siegreichen David hat Spada mehrfach aufge-

55

Leonello Spada (Bologna 1576–1622 Parma)

David mit dem Haupte Goliaths

griffen, wohl auch aufgrund der Beliebtheit des Sujets unter den zeit-

Öl auf Leinwand, 73,5 × 99,5 cm

genössischen privaten Sammlern. Mindestens fünf Versionen sind

Gal.-Nr. 334

durch historische Quellen belegt; bis auf die Dresdner Fassung gelten jedoch alle als verloren.1 Das Gemälde ist für den Kunstsammler und Förderer Spadas Kardinal Alessandro d’Este entstanden.2 Über den spektakulären Ankauf von 100 Bildern aus der Estensischen Sammlung in Modena unter August III. kam das Gemälde 1746 an den säch-

Provenienz: 1746 aus der herzoglichen Galerie, Modena Literatur: Modena 1986, Nr. 81 – Winkler 1989, S. 212f. – Negro/Pirondini 1994, S. 266f. – Monducci 2002, Nr. 62 – Marx 2006/07, Bd. 1, S. 210

sischen Hof. Spada hat für seine Darstellung den Moment der Geschichte ausgewählt, in dem David mit dem Haupt Goliaths durch den Vorhang in das Zelt des israelischen Herrschers Saul tritt, um ihm die Trophäe zu überreichen (1. Sam 17,57). Durch diese besondere räumliche Situation wird der Betrachter in die Rolle Sauls versetzt. Auf Davids Schulter ruht das übergroße Schwert seines Widersachers, das er nach dem tödlichen Steinwurf zu dessen Enthauptung verwendete. In seiner Rechten hält er das mächtige Haupt. Sein Begleiter – vielleicht Abner, der Heerführer des Königs – stützt die schwere Last zusätzlich mit seinen Armen ab. In dem Größenunterschied von knabenhaftem Sieger und besiegtem Giganten wird die heroische Leistung des alttestamentarischen Helden deutlich. Die Wahl dieser selten dargestellten Szene lässt das Vorbild Spadas klar erkennen: den Zeitgenossen Caravaggio. Spada hatte sich dessen Neuerungen angeeignet und insbesondere die Themen adaptiert. So folgt er in der räumlichen Disposition seines Bildes Caravaggios berühmtem David (Abb.). In seiner weniger grausamen Bildlösung und der formalen Klassizität klingt hingegen der Einfluss seiner Bologneser Kollegen wie der Carracci, Domenichinos und Guido Renis an. Winckelmann erwähnt Spadas Gemälde in seiner Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dreßdner Gallerie nicht. Der an Caravaggio orientierten Hell-Dunkel-Malerei widmet er jedoch umfassende Zeilen, in denen er diese »stark[e] und frech[e]« Malweise als geschmackliche Einstellungssache verficht, und damit dem höfischen Interesse am Caravaggismus entspricht.3 MH _________ 1 Für die verschollenen Versionen vgl. Monducci 2002, S. 194f. 2 Zur Problematik der Identifikation des Bildes mit dem im Nachlass des römischen Kardinals verzeichneten Sujet vgl. ebd., S. 138, und Cremonini 1998, S. 93. 3 Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 6.

Caravaggio: David mit dem Haupt des Goliath, um 1609/10, Öl auf Leinwand, 125 × 101 cm, Rom, Galleria Borghese, Inv.-Nr. 455

Winkelmann und die Gemäldegalerie

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Die gegenreformatorische Programmatik machte es den Künstlern des Barock zur Aufgabe, die Gefühle des Betrachters so direkt wie möglich anzusprechen. Bilder sollten nicht nur Freude bereiten und die Reflexion fördern, sondern starke Emotionen im Rezipienten auslösen. Dadurch präge sich das Gesehene tief im Gedächtnis ein und führe zu einer intensiven inneren Auseinandersetzung. Mit dieser rhetorischen Ausrichtung konnten sowohl die Maler religiöser Bilder als auch die Theologen den Gebrauch von Kunstwerken legitimieren, der durch die Reformation unter erheblichen Rechtfertigungsdruck geraten war. Besonders die Künstler in Bologna aus der Schule der Carracci waren zu Beginn des 17. Jahrhunderts maßgeblich daran beteiligt, die neue Bildsprache zu formulieren. Guido Reni hat diese Entwicklung entscheidend mitgeprägt. 1 Seine Malerei, deren »Stärcke in Ausdrückung der Leidenschafften« Winckelmann in seiner Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dreßdner Gallerie betont, fordert eine unmittelbar affektive, devotionale Antwort des Betrachters heraus.2 Das Bild zeigt Christus im Moment seiner tiefsten Erniedrigung durch die Menschen. Gemäß der Bibel wurde Christus während der Passion von den Soldaten verspottet und gedemütigt. Sie setzten ihm eine Dornenkrone auf, warfen ihm einen purpurnen Umhang um und drückten ihm einen Stock als Zepter in die Hände, um ihn als König zu verhöhnen (Mt 27,27– 30; Mk 15,16–19; Lk 23,11). Der Evangelist Johannes berichtet, dass der römische Statthalter Pontius Pilatus, als er den geschundenen Christus der Jerusalemer Bevölkerung präsentierte, erschüttert ausrief: »Ecce homo« – Sehet, welch ein Mensch (Joh 19,5). Seit dem Mittelalter haben sich hierzu in der Kunstgeschichte zwei Motivgruppen herausgebildet. Zum einen stellten die Künstler die Historie, wie die Soldaten den Gottessohn verspotten beziehungsweise 56

Guido Reni

Pilatus ihn vorführt, in aller Ausführlichkeit dar. Zum anderen schu-

(Calvenzano 1575–1642 Bologna)

fen die Maler einen Bildtypus, der den misshandelten Christus als

Christus mit der Dornenkrone, um 1639/40

isolierte Einzelfigur zeigt. Solche Darstellungen wurden als private Andachts bilder verwendet. Auch Renis Gemälde steht in dieser Tra dition. Sinnfällig stellt er in diesem Spätwerk das Leiden des

Öl auf Leinwand, 79 × 65 cm

Gottessohnes vor Augen und ruft den Betrachter so zu innerer Anteil-

Gal.-Nr. 330

nahme auf. Er setzt damit um, was der Bologneser Bischof Gabriele

Provenienz: 1753 aus der Sammlung Coypel

Paleotti 1582 in seinem einflussreichen Kunsttraktat beschrieben

Literatur: Pepper 1984, Nr. 161. – Dresden 1998, Nr. 14

hatte: Wenn man von den mit lebendigen Farben dargestellten Leiden Christi und Martyrien nicht innerlich bewegt und zur Andacht beflügelt werde, müsse man aus Holz oder Marmor sein.3

AH

_________ 1 Zur rhetorischen Wirkung von Renis Malerei vgl. zuletzt Wimböck 2002, S. 169ff. 2 Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 4. 3 Paleotti 1582, Buch 1, Kap. 25.

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Winkelmann und die Gemäldegalerie

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Carlo Dolci gilt als der bedeutendste Maler im Florenz des 17. Jahrhunderts. Seine Kunst wurde am Hof der Medici, von der toskanischen Aristokratie und den englischen Bildungsreisenden der Grand Tour, die seine Porträts und Heiligenbilder in die Heimat mitbrachten, sehr geschätzt. Dieses Gemälde aus der reifen Schaffensphase des Malers zeigt eine seiner charakteristischen Kompositionen: eine Halbfigurendarstellung religiösen Inhalts, in der Kunst und Glaube in einer überzeitlichen Bildform zusammenfinden. Das Werk kam 1746 unter August III. nach Dresden und gilt als früheste von drei bekannten Fassungen.1 Der Heiland hat – als Einzelfigur frontal an einem Tisch sitzend – den Blick erhoben und spricht offenbar den Lobpreis des letzten Abendmahls und die Worte der Eucharistie (Mt 26,26–29). Der idealisierten Erscheinung Christi stellt Dolci präzise wiedergegebene Gegenstände wie den Kelch oder das faltenreiche Tischtuch gegenüber; Idealität und naturalistische Genauigkeit, Jenseitiges und diesseitig Beobachtetes gehen im Œuvre des Malers eine spannungsvolle Verbindung ein. Dolcis naturgetreue Darstellung der Bildobjekte steht im Zusammenhang mit seiner Vorliebe für Stillleben. Der belegte Kontakt mit den in Florenz tätigen holländischen Stilllebenmalern – etwa Willem van der Aelst, von dem er im Übrigen auch einige Werke besaß – hat ihn in dieser Malweise wahrscheinlich zusätzlich bekräftigt.2 Winckelmann äußert sich in seiner Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dreßdner Gallerie nicht explizit zu Dolcis segnendem Christus. Seine Beobachtungen an der Heiligen Cäcilie (Abb. S. 149) und der Tochter der Herodias (Kat. 62) zur sorgfältigen Maltechnik des Künstlers treffen allerdings auch für dieses Gemälde zu.3 Die Feinheit von Dolcis Malerei wurde später auch über die Galeriehängung thematisiert, indem dem Gottessohn die vier Evangelisten-Darstellungen Guercinos (Kat. 58 und 59) an die Seite gestellt wurden. Je zwei flankierten ihn in unterster Reihe, sodass ein Vergleich zwischen Dolcis emailleartigem Stil und Guercinos pastoser Malweise möglich war. 4 Zudem entfaltete die Nachbarschaft dieser formatähnlichen Einzeldarstellungen eine inhaltliche

57

Carlo Dolci (Florenz 1616–1686 Florenz)

Christus, Brot und Wein segnend, um 1670

Dimension, denn sie führte Dolcis Gedanken des Abendmahles auf

Öl auf Leinwand, 87 × 75 cm

formale Weise in der Hängung fort.

Gal.-Nr. 510

MH

_________ 1 Fassungen in Wiltshire, Corsham Court, und Stamford, Burghley House; eine weitere Version, wohl für den Dom von Pistoia, ist heute verschollen. 2 Baldassari 1995, S. 29. 3 Die heilige Cäcilie, um 1670/72, Öl auf Leinwand, 96,5 × 81 cm, Gal.-Nr. 509. »Diese Stücke [Die heilige Cäcilie, Die Tochter der Herodias] sind mit solchen Fleiß gemacht, daß man fast keinen erhobenen Pinselstrich siehet.« Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 10. 4 Weber 1999a, S. 193ff.

Provenienz: 1746 aus der Casa Rumieri, Venedig Literatur: Florenz 1982, Nr. III. 10 – Wien 1988, Nr. 19 – Baldassari 1995, Nr. 152 – Dresden 1998, Nr. 16 – Marx 2006/07, Bd. 1, S. 101

Winkelmann und die Gemäldegalerie

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58, 59

Guercino

Guercino gehört wie Guido Reni (Kat. 51 und 56) zur Bologneser

eigentlich Giovanni Francesco Barbieri

Schule. Die Serie der vier Evangelisten, von denen hier zwei gezeigt

(Cento 1591–1666 Bologna)

werden, zählt zu den frühesten überlieferten Werken des Künstlers. Die Darstellung des Evangelisten Matthäus wurde 1615 in Bologna

Der Evangelist Markus, um 1615

der Öffentlichkeit präsentiert.1 Es ist anzunehmen, dass der Künstler

(siehe auch Detail S. 116)

zu diesem Zeitpunkt alle vier Evangelisten gemalt hat. Wenige Jahre später sind sie in der Sammlung des Kardinals Alessandro d’Este in

Der Evangelist Lukas, um 1615 Öl auf Leinwand, 87,5 × 70,5 cm (Kat. 58), 87,5 × 71 cm (Kat. 59)

gewesen sein muss. 1625 wurden die Bilder in die fürstliche Sammlung der Familie d’Este in Modena gebracht, wo sie bis zum Ankauf

Gal.-Nr. 358 (Kat. 58), 359 (Kat. 59)

durch August III. verbleiben sollten. Winckelmann hat die »Quadrat-

Provenienz: 1746 aus der herzoglichen Galerie, Modena

Stücke« in seiner Beschreibung der Galerie irrtüm licherweise für

Literatur: Salerno 1988, Nr. 13 und 14 – Washington 1992, Nr. 6 B und C – Marx 2006/07, Bd. 1, S. 139 – Los Angeles 2008, Nr. 27 und 28

142

Rom dokumentiert, was für den jungen Maler eine besondere Ehre

Winkelmann und die Gemäldegalerie

Werke des Bologneser Malerkollegen Reni gehalten.2 Die Stärke der Bilder beruht auf der unmittelbaren Präsenz der eindrucksvoll ausgeleuchteten Figuren. Besonders auffällig ist der Realismus in der Darstellung der Männer, durch den Guercino die

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Persönlichkeiten individuell zu charakterisieren sucht. Jeder der vier

Der Evangelist Lukas wird nicht nur durch sein Symbol identifiziert,

Evangelisten wird durch seine klassischen Attribute kenntlich ge-

den Stier, der ihm hier aus einer fantastisch gerahmten Relieftafel

macht. Bei Markus sitzt oben rechts auf dem Bücherbord ein kleiner

über die Schulter schaut, sondern auch durch seine Tätigkeit. Der

Löwe und beobachtet, wie der Heilige seine Feder mit einem Messer

Legende nach war er ein Maler, der das einzige authentische Marien-

anspitzt. Dabei stützt er sich auf einem Tintenfass und einer Tafel

bildnis schuf. In Guercinos Gemälde hält er Palette und Pinsel zum

ab, in die die Worte »PAX TIBI MARCE« (Friede sei mit dir, Markus)

Malen bereit, während er sinnierend, den Blick nach oben gerichtet,

eingeschrieben sind. Der Künstler scheint hier Darstellungen des

auf die vor ihm stehende Leinwand schaut. Das im Gegenzug auf ihn

Markuslöwen aus Venedig aufgegriffen zu haben. Das Wahrzeichen

herabströmende Licht macht deutlich, dass hier der Augenblick

der Lagunenstadt war ein geflügelter Löwe, der mit der Pranke ein

göttlicher Inspiration dargestellt ist.

aufgeschlagenes Buch hält, in dem geschrieben steht: »PAX TIBI

_________

MARCE EVANGELISTA MEUS.« Einer Legende nach tröstete ein Engel

1 Malvasia 1678, Bd. 2, S. 362. Der Evangelist Matthäus, um 1615, Öl auf Leinwand, 89 × 71,5 cm, Gal.-Nr. 357. 2 »Ferner sind von ihm [Reni] die 4 Evangelisten, welche Quadrat-Stücke sind, und in der Nähe können betrachtet werden.« Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 4.

mit diesen Worten den Evangelisten, als er auf dem Gebiet des heutigen Venedig Schiffbruch erlitt, und prophezeite den Bau der Stadt zu seinen Ehren. Indem Guercino diese Worte in die Darstellung des

AH

Evangelisten einfügt, wird das Werk, das der Schreiber vorbereitet, als himmlisch sanktioniert ausgewiesen.

Winkelmann und die Gemäldegalerie

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Das Gemälde Annibale Carracis, eines Mitbegründers des Bologneser Barock, zeigt einen geflügelten, nach oben schwebenden Jüngling, der in einer ausgreifenden Geste seiner Linken einen goldenen Kron60

Annibale Carracci

reif emporhält. Um den Arm winden sich vier grüne Kränze. Den Flug

(Bologna 1560–1609 Rom)

ponderiert die anmutig in Hüfthöhe einen Stab führende Rechte. Sein

Der Genius des Ruhmes, um 1588/89

Haupt, von goldenen Strahlen umgeben, ziert ein Lorbeerkranz. Sieben Putti begleiten ihn mit bewundernden und erstaunten Gesten.

Öl auf Leinwand, 174 × 114 cm

Ausgehend von intensiven Studien nach dem lebenden Modell, schuf

Gal.-Nr. 306

der Künstler hier eine ideale Auffassung des menschlichen Körpers.

Provenienz: 1746 aus der herzoglichen Galerie, Modena Literatur: Posner 1971, Bd. 2, Nr. 48 – Modena 1998, Nr. 125 – Marx 2006/07, Bd. 1, S. 81 – Los Angeles 2008, Nr. 3 – Maaz 2011a, S. 233–239 (siehe auch Detail S. 2)

Meisterhaft beherrscht er die Bewegung der Figur quer durch den Raum, dynamisch und spannungsreich ist die Gestalt in die Bildfläche eingefügt. Die starke Untersicht, in der die Putti und der Wolkenkranz gemalt wurden, legt eine ursprünglich beabsichtigte Verwendung der Komposition als Deckengemälde nahe. Einer der frühesten Biografen des Künstlers, Carlo Cesare Malvasia, hat die Darstellung als eine Allegorie der Ehre betitelt, als er sie in der Galerie der herzoglichen Familie d’Este in Modena sah.1 Die Identifizierung des Themas ist bis heute kontrovers geblieben, da es sich nicht übereinstimmend mit den gebräuchlichen Emblembüchern der Zeit interpretieren lässt. Das kurz vor dem Verkauf an Dresden erstellte Modeneser Inventar listet es unschlüssig als Alle gorie der Ehre oder der Tapferkeit auf. 2 Winckelmann hat den Dargestellten in seiner 1752/53 abgefassten Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dreßdner Gallerie als »Apollo in den Wolcken« bezeichnet.3 Im zweiten Band des Dresdner Galeriewerks, den Carl Heinrich von Heineken 1757 publizierte, wurde die Figur dagegen »Genius des Ruhms« genannt, was bis in die Gegenwart der maßgebliche Titel bleiben sollte.4 Allerdings finden sich eine Reihe weiterer Interpretationen. So wurde das Bild als Allegorie der Tugendliebe interpretiert oder in der an Apoll gemahnenden, mit Lorbeer bekränzten Figur der Genius der Dichtung erkannt. Zuletzt hat Bernhard Maaz die vier Kränze botanisch bestimmt (von unten nach oben: Wacholder, Eiche, Efeu, Buchsbaum) und einer instruktiven Ausdeutung unterzogen, sodass die Allegorie als eine Verschränkung von herrschaftlicher Tugendliebe und Allusion der Ehre gelesen werden kann.

AH

_________ 1 Malvasia 1678, Bd. 1, S. 502. 2 Gherardi 1986, Nr. 90. 3 »Ein Apollo in den Wolcken groß wie die Natur, vortreflich leicht [...] gezeichnet, und wie das vorige [Christus mit der Dornenkrone, von Engeln gestützt, Gal.-Nr. 302] sehr wohl colorirt und beßer als seine großen Stücke. In den Wolcken um den Apollo erscheinen 7 Köpfe kleiner geniorum, die wenig grace haben.« Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 5. 4 Heineken 1753/57, Bd. 2, Nr. 19. Im Titel zum Bildkommentar gibt Heineken jedoch eine doppelte Identifizierung an: »Il Genio della Gloria, e dell’Onore.«

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Winkelmann und die Gemäldegalerie

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Carlo Cignani ist ein herausragender Vertreter des spätbarocken Klassizismus in Bologna. In diesem Gemälde zeigt er seine Souveränität in der Darstellung von Emotionen sowie bei der sinnlichen 61

Carlo Cignani

Wiedergabe der Beschaffenheit von Oberflächen. Winckelmann geht

(Forlì 1628–1719 Forlì)

in seiner Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dreßdner

Joseph und die Frau des Potiphar, um 1670/80

Gallerie auf diese Stärke ein und vergleicht ihn im »Talent der Zärtlichkeit und in Ausdrückung sanfter Leidenschaften« mit den beiden Künstlerkollegen Francesco Albani und Carlo Dolci (vgl. Kat. 57 und

Öl auf Leinwand, 99 × 99 cm (oktogonal)

62).1 Gekonnt betont Cignani die psychische und physische Span-

Gal.-Nr. 387

nung, indem er in Gesten und Mimik der Protagonisten den Wider-

Provenienz: 1749 aus der Casa Contarini, Venedig Literatur: Buscaroli Fabbri 1991, Nr. 21 – Marx 2006/07, Bd. 1, S. 84 – Los Angeles 2008, Nr. 18 –Budapest 2013, Nr. 54

streit zwischen sexueller Begierde und keuscher Tugendhaftigkeit ausdrückt. Joseph, der als Kind nach Ägypten als Sklave verkauft worden war, arbeitete dort als erfolgreicher Hausverwalter des Potiphar, eines hohen Beamten des Pharao. Potiphars Ehefrau verliebte sich in den jungen Mann und versuchte, ihn zu verführen, doch da Joseph nicht gegen Gott sündigen wollte, blieben ihre Annä herungsversuche unbeantwortet. Als sie ihn eines Tages wieder bedrängte, floh Joseph aus dem Haus, wobei sein Mantel in ihren Händen zurückblieb. Dieses Kleidungsstück führte sie später ihrem Gemahl gegenüber als Beweismittel dafür an, dass Joseph versucht habe, sie zu vergewaltigen (1. Mose 39,1–20). Cignani wählt für seine Darstellung den dramatischsten Moment der Geschichte: Die in Liebe entbrannte Ehefrau des Potiphar umfängt den Jüngling mit temperamentvollem Griff, während sich dieser himmelnden Blicks, mit emporgestreckten Armen und gedrehter Körperhaltung der Umklammerung zu entziehen sucht. Geschickt kontrastiert der Künstler Schönheit und Sinnlichkeit der jungen Frau mit Josephs Verweigerung. Die wirkungsästhetische Stärke des Gemäldes verdankt sich ganz wesentlich der Komposition selbst, die der Maler mit großem formalem Gespür inszeniert hat: Er fügte die Kontrahenten auf engstem Raum in den oktogonalen Bildausschnitt ein, sodass die für Joseph ausweglose Situation für den Betrachter geradezu körperlich erfahrbar wird. Cignani ließ dieses Motiv mehrfach in seiner Werkstatt malen, doch ist nur das hier gezeigte Werk als völlig eigenhändig in der Ausführung anerkannt. Nur in dieser Fassung hat Cignani das achteckige Bildformat ausgewählt, während alle anderen bekannten Werkstattarbeiten auf rechteckige Leinwände gemalt sind. Dabei verzichten sie auch auf die Nahansicht, mit der Cignani hier die Protagonisten an den Betrachter heranrückt und dadurch die Dramatik der Szene nochmals steigert.

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_________ 1 »In dem Talent der Zärtlichkeit und in Ausdrückung sanfter Leidenschaften |: aber in größeren Figuren :|stellet man billig dem Albano zu Seiten, den Ritter Carlo Cignani und Carlino Dolce.« Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 10.

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Winkelmann und die Gemäldegalerie

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Das Bild bezieht sich auf eine Stelle im Neuen Testament (Mt 14,3– 11; Mk 6,17–28): Herodias wurde von Johannes dem Täufer öffentlich des Ehebruchs angeklagt. Als Rache bat sie ihre Tochter Salome, von deren Stiefvater, König Herodes Antipas, der ihr einen Wunsch freigestellt hatte, das Haupt des eingekerkerten Johannes zu verlangen. Das Gemälde ist ein herausragendes Beispiel für die feinmalerische Technik, die das Œuvre Dolcis auszeichnet. Das Dresdner

62

Carlo Dolci (Florenz 1616–1686 Florenz)

Die Tochter der Herodias

Werk ist eine von vermutlich vier Versionen, von denen eine verloren

Öl auf Leinwand, 95,5 × 80,5 cm

ist und die anderen beiden sich in der Royal Collection und im Victo-

Gal.-Nr. 508

ria & Albert Museum in London befinden. Weitere Kopien sind in Glasgow, Phoenix, Boston und Florenz erhalten. Dolci war in den 1740er-Jahren in der Dresdner Gemäldegalerie mit mehreren Werken vertreten. Neben Christus, Brot und Wein seg-

Provenienz: 1742 aus der Sammlung Carignan, Paris Literatur: Baldassari 1995, Nr. 156 – Dijon 2001, Nr. 61

nend (Kat. 57), das 1746 in Venedig erworben wurde, kamen bereits 1742 zwei Bilder aus der Sammlung von Amadée de Savoie, Prince de Carignan, nach Dresden: Zum einen die berühmte achteckige Darstellung der Heiligen Cäcilie (Abb.), die Dolci um 1670/72 für Cosimo III. de’ Medici geschaffen hatte, und die hier gezeigte Tochter der Herodias. Damit die beiden Werke als Pendant gelten konnten – obwohl sie weder stilistisch noch ikonografisch ein Paar bilden – wurde Die Tochter der Herodias allseitig so beschnitten, dass sie in den Maßen zusammenpassten. Auch hier in Dresden wurden sie als Gegenstücke gezeigt – in der Inneren Galerie unter einem heute verlorenen Werk von Palma il Giovane.1 Hier hat sie auch Winckelmann gesehen, der beide in seiner Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dreßdner Gallerie erwähnte: »Diese Stücke sind mit solchen Fleiß gemacht, daß man fast keinen erhobenen Pinselstrich siehet.«2 Mit dieser Bemerkung bezieht sich Winckelmann auf eine Eigenheit Dolcis, die seinen Stil besonders auszeichnet: Er hatte seine Maltechnik so verfeinert, dass sich auf den Gemälde keine Pinselstriche abzeichnen und die Bildoberfläche nahezu emailleartig wirkt. Durch die Glätte des Farbauftrags leuchten die dargestellten Gegenstände fast juwelenartig vor dem dunkelgrauen Grund. Zudem verwendete Dolci echtes Gold als Farbe. Für die roten Rubine brachte er kleine Fetzen von Blattgold auf, die er anschließend rot überlasierte. Dadurch entstehen im gemalten Edelstein natürliche Lichtreflexe, die zu einer hohen Lebendigkeit der Darstellung führen. Bei der Tochter

Carlo Dolci: Die heilige Cäcilie, um 1670/72, Öl auf Leinwand, 96,5 × 81 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 509

des Herodias nutzte er diese Technik auch für den Lichtglanz oberhalb des Johanneskopfes. Dafür stäubte er Pudergold auf den dunklen Untergrund und erzeugte so ein reales Glitzern im Bild.

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_________ 1 Jacopo Palma il Giovane: Mariae Tempelgang, Öl auf Leinwand, 180 × 352 cm, Gal.-Nr. 250, Verlust. 2 Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 10.

Winkelmann und die Gemäldegalerie

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Andrea Celesti stellte hier eine alttestamentarische Begebenheit dar: Während Moses auf dem Berg Sinai die Zehn Gebote empfing, sammelte sein älterer Bruder, der Hohepriester Aaron, allen Schmuck 63

Andrea Celesti

ein, um auf Geheiß des jüdischen Volkes aus dem Gold einen Gott zu

(Venedig 1637–1712 Toscolano)

bilden, der vor ihnen »hergehe« (2. Mose 32,1–4). Rechts im Hinter-

Die Israeliten tragen ihren Schmuck für den Guss des Goldenen Kalbes zusammen

grund kann man Aaron erkennen, im Vordergrund sind Männer wie Frauen damit beschäftigt, Ketten und goldene Gegenstände zusammenzutragen. Sie sollten im Feuer zum Goldenen Kalb geschmolzen werden. Diese großfigurige Szene entstand nach Mucchi in der frü-

Öl auf Leinwand, 149 × 201 cm

hen Schaffenszeit Celestis, jedoch zeigen sich auch verschiedene

Gal.-Nr. 543

Analogien zu späteren Werken. Der deutliche Kontrast zwischen den

Provenienz: 1725 in die Galerie

raumgreifenden Figuren im Vordergrund und den stark verkleinerten

Literatur: Mucchi 1954, S. 84 – Dresden 1968, S. 51 – Marelli 2000, S. 20

Personen im Hintergrund lässt manieristische Züge erkennen. Drei Werke Celestis wurden ab 1754 in der Inneren Galerie in der Ecke der Stirnseite präsentiert, sodass sie dem eintretenden Besucher gleich ins Auge fallen mussten: Der sehr große, heute verlorene Bethlehemische Kindermord bildete gleichsam die Bekrönung von Correggios Madonna des heiligen Franziskus, während das hier besprochene Bild und ein weiteres Werk, Bacchus und Ceres, für den seitlichen Abschluss der Hängung genutzt wurden. 1 Mit den Ge mälden Celestis und einem weiteren Werk von Francesco Trevisani beschloss Winckelmann seinen Bericht zur Königlichen Galerie. Er beendete also seine Beschreibung der Sammlung oberitalienischer Malerei mit zwei zeitgenössischen venezianischen Meistern, in denen auch für ihn die Entwicklung der Kunst zu einem Ende gekommen war. Entsprechend sind bei den Erläuterungen zu den einzelnen Gemälden von Celesti und Trevisani fast alle zuvor genannten, positiv besetzten Begriffe wiederzufinden: Neben »Erfindung«, »Zeichnung«, »Kolorit«, die den Kindermord Celestis auszeichnen würden, hebt er bei dem »Beytrag der Israeliten zu dem goldenen Kalbe vom Aaron gegoßen« vor allem den Geschmack hervor, »der viel delicater ist, aber in seiner Manier bleibet«.2 Hierin zeigt sich, dass Winckelmanns Beschreibung noch ganz dem Rokoko und seiner Rezeption am Dresdner Hof verpflichtet ist. Die klassizistischen Normen, die er später in seinen Gedancken über die Nachahmung der Griechi schen Wercke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst (1755) und im Sendschreiben (1765) entwickelte, griffen noch nicht.

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_________ 1 Correggio: Madonna des heiligen Franziskus, 1514/15, Öl auf Holz, 299 × 245 cm, Gal.-Nr. 150 und Andrea Celesti: Bacchus und Ceres, Öl auf Leinwand, 174 × 193 cm, Gal.-Nr. 544. 2 Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 11.

150

Winkelmann und die Gemäldegalerie

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In den antiken Dichtungen wird Ganymed als schöner Jüngling beschrieben, den die Götter als Mundschenk begehrten. Jupiter selbst hatte sich in den Knaben verliebt und entführte ihn, die Gestalt eines 64

Rembrandt

Adlers annehmend, aus der Trojanischen Ebene. Ausgehend von

eigentlich Rembrandt Harmensz.

einer Zeichnung Michelangelos hat dieses Thema in der Malerei und

van Rijn

Grafik des 16. und 17. Jahrhunderts eine reiche Nachfolge gefunden.

(Leiden 1606–1669 Amsterdam)

Zwar bezog sich Rembrandt sowohl ikonografisch als auch kompositorisch auf seine Vorgänger, doch mit seiner unkonventionellen

Ganymed in den Fängen des Adlers,

Schilderung schuf er zugleich eine ausdrucksstarke Parodie auf alle

1635

früheren Darstellungen. In Abkehr von der Bildtradition der Antike

Bez. links in der Mitte: »Rembrandt. ft / 1635«

und der italienischen Renaissance transformierte Rembrandt das

Öl auf Leinwand, 177 × 130 cm

Geschehen in einer Weise, die für seine Zeitgenossen schockierend

Gal.-Nr. 1558 Provenienz: 1751 durch Carl Heinrich von Heineken

gewesen sein muss. Die Gründe für diese drastische, zugleich stark symbolbehaftete Schilderung gaben zu ungezählten Mutmaßungen Anlass, sind jedoch nicht abschließend geklärt. Die expressiven Gesichtszüge des Knaben mit gelocktem Haar

Literatur: RRP 1982–2011, Bd. 3, Nr. A 113 – Dresden 2006, Nr. 1 (mit weiterer Literatur)

finden sich ähnlich in mehreren Zeichnungen, die Rembrandt in den

(siehe auch Detail S. 12)

Jahren 1625 bis 1636 nach der Natur ausführte. Zugleich entsprechen Kopf und Haltung des Knaben einem Typus, den Rembrandt zwischen 1634 und 1636 in einer Reihe von Gemälden, Zeichnungen und Radierungen immer wieder darstellte. Eine vorbereitende Zeichnung für das Gemälde befindet sich im Dresdner Kupferstich-Kabinett (Abb.). Der Schritt von der furiosen zeichnerischen Momentaufnahme zum formal disziplinierten, im Stil der 1630er-Jahre durchgearbeiteten Bild ist hier in einer für Rembrandts Schaffen nahezu einmaligen Weise nachvollziehbar. Die für die Deutung des Bildes entscheidenden ikonografischen Details wie die Kirschen in Ganymeds linker Hand, die vor seiner Brust hängende, prächtige Quaste und das Motiv des Wasserlassens finden sich nur in der gemalten Fassung. Die Restaurierung des Gemäldes brachte die kleine Halbfigur einer Frau mit erhobenen Armen vor einem Architekturbogen in der unteren linken Bildecke ans Tageslicht. 1 Der auffällige Größenkontrast zur Adler-Ganymed-Gruppe macht deutlich, in welch großer Entfernung sich das dem Betrachter in Augenhöhe dargebotene dramatische Geschehen abspielt. Das Gemälde ist in ganz unterschiedlicher Weise interpretiert worden: So sah man in der Figur des Kleinkindes Ganymed die von Gott geliebte kindlich-reine Seele; betonte im Motiv des Wasserlassens seine zweite Natur als Aquarius (Wassermann), der die Wachstumskraft fördert, oder konzentrierte sich auf die in den Kirschen

Rembrandt: Die Entführung des Ganymed, 1635, Feder und Pinsel in Braun, 18,5 × 16,1 cm, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. C 1357

verborgenen erotischen Konnotationen. Winckelmann geht in seiner Beschreibung nicht explizit auf dieses Gemälde ein, greift jedoch Künstler wie Rembrandt oder Lorrain auf und spiegelt so die historische Hängung der Inneren Galerie, die vor 1750/54 auf ein vergleichendes Sehen zwischen nord- und südeuropäischen Schulen angelegt war.2 _________ 1 Vgl. Sacher 2006, S. 51–66. 2 Weddigen 2007, S. 133.

152

Winkelmann und die Gemäldegalerie

UN

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Der bethlehemitische Kindermord gehört zu den düstersten Geschichten des Neuen Testaments (Mt 2,16–18). Er wurde viele Male dargestellt – teils, um an die mit der Errettung des Jesuskindes verbundenen Opfer zu erinnern, teils jedoch auch, weil das Sujet den künstlerischen Vorwand liefert, verschiedene Körperhaltungen von Männern, Frauen und Kindern performativ in Szene zu setzen. Der Generationsmord trägt sich zu, als Herodes den Befehl erlässt, alle kleinen Knaben in Bethlehem hinzurichten, weil er damit auch Jesus

65

Anton Kern (Tetschen 1710–1747 Dresden)

Der bethlehemitische Kindermord, um 1738/39

zu töten hofft, der als verheißener Gottessohn die weltliche Macht

Öl auf Leinwand, 73 × 96,5 cm

in Frage stellt. Durch die Flucht nach Ägypten rettet sich die Heilige

Gal.-Nr. 2102

Familie allerdings, was den massenhaften Opfertod noch abwegiger macht. Der Historienmaler Anton Kern, der seine Ausbildung in Dresden und Venedig erhielt – also an zwei eng miteinander verbundenen Or-

Provenienz: Vom Künstler aus Rom an König August III. geschickt Literatur: Köln 2003, Nr. 24 – Dresden 2009, Nr. 38

ten der Kunstpraxis des Spätbarock und des Rokoko –, arbeitete für den Adel in Prag und Dresden sowie für König August III., der ihn 1741 zum Hofmaler ernannte. Zuvor hielt er sich einige wenige Jahre in Italien auf. In dieser Zeit gelangte das vorliegende Bild an den sächsischen Hof: Als Bewerbungsstück diente es jener bereits erwähnten Demonstration vielfältiger künstlerischer, namentlich anatomischer, perspektivischer und koloristischer Fähigkeiten. So gewaltsam das Geschehen des Gemäldes auch ist, Kern gibt ihm eine rokokohafte Leichtigkeit. Er führt es vor wie ein Drama, lässt kraftstrotzende Männer mit pathetisch wehenden starkfarbigen Gewändern agieren, stellt ihnen wehklagende Frauen und getötete Kinder gegenüber und demonstriert damit neben seiner souveränen Bildregie auch die Beherrschung von Perspektive und Affekten in Mimik und Gestik. Kern konnte mit dieser kleinformatigen Schöpfung, die zunächst erstaunlicherweise im königlichen Schlafgemach hing und erst später zur Galerie kam, in Konkurrenz zu einem Werk des auch von Winckelmann hoch geschätzten Italieners Francesco Trevisani treten:1 Dessen großformatiges Leinwandgemälde mit demselben Sujet befand sich ebenfalls im Dresdner Bestand. 2 Winckelmann hielt Trevisanis Bild für »eins der grösten auf der Gallerie«, was nicht nur im Hinblick auf die Dimension, sondern auch hinsichtlich der Darstellung und ihrer Intensität zutraf.3 So manifestierte sich der künstlerische Wettstreit der zwei durch mehr als eine Generation getrennten Künstler damals anhand zweier Bilder.

BM

_________ 1 Zlatohlávek 2009, S. 158. 2 Francesco Trevisani: Der bethlehemische Kindermord, Öl auf Leinwand, 250 × 464 cm, Gal.-Nr. 445, Verlust. 3 Winckelmann 2002 (Beschreibung), S. 11.

Winkelmann und die Gemäldegalerie

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Diese Darstellung der Magdalena ist eher ungewöhnlich: Zwar zeigt sie sich wie so häufig mit all ihrer Leidenschaft, die Hände ringend und mit höchst erregtem Gesichtsausdruck. Wichtige Attribute wie 66

Johann Liss (Kopie nach)

die kostbare Kleidung – hier ein prächtiger, lose über Arm und Schul-

(Oldenburg um 1597–1631 Verona)

ter drapierter Mantel – und der Totenschädel sind ebenfalls zu se-

Die reuige Magdalena

hen. Seltener sind ihr jedoch wie in diesem Bild zusätzliche Personen zur Seite gestellt. Sie unterstreichen den inneren Kampf der

Öl auf Leinwand, 114 × 131 cm

Heiligen um die Hinwendung zu Gott. So drängt sich links im Bild

Gal.-Nr. 1840

eine orientalisch anmutende Frau an die Heilige heran und präsen-

Provenienz: Erstmals im Katalog von Riedel/Wenzel 1765 Literatur: Cleveland 1975, Nr. A 17 – Spear 1976, S. 588 – Klessmann 1996 – Klessmann 1999, S. 144 (siehe auch Detail S. 7)

tiert ihr verschiedene goldene Gefäße. Diese symbolisieren zusammen mit der wertvollen Kleidung deren bisher sündhaftes Leben. Magdalena indes ist bereits einem Engel zugewandt, der sie von der anderen Seite mit zarter Geste beim Arm nimmt. Der Palmzweig, den er über die Schulter gelegt hat, steht für das spätere Martyrium und damit für den göttlichen Lohn, der die reuige Sünderin erwartet. Die dreifigurige Darstellung erinnert auch in den für Liss typischen derben Charakteren an Genreszenen mit moralisierender Tendenz, die durch die niederländische Grafik des 16. und 17. Jahrhunderts verbreitet waren. Liss’ Werk ist jedoch vor allem von dem Gemälde Versuchung der heiligen Magdalena von Jacob Jordaens inspiriert, das die Orientalin und den Engel in ganz ähnlicher Form zur Anschauung bringt (Abb.). Liss’ Gemälde gelangte noch vor 1765 in die Gemäldegalerie, wo es als Original von »Jean Lys« in der Äußeren Galerie präsentiert wurde. Hier sah es vermutlich auch Winckelmann, der den Künstler in seinen Werken jedoch nicht erwähnte. Bislang wurde angenommen, dass das Gemälde mit dem von Marco Boschini 1660 erwähnten Bild in einer venezianischen Privatsammlung in der Ca’ Bonfadina übereinstimmt: »Von Johann Liss die schmerzensreiche Magdalena / der der Engel hilft; und in einer Ecke / ist diese verfluchte Versuchung / die danach trachtet, sie zu ihrem Schaden ehrgeizig zu machen.«1 Allerdings haben neueste Forschungen ergeben, dass es sich bei beim Dresdner Bild vermutlich um eine alte Kopie handelt. Das erwähnte Original aus der venezianischen Sammlung ist erst seit wenigen Jahren bekannt, da es sich lange Zeit unbeachtet

Jacob Jordaens: Versuchung der heiligen Magdalena, um 1620 , Öl auf Holz, 125,5 × 97 cm, Palais des Beaux-Arts de Lille, Inv.-Nr. P 77

in einer englischen Privatsammlung befand. Jedoch wurde schon vor dieser Entdeckung vermutet, dass das Gemälde aus der Dresdner Galerie aufgrund der formalen Glätte kein eigenhändiges Werk des Künstlers sei – ein Verdacht, der sich durch den Vergleich mit der Fassung in England bestätigt hat.

UK

_________ 1 Zit. nach: Klessmann 1999, S. 143. Das Originalzitat lautet: »De Gian Lis Madalena dolorosa / Che l’Ancolo socore; e in tun canton / Ghè quela maledeta tentation / Che studia in darno a farla ambiciosa.«

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Winkelmann und die Gemäldegalerie

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67, 68

Philips Wouwerman

Die Hirschjagd am Fluss und Das Feldlager am Fluss wurden von

(Haarlem 1619–1668 Haarlem)

Philips Wouwerman vermutlich als Pendants von ungewöhnlich gro-

Hirschjagd am Fluss

ßem Format konzipiert. Der Künstler nutzte die Größe der Werke für verschiedene figurenreiche Szenen. Das erste Bild zeigt eine Jagd:

Bez. unten in der Mitte: »PHILS. W.« (Monogramm)

Reiter mit Jagdspießen im Anschlag und Hunde haben zwei Hirsche

Das Feldlager am Fluss

Szene sind noch zahlreiche Nebenschauplätze dargestellt: So hat

am vorderen linken Flussufer gestellt. Neben dieser titelgebenden sich links auf einer kleinen Anhöhe unter einer Stele an einem Baum

Bez. unten rechts: »PHILS. W.« (Monogramm)

ein Teil der Jagdgesellschaft zum Musizieren niedergelassen. Ein Paar flaniert, begleitet von einem kleinen schwarzen Diener, den Ab-

Öl auf Leinwand, 71,5 × 128 cm (Kat. 67), 71,5 × 129 cm (Kat. 68) Gal.-Nr. 1449 (Kat. 67), 1450 (Kat. 68) Provenienz: Erstmals im Inventar von 1747–1750 Literatur: Bürger 2003, S. 140, 145 – Schumacher 2006, Nr. A149 und A318 – Kassel/Den Haag 2009, Nr. 27 und Nr. 26

hang hinunter. Vor ihnen eilt ein Zwerg mit einem Jagdhorn auf die Jäger zu. Auch am und im Fluss herrscht buntes Treiben: Reiter sprengen durch das Wasser, zwei Bäuerinnen treiben eine Schafund Ziegenherde zusammen, neben ihnen sind zwei Nackte beim Baden und Fischer bei der Arbeit zu sehen. Rechts erhebt sich am Ufer eine imposante Schlossarchitektur. Auf der Terrasse des Palastes sieht eine Dame unter einem Sonnenschirm dem Treiben zu. In dieser Gesamtschau erscheint das Gemälde als Illustration von Vergnügungen auf dem Lande und ist eine anschauliche Darstellung des Lebens in der Natur.

158

Winkelmann und die Gemäldegalerie

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Das zweite Werk weist eine spiegelbildliche Komposition zu seinem

wird. Mindestens 30 weitere Werke des Künstlers müssen seit 1736

Gegenstück auf: Das eben erwähnte Schloss hat seine Entsprechung

unter August III. in ganz Europa erworben worden sein. Von ihnen

in einem Berg am linken Bildrand, an dessen Fuß ein Heerlager auf-

wurden 15 Landschaften und Reiterstücke in der Äußeren Galerie

geschlagen ist. Auf dem sich weit in die Landschaft schlängelnden

präsentiert. Hier sah sie vermutlich auch Winckelmann, der sie je-

Fluss ziehen zahlreiche Lastkähne und Schiffe dahin. Im Vorder-

doch nicht erwähnt, da sich seine Beschreibung auf die italienischen

grund am rechten Ufer stellt Wouwerman das alltägliche Soldaten-

Werke der Inneren Galerie konzentrierte. Trotz der Beliebtheit Wou-

leben dar. Reiter tränken ihre Pferde im Fluss, weitere stehen beim

wermans galt die Hierarchie der Schulen und der Themen. Während

großen Zelt der Marketenderinnen im Mittelgrund, rechts daneben

die italienischen Meister und die Historienmalerei als besonders

sammelt sich eine Gruppe zum Aufbruch. Andere wiederum vergnü-

wertvoll erachtet wurden, galten die nordischen Schulen und zum

gen sich beim Kartenspiel, ein Pferd wird in einer Schmiede versorgt;

Beispiel die Landschaftsmalerei als weniger bedeutsam. Dennoch

dahinter ist eine Bühne aufgebaut, von der ein Schauspieler zu de-

schätzten Sammler diese Werke sehr, so auch August III.: Heinrich

klamieren scheint.

Graf von Brühl ließ für ihn, als der König einmal in Warschau weilte,

Die Reiterstücke, Jagdszenen und Schlachtendarstellungen

Werke Wouwermans aus der Königlichen Sammlung in Dresden

von Philips Wouwerman erfreuten sich im 17. und vor allem auch im

nach Warschau schaffen, denn wie Brühl schrieb, »das amüsiert den

18. Jahrhundert großer Beliebtheit. Die gefälligen Sujets des Künst-

Herrn«.1

lers wurden außerordentlich geschätzt und seine virtuose Malweise

_________

sehr bewundert. In keiner fürstlichen Galerie durfte sein Name feh-

1 Zit. nach: Schmidt 1921, S. 75.

UK

len. Die umfangreichste Sammlung seiner Gemälde fand sich in Dresden: Schon August II. ließ bis 1728 insgesamt 26 Gemälde ankaufen, wie aus dem entsprechenden Inventar der Galerie deutlich

Winkelmann und die Gemäldegalerie

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KAPITEL V

Kopie und Diskurs – Kunst, Künstler und Gelehrte

Der qualitätvolle Bestand der Dresdner Galerie ist zahlreichen berühmten und weniger berühmten Kunstkennern zu verdanken: Sie vermittelten vielfach die Ankäufe, begutachteten die Gemälde und überwachten ihre sachgemäße Betreuung und Präsentation. Verschiedene Fachleute und Agenten waren in Paris, Venedig, Rom und anderen europäischen Hauptstädten tätig und informierten sich fortlaufend über die Geschehnisse der jeweiligen Kunstmärkte. Obwohl auf der Suche nach Meisterwerken aller Gattungen und Schulen, bestimmte vor allem die Vorliebe für berühmte Maler der italienischen Renaissance ihre Aktivitäten. Ebenso hatte die Originalität der Werke eine hohe Bedeutung, allerdings kam es immer wieder – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – zum Ankauf von Kopien. Während diese in der Regierungszeit von August II. von Polen noch in der Galerie gezeigt wurden, waren sie unter August III. nur in ausgewählten Fällen und immer in einem bestimmten inhaltlichen Kontext zu sehen. Die Frage der Originalität wurde in der Regel von den Spezialisten vor dem betreffenden Bild oder von den Inspektoren und Leitern der Galerie geklärt, die sich bei der Hängung oder beim Erstellen von Inventaren und Galerieführern intensiv mit den Gemälden auseinandersetzten. Nach der Präsentation der Gemälde in einem höfisch-repräsentativen Zusammenhang im Dresdner Residenzschloss unter August II. wurden die Werke unter August III. in einem eigens dafür umgebauten Gebäude, dem Stallgebäude am Jüdenhof, untergebracht.1 Dort waren die Gemälde italienischer, holländischer und flämischer Meister in einheitlichen Rahmen in einer

Abb. 1 Tizian: Der Zinsgroschen, um 1516, Öl auf Pappel holz, 75 × 56 cm, SKD, Gemälde galerie Alte Meister, Gal.-Nr. 169

komplexen Präsentation für Kunstliebhaber und Künstler zugänglich. Diese setzten sich sowohl in Gesprächen und Texten als auch künstlerisch mit den einzelnen Werken auseinander. Als im 18. Jahrhundert besonders erfolgreicher Künstler trat Christian Wilhelm Ernst Dietrich (Kat. 74, 76 und 94) hervor. Mit seinen Gemälden stand Dietrich im Mittelpunkt einer Diskussion um die Annäherung an die großen Meister der italienischen, aber auch der nordalpinen Schulen. Original und Kopie Aus frühen Inventaren, Galerieführern oder rekonstruierten Hängeplänen der Königlichen Galerie im Stallgebäude wird ersichtlich, dass immer wieder Kopien ausgestellt wurden. Zwar war die Originalität eines Gemäldes ein wesentliches Kaufargument, jedoch konnten unter bestimmten Umständen Kopien sogar in der Inneren Galerie gezeigt werden, also einem Ort, der eigentlich den wahrhaftigen Meisterwerken der italienischen Malerei vorbehalten war. Entsprechend hatte sich auch Kaspar Friedrich Jencquel geäußert, der unter dem Pseudonym Neickelius 1727 in seiner Museographia zur Präsentation von Sammlungen schrieb, »1) Daß sie Originalia und keine Copien, und 2) von den berühmten Meistern, wie bereits gedacht worden, verfertiget seyn« sollten.2 Wurde eine Kopie ausgestellt, so sollten dem Betrachter damit die Unterschiede zwischen Original und Wiederholung bewusst vor Augen geführt werden: Mit dem Ankauf der 100 Meisterwerke der Galleria Estense in Modena kam nicht nur Tizians berühmtes Gemälde Der Zinsgroschen

_________ 1 Zur Entwicklung der Dresdner Galerie vgl. auch Aufsatz Maaz und Kapitel 4. 2 Jencquel 1727, S. 4; vgl. auch Spenlé 2008, S. 188.

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(Abb. 1) nach Dresden, sondern auch eine Kopie des Bildes, gemalt von Flaminio Torri.3 In der Beschreibung der Modeneser Galerie von Pietro Ercole Gherardi wurde Torris Kopie nicht nur als schöner und anmutiger als das Original bezeichnet, es wurde auch vermerkt, dass sie mehrmals zu einem horrenden Preis ver- und wieder angekauft worden sei.4 In den verschiedenen Hängungen der Galerie seit 1747 wurden beide Gemälde immer paarweise gezeigt, sodass ein direkter Vergleich zwischen Original und Kopie möglich war. Jenseits der Diskussion um Original und Kopie konnten damit schon damals weitere Topoi wie imitatio und aemulatio angesprochen werden. Beispielsweise schulten sich angehende Künstler dem Prinzip der imitatio entsprechend im Kopieren bedeutender Meisterwerke. Die wertvollsten Kopien entstanden durch aemulatio, also im Wettstreit mit den großen Meistern. Dabei »überwanden« die kopierenden Künstler die Fehler des Originals oder hoben dessen Stärken hervor. Damit stieg die Kopie selbst zum Meisterwerk auf und galt nicht als bloße Nachahmung oder gar als Fälschung. Ein weiteres Beispiel für die Kopie eines Meisters in der Dresdner Galerie ist Denys Calvaerts Heilige Cäcilie (Kat. 69), die dieser sehr genau nach dem Original von Raffael anfertigte. Sie verdiene einige Wertschätzung, sei mit Sorgfalt ausgeführt und zudem wäre das Original in einem beklagenswerten Zustand, so Gherardi in seiner Beschreibung der Galleria Estense.5 Allerdings gehörte die Kopie offenbar in Dresden nicht zu den Höhepunkten der Sammlung, da ihr Standort Abb. 2 Jacques Chéreau nach Raffael: La Sainte Vierge, Kupferstich, in: Pierre Crozat (Hg.): Recueil d’estampes d’après les plus beaux tableaux […] dans le Cabinet du roy, Paris 1729, Bl. 8

für die Hängung von 1747 unbekannt ist und im Inventar von 1754 für die Äußere Galerie verzeichnet wurde. Hingegen wurden andere, damals Raffael zugeschriebene Werke sehr prominent in der Inneren Galerie platziert. Aus heutiger Sicht erscheinen diese Zuschreibungen verwunderlich; der Wunsch nach einem Original aus Raffaels Hand überwog offenbar jeglichen kennerschaftlichen Zweifel. Das Ringen um Raffael August II. folgte in seinem Streben nach einem Raffael dem Vorbild anderer herrschaftlicher Sammlungen, etwa der Bildergalerie des französischen Königs Ludwig XIV. Ein Gemälde Raffaels scheint unabdingbar für eine repräsentative fürstliche Galerie gewesen zu sein. So wurden in dem Kupferstichwerk zur Galerie des Königs und anderer Sammler, das von Pierre

_________ 3 Flaminio Torri: Der Zinsgroschen, Öl auf Pappelholz, 75 × 56,5 cm, Gal.-Nr. 378, verschollen. 4 Gherardi 1986, S. 213. Das Originalzitat lautet: »Malvasia non solamente corse voce che più bella e graziosa più dell’originale Tizianesco fosse la copia suddetta, ma fu anche venduta e rivenduta più volte a prezzo esorbitante.« 5 Hauptstaatsarchiv Dresden, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 380/5, fol. 28r, Brief von Luigi Crespi an Heinrich Graf von Brühl, Bologna, 6. Oktober 1750, das Originalzitat lautet: »copia, che merita qualche estimazione, si per la diligenza con cui è elaborata, si per il maestro, che l’ha dipinta, e finalm. per lo stato deplorabile, in cui si và riducendo l’originale, screpolato in più parti, in varie altre ritoccato«. Vgl. auch Weddigen 2007, S. 255. 6 Gherardi 1986, S. 27. 7 Raffael: Madonna mit der Rose, um 1516, von Holz auf Leinwand übertragen, 103 × 84 cm, Madrid, Museo Nacional del Prado, Inv.-Nr. P00302. 8 Raffael: Die schöne Gärtnerin, 1508, Öl auf Pappel holz, 122 × 80 cm, Paris, Musée du Louvre, Inv.-Nr. INV 602.

162

Kopie und Diskurs

Crozat herausgegeben wurde, mehrere Gemälde Raffaels vorgestellt und damit der Maßstab gesetzt, an dem sich königliche und fürstliche Sammlungen zu messen hatten (Abb. 2). Lange Zeit blieben die Bemühungen Augusts und seiner Agenten in diese Richtung erfolglos. Erst mit der Erwerbung der 100 Meisterwerke aus der Galerie von Modena glaubte man, in den Besitz zweier Gemälde Raffaels gelangt zu sein: die sogenannte Madonna mit dem Spruchband (Abb. 3) und der Heilige Georg (Abb. 4). In der Beschreibung der Sammlung, die noch in Modena angefertigt wurde, wurde die »Süßheit der Köpfe und Büsten« im Fall des Madonnenbildes hervorgehoben.6 Tatsächlich handelt es sich jedoch um eine Abwandlung von Raffaels Madonna mit der Rose, die spätestens seit 1667 im Besitz der spanischen Könige war und heute im Museo del Prado zu sehen ist.7 Auch wenn die mangelnde Qualität der Modeneser Madonna offensichtlich war, wurde sie in der Inneren Galerie ausgestellt und weiterhin Raffael zugeschrieben; erst im Galerieführer von 1765 galt sie als »Schule um Raffael«. Das zweite Gemälde, den Heiligen Georg, ordnete man kurzerhand Raffael zu, der das gleiche Thema in einer ähnlichen, aber deutlich kleineren Komposition umgesetzt hatte. Das Werk wurde in Modena noch als ein Stück des Ferraeser Malers Garofalo geführt; in Dresden hingegen war die Zuschreibung an Raffael, die der Galerieinspektor Pietro Guarienti 1747 vorgenommen hatte, noch bis 1826 gültig, bevor es dann Giovan Francesco Penni zugeordnet wurde. Seit 1902 gilt Dosso Dossi als Urheber. Neben Calvaerts Heiliger Cäcilie wurde eine weitere detailgetreue Wiederholung eines Gemäldes von Raffael erworben, dieses Mal aus der kaiserlichen Galerie in Prag. Es handelte sich um eine sehr hochwertige zeitgenössische Kopie (Abb. 5) der Schönen Gärtnerin, die sich heute im Louvre befindet und auch schon im Stichwerk von Crozat (Abb. 2) abgebildet war.8 Trotzdem

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wurde das Bild 1747 und auch noch 1754 Raffael zugeschrieben und erst 1765 als Kopie nach Raffael gekennzeichnet. Mittlerweile hatte man endlich ein verbürgtes Werk Raffaels erwerben können: die Sixtinische Madonna (Abb. 8, S. 123). Der Kunsthistoriograf Giorgio Vasari hatte sie in seinen Vite von 1550 explizit erwähnt, wodurch die Autorschaft Raffaels außer Zweifel stand. Bis heute wird berichtet, dass August III. bei der Ankunft des Gemäldes »Platz für den großen Raffael« ausgerufen haben soll. Dies ist jedoch wenig glaubhaft: Zwar war ein großer Wunsch dieses leidenschaftlichen Sammlers in Erfüllung gegangen, jedoch hielt man die

Abb. 3 Kopie eines unbekannten Meisters nach Raffael: Madonna mit dem Spruch band, Öl auf Pappelholz, Durchmesser 83,5 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 98 Abb. 4 Dosso und Battista Dossi: Der heilige Georg, 1540, Öl auf Leinwand, 206 × 121 cm, SKD, Gemälde galerie Alte Meister, Gal.-Nr. 124

Sixtinische Madonna am sächsischen Hof nicht für das bedeutendste Werk Raffaels und auch nicht der Galerie. Carl Heinrich von Heineken äußerte sich sogar abwertend zu dem Gemälde: »ein gemeines Kind, nach der Natur gezeichnet, welches noch dazu, als Raphael den Entwurf davon gemacht, verdrießlich gewesen.«9 Zu dieser Zeit galt einem anderen Gemälde alle Be-

Abb. 5 Kopie eines unbekannten Meisters nach Raffael: Die schöne Gärtnerin, Öl auf Nussbaumholz, 121 × 80,5 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 96

wunderung: Correggios Heiliger Nacht (Abb. S. 172). Erst mit Johann Joachim Winckelmann und dem aufkommenden Klassizismus stieg die Sixtinische Madonna zu der Ikone auf, als die sie noch heute angesehen wird. Expertise und Experten Um eine repräsentative Galerie von internationalem Renommee einzurichten, benötigte der Sammler Originale. Wie wichtig in diesem Zusammenhang Experten waren, verdeutlicht eine Anekdote des Grafen Francesco Algarotti, eines Agenten im Dienste des Königs: Er habe einmal in Italien ein altes Gemälde im Stile Veroneses übermalen lassen und es am Hofe Augusts III. als ein Original ausgegeben.10 Erst später offenbarte er es als Fälschung und unterstrich damit die Bedeutsamkeit einer Expertise. Eine pikante Wendung nahm diese Geschichte erst viele Jahre nach Algarottis Tod: 1870/71 wurde eine seiner berühmtesten Erwerbungen für die Dresdner Galerie, Die Madonna des Jakob Meyer zum Hasen (Abb. 1, S. 13), zu Algarottis Zeit noch Hans Holbein d. J. zugeschrieben, zum Gegenstand des sogenannten Holbein-Streits und muss seitdem nicht länger als Original, sondern als Kopie gelten. Die genannten Fehlzuschreibungen waren, bezogen auf den Umfang der Gemäldeankäufe, Ausnahmefälle – allerdings recht spektakulär. August III. und mit ihm sein enger Vertrauter und

_________ 9 Heineken 1768, S. XII. 10 Algarotti 1792, S. 39.

Kopie und Diskurs

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Minister Heinrich Graf von Brühl hatten es verstanden, ein dichtes Netz von Experten und Agenten über ganz Europa zu spannen. Vor allem in Frankreich und Italien waren Kenner wie der französische Maler und Kunsthändler Jean-Baptiste Slodtz, Pierre Rémy, ebenfalls Kunst händler, oder der bereits genannte Algarotti im Auftrag des sächsischen Hofs tätig. Der Maler, Kunstgelehrte und spätere Inspektor der Inneren Galerie Pietro Guarienti vermittelte eine der bedeutendsten Erwerbungen der Gemäldegalerie, die Sixtinische Madonna. Mit der Ernennung Guarientis zum Galerieinspektor im Jahr 1746 vollzog sich eine weitere Professionalisierung und Institutionalisierung dieser Position in Dresden. 11 Guarienti erstellte ein Inventar der Galerie, in das nun auch die Meisterwerke aus Modena aufgenommen wurden, und organisierte die Hängung der Gemälde im neu eingerichteten Stallgebäude. Seine Präsentation war ein komplexes Gefüge mit zahlreichen Bezügen zwischen den Gemälden. Der heilige Georg, den man in Dresden Raffael zuschrieb (Abb. 4), wurde Garofalos Triumph des Bacchus zugeordnet – ein Gemälde, das auf eine Vorzeichnung Raffaels zurückgeht und somit die stilistische Nähe der beiden Werke verdeutlichen sollte.12 Ein weiterer Experte, Carl Heinrich von Heineken, war seit 1746 Direktor des Dresdner Kupferstichkabinetts. Als enger Vertrauter von Brühl, der die Königliche Galerie leitete, hatte er die Gemäldeankäufe des Grafen übernommen und war so auch immer über die Geschehnisse auf dem Kunstmarkt und die königlichen Erwerbungen informiert. Nach Ankunft neuer Werke in Dresden wurden sie von Kunstkennern wie Guarienti, Heineken oder auch dem Inspektor der Äußeren Galerie Johann Gottfried Riedel begutachtet und bewertet. Nicht immer waren sie mit den erworbenen Gemälden zufrieden. Besonders anschaulich wird dies bei einem Fehlkauf: Der sächsische Gesandtschaftssekretär in Madrid, Louis Talon, hatte Gemälde für August III. und Abb. 6 Christian Wilhelm Ernst Dietrich: Badende Nymphen, 1754, Öl auf Leinwand, 71 × 103 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 2125 Abb. 7 Cornelis van Poelenburgh: Flusslandschaft mit badenden Nymphen, Öl auf Leinwand, 40,5 × 52,5 cm, SKD, Gemälde galerie Alte Meister, Gal.-Nr. 1245 Abb. 8 Christian Wilhelm Ernst Dietrich: Die Anbetung der Hirten, 1750, Öl auf Leinwand, 60 × 74 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 3747

_________ 11 Weddigen 2007, S. 65. 12 Ebd., S. 73. Garofalo: Der Triumph des Bacchus, 1540, Öl auf Leinwand, 218 × 313 cm, Gal.-Nr. 138. 13 Zit. nach: Schmidt 1921, S. 334. Das Original zitat lautet: »je vous ai dit que les tableaux ne valent rien, […] car vous pouvez etre persuadé que parmi toutes ces pieces il n’y a ni Raphael ni Titien ni Guido ni Carache ni Correge.«

164

Kopie und Diskurs

Brühl erworben, die jedoch nicht von bedeutenden italienischen Meistern stammten, sondern lediglich Kopien waren. Heineken schrieb ihm, »dass diese Gemälde nichts wert sind, […] denn Sie [Talon] können sicher sein, dass sich darunter weder ein Raffael, ein Tizian, ein Guido [Reni], ein Carracci noch ein Correggio finden.«13

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Künstler in der Galerie: Die Gemäldegalerie und ihr Einfluss auf das Dresdner Kunstschaffen Auf ganz andere Art und Weise, nämlich künstlerisch, setzte sich Christian Wilhelm Ernst Dietrich mit den Bildern der Galerie auseinander (Kat. 74, 76 und 94). Die unterschiedlichsten Gemälde dienten ihm als Inspirationsquelle, wie sich in seinem Œuvre immer wieder zeigt. Seine Fähigkeit, im »Geschmak beinahe aller […] Meister« arbeiten zu können, »aber gröstenteils ohne sich ihrer Fehler schuldig zu machen«, wurde von Sammlern ebenso wie von Kunstkritikern auf das höchste geschätzt.14 Er versuchte also nicht nur, die Alten Meister nachzuahmen, sondern sie gleichzeitig zu »verbessern«. Somit haben Dietrichs Werke einen ähnlichen Hintergrund wie die bereits erwähnten Kopien nach Tizian oder Raffael, was ihn zu einem der begehrtesten Künstler seiner Zeit machte, dessen Gemälde in zahlreichen königlichen und fürstlichen Sammlungen zu finden waren. Im Laufe des 19. Jahrhunderts änderte sich mit der zunehmenden Ablehnung des eklektizistischen Kunstbegriffs jedoch Dietrichs Ansehen.15 In einer Äußerung des Direktors der Dresdner Gemäldegalerie Julius Hübner von 1856 zeigt sich das neue Werturteil: »Ernst Christian Dietrich oder Dietericy, der mit einem Aufwande von Talent und Technik bald wie Rembrandt, Correggio oder Poëlemburg u. A. malte, und gleich dem amerikanischen Spottvogel über der Nachahmung aller möglichen fremden Stimmen und Manieren, zu singen vergass, wie ihm selber der Schnabel gewachsen.«16 Dietrich arbeitete in verschiedenen Bildgattungen, allerdings lässt sich bei den überlieferten Werken eine starke Vorliebe für historische Themen und Landschaften feststellen – Winckelmann nannte ihn sogar einen »Raphael unserer und aller Zeiten in Landschaften«.17 Es handelt sich in der Regel nicht um genaue Kopien, sondern vielmehr um Annäherungen an Stil und Komposition, in denen Dietrich bestimmte Details veränderte, zum Beispiel expressive Gesten oder verzerrte Gesichter, die er in ihrem Ausdruck abmilderte und so dem Zeitgeschmack anpasste. Die Art der Annäherung Dietrichs an seine Vorbilder war vielfältig. Oft übernahm er Komposition oder einzelne Elemente, etwa eine Figurengruppe wie in dem Gemälde Badende Nymphen (Abb. 6), für die er die Rückenansicht einer Badenden aus einer Landschaft von Cornelis van Poelenburghs nutzte (Abb. 7). Häufig lehnte Dietrich nicht nur das Motiv, sondern auch Kolorit oder Malweise an ein Vorbild an. Er schuf beispielsweise zahlreiche Werke im Stile Rembrandts und seiner Nachfolger. 18 Auch druckgrafische Vorlagen waren für seine Bild findungen von großer Bedeutung.19 Nicht nur holländische und flämische Meister, sondern auch

Abb. 9 Christian Wilhelm Ernst Dietrich: Mann mit Affe (Selbstporträt mit Affe nach Salvator Rosa), Detail, Grafit, 29,5 × 22,8 cm, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. Ca 48 Abb. 10 Unbekannter Künstler: Bildnis eines Mannes mit einem Affen, Öl auf Leinwand, 78,5 × 64,5 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 469

italienische Künstler dienten ihm als Inspiration. So zitierte er Correggios prominente Heilige Nacht mit einer Anbetungsszene, in der alles Licht vom Kinde ausgeht (Abb. 8, vgl. auch Kat. 71 und 72). Dietrich setzte sich nachweislich intensiv mit diesem Gemälde auseinander, da er es im Auftrag von Friedrich II. von Preußen für dessen Wohnung im Neuen Palais in Potsdam kopierte. Aber auch Arbeiten von Salvator Rosa nahm Dietrich als Ausgangspunkt für seine eigenen Bilder (Kat. 73).20 In seinen Skizzenbüchern finden sich dafür verschiedene Belege: So ist in einem Band mit Zeichnungen nach Gemälden in der Dresdner Galerie auch eine Skizze (Abb. 9) nach Rosas vorgeblichen Selbstporträt mit Affen (Abb. 10) enthalten. Es hatte sich damals in der Äußeren Galerie befunden. Die Vorliebe Dietrichs für Landschaftsdarstellungen ging mit einer allgemeinen Aufwertung dieser Gattung einher. Auch wenn Dietrich nicht der alleinige Motor war, so trugen seine Landschaften doch sicherlich zur Entwicklung Dresdens zu einem Zentrum der Landschaftsmalerei bei.

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_________ 14 Meusel 1780, S. 48. 15 Schniewind Michel 2012, S. 15. 16 Hübner 1856, S. 73. 17 Winckelmann 1824, S. 168. 18 Als Beispiel aus der Gemäldegalerie sei Dietrichs Darstellung im Tempel, 1740, Öl auf Buchenholz, 50 × 84,5 cm, Gal.-Nr. 2109, genannt. 19 Bei dem Werk Die Heimkehr des ver lorenen Sohnes, 1740, Öl auf Leinwand, 40 × 52 cm, Gal.-Nr. 2117, bezog sich Dietrich auf einen Kupferstich Rembrandts. 20 Dietrichs Radierung Die Felsenschlucht (in der Art von Salvator Rosa) von 1745 zitiert die Felsformation von Rosas Gemälde Landschaft mit dem hl. Antonius und dem hl. Paulus, um 1660/65, Öl auf Leinwand, 67,3 × 49,5 cm, Edinburgh, Scottish National Gallery, Dauerleihgabe von Sir Denis Mahon.

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Die heilige Cäcilie ist umringt von den vier Heiligen Paulus, Johannes dem Evangelisten, Augustinus und Magdalena. Ihr Blick ist zu dem über der Gruppe schwebenden Engelschor gerichtet. In ihren Hän69

Denys Calvaert

den hält sie eine Handorgel. Zu ihren Füßen sammeln sich zahl -

(Antwerpen 1540?–1619 Bologna)

reiche zerbrochene Instrumente. Es ist eine Szene aus ihrer Leidens-

Die heilige Cäcilie (Kopie nach Raffael), um 1580 (?) Öl auf Leinwand, 234 × 148 cm Gal.-Nr. 94 Provenienz: Um 1747/50 aus der Casa Bentivoglio, Bologna Literatur: Bologna 1983, S. 92f. – Dresden 1983, S. 89f. – Dresden 1998, S. 37 – Wien 2001, Nr. III. 24 (siehe auch Detail S. 160)

geschichte dargestellt: In dem Augenblick, da die Musik anlässlich ihrer Hochzeit mit Valerian zu spielen beginnt, wendet sich Cäcilie im Herzen zu Gott und bittet um Erhaltung ihrer Jungfräulichkeit. Calvaerts Bild ist eine bis ins Detail exakte Kopie der Cäcilia Raffaels, die sich heute in der Pinakothek in Bologna befindet (Abb.). Allerdings zeigen die Umrisslinien des Dresdner Bildes einen schärferen Kontur, die Lichtreflexe der Gegenstände und der Kleidung sind plastischer formuliert. Zudem wurden die Köpfe der verschiedenen Heiligen ovaler ausgeführt und sind auch nicht, wie bei Raffael, von einem Nimbus bekrönt. Raffael und Michelangelo waren für das Werk Calvaerts von großer Bedeutung – zeichnend konnte er ihre Werke in Rom ausführlich studieren. Dabei gingen seine Fertigkeiten im Kopieren Raffaels offenbar so weit, dass – wie Malvasia berichtet – seine Zeichnungen von einem findigen Kunsthändler namens Pomponio als Originale an den Kardinal Ippolito d’Este verkauft wurden. Erst als sich Calvaert diese Zeichnungssammlung ansah, wurde der Betrug entdeckt.1 Der Galerieinspektor Pietro Guarienti hatte die Erwerbung des Werks vermittelt. Zuvor war schon versucht worden, Raffaels Original, das sich zum damaligen Zeitpunkt in Bologna in der Kirche San Giovanni in Monte befand, zu erwerben. Angeblich hatte man es unter der Hand dem Maler Giuseppe Becchetti aus Bologna zu dem moderaten Preis von 15.000 Dukaten angeboten, wie Julius Hübner in seinem Galerieführer 1874 schreibt.2 Hübner war sich zudem sicher, dass Ventura Rossi oder Francesco Algarotti – Kunstagenten im Auftrag von August III. – das Original hätten ankaufen können. Jedoch liefen die Verhandlungen über den deutschen Maler Anton Raphael Mengs, dessen Zaghaftigkeit die Transaktion angeblich vereitelte. Die Agenten und Diplomaten, die in ganz Europa nach Kunstwerken für die Königliche Galerie auf der Suche waren, hatten auch versucht, Raffaels Madonna di Foligno zu erwerben, die sich heute in den Vatikanischen Museen befindet. In diesem Fall waren die Verhandlungen sogar schon recht weit gediehen, bevor sie schließlich

Raffael: Die Verzückung der heiligen Cäcilia, 1514, Öl auf Leinwand, von Holz abgenommen, 238 × 150 cm, Bologna, Pinacoteca Nazionale, Inv.-Nr. 577

doch zum Abbruch kamen. Diese umfangreichen und aufwendigen Bemühungen, ein Original Raffaels in der Galerie präsentieren zu können, erfüllten sich erst mit der Ankunft der Sixtinischen Madonna (Abb. 8, S. 123) in Dresden. _________ 1 Twiehaus 2002, S. 24. 2 Hübner 1874, S. 38f.

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Von Anton Raphael Mengs werden in verschiedenen Quellen Kopien nach Alten Meistern genannt. Neben einer Kopie von Correggios Ruhe auf der Flucht sind allerdings nur vier weitere nach Raffael erhalten. Unter ihnen befindet sich die hier gezeigte Miniatur. Zu ihrer Entstehung ist wenig bekannt; es ist jedoch unwahrscheinlich, dass sie nach dem Original gefertigt worden ist, das sich damals im Besitz der Medici in Florenz befand.1 Die Miniatur ist im Gegensatz zum kreisrunden Original in ein leichtes Hochoval gebracht, was einige formale Veränderungen zur Folge hat: So stören die Verlängerung

70

Anton Raphael Mengs (Aussig 1728–1779 Rom)

Maria mit dem Kind und dem Johannesknaben (Kopie nach Raffael), vor 1744 (?)

des Stuhlpfostens und die Vervollständigung des Heiligenscheins

Öl auf Pergament auf Holz, 16,5 × 14 cm

der Maria die klassische Dreieckskomposition der Gruppe. Dies

Gal.-Nr. M 62

spricht für eine relativ frühe Entstehung des kleinen Bildes, da Mengs, nachdem er später in Rom Raffaels Werke genau studieren konnte, die harmonische Balance zwischen Komposition und Bildbegrenzung nicht den Konventionen einer Miniatur geopfert hätte.

Provenienz: Erstmals in der Consignatio von 1763 Literatur: Honisch 1965, Nr. 44 – Dresden 1983, S. 90 – Roettgen 1999–2003, Bd. 1, Nr. 127

Raffael war schon vor dieser frühen Kopie für Mengs von großer Bedeutung und wurde es später immer mehr, da er durch das Studium des Renaissance-Malers seinen eigenen Stil verbessern und zeichnerische Ungenauigkeiten beseitigen konnte. 2 Allerdings standen dabei weniger die genauen Kopien im Vordergrund, als vielmehr die Umsetzung der Vorbilder zu neuen eigenständigen Werken. In Dresden hätte Mengs neben druckgrafischen Vorlagen auch eine alte Kopie (Abb.) nach der Madonna della Sedia aus dem 16. Jahrhundert zur Verfügung gestanden, die 1742 durch Samuel de Brais aus der Sammlung des Adrien-Maurice de Noailles in Paris erworben worden war. In einem Brief an Heinrich Graf von Brühl pries de Brais den vermeintlichen Raffael an, der zudem nicht viel gekostet hatte: »Ich glaube nicht, dass ich dem König je etwas besseres geschickt habe.«3 Allerdings stellte sich in Dresden schnell heraus, dass es sich dabei nur um eine Kopie handelte. Solche Fehlkäufe waren bei den sächsischen Agenten mehrfach festzustellen. Sie wussten um den dringenden Wunsch des Königs, einen Raffael in seiner Galerie zu präsentieren. Jedoch erwiesen sich bei ihren Erwerbungen die Zuschreibungen an Raffael nach der Ankunft in Dresden allzu oft als falsch. Man wollte sich jedoch um (fast) jeden Preis mit diesem Namen schmücken. Die Kopien ersetzten in gewisser Weise solange ein Original, bis ein solches – in Dresden war es die Sixtinische Madonna (Abb. 8, S. 123) – erworben werden konnte. Erst mit einem Raffael, der schon im 18. Jahrhundert nur mit Schwierig-

Kopie eines unbekannten Meisters nach Raffael: Die Madonna della Sedia, Öl auf Pappelholz, Durchmesser 73 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 97

keiten zu bekommen war, konnte sich die Sammlung rühmen, über einen herausragenden Bestand italienischer Malerei zu verfügen. UK _________ 1 Madonna della Sedia oder auch Madonna della Seggiola, 1513/14, Öl auf Holz, Tondo, 72,5 × 71,5 cm, Florenz, Palazzo Pitti, Inv.-Nr. 151. 2 Roettgen 1999–2003, Bd. 2, S. 131. 3 Zit. nach: Spenlé 2002, S. 119. Das Originalzitat lautet: »Je ne crois pas avoir envoÿé au Roÿ rien de superieur.«

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Wie an anderen europäischen Höfen wurden auch in Dresden mit viel Engagement Miniaturen gesammelt. Eine alte Aufstellung aus dem Jahr 1763 listet 76 dieser kleinen Kunstwerke auf, darunter zahlrei71

Theresa Concordia Maron, geb. Mengs (Aussig 1725–1808 Rom)

che Kopien. Neben Arbeiten von Anton Raphael Mengs und seiner Schwester Theresa Concordia stammten die meisten von Felicità Hoffmann und Rosalba Carriera – vier Künstler, die mit dem Dresdner Hof eng verbunden waren. Sie schufen Miniaturen nach berühmten

Die Heilige Nacht (Kopie nach Correggio),

Gemälden der Königlichen Sammlung und auch nach Werken, die in

vor 1746

Galerien in Italien oder Wien zu sehen waren. Zwar ist die Anzahl

Aquarell auf Papier, auf Kupfer gezogen, 24,5 × 18,5 cm Gal.-Nr. M 64 Provenienz: Erstmals in der Consignatio von 1763 Literatur: Dresden 2000a, Nr. 2 – Zimmermann 2005, S. 160

dieser Miniaturkopien relativ gering, jedoch zeigt sich hier das Bemühen, eine Art universales Bildermuseum im Kleinen schaffen zu wollen. Diese Idee war zuvor schon in Italien verfolgt worden, etwa in Turin, wo Felice Ramelli ein solches Miniatur-Kabinett aufbaute.1 In der Dresdner Galerie haben sich von Theresa Concordia Maron zwei Miniaturkopien nach Correggio erhalten. Die Kopie der Heiligen Nacht (Abb. S. 172) schuf Maron in Italien, als sich das Original noch in der Galleria Estense in Modena befand. Bereits damals gehörte Correggios Gemälde zu den berühmtesten in Europa und wurde schon 1660 auf einem Kupferstich »La famosissima Notte« genannt.2 1745/46 gelangte das Bild nach Dresden und war hier der unbestrittene Mittelpunkt der gesamten Sammlung. Als erstes monumentales Nachtstück der Hirtenanbetung in der italienischen Malerei hatte bereits in Italien die künstlerische und literarische Rezeption des Werkes eingesetzt, etwa in den Werken von Peter Paul Rubens oder Annibale Carracci. So bezieht sich auch Carlo Marattas Heilige Nacht (Kat. 72) direkt auf das Vorbild Correggios. Desgleichen wurde das Gemälde in Dresden immer wieder rezipiert, wie die Werke von Pietro Antonio Graf Rotari oder auch Christian Wilhelm Ernst Dietrich zeigen. Die zweite Miniatur Marons ist die Kopie von Correggios Madonna des heiligen Hieronymus, heute in Parma. Seit dem 17. Jahrhundert galt sie aufgrund stilistischer Ähnlichkeiten als Pendant zur Heiligen Nacht und hatte entsprechend den Namen Der Tag (Il Giorno) erhalten (Abb.). Die Künstlerin entsprach dieser ideellen Paarbildung sogar im Format, indem sie beide Werke in einer einheitlichen Größe malte, obwohl sich die Originale um rund 50 cm in der Höhe unterscheiden.

Theresa Concordia Maron: Der Tag (Kopie nach Correggio), vor 1746, Aquarell auf Papier, auf Kupfer gezogen, 24,5 × 18,5 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. M 63

170

Kopie und Diskurs

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_________ 1 Furlan 2004, S. 112. 2 Angelo Maria d’Eschini nach Correggio: La Notte, zwischen 1620/73, Kupferstich, 40,2 × 28,9 cm.

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Carlo Maratta gilt als Hauptmeister des spätbarocken römischen Klassizismus. Zu Beginn seiner Karriere malte er zwischen 1651 und 1656 im Auftrag von Flavio Alaleona die Kapelle des heiligen Joseph 72

Carlo Maratta

in der römischen Kirche Sant’ Isidoro aus. Dazu gehörte auch ein Lü-

(Camerano 1625–1713 Rom)

nettenfresko, das die biblische Szene der Anbetung der Hirten zeigt:

Die Heilige Nacht, um 1651/56

In der Mitte sitzt Maria an der Krippe und hält das schlafende Jesuskind im Arm, rechts ist Joseph zu sehen, links drängen sich einige

Öl auf Leinwand, 99 × 75 cm

Hirten heran.1 Aus diesem Fresko nahm Maratta für das Dresdner

Gal.-Nr. 436

Gemälde die mittlere Szene heraus. Gottesmutter und Kind sowie

Provenienz: 1743 durch Francesco Algarotti aus der Casa Meratti in Venedig Literatur: Posse 1931, S. 19, 47 – Schumann 1964, S. 178f. – Dresden 2000a, Nr. 17 – Budapest 2013, Nr. 55

die beiden äußeren Engelsköpfe sind exakte Wiederholungen des römischen Freskos. Einzig den mittleren Engelskopf, der so keck den Betrachter anblickt, und den Landschaftshintergrund fügte Maratta neu hinzu. Das Fresko wie das Gemälde bestechen durch die effektvolle Lichtregie. Solch eine Behandlung des Lichts war Ende des 15. Jahrhunderts zunächst durch flämische Künstler eingeführt worden, ehe Correggio sie in seiner großen Altartafel Die Heilige Nacht Ende der 1520er-Jahre für San Prospero in Reggio adaptierte (Abb.). Correggios Gemälde in der Dresdner Galerie war schon im 17. Jahrhundert ein berühmtes Werk, das auch Maratta inspirierte. Nicht nur Gestik und Platzierung von Maria und Kind, sondern auch die Anmut in den Gesichtszügen der Gottesmutter entlieh Maratta von Correggios Altartafel. Das vom Jesuskind ausstrahlende Licht spielt auf das im Alten Testament verheißene Licht an, das mit der Geburt Jesu Wirklichkeit geworden ist (Jes 9,1). Selbst Adaption eines berühmten Gemäldes, gehört Marattas Heilige Nacht wiederum zu den Werken, die in der Dresdner Gemälde galerie sehr häufig kopiert wurden. Schon unmittelbar nach der Eröffnung der Königlichen Galerie Mitte des 18. Jahrhunderts pries der Galerieinspektor Pietro Guarienti Marattas Gemälde als eines der am meisten geschätzten Werke des Künstlers: »Opera delle più pregiate dell’Autore«, wobei Guarienti eigens das vom Jesuskind ausgehende Licht hervorhob.2 Marattas Bild wurde wahrscheinlich von dem Kunstagenten Francesco Algarotti im Jahr 1743 aus dem Haus der Familie Meratti in Venedig erworben. An mehreren Stellen berichtete Algarotti, dass er für den sächsischen Kurfürsten und polnischen König August III. drei Werke Marattas aus der Casa Meratti erworben habe, darunter

Correggio: Die Heilige Nacht, um 1522/30, Öl auf Pappelholz, 256,5 × 188 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 152

eine Krippenszene. Nicht nur die Beschreibung, dass alles Licht von dem Jesuskind ausgehe, legt die Identifizierung mit diesem Gemälde nahe, sondern auch der Vergleich mit Correggios Heiliger Nacht: Maratta habe das Bild »dans le gout de la nuit du Correge« gemalt.3 _________ 1 Daly 1971, Abb. 13. 2 Inv. 1747–1750, fol. 33v, 145. 3 Algarotti in einem Brief an Premierminister Brühl vom 19. Juli 1743. Vgl. Posse 1931, S. 47, und Dresden 2000a, S. 75.

172

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Salvator Rosas wilde und romantische Landschaften mit schroffen Bergen und großen, von Wind gepeitschten Bäumen standen in starkem Kontrast zu den klassischen Ideallandschaften von Claude Lorrain (Kat. 16). Rosa, der sich selbst als Malerphilosoph bezeichnete, stellte jedoch nicht einfach nur wilde Naturgewalten dar, sondern verband sie mit einer Aussage, deren tieferer Sinn sich für den heutigen Betrachter nicht immer auf den ersten Blick offenbart. Insbesondere in England stieß er mit seinen dunklen und mystischen Arbeiten auf große Resonanz. Seine Gemälde und Grafiken lassen

73

Salvator Rosa (Arenella 1615–1673 Rom)

Waldlandschaft mit drei Philosophen Bez. unten in der Mitte auf dem Stein: »SR« (ligiert)

sich in zahlreichen englischen Sammlungen finden und vor allem

Öl auf Leinwand, 73 × 97,5 cm

englische Maler und Literaten rezipierten den Italiener in ihren Wer-

Gal.-Nr. 470

ken: Hier ist beispielsweise Sir Joshua Reynolds zu nennen, der im

Provenienz: Erstmals im Inventar von 1754

Werk Ugolino und seine Kinder im Kerker die Malweise Rosas imi-

Literatur: Schumann 1962, S. 146–148 – Salerno 1963, S. 140 – Marx/Weber 1999, S. 53 – Ebert-Schifferer 2000 – Verona 2007, Nr. 181

1

tierte. Auch in einigen deutschen Sammlungen und Museen sind Rosas Bilder vorhanden – allerdings in weit geringerem Maße. In Dresden wurden im 18. Jahrhundert zwei Gemälde des Künstlers ausgestellt: Neben der Waldlandschaft mit drei Philosophen wurde unter seinem Namen auch ein Selbstporträt gezeigt, das jedoch heute einem unbekannten Künstler zugeschrieben wird (Abb. 10, S. 165). Zudem waren im Kupferstich-Kabinett zahlreiche Grafiken und Zeichnungen Rosas zu finden. Rosa blieb bei den Dresdner Künstlern nicht unbemerkt. Insbesondere Christian Wilhelm Ernst Dietrich setzte sich in seinen Landschaften offenbar recht intensiv mit seinem Werk auseinander, wobei auch das hier gezeigte Gemälde Dietrich inspiriert haben könnte (vgl. Kat. 74). Rosas Waldlandschaft ist nur auf den ersten Blick eine Landschaftsdarstellung. Die gebogenen Bäume und drohenden Wolken sind metaphorischer Ausdruck für die sehr lebhafte Unterhaltung der drei Männer im Mittelgrund des Bildes. Erst im Zusammenhang mit weiteren Werken Rosas wird deutlich, dass der Maler hier an den Philosophen Diogenes erinnert. So zeigen ein Gemälde in Kopen hagen und ein Kupferstich Rosas eine ganz ähnliche Szene (Abb.). Als Diogenes sah, wie ein Junge mit der bloßen Hand Wasser trank, warf er seine Trinkschale fort, angeblich mit den Worten »das Kind hat mich durch Genügsamkeit besiegt«. 2 Zwar fehlt auf unserem Bild der Junge, auch die Trinkschale ist in der Hand des rechten Mannes erst bei genauer Betrachtung zu erkennen. Seine Darstellung ist mit der Figur des Diogenes des Kupferstiches jedoch nahezu identisch. Somit ist anzunehmen, dass Rosa durchaus auf diese Episode verweisen wollte. Der Künstler war als Verfechter der stoischen Philosophie mit den Lehren des Diogenes, der innere

Salvator Rosa: Diogenes wirft seine Schale weg, 1661/62, Kupferstich, 45,7 × 27,5 cm, London, The British Museum, Inv.-Nr. W, 7.108

Unabhängigkeit und Bedürfnislosigkeit propagierte, zudem sehr vertraut.

UK

_________ 1 Ugolino und seine Kinder im Kerker, Öl auf Leinwand, 52 × 72 cm, Knole (Kent), National Trust Collections, Inv.-Nr. 129934. 2 Diogenes 1807, S. 354.

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Christian Wilhelm Ernst Dietrich wurde zu Lebzeiten in ganz Europa gefeiert. Künstlerkollegen, Kritiker und Sammler rühmten seine Fähigkeiten. So schrieb 1761 der Potsdamer Galerieinspektor Mat74

Christian Wilhelm Ernst Dietrich (Weimar 1712–1774 Dresden)

thias Oesterreich, »daß ein so allgemeines Genie, als er in der Malerey ist, gegenwärtig nirgends anzutreffen sey.«1 Wie kaum ein anderer Künstler seiner Zeit verstand es Dietrich, im Geschmack der verschiedensten Alten Meister zu malen und sie neu zu interpretie-

Landschaft in der Art des Salvator Rosa Öl auf Leinwand, 64,5 × 97 cm Gal.-Nr. 2155 Provenienz: 1863 als Vermächtnis von Carl Wilhelm Axt, Dresden Literatur: Stockholm 1969, Nr. 408

ren. Damit wurden seine Werke zu gesuchten und geschätzten Objekten: In zahlreichen königlichen und fürstlichen Sammlungen sind seine Gemälde vertreten, so unter anderem in der Ermitage in Sankt Petersburg, in Warschau, Budapest oder Wien. In Dietrichs Schaffen nehmen Landschaften den bedeutendsten Platz ein. Dabei sind zwar vor allem holländische Künstler als Vorbilder nachzuweisen, allerdings setzte sich Dietrich auch intensiv mit der Kunst des italienischen Malers Salvator Rosa (Kat. 73) auseinander. Auch hier versuchte er durch eine stärkere Detailgenauigkeit und eine nuancenreichere Farbigkeit das Vorbild abzuwandeln und zu verbessern. Dietrich näherte sich der Malerei Rosas auf verschiedene Weise: Zum einen orientierte er sich an dessen Malweise, zum anderen sind auch direkte motivische Übernahmen oder sogar Kopien festzustellen, so bei der hier gezeigten Landschaft in der Art Rosas. Sie ist nicht – wie der alte Titel fälschlicherweise suggeriert – nur an die Malweise Rosas angelehnt, es handelt sich vielmehr um die getreue Wiederholung eines Seestücks, das sich heute in einer englischen Privatsammlung befindet. 2 Rosas Gemälde wurde durch einen Kupferstich verbreitet, der es der Sammlung des Etienne François Duc de Choiseul zuweist; später wurde es nach England verkauft. Dietrich orientierte sich wahrscheinlich an dem Kupferstich und nicht an dem Original, das für ihn nur schwer zu erreichen war. Eine solche Vorgehensweise war damals nicht unüblich, zumal er die Malweise des Künstlers anhand der Waldlandschaft (Kat. 73) in Dresden studieren konnte. So gelang es ihm, die Stimmung, das Licht und die lockere Malweise Rosas wiederzugeben. Auch bei verschiedenen anderen Arbeiten ließ sich Dietrich durch Salvator Rosa inspirieren. Besonders prominent nutzte er Rosas Gemälde Landschaft mit Eremiten für das Titelblatt der Zusammenstellung seines grafischen Werks.3

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_________ 1 Oesterreich 1761, S. 62; vgl. Menzhausen 1959, S. 34. 2 Seestück, Öl auf Leinwand, Sammlung des Duke of Sutherland, Mertoun, Saint Boswell’s. 3 Salvator Rosa, Landschaft mit Eremiten, 1660/65, Öl auf Leinwand, 63 × 49 cm, Edinburgh, Scottish National Gallery, Dauerleihgabe von Sir Denis Mahon; Christian Wilhelm Ernst Dietrich, Die Felsenschlucht (in der Art von Salvator Rosa), 1745, Radierung, 29 × 22 cm, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. A 15814.

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Neben einer hochaufragenden Skulptur und zwischen locker gesetzten Bäumen lagern verschiedene Liebespaare. Ein einzelnes Paar ist im Gehen begriffen, dreht sich aber noch einmal zu den im Vorder75

Antoine Watteau

grund lagernden Paaren um. Die ganze Szene erscheint wie ein

(Valenciennes 1684–1721 Norgent-sur-Marne)

Traum, etwas flirrend Unwirkliches haftet ihr an. So legte Antoine

Das Liebesfest, 1718/19

Watteau bei der Darstellung des Liebesfestes wenig Wert darauf, die Realität genau wiederzugeben: Die Positionen der Figuren im Raum

Öl auf Leinwand, 61 × 75 cm

bleiben unklar – schwebend groß und nicht im Verhältnis zu den

Gal.-Nr. 782

Bäumen, die in der Tiefe immer kleiner werden. Dies betont die zarte

Provenienz: Erstmals im Inventar von 1747–1750 Literatur: Michel 1984, S. 231 – BörschSupan 2000, S. 92 – Berlin 2002, Nr. 30 – Paris/München/Bonn 2005, S. 208 (siehe auch Detail S. 20)

Poesie und rätselhafte Leichtigkeit der Darstellung, sodass das Werk als Traum einer Liebesidylle erscheint. Die Komposition wird auf der linken Seite durch die schräg ins Bild führende Baumreihe bestimmt, durch die hindurch Wiesen, Wasserflächen und ferne Hügel zu erkennen sind. Nach rechts wird die Komposition durch eine Skulptur abgeschlossen, die Venus mit Amor zeigt. Die Göttin hält einen Köcher mit Pfeilen in den Händen, den Amor ihr entwenden will. Das Liebesfest gelangte zusammen mit seinem Gegenstück Gesellige Unterhaltung im Freien (Abb.) vermutlich zwischen 1741 und 1747 in die Dresdner Gemäldesammlung. Im Galeriekatalog von 1765 ist es für die Äußere Galerie verzeichnet. Weitere Werke des Künstlers wurden nicht angekauft. Trotzdem verbreitete sich auch in Dresden die »Watteau-Mode«: Neben Wanddekorationen im Stil Watteaus sind hier vor allem die Erzeugnisse der Meissener Porzellanmanufaktur zu nennen, die mit Liebeszenen nach diesem Künstler verziert wurden. Die Wirkung von Watteaus Werk ist kaum zu überschätzen. Mit den fêtes galantes schuf er eine Bildgattung, die zahlreiche Nachahmer in ganz Europa fand. Darüber hinaus wirkten diese leichten und luftigen galanten Szenen stark auf andere Künste wie die Porzellanmalerei. Die Meissener Porzellanmanufaktur beschäftigte 1744 insgesamt elf »Watteau-Maler«, die nach Stichvorlagen von Gemälden Watteaus arbeiteten. Mit dem sogenannten Grünen Watteau-Service entstand ein erstes großes Porzellan-Service mit Malereien nach Watteau, bestimmt für den König und die Königin beider Sizilien; letztere war eine Tochter von August III. Aber auch auf kleinen Galanterien wie Tabaksdosen oder Fächern waren Malereien im Stile des Künstlers sehr beliebt. Sie unterstrichen den verfeinerten Charakter dieser höfischen Accessoires.

Antoine Watteau: Gesellige Unterhaltung im Freien, 1718/19, Öl auf Leinwand, 60 × 75 cm, SKD, Gemälde galerie Alte Meister, Gal.-Nr. 781

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Der Maler und Kupferstecher Christian Wilhelm Ernst Dietrich schuf neben Landschaften (Kat. 74) auch zahlreiche Genreszenen. Dabei orientierte er sich nicht nur an holländischen Künstlern, die sich vor allem im Bereich des bäuerlichen Genres betätigten, sondern auch an der französischen Genremalerei mit ihren fêtes galantes. Neben Antoine Watteau (Kat. 75), der die Darstellung galanter Geselligkei-

76

Christian Wilhelm Ernst Dietrich (Weimar 1712–1774 Dresden)

ten und Schäferspiele nachhaltig prägte, sind hier vor allem Nicolas Lancret und François Boucher zu nennen. Während in der Galerie nur ein kleiner Bestand an Werken der entsprechenden Künstler vorhanden war, konnte Dietrich im Dresdner Kupferstich-Kabinett zahlreiche Druckgrafiken nach Watteau und seinem Umkreis studieren. Dietrichs Liebespaar mit Amor zeigt ein jugendliches, vornehmes Paar in einem idyllisch-verwilderten Park. Inhaltlich wird die Darstellung durch eine gemalte Skulpturengruppe im Mittelgrund akzentuiert: Hymen, der geflügelte Gott der Hochzeit, erkennbar an seiner Fackel, drängt ein zögerndes junges Mädchen zur Entschei-

Ein Liebespaar mit Amor, 1740 Bez. unten rechts: »Dietricy 1740« Öl auf Buchenholz, 45 × 35 cm Gal.-Nr. 2115 Provenienz: 1741 von Hermann Carl von Keyserlingk Literatur: Michel 1984, S. 149, 322 – Essen 1986, Nr. 29 – Dresden 2009, Nr. 21 – Schniewind Michel 2012, S. 160f.

dung. Er ist in Begleitung von Venus, die in Form eines Schwans zu seinen Füßen lagert. Zwei Amoretten begleiten die Szene; sie finden ihre Wiederholung in dem kleinen Amor, der rechts neben dem Paar aus Fleisch und Blut einen Blumenkranz in den Händen hält. Dietrich verarbeitet in dieser Komposition geschickt und im Einzelnen nur schwer erkennbar unterschiedliche Vorbilder und findet dabei seine eigene Ausdrucksweise. So ist das Bild zwar stark von den galanten Festen Watteaus inspiriert, allerdings gibt es auch eine kompositorische Nähe zu dem Gemälde Schäfer und Schäferin von Caspar Netscher in Braunschweig (Abb.). Dieses zeigt ein ähnliches Liebespaar vor einer Skulptur auf hohem Sockel: Ein Flöte spielender Schäfer wird von der prachtvoll gekleideten Dame sehnsuchtsvoll angeblickt. Fast als Fortsetzung dieser Szene kann ein Bild Netschers in der Alten Pinakothek in München verstanden werden.1 Die Dame liegt dort bereits im Schoß des Schäfers, die Flöte ist zu Boden gefallen. Dietrich verzichtet bei unserem Bild auf pikante Details: Er zeigt ein vornehmes Paar – sie mit zugeklapptem Fächer, er mit deklamatorisch aufs Herz gelegter Hand. Die Dame schaut aus dem Bild heraus und nimmt so Kontakt mit den Betrachtenden auf. Dietrich schuf zahlreiche weitere Werke im Stil Watteaus, darunter auch Wanddekorationen. So entwarf er im Auftrag von Heinrich Graf von Brühl für das Grüne Speisezimmer in dessen Palais in Dresden insgesamt zehn Darstellungen mit galanten Szenen. Sie sind noch heute im Kunstgewerbemuseum in Pillnitz im Watteausaal als ein Ensemble erhalten.2 Für Brühls Sekretär Carl

Caspar Netscher: Schäfer und Schäferin, 1683, Öl auf Leinwand, 53,5 × 44 cm, Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, Inv.-Nr. 318

Heinrich von Heineken sowie auf Schloss Weissenfels in Rudolstadt hat Dietrich ähnliche Dekorationen gemalt.

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_________ 1 Schäferszene, 1681, Öl auf Leinwand, 53, 5 × 45 cm, München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek, Inv.-Nr. 110. 2 Marx 2009, S. 73–79.

Kopie und Diskurs

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Um einen großen, baumbestandenen Felsen windet sich ein Fluss, der im Vordergrund des Bildes in eine Stromschnelle übergeht. Auf einem Berg rechts im Hintergrund ist eine Burg zu erkennen. Am 77

Jacob van Ruisdael

Fuße des Berges, von hohen Tannen fast verdeckt, steht ein größeres

(Haarlem um 1628/29–1682 Haarlem)

Haus, dessen Bewohner gerade heimkehren. In der Ferne sind wei-

Der Wasserfall vor dem Schlossberg, um 1665/70

tere Behausungen zu sehen. Den tosenden Wassermassen im unteren Bildteil stehen die dramatisch dargestellten Wolkenformationen in der oberen Bildhälfte gegenüber. In der Farbgebung variieren die

Bez. unten links: »JvRuisdael« (JvR ligiert)

Wolken von weiß über zartes Hellblau bis hin zu dunklem Grau und

Öl auf Leinwand, 99 × 85 cm

Brauntönen der Landschaft.

Gal.-Nr. 1495

bilden so einen starken Kontrast zu den satten Grün-, Gelb- und Innerhalb des malerischen Œuvres van Ruisdaels bilden die

Provenienz: 1740 aus Antwerpen

Darstellungen von Wasserfällen und reißenden Strömen die größte

Literatur: Slive 2001, Nr. 181 – Jackson 2004, Nr. I.17 – Hyogo/Tokyo 2005, Nr. 199

thematische Gruppe. Vor allem in den 1660er-Jahren entstanden zahlreiche hochformatige Bilder, die in Komposition, Malstil und Ausdruckskraft dem Wasserfall vor dem Schlossberg sehr nahe stehen. Zu diesem Motiv wurde van Ruisdael unter anderem durch die Skandinavien-Bilder seines Schülers Allaert van Everdingen und durch die Alpen-Bilder von Roelant Savery angeregt. Seine eindrucksvollen Landschaftsdarstellungen sind nicht von der Natur inspiriert, sondern von Kunstwerken. Lediglich eine vorbereitende Studie (Abb.) konnte in seinem zeichnerischen Œuvre dieser Gruppe mit Wasserfällen zugeordnet werden. In Dresden erfreute sich van Ruisdael mit seinen dramatischen Landschaftsdarstellungen großer Beliebtheit. Im Galerieführer von 1765 sind neun Werke des Künstlers für die Äußere Galerie des damaligen Galeriegebäudes verzeichnet. Auch auf die Entwicklung der Dresdner Landschaftsmalerei hatte er einen nicht zu unterschätzenden Einfluss. Christian Ludwig von Hagedorn, Direktor der neuen Akademie der Künste, führt ihn in seinen Ausführungen zur Landschaftsmalerei beispielhaft an. 1 So wurden später etwa die nordischen Landschaften eines Johan Christian Dahl an den Charakteristika der Malerei van Ruisdaels gemessen. Aber auch schon zuvor übten seine rauen Landschaften einen großen Einfluss auf Maler wie Johann Alexander Thiele und Johann Christian Klengel (Kat. 78) aus. Ein weiterer prominenter Interpret des Wasserfall vor dem Schlossberg war Johann Wolfgang Goethe, der in seinem kurzen Text zu van Ruisdael von seinen Erfahrungen vor den Werken in der Galerie ausging.2

Jacob van Ruisdael: Ein Haus in einer nördlichen bergigen Landschaft mit einem Wasser fall, um 1665/70, schwarze Kreide, grau laviert, 19,7 × 23,2 cm, New York, The Pierpont Morgan Library, Inv.-Nr. III, 218

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Kopie und Diskurs

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_________ 1 Hagedorn 1762, Bd. 1, S. 350. 2 Goethe 1827–1835.

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Johann Christian Klengel, aus Kesselsdorf bei Dresden stammend, besuchte an der neugegründeten Dresdner Kunstakademie Kurse bei Bernardo Bellotto und Charles François Hutin. Sein eigentlicher 78

Johann Christian Klengel

Lehrer wurde 1765 Christian Wilhelm Ernst Dietrich, der ihn 1768 in

(Kesselsdorf 1751–1824 Dresden)

sein Haus aufnahm. Neben den vor allem im Frühwerk spürbaren

Landschaft im Sturm, um 1820

Einflüssen Dietrichs zeigt sich aber auch immer wieder die Vorbildwirkung von holländischen und französischen Meistern, die er durch

Öl auf Leinwand, 99 × 146 cm

die Dresdner Galerie kennenlernte. Hier studierte er sowohl die nor-

Gal.-Nr. 2186 B

dischen Landschaften Jacob van Ruisdaels (Kat. 77) als auch die

Provenienz: 1920 von der Akademie der Bildenden Künste Dresden überwiesen Literatur: Neidhardt 1976, S. 18f. – Marx 1999 – Fröhlich 2002, S. 159 – Köln 2003, Nr. 28 – Fröhlich 2005, S. 101f., Nr. M 65

idealen Darstellungen eines südlichen Arkadiens von Claude Lorrain (Kat. 16). Sie bildeten die beiden Pole in seinem Verständnis von Landschaftsmalerei. Entsprechend äußerte sich Klengel gegenüber dem Maler Carl Gustav Carus: »Was wollen Sie. Die Landschaft hat ja doch nur zwei Zielpunkte: der eine ist Ruysdael, der andere Claude! Man muß den einen oder den anderen Weg gehen! Entweder die reine Natur oder das Ideal – dazwischen liegt ja lauter Konfusion!«.1 Klengel versuchte sich in beiden Bereichen: Sowohl wilde Naturdarstellungen als auch arkadische Landschaften bilden innerhalb seines Œuvres fest umrissene Gruppen. Während Klengel die künstlerischen Mittel für die Darstellung einer idealisierten Landschaft vor allem bei Claude Lorrain vorfand, sind die Vorbilder für die bewegte Natur vielfältig. Die dramatisch aufgetürmten Wolken der Landschaft im Sturm lassen unwillkürlich an Ruisdael denken: Sowohl bei Klengel als auch bei Ruisdaels Wasserfall vor dem Schlossberg (Kat. 77) bauen sich die Wolkenformationen über einer bergigen Landschaft auf, und auch die stark abgestufte Farbskala des Himmels von einem dunklen Blauschwarz bis hin zu einem zarten bläulichen Weiß ist der des holländischen Bildes ähnlich. Bei Klengel befindet sich jedoch die ganze Natur in Aufruhr, die Bäume biegen sich im Sturm, die Menschen bringen noch schnell sich und ihre Tiere in Sicherheit. Bei Ruisdael hingegen scheint die Natur, trotz des tosenden Baches im Vordergrund, vergleichsweise friedlich. Dies kommt auch in der Farbgebung zum Ausdruck. Während Ruisdael für Wiesen und Bäume satte Grün- und Brauntöne wählte, ist Klengels Werk von einem kühlen dunklen Blauschimmer überzogen. Um die Datierung der Landschaft im Sturm hat es 70 Jahre lang ein großes Missverständnis gegeben: Als Rezeptionsbild für die Dresdner Kunstakademie wurde es ohne weitere Nachfragen in das Jahr von Klengels Aufnahme 1777 datiert: Harald Marx konnte 1999 jedoch nachweisen, dass Klengel sein Rezeptionsbild erst nach vielen Mahnungen zwischen 1819 und 1824 gemalt und eingereicht hat, also mehr als 40 Jahre später als bisher angenommen. Daraus ergeben sich weitere Korrekturen in der Chronologie seiner un datierten Werke, die auf diesen vermeintlichen Fixpunkt bezogen waren.

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_________ 1 Carus 1982, S. 145.

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Kopie und Diskurs

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KAPITEL VI

Pracht und Vergänglichkeit – Die Stillleben in der Dresdner Galerie

Nach der Wirklichkeit gemalt?! Obgleich die Hochzeit des Stilllebens das 17. Jahrhundert war, stammt die prominenteste Anekdote in Bezug auf diese Gattung aus der Zeit um 400 v. Chr.: Anlässlich eines Malerwettstreits mit seinem Kollegen Parrhasios schuf Zeuxis so naturgetreue Weintrauben, dass die Vögel herbeiflogen, um daran zu picken. Daraufhin verlangte Zeuxis, man möge doch den Vorhang vom Bild seines Konkurrenten beiseiteschieben – der sich dann ebenfalls als gemalt herausstellte. Zwar steht die Stilllebenmalerei nicht im Zentrum dieser Geschichte, sondern die wirklichkeitsgetreue Naturnachahmung, die jedoch anhand zweier Stillleben erläutert wird. So verwundert es nicht, wenn der Vergleich mit den beiden antiken Malern in der Stilllebenmalerei immer wieder als Topos aufgegriffen wurde. Zudem zeigt sich hier ein weiteres wiederkehrendes Element, nämlich das Täuschen (frz. tromper) des Betrachters und Betrügen seiner Augen (frz. l’œuil), was jedoch nicht auf die Kunstform des Stilllebens beschränkt ist. Eines der ersten bekannten Stillleben der Neuzeit, das vom Künstler signiert und datiert wurde, ist eine solche Trompe-l’œuil-Darstellung. Zudem führt uns dieses Gemälde an den sächsischen Hof, ist es doch ein Werk des aus Venedig stammenden Jacopo de’ Barbari, der von 1504 bis 1506 in Wittenberg als Hofmaler Friedrichs III. von Sachsen tätig war. Während dieser Zeit entstand sein Stillleben mit Rebhuhn, Eisenhandschuhen und Armbrustbolzen (Abb. 1). Es zeigt ein Paar metallener Handschuhe und ein Rebhuhn, die mit Hilfe eines Bolzens und eines Nagels an einer Holzwand befestigt sind. Rechts unten gibt ein kleiner Zettel Auskunft zu

Abb. 1 Jacopo de‘ Barbari: Stillleben mit Rebhuhn, Eisenhandschuhen und Armbrust bolzen, 1504, Öl auf Holz, 52 × 42,5 cm, München, Bayerische Staatsgemälde sammlungen, Alte Pinakothek, Inv.-Nr. 5066

Künstler und Entstehungsjahr. Der Künstler hat die einzelnen Teile des Arrangements sehr sorgfältig wiedergegeben, sodass der Betrachter die unterschiedlichen Texturen der Materialien wie die flauschigen Federn des Rebhuhns oder die Glätte des Metalls förmlich zu spüren meint. Es ist jedoch alles eine Täuschung der Augen! Das Werk steht im Zusammenhang mit einer Entwicklung, die bereits im 15. Jahrhundert begann: In dieser Zeit nahm die realistische Darstellung und kunstvolle Zusammenstellung von alltäglichen Gegenständen wie Gefäßen, Lebensmitteln, Blumen oder auch Büchern spürbar zu. Dazu gehörte auch das markante Erscheinen von Attributen oder Objekten, die die tiefere Bedeutung des Bildes verdeutlichen sollten.1 In der Dresdner Gemäldegalerie hat sich hierfür ein Beispiel erhalten, ebenfalls aus dem frühen 16. Jahrhundert. In dem Bild Beim Steuereinnehmer (Abb. 2) aus der Werkstatt des Jan Massijs gehen die Details, die Hinweise auf den Sinngehalt des Themas geben, in die Alltagsszenerie ein. Auf dem Tisch sind unter anderem Bücher, Papiere mit einer kleinen Fliege darauf, Geldsäcke oder einzelne Münzen angeordnet. Im Hintergrund stapeln sich im Regal weitere Bücher, in einer Vitrine sind Silbergefäße aufgestellt. Diese Arrangements verdeutlichen, wo wir uns befinden: beim Steuereinnehmer. Allerdings haben die einzelnen Gegenstände einen weiteren Symbolgehalt: Beispielsweise verweisen Geldsack und Münzen auf die Laster Geiz und Raffsucht; die Fliege erinnert hingegen an die Vergänglichkeit des Lebens, ebenso das Ei in der Hand des

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Kindes.

1 Schneider 2011, S. 21.

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Manchmal zeigen die Rück- oder Außenseiten von Diptychen auch Gebrauchsgegenstände, die in Beziehung zum innen dargestellten Heiligen stehen. Bestimmte Blumen verweisen beispielsweise auf die Jungfrau Maria und sind vor allem in diesem religiösen Kontext zu verstehen. Bei diesen Bildern handelt es sich folglich nicht um eigenständige Blumenstillleben; mit ihnen setzt jedoch die Entwicklung zur Autonomisierung des Stilllebens ein. Die Entstehung der Gattung wurde darüber hinaus durch die sich verbreitenden Kunst- und Wunderkammern sowie durch die seit der Renaissance erstarkenden Naturwissenschaften begünstigt. Zahlreiche Illustrationen aus den verschiedensten Bereichen wie Botanik oder Zoologie zeigen minutiös beobachtete Blumen, Früchte oder kleine Tiere. Hierfür ist die aufwendige Publikation Archetypa Studiaque Patris G. Hoefnagelii (Abb. 3) aus dem Jahr 1592 ein besonders prachtvolles Beispiel. Wissenschaftliche Illustration und Kunst liegen oft dicht beieinander, wie es sich auch bei einem Werk von Lucas Cranach d. Ä. zeigt: Das Deckfarbenblatt Zwei tote Seidenschwänze (Abb. 4) des sächsischen Hofmalers – er war wie de’ Barbari unter Friedrich III. von Sachsen nach Wittenberg gekommen – erinnert in der täuschend echt wirkenden Darstellung der beiden Vögel fast an das Trompe-l’œuil mit Handschuhen und Rebhuhn des italienischen Künstlers. Als eigenständige Gattung setzte sich das Stillleben erst zum Ausgang des 16. Jahrhunderts durch. Die früheste Erwähnung eines solchen Gemäldes ist wohl ein Eintrag in dem Inventar von 1650 von Judith Willemsdr. van Vliet aus Delft.2 Da die Bezeichnung des Werks »een stilleven van Evert van Aelst« sehr allgemein gehalten ist, kann angenommen werden, dass sie für jeden verständlich war. Der Begriff stilleven scheint also zu diesem Zeitpunkt bereits etabliert gewesen zu sein. Dabei bezeichnete der Wortbestandteil leven, dass das Modell leibhaftig anwesend gewesen war, während still sich auf seine Bewegungslosigkeit bezog.3 Im Französischen und analog dazu in den anderen romanischen Sprachen bildete sich erst um 1750 der Begriff »nature morte« heraus; im deutschen Sprachraum setzte sich nach der Mitte des 18. Jahrhunderts die Bezeichnung »Stillleben« für diese Art der Malerei durch. Beiden Begriffen ist gemein, dass sie eine Malerei beschreiben, die nach dem Leben beziehungsweise der Natur

Abb. 2 Jan Massijs (Werkstatt): Beim Steuer einnehmer, 1539, Öl auf Eichenholz, 85 × 115 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 804

_________ 2 Bredius 1888, S. 293. 3 König 1996, S. 23.

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Die Stillleben in der Dresdner Galerie

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gearbeitet wurde, wobei sich der abzubildende Gegenstand »still« (also wie leblos) verhalten muss. Allerdings können diese begrifflichen Herleitungen nicht wirklich als Definition gelten, da manche Werke nur schwer einzuordnen sind – die Gattungsgrenzen sind fließend. Die Wertigkeit der Gattung wurde durch die Frage nach der inventio bestimmt: Historiengemälden als den aus der Fantasie geschaffenen Werken wurde dabei traditionellerweise der Vorrang eingeräumt, sodass das Malen nach dem Leben einen eher niederen Rang einnahm.

Abb. 3 Georg Hofnagel: Blumen und Insekten, Kupferstich, in: ders.: Archetypa Studiaque Patris G. Hoefnagelii, Frankfurt am Main 1592 Abb. 4 Lucas Cranach d. Ä.: Zwei tote Seidenschwänze, um 1530, Feder in Schwarz, Pinsel in Wasserfarben, 34,6 × 20,3 cm, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. C 2179

Diese Problematik bildete sich seit der Entstehung der Gattung Stillleben in den kunsttheoretischen Debatten ab: Zunächst beschäftigten sich holländische und flämische Künstler und Theoretiker mit der Zu- und Einordnung von stilleven. Samuel van Hoogstraten setzte in seiner Inleyding Tot De Hooge Schoole Der Schilderkonst aus dem Jahr 1678 die Darstellung unbelebter Dinge wie Bücher, Früchte oder Blumen, aber auch niederer Tiere wie Insekten und Reptilien auf die unterste der drei Stufen der Hierarchie. Die zweite nahmen Genrestücke (sogenannte Scherze) ein, während die oberste Stufe den »erinnerungswürdigen Historien«, also Geschichten aus Mythologie und Bibel vorbehalten war.4 30 Jahre später widmete der Maler Gérard de Lairesse in Het Groot Schilderboek ein Kapitel der Stillleben-Malerei: Darin schränkte er die Motivauswahl stark ein, ließ nur Blumen, Früchte, Edelmetalle und Musikinstrumente zu und schloss alles Billige und Alltägliche aus. Dieser Versuch der Nobilitierung ging jedoch am Markt und den Wünschen der Sammler vorbei, wie sich in den Sammlungen – so auch in Dresden – zeigte. Aber auch im akademischen Gattungsgefüge, das beispielsweise an der Académie Royale in Paris maßgeblich war, rangierte das Stillleben an unterster Stelle. Dies hatte Einfluss auf die Zusammensetzung großer Sammlungen und Galerien, die an zahlreichen europäischen Höfen entstanden. So war es ein Qualitätsmerkmal der Sammlung, Historienmalerei, bevorzugt von den großen Meistern der italienischen Renaissance, zu besitzen. Stillleben würden hingegen, wie der Kunstschriftsteller Horace Walpole meinte, »den unwissenden Pöbel begeistern«.5 Allerdings waren Stillleben auch in adeligen Kreisen immer beliebt. Ihre allgemeine Akzeptanz nahm jedoch erst im 18. Jahrhundert zu: Ausgehend von den Kunstinteressierten in Paris hatte die traditionelle Gattungshierarchie immer weniger Einfluss auf die Zusammensetzung der Sammlungen, was sich an einer starken Zunahme von Landschaften oder Genredarstellungen

_________ 4 Czech 2002, S. 183. 5 Zit. nach: König 1996, S. 246. Das Originalzitat lautet: »He painted still-life […] that strike the ignorant vulgar.« Walpole 1762, S. 11.

Die Stillleben in der Dresdner Galerie

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Abb. 5 Jan Davidsz. de Heem: Memento Mori. Ein Totenkopf neben einem Blumenstrauß, um 1655/60, Öl auf Leinwand, 87,5 × 65 cm, SKD, Gemälde galerie Alte Meister, Gal.-Nr. 1265 Abb. 6 Abraham Mignon: Totes Geflügel in einer Steinnische, Öl auf Leinwand, 87,5 × 68 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 2028, Verlust

in den berühmten Galerien wie jener der Comtesse de Verrue abzeichnete. Auch Stillleben erfreuten sich durch ihre Mehrdeutigkeit, den großen Variantenreichtum, ihre vielfältige Symbolik ebenso wie durch ihre künstlerische Raffinesse einer großen Beliebtheit. Dabei fiel insbesondere den Vanitas-Symbolen, die an die Vergänglichkeit des Lebens und den falschen Glanz irdischer Güter erinnern, eine Schlüsselrolle zu. Die Sammlung der Stillleben in der Dresdner Gemäldegalerie Die meisten Stillleben in der Dresdner Gemäldegalerie stammen von holländischen und flämi-

Abb. 7 Christoph Paudiss: Stillleben mit zwei Kalbsköpfen, 1658, Öl auf Leinwand, 71,5 × 55 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Inv.-Nr. 99/66

schen Künstlern. Sie wurden bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts oder noch früher erworben. So befand sich in der Kunstkammer das Gemälde Ein Hummer, Früchte und Blumen von Cornelis de Heem (Kat. 83), dessen Vater Jan Davidsz. de Heem zu den einflussreichsten Stillleben malern in Antwerpen gehörte. Verschiedene Werke in der Gemäldegalerie zeigen das Können dieses Künstlers, Dynamik und Farbenreichtum mit einer minutiösen Schilderung unterschiedlicher Stofflichkeiten zu verbinden, wie zum Beispiel in seinem Memento Mori (Abb. 5), das vor 1723 in die Galerie gelangte. Hier erinnern nicht nur der Totenschädel, sondern auch die leere Muschelschale und die weit aufgeblühten Blumen an die Vergänglichkeit des Seins; verschiedene Christussymbole wie die nach unten hängende Nelke oder die Getreideähren verweisen außerdem auf die Auferstehung Jesu. Von dem deutschstämmigen Künstler Abraham Mignon, der mit 20 Jahren nach Utrecht übersiedelte und dort unter anderem in der Werkstatt de Heems mitarbeitete, waren vermutlich 1696 bereits vier Gemälde in der Kunstkammer vorhanden. Zu ihnen zählte das im Zweiten Weltkrieg vernichtete Gemälde Totes Geflügel in einer Steinnische (Abb. 6). Mignons Werke gelangten spätestens 1723 in die Galerie, die zu diesem Zeitpunkt noch im Residenzschloss im Redoutensaal beheimatet war. Von 1726 an wurden die Gemälde im deutlich größeren Riesensaal gezeigt.6 König August II. ließ vor allem in den 1720er-Jahren zahlreiche Stillleben erwerben: Rund 60 konnten über verschiedene Diplomaten, Agenten oder von Kunsthändlern, die zum Beispiel auf der Leipziger Ostermesse anwesend waren, angekauft wer-

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den. Es waren jedoch nicht alle Werke für die Gemäldegalerie bestimmt; einige kamen auch in

6 Heres 2006, S. 35.

das Jagdschloss Moritzburg. Die Themen dieser Stillleben umfassten vor allem Jagden und tote

Die Stillleben in der Dresdner Galerie

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Tiere wie das Stillleben mit zwei Kalbsköpfen des deutschen Künstlers Christoph Paudiss (Abb. 7). Für die Ausstattung des Dresdner Residenzschlosses wurden hingegen bevorzugt Blumenstillleben beauftragt. So schuf der französische Stilllebenmaler Jean-Baptiste Gayot Dubuisson, der seit 1717 in Dresden tätig war, zahlreiche Supraporten. Von diesen lassen sich heute noch vier in der Gemäldegalerie nachweisen; sie waren für die sogenannten Paratenzimmer vorgesehen. Nach dem Tod von August II. und der Besteigung des polnischen Throns durch seinen Sohn als August III. wurden die Gemäldeerwerbungen weiter institutionalisiert. In ganz Europa hielten Agenten und Diplomaten nach Gemälden Ausschau. Es wurden jedoch nicht nur repräsentative Meisterwerke italienischer Künstler oder Historienbilder von Rubens oder Rembrandt erworben, sondern auch weiterhin Stillleben wie die großformatigen Küchen stücke Frans Snijders’, des wohl bedeutendsten flämischen Stilllebenmalers seiner Zeit (Kat. 81). Sie kamen unter anderem in den 1740er-Jahren aus Prag und Paris. Auch der Ankauf ganzer Sammlungen war für den Bestand der Stillleben von Bedeutung. Herauszuheben ist hier die von Landschaften und Stillleben dominierte Sammlung des Grafen Hermann Carl von Keyserlingk, aus der im Jahr 1741 insgesamt 178 Bilder für die Königliche Galerie erworben wurden.7 Besondere Erwähnung verdient ein recht kurioses Gemälde mit dem Titel Stillleben mit dem Lobgedicht auf den Pökelhering von Joseph de Bray (Abb. 8). Auf einer Steinkartusche, die mit einer Art Ehrenkranz aus Heringen, Zwiebeln und Weinlaub geschmückt ist, preist der Dichter und Arzt Jacob Westerbaen in humorvollen und teils recht derben Worten die Vorzüge des Pökelherings. Offenbar war das Werk ganz nach dem Geschmack des polnisch-sächsischen Königs, da es sowohl 1747 und 1750 sowie 1765 in den Inventaren und Galerieführern der Sammlungen zu finden ist. Diese und andere ähnlich drastische Werke verstießen jedoch gegen die Darlegungen im Malerei traktat des bereits erwähnten klassizistischen Kunsttheoretikers Gérard de Lairesse. Sein Bemühen, niedriger eingestufte Stilllebenmaler zu nobilitieren, kann durchaus als repräsentativ gelten. Für de Lairesse und zahlreiche Zeitgenossen hing der Wert der Darstellung nicht nur von der gekonnten Ausführung, sondern vor allem auch von der Erhabenheit des Gegenstandes selbst ab: »Wir wollen daher aus vielen nur nachfolgende, so wir vor die schönsten, zierlichsten und angenehmsten halten zu unseren Objecten erwählen. Erstlich die

Abb. 8 Joseph de Bray: Stillleben mit dem Lobgedicht auf den Pökelhering, 1656, Öl auf Holz, 57 × 48,5 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 1407 Abb. 9 Daniel Seghers: Blumenstrauß, von Lilien überragt, im Glas, 1643, Öl auf Kupfer, 85 × 64 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 1201, Verlust

_________ 7 Vgl. zur Sammlung Keyserlingk: Dämmig 2006.

Die Stillleben in der Dresdner Galerie

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Abb. 10 Willem Claesz. Heda: Ein Frühstück mit einer Brombeerpastete, 1631, Öl auf Holz, 54 × 82 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 1371

Blumen. Zum andern, die Früchte. Zum dritten, Gold, Silber, und andere köstliche Schätze, zum vierten, Musicalische Instrumenten. […] Denn es ist nicht genug daß ein dergleichen Stück natürlich und wohl gemahlet sey; die Erwählung ist noch weit mehr: diese belustiget und vergnüget die Sinnen der Anschauer, und macht den Meister berühmt. […] Was Kohl/Kraut, Wurzeln und Rüben, wie auch Cabeljau, Salm, Hering, Spiering oder Eperlan und dergleichen Dinge angehet, welches schlechte und gemeine Auszierungen seynd, so seynd selbige nicht werth, daß man sie in dem Hause in ein Gemach hänge […]. Wer aber Lust darzu hat, der mag sich auf den Marckt verfügen.«8 Wie jedoch schon an den vorgestellten Werken deutlich wurde, waren in der Dresdner Galerie alle möglichen Sujets der Stilllebenmalerei vertreten: Heringe und Kalbsköpfe ebenso wie Frucht- und Blumenstücke. Damit unterscheidet sie sich von anderen Sammlungen wie zum Beispiel jener des Landgrafen Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel, in der die Stillleben ausschließlich die von de Lairesse geforderten kunst- und prunkvollen Arrangements zeigten.9 Eine Vorliebe der polnisch-sächsischen Könige für bestimmte Themen bei Stillleben kann nicht festgestellt werden. So schenkte beispielsweise Königin Maria Josepha ihrem Mann August III. im Jahr 1751 zum Namenstag ein Werk Daniel Seghers’, das einen Blumenstrauß im Glas darstellt (Abb. 9). Seghers war vor allem für seine Blumenkranzbilder bekannt, in die in der Regel andere Künstler kleine Heiligenbilder einfügten. Dabei brachte er es zu einem großen Variantenreichtum: Seit den 1640er-Jahren umfasste er zum Beispiel steinerne Kartuschen mit Girlanden, in deren Mitte sich Reliefs religiöser Thematik befanden (Kat. 85). Noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden verschiedene Stillleben für die Sammlung erworben. Ein Frühstück mit einer Brombeerpastete des Haarlemer Malers Willem Claesz. Heda von 1631 (Abb. 10) ist ein charakteristisches Beispiel für die sogenannten »monochromen Bankette«, eine neue Bildform, die eine beliebte Spielart der holländischen Still_________ 8 De Lairesse 1730, S. 276f. 9 Weber 1989, S. 13f.

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Die Stillleben in der Dresdner Galerie

lebenmalerei wurde. Es zeigt eine Auswahl erlesener Gegenstände wie eine silberne Trinkschale oder ein kostbar verziertes Messer. Doch die weltliche Pracht ist auch hier wieder ein Symbol der Vergänglichkeit, wie besonders die Taschenuhr im Bild anschaulich macht.

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Abb. 11 David Teniers d. J. (Nachfolger): Schmiede mit einem geschlachteten Kalb, Öl auf Leinwand, 130 × 108 cm, SKD, Ge mäldegalerie Alte Meister, Inv.-Nr. 99/102

Die Dresdner Stillleben-Sammlung ermöglicht es, verschiedenste Entwicklungen und Schulen dieser Gattung – insbesondere die der flämischen und holländischen Künstler – erfahrbar zu machen. In Dresden hatte man sich nicht allein auf die »würdigen« Sujets dieser Bildgattung beschränkt, sondern erachtete die gesamte Themenbreite für ausstellungswürdig. Neben Prunk- und Blumenstücken finden sich immer wieder Bilder, auf denen geschlachtetes Vieh oder »niedrigstehende« Tier- und Blumenarten wie Käfer oder Disteln zu sehen sind. Das Werk Schmiede mit einem geschlachteten Kalb von einem Nachfolger David Teniers d. J. (Abb. 11) ist hierfür mit seiner drastischen und realen Darstellungsweise ein besonders eindrückliches Beispiel.

UK

Die Stillleben in der Dresdner Galerie

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Das Gemälde des holländischen Malers Melchior d’Hondecoeter, einem Spezialisten für die Darstellung aller Arten von Federtier, zeigt eine weiße, am Boden ruhende Henne mit ihren fünf Küken. Zwei der 79

Melchior d’Hondecoeter

Sprösslinge haben im wärmenden Gefieder der Glucke Schutz ge-

(Utrecht 1636–1695 Amsterdam)

sucht, während ein weiteres Paar in ihrer Nähe sitzt und ein einzel-

Die ruhende Henne

ner mutig nach Körnern pickt. Die friedliche Szene wird von einem Hahn beäugt, der eine Holzplanke entlangschreitet. Die beiden Pro-

Bez. oben links der Mitte: »M D’ Hondecoeter«

tagonisten des Bildes sind in Haltung und Farbe effektvoll kontras-

Öl auf Leinwand, 77,5 × 94,5 cm

tiert: Dem bunten Federkleid des Gockels antwortet die nuancen-

Gal.-Nr. 1302

reiche Einfarbigkeit der Henne. Häufig experimentiert d’Hondecoeter

Provenienz: 1741 aus der Sammlung von Keyserlingk, Dresden; seit 1945 vermisst; 1991 der deutschen Botschaft in Moskau übergeben; 2001 Rückkehr in die Galerie Literatur: Ebert 1963, S. 109

in seinen Darstellungen mit der Gegenüberstellung von Mono chromie und Buntfarbigkeit; dementsprechend findet sich auf seinen Gemälden oft weißes oder hellfiedriges Geflügel wie Gänse, Schwäne, Pelikane oder Kakadus. Auf Abwechslungsreichtum zielen auch die gemeinsame Präsentation heimischer und fremdländischer Vogelarten sowie die Kombination von wildem mit domestiziertem Geflügel: Im vorliegenden Bild sind Hahn und Henne – letztere wohl eine Ahnin des Brabanter Haubenhuhns – in Gesellschaft eines exotischen Pfaus, eines in Nordamerika heimischen Truthahns und einer Kohlmeise wiedergegeben. Über d’Hondecoeters detailgenaue Wiedergabe der Tiere vermittelt sich eine Vorstellung von den Vogelarten, wie sie in Holland in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf dem Land und in den Menagerien wohlhabender Zeitgenossen vertreten waren. Die ruhende Henne gehört zu d’Hondecoeters Parklandschaften mit exotischen Vögeln – ein Themenkreis neben Stillleben mit Wildvögeln, Hühnerhofdarstellungen und Vogelkonzerten, den er in seinen späteren Jahren in Amsterdam entwickelte. Der dekorative Charakter dieser Gemälde machte sie zu begehrten Objekten einer begüterten Käuferschicht, die sie zur Ausstattung ihrer Stadthäuser und Landsitze nutzte.1 Der Vorbesitzer dieses Bildes war der Diplomat und Kunstsammler Hermann Carl Reichsgraf von Keyserlingk, der zwischen 1734 und 1745 als russischer Gesandter in Dresden fungierte.2 1741 verkaufte er es zusammen mit 177 weiteren Werken aus seiner Sammlung an den sächsischen Hof. _________ 1 Vgl. Rikken 2010, S. 9, 17–20. 2 Dämmig 2006, S. 12ff.

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Vor einem geöffneten Fenster hängt zwischen zahlreichen erlegten Vögeln ein toter Hase schlaff über die Kante eines Tischs. Durch das Fenster klettert eine Katze hinein, gebannt auf einen Hund starrend, der von einem Jungen an einer Leine gehalten wird. An einem Korb vor dem Tisch hockt ein weiterer Knabe und scheint einem Vogel die Federn rupfen zu wollen – zumindest untersucht er ihn sehr genau. Die Szene könnte bei einem Geflügelhändler spielen, wie ein früher Dresdner Katalog vorschlug. Es könnte sich aber auch um eine

80

Felice Boselli (?) (Piacenza 1650–1732 Piacenza)

Stillleben mit Katze, Hund und zwei Knaben

Küche handeln, in der ein reiches Mahl vorbereitet werden soll. Zwar

Öl auf Leinwand, 135 × 95 cm

fällt die genaue Einordnung schwer, jedoch wird durch die Auswahl

Gal.-Nr. 669

der Tiere deutlich, dass wir das Innere eines bürgerlichen Hauses

Provenienz: 1741 aus Italien

vor uns haben. Während die sogenannte hohe Jagd (unter anderem

Literatur: Posse 1929, S. 311

auf Hirsche und Schwäne) dem Adel vorbehalten war, war es allen Schichten gestattet, dem Vogelfang nachzugehen. Der Maler stellt uns in der Tradition der Jagdstillleben verschiedene Wildvögel vor: Auf dem Tisch liegen unter anderem ein Stockentenpaar, zwei Schnepfen und ein Dompfaff. Der kleine Junge hält eine Singdrossel in der Hand. Auch der Feldhase und die Wildkatze stammen aus der freien Natur, während der Hund als ein von dem Menschen domestiziertes Tier dargestellt wird. So könnte in diesem Werk auch der Gegensatz von Zivilisation und Wildnis thematisiert sein, der in dem sich anbahnenden Konflikt zwischen Hund und Wildkatze geradezu greifbar ist. Die toten Tiere scheinen ein weiterer Hinweis auf die Macht des Menschen über die Natur zu sein. Das Stillleben wird zurzeit dem Maler Felice Boselli zugeschrieben. Es kam 1741 als Werk des Antwerpener Künstlers David de Coninck in die Galerie. Spätere Zuschreibungen des Gemäldes an italienische Künstler wie einem nicht näher bestimmten Schüler Carlo Marattas widersprechen dem nur bedingt, da de Coninck lange Zeit in Rom arbeitete. Hans Posse übernahm dann den frühen Hinweis aus dem 18. Jahrhundert auf Felice Boselli. Er war für die Darstellung alltäglich-sinnlicher Genüsse und regionaler Lebensmittel bekannt. Bei unserem Bild ist vor allem die starke Licht- und Schattenführung bemerkenswert, die sich auch in anderen Stillleben des Künstlers finden lässt.

UK

Die Stillleben in der Dresdner Galerie

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Das großformatige Gemälde wird von einem erlegten Rehbock, der an seinem rechten Hinterlauf aufgehängt ist, und einem toten Schwan auf dem Tisch dominiert. Der Kopf des Rehbocks ruht auf 81

Frans Snijders

dem ausgebreiteten Flügel des Schwans. Sie sind von Singvögeln,

(Antwerpen 1579–1657 Antwerpen)

einem Fasan, zwei Rebhühnern und einem mächtigen Eberkopf um-

Stillleben mit dem Affen auf dem Stuhl

geben. Darüber hinaus sind ein überbordender Früchtekorb sowie einzeln verstreute Zitronen, Kürbisse, Spargel und Artischocken auf dem Tisch arrangiert. Im Vordergrund sind Austern, dicke Scheiben

Öl auf Leinwand, 170 × 239 cm

vom Lachs und eine Schale voll mit diversen Fischen und einem

Gal.-Nr. 1193

Hummer angerichtet. Eine Katze hat sich sofort auf einen zu Boden

Provenienz: Erstmals im Inventar von 1747–1750 Literatur: Robels 1989, Nr. 76 – Koslow 1995, S. 157, 160, 163–166 – Marx 2006/07, Bd. 1, S. 479 (siehe auch Detail S. 186)

gefallenen Aal gestürzt. Zwei Jagdhunde am linken Bildrand machen ihr nun die Beute streitig. Über dem Geschehen wendet sich ein Kapuzineräffchen auf einem Stuhl angriffslustig einem Papagei zu, der auf dem Früchtekorb sitzt. Hinter dem Affen erstreckt sich eine Landschaft in die Tiefe. Das Wild ist fast lebensgroß wiedergegeben und erhält durch Frans Snijders’ virtuose Malweise eine sinnliche, beinahe haptische Präsenz. Snijders’ Jagdstillleben zeigen jedoch keine realen Situationen, sondern sind aus zahlreichen nach der Natur gezeichneten Studien komponiert. Deutlich wird dies beispielsweise daran, dass die gezeigten Obst- und Gemüsesorten zu verschiedenen Zeiten reif sind und das erlegte Wild unterschiedliche Schonzeiten hat. Offenbar war die Darstellung von größtmöglicher Fülle und Vielfalt das Ziel. Das erlegte Wild lässt eine Einordnung des Gemäldes in den höfischen Kontext zu: Das Privileg der Jagd und damit auch der Besitz von Jagdhunden war ausschließlich dem Adel vorbehalten; auf Wilderei standen drakonische Strafen. Auch die anderen Nahrungsmittel auf Snijders’ Stillleben wie die Artischocken und der Spargel stehen für Reichtum und Luxus. Damit entspricht das Gemälde ganz dem Geschmack des zeitgenössischen Adels, sich mit Bildern zu umgeben, die den eigenen Lebensstil vor Augen führten. Gleichzeitig wurde auch beim wohlhabenden Bürgertum das Sammeln repräsentativer Gemälde zur Ausstattung der eigenen Häuser immer beliebter. Snijders’ Stillleben wurde 1742 durch Johann Gottfried Riedel aus Prag als Teil der Sammlung Wallenstein für Friedrich August II. erworben. Möglicherweise handelt es sich bei dem Dresdner Gemälde um eine Werkstattkopie der Version des Bildes im Musée des Beaux-Arts in Marseille.

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Adriaen van Utrecht zählt zu den bedeutendsten Vertretern des barocken flämischen Tierstilllebens. Neben prächtigen großformatigen Auslagen mit Wild, Geflügel, Fisch, Obst und Gemüse in der Art von 82

Adriaen van Utrecht

Frans Snijders (Kat. 81), dem Nestor der flämischen Tier- und Still-

(Antwerpen 1599–um 1652/53 Antwerpen)

lebenmalerei, schuf er in den 1640er-Jahren eine Reihe kleinerer

Stillleben mit einem Hasen und Vögeln am Ring, 2. Hälfte 1640er-Jahre

Wild- und Geflügelbilder, denen auch dieses Gemälde zuzurechnen ist. In dem nahansichtigen Bildausschnitt beschränkt sich van Utrecht auf die Präsentation einzelner Tiere und Objekte: Ein toter

Reste einer Signatur unten mittig auf der Tischkante (unleserlich)

Hase sowie verschiedene erlegte Vögel sind auf einem schlichten

Öl auf Leinwand, 86 × 117 cm

lagerten Körper von Hase und Rebhuhn. Rechts liegen eine Melone,

Gal.-Nr. 1215 A

ein Kohl, Artischocken und Sellerie. Die Aufreihung der Objekte ent-

Provenienz: Erstmals im Inventar von 1754

lang der Tischkante gleicht einem Fries; der Horizontalwirkung ar-

Literatur: Walther 1992, S. 390 – Wien/ Essen 2002, Nr. 69 – Berlin 2002, Nr. 55 – Jackson 2004, Nr. I.14 – Marx 2006/07, Bd. 1, S. 493f.

beitet der Maler jedoch durch zwei Kunstgriffe entgegen: Einerseits

Holztisch angeordnet. Ein gestürzter Flechtkorb stützt die labil ge-

ragen Bildelemente wie die kleine Rute mit Singvögeln, der Hals der Schnepfe, die Pfoten des Hasen und die Artischocken über die Tischplatte hinaus und unterbrechen damit die Strenge ihrer Waagerechten. Andererseits führt der mit fünf Vögeln behängte Ringhaken über dem Arrangement – ein häufiges Motiv in flämischen Tierstillleben – eine pyramidale Struktur in die Komposition ein, wodurch sie harmonischer und kompakter erscheint. Van Utrecht gibt ausschließlich niederes Wildbret wieder. Damit rückt der mit der Darstellung von Hochwild verbundene Hinweis auf das Jagdprivileg und den Luxus des Adels hier in den Hintergrund (vgl. Kat. 81). Vielmehr klingt in dieser Darbietung lebloser Tiere eine stille Meditation über den Tod an. Dieser wird nicht mit Nachdruck über ausgeweidete Körper oder ausblutende, klaffende Wunden thematisiert. Lediglich die Verletzung am Hals der nach unten hängenden Ente deutet den gewaltsamen Tod der sonst scheinbar unversehrten Jagdbeute an. An zentraler Stelle im Bild platziert, wird sie zum Kristallisationspunkt der Reflexion über den Tod. Auffallend an der Darstellung der Ente ist überdies die von Leib und Flügeln gebildete kreuzähnliche Form. Angesichts dieser formalen Beobachtung ließe sich das Nachdenken über das Lebensende mit dem religiösen Gedanken an den Kreuzestod Christi verbinden. Eine derartige Verschränkung scheint durchaus plausibel, zumal sie zur gleichen Zeit auch in Gemälden Joannes Fijts vorkommt, einem Schüler Snijders’ und für van Utrecht bedeutenden Kollegen.1

MH

_________ 1 Joannes Fijt: Jagdstillleben mit totem Pfau und Keilerkopf, 1646, Öl auf Leinwand, 145 × 126,5 cm, Gent, Museum voor Schone Kunsten, Inv.-Nr. 1907-F, wo sich im Übrigen auch ein Ringhaken findet. Vgl. Karlsruhe 2011, Nr. 28.

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Das vorliegende Stillleben gelangte vor 1723 aus der Kunstkammer zur Gemäldegalerie. Dieser Wechsel aus einer sowohl naturkundlich orientierten als auch Kunstwerke enthaltenden Sammlung zur Galerie dokumentiert einen Wahrnehmungswechsel: Zunächst wurde es nicht als ein wunderbares Stück Malerei, als Preziose zwischen anderen bemerkenswerten Gemälden gesehen, sondern als ein Bild, in dem sich das Wissen über die Mannigfaltigkeit der Welt manifes-

83

Cornelis de Heem (Leiden 1631–1695 Antwerpen)

Ein Hummer, Früchte und Blumen

tierte. Doch lässt sich das Arrangement viel umfassender entschlüs-

Bez. oben rechts: »C.DE. HEEM.f.«

seln: Der prächtige Hummer kommt aus dem Meer; er steht für die

Öl auf Leinwand, 40 × 52,5 cm

Welt des Wassers. Die steinerne Tischplatte entstammt der Erde, die

Gal.-Nr. 1222

Früchte erwachsen aus ihr, die Reben gar in die Luft hinein. Es wäre dennoch eine zu weit greifende Interpretation, wollte man in diesem

Provenienz: Vor 1723 aus der Kunstkammer

Bild die vier Elemente symbolisiert sehen, denn es fehlt das Feuer.

Literatur: Marx 2006/07, Bd. 1, S. 401

Auch der Hinweis, dass die verschiedenen menschlichen Wahrnehmungssinne angesprochen werden, mündet in vage Überlegungen, denn neben dem Duft von Früchten, dem Geruch des Hummers und neben der Haptik der vielfältigen Oberflächen würde sicherlich die Akustik fehlen, da kein Vogel zwitschert, kein Ton erklingt, kein Wind oder Wasser rauscht. Dennoch wird bei eingehender Betrachtung des Gemäldes erfahrbar, dass der Vielfalt der Naturdinge und der menschlichen Luxusgüter gehuldigt wird; also letztlich der Fülle der Phänomene unserer Umwelt ebenso wie dem Reichtum im histo rischen Umfeld de Heems. Gleichwohl will der Künstler auch verdeutlichen, wie kunstreich er die Wirklichkeit erfassen und farbig wiedergeben kann. Im Zeitalter der Trompe-l’œil-Darstellungen, also der gezielten gemalten Augentäuschung, spielt auch dieser Aspekt in die zeitgenössische Wahrnehmung des Gemäldes hinein. Ein entscheidendes Element ist in der Mitte des Bildes versteckt, fast vollständig verdeckt durch die opulenten Früchte: Es ist die mit Blau auf weißem Grund bemalte chinesische Schale, die ein signifikantes Gegenstück zu dem roten Schalentier bildet, in dessen Scheren der Blick bei der üblichen Leserichtung von links nach rechts gleichsam hineinläuft. Cornelis de Heem war »de belangrijkste navolger van Jan Davidsz de Heem« (bei dem er gelernt hatte);1 angesichts der brillant ausgewogenen und assoziationsreichen Darstellung verwundert dies nicht.

BM

_________ 1 Segal 1991, S. 45.

Die Stillleben in der Dresdner Galerie

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Auf Abraham Mignons Früchtestück lehnt an einem kleinen Maulbeerbaum ein Korb, der unter einer Fülle von Früchten fast gänzlich verschwindet. Inmitten von prallen Weintrauben, Pflaumen und Pfir84

Abraham Mignon

sichen ist ein Vogelnest mit drei Eiern eingebettet. Vom Henkel des

(Frankfurt am Main 1640–1679 Utrecht)

Korbs schaut ein Stieglitz auf das Nest herab, während im Maul-

Ein Vogelnest im Fruchtkorb

beerbaum ein anderer Stieglitz mit dem Bau eines zweiten Nests beschäftigt ist. Auf dem Boden vor dem Korb türmen sich weitere

Bez. unten links: »Ab. Mignon. fec.«

Früchte und Kürbisse. In einem Kohlblatt im Vordergrund liegt eine

Öl auf Leinwand, 85,5 × 70,5 cm

Handvoll schwarzer und roter Maulbeeren, wie sie auch am Baum

Gal.-Nr. 2019

selbst zu sehen sind. Im Kontrast zu den hell beleuchteten Früchten

Provenienz: Vor 1723 in die Galerie

stehen der im Dunkeln liegende Rundbogen im Hintergrund und die

Literatur: Kraemer-Noble 1973, Nr. A 26 – Essen 1986, S. 362f. – Kraemer-Noble 2007, Nr. 44 (siehe auch Detail S. 4)

verschattete Zone am vorderen Bildrand, in der eine Distel und eine Maus nur als Silhouette auszumachen sind. Mignon versteht es meisterhaft, die verschiedenen Oberflächen so realistisch darzustellen, dass der Betrachter glaubt, den weichen Flaum der Diestel, die raue Netzstruktur der Honigmelone, die samtige Haut der Pfirsiche oder die staubigen und gleichzeitig verführerisch glänzenden Weintrauben erfühlen zu können. Neben dieser überwältigenden Pracht fallen erst auf den zweiten Blick die ersten Spuren des Verfalls ins Auge: Überall tummeln sich Insekten und aus dem Maulbeerbaum lassen sich Raupen aus einem Kokon an Fäden herab. Möglicherweise handelt es sich hier in Verbindung mit dem Maulbeerbaum um Seidenraupen. Ein großes Weinblatt ist bereits gelb verfärbt und rollt sich an den Rändern vertrocknet ein. Und auch die Pfirsiche und die Quitte im Vordergrund sind an einigen Stellen verdorben und ziehen Fliegen und Schnecken an. Mignon zeigt also nicht nur das üppige Blühen und Wachsen, sondern thematisiert auch die Vergänglichkeit dieser Pracht. Damit nimmt er den für viele Stillleben essentiellen Vanitas-Gedanken auf. Motive wie die scherenschnittartig dargestellten Tiere im Vordergrund, Vogelnester mit Stieglitzen sowie Pfirsiche und Quitten tauchen als Versatzstücke auch in weiteren Gemälden Mignons auf, die sich unter anderem im Besitz der Museumslandschaft Hessen-Kassel, den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen (Abb.) und dem WallrafRichartz-Museum in Köln befinden. Das Dresdner Bild ist zum ersten Mal im Inventar von 1722–1728 aufgeführt.

Abraham Mignon: Früchte, Vogelnest und Fische, Öl auf Leinwand, 62 × 74 cm, München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek, Inv. Nr. 577

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Die Stillleben in der Dresdner Galerie

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Eine im Dunkel des Bildes nur zu erahnende, mit Voluten verzierte Steinkartusche füllt das Bildfeld. Um ein kleines Relief in der Mitte mit Maria und dem Jesuskind sind fünf Blumensträuße arrangiert: Die bunten Gebinde aus Tulpen, Nelken, Lilien, Rosen, Disteln und Veilchen leuchten regelrecht vor dem diffusen Dunkel der Kartusche und ziehen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Das Relief fällt erst auf den zweiten Blick ins Auge. Darüber hinaus sind die Blumen sehr detailgenau dargestellt, wohingegen das Marienrelief in einem gröberen Duktus ausgeführt ist. Erfunden wurde diese Form des »geistlichen« Stilllebens von

85

Daniel Seghers (Antwerpen 1590–1661 Antwerpen)

Blumenumwundenes Steinrelief der Maria mit dem Kind, um 1655/60 Bez. unten links (nicht eigenhändig): »Pater Daniel Segers«

Jan Brueghel d. Ä. Er drapierte üppige, regelmäßig gebundene Blu-

Öl auf Leinwand, 141 × 112 cm

mengirlanden um farbenprächtige Mariengemälde. Häufig führten

Gal.-Nr. 1204

andere Künstler die Marienbilder aus. Auch Daniel Seghers übertrug

Provenienz: 1728 in die Galerie

die Arbeit an den Reliefs meist Malerkollegen, wodurch sich auch

Literatur: Hairs 1985, Bd. 1, Nr. 50 – Essen 1986, S. 361 – Jackson 2004, Nr. I.12 – Merriam 2012, S. 48, 107, 110

der unterschiedliche Malstil von Blumen und Relief beim Dresdner Gemälde erklären lassen könnte. 1614 trat Seghers als Laienbruder dem Jesuitenorden bei, der sich im Rahmen der Gegenreformation besonders der Marienverehrung widmete. Da es den Jesuiten nicht erlaubt war, ein Einkommen zu beziehen, verschenkte der Maler seine Bilder. Wen er mit welchen Werken bedachte, verzeichnete Seghers in einem Inventar, von dem sich eine Kopie aus dem 18. Jahrhundert erhalten hat. Dadurch ist nachvollziehbar, dass seine Bilder meist wichtigen Persönlichkeiten wie Philip IV. von Spanien, Maria de’ Medici oder Königin Christina von Schweden geschenkt wurden. Oft zeigten die so Beschenkten die Werke in ihren Sammlungen. Die ursprüngliche Funktion des geistlichen Stilllebens als Andachtsbild ging dadurch verloren. Für Dresden ist Seghers blumenumwundenes Steinrelief zum ersten Mal in dem Inventar belegt, das König August II. zwischen 1722 und 1728 durch Baron Raymond Leplat von seiner Sammlung anlegen ließ. Die holländischen Blumenstillleben hingen vermutlich zunächst im Residenzschloss, bevor sie 1747 im Stallgebäude, dem heutigen Johanneum, gezeigt wurden.

JM

Die Stillleben in der Dresdner Galerie

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Lange galt das prächtige Blumenstillleben Ernst Stuvens als ein Werk Jan Davidsz. de Heems, in dessen enger künstlerischer Nachbarschaft es einzuordnen ist.1 Die motivische und stilistische Ver86

Ernst Stuven

wandtschaft des Bildes mit de Heems späten Blumenbouquets ist

(Hamburg um 1657–1712 Rotterdam)

verblüffend und ließ ebenso wie die falsche Signatur an dessen

Blumenstrauß mit dunkelroten Päonien in einem Glas

Autorschaft lange keinen Zweifel aufkommen. In Stuvens Blumenbild finden sich zahlreiche Motive und Details, die dieser offenbar von de Heem übernommen hat, etwa die farblich dominante, herab-

Bez. u. in der Mitte (falsch): »J. D De Heem R.«

hängende Pfingstrose, die rot-weiß geflammte, im Strauß rechts

Öl auf Leinwand, 85,5 × 67,5 cm

oben sitzende Tulpe, die das Bouquet krönende, leicht nach hinten

Gal.-Nr. 1266

gedrehte Mohnblüte, die blauviolette Schwertlilie am linken Rand

Provenienz: Vor 1723 durch Raschke

oder der im Bogen nach unten hängende Weizenhalm. Jedoch lässt

Literatur: Hairs 1985, Bd. 2, S. 29 – WIen/Essen 2002, Nr. 106 – Berlin 2002, Nr. 64

das Gemälde eines der Grundmuster de Heemscher Blumenstill leben vermissen: die unbedingte Harmonie und das Gleichgewicht in Farbe und Komposition, die jedes seiner eigenhändigen Bilder auszeichnet. Die Wege der künstlerischen Beeinflussung Ernst Stuvens durch das Werk Jan Davidsz. de Heems zu klären, erweist sich als schwierig, zumal über seine Lebensumstände nur wenig bekannt ist. Während einer länger währenden Schaffenszeit in Amsterdam, wo er als Oberhaupt einer Werkstatt mit mehreren Lehrlingen seit 1675 nachgewiesen ist, wird er den seit 1672 in Antwerpen lebenden de Heem kaum mehr persönlich kennengelernt haben. Als Lehrling Abraham Mignons (Kat. 84) hatte er jedoch Gelegenheit, die wesentlichen Elemente der Werkstattpraxis de Heems in Utrecht von dessen Schüler und Mitarbeiter vermittelt zu bekommen. Die ungenügende Kenntnis von Stuvens Œuvre führte und führt häufig zu Fehlzuschreibungen seiner Stillleben, neben Jan Davidsz. de Heem etwa an Abraham Mignon, Willem van Aelst und Rachel Ruysch. So galt ein dem Dresdner Bild besonders nahestehendes Blumenstilleben in einer Glasvase, das ganze Partien desselben wörtlich wiederholt, bislang als eine Arbeit Rachel Ruyschs. 2 In Kenntnis der Neuzuschreibung des Dresdner Blumenstraußes liegt es nahe, auch dieses Werk in das Œuvre Ernst Stuvens einzu gliedern.

UN

_________ 1 Die Zuschreibung des Stilllebens an Stuven erfolgte durch Fred G. Meijer, Rijksbureau voor Kunsthistorische Documentatie Den Haag, in einer brieflichen Mitteilung vom 28. Mai 1996. 2 Versteigerung Christie’s (London), 12. Dezember 1986, Lot 49 mit Abb., laut dortiger Angabe ist das Gemälde »undeutlich signiert«.

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Ein prachtvoller Blumenstrauß ist in einer antikisierenden Vase auf einem steinernen Tisch arrangiert: Rosen, Tulpen, Nelken, Lilien und Iris sind darunter; aus der Mitte des Bouquets ragt eine dickstielige Kaiserkrone hervor. Ein kleiner Putto, der lachend auf das unter ihm aufsteigende Fabelwesen weist, ziert die Basis des Steingefäßes. Über ihm befindet sich ein sitzender männlicher Akt in blaugrauen Tönen, der seinen Kopf im Profil geneigt hält. Vielleicht handelt es sich bei der Figur um einen Krieger, da er in seiner Haltung an die bekannte hellenistische Bronze des Sterbenden Galliers erinnert,

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Franz Werner Tamm (Hamburg 1658–1724 Wien)

Blumenstück Bez. unten links auf der Steinplatte: »fr. v. w tam. fe. A o . 1705.«

von der sich eine römische Marmorkopie in den Kapitolinischen Mu-

Öl auf Leinwand, 130 × 92,5 cm

seen in Rom erhalten hat.

Gal.-Nr. 3678

Das Blumenstück des gebürtigen Hamburgers Franz Werner Tamm zeichnet sich durch eine elegante kühle Farbigkeit und eine überlegte Lichtführung aus: Aus dem blau-grünen Grundklang des

Provenienz: 1967 als Geschenk von Wilhelm Sprenger, Radebeul Literatur: Dresden 1974, Nr. 32 – Dresden 1983, Nr. 169

Bildes entwickeln sich die zarten Buntfarben der Blüten, die durch das von links oben einfallende Licht besonders plastisch hervor treten. Im Vergleich mit der minutiösen Darstellung des in Holland tätigen Hamburger Kollegen Ernst Stuven (Kat. 86) fällt die sum marische Malweise Tamms auf, bei der die Konturen teilweise verschwimmen und die Dingwelt in ihrer malerischen Qualität aufgefasst wird. Auch der Vanitas-Gedanke, der bei Stuven durch welkende Blumen, aufgeplatzte Früchte und Insekten angedeutet ist, tritt bei Tamm zugunsten einer dekorativen Bildwirkung zurück. Seine Blumen stehen in voller Blüte und die Wassertropfen, die hier und da auf dem Blattwerk aufschimmern, suggerieren ganz im Gegenteil Lebendigkeit und Frische. Tamm war als Hofmaler tätig, allerdings nicht für den sächsischen, sondern den Wiener Hof Kaiser Leopolds I., der ihn 1695 in seine Dienste bestellte.1 Seine Kunst war von entscheidendem Einfluss auf die Stilllebenmalerei der Stadt, die sich im Verlauf des 18. Jahrhunderts zu einem europäischen Zentrum für Blumenmalerei entwickeln sollte. Doch auch in Dresden kannte und schätzte man Tamms Malerei sehr: Der Kunsttheoretiker und erste Direktor der 1764 neugegründeten Dresdner Kunstakademie Christian Ludwig von Hagedorn besaß nach eigenen Angaben vier Werke des Malers – »considérables Tableaux«, beachtliche Stücke also –, denen er in seinem 1755 erschienenen Lettre à un Amateur de la Peinture lobende Zeilen widmete.2

MH

_________ 1 Baum 1980, S. 697. 2 Hagedorn 1755, S. 202–215, hier S. 205.

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Eine Wand winkelt sich im Bildhintergrund und ein Podest davor im gleichen neutralen Graugrün trägt das Arrangement. Wand und Platte sind in ihrer Materialität undefiniert, was die Deutbarkeit 88

Caroline Friederike Friedrich (Friedrichstadt [heute Dresden] 1749– 1815 Dresden)

reduziert. In seiner additiven Faktizität lässt das von der Malerin und Zeichnerin Caroline Friederike Friedrich stammende Stillleben Bilder der Neuen Sachlichkeit assoziieren.1 Links am Bildrand steht ein Spiegel, der nicht mit Blattgold veredelt, sondern mit schlichter Vergoldung angestrichen ist, wodurch

Wein und Backwerk, 1799 Bez. unten links: »Carolina Friederica Friedrich: Inv: et p: a l’a 1799«

er auf einen einfachen, also wohl bürgerlichen Haushalt verweist. Die blaue Schleife wirkt als Farbtupfer. Daneben ragt der braun tonige Handarbeitsbeutel auf, aus dem vier Stricknadelspitzen

Öl auf Holz, 62,5 × 43,5 cm

herausschauen. Die Weinflasche ist halbvoll, der Korken in den Hals

Gal.-Nr. 2184

zurückgeschoben, das Glas gut mit einem schweren, goldgelben

Provenienz: Erstmals im Galerieführer von 1817

Wein gefüllt. Auf der Zinnschale liegt ein von Kleingebäck gerahmter

Literatur: Marx 1980, S. 110f. – Gotha/ Konstanz 1999, S. 233 – Dresden 2009, Nr. 175

dem oblatenartigen Gebäck niedergelassen, das das Weinglas ab-

schlichter Rührkuchen. Fliegen haben sich auf dem Küchlein und deckt. Ihnen gesellt sich als weiteres Insekt der blaue Schmetterling auf dem Lorbeerzweig hinzu, der zugleich ein koloristisches Pendant zur Schleife bildet. Dabei handelt es sich um einen männlichen Bläuling, den man – wie um 1800 üblich – als Sinnbild der Seele deuten kann: Dann hätte sich die Seele den Lorbeer als Lohn der Tugend verdient – insbesondere da sie sich der kritischen, durch den Spiegel verkörperten Selbsterkenntnis versichert und Mäßigung übt, wie es durch die verschlossene Flasche und das abgedeckte Glas andeutet wird. Häuslichkeit als weibliche Tugend spricht sowohl aus dem Backwerk als auch aus den Handarbeitsutensilien. Es geht also um bürgerliche und speziell um weibliche Tugenden, um Selbsterkenntnis (Spiegel), Mäßigung (gedeckelter und verkorkter Wein), Bescheidenheit (Backwerk, Oblate) und Produktivität (Strickzeug). 1795/96 befasste sich Friedrich Schiller mit seinem Gedicht Würde der Frauen, das er alsbald seinem Dresdner Freund Christian Gottfried Körner sandte. Die relative Zeitgleichheit und die Geistesverwandtschaft von Dichtung und Malerei sind ebenso bemerkenswert wie ihre ähnlichen »Requisiten«. Lediglich die Blumen fehlen in der bildlichen Darstellung: «Ehret die Frauen! Sie flechten und weben/ Himmlische Rosen ins irdische Leben,/ Flechten der Liebe beglückendes Band./ Sicher in ihren bewahrenden Händen/ Ruht, was die Männer mit Leichtsinn verschwenden,/ Ruhet der Menschheit geheiligtes Pfand.«2 Man kann noch eine Parallele konstatieren: »es strahlen/ Perlend die Augen vom himmlischen Tau« lässt sich auf den Tautropfen beziehen, der das linke, bescheiden unter die Kringel geschobene Blatt ziert. 3 Die geistesgeschichtliche Nähe zwischen Bild und Dichtung ist hier entscheidend, auch wenn die Künstlerin Schiller gewiss nicht »illustrieren« wollte.

BM

_________ 1 Im Kupferstich-Kabinett Dresden finden sich neun farbige Blätter der Künstlerin, vor allem mit botanischen Motiven. 2 Schiller 1980, Bd. 1 (Gedichte), S. 252. 3 Ebd., S. 254.

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KAPITEL VII

Die Dresdner Kunstakademie

In Dresden gab es bereits seit Ende des 17. Jahrhunderts verschiedene Zeichen- und Malerschulen, bevor 1764 die Akademie als »Haupt-Kunst-Akademie« gegründet wurde. Obwohl ihnen jeweils sehr renommierte Dresdner Künstler vorstanden, hatten diese Einrichtungen kaum Einfluss auf die Entwicklung einheimischer Talente. Erst mit der Akademie entstand eine Institution zur Künstlerausbildung, die auch heute noch – wenngleich unter anderem Namen – Bestand hat. Die Einrichtung der Dresdner Akademie reiht sich dabei in eine Vielzahl weiterer Neugründungen ein, die durch die Wiederbelebung des Akademiegedankens in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in den deutschen Residenzen erfolgten. Vorbilder Die Bezeichnung »Akademie« geht auf einen dem Heros Akademos geweihten Bezirk nahe Athen zurück, in dem Philosophen lehrten. Platon gründete dort eine Schule, Akademie genannt, die es bis ins 6. Jahrhundert n. Chr. als Zentrum der intellektuellen Lehre zu einer fast tausendjährigen Geschichte brachte. Im Mittelalter griffen gelehrte Gesellschaften, die sich um die Pflege von Dichtkunst, Sprache oder auch Musik bemühten, den Namen Akademie wieder auf. Die Ausbildung von Künstlern blieb jedoch handwerklich orientiert und vollzog sich in der Regel in der Werkstatt eines Meisters. Dies änderte sich erst in der Renaissance: Angeregt durch antike Philosophie, Literatur und Kunst entwickelten sich nun neue Kriterien für die Schaffung und Beurteilung von Kunstwerken. Theoretische Kenntnisse, etwa über die menschliche

Abb. 1 Giorgio Vasari: Maria mit dem Kind und Heiligen, Öl auf Leinwand, 133 × 94 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Gal.-Nr. 85

Anatomie oder die Regeln der Perspektive, aber auch die antike Mythologie wurden nun als unerlässlich für das künstlerische Schaffen angesehen. Diese Anforderungen waren mit der traditionellen Künstlerausbildung kaum zu erfüllen, sodass im Jahre 1563 der italienische Architekt, Hofmaler und Biograf Giorgio Vasari (Abb. 1) gemeinsam mit dem Maler Agnolo Bronzino und dem Bildhauer Bartolomeo Ammannati in Florenz unter dem Patronat von Cosimo I. de’ Medici die erste Kunstakademie, die Accademia del Disegno, gründete.1 Weitere Akademien in Italien folgten, etwa 1593 die Accademia di San Luca in Rom. Sie stellte als erste Akademie eine Satzung auf, die in der Folge Vorbild für weitere Gründungen wurde und unter anderem Richtlinien bezüglich der Ausbildung der Künstler beinhaltete.2 Die Überzeugung, dass nur in Italien als vorbildlich geltende antike und zeitgenössische Meisterwerke gleichermaßen studiert werden konnten, führte dort zu zahlreichen Akademiegründungen. So wurde erst 1648 in Paris die Académie Royale de Peinture et Sculpture unter der Führung des aus Rom zurückgekehrten Charles Le Brun gegründet (Abb. 2). Dabei waren die italienischen Akademien nicht nur das Vorbild, sie sollten sogar überflügelt werden.3 In Frankreich wie in Italien war neben der Systematisierung der Ausbildung vor allem auch die Unabhängigkeit der Künstler von Zünften und Malergilden ein erklärtes Ziel. So wurde gerade

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die Pariser Akademie explizit als Gegenbewegung zur sehr starken ansässigen Lukasgilde ein-

1 Vgl. Wazbinski 1987. 2 Alberti 1604. 3 Bettag 1998, S. 100.

gerichtet. Diese setzte man mit einer Organisation einfacher Handwerker gleich, die eine freie

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Kunstausübung nicht nur verhinderten, sondern regelrecht unterdrückten. Mit Hilfe der Akademie sollte jungen Künstlern hingegen eine gründliche Ausbildung ermöglicht werden, in deren Zentrum die Lehre der Kunst, ihrer Schönheit und Perfektion standen. Die Institution wurde dabei ganz in den Dienst des Königs gestellt, der sie für seine Selbstdarstellung nutzen konnte.4 Die französische Akademie wurde das Leitbild für Kunstakademien in ganz Europa. Die Frühformen in Deutschland bezogen sich jedoch auch auf Joachim von Sandrarts Teutsche Academie, erschienen zwischen 1675 und 1679.5 Darin stellte der Autor die aktuellen kunsttheoretischen Ideen dar und erweiterte sie mit Lebensbeschreibungen von Künstlern aller Zeiten und Nationen. Die zahlreichen Illustrationen sollten deutsche Künstler, die nicht nach Italien reisen konnten, mit den dortigen Meisterwerken bekannt machen. Sandrart ging es vor allem um die Wiederbelebung der Malerei, wobei seine Ausführungen stets auf die künstlerische Praxis zielten. So propagierte er zum Beispiel die Arbeit nach dem lebenden Modell, die er klaren Regeln unterwarf. Wenige Jahre nach Sandrarts epochalem Werk erfolgten die ersten Gründungen von Akademien und Malerschulen in Augsburg, Nürnberg, Wien und Berlin noch vor der Jahrhundertwende. Abb. 2 Gérard Edelinck nach Nicolas de Largillière: Bildnis Charles Le Brun, Radierung, Kupferstich, 51,8 × 39,8 cm, SKD, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. A 33305

Vorformen in Dresden Mit der 1680 erfolgten Stiftung einer Zeichen- und Malerschule unter Kurfürst Johann Georg III. begann die Institutionalisierung der künstlerischen Ausbildung in Sachsen.6 Die Leitung wurde Samuel Bottschild (Abb. 3) übertragen, der seit 1677 Oberhofmaler in Dresden war. Über Struktur und Wirkung dieser Schule ist nur wenig bekannt. In den Historischen Erläuterungen den Zustand der Künste in Sachsen vor und nach Errichtung der Churfürstl. Academie der Künste betr[effend] des späteren Akademiedirektors Christian Ludwig Hagedorn vom 23. März 1771 wird sie lediglich als private Zeichenschule bezeichnet, der man den Namen Akademie gab, da hier nach dem lebenden Modell unterrichtet wurde.8 Anderen Berichten zufolge scheint die Initiative für eine solche Schule von Bottschild selbst ausgegangen zu sein.7 Es ist sehr wahrscheinlich, dass sein Engagement durch seine Erfahrungen in Italien motiviert war – er hatte sich vor allem in Venedig und Rom aufgehalten. Jedoch war Bottschild auch Verfasser von mindestens einem Malereitraktat: Das 1686 entstandene, nur noch in Abschriften erhaltene Werk Kurtzer Unterricht, Observationes und Regulen von der Mahlerey war vor allem eine praktisch orientierte Anleitung für Künstler, in der sich vermutlich Bottschilds Unterrichtstätigkeit niederschlug. Unter der Herrschaft von Johann Georg IV. löste sich diese erste Schule offenbar auf. Nur wenig mehr Informationen haben sich über die zweite Akademie erhalten.9 Sie wurde unter dem neuen Kurfürsten und polnischen König August II. im Jahr 1697 eingerichtet, der den Neffen und Schüler Bottschilds, Heinrich Christoph Fehling, zum Direktor berief. Es ist anzunehmen, dass die Schüler vor allem aus gewerblichen Kreisen stammten und hier ihre zeichnerischen Fähigkeiten verbessern wollten. Zu ihnen gehörten unter anderem der Radierer und Zeichner Paul Christian Zincke und sein Bruder, der Emailmaler Christian Friedrich Zincke sowie Philipp Daniel Lippert (Abb. 4). Nachdem auch diese Unternehmung aus unbekannten Gründen gescheitert war, beschloss man bereits kurze Zeit später, im Jahr 1705, eine Wiederbelebung der Akademie, da der Bedarf an künstlerisch gut ausgebildeten Arbeitskräften stark angewachsen war. Das gesteigerte Re-

_________ 4 Mai 2010, S. 31. 5 Ebd., S. 41. 6 Racknitz 1811, S. 32. 7 Hauptstaatsarchiv Dresden, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 894/7, fol. 126/3v. 8 Stübel 1914, S. 4. 9 Hochschule für Bildende Künste Dresden 1990, S. 19.

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Die Dresdner Kunstakademie

präsentationsbedürfnis Augusts II. seit der Erlangung der polnischen Krone äußerte sich in den verschiedensten Bereichen: Die ehrgeizigen architektonischen Projekte und ihre Innenausstattung sowie der allgemeine Bedarf des Hofes hatten eine große Nachfrage an fähigen Künstlern und Handwerkern zur Folge. Zudem förderte August II. bewusst den Handel und das Manufakturwesen. Eine gute Künstlerausbildung sollte dabei die entsprechende Qualität der Erzeugnisse gewährleisten. So diente die 1705 neugegründete Akademie in erster Linie der Ausbildung von Hofkünstlern und Handwerkern für die königlichen Manufakturen. Bedeutendster Schüler

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Abb. 3 Johann Gottfried Krügner d. Ä. nach Samuel Blättner: Bildnis Samuel Bottschild, 1706, Kupferstich, Radierung, 24 × 16,8 cm, SKD, Kupferstich- Kabinett, Inv.-Nr. A 23198 Abb. 4 Christian Gottlieb Geyser nach Anton Graff: Bildnis Philipp Daniel Lippert, Radierung, 17,5 × 11,3 cm, SKD, KupferstichKabinett, Inv.-Nr. A 116217

dieser Einrichtung war Christian Wilhelm Ernst Dietrich – ein heute fast vergessener Maler und Kupferstecher, dessen Werke damals jedoch in fast jeder größeren Sammlung zu finden waren. Nach dem Tod Fehlings im Jahr 1725 übernahm Louis de Silvestre die Leitung der Institution. Als Mitglied der französischen Akademie hatte er die Strukturen einer solchen Einrichtung sehr genau kennengelernt, jedoch ist nicht bekannt, inwieweit sich dies auf den Dresdner Lehrbetrieb auswirkte. Zu den berühmten Schülern dieser Zeit gehörte zum Beispiel Adam Friedrich Oeser. Die Schule stand anscheinend jedem offen und hatte vor allem zwei Aufgaben: Zum einen die Aus- und Weiterbildung von Künstlern und zum anderen den Zeichenunterricht für Handwerker und Manufakturarbeiter. Jedoch war der Lehrbetrieb in Dresden keineswegs mit der institutionalisierten Lehre der Akademien in Paris und Italien zu vergleichen. Dass es nicht an Vorschlägen zum weiteren Ausbau der Akademie mangelte, zeigt eine kleine Episode, die Carl Heinrich von Heineken in seinem Werk Neue Nachrichten von Künstlern und Kunstsachen berichtete: Er habe König August III. einmal die Gründung einer Akademie vorgeschlagen – die Einrichtungen unter Bottschild, Fehling und Silvestre nannte er Zeichenschulen – und als Direktor Silvestre, Giovanni Battista Grone oder Stefano Torelli empfohlen. Darauf habe ihm der König jedoch entgegnet: »das wird also eine Französische oder Italienische Akademie werden. Wir müssen warten, bis wir einen Deutschen bekommen.«10 Der Bericht illustriert sehr deutlich die Vorherrschaft der französischen und italienischen Künstler am Dresdner Hof sowie den Anspruch, der auf einer Akademiegründung lastete. Trotzdem ordnete August III. noch kurz vor seinem Tod die Wiedereinrichtung der Malerakademie an, die während der Wirren des Siebenjährigen Krieges die Arbeit eingestellt hatte.11 Mit der Leitung betraute man den Hofmaler Charles François Hutin – einen Franzosen; die Oberaufsicht erhielt Oberlandbaumeister Julius Heinrich Schwarze. Inhaltlich orientierte sich die Akademie an der Vorgängereinrichtung und diente vor allem der Ausbildung von Hofmalern, Manufakturisten und Handwerkern. Die Gründung der Akademie Das Ende des Siebenjährigen Krieges im Jahr 1763 war in jeglicher Hinsicht ein Wendepunkt für Sachsen: Nach der Pracht des Augusteischen Zeitalters war das Land an einem politischen und wirtschaftlichen Tiefpunkt angelangt. Der Krieg hatte die ohnehin hohe Verschuldung noch weiter in die Höhe getrieben, sodass der Gesamtbetrag der sächsischen Kriegskosten auf 250 bis 300 Millionen Taler geschätzt wurde.

_________ 10 Heineken 1786, S. 11. 11 Wiessner 1864, S. 10.

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Während August III. und sein Premierminister Heinrich Graf von Brühl erst nach Kriegsende im April 1763 nach Dresden zurückkehrten, hielt sich Kurprinz Friedrich Christian (Abb. 5) bereits seit Januar 1762 wieder dort auf. Auf sein Drängen wurde im August 1762 eine Kommission eingesetzt, die sich vor allem um den wirtschaftlichen Wiederaufbau und die Staatsentschuldung kümmern sollte. Die Kommission wurde von Thomas von Fritsch geleitet, dem geadelten Sohn eines Leipziger Verlegers. Wie der Kurprinz war auch er mit den Ideen der Aufklärung vertraut. Mit ihrem Verständnis von den Aufgaben des Staates standen sie in direkter Opposition zu August III. und Brühl. Nach dem Tod des Königs am 5. Oktober 1763 verfügte der junge Kurfürst eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Besserung der wirtschaftlichen Lage in Sachsen, die die Ausbildungssituation ebenso betrafen wie Agrarwesen, Handel, Fabriken und Manufakturen. Die Umsetzung der einzelnen Vorhaben hatte eine rasche Erholung der Wirtschaft zur Folge: Innerhalb eines Jahrzehnts erwirtschaftete der sächsische Staatshaushalt wieder einen Überschuss. Aber auch der neue Kurfürst Friedrich Christian I. lebte nur kurze Zeit und starb nach einer Krankheit am 17. Dezember 1763. Sein Bruder, Prinz Franz Xaver, übernahm daraufhin die Regentschaft für dessen unmündigen Sohn Friedrich August und führte die Politik seines Abb. 5 Pierre Subleyras: Kronprinz Friedrich Christian von Sachsen, 1739, Öl auf Leinwand, 123 × 94 cm, SKD, Gemälde galerie Alte Meister, Gal.-Nr. 3841

Bruders in den folgenden Jahren fort. Die Gründung einer neuen Akademie war noch von Friedrich Christian gemeinsam mit seiner Frau, der bayerischen Prinzessin Maria Antonia, im Dezember 1763 beschlossen worden; es war jedoch Franz Xaver, der die Pläne 1763/64 umsetzte. Die bestehende Schule sollte dabei offenbar nicht restrukturiert, sondern eine neuartige Institution etabliert werden. Der Thronwechsel und die politischen Umstände nach dem Siebenjährigen Krieg bedingten eine inhaltliche Reform der Akademie: Sie hatte im Gegensatz zu ihren Vorgängerinstitutionen weniger die Heranbildung von Hofkünstlern zum Ziel. Stattdessen sollte sie vielmehr die Künste zur Förderung von Handel und Manufakturen beleben – wirtschaftliche Interessen standen also im Vordergrund. Entsprechend äußerte sich auch der neue Akademiedirektor Christian Ludwig von Hagedorn (Abb. 6) darüber, wie »aus der wohlerwogenen Betrachtung, wie durch selbige nicht nur unmittelbar ein wesentlicher Vortheil verschafft, mehr Geld zur Circulation gebracht, Fremde herbeigezogen und das Ansehen des Staates vermehret, sondern auch ferner die Producte derer inländischer Fabriken und Manufacturen durch Verbesserung des Geschmacks angenehmer gemacht« werden könnten.12 Um eine direkte Verbindung der Kunstakademie mit den reichen Dresdner Kunstsammlungen zu gewährleisten, sollten beide Institutionen von einer Person geleitet werden. So stand die Galerie unter der Leitung des Oberkammerherrn Friedrich Karl Graf von Bose, die gemeinsame Direktion hatte jedoch Hagedorn inne. Der Hof- und Staatskalender von 1765 verzeichnet ihn als »Ober-Director der drey Gallerien; 1. der antiquen und modernen Statuen, 2. der Kupferstiche und Hand-Zeichnungen, und 3. der Gemählde«.13 Hagedorn mischte sich allerdings nur wenig in die internen Belange der ihm unterstellten Kunstsammlungen ein und konzentrierte sich stattdessen auf die Kunstakademie. Mit ihm wurde ein renommierter, sehr erfahrener Diplomat, Kunstsammler und Künstler berufen, der die Ideen der Aufklärung, wie sie auch Friedrich Christian verfolgt hatte, uneingeschränkt mittrug. Als Diplomat in sächsisch-polnischen Diensten war Hagedorn vor seiner Berufung zum Akademiedirektor an verschiedenen deutschen Höfen, aber auch am österreichischen Hof in Wien tätig gewesen. Während dieser Zeit hatte er die Möglichkeit, zahlreiche bedeutende Kunstsammlungen und zeitgenössische Künstler kennenzulernen, was ihn selbst zum Anlegen einer eigenen Gemäldesammlung anregte. Nach seinem Austritt aus dem aktiven diplomatischen Dienst beschäftigte er sich verstärkt mit seiner Sammlung und verfasste zwei kunsttheoretische Schriften, die Lettre à un Amateur de la Pein-

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ture (1755) sowie die Betrachtungen über die Mahlerey (1762). Da er den Ruf eines renommierten

12 Zit. nach: Wiessner 1864, S. 28. 13 Anonym 1765, S. 53, vgl. auch Heres 2006, S. 148.

Kunstkenners genoss, erfuhr seine Ernennung zum Generaldirektor internationalen Beifall, etwa

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von Johann Joachim Winckelmann in Rom oder Johann Georg Wille in Paris.

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Im Gründungsrescript der Akademie vom 6. Februar 1764 sind ihre einzelnen Aufgaben, die finanzielle Ausstattung, die Verbindungen zu den Zeichenschulen sowie die einzelnen Professoren und Mitglieder aufgeführt.14 So waren für die Malerei insgesamt sechs Professoren vorgesehen. In einem gesonderten Reglement ist die Bezahlung festgehalten. Hagedorn verpflichtete neben etablierten Hofkünstlern wie Charles François Hutin und Christian Wilhelm Ernst Dietrich auch Giovanni Battista Casanova, der in Rom in engem Kontakt mit Winckelmann gestanden hatte. Als Mitglieder werden unter anderem Bernardo Bellotto und Joseph Roos genannt; später konnten auch noch Anton Graff und Adrian Zingg verpflichtet werden. Bei der Organisation der Akademie orientierte sich Hagedorn am Pariser Vorbild. Dresden sollte die führende Akademie für Malerei, Bildhauerei, Kupferstecher- und Baukunst und den Zeichen- und Malerschulen in Leipzig vorgesetzt sein. Das Zeichnen nach grafischen Vorlagen, Gipsen und Modellen bestimmte den Unterricht. Hierfür standen den Schülern eine Abgusssammlung nach Antiken und eine Kunstbibliothek zur Verfügung. Auch das Studium der Originale in der Gemäldegalerie war möglich. Darüber hinaus informierten jährliche Kunstausstellungen über die aktuellsten Entwicklungen an der Akademie. Hagedorns Verdienste zeigten sich vor allem in der effizienten Nutzung der beschränkten Mittel, die Sachsen nach dem Krieg zur Verfügung standen, der Berufung geeigneter Professoren im In- und Ausland und dem Aufbau eines planmäßigen Unterrichts, der alle Bereiche der freien und angewandten Kunst umfasste. Zudem verfügte er über weitreichende Kontakte nach Paris und Rom.

Abb. 6 Johann Friedrich Bause nach Anton Graff: Bildnis Christian Ludwig von Hagedorn, Kupferstich, 26,1 × 19,4 cm, SKD, KupferstichKabinett, Inv.-Nr. A 138998

Der akademische Klassizismus, der in Dresden Einzug hielt, führte zu einem Aufschwung und einer Erneuerung der Kunst. Seine beiden bedeutendsten deutschen Vertreter, Mengs und Winckelmann, waren schon unter August III. gefördert worden, ihre Ideen und Vorstellungen setzten sich in Dresden jedoch vor allem durch die Lehre und Ausbildung an der Akademie durch. So war Giovanni Battista Casanova als Künstler und Theoretiker mit dem klassizistischen Gedankengut bestens vertraut und stellte es in seinen sehr erfolgreichen Vorlesungen zur Theorie der Malerei vor. In der Neugründung und Ausrichtung der Kunstakademie manifestierte sich der Wandel von einer höfischen hin zu einer bürgerlich orientierten Kunst. Sie steht somit auch exemplarisch für das Ende des glänzenden Augusteischen Zeitalters und den Beginn des Rétablissements, für das Ende des wettinischen Traums von der polnischen Königskrone und die Rückkehr Sachsens zum einfachen Kurfürstentum. Die Aufgaben des Künstlers hatten sich nach 1763 geändert und die Akademie trug dem in ihrer Ausrichtung Rechnung.

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_________ 14 Wiessner 1864, S. 36–40.

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Charles Le Brun initiierte 1648 die Gründung der Académie Royale de Peinture et de Sculpture in Paris. Als ein Wegbereiter des Akademiegedankens war er auch für die Dresdner Kunstakademie rich89

Charles Le Brun

tungsweisend. In seiner Heiligen Familie zeigt sich Le Brun als bra-

(Paris 1619–1690 Paris)

vourös komponierender und nobel ausführender Historienmaler, der

Die Heilige Familie, nach 1655 (eigenhändige Wiederholung)

gediegene Klassizität mit sublimem Bildwitz anzureichern versteht. Die Heilige Familie, bestehend aus Maria, Joseph und dem Jesuskind, wird von Anna, Elisabeth, Zacharias und dem kleinen Johannes

Öl auf Leinwand, 159 × 159 cm

dem Täufer umgeben. Das Werk thematisiert die Anbetung des

Gal.-Nr. 743

Kindes, übersetzt die Szene aber zugleich in eine Pantomime. Alle

Provenienz: Erstmals im Inventar von 1754

Ehrfurcht gipfelt in den Zeige- und Schweigegesten der Frauen:

Literatur: Versailles 1963, S. 49

Maria beschwichtigt die kindliche Neugier des Johannes, während Elisabeth ihn an seinem Gewand zurückhält und dabei auf das schlafende Kind verweist. Bezeichnenderweise wird das Bild als »le précieux tableau du Silence ou plutôt de la Sainte Famille« geführt, also als »das kostbare Bild der Stille oder vielmehr der Heiligen Familie«, wodurch die Stille zum zentralen Bildthema erklärt wird.1 Damit ist es aber zugleich ein Bild über die Wort- und Tonlosigkeit der kontemplativen Malerei sowie über die ideale andächtige Stille bei der Betrachtung von Kunst. Ein programmatisches Bild also, das dem Anschauen – dem frommen wie dem künstlerischen – das Gebot der Lautlosigkeit oder der Stille zugesellt. Eine solche Lesart ist umso berechtigter, als Le Brun ein Traktat über die Leidenschaften verfasste und somit auch über das Zügeln derselben, wie es in diesem Bilde beispielhaft vorgeführt wird; indirekt lässt er es somit zum Bestandteil seiner Affektlehre werden. Das Gemälde entstand nach der 1648 erfolgten Reorganisation der Pariser Akademie. Mit lehrhafter Deutlichkeit werden Alter und Geschlecht, Gestik und Mimik, Komposition und Farbigkeit, also generell die künstlerischen Ausdrucksmittel demonstriert und reflektiert. Die bildparallele, bühnenhafte Anlage des Geschehens sollte über Jahrhunderte und noch bis zur Revolutionskunst eines Jacques-Louis David in den Jahrzehnten um 1800 nachwirken. _________ 1 Niovelon 2004, S. 164.

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BM

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Im Jahre 1680 wurde unter der Regierung des Kurfürsten Johann Georg III. von Sachsen eine Zeichen- und Malerschule gestiftet, die unter der Leitung des Hofmalers Samuel Bottschild stand. Dem Oberbauamt unterstellt, fristete die Schule offenbar ein Nischendasein, obwohl sie durchaus theoretisch fundiert war, wie das Bottschild zugeschriebene Traktat Der curiose Mahler aus dem Jahr 1679 nahelegt.1 Es handelt sich um ein Handbuch, das unter ande-

90

Samuel Bottschild (Sangerhausen 1641–1706 Dresden)

Bildnis eines Mannes, 1697

rem Hinweise zur zeichnerischen Darstellung des menschlichen

Öl auf Leinwand, 80,5 × 62,5 cm

Körpers enthält. Als Leiter der Akademie verfasste Bottschild noch

Inv.-Nr. 96/02

vor 1686 das Traktat Kurtzer Unterricht, Observationes und Regulen von der Mahlerey, das nur in Abschriften erhalten ist.2 In seinen darin ausgeführten Ideen zeigte er sich von Giovanni Paolo Lomazzo, Karel van Mander, Henry Testelin und Joachim von Sandrart beein-

Provenienz: 1996 aus Privatbesitz; Geschenk des Vereins Freunde der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden e. V. Literatur: Dresden 2001, S. 35f.

flusst. Dabei münden seine Ansichten in der Forderung, dass »ein gutes werck muss gemachet werden aus dem Esprit nachm leben, und nach den Antiqven, auch nach Arth der besten Modernen Schildereyen und also bestehen auss kunst und Natur«.3 Inwieweit diese Vorstellungen in der Malerausbildung umgesetzt wurden, kann aufgrund fehlender Belege nicht nachgewiesen werden. Ebensowenig ist über die genaue Struktur und Ausrichtung dieses Vorläufers der Akademie bekannt. Für Bottschild ist eine umfangreiche Tätigkeit am sächsischen Hof und für bürgerliche Auftraggeber belegt. So schuf er Entwürfe für Grabmäler, Miniaturen, Bildnisse und Altarbilder. Zudem tat er sich in der Wand- und Deckenmalerei hervor. Allerdings ist ein Großteil dieser Arbeiten heute verloren, sodass der Künstler nur noch anhand seines umfangreichen zeichnerischen und druckgrafischen Werks gewürdigt werden kann. In der Dresdner Galerie befindet sich neben zwei kurfürstlichen Porträts nur dieses Bildnis eines unbekannten Mannes.4 Ähnlich wie bei anderen erhaltenen Porträts, beispielsweise im Museum der Bildenden Künste in Leipzig, erhält das Gesicht des Dargestellten durch die Lichtführung eine pointierte Präsenz. Die fleischige Physiognomie mit der markanten Nase und den vollen Lippen ist von grauen Locken umrahmt. Trotz dieser individuellen Merkmale konnte seine Identität bislang nicht geklärt werden. Für Bottschild typisch ist die sorgfältige Behandlung der Kleidung. Das voluminöse Halstuch ist mit feinen Spitzen besetzt, die aus der hellbraunen Jacke hervorquellen.

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_________ 1 Holmquist 1961, S. 286. 2 Bis 1959 wurde das 1918 von Gunnar Mascoll Silfverstolpe herausgegebene Traktat dem schwedischen Hofmaler David Klöcker Ehrenstrahl zugeschrieben. Vgl. Josephson 1959 und Holmquist 1961. 3 Klöcker Ehrenstrahl 1918, S. 87. 4 Kurfürstin Anna Sophia von Sachsen, Öl auf Leinwand, 85 × 66 cm, Inv.-Nr. 99/14, und Kurfürst Johann Georg IV., Öl auf Leinwand, 232 × 114,5 cm, Inv.-Nr. Mo 1694.

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In der kurzen dreijährigen Regierungszeit von Kurfürst Johann Georg IV. von Sachsen wurden keine Bemühungen um eine Neustrukturierung oder Belebung der 1680 gegründeten Zeichen- und Malerschule un91

Heinrich Christoph Fehling

ternommen. Erst mit der Herrschaft seines Bruders und Nachfolgers

(Sangerhausen 1654–1725 Dresden)

Friedrich August I. von Sachsen, seit 1697 August II. von Polen, wurde

Oberlandbaumeister Wolf Caspar von Klengel, um 1680

der Institution größere Aufmerksamkeit geschenkt. Sie stand unter der Leitung des Oberhofmalers Heinrich Christoph Fehling, des Schülers und Neffen von Samuel Bottschild, der die Schule von der Grün-

Öl auf Leinwand, 109 × 86 cm

dung im Jahr 1680 bis circa 1694 geleitet hatte (vgl. Kat. 90). Der

Gal.-Nr. 3582

Ablauf der Malerausbildung und die inhaltliche Ausrichtung der Aka-

Provenienz: 1700 in die Kunstkammer; 1741 als Leihgabe in der Galerie; 1832 an die Galerie abgegeben; ab 1878 im Historischen Museum Dresden; 1964 erneut zur Galerie Literatur: Menz 1962 – Leipzig 1985, S. 147f. – Dresden 1987, Nr. 65 – Dresden 2009, Nr. 33

demie Fehlings sind nicht mehr zu rekonstruieren. Vermutlich war sie in seiner Wohnung im Fraumutterhaus in der Kreuzgasse untergebracht. Die Schüler stammten wohl zu einem großen Teil aus gewerblichen Kreisen und sollten sich hier vor allem im Zeichnen weiterbilden. Zur Hebung des künstlerischen Niveaus der handwerklichen Erzeugnisse und der entsprechenden Befriedigung der höfischen Bedürfnisse war August II. offenbar daran gelegen, die künstlerische Ausbildung in Sachsen zu reformieren. Im Jahr 1705 erfolgte eine Neuorganisation der Lehranstalt, doch trotz des königlichen Interesses blieben die finanziellen Zuwendungen und die Möglichkeiten der Ausbildung beschränkt. Fehling amtierte bis zu seinem Tod 1725 als Direktor; zu seinem Nachfolger wurde im gleichen Jahr der sächsische Hofmaler Louis de Silvestre ernannt (vgl. Kat. 92). Nur wenige Werke Fehlings sind überliefert. Neben dem hier gezeigten Porträt des Oberlandbaumeisters Wolf Caspar von Klengel ist die Dresdner Galerie im Besitz von drei weiteren Porträts.1 Klengel spielte in Sachsen als Architekt eine herausragende Rolle, bekleidete aber auch hohe militärische Ränge. Als junger Mann reiste er nach Holland und Frankreich und übernahm nach seiner Rückkehr im Jahr 1656 diplomatische Missionen, die ihn unter anderem nach Paris führten. Überdies führte er August II. in die Baukunst ein und hatte somit indirekt Einfluss auf zahlreiche architektonische Vorhaben des Königs. Die Kapelle in Schloss Moritzburg, aber auch der Wiederaufbau von Dresden-Neustadt nach dem Brand von 1685 gehen auf seine Pläne zurück. Das Porträt verweist durch die zahlreichen militärischen Attribute weniger auf das Wirken Klengels als Architekt als vielmehr auf seine militärische Karriere. So trägt er über seinem bräunlich-gelben Rock einen Kürass; zudem hat er einen Hirschfänger umgeschnallt. Die um den Bauch geschlungene Feldbinde und der Kommandostab in der rechten Hand weisen ihn als hochrangigen Militär aus. Im Hintergrund ist eine Seeschlacht angedeutet. Die scharf geschnittenen Züge des Gesichts und der gerade Blick sprechen von Durchsetzungskraft. Durch einen Kupferstich von Moritz Bodenehr erfuhr das Gemälde weite Verbreitung.

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_________ 1 Kurfürst Johann Georg IV. von Sachsen, Öl auf Leinwand, 123 × 99 cm, Inv.-Nr. 99/49; Maria Aurora von Königsmarck in Begleitung zweier Damen, Öl auf Leinwand, 330 × 170 cm, Inv.-Nr. 99/50, und Kurfürst Johann Georg IV. von Sachsen und Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg, Öl auf Leinwand, 260 × 175 cm, Inv.-Nr. Mo 652.

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Ein älterer Herr, vornehm mit einem bestickten Samtrock bekleidet, auf dem Kopf eine sorgfältig gepuderte Perücke, blickt aufmerksam 92

Jean-Baptiste Greuze (Kopie nach) Der sächsische Hofmaler Louis de Silvestre

und freundlich nach links aus dem Bild heraus. Zeichenstift und eine lose Mappe weisen ihn als Künstler aus. Es ist das Altersbildnis des sächsischen Hofmalers Louis de Silvestre. Allerdings handelt es sich hier um eine Kopie nach einem Original von Jean-Baptiste Greuze, das sich heute in München befindet. Greuze hatte es um 1754 »zur größten Zufriedenheit Sylvestres« fertiggestellt, der daraufhin seine

Öl auf Leinwand, 71 × 60 cm

Aufnahme in die französische Akademie der Künste veranlasste.1

Gal.-Nr. 3412

Silvestre befand sich zu diesem Zeitpunkt wieder in Paris, wo er zum

Provenienz: Nach 1945 aus Schloss Wachwitz zu den Dresdner Sammlungen; 1999 vom Haus Wettin A. L. durch den Freistaat Sachsen in die Galerie

Ancien Directeur der dortigen Akademie berufen wurde. In Dresden

Literatur: Becker 1949, S. 56f. – Berckenhagen 1967, Nr. 1797 – Kulturstiftung der Länder/Staatliche Kunstsammlungen Dresden 2000, S. 153

Zeichenschule. Zwei Jahre später erhielt er den Titel »Direktor der

hatte er zuvor eine ähnliche Aufgabe übernommen: Nach dem Tod von Fehling im Jahr 1725 wurde er Leiter der dortigen Maler- und königlichen Akademie der Malerei«.2 Es ist jedoch zu vermuten, dass er sich nicht sehr viel um Lehraufgaben kümmerte, sondern diese seinem Sohn, François Charles de Silvestre, übertragen hat. Dieser wurde 1743 Anwärter auf die Dresdner Direktorenstelle seines Vaters und bekam den Titel eines Vizedirektors verliehen, allerdings hatte François Charles nicht das Talent seines Vaters geerbt. Die Dresdner Akademie stand allen Interessenten offen, »dergestalt, dass sie allen Künsten und Professionen, welche Zeichnung vonnöthen haben, zu statten komme«, da dieses »der Endzweck von Einrichtung aller öffentlichen Akademien« sei.3 Das Porträt des Dresdner Hofmalers Louis de Silvestre wird traditionell Anton Graff zugeschrieben, allerdings spricht seine Malweise wenig für diese Autorschaft. Dem Künstler stand vermutlich der Stich von Augustin de Saint-Aubin zur Verfügung (Abb. ), den dieser 1780 nach dem Münchner Original geschaffen hatte. So ähnelt der Bildausschnitt stärker dem Stich als dem Porträt von Greuze. Auch die Behandlung des Gesichts und die volleren Lippen legen den Kupferstich als Vorbild nahe. Silvestres Bildnis aus den 1780er-Jahren ist ein Zeichen der anhaltenden Wertschätzung für diesen Künstler, obwohl er bereits drei Jahrzehnte zuvor in seine Heimat zurückgekehrt war.

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_________ 1 Goncourt 1873, S. 369, das Originalzitat lautet: »Greuze obtient de lui la permission de faire son portrait, un portrait qu’il exécute sous l’œil de ses rivaux, de ses confrères, à la grande satisfaction de Sylvestre, qui le prenant sous sa protection le faisait agréer le 28 juin 1755.« 2 Königliches Dekret vom 12. April 1727, vgl. Hochschule für Bildende Künste Dresden 1990, S. 20. 3 Wiessner 1864, S. 7, 11. Augustin de Saint-Aubin nach Jean-Baptiste Greuze: Louis de Silvestre, 1780, Kupferstich, 39 × 27 cm, Cambridge, The Fitzwilliam Museum, Inv.-Nr. P.8662-R

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Der Siebenjährige Krieg stellte auch für Bernardo Bellotto eine einschneidende Zäsur dar. Zum einen kam sein Veduten-Projekt zum Erliegen, mit dem er eine Fülle großformatiger Ansichten von Dresden, Pirna und der Festung Königstein auf die Leinwand gebannt hatte. Zum anderen starben seine beiden wichtigsten Auftraggeber August III. und Premierminister Heinrich Graf von Brühl kurz hintereinander im Jahr 1763. Bellotto erfreute sich zwar weiterhin hoher Gunst bei der Kurfürstin Maria Antonia, die ihm aus ihrer Privatschatulle ein Gehalt zahlte, doch seine Tage in der Residenzstadt an der Elbe waren gezählt. An der 1764 neugegründeten Dresdner Kunst-

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Bernardo Bellotto (Venedig 1722–1781 Warschau)

Die Trümmer der ehemaligen Kreuzkirche zu Dresden, 1765 Bez. unten in der Mitte: »BERNAR: BELOTO DE CANALETTO. FEC.A. MDCCLXV«

akademie erhielt er statt einer Professur nur eine Anstellung als

Öl auf Leinwand, 80 × 110 cm

Perspektivlehrer für die Klassen der Landschaftsmalerei und Archi-

Gal.-Nr. 638

tektur.

Provenienz: 1765 vom Künstler an die Kunst akademie gegeben; von dort im selben Jahr zur Galerie geliefert (?)

Alle Mitglieder der Kunstakademie waren verpflichtet, ein sogenanntes Rezeptionsbild abzuliefern. Bellotto malte dazu ein Jahr nach seiner Aufnahme eine Ansicht von Dresden, die einen Blick vom Neustädter Elbufer über die Augustusbrücke auf die von Kirchen und Palazzi geprägte Architektur entlang des Flusses zeigt.1 Im sel-

Literatur: Riedel/Wenzel 1765, S. 244 (Anhang) – Kozakiewicz 1972, Bd. 2, Nr. 297 – Rizzi 1996, Nr. 116 – Dresden 2011, Nr. 16 (siehe auch Detail S. 242–243)

ben Jahr schuf er zwei weitere Ansichten von Dresden, die nachgerade verstörend wirken: Sie zeigen nicht die prachtvolle Silhouette der Stadt, sondern die verheerenden Spuren des Siebenjährigen Krieges. 1760 bombardierten preußische Truppen Dresden. In einer der beiden Veduten hielt Bellotto die Zerstörungen in der Pirnaischen Vorstadt fest, wo er Haus und Werkstatt verloren hatte.2 Nicht weniger eindringlich erweist sich der Künstler als Chronist der alten Kreuzkirche in dem hier gezeigten Bild. Der Turm der Kirche war 1760 durch fünf Brandbomben beschädigt worden, aber nicht eingestürzt. Erst am 22. Juni 1765, während des Neubaus des zerstörten Kirchenschiffs, barst die Ostwand des Turms, weil heftige Regenfälle die Fundamente unterspült hatten. Auf Bellottos Gemälde blickt der Betrachter frontal auf die verbliebenen Mauerreste, hinten rechts ist der Durchgang zum Altmarkt zu sehen. Der Abriss des Kirchturms war offensichtlich ein gesellschaftliches Ereignis, wie die Zuschauer um die Baustelle zeigen. Die Zeitung Dresdner Merkwürdigkeiten berichtete von dem Maurergesellen Künzelmann: Er »verfertigte eine curiöse Leiter von verschiedenen aneinander festgemachten Stangen, durch welche starke Sprossen gehen und bestieg darauf den 1. Juli den Kreuzturm mit etlichen Gehülfen, die noch stehenden Stücke nach und nach abzutragen.«3 Diese Leiter ist auf Bellottos Gemälde im rechten Teil der Ruine gut zu erkennen. Bellotto verließ Dresden1766, da die künstlerischen Vorlieben der Augusteischen Epoche für die Werke des Spätbarock und des Rokoko dem Geschmack einer neuen Zeit weichen mussten.

AH

_________ 1 Blick auf Dresden vom Neustädter Brückenkopf, 1765, Öl auf Leinwand, 99,5 × 134 cm, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Inv.-Nr. 2518. 2 Die Ruinen der Pirnaischen Vorstadt in Dresden, um 1762/67, Öl auf Leinwand, 80 × 110 cm, Troyes, Musée Saint-Loup, Inv. 850.1.4. 3 Zit. nach: Dresden/Warschau 1963, S. 56.

Die Dresdner Kunstakademie

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1764, im relativ hohen Alter von 52 Jahren, erhielt der Hofmaler Christian Wilhelm Ernst Dietrich an der Dresdner Kunstakademie die Professur für Malerei im Fach Landschaft und Tiere, da »für Land94

Christian Wilhelm Ernst Dietrich (Weimar 1712–1774 Dresden)

schaften Dietrich in diesem Bereich der Beste sei«.1 Wie die anderen Professoren hatte er nun mehrere Schüler zu betreuen und war zudem verpflichtet, »jährlich eine oder etliche Arbeiten ihrer Kunst für die Churfürstlichen Cabinets ohnentgeldlich zu liefern«.2 Überdies

Venus und Aeneas, 1766 Bez. unten links: »D. 1766« Öl auf Leinwand, 75,5 × 63 cm Gal.-Nr. 2127 Provenienz: 1855 aus dem Vorrat zur Galerie Literatur: Michel 1984, S. 87, 103f., 327 – Marx 1990 – Madrid 1998, Nr. 16 – Bielmeier 2001, S. 32–37 –Dresden 2009, Nr. 171 – Schniewind Michel 2012, S. 40

war ein Aufnahmestück gefordert, das Dietrich in Form des hier gezeigten Gemäldes Venus und Aeneas auf der Akademieausstellung 1766 präsentierte. Es zeigt sein Bemühen, sich dem neuen Geschmack des aufkommenden Klassizismus anzupassen. Somit verdeutlicht das Werk den Versuch eines akademischen Neuanfangs Dietrichs, obwohl es faktisch am Ende seiner Künstlerlaufbahn steht. Der Maler entnahm das Sujet dem achten Gesang der Aeneis des römischen Dichters Vergil und setzte es detailgetreu um. Nach dem Untergang Trojas sollte Aeneas einen neuen Staat aufbauen – es ist dies der Gründungsmythos des Römischen Reichs. Dazu wurden ihm von seiner Mutter, der Göttin Venus, Waffen überreicht, die diese zuvor bei ihrem Mann Vulcanus bestellt hatte. Das Thema zeigt Analogien zur sächsischen Geschichte: Wie Troja ist auch das alte Sachsen nach dem Siebenjährigen Krieg untergegangen und der neue Kurfürst (Aeneas) muss seinen Staat wieder aufbauen. Auf dem Gemälde Dietrichs tritt Aeneas von links an seine Mutter heran, die auf einer Wolke herabschwebt. Sie weist auf die Geschenke wie Schwert, Schild und Rüstung, die zahlreiche Amoretten unter einem Eichenbaum ausbreiten. Das von Vergil erwähnte Flusstal – der Ort an dem die beiden sich trafen – wird durch die Personifizierung eines Flussgottes verdeutlicht. Im Hintergrund ist vage ein anderes Tal zu erkennen, in dem entsprechend den Versen Vergils ein Heerlager aufgebaut ist. Dietrich setzte diese Episode der römischen Geschichte mit eleganten, fast tänzerischen Posen um. Die theaterhafte Wirkung wird durch das Spiel mit Licht und Farben zusätzlich gesteigert. Wie bei zahlreichen anderen Gemälden (vgl. Kat. 74 und 76) orientierte sich der Maler auch bei Venus und Aeneas an einem Vorbild: Hier ist es ein Werk von Gérard de Lairesse (Abb.), das ihm vermutlich durch einen Kupferstich bekannt war. Aber auch zur Kunst Antoine Coypels, Louis de Silvestres oder Giuseppe Carlo Pedrettis lassen sich Parallelen ziehen.

Gérard de Lairesse: Venus überreicht Aeneas die Waffen, Öl auf Leinwand, 162 × 166 cm, Antwerpen, Museum Mayer van den Bergh, Inv.-Nr. MMB.0097

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Die Dresdner Kunstakademie

UK

_________ 1 Hauptstaatsarchiv Dresden, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 894/5, fol. 21v, das Originalzitat lautet: »Pour les Païsages / Dieterich étant superieur dans cette partie de l’art.« Vgl. auch Schniewind Michel 2012, S. 40. 2 Hochschule für Bildende Künste Dresden, Archiv, Gründungsrescript der Kunstakademie Dresden und der Zeichenschulen Leipzig und Meißen vom 6. Februar 1764.

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Wenngleich die Dresdner Galerie nur Kopien (Kat. 92), aber keine eigenhändigen Werke des seinerzeit beliebten Genremalers JeanBaptiste Greuze besitzt, die wegen ihrer stark vom Geist der Empfindsamkeit geprägten Ausdrucksintensität sehr gesucht waren, kann doch Charles François Hutins Lesendes Mädchen diese Lücke teilweise schließen: Innerlichkeit, Innensicht, Innehalten – all diese Aspekte verweisen auf das, was in dieser Malerei konstituierend ist,

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Charles François Hutin (Paris 1715–1776 Dresden)

Lesendes Mädchen, 1769

nämlich die Hinwendung zur seelischen Seite des Menschen, zu den

Bez. unten rechts: »C. HVTIN PINXIT 1769«

Gefühlen in ihrem Wechselspiel mit den Gedanken.

Öl auf Leinwand, 85,5 × 56 cm

Hutin malte ähnlich wie Jean Siméon Chardin häufig Menschen des einfachen Volkes und thematisierte so das elementare Leben, unterlegte diesem aber in seinen Darstellungen nicht jene moralisierende Tendenz der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts. Mit Chardin verbindet ihn die fein nuancierende koloristische

Gal.-Nr. 791 Provenienz: Erstmals im Galerieführer von 1835; 1945 vermisst; 1950 Rückkehr in die Galerie Literatur: Köln 2003, Nr. 23 – Dresden 2009, Nr. 196

Malweise, wie sie sich im vorliegenden Fall in den Abstufungen der Weiß-Grau-Blau-Palette besonders deutlich zeigt. Der tradierte, aber irreführende Titel gibt an, es handele sich um ein lesendes Mädchen, doch ist die Lektüre sichtlich unterbrochen. Die Geste ihrer rechten Hand verlangt vom Bildbetrachter eine Deutung: Ist es der erhobene Zeigefinger der nach diesem Brief gebotenen Wachsamkeit oder eine Geste der Hoffnung? Die Dargestellte hat kein Gegenüber; sie hört ganz in sich hinein und sinnt dem nach, was das in ihrer Hand ruhende Schreiben in ihrem Herzen ausgelöst hat oder auslösen könnte. So wird nicht die rezipierende Tätigkeit des Lesens thematisiert, sondern die aktive des Nach-Denkens – als Metapher einer anempfohlenen moralischen Wachsamkeit? Überdies wird die Isoliertheit des Individuums klar formuliert, das zwar mit der Umwelt kommunizieren kann, in seinem Fühlen und Denken aber immer auf sich selbst gestellt bleibt. Hutin, Neffe des Dresdner Hofmalers Louis de Silvestre (vgl. Kat. 8, 10 und 92), wirkte bereits zwei Jahrzehnte in dieser Stadt, als das Bild entstand. Doch erst 1764 war er zum Direktor und Professor an der neugegründeten Kunstakademie ernannt worden. Neben dem Eklektizisten Christian Wilhelm Ernst Dietrich (Kat. 74, 76 und 94) und dem Akademiker Adam Friedrich Oeser vertrat er die wohl bürgerlichste Spielart der nach-augusteischen Kunst in Sachsen. In Werken wie dem Prometheus näherte er sich sogar thematisch wie formal dem Sturm und Drang.1 Dieses in mancher Hinsicht an Rembrandt orientierte Gemälde war als sein Aufnahmestück für die Akademie eingereicht worden. Beim Lesenden Mädchen kann man hingegen neben den Anleihen bei der französischen Kunst des 18. Jahrhunderts auch Nachklänge von Meistern wie Jan Vermeer van Delft, Frans van Mieris oder Gabriel Metsu namentlich mit ihren Briefleserinnen konstatieren.

BM

_________ 1 Prometheus, nach 1768, Öl auf Leinwand, 72 × 55 cm, Dresden, Hochschule für Bildende Künste, Inv.-Nr. A 2.

Die Dresdner Kunstakademie

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Der jüngere Bruder des Abenteurers Giacomo Casanova erhielt eine erste Ausbildung in Dresden und führte dann in Italien seine Studien weiter. Dort war er unter anderem für Johann Joachim Winckelmann 96

Giovanni Battista Casanova

tätig. Auf dessen Empfehlung erhielt Casanova die Professur an der

(Venedig 1730–1795 Dresden)

neugegründeten Dresdner Kunstakademie – allerdings wohl erst

Der Prophet Jesaja, 1764

nach recht zähen Verhandlungen. Als Rezeptionsbild wollte er noch von Rom aus das Werk Der Prophet Jesaja, eine Kopie nach dem

Öl auf Leinwand, 245 × 154 cm

Fresko Raffaels in der Kirche Sant’Agostino in Rom (Abb.), senden.

Gal.-Nr. 95

Im März 1764 schrieb er an den Akademiedirektor Christian Ludwig

Provenienz: 1764 als Rezeptionsbild für die Akademie Literatur: Dresden 1983, Nr. 46 – Hochschule für Bildende Künste Dresden 1990, S. 48 – Bielmeier 2001, S. 30–32 (siehe auch Detail S. 214)

von Hagedorn: »es ist mir unmöglich bis zum 3. August ein Rezeptionsstück anzufertigen, ich könnte jedoch eine Kopie des Propheten Jesaja, die ich nach Raffael gemacht habe, einsenden […] ich hoffe, dass eine mittelmäßige Kopie nach einem großen Meister mehr wert ist, als ein schlechtes Original, dass ich machen könnte«.1 Casanova veränderte in seiner Kopie verschiedene Details, besonders auf fallend ist die Abmilderung des Gesichtsausdrucks des Propheten. Die veränderte Farbigkeit geht teilweise auf die Alterungsspuren des Firnisses zurück. Der Prophet Jesaja wurde zwar nach Dresden geschickt, jedoch nicht als Aufnahmestück akzeptiert. Im Jahr 1768 lieferte Casanova daher ein weiteres Werk, Ulysses und Calypso, das sich noch heute in der Hochschule für Bildende Künste in Dresden befindet.2 Trotz dieser anfänglichen Schwierigkeiten wurde Casanova für den Betrieb der Akademie bald unentbehrlich: Er unterrichtete Zeichnen, hatte Malschüler und hielt Vorlesungen über Kunsttheorie. Während seine malerischen Fähigkeiten immer wieder angezweifelt wurden, genoss er als Theoretiker und Lehrer hohes Ansehen. Seine Vor lesungen hatten einen so großen Erfolg, dass er von 1785 an ihre Publikation plante. In 17 Kapiteln und insgesamt 47 Heften behandelte Casanova unter anderem die Lehre von Proportion und Komposition, Anatomie und Farbgebung, Mythologie und Antike. Allerdings gelangte nur ein kleiner Teil dieser Ausführungen in den Druck. Als Zeichner lehrte er eine realistische Naturauffassung, als Theoretiker vermittelte er die klassizistischen Lehren von Winckelmann und Mengs. Seit 1777 wechselte er sich jährlich mit Johann Eleazar Zeissig, genannt Schenau, als Direktor der Kunstakademie ab. _________ 1 Hauptstaatsarchiv Dresden, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 895/14, fol. 9v, das Originalzitat lautet: »il m’est impossible de faire pour le trois d’Aout un morceau de reception, je pourrai bien envojer une Copie du Prophete Isaje que j’ai faite d’après Raffael […] j’espere qu’une mediocre Copie d’apres un grand Maitre vaudrà mieux qu’un mauvais Original que je pourrai faire«. Vgl. auch Bielmeier 2001, S. 31. 2 Ulysses und Calypso, 1768, Öl auf Leinwand, 120 × 150 cm, Dresden, Hochschule für Bildende Künste, Inv.-Nr. A 1.

Raffael: Der Prophet Jesaja, 1513, Fresko, Rom, Sant’Agostino

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In der jährlichen Kunstausstellung der Akademie von 1766 zeigte der junge Schweizer Maler Anton Graff gleich neben dem Rezeptionsbild Dietrichs (Kat. 94) sein jugendliches Selbstbildnis. Von den Kritikern sehr gelobt, nahm man es als Aufnahmestück an. Graff beschrieb die Vorgänge selbst in seiner Biografie: »Im Monat Februar [1766] erhielt ich in Zürich von Hagedorn die Nachricht daß mein Bild Beyfall gefunden habe, und daß ich mit 400 rtl Gehalt als Mit-

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Anton Graff (Winterthur 1736–1813 Dresden)

Bildnis einer Dame, um 1780

glied bey der Academie aufgenommen sey. Zugleich erhielt ich 110

Öl auf Leinwand, 74 × 56 cm

rtl. Reisegeld, und am 7ten April langte ich glücklich in Dresden an.

Gal.-Nr. 3400

Von dieser Zeit an gieng es mir immer glücklich; ich hatte viel Por-

Provenienz: 1947 aus Privatbesitz

traits zu mahlen.«1 Hagedorn hatte in der Nachricht auch die üblichen Verbindlichkeiten für das künftige Mitglied angegeben, so un-

Literatur: Dresden 1964, Nr. 18 – Berckenhagen 1967, Nr. 1486

ter anderem »jährlich ein Bildniß mit oder ohne Hand, halbe Figur, für den Hof unentgeltlich und besten Fleißes zu verfertigen« und »wenigstens einen […] Lehrling in ihrer Kunst […] unentgeltlich zu unterrichten«.2 Zwar verlief die erste Zeit in Dresden für Graff sehr erfreulich, jedoch blieben seine Wohnverhältnisse und finanziellen Mittel lange Zeit beschränkt. Zudem wurde er erst 1789 zum Professor berufen. In einem Brief an Salomon Gessner schilderte er die Lage: »Seit zwei Jahren bin ich gänzlich vom Hof weggebissen worden […] es glückte meinen Neidern dass ich von der Hohen Herrschaft nicht im geringsten mehr geachtet, und dass sehr Mittel mäßige Meister mir vorgezogen wurden, die doch schlechter sind als ich.«3 Mit Graff hatte man einen bedeutenden Erneuerer der Porträtkunst für die Kunstakademie verpflichtet, der jedoch erst während der Direktion von Camillo Graf Marcolini-Ferretti eine einflussreiche künstlerische Position in Dresden erlangen konnte. Bei dem Bildnis einer Dame zeigt sich die ganze Kunstfertigkeit Graffs. In einen mit Pelz besetzten blauen Mantel gehüllt, hält sie ihren Körper zwar leicht nach rechts gewandt, blickt den Betrachter jedoch direkt an. Sie scheint diesen aufmerksam zu mustern, während sich um ihren Mund ein leichtes Lächeln andeutet. Ihre Hände sind in einem Pelzmuff verborgen. Um den Kopf ist ein zarter Schleier gelegt, dessen Enden lose am Hals zusammengebunden sind. Die ganze Erscheinung ist die einer vornehmen älteren Dame. Schon Zeitgenossen Graffs hoben seine Fähigkeit hervor, den Menschen in seiner Gesamtheit malen zu können: Er gab also nicht nur das Äußere wieder, sondern zeigte »in der körperlichen Erscheinung zugleich die Seele.« 4 Entsprechend führt er es auch hier vor. Die ganze Aufmerksamkeit des Betrachters wird auf das Gesicht der Dame gelenkt, das seltsam ambivalent erscheint: Widersprüchliche Eigenschaften wie Freundlichkeit, aber auch Zurückhaltung, fast Skepsis, sind in dem Blick der Frau zu lesen.

UK

_________ 1 Zit nach: Winterthur/Berlin 2013, S. 320. 2 Brief Hagedorns an Graff vom 20. Januar 1766; zit. nach: Hochschule für Bildende Künste Dresden 1990, S. 54. 3 Zit. nach: Leemann-van Elck 1930, Bd. 1, S. 86. 4 Osterkamp 2013, S. 201.

Die Dresdner Kunstakademie

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Joseph Roos entstammte einer weitverzweigten, im 17. und 18. Jahrhundert tätigen Künstlerfamilie, war an diversen Orten tätig und wirkte in Dresden unter anderem an der Ausstattung der Oper mit. 98

Joseph Roos

Richtungsweisend war seine Beteiligung an der Gründung der

(Wien 1726–1805 Wien)

Dresdner Kunstakademie 1764, wobei er zwar hinter dem älteren,

Südliche Landschaft mit Wasserfall, 1780

höchst erfolgreichen Dietrich (Kat. 74, 76 und 94) zurückgestanden haben mag, aber als durchaus geschätzter Professor viele Schüler anzog und damit der Akademie einen respektablen Wirkungskreis

Bez. unten links: »Rosa f 1780«

garantierte. Nachdem er von 1763 bis 1765 Wandmalereien für

Öl auf Leinwand, 76,5 × 63,5 cm

Schloss Schönbrunn ausgeführt und einige Jahre später intensivere

Gal.-Nr. 3576

Kontakte nach Wien gepflegt hatte, folgte 1772 die Berufung zum

Provenienz: 1948 von der Akademie der Bildenden Künste, Dresden Literatur: Braunschweig 1998, Nr. 16 – Köln 2003, Nr. 39 – Dresden 2009, Nr. 207

Direktor der dortigen Gemäldegalerie.1 Damit war allerdings seine Bindung an Dresden keineswegs beendet: Schon nach zwei Jahren wurde ihm mitgeteilt, dass die ausstehenden Gehaltsforderungen aus Sachsen in Höhe von 525 Thalern erst dann ausgezahlt würden, wenn er das überfällige Gemälde einsende, das er schon zeitnah nach der Aufnahme in die Dresdner Akademie hätte abliefern müssen. Weitere Mahnungen ergingen und erst 1780 sandte Roos das vorliegende Gemälde mit anderthalb Jahrzehnten Verspätung ein. Mit souveräner und verdichtender Bildregie fasst Roos die mannigfaltigen Elemente zusammen: Links ragt die hohe Felswand auf, deren Höhe durch den Wasserfall erst recht unterstrichen wird, dahinter in der Ferne liegen in sanftes Licht gehüllt die Ruinen alter, nicht genau charakterisierter Bauten. Dem Zerfall der Kulturzeugnisse antwortet – ähnlich wie späterhin bei Caspar David Friedrich – die Baumruine am linken Bildrand, der Verfall in der Natur. Dieser heroischen Seite der Darstellung steht rechts das Idyll gegenüber, gleichsam eine Pastorale mit lyrischem Klang, wie man sie auch als liebliche Musikform kennt. Links werden also die Vergänglichkeit von Natur und Menschenwerk berührt, rechts ertönt ein Lob des Augenblicks. Roos verarbeitet in seinem Bild Anregungen niederländischer Italianisanten wie Nicolaes Berchem und Jan Both und führt diese mit der stimmungsintensiven Lichtregie im späten Gefolge eines Claude Lorrain zusammen. Trotz der auffälligen Addition einzelner Bildelemente und -ideen erschafft er eine insgesamt überzeugende Landschaft des Südens, die multisensorisch aufgeladen ist: Man spürt die laue Wärme, man hört das Rauschen des Wassers, man wird eingeladen in die Landschaft eines zeitlos friedlichen Idylls. Künstler wie Kaaz, Klengel und Ludwig Richter sollten diesem lyrischen Landschaftsideal in Dresden noch bis ins 19. Jahrhundert hinein folgen.

BM

_________ 1 Marx 2002, S. 61.

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Die Dresdner Kunstakademie

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Große Gesten kleiner Staffagefiguren, wie man dies auch von Jacob Wilhelm Mechau kennt (Abb.), sind ein beliebter Blickfang. Er entfaltet in dem Moment seine Wirkung, da der Betrachter die Totale des 99

Friedrich Christian Klass

Landschaftsgemäldes erfasst hat und sich dem Detail zuwendet. Im

(Dresden 1752–1827 Dresden)

Nachklang des beliebten Mottos Et in arcadia ego rasten die Hirten

Der Morgen, 1808

im Bild, allerdings hier nicht an einem antikischen Grabmal, wie man es seit Nicolas Poussin häufig sah, sondern an einem Felsbrocken.

Bez. unten: »Klaß. inv. et pin: 1800«

Ihr Bezug zum Arkadischen ist in der dargebotenen Landschaft

Öl auf Leinwand, 62 × 74 cm

offenkundig, ihr Verweis auf die Historizität alles menschlichen Tuns

Gal.-Nr. 2588

und auf die Endlichkeit aller Bestrebungen klingt hingegen in der

Provenienz: 1920 von der Kunstakademie überwiesen Literatur: Bielmeier 2001, S. 55 – Fröhlich 2002, S. 165

ruinenhaften Architektur in der Ferne wider. Auch die Natur ist dem ewigen Wandel, dem Werden und Vergehen unterworfen, wie das strahlende Grün einerseits und der kahle Baum andererseits symbolisieren. Das Spiel des Lichts, die klassische, von Bäumen gerahmte Landschaft, der Blick über Gewässer und sich ins Bild schiebende Bergformen, das Aufgipfeln in der Ferne – all das sind seit dem 17. Jahrhundert beliebte Requisiten der Landschaftsmalerei, die hier bei Friedrich Christian Klass zu einem klassizistischvorromantischen Gesamtbild verschmelzen. Dass er mit seiner Auffassung von Landschaft höchst erfolgreich war, belegen seine bis Paris, London und ins Baltikum getätigten Verkäufe. Zu diesem Erfolg trug bei, dass er insbesondere in Abend- oder Morgendarstellungen neben den Lichteffekten auch meteorologische und atmosphärische Beobachtungen einfließen ließ.1 Wenn 1816 Klass – und nicht etwa Caspar David Friedrich – eine außerordentliche Professur an der Dresdner Kunstakademie erhielt, so illustriert dies seinen damaligen Rang und die Übereinstimmung seiner Auffassung mit dem Zeitgeist. Der Morgen war sein Rezeptionsstück für die Akademie. _________ 1 München 2013, S. 32f.

Jacob Wilhelm Mechau: Italienische Landschaft mit Venus, die den toten Adonis beweint, 1782, Öl auf Leinwand, 70 × 102 cm, SKD, Gemäldegalerie Alte Meister, Inv.-Nr. 2000/01

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Die Dresdner Kunstakademie

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Anhang

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Künstlerbiografien

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Anhang

Seitentitel

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Künstlerbiografien

Asselijn, Jan (Kat. 23) Dieppe um 1610–1652 Amsterdam _________ Jan Asselijn erhielt Anfang der 1630er-Jahre bei Jan Martszen de Jonge, dem Neffen und Schüler von Esaias van de Velde, seine Ausbildung zum Maler von Reiterschlachten. Die frühesten Werke dieser Art entstanden zwischen 1634 und 1635. Laut Berichten seines Bio grafen Joachim von Sandrart reiste Asselijn um 1635 über Frankreich nach Rom. Hier kam er vermutlich mit den Brüdern Andries und Jan Both in Kontakt. Sandrart zufolge soll er dort auch Mitglied der Schildersbent gewesen sein, einer Malervereinigung in Rom, der vor allem holländische und flämische Künstler angehörten. 1644/45 reiste er wohl über Venedig, Lyon und Paris zurück nach Amsterdam. Noch kurz vor seinem Tod erwarb Asselijn das Amsterdamer Bürgerrecht. Als bedeutender Italianist der Generation nach Pieter van Laer schuf er neben Reiterschlachten und Jagdszenen auch süd liche Landschaften und Bambocciaden, wie man die recht derben Darstellungen des alltäglichen römischen Lebens nennt.

Backer, Jacob Adriaensz. (Kat. 31, 32) Harlingen 1608–1651 Amsterdam _________ Von circa 1625 bis 1633 erhielt Jacob Adriaensz. Backer seine Ausbildung bei dem Prediger, Maler und Kunsthändler Lambert Jacobsz. in Leeuwarden und lernte hier auch Govaert Flinck kennen. Von 1633 an war Backer in Amsterdam tätig, wo er 1634 seinen ersten offiziellen Auftrag erhielt. Mit Porträts und Historien bildern feierte er bald große Erfolge. Neben seinem Lehrer beeinflussten die Utrechter Caravaggisten wie Gerard van Honthorst und Dirck van Baburen sowie Rubens und sein Umkreis Backers Werk. In den 1630er-Jahren orientierte er sich zunehmend an Rembrandt, obwohl er mit seiner flüssigg latten Malweise weiterhin einen eigenen Stil beibehielt. Mit seinen Historien gemälden zählte er zu den Weg bereitern des Klassizismus. (Kat. 31, 32)

Bellotto, Bernardo (Kat. 2, 9, 15, 93) Venedig 1722–1780 Warschau _________ Bernardo Bellotto war der Neffe des Vedutenmalers Antonio Canal, dessen Beinamen Canaletto er übernahm. Um 1735 trat er in die Werkstatt seines Onkels in Venedig ein, 1738 in die dortige Malergilde. 1740/41 unter nahm er eine Reise, die ihn über Padua

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Künstlerbiografien

weiter in den Süden Italiens bis nach Rom führte. 1747 kam er aus Venedig einem Ruf König Augusts III. folgend nach Dresden. Hier entstanden in den nächsten zehn Jahren die berühmten Ansichten von Dresden, Pirna und dem Königstein. Nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges im Jahr 1756 arbeitete Bellotto in Wien (1759/60) und München (1761). Nach seiner Rückkehr nach Dresden 1764 erhielt er an der neugegründeten Kunstakademie nur eine unter geordnete Stellung, sodass er im Dezember 1766 nach Warschau ging. Auch hier schuf er zahl reiche Veduten, seit 1768 als Hofmaler des Königs Stanis laus II. August Poniatowski.

Bloemen, Pieter van (Kat. 26) Antwerpen 1657–1720 Antwerpen _________ Pieter van Bloemen war Schüler des Schlachten malers Simon Johannes van Douw. Nachdem er bereits mit 17 Jahren Meister der Lukasgilde geworden war, reiste er 1674 über Lyon nach Rom. Hier wurde er Mitglied der Malervereinigung Schildersbent und erhielt wohl aufgrund der vielen bunten Wimpel in seinen Bildern den Spitznamen Stendardo (Standarte). In Rom arbeitete er vor allem mit seinem jüngeren Bruder Jan Frans zu sammen, dessen italianisierende Landschaften er mit Figuren und Pferden staffierte. 1694 kehrte er nach Antwerpen zurück, wo er eine große Werkstatt mit zahlreichen Schülern führte. Für seinen Stil war der Aufenthalt in Italien prägend, jedoch verarbeitete er auch Einflüsse der niederländischen Künstler Jan van Huchtenburg und Philips Wouwerman. Seine bevorzugten Darstellungen waren italianisierende Landschaften, Genre-, Tier- und Reiterszenen sowie Darstellungen von Pferde märkten.

Boselli, Felice (Kat. 80) Piacenza 1650–1732 Piacenza _________ Felice Boselli lernte als Schüler von Giuseppe Nuvolone in Mailand den auf Jagdstillleben spezialisierten Angelo Maria Crivelli kennen. Dessen Einfluss auf Bosellis Werk war so stark, dass die Bilder der beiden häufig verwechselt werden. Von 1670 an war Boselli in Parma tätig und schuf für den dortigen Adel nicht nur Still leben, sondern entwarf auch zahlreiche Bühnenbilder. Wenngleich zu seinem Œuvre verschiedene Fresken zyklen mit historischen Motiven und Genregemälde zählen, lag das Hauptgewicht seiner Arbeit auf Jagd-, Küchen- und Tierstillleben.

Diese oft ländlichen und nicht immer qualitätvollen Darstellungen ergänzte er häufig durch Genrefiguren. Hierin und in seinem farbenfrohen Kolorit zeigt sich unter anderem eine Beeinflussung des Malers durch die Bamboccianti, insbesondere durch Pieter van Laer.

Bottschild, Samuel (Kat. 90) Sangerhausen 1641–1706 Dresden _________ Samuel Bottschild erhielt seine erste Ausbildung bei seinem Vater Andreas, einem Freskomaler, sowie bei seinem Bruder Johann Andreas. Seit 1660 in Leipzig tätig, führte er unter anderem Aufträge des Freiherrn Carl von Friesen aus. In Dresden ist er seit spätestens 1669 nachweisbar. 1673 reiste er mit seinem Neffen und Schüler Christian Fehling nach Italien, wo sie sich vor allem in Venedig und Rom aufhielten. In Rom lernte Bottschild auch Johann Carl Loth kennen. Nach seiner Rückkehr nach Dresden wurde er 1677 zum kursächsischen Oberhofmaler ernannt; von 1699 an war er Inspektor der Gemäldesammlung der kurfürstlichen Kunstkammer und vermittelte als solcher verschiedene Neuerwerbungen. Zudem leitete er eine Zeichenschule, die als erste Vorstufe der späteren Dresdner Kunst akademie gilt. Bottschilds künstlerische Bedeutung liegt besonders auf dem Gebiet der Deckenmalerei; er war aber auch als Zeichner geschätzt.

Calvaert, Denys (Kat. 69) Antwerpen 1540?–1619 Bologna _________ Denys Calvaert war 1556 Gehilfe des Antwerpener Landschaftsmalers Cerstian van den Queborn. Vermutlich hielt er sich seit circa 1560 in Italien auf. Zunächst war er in Bologna bei Prospero Fontana und Lorenzo Sabatini tätig. 1572 ging Calvaert gemeinsam mit Sabatini nach Rom, wo er an Dekorationen im Vatikan mit arbeitete. Hier konnte er Werke von Sebastiano del Piombo, Michelangelo und Raffael studieren, die ihn in der Folge stark beeinflussten. Seine Fähigkeiten als Kopist wurden schon von Zeitgenossen gerühmt. Um 1575 kehrte er nach Bologna zurück, wo er – noch vor den Carracci – eine Schule für junge Künstler eröffnete. Ihr gehörten unter anderem Francesco Albani, Guido Reni und Domenichino an. Neben den frühen Einflüssen von Raffael zeigte sich später eine Orientierung an Parmi gianino, die jedoch bald von den Stilmerkmalen Correggios und Federico Baroccis überlagert wurde.

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Canaletto, eigentlich Antonio Canal (Kat. 13, 14) Venedig 1697–1768 Venedig _________

Casanova, Giovanni Battista (Kat. 96) Venedig 1730–1795 Dresden _________

Dathan, Johann Georg (Kat. 7) Speyer 1701–1749 Speyer _________

Die erste Ausbildung erhielt Antonio Canal durch seinen Vater Bernardo Canal, einem Theatermaler. Zu seinen ersten Arbeiten zählen gemeinsam ausgeführte Operndekorationen in Venedig (1716/18) und Rom (1720). Zurück in Venedig wurde Canaletto 1720 in die dortige Malergilde aufgenommen. Unter dem Einfluss der Vedutenmaler Gaspar Adriaensz. van Wittel und Luca Carlevarijs entstanden seitdem Ansichten Venedigs, aber auch fantastische Landschaftsgemälde. Der Konsul Joseph Smith unterstützte Canaletto seit 1729/30 unter anderem durch die Vermittlung von Aufträgen für englische Bildungsreisende. Bei dieser Klientel war Canaletto so erfolgreich, dass er sich von 1746 bis 1755 in England niederließ. Zurück in Venedig schuf er Ansichten der Lagunenstadt in Malerei und Grafik. 1763 wurde er Mitglied der Akademie Venedigs.

Giovanni Battista Casanova war der jüngere Bruder des Malers Francesco und des berühmten Abenteurers Giacomo. Casanova lebte seit 1737 zusammen mit seiner Mutter Giovanna, einer Schauspielerin, in Dresden. Hier wurde er Schüler von Christian Wilhelm Ernst Dietrich und Louis de Silvestre. Mit einem königlichen Stipendium reiste er 1746 nach Venedig. Von 1749 an arbeitete er vermutlich in der Werk statt von Giovanni Battista Piazzetta. Zudem wurde Casanova Mitarbeiter von Anton Raphael Mengs, dem er 1752 nach Rom folgte. Hier führte er für Johann Joachim Winckelmann und adelige Romreisende Zeichnungen nach Antiken aus. 1764 übernahm Casanova eine Professur an der neugegründeten Akademie der Künste in Dresden, wo er überaus erfolgreich war, wie sich unter anderem an seinen gut besuchten Vorlesungen zeigte, in denen er die klassizistischen Lehren von Winckelmann und Mengs vermittelte. Seit 1777 leitete er im jähr lichen Wechsel mit Johann Eleazar Zeissig, genannt Schenau, die Dresdner Kunstakademie.

Seine Jugend verbrachte Dathan in Speyer. Seit 1730 hielt er sich in Amsterdam (1730/37) und Mannheim (1737/40) auf. Zurück in Speyer wurde er 1741 Bürger der Stadt. Hier war er mit zahlreichen Porträtarbeiten vor allem für bürgerliche Auftrag geber tätig. Zu den frühen Werken Dathans zählt ein 1725 entstandenes Deckengemälde im Rathaus zu Speyer. Seit 1732 entstanden Gemälde in Fein malerei oder in Hell-Dunkel-Malerei in der Art der Caravaggio-Nachfolge. Es lassen sich aber auch Einflüsse der Maler Martin van Meytens und von Georges Desmarées feststellen. Dathan schuf neben Porträts vor allem Genreszenen und Historienbilder mit vorrangig mythologischen Themen und Allegorien.

Carracci, Agostino (Kat. 27) Bologna 1557–1602 Parma _________ Zusammen mit seinem Bruder Annibale und seinem Cousin Ludovico gelang es Agostino Carracci, die italienische Malerei des 16. Jahrhunderts zu reformieren. Zunächst für den Beruf des Goldschmieds bestimmt, wurde Agostino Schüler bei Prospero Fontana und später bei Bartolomeo Passarotti. Um 1578 bis 1581 war er als Stecher bei Domenico Tibaldi tätig. In Technik und Stil von Marcantonio Raimondi beeinflusst, setzte er die Gemälde zahlreicher Meister in Reproduktionsgrafik um. 1581 hielt er sich in Rom auf, 1582 in Cremona. In den 1590er-Jahren war Carracci vor allem als Maler tätig, so von 1596 bis 1599 gemeinsam mit seinem Bruder Annibale bei der Ausstattung der Galleria Farnese in Rom. Vermutlich wegen Unstimmigkeiten mit Annibale reiste er 1599 nach Parma, wo er 1602 starb. Die Bedeutung von Carracci liegt vor allem in seinem grafischen Werk, jedoch tat er sich auch als Lehrer an der von ihm, seinem Bruder und seinem Cousin gegründeten Malerschule hervor.

Carracci, Annibale (Kat. 60) Bologna 1560–1609 Rom _________ Vermutlich studierte Annibale Carracci zunächst bei seinem Cousin Ludovico. Zusammen mit diesem und seinem Bruder Agostino schuf er als erste dokumentierte Tätigkeit 1583/84 die Fresken im Palazzo Fava in Bologna. Bereits ein Jahr zuvor hatten alle drei Carracci dort die Accademia degli Desiderosi ge gründet, die später in Accademia degli Incamminati umbenannt wurde. Das dort vertretene kunsttheo retische Konzept – Rückkehr zur Natur verbunden mit dem Studium der italienischen Maler der Renaissance – lehnte die Künstlichkeit der manieristischen Malerei ab. 1595 wurde Carracci nach Rom eingeladen, um die Dekoration der Galleria Farnese auszuführen. Weitere Aufträge folgten, jedoch setzte eine Erkrankung 1605 seiner künstlerischen Laufbahn ein jähes Ende. Als einer der am meisten bewunderten Maler seiner Zeit war er eine treibende Kraft bei der Entwicklung des Barock. Bologneser Künstler wie Francesco Albani, Guido Reni oder Guercino führten diese Entwicklung als nachfolgende Generation fort.

Celesti, Andrea (Kat. 63) Venedig 1637–1712 Toscolano _________ Andrea Celesti war Schüler von Matteo Ponzone und Sebastiano Mazzoni. Neben diesen Künstlern zeigt sich in seinem Schaffen auch eine starke Beeinflussung durch Luca Giordano. Celestis frühestes bekanntes Werk entstand erst, als er bereits 38 Jahre alt war. 1681 wurde ihm vom Dogen Venedigs der Titel eines Cavaliere verliehen. Während des folgenden Jahrzehnts führte Celesti zahlreiche Aufträge in der östlichen Lombardei und im Veneto aus. Ende des 17. Jahrhunderts arbeitete er an der Ausstattung verschiedener oberösterreichischer Kirchen. 1700 kehrte er nach Venedig zurück und eröffnete eine Werkstatt. Seinen letzten großen Auftrag vollendete er 1707. Celestis Werke beeinflussten Maler wie Alberto Calvetti und Gregorio Lazzarini und machten ihn zu einem Wegbereiter der oberitalienischen und österreichischen Rokokomalerei .

Cignani, Carlo (Kat. 61) Forlì 1628–1719 Forlì _________ Carlo Cignani, Sohn eines Papiermühlenbesitzers, erhielt seine Ausbildung bei Francesco Albani. Neben seinem Lehrer haben auch Guido Reni, Guercino und vor allem Annibale Carracci seine Kunst beeinflusst. Cignanis Werke sind seit 1655 nachweisbar, darunter auch jene in der Theatiner kirche in München für Henriette Adelheid von Savoyen. 1703 erhob der Bologneser Senat die Fa milie Cignani in den Grafenstand; 1706 wurde der Maler als repräsentativste Persönlichkeit der Bologneser Kunstszene von der neu gegründeten Acca demia Clementina zum Principe auf Lebenszeit ernannt. 1711 erfolgte die Verleihung des Titels eines Cavaliere durch die Conservatori von Forlì. Seine Gemälde entstanden häufig unter Mitwirkung des Sohnes Felice Cignani und seiner fähigsten Schüler. Sie sind dem spätbarocken Bologneser Klassizismus zuzurechnen, den er kultivierte und zur Reife brachte.

Denner, Balthasar (Kat. 34) Hamburg 1685–1749 Rostock _________ Denner ging zunächst in Hamburg bei Franz von Amama, einem Maler von Aquarellminiaturen, in die Lehre und setzte seine Ausbildung später in Danzig fort. Seit 1707 war er Schüler an der Berliner Akademie. Als bekannter Bildnismaler kehrte Denner 1712 nach Hamburg zurück und bereiste von dort aus Norddeutschland, um Auftragsarbeiten auszuführen. 1717 hielt er sich zehn Monate lang in Kopenhagen auf. Von 1721 an lebte er in London. 1729 erwarb König August II. von Polen in Dresden Gemälde von ihm. Nachdem Denner zwischenzeitlich drei Jahre in Amsterdam verbracht hatte, kehrte er 1739 nach Hamburg zurück. Ein Angebot der Zarin Elisabeth, nach Sankt Petersburg zu kommen, lehnte er 1742 ab. In seinen letzten Lebensjahren war Denner besonders für den mecklenburgischen Hof tätig. Neben klassischen Porträts malte er Charakterköpfe, die bisweilen Extreme an ungeschönter Naturwiedergabe sind.

Dietrich, Christian Wilhelm Ernst (Kat. 74, 76, 94) Weimar 1712–1774 Dresden _________ Als Sohn des Weimarer Hofmalers Johann Georg Dietrich erhielt Christian Wilhelm Ernst Dietrich zunächst bei seinem Vater Unterricht, bevor er 1725 in Dresden Schüler von Johann Alexander Thiele wurde, bei dem er bis 1731 arbeitete. In diesem Jahr ernannte ihn König August II. von Polen zu seinem Hofmaler. 1741 übernahm ihn August III. als Hof maler und übertrug ihm 1748 das Amt des Inspektors der Dresdner Gemäldegalerie. 1764 wurde ihm die Professur für Landschaftsmalerei an der Dresdner Akademie und gleichzeitig die Direktion der Zeichenschule in Meißen übertragen. Er arbeitete sehr erfolgreich in der Manier der gesuchtesten Künstler seiner Zeit, die so unterschiedlich waren wie Rembrandt und Antoine Watteau.

Dolci, Carlo (Kat. 57, 62) Florenz 1616–1686 Florenz _________ Die wichtigste Quelle zum Leben von Carlo Dolci sind die Aufzeichnungen seines Schülers Filippo Baldinucci. Nach diesen war er von 1625 an in der Werkstatt von Jacopo Vignali tätig. Erste gesicherte

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Werke sind Porträts, die zum Beispiel im Auftrag von Lorenzo di Ferdinando de’ Medici entstanden. In diesen Werken spiegeln sich Einflüsse der früh niederländischen und zeitgenössischen flämischen Malerei wider. Während der 1640er-Jahre kopierte Dolci häufig Künstler des 15. und 16. Jahrhunderts wie Correggio oder Michelangelo. 1644 schrieb er sich an der Accademia del Disegno in Florenz ein, zu deren Mitglied er 1648 ernannt wurde. In den 1660er- und 1670er-Jahren war er wieder verstärkt als Porträtist tätig. Seine letzten datierten Werke sind zwei Ecce-homo-Darstellungen aus dem Jahr 1681. Mit seinen Andachtsbildern, die den Betrachter im Sinne der Gegen reformation ansprechen und rühren sollten, gelangte er zu großem Ruhm.

Dughet, Gaspard (Kat. 17) Rom 1615–1675 Rom _________ Obwohl von französischer Abstammung, wurde Gaspard Dughet in Rom geboren und verbrachte dort sein ganzes Leben. Von 1631 bis 1635 war er als Schüler bei seinem Schwager Nicolas Poussin tätig, der das unmittelbare Naturstudium förderte und ein besonderes Augenmerk auf die Darstellung der menschlichen Figur legte. Seit den späten 1640erJahren wurde Dughet nach seinem Lehrer Gaspard Poussin genannt. Verschiedene Reisen führten ihn nach Neapel und Florenz, wo er für Pietro da Cortona ein Landschaftsgemälde schuf. 1657 wurde er zusammen mit Guglielmo Cortese, mit dem er mehrfach zusammengearbeitet hatte, in die Accademia di San Luca aufgenommen. Dughet starb 1675 nach langer Krankheit in Rom. In seinen Gemälden schilderte er die Größe und Schönheit der römischen Campagna, wobei seine Bilder nur selten topografisch genau sind, sondern paysages composés, also komponierte ideale Landschaften darstellen.

Dyck, Anthony van (Kat. 50) Antwerpen 1599–1641 Blackfriars _________ Mit zehn Jahren wurde Anthony van Dyck als Schüler des Hendrick van Balen d. Ä. in die Antwerpener Lukas gilde eingeschrieben. Seine frühen Werke zeigen jedoch weniger Einflüsse seines Lehrers als vielmehr von Peter Paul Rubens. Seit 1618 wurde van Dyck als Meister geführt und betrieb in den folgenden drei Jahren eine eigene Werkstatt in Antwerpen. Zu dieser Zeit war er aber vermutlich auch als Mit arbeiter im Atelier von Rubens tätig. Während einer Reise nach London lernte van Dyck Werke venezianischer Meister kennen, die einen tiefen Eindruck bei ihm hinterließen. So wurde Tizian neben Rubens zu seinem bestimmenden Vorbild. 1621 reiste er mit Unterstützung des englischen Königs nach Italien. Bis 1622 besuchte er Städte Norditaliens, zwischen 1624 und 1625 hielt er sich in Palermo auf. Im Herbst 1627 kehrte van Dyck nach Antwerpen zurück. 1632 wurde er schließlich Hofmaler Karls I. in London und blieb dort, abgesehen von einem längeren Aufenthalt in Brüssel 1634/35, bis zu seinem Tod 1641.

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Künstlerbiografien

Fehling, Heinrich Christoph (Kat. 91) Sangerhausen 1654–1725 Dresden _________

Giordano, Luca (Kat. 52) Neapel 1634–1705 Neapel _________

Christoph Heinrich Fehling erhielt seine Ausbildung bei seinen Vettern Johann Andreas und Samuel Bottschild. Zusammen mit letzterem unternahm er 1672 eine Reise nach Venedig und erreichte wahrscheinlich 1674 Rom. Im Anschluss an seine Rückkehr nach Dresden 1677 führte er zusammen mit Bottschild die hochbarocke Deckenmalerei in Sachsen ein, wie seine Fresken in Leipzig oder Dresden zeigen. 1692 wurde er von dem sächsischen Kur fürsten Johann Georg IV. zum Hofmaler ernannt. 1697 leitete er die neu eingerichtete Zeichenschule in Dresden, die 1705 als Akademie reorganisiert wurde. Nach dem Tod Bottschilds wurde Fehling zum Oberhofmaler und Aufseher über die Königliche Gemäldesammlung ernannt. Als Schüler sind beispielsweise Christian Friedrich und Paul Christian Zincke sowie Christian Benjamin Müller zu nennen.

Der Sohn eines Kunsthändlers und Malers absolvierte einen Teil seiner Ausbildung bei Jusepe de Ribera in Neapel. Neben Ribera und der venezianischen Malerei des 16. Jahrhunderts war auch Mattia Preti für sein Werk von Bedeutung. Auf Reisen, unter anderem nach Venedig und Rom, lernte Giordano unter schiedliche malerische Traditionen kennen, die er in eine eigene barocke Bildsprache umsetzte. Bis 1692 war er zumeist in Neapel tätig, unterbrochen von Aufenthalten in Venedig (1664/65) und Florenz (1680/82). In Neapel hatte er schon in frühen Jahren Aufträge von kirchlichen Würdenträgern erhalten, arbeitete aber auch für den Adel und für italienische und flämische Patrizierfamilien. Von 1692 bis 1702 war Giordano in Madrid unter anderem für die Ausmalung des Escorial zuständig. Er zählt zu den einflussreichsten Vertretern der Barockmalerei und war dabei einer der produktivsten Maler: Seinen Bei namen »Luca fa presto« erhielt er aufgrund seines schnellen Arbeitstempos.

Friedrich, Caroline Friederike (Kat. 88) Friedrichstadt (heute zu Dresden) 1749– 1815 Dresden _________ Caroline Friederike Friedrich stammte aus einer Dresdner Künstlerfamilie. Sie war Schülerin ihres Vaters, des Tapetenmalers und Radierers David Friedrich, und ihres Bruders Johann Alexander David. Von 1770 an erhielt sie Bezüge der Dresdner Akademie, seit 1774 war sie deren Ehrenmitglied. Auf den Akademie-Ausstellungen war sie seit 1776 regel mäßig vertreten. Als einzige Frau unterrichtete sie dort von 1783 an als Unterlehrerin. Vor allem Friedrichs Tempera-Pinselzeichnungen auf Tonpapier wirken prachtvoll, farbenfreudig und bewegt. Von Kunst kritikern wurde sie mit dem holländischen Stillleben maler Jan van Huysum verglichen. Auch der Adel schätzte ihre Werke: Prinzessin Henriette Amalie von Anhalt-Dessau war ihre Förderin, Herzog Franz Friedrich Anton von Sachsen-Coburg-Saalfeld erwarb 30 ihrer Zeichnungen.

Ghisolfi, Giovanni (Kat. 22) Mailand 1623–1683 Mailand _________ Nach einer Ausbildung bei dem Maler Girolamo Chignoli und dem Architekten Paolo Antonio Volpini war Giovanni Ghisolfi seit 1649 zunächst in Mailand tätig, wo er ephemere Festarchitekturen gestaltete. 1650 ging er nach Rom und lernte dort den Maler Salvator Rosa kennen. In Rom schulte er sich an den Überresten der antiken Architektur und entwickelte so eine eigene Form der Ruinenmalerei, die sich von der zeitgenössischen Landschaftsmalerei durch klassizistische Komponenten unterschied. Vermutlich kehrte er 1654 in die Lombardei zurück und war von 1659 an wieder in Mailand tätig. Es folgten Aufenthalte unter anderem in Vicenza, Varese, Venedig und Rom. Hier war er auch an der Accademia di San Luca tätig. Die Ruinenkompositionen Ghisolfis sind ein wichtiger Vorläufer der Malerei von Giovanni Paolo Pannini. Sie erweckten reges Interesse bei Sammlern, sodass in Rom zahlreiche Kopien seiner Werke im Umlauf waren.

Graff, Anton (Kat. 97) Winterthur 1736–1813 Dresden _________ Anton Graff erhielt seine Ausbildung zunächst bei Johann Ulrich Schellenberg in Winterthur, von 1756 an beim Kupferstecher Johann Jacob Haid in Augsburg und beim Hofmaler Leonhard Schneider in Ansbach. In Schneiders Werkstatt kopierte Graff vor allem Bildnisse und wurde dadurch an die Porträt malerei herangeführt, die sein weiteres Schaffen bestimmte. 1766 erfolgte seine Berufung zum Hofmaler und Mitglied der Kunstakademie nach Dresden, wo er 1788 zum Professor für Porträtmalerei ernannt wurde. Von Dresden aus war er auch für Auftraggeber in Leipzig und Berlin tätig. Graff porträtierte zahl reiche bedeutende Persönlichkeiten seiner Zeit: Fürsten, Minister und Angehörige des Adels, Dichter, Gelehrte und Buchhändler, sodass ein ganzes Zeit alter in seinen Bildnissen fortlebt.

Greuze, Jean-Baptiste (Kat. 92) Tournus 1725–1805 Paris _________ Nach erstem Unterricht in Tournus und einer Lehre bei Charles Grandon in Lyon besuchte Jean-Baptiste Greuze seit 1750 an der Académie Royale in Paris die Klasse von Charles-Joseph Natoire. 1755 erhielt er dort eine provisorische Mitgliedschaft als Genre maler und nicht wie erhofft als Historienmaler. 1756 und 1757 reiste er nach Italien. Im Anschluss an seine Rückkehr nach Paris hatte er mit Porträts, vor allem aber mit Genreszenen großen Erfolg, die einen neuen Realismus in die französische Malerei einbrachten. Seine moralisierenden Genrebilder mit ihrer zweideutigen Sinnlichkeit sollten den Betrachter zur Tugendhaftigkeit erziehen. Da ihm weiterhin die Aufnahme in die Akademie als Historienmaler verwehrt blieb, zog er sich von 1769 an gänzlich von öffent lichen Ausstellungen zurück. Wenngleich sich seine Werke zeitweilig großer Beliebtheit erfreuten, starb Greuze verarmt, nachdem er in den 1780erJahren mit dem Einzug des Klassizismus in Ver gessenheit geraten war.

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Guercino, eigentlich Giovanni Francesco Barbieri (Kat. 58, 59) Cento 1591–1666 Bologna _________ Seine erste Ausbildung erhielt Guercino von Paolo Zagnoni in Cento, von 1607 an arbeitete er dort in der Werkstatt von Benedetto Gennari d. Ä. Bereits 1613 führte er verschiedene Altargemälde in Cento aus und war 1617 in Bologna für Kardinal Alessandro Ludo visi tätig. 1618 unternahm Guercino eine Reise nach Venedig, wo er Jacopo Palma il Giovane kennenlernte. Er erhielt nun auch Aufträge außerhalb seines bis dahin bolognesisch-ferraresisch geprägten Mäzenatenkreises. 1621 folgt er dem Ruf des neuen Papstes Gregor XV. nach Rom, der die führenden Bologneser Künstler in die Dienste des Kirchenstaates bestellte. Hier hatte er seine künst lerisch stärkste Phase, wie sich an seinen Fresken und Altargemälden zeigt. Jedoch kehrte er schon 1623 in seine Geburtsstadt Cento zurück und übersiedelte 1642 nach Bologna, um nach dem Tod von Guido Reni dessen Position als führender Maler der Stadt zu übernehmen. Guercino kombinierte mit dem vene zianischen Kolorismus und Caravaggios Hell-Dunkel-Malerei verschiedene Stilrichtungen und beeinflusste damit nachhaltig unter anderem Pier Francesco Mola.

Hackert, Jacob Philipp (Kat. 21) Prenzlau 1737–1807 San Piero di Careggi _________ Als Sohn des Porträtmalers Philipp Hackert erhielt Jacob Philipp Hackert die erste Ausbildung durch seinen Vater. 1753 kam er zu seinem Onkel Johann Gottlieb Hackert nach Berlin, wo er 1758 an der Kunstakademie Schüler von Blaise Nicolas Le Sueur wurde. In den Jahren 1762/63 reiste er nach Stralsund und Rügen und weiter bis nach Stockholm. Zwischen 1765 und 1768 lebte er in Paris. Während seines späteren Aufenthalts in Rom führten ihn 1770 erstmals und von 1782 an häufiger Reisen nach Neapel. 1786 siedelte er gänzlich nach Neapel über und wurde Hofmaler König Ferdinands IV. Wegen der französischen Besetzung der Stadt 1799 floh Hackert nach Florenz. Seine Landschaftsmalerei basiert auf intensivem Naturstudium und variiert gleichzeitig die klassischen Vorbilder des 17. Jahrhunderts. Seine Landschaftsstücke zeigen entweder wiedererkennbare konkrete Örtlichkeiten oder frei komponierte Ideallandschaften, in die bisweilen einzelne bekannte Bauten versatzstückartig integriert sind.

Heem, Cornelis de (Kat. 83) Leiden 1631–1695 Antwerpen _________ Cornelis de Heem wurde in der Werkstatt seines Vaters Jan Davidsz. de Heem ausgebildet. Seit 1657 ist er in Antwerpen nachweisbar, wo er 1660 in die Lukasgilde aufgenommen wurde. Vermutlich verließ de Heem 1676 Antwerpen aufgrund von Schulden und zog nach Ijsselstein bei Utrecht. Im gleichen Jahr wurde er auch Mitglied der Künstlervereinigung Confrerie Pictura in Den Haag, wo er 1679 nachweisbar lebte. Nach 1687 kehrte er nach Antwerpen zurück. Seine wichtigsten Sujets waren Früchtestill leben, die oft durch Beigaben wie Hummer, Austern oder Blumen ergänzt wurden. Dabei orientierte er sich zwar am Stil seines Vaters, ging jedoch in Hinblick auf Komposition und Kolorit eigene Wege.

Hondecoeter, Melchior d’ (Kat. 79) Utrecht 1636–1695 Amsterdam _________

Klass, Friedrich Christian (Kat. 99) Dresden 1752–1827 Dresden _________

Melchior d’Hondecoeter wurde vermutlich bei seinem Vater Gijsbert Gillisz. de Hondecoeter und bei seinem Onkel Jan Baptist Weenix ausgebildet. Von 1658 an wohnte er in Den Haag und wurde dort im folgenden Jahr Mitglied der Malervereinigung »Confrerie Pictura«. Wahrscheinlich 1663 zog d’Hondecoeter nach Amsterdam, wo er bis zu seinem Tod lebte. Hier war er als Maler sehr erfolgreich und erwarb 1688 das Stadtrecht. In seinem Œuvre sind Stillleben mit kunstvoll arrangierten toten Tieren ebenso vertreten wie auch Stücke mit dramatisch agierenden lebenden Tieren. Dabei bezog er sich sowohl auf die wilden Waldlandschaften seines Großvaters Gillis Claesz. als auch auf das Werk seines Vaters Gijsbert Gillisz., der vor allem Vögel malte. Allerdings beeinflussten auch die Landschaften und nahsichtigen Tierbilder seines letzten Meisters Weenix die Kunst d’Hondecoeters. Als Meister der stofflichen Wiedergabe vermochte es d’Hondecoeter, Pelz und Gefieder, Metall und Holz, Blattwerk und Stein verblüffend wirklichkeitsgetreu zu schildern.

Der aus einer Künstlerfamilie stammende Maler und Radierer Friedrich Christian Klass war Auto didakt: Trotz der Unterstützung von Giovanni Battista Casanova war sein eigentlicher Ausbildungsort die Dresdner Gemäldegalerie. Als Kopist machte er sich mit den Techniken der alten Meister vertraut. 1794 erhielt er die Stelle des »Zeichenmeisters der kurfürstlichen Pagen«. 1800 wurde er Mitglied der Dresdner Kunstakademie und 1816 zum außer ordentlichen Professor ernannt. In den wenigen erhaltenen Gemälden wird seine Schulung an den niederländischen Landschaften des 17. Jahrhunderts wie denen von Jacob van Ruisdael ebenso deutlich wie sein Bestreben, den neuen Tendenzen einer romantischen Stimmungsmalerei Raum zu geben.

Hutin, Charles François (Kat. 95) Paris 1715–1776 Dresden _________ Nach einer Ausbildung bei dem Maler François Lemoyne trat Hutin als Schüler in die Pariser Académie Royale ein und ging 1737 als Pensionär an die Académie de France in Rom. Hier widmete er sich unter der Leitung von Antoine Sébastien Slodtz vor allem der Bildhauerei. Zurück in Paris, wurde er zunächst 1744 vorläufiges Mitglied und 1747 Mitglied der französischen Akademie. Vermutlich vermittelte sein Onkel Louis de Silvestre ihm und seinem Bruder Pierre 1748 den Ruf nach Dresden. Hier sollte Hutin Vorzeichnungen für Kupferstiche des von Carl Heinrich von Heineken herausgegebenen Stichwerks der Galerie König Augusts III. anfertigen. Es folgten Arbeiten für weitere Recueils, unter anderem Vorlagen für das 1754 erschienene Stichwerk der Brühlschen Galerie. Nachdem Hutin in Dresden wieder zur Malerei zurückkehrte, wurde er 1764 der erste Direktor und Professor für Malerei an der neugegründeten Kunstakademie in Dresden.

Kern, Anton (Kat. 65) Tetschen 1710–1747 Dresden _________ Nach einer ersten Ausbildung durch den sächsischen Hofmaler Lorenzo Rossi ging Anton Kern 1723 in Venedig bei Giovanni Battista Pittoni in die Lehre. 1731 kehrte er nach Böhmen zurück und schrieb sich an der Universität in Prag ein. 1738 wurde Kern nach Dresden berufen, wo er mit den Entwürfen für ein Altar- und ein Deckengemälde in der Katholischen Hofkirche beauftragt wurde. Ein Stipendium König Augusts III. ermöglichte ihm 1738 eine Reise nach Rom, von der er 1741 nach Dresden zurückkehrte. Dort wurde er zum Hofmaler ernannt und bis zu seinem frühen Tod mit zahlreichen höfischen und privaten Aufträgen betraut. Während das Frühwerk Kerns durch die Abhängigkeit von Pittoni charakterisiert ist, entwickelte er schließlich eine eigene Formensprache, die sowohl von böhmischen Malern als auch von Dresdner Hofkünstlern beeinflusst ist.

Klengel, Johann Christian (Kat. 78) Kesselsdorf 1751–1824 Dresden _________ Bereits 1764 besuchte Klengel in Dresden Akade miekurse bei Charles François Hutin und Bernardo Bellotto. Seit 1765 war er Schüler von Christian Wilhelm Ernst Dietrich, der ihn 1768 in sein Haus aufnahm, wo Klengel bis zum Tode Dietrichs 1774 wohnte. Von 1790 bis 1792 hielt sich Klengel in Italien auf. 1777 wurde er Mitglied der Dresdner Kunstakademie, an der er erst 1800 eine außerordentliche Professur für Landschaftsmalerei erhielt. Klengel war das erste aus eigenen Reihen hervorgegangene Mitglied der Akademie – bis dahin waren nur auswärtige Künstler berufen worden. In seinen Arbeiten stand Klengel unter dem Einfluss seines Lehrers Dietrich und der Niederländer des 17. Jahrhunderts sowie Gaspard Dughets und Claude Lorrains. Die Bedeutung Klengels liegt vor allem auf den Gebieten der Landschaftsmalerei und der Tierdarstellung.

Le Brun, Charles (Kat. 89) Paris 1619–1690 Paris _________ Charles Le Brun hatte bei François Perrier und Simon Vouet seine Ausbildung erhalten. Schon 1638 wurde er als Hofmaler erwähnt. 1642 ging er zusammen mit Nicolas Poussin für vier Jahre nach Rom. Zurück in Paris, gehörte er im Jahr 1648 zu den Gründungs mitgliedern der Académie Royale und übernahm dort schnell leitende Positionen. 1657 gestaltete er für Nicolas Fouquet einige Räume in Vaux-le-Vicomte, die seinen Ruf begründeten. 1661 schmückte er die Apollo-Galerie im Louvre aus und wurde 1662 geadelt. Im gleichen Jahr wurde er Direktor der Manufacture Royale des Gobelins. 1664 erfolgte die Er nennung zum Oberaufseher der Königlichen Gemälde sammlung. Eine individuelle Mischung aus klassizistischen und barocken Elementen kennzeichnet das Schaffen Le Bruns. Dieser Stil wurde nicht nur von zahlreichen Schülern übernommen, sondern prägte auch die künstlerische Entwicklung in ganz Europa.

Künstlerbiografien

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Lievens, Jan (Kat. 30) Leiden 1607–1674 Amsterdam _________

Lorrain, Claude, eigentlich Claude Gellée (Kat. 16) Chamagne 1600–1682 Rom _________

Maron, Theresa Concordia (geb. Mengs) (Kat. 71) Aussig 1725–1808 Rom _________

Jan Lievens ging im Alter von acht Jahren zunächst bei Joris van Schooten in Leiden in die Lehre, bevor er Schüler von Pieter Lastman in Amsterdam wurde. Hier schloss er enge Freundschaft mit Rembrandt. 1629 kehrte Lievens nach Leiden zurück und etablierte sich als freischaffender Künstler. Rembrandt und Lievens näherten sich in der zweiten Hälfte der 1620er-Jahre stilistisch stark einander an und zeigten den Einfluss der Utrechter Caravaggisten. Zwischen 1632 und 1644 war Lievens vor allem in England und Antwerpen tätig, wo ihn die Arbeiten von van Dyck und Rubens nachhaltig beeindruckten. Im Anschluss an seine Rückkehr nach Holland lebte er bis zu seinem Tod hauptsächlich in Amsterdam. Hier war er als Porträtist und mit großformatigen Historienbildern sehr erfolgreich.

Joachim von Sandrart zufolge reiste Claude Lorrain bereits um 1612/13 nach Rom; hier blieb er, abge sehen von verschiedenen Reisen, bis zu seinem Tod ansässig. Von 1618 an war er Geselle bei Agostino Tassi. 1625 reiste er über Venedig und Bayern nach Lothringen, wo er als Gehilfe von Claude Déruet arbeitete. Zwei Jahre später kehrte Lorrain nach Rom zurück und pflegte zu den dort lebenden flämischen und holländischen Künstlern Paul Bril, Cornelis van Poelenburgh, Herman van Swanevelt und Jan Both Kontakt. Mit seinen Ideallandschaften, die auch von den Carracci und Domenichino beeinflusst waren, gehörte Claude Lorrain zu den international ange sehensten Künstlern seiner Zeit. Zum Schutz vor den zahlreichen Nachahmungen seiner Werke führte er seit 1635 das sogenannte Liber Veritatis, in dem er alle seine Gemälde in Nachzeichnungen festhielt. Claude Lorrain arbeitete bis kurz vor seinem Tod und starb sehr angesehen in Rom.

Theresa Concordia Mengs erhielt, wie ihr Bruder Anton Raphael und ihre Schwester Juliane Charlotte, ihre Ausbildung beim Vater, dem Dresdner Hofmaler Ismael Mengs. Gemeinsam mit ihrem Bruder verbrachte sie seit 1741 die meiste Zeit in Italien. Während eines Aufenthaltes in Dresden (1744/46) trat sie als Miniaturistin und Kopistin, vor allem der Werke Correggios, hervor. 1746 war sie wieder in Rom, wo sie bis zum Ausbruch des Siebenjährigen Krieges 1756 ein festes Gehalt des sächsischen Hofes bezog. 1766 erfolgte ihre Aufnahme in die Acca demia di San Luca. In Rom arbeitete sie unter anderem für den englischen Kunstsammler Henry Hoare und Zarin Katharina II. von Russland. Seit Ende der 1770er-Jahre erhielt sie eine Pension des russischen Hofes. Die späten Lebensjahre waren durch drastische Einnahmeverluste gekennzeichnet, bedingt durch die gesellschaftlichen Veränderungen der nachrevolutionären Zeit.

Mányoki, Adám (Kat. 4) Szokolya 1673–1757 Dresden _________

Mengs, Anton Raphael (Kat. 70) Aussig 1728–1779 Rom _________

Der ungarisch-stämmige Maler Adám Mányoki wuchs als Adoptivsohn eines Militärrichters in Celle auf. Zunächst wurde er bei Andreas Scheits in Hamburg unter richtet. Studien führten ihn an die Salz dahlumer Gemäldegalerie, wo ihn vor allem die Porträts von Nico las de Largillière beeinflussten. Von 1703 an hielt sich Mányoki in Berlin auf und war später am Hof des Prinzen von Transsylvanien, Franz II. Rákóczi tätig. Dieser sandte ihn 1709 zum Erlernen der Stechkunst nach Holland. 1714 zog Mányoki nach Dresden und wurde dort 1717 zum Hofmaler ernannt. Nach Arbeitsaufent halten in Ungarn, Berlin und Leipzig, wo er zahlreiche Porträt aufträge übernahm, etablierte er sich 1737 endgültig als Hofmaler Augusts III. in Dresden. Hier stand er jedoch in direkter Konkurrenz zu Louis de Silvestre. Trotz zahlreicher Aufträge des Hofes und auch aus bürgerlichen Kreisen nahm sein Ansehen immer weiter ab, da es ihm nicht gelang, die neuen Anforderungen an die Porträtkunst in seinen Bildern umzusetzen.

Nach einer ersten Ausbildung beim Vater, dem Dresdner Hofmaler Ismael Mengs, studierte Anton Raphael Mengs von 1741 bis 1744 in Rom bei Marco Benefial und Sebastiano Conca. Zurück in Dresden erntete er 1744 mit Pastellbildnissen Bewunderung. Nach seiner Ernennung zum Hofmaler im Jahr 1746 ging er erneut nach Rom und war dort seit 1752 Mitglied an der Accademia di San Luca und von 1770 bis 1773 deren Direktor. Nach einem Aufenthalt in Neapel 1759/60 erhielt Mengs von König Karl III. von Spanien den Ruf nach Madrid als Hofmaler. Dort arbeitete er an der Ausstattung verschiedener Schlösser. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Italien, lediglich von einem dreijährigen Aufenthalt in Madrid unterbrochen. Unter Bezug auf die beiden größten Maler der Antike und Neuzeit wurde Mengs der »sächsische Apelles« und der »zweite Raffael« genannt.

Liss, Johann (Kat. 66) Oldenburg um 1597–1631 Verona _________ Die Lehrzeit von Johann Liss erfolgte in Holland, wie Joachim von Sandrart in dessen Biografie berichtete. Nachweislich hielt er sich seit 1621 in Venedig auf. Von etwa 1622 an war er in Rom tätig, wo er sich der 1623 gegründeten Malervereinigung Schildersbent anschloss. Spätestens 1626 zog es ihn jedoch wieder nach Venedig, wo er 1627/28 seinen einzigen offiziellen Auftrag, ein Altargemälde, ausführte. Sein Name wird in den Listen der Malerzunft Venedigs erst 1629 genannt. Vermutlich floh er in diesem Jahr vergeblich vor der Pest nach Verona, wo er der Seuche erlag. Nach Adam Elsheimer war Liss trotz seines kleinen Œuvres der bedeutendste deutsche Barockmaler, der bis ins 18. Jahrhundert einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die italienische, insbesondere die venezianische Malerei ausübte. Für sein Werk waren verschiedene Vorbilder prägend, so unter anderem Domenico Fetti oder auch Caravaggio und dessen Nachfolger.

Locatelli, Andrea (Kat. 20) Rom 1695–1741 Rom _________ Nachdem Andrea Locatelli von seinem Vater unterrichtet worden war, erhielt er seine weitere Aus bildung bei Monsù Alto und seit 1712 bei Ber nardino Fergioni. Locatellis Schaffen ist durch die Bam bocciaden eines Pieter van Bloemen geprägt, aber auch durch Arbeiten Claude Lorrains oder Giovanni Ghi solfis. Seit 1723 war er als selbststän diger Maler in Rom sehr produktiv – sein Œuvre zählt über 300 Gemälde. Zu seinen Auftraggebern gehörten römische Adelsfamilien wie die Barberini, Rospigliosi, Ruspoli und Colonna. Zusammen mit Giovanni Paolo Pannini war er von 1723 an mit einer Reihe von Ansichten der Burg von Rivoli für Vittorio Amadeo II. von Savoyen beschäftigt. Weitere Werke entstanden im Auftrag für Philipp V. von Spanien. Durch seine Vorliebe für Genre- und Architektur malerei blieb ihm der Zugang zur Accademia di San Luca versperrt.

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Künstlerbiografien

Maratta, Carlo (Kat. 72) Camerano 1625–1713 Rom _________ Carlo Maratta wurde schon als Elfjähriger Schüler bei Andrea Sacchi in Rom. Mit einem 1650 geschaf fenen Altarbild in der Pfarrkirche zu Camerano hatte er großen Erfolg, der ihm weitere Aufträge sicherte. Neben Altargemälden schuf er zahlreiche Porträts, Freskenzyklen und großformatige Skulpturen. Nach dem Tod Gian Lorenzo Berninis stieg Maratta zur wichtigsten Künstlerpersönlichkeit Roms auf und wurde um 1700 zum Präsidenten der Accademia di San Luca ernannt. Papst Clemens XI. schlug Maratta 1704 zum Ritter; im selben Jahr wurde er Hofmaler Ludwigs XIV. von Frankreich. Hochgeehrt starb er im Alter von 88 Jahren in Rom. Maratta entwickelte einen eigenen Stil, indem er Sacchis auf Raffael beruhenden Klassizismus mit barocken Tendenzen vereinte. Zahlreiche Schüler führten seine Kunst in Rom und an den europäischen Höfen weiter.

Mignon, Abraham (Kat. 84) Frankfurt am Main 1640–1679 Utrecht _________ Um 1650 wurde Abraham Mignon beim Frankfurter Stilllebenmaler und Kunsthändler Jacob Marrel in die Lehre gegeben. Zusammen mit Marrel besuchte Mignon Utrecht, wohin er 1660/64 auch zog und 1669 in die Lukasgilde aufgenommen wurde. Vermutlich arbeitete er seit dieser Zeit bis 1672 in der Werkstatt des Stilllebenmalers Jan Davidsz. de Heem. Nach dessen Weggang nach Amsterdam führte Mignon das Atelier allein weiter. Durch die Heirat mit Maria Willaerts, die aus einer angesehenen Maler familie stammte, versuchte Mignon, sich in Utrecht weiter zu etablieren. Er starb jedoch noch nicht 40-jährig 1679 in Utrecht. Mignons Bekenntnis zur calvinistischen Lehre ist für das Werkverständnis dieses Künstlers von großer Bedeutung: Mit der akkuraten Wiedergabe der Gegen stände ist auch eine moralische Botschaft – oft das Erinnern an die Vergänglichkeit – verbunden.

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Millet, Jean François (Kat. 18) Antwerpen 1642–1679 Paris _________

Rembrandt Harmensz. van Rijn (Kat. 29, 64) Leiden 1606–1669 Amsterdam _________

Ricci, Marco (Kat. 19) Belluno 1676–1730 Venedig _________

Jean François Millet war Schüler von Laureys Franck in Paris. Nach seiner Zulassung 1673 als Kandidat der Académie Royale reiste er durch Flandern, Holland und England. Millet, der nie in Italien gewesen war, gehört neben Sébastien Bourdon und Etienne Allegrain zu den wichtigsten Vertretern der heroi schen Landschaft im Stil Nicolas Poussins, den er oft kopierte. Seine Landschaften sind durch einen hohen Blickpunkt und weiten Horizont geprägt. Sein Sohn und sein Enkel setzten sein Schaffen fort.

Rembrandt begann 1622 eine dreijährige Ausbildung bei Jacob van Swanenburgh in Leiden, der sich ein halbes Jahr in der Werkstatt von Pieter Lastman in Amsterdam anschloss. Seit circa 1625 arbeitete er als Maler mit einer eigenen Werkstatt in Leiden. 1631/32 ging Rembrandt nach Amsterdam, wo er 1634 das Bürgerrecht erhielt. Zunächst war er als Porträtist des Amsterdamer Patriziats sehr erfolgreich, geriet jedoch in den 1640er-Jahren unter anderem durch die schlechte Auftragslage in finanzielle Schwierigkeiten, die 1655/56 zum Konkurs führten. Zu seinem Alterswerk zählen zahlreiche Porträts für bedeutende Amsterdamer Persönlichkeiten. 1669 starb er unbeachtet und in Armut in Amsterdam. Neben seinem malerischen Œuvre, das unter anderem Porträts, Landschaften sowie bib lische und mythologische Themen umfasst, hinter ließ Rembrandt auch ein umfangreiches druck grafisches Werk. Zu seinen Schülern zählen Ferdinand Bol, Gerard Dou, Gerbrand van den Eeckhout und Govaert Flinck.

Marco Ricci wurde von seinem Onkel Sebastiano Ricci ausgebildet, der auch die weitere künstlerische Entwicklung Riccis wesentlich mitbestimmte. 1694 bis 1696 waren beide gemeinsam in Mailand, wo Marco vermutlich Alessandro Magnasco kennenlernte. Da er wenige Zeit später aus Venedig wegen Todschlags eines Gondoliere fliehen musste, vermittelte ihm sein Onkel Arbeit bei einem Landschaftsmaler in Split. Vier Jahre später konnte er, ebenfalls durch die Bemühungen Sebastianos, nach Venedig zurückkehren. 1706/7 waren beide in Florenz tätig. 1708 ging Ricci zusammen mit Giovanni Antonio Pellegrini nach London, wo er mehr als zwei Jahre verbrachte. 1712 machte er sich – dieses Mal in Begleitung seines Onkels – abermals auf den Weg nach London, wo sie mit großem Erfolg gemeinsame Aufträge ausführten. 1715 kehrten sie über Paris nach Venedig zurück. In den folgenden Jahren arbeiteten Marco und Sebastiano Ricci weiter gemeinsam. Zu den Förderern Riccis gehörte neben dem venezianischen Sammler, Historiker und Bibliothekar Antonio Maria Zanetti auch der als Kunstmäzen einfluss reiche Konsul Joseph Smith.

Jacopo Palma il Vecchio, eigentlich Jacopo Negretti (Kat. 48) Serinalta 1480–1528 Venedig _________ Jacopo Negretti, gen. Palma il Vecchio, wurde ver mut lich bei Giovanni Bellini ausgebildet. Wichtige Einflüsse kamen zudem von Vittore Carpaccio und Andrea Previtali. Spätestens 1510 war er ständig in Vene dig ansässig. Von 1513 an ist er in den Listen der Scuola di San Marco verzeichnet. Neben Porträts und Altarbildern schuf er mehrere Gemälde mit dem Thema der Sacra Conversazione, die seinen heutigen Ruhm mitbegründeten. Zusammen mit Bellini, Giorgione und Tizian kommt Palma il Vecchio die Bedeutung eines Erneuerers der venezianischen Malerei an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert zu.

Paudiss, Christoph (Kat. 33) Hamburg? um 1625–1666 Freising _________ Nach einer ersten Ausbildung, möglicherweise in Hamburg, ging Christoph Paudiss nach Amsterdam und war um 1642 ein Schüler Rembrandts. Er blieb bis zu Beginn der 1650er-Jahre in den Niederlanden und war dann um 1655 vermutlich in Ungarn tätig. Es folgte die Arbeit an verschiedenen Höfen, so in Stuttgart (1656), Dresden (1659/60), Wien (1660/61) und Salzburg (1662). Von 1662 an stand er im Dienst von Fürstbischof Albrecht Sigismund in Freising, wo er jung verstarb. Sein Œuvre, das neben Stillleben, Tierstücken und Genredarstellungen auch religiöse Gemälde umfasst, ist oft von ungewöhnlicher und origineller Thematik. Es steht unter dem nachhaltigen Einfluss Rembrandts, aber auch der Utrechter und Haarlemer Malerschule.

Reiner, Wenzel Lorenz (Kat. 25) Prag 1689–1743 Prag _________ Wenzel Lorenz Reiner absolvierte seine Ausbildung bei den besten in Prag lebenden Malern Peter Brandl, Michael Wenzel Halbax und Anton Ferdinand Schweiger. Anfangs schuf er kleinformatige Gemälde mit verschiedenen Sujets und Landschaften in der Art Salvator Rosas und Marco Riccis; seine eigent liche Bedeutung liegt jedoch auf dem Gebiet der Freskomalerei. Hier verarbeitete er nicht nur lokale Vor bilder, sondern auch Anregungen von Michelangelo und Peter Paul Rubens. Sein wachsender Ruhm führte Reiner 1724/25 nach Niederösterreich. Zurück in Prag zeigten sich seit den 1730er-Jahren – unter dem Einfluss auswärtiger Künstler wie Cosmas Damian Asam – in Reiners Werk bereits Elemente des Rokoko.

Reni, Guido (Kat. 51, 56) Calvenzano 1575–1642 Bologna _________ Guido Reni erhielt seine erste Ausbildung in der Werkstatt von Denys Calvaert in Bologna. Hier lernte er Francesco Albani kennen. Um 1595 traten beide in die Accademia degli Incamminati der Carracci ein. Neben öffentlichen Aufträgen finden sich in dieser Zeit erste Radierungen in seinem Œuvre. Von circa 1600 an hielt er sich, abgesehen von mehreren Reisen nach Bologna, Ravenna und Neapel, in Rom auf. Hier wurde er von Kardinal Scipione Borghese Caffarelli gefördert. 1613/14 war er wieder dauerhaft in Bologna. Reni schuf zahlreiche Werke sowohl für italienische Adelige und Fürsten als auch für aus ländische Auftraggeber. Dieser hohen Produktivität waren vor allem in seiner späten Schaffenszeit Qualitätsschwankungen geschuldet. Der klassische Stil Renis mit der verfeinerten Farbpalette zeigt unter anderem Einflüsse Raffaels.

Ribera, Jusepe de (Kat. 54) Xàtiva 1591–1652 Neapel _________ Die frühen Lebensjahre Jusepe de Riberas liegen im Dunkeln. Vermutlich verließ er das nahe Valencia gelegene Xàtiva um 1609/10. Die erste gesicherte Station in Italien ist Rom, wo er im Oktober 1613 in die Accademia di San Luca aufgenommen wurde. Er hielt sich vermutlich bis 1616 in Rom auf und zog dann weiter nach Neapel, wo er verschiedene Werke für den Vizekönig schuf und Anfang der 1630er-Jahre zum führenden Maler aufstieg. 1646 vollendete er ein Altarbild für den Dom und erreichte damit den Höhepunkt seiner Karriere. Krankheit und Un ruhen in Neapel kennzeichneten die Jahre kurz vor seinem Tod 1652. In seinem Werk sind so unterschiedliche Einflüsse wie die Caravaggios und Guido Renis zu finden. Alle Werkphasen waren jedoch durch eine kräftige Farbigkeit und große Naturnähe bestimmt. Damit beeinflusste Ribera die Entwicklung der neapolitanischen Malerei nachhaltig.

Roos, Johann Heinrich (Kat. 24) Otterberg 1631–1685 Frankfurt am Main _________ 1647 begann Johann Heinrich Roos eine Lehre bei Guilliam Dujardin in Amsterdam. Weitere Lehrer waren vermutlich Cornelis de Bie und Barent Graat. Bevor Roos sich 1657 in Frankfurt niederließ, unternahm er wohl auch Reisen nach Italien. 1664 wurde er Hofmaler bei Karl Ludwig von der Pfalz. Mit seinem Bruder Theodor war er auch an den Höfen von Mainz und Kassel tätig. Neben den Porträts schätzte man vor allem Roos’ Darstellungen von Tieren und Hirten in Ruinenlandschaften. Er gilt heute als einer der wichtigsten deutschen Tiermaler des ausgehenden 17. Jahrhunderts.

Roos, Joseph (Kat. 98) Wien 1726–1805 Wien _________ Der aus der bekannten Malerfamilie stammende Landschafts- und Tiermaler Joseph Roos erhielt seine Ausbildung an der Wiener Akademie. Sein Lebensweg führte ihn nach Dresden, wo er bereits 1764 Hofmaler war. Er gehörte zu den ersten Mitgliedern der 1764 neu gegründeten Dresdner Kunstakademie und schon 1765 erfolgte seine Ernennung zum Professor. Seit 1769 unterhielt Roos wieder enge Ver bindungen nach Wien und wurde 1772 Direktor der dortigen kaiserlichen Gemäldegalerie. Anderen Quellen zufolge war Roos bereits 1763/65 wieder in Wien, wo er die sogenannten Rosa-Säle im Schloss Schönbrunn ausmalte.

Rosa, Salvator (Kat. 73) Arenella 1615–1673 Rom _________ Salvator Rosa, eine der bedeutendsten Künstler gestalten des Hochbarock, war ein Virtuose in zahlreichen Künsten: Er bezeichnete sich selbst als Maler-Philosoph und betätigte sich zudem als

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Schauspieler, Musiker, Satiriker und Grafiker. Er zeigte offen seine gesellschaftskritische Haltung und lehnte sich als einer der ersten italienischen Künstler gegen das alte System der Kunstpatronage auf. In Neapel geboren, erhielt er dort seine erste Ausbildung zum Maler dekorativer Genres wie Schlachten und Landschaften. 1635 ging er nach Rom, wo er den Auftrag eines neapolitanischen Kardinals für ein Altargemälde erhalten hatte. Hier lernte er das Werk von Nicolas Poussin und Gaspard Dughet kennen, deren heroische Landschaftsdar stellungen ihn nachhaltig beeinflussten. Zwischen 1642 und 1649 hielt sich Rosa in Florenz auf und entwickelte seine eigene Form der Schlachten malerei sowie das makabere Genre seiner Hexen bilder.

Rotari, Pietro Antonio Graf (Kat. 5, 6, 35–46) Verona 1707–1762 Sankt Petersburg _________ Pietro Antonio Graf Rotari wurde unter anderem von Antonio Balestra ausgebildet, der seine frühen Historienbilder beeinflusste. Auf seinen Reisen durch Italien studierte er die Werke verschiedener Künstler wie Giovanni Battista Tiepolo und Giovanni Battista Piazzetta in Venedig oder Francesco Trevisani und Francesco Solimena in Rom und Neapel. 1734 kehrte Rotari nach Verona zurück und gründete im Jahr darauf eine private Kunstschule. Er schuf Werke für kirchliche aber auch hochgestellte adelige Auftraggeber wie Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz oder Königin Louise Ulrike von Schweden. Für seine Verdienste erhielt Rotari 1749 sogar den Titel Conte dal Senato Veneto. 1750 wechselte er an den Wiener Hof, 1752/53 nach Dresden. Hier entstanden Altarbilder und zahlreiche Porträts, dazu eine Folge von 62 pittoresken Köpfen. Seit 1756 in Sankt Petersburg, schuf er als Hofmaler der Zarin Elisabeth neben Historienbildern noch Hunderte dieser Bildnisse.

Ruisdael, Jacob van (Kat. 77) Haarlem um 1628–1682 Haarlem _________ 1628 oder 1629 wurde Jacob van Ruisdael als Sohn des Malers und Rahmenmachers Isaack van Ruisdael und Neffe des Landschaftsmalers Salomon van Ruysdael geboren. Seine Lehrer sind unbekannt, eine Lehrzeit bei seinem Onkel ist jedoch wahrscheinlich. Bereits 1646 trat er mit datierten Bildern hervor, die seine ungewöhnlich frühe Begabung zeigen. 1648 wurde Ruisdael Mitglied der Haarlemer Gilde. 1656/57 zog er nach Amsterdam, wo er 1659 die Bürgerrechte erhielt. Neben der Malerei soll er in seiner Jugend Medizin studiert und wohl gelegentlich in Amsterdam als Chirurg praktiziert haben. 1676 erwarb er in Caen in Frankreich den Doktorgrad. 1682 starb er vermutlich in Amsterdam. Bereits zu seinen Lebzeiten wurden seine Landschaftsbilder sehr geschätzt. Sie zeigen die heimische Landschaft mit ihren Dünen und Wiesen sowie dramatisch komponierte Darstellungen nordischer Wasserfälle oder schroffer Bergformationen, deren Wirkung er durch dunkle Gewitterstimmung noch steigerte.

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Künstlerbiografien

Seghers, Daniel (Kat. 85) Antwerpen 1590–1661 Antwerpen _________

Spada, Leonello (Kat. 55) Bologna 1576–1622 Parma _________

Vermutlich begann Daniel Seghers seine Malerausbildung schon mit 15 Jahren, jedoch ist er erst seit 1611 als Schüler Jan Brueghels d. Ä. bezeugt. In diesem Jahr wurde er auch in die Malergilde von Antwerpen aufgenommen. Drei Jahre später trat Seghers in Mechelen dem Jesuitenorden bei. In den 1620er-Jahren folgten zwei längere Aufenthalte in Brüssel und in Rom. Vor allem in Rom führte er im Auftrag des Klerus zahlreiche Gemälde von Blumenkränzen und Stillleben aus. Aber auch beim Adel erfreuten sich seine Blumenstücke großer Beliebtheit. 1627 kehrte er wieder nach Antwerpen zurück, wo er bis zu seinem Tod blieb. Seghers war ein Spezialist für Blumen und Blumenkränze. In der Regel umrahmen sie ein religiöses Motiv, das häufig von einem anderen Künstler ausgeführt wurde, etwa von Peter Paul Rubens, Domenichino oder Nicolas Poussin. Dabei waren seine Werke nicht primär für den Kunstmarkt bestimmt, sondern als Geschenke der Jesuiten an Herrscher und wichtige Persönlichkeiten.

Leonello Spada wurde an der Schule der Carracci in Bologna ausgebildet. Zunächst teilte er sich hier ein Atelier mit Girolamo Curti. Später ging er nach Rom und dann nach Malta. Hier führte er im Großmeisterpalast in Valletta einen Freskofries aus. Als Hofmaler der Herzöge Ranuccio und Odoardo Farnese war er in Parma tätig. Stilistisch stand Spada zunächst unter dem Einfluss der Carracci, wandte sich jedoch dann ganz Caravaggio zu, dessen Dramatik der Komposition, Lebendigkeit der Figuren und Kolorit er nach eiferte. Als Hauptwerke Spadas sind die Fresken in San Michele in Bosco in Bologna und einige Altar gemälde in der Basilica della Madonna della Ghiara in Reggio zu nennen.

Silvestre, Louis de (Kat. 8, 10) Paris 1675–1760 Paris _________ Louis de Silvestre erhielt seine Ausbildung bei Charles Le Brun und Bon Boullogne. Von 1693 bis 1700 reiste er nach Italien. 1702 wurde Silvestre Mitglied der Académie Royale in Paris, 1706 ernannte man ihn zum Professor und 1720 zum VizeRektor. 1716 erfolgte die Berufung Silvestres zum Oberhofmaler nach Dresden, wo er 1727 Direktor der Malerakademie und 1741 geadelt wurde. 1748 kehrte er nach Paris zurück und wurde dort 1752 zum Direktor der Académie ernannt. Neben Deckengemälden und Bildnissen schuf Silvestre auch religiöse, allegorische und mythologische Werke. Sein Einfluss auf die Malerei in Sachsen und Polen war enorm. Der virtuose, für Anregungen und Einflüsse offene Stil des Künstlers schließt an die vielfigurigen Kompositionen von Charles Le Brun, Bon Boullogne und Antoine Coypel an, während in der Bildnismalerei die Aus einandersetzung mit Hyacinthe Rigaud und Nicolas de Largillière im Vordergrund stand.

Snijders, Frans (Kat. 81) Antwerpen 1579–1657 Antwerpen _________ Frans Snijders war seit 1593 in der Werkstatt von Pieter Brueghel d. J. in Antwerpen tätig. 1602 wurde er Meister in der Antwerpener Lukasgilde. 1608 reiste Snijders nach Italien, unter anderem nach Mailand. Im Anschluss an seine Rückkehr nach Antwerpen im Jahr 1609 entwickelte er sich zu einem der einflussreichsten Stilllebenmaler des flämischen Barock. Obwohl nur wenige Schüler dokumentiert sind, muss er eine große Werkstatt geführt haben, in der unter anderem sein Schwager Paul de Vos und Joannes Fijt arbeiteten. Von 1641 an reiste Snijders mehrfach zusammen mit Adriaen van Utrecht und Abraham Brueghel nach Holland. Seine zum Teil sehr großformatigen Stillleben zeichnen sich gegenüber seinen Vorgängern vor allem durch eine große Dynamik, brillante Farben und einen freien Pinselstrich aus.

Stuven, Ernst (Kat. 86) Hamburg um 1657–1712 Rotterdam _________ Dem holländischen Biografen Arnold Houbraken zufolge war Ernst Stuven zunächst in der Werkstatt von Georg Hainz in Hamburg tätig. 1675 ging er nach Amsterdam und wurde Schüler von Johannes Voorhout sowie später von den Stilllebenmalern Willem van Aelst und Abraham Mignon. Stuven war vor allem in Amsterdam und Rotterdam tätig; 1702 wohnte er in der Nähe von Haarlem. Zahlreiche Aufträge, unter anderem von der Stadt Amsterdam für die Ausmalung von Gebäuden des Botanischen Gartens, sicherten ihm ein gutes Auskommen. Es sind zahlreiche Schüler überliefert, unter ihnen Willem Grasdorp und Herman van der Myn sowie Dirk Visser und Joachim Winteraeck.

Subleyras, Pierre (Kat. 11) St-Gilles-du-Gard 1699–1749 Rom _________ Nach einer ersten Ausbildung bei seinem Vater Mathieu Subleyras in Usèz war Pierre Subleyras später in der Werkstatt von Antoine Rivalz in Toulouse tätig. Aus dieser Zeit sind noch einige Werke in Toulouse und Carcasonne erhalten. Von 1726 an setzte er seine Ausbildung an der Académie Royale in Paris fort. 1726 gewann er den Prix de Rome und führte im Jahr darauf seine Studien in Rom weiter. Hier por trätierte er 1739 den sächsischen Kurprinzen auf dessen Italienreise. Seit 1740 war Subleyras Mitglied der Accademia di San Luca. In Rom war er für verschiedene Auftraggeber tätig. Neben Porträts und Historiengemälden schuf er zahlreiche Genre bilder. Mit seinen kraftvollen, klassizistisch inspirierten Kompositionen gehört er zu den bedeutendsten römischen Malern des 18. Jahrhunderts.

Tamm, Franz Werner (Kat. 87) Hamburg 1658–1724 Wien _________ Franz Werner Tamm war zunächst Schüler von Diedrich von Sosten und Hans Pfeiffer in Hamburg, bevor er spätestens 1685 nach Rom ging, wo er bis 1695 nachweisbar ist. Hier verkehrte er mit den Brüdern Jan Frans und Pieter van Bloemen. Carlo Maratta und Gaspar Adriaensz. van Wittel vermittelten Tamms Werke an einflussreiche römische Kunstliebhaber. Um 1695 wurde er in Wien zum kaiser -

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lichen Hofmaler berufen; parallel war er aber auch für das Fürstenhaus Liechtenstein tätig. Zunächst schuf Tamm Historienbilder und Porträts, spezia lisierte sich dann jedoch auf Jagdstillleben und Blumen stücke. Zu seinen Vorbildern gehörten vor allem nieder ländische Meister des 17. Jahrhunderts wie Jan Weenix, Joannes Fijt oder Jan Davidsz. de Heem.

vor allem Früchte-, Wild- und Geflügelstillleben, aber auch Fischstücke. Seine bekannten Werke datieren von 1629 bis 1652. Neben Einflüssen von Frans Snijders wird vor allem in seinem Spätwerk die Vorbildfunktion von Jan Davidsz. de Heem und Joannes Fijt deutlich. Insgesamt scheint sich van Utrecht intensiv mit der italienischen Hell-Dunkel-Malerei auseinandergesetzt zu haben.

Thiele, Johann Alexander (Kat. 1) Erfurt 1685–1752 Dresden _________

Vecchia, Pietro della (Kat. 49) Venedig 1605–1678 Venedig _________

Den Weg zur Malerei fand Johann Alexander Thiele als Autodidakt. Seit 1714 hielt er sich in Dresden auf und schloss sich besonders Adám Mányoki an, der ihn in die Technik der Ölmalerei einführte. Von 1728 bis 1738 arbeitete Thiele als Hofmaler Günthers I. von Schwarzburg-Sondershausen in Arnstadt. 1738 folgte er der Berufung nach Dresden, wurde Hofmaler und 1743 Hofkommissarius. Von Herzog Christian Ludwig II. von Mecklenburg-Schwerin erhielt er 1749 einen Auftrag über mehr als 28 Gemälde, den er aber nicht vollendete. Thiele fand um 1720 zur Prospektmalerei, das heißt zur eindeutig zu identifizierenden Abbildung realer Landschaften. Mit Thieles Prospekten wurde in Sachsen die Grundlage für eine eigenständige Landschaftsmalerei geschaffen, die sich über Dietrich zu Klengel und damit bis ins frühe 19. Jahrhundert verfolgen lässt.

Zu Pietro della Vecchia sind nur wenige gesicherte Nachrichten erhalten. Sein Werk ist durch die großen Künstler der venezianischen Malerei wie Tizian oder Giorgione beeinflusst. Die ersten Aufträge sind für die Zeit von 1626 bis 1628 überliefert, von 1629 bis 1640 erscheint sein Name in den Dokumenten der venezianischen Malergilde. Sein erstes Altarbild stammt aus dem Jahr 1633. In den späten 1630erJahren etablierte sich sein Ruhm als herausragender Maler von religiösen Sujets. So wurde ihm zum Beispiel 1640 die Ausführung von Kartons für Mosaiken zur Ausstattung von San Marco in Venedig über tragen. Della Vecchia führte eine große Werkstatt mit zahlreichen Schülern, darunter Gregorio Lazzarini.

Tizian, eigentlich Tiziano Vecellio (Kat. 47) Pieve di Cadore um 1488/90–1576 Venedig _________

Diego Velázquez stammte aus einer portugiesischen Adelsfamilie und führte nach andalusischem Brauch den Namen seiner Mutter. Nach einigen Monaten Lehrzeit bei Francisco de Herrera um 1612 setzte er seine Ausbildung bei Francisco Pacheco fort. 1623 wurde er Pintor del Rey und wohnte als Hofmaler von 1627 an im Palast des Königs. In dieser Zeit schloss Velázquez Freundschaft mit Rubens. Von 1629 bis 1631 reiste er nach Italien und besuchte unter anderem Genua, Venedig, Rom und Neapel, um die großen Renaissancemaler zu studieren und Gemälde für Philipp IV. von Spanien zu erwerben. 1643 wurde er Kammerdiener und 1647 Bauinspektor von Schloss Alcázar. Von 1649 bis 1651 erfolgte eine zweite Reise nach Italien, um weitere Gemälde für die neuangelegte Galerie des Königs im Madrider Schloss anzukaufen. Überlastet durch die vielen Hofämter starb er 1660 in Madrid.

Aus einer Künstlerfamilie stammend, kam Tizian mit neun Jahren zunächst in die Werkstatt Sebastiano Zuccatos in Venedig, später dann zu Giovanni und Gentile Bellini. 1508 war er Mitarbeiter Giorgiones. Sein frühestes erhaltenes Werk sind die 1511 entstandenen Fresken in Padua. 1516 erhielt Tizian als Staatsmaler der Serenissima in Venedig den Auftrag für ein Schlachtenbild; gleichzeitig arbeitete er für Alfonso I. d’Este von Ferrara. 1533 wurde er zum Hofmaler Kaiser Karls V. und gleichzeitig zum Pfalzgrafen ernannt. Mehrmals reiste er auf Veranlassung Karls nach Augsburg, wo er neben religiösen und mythologischen Gemälden den Kaiser, den Thron folger Philipp und zahlreiche weitere Persönlich keiten malte. Bereits zu Lebzeiten war Tizian hochberühmt und gilt noch heute als bedeutendster Vertreter der venezianischen Malerei, der die künstlerische Entwicklung weit über die Grenzen Italiens hinaus beeinflusste.

Utrecht, Adriaen van (Kat. 82) Antwerpen 1599–um 1652/53 Antwerpen _________ Adriaen van Utrecht lernte bei dem Maler, Kunsthändler und Kunstsammler Herman de Nijt in Antwerpen. Vermutlich reiste er nach Beendigung seiner Ausbildung durch Frankreich, Italien und Deutschland. Bei seiner Rückkehr 1625 wurde van Utrecht in der Antwerpener Lukasgilde als Freimeister zugelassen. Er war nicht nur für den spanischen König tätig, sondern auch für den Statthalter der Vereinigten Niederlande, in dessen Auftrag er mehrere Gemälde für die Ausstattung von Huis ten Bosch, dem könig lichen Palast in Den Haag lieferte. Van Utrecht schuf

Velázquez, Diego (Kat. 28) Sevilla 1599–1660 Madrid _________

Verona, Maffeo (Kat. 53) Verona um 1574–1618 Venedig _________ Der nach seinem Geburtsort benannte Maffeo Verona kam mit seinem Vater, einem Anwalt, nach Venedig. Hier trat er in die Werkstatt von Luigi Benfatto, dem Neffen und Schüler von Veronese ein. 1611 erscheint sein Name in den Listen der Malergilde von Venedig. Als bevorzugter Maler einiger Mitglieder des venezianischen Magistrats, der Procuratori de supra, erhielt er umfangreiche Aufträge für die Ausstattung von zahlreichen Kirchen in Venedig, so unter anderem der Markusbasilika. Auch für Kirchen in Udine oder Verona schuf er verschiedene Altargemälde.

Watteau, Antoine (Kat. 75) Valenciennes 1684–1721 Norgent-sur-Marne (Seine) _________ Antoine Watteau war in Valenciennes Schüler von Jacques-Albert Gérin, bevor er im Alter von 16 oder 17 Jahren nach Paris ging. Dort arbeitete er vermutlich von 1704 bis 1708 bei Claude Gillot, in dessen Werk ihm das Theater und die Figuren der Commedia dell’Arte begegneten. Als weitere wichtige Einflüsse sind flämische und holländische Künstler des 17. Jahrhunderts wie Peter Paul Rubens oder David Teniers d. J. zu nennen. Watteau wurde 1712 Kandidat und 1717 Mitglied der Pariser Académie Royale. Die Mehrzahl seiner Werke wurde durch Kupferstiche verbreitet. Sein Einfluss auf die Kunst des 18. Jahrhunderts kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Er malte zahlreiche Szenen, die Elemente der Commedia dell’Arte aufweisen. Darüber hinaus erfand er die Gattung der fêtes galantes, kleine Ka binettstücke mit amourös-galanten Szenen in idyl lischen Landschaften.

Wittel, Gaspar Adriaensz. van (Kat. 12) Amersfoort 1653–1736 Rom _________ Gaspar Adriaensz. van Wittel erhielt seine erste Aus bildung bei Matthias Withoos in Amersfoort. Spätestens 1674 war van Wittel in Rom, wo er zunächst Stadtveduten radierte. Von 1681 an schuf er für Adelige Ansichten von Rom und Umgebung. In den 1690er-Jahren hielt er sich unter anderem in Bologna, der Lombardei, in Venedig und in Neapel auf. Die letzten drei Jahrzehnte seines Lebens verbrachte er wieder in Rom, wo er 1711 Mitglied der Accademia di San Luca wurde. Von seinen ersten Bio grafen Lione Pascoli und Nicola Pio erhielt van Wittel den italienisierenden Namen Vanvitelli. Mit seinen lichtdurch fluteten Veduten hatte er großen Einfluss auf italienische Landschaftsmaler wie Giovanni Paolo Pannini, Francesco Guardi oder Canaletto.

Wouwerman, Philips (Kat. 67, 68) Haarlem 1619–1668 Haarlem _________ Über das Leben Philips Wouwermans gibt es nur wenige gesicherte Angaben, trotz seines umfangreichen Œuvres von fast 600 Werken und des großen Erfolgs, den er bereits zu Lebzeiten genoss. Als Sohn des Historienmalers Pauwels Joosten Wouwerman ging er vermutlich zunächst bei diesem in die Lehre. Als weitere Lehrer werden Frans Hals und Pieter van Laer angenommen. Wahrscheinlich hielt er sich einige Zeit in Hamburg auf, während seine Reisen nach Italien oder Frankreich in der Forschung umstritten sind. 1640 kehrte Wouwerman aus Hamburg nach Haarlem zurück, wo er in die Lukasgilde aufgenommen wurde. Er war nicht nur als Maler, sondern auch als Immobilienmakler tätig und stand zudem von 1642 bis 1655 in militärischen Diensten. Das Werk Wouwermans umfasst vor allem Militär- und Jagdstücke, Landschaften sowie einige wenige religiöse und mythologische Szenen. Als »Lieblingsmaler des Rokoko« sind seine Werke in zahl reichen königlichen und fürstlichen Sammlungen zu finden. Zusammengestellt von Ute Christina Koch

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Literatur

Manuskripte Consignatio 1763 Consignatio derer von dem Höchstseel. Churfürsten zur Bilder-Gallerie gegebenen Emaille-PorcelainMignatur u. auf Mignatur-Art schwarz touchierten Bilder, 1736 (verschollen) Inv. »vor 1741« Johann Adam Steinhäuser: Sr. Königl. Majt. in Pohlen und Churfürstl. Durchl. zu Sachßen SchildereyInventaria sub Lit. A. et B., Hauptstaatsarchiv Dresden 13458, SKD Inv.-Nr. 357 Inv. 1722–1728 Johann Adam Steinhäuser: Lit. A et B. Inventaria Sr. Königl. Majestät in Pohlen und Churfürstl. Durchl. zu Sachsen große, wie auch kleine Cabinets und andere Schildereyen, Hauptstaatsarchiv Dresden, 13458, SKD Inv.-Nr. 356 Inv. 1747–1750 Pietro Guarienti: Catalogo delli quadri, che sono nel Gabinetto di Sua Maestà, Hauptstaatsarchiv Dresden 13458, SKD Inv.-Nr. 358 Inv. 1754 Matthias Oesterreich: Inventarium von der König lichen Bilder-Galerie zu Dreßden, gefertiget Mens: Julij & August: 1754, Hauptstaatsarchiv Dresden 13458, SKD Inv.-Nr. 359 Inv. 1809 Johann Anton Riedel: Verzeichniß der KöniglichSächsischen Bilder-Galerie zu Dresden, Hauptstaatsarchiv Dresden 13458, SKD Inv.-Nr. 360, 361

Algarotti 1792 Francesco Algarotti: Opere del conte Algarotti, Bd. 8, Venedig 1792 Anonym 1765 Anonym: Churfürstlich-Sächsischer Hof- und Staatscalender, Leipzig 1765 Baccheschi 1971 Edi Baccheschi: L’opera completa di Guido Reni, Mailand 1971 Baldassari 1995 Francesca Baldassari: Carlo Dolci, Turin 1995 Barnes 2004 Susan J. Barnes u. a.: Van Dyck. A Complete Cata logue of the Paintings, New Haven 2004 Bauch 1925 Kurt Bauch: Jakob Adriaensz Backer. Ein Rembrandtschüler aus Friesland, Berlin 1925 Bauch 1966 Kurt Bauch: Rembrandt Harmensz van Rijn. Gemälde, Berlin 1966 Baum 1980 Elfriede Baum: Katalog des Österreichischen Barockmuseums im Unteren Belvedere in Wien, Wien/ München 1980 Becker 1949 Beate Becker: Zur Porträtkunst Anton Graffs. Stil und Gehalt, Göttingen 1949

Literatur

Berckenhagen 1967 Ekhart Berckenhagen: Anton Graff. Leben und Werk, Berlin 1967

Aachen/Amsterdam 2009 Peter van den Brink/Jaap van der Veen: Jacob Backer (1608–1651), Suermondt-Ludwig-Museum Aachen/ Museum Het Rembrandthuis Amsterdam, Zwolle 2009

Berlin 2002 Harald Marx (Hg.): Meisterwerke der Dresdener Gemäldegalerie in Berlin (Nach der Flut, Bd. 2), Altes Museum Berlin, Leipzig 2002

Aikema 1990 Bernard Aikema: Pietro della Vecchia and the Heritage of the Renaissance in Venice, Florenz 1990

Beschreibung 1719 Ausführliche Beschreibung Des solennen Einzugs Ihrer Hoheit des Königl. Pohln. und Chur-Printzens von Sachsen Mit seiner [...] Ertz-Hertzogl. Gemahlin und aller darauf erfolgten magnifiquen Lustbar keiten von 2. biß 29. Sept. 1719, o. O. 1719

Alberti 1604 Romano Alberti: Origine, et progresso dell’academia del dissegno, de pittori, scultori, & architetti di Roma, Pavia 1604

Beschreibung 1719a Accurate Beschreibung des solennen Einzugs Ihrer Hoheit des K. Pohln. Und Chur-Printzens von Sachßen mit Seiner aus Wien angekommenen Durchl. Gemahlin, wie solcher in die K. und ChurSächß. Residenz-Stadt Dreßden d. 2. Sept. 1719 […] gehalten worden, o. O. 1719 Bettag 1998 Alexandra Bettag: Die Kunstpolitik Jean Baptiste Colberts unter besonderer Berücksichtigung der Académie Royale de Peinture et de Sculpture, Weimar 1998 Beutel 1671 Tobias Beutel: Der Fürtrefflichen Kunst-Kammer [...] hochschätzbaren unvergleichlich wichtigen Dinge/allhier bey der Residentz Dreßden, Leipzig 1671 Beyer 2002 Andreas Beyer: Das Porträt in der Malerei, München 2002 Biard 2010 Bernard Biard: Francisque Millet. Le paysage au XVII e siècle, Genf 2010 Bielmeier 2001 Katrin Bielmeier: Die Rezeptionsstücke der Profes soren und Mitglieder der Dresdener Kunst akademie seit deren Gründung im Jahre 1764, Magister arbeit Technische Universität Dresden, 2001 Biermann 1914 Georg Biermann: Deutsches Barock und Rokoko, 2 Bde., Leipzig 1914 Blankert 1978 Albert Blankert: Nederlandse 17e eeuwse italiani serende landschapschilders, Soest 1978 Boisclair 1986 Marie-Nicole Boisclair: Gaspard Dughet 1615–1675. Sa vie et son œuvre, Paris 1986 Bologna 1983 Francesca Valli/Maurizio Armaroli (Hg.): L’Estasi di Santa Cecilia di Raffaello da Urbino, Pinacoteca Nazionale di Bologna, 1983

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Bonn 2005 Norman Rosenthal (Hg.): Nationalschätze aus Deutschland. Von Luther zum Bauhaus, Kunstund Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Bonn, München/Berlin u. a. 2005 Börsch-Supan 2000 Helmut Börsch-Supan: Antoine Watteau 1684–1821, Köln 2000 Boschini 1660 Marco Boschini: La Carta del navegar pitoresco. Dialogo tra un Senator Venetian deletante e un Professor de Pitura, Venedig 1660 Braunschweig 1993 Ursel Berger/Jutta Desel: Bilder vom alten Menschen in der niederländischen und deutschen Kunst 1550–1750, Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig, 1993

Modena e Roma, in: Jadranka Bentini (Hg.): Sovrane passioni. Studi sul collezionismo estense, Mailand 1998, S. 91–137

Busiri Vici 1976 Andrea Busiri Vici: Andrea Locatelli e il paesaggio romano del Settecento, Rom 1976

Czech 2002 Hans-Jörg Czech: Im Geleit der Musen. Studien zu Samuel van Hoogstratens Malereitraktat, Münster u. a. 2002

Busiri Vici 1992 Andrea Busiri Vici: Giovanni Ghisolfi (1623–1683). Un pittore milanese di rovine, Rom 1992 Büttner 2005 Frank Büttner: Italien und die Landschaftsmalerei. »In diesen Gegenden muß man zum Künstler werden«, in: Frank Büttner/Herbert W. Rott (Hg.): Kennst Du das Land. Italienbilder der Goethezeit, Neue Pinakothek München, Köln 2005, S. 11–43

Dämmig 2006 Matthias Dämmig: Hermann Carl Reichsgraf von Keyser lingk. Politiker, Mäzen und Sammler, Magisterarbeit Technische Universität Dresden, 2006 De Lairesse 1707 Gérard de Lairesse: Het groot Schilderbook, Amsterdam 1707

Buzási 2003 Eniko˝ Buzási: Ádám Mányoki (1673–1757). Mono graphie und Œuvrekatalog, Budapest 2003

De Lairesse 1728/1730 Gérard de Lairesse: Grosses Mahler-Buch Worinnen die Mahler-Kunst in allen ihren Theilen Gründlich gelehret, 2 Bde., Nürnberg 1728/1730

Camesasca 1974 Ettore Camesasca: L’opera completa del Bellotto, Mailand 1974

De Piles 1767 Roger de Piles: Abregé de la vie des peintres, avec des réflexions sur leurs ouvrages, Amsterdam 1767

Bredius 1888 Abraham Bredius: Drie delftsche Schilders. Evert van Aelst, Pieter Jansz van Asch, en Adam Pick, in: Oud Holland 6, 1888, S. 289–298

Carus 1982 Gertrud Heider (Hg.): Carl Gustav Carus. Briefe und Aufsätze über Landschaftsmalerei, Leipzig/ Weimar 1982

De Vito 1991 Guiseppe De Vito: Il viaggio di lavoro di Luca Giordano a Venezia e alcune motivazioni per la scelta riberesca, in: Ricerche sul ’600 napoletano 10, 1991, S. 33–50

Bredius 1969 Abraham Bredius: Rembrandt. The Complete Edition of the Paintings, London 1969

Ceschi 1999 Chiara Ceschi: Collezionismo di opere emiliane nel Veneto, in: Sergio Marinelli/Angelo Mazza (Hg.): La pittura emiliana nel Veneto, Modena 1999, S. 207–240

Braunschweig 1998 Susanne König-Lein: Nichts als Natur und Genie. Pascha Weitsch und die Landschaftsmalerei in der Zeit der Aufklärung, Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig, 1998

Brenner 1963 Hildegard Brenner: Die Kunstpolitik des National sozialismus, Reinbek 1963 Briganti 1966 Giuliano Briganti: Gaspar van Wittel e l’origine della veduta settecentesca, Rom 1966 Budapest 2013 Zsuzsanna Dobos (Hg.): Caravaggio to Canaletto. The Glory of Italian Baroque and Rococo Painting, Szépmu˝vészeti Múseum Budapest, 2013 Burckhardt 1913 Jakob Burckhardt: Briefe an einen Architekten 1870–1889, München 1913 Burg 2007 Tobias Burg: Von Paris über Dresden nach St. Petersburg und weiter. Zwei Hauptwerke Chardins in der Sammlung des Grafen Heinrich von Brühl, in: Dresdener Kunstblätter 51, 2007, S. 4–15 Bürger 2003 Kathrin Bürger: »wie man einen kostbaren Diamanten kauft«. Zur Sammlung der Werke Philips Wouwermans (1619–1668) am Dresdener Hof unter August II. und August III., in: Dresdener Kunstblätter 74, 2003, S. 139–146 Burke 1996 Peter Burke: Die Geschicke des Hofmann. Zur Wirkung eines Renaissance-Breviers über ange messenes Verhalten, Berlin 1996

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Buscaroli Fabbri 1991 Beatrice Buscaroli Fabbri: Carlo Cignani. Affreschi, dipinti, disegni, Bologna 1991

Literaturliste

Ciancio 1999 Valentina Ciancio: »Signor conte Rotari, dilettante di pittura« am Dresdener Hof. Archiv-Nachforschungen, in: Gregor J. M. Weber: Pietro Graf Rotari in Dresden. Ein italienischer Maler am Hof König Augusts III., Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, Emsdetten/ Dresden 1999, S. 7–15 Cleveland 1975 Rüdiger Klessmann: Johann Liss, Cleveland Museum of Art, Augsburg 1975 Columbus 1999 Harald Marx/Gregor J. M. Weber (Hg.): Dresden in the Ages of Splendor and Enlightenment. Eighteenth Century Paintings from the Old Masters Picture Gallery, Columbus Museum of Art, 1999 Constable 1962 William George Constable: Canaletto. Giovanni Antonio Canal (1697–1768), Oxford 1962 Cremer 1989 Susannah C. Cremer: Hagedorns Geschmack. Studien zur Kunstkennerschaft in Deutschland im 18. Jahrhundert, Bonn 1989 Cremonini 1998 Claudia Cremonini: Le raccolte d’arte del cardinale Alessandro d’Este. Vicende collezionistiche tra

Delneri 1993 Annalia Delneri: La grande natura e l’attimo captato, in: Dario Succi/Annalia Delneri (Hg.): Marco Ricci e il paesaggio veneto del Settecento, Palazzo Crepadona Belluno, Mailand 1993, S. 85–96 Dempsey 2008 Charles Dempsey: Painting in Bologna from the Carracci to Crespi, in: Andreas Henning/Scott Schaefer (Hg.): Captured Emotions. Baroque Painting in Bologna 1575–1725, J. Paul Getty Museum Los Angeles, 2008, S. 1–13 Den Haag 1992 Paul Huys Janssen/Werner Sumowski: The Hoogester Exhibition of Rembrandt’s Academy, Hoogsteder & Hoogsteder Den Haag, Zwolle 1992 Dijon 2001 Sophie Laporte (Hg.): Dresde ou le rêve des princes. La Galerie de peintures au XVIII e siècle, Musée des Beaux-Arts de Dijon, Paris 2001 Diogenes 1807 Diogenes Laertius: Von den Leben und den Meinungen berühmter Philosophen, übersetzt von August C. Borheck, Wien/Prag 1807 Dittrich 1999 Christian Dittrich: Ein wiederaufgefundenes Selbstbildnis des Christoph Paudiss, in: Dresdener Kunstblätter 43, 1999, S. 13–20 Dresden 1910 Ernst Arnold: Portrait-Ausstellung des kur sächsischen Hofmalers Anton Graff (1736–1813), Galerie Arnold, Dresden 1910

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Dresden 1964 Erna Brand: Anton Graff (1736–1813), Schloss Pillnitz, Dresden 1964 Dresden 1968 Jan Białostocki: Venezianische Malerei: 15. bis 18. Jahrhundert, Albertinum Dresden, 1968 Dresden 1974 Harald Marx: Neuerwerbungen deutscher Malerei, Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, 1974 Dresden 1979 Gottfried Semper zum 100. Todestag, Albertinum Dresden, 1979 Dresden 1983 Das Stilleben und sein Gegenstand. Eine Gemeinschaftsausstellung von Museen aus den UdSSR, der Cˇ SSR und der DDR, Albertinum Dresden, 1983 Dresden 1987 Matthäus Daniel Pöppelmann (1662–1736). Ein Architekt des Barocks in Dresden, Albertinum Dresden, 1987 Dresden 1996 Uta Neidhardt: Godfried Schalcken (1643–1706). Eine Neuerwerbung. Das Alter zwischen Allegorie und Charakterkopf, Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, 1996 Dresden 1998 Andreas Henning/Gregor J. M. Weber: »Der himmelnde Blick«. Zur Geschichte eines Bildmotivs von Raffael bis Rotari, Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, Emsdetten/Dresden 1998 Dresden 1999 Gregor J. M. Weber: Pietro Graf Rotari in Dresden. Ein italienischer Maler am Hof König Augusts III., Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, Emsdetten/ Dresden 1999 Dresden 2000 Annegret Laabs/Christoph Schölzel: Von der lust vollen Betrachtung der Bilder. Leidener Feinmaler in der Dresdener Gemäldegalerie, Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, Leipzig 2000 Dresden 2000a Birgit Kloppenburg/Gregor J. M. Weber: La famosissima notte! Correggios Gemälde »Die Heilige Nacht« und seine Wirkungsgeschichte, Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, Emsdetten/Dresden 2000 Dresden 2001 Barbara Baerthold (Hg.): Freunde schenken Kunst, Albertinum Dresden, 2001 Dresden 2005 Anna Greve (Hg.): Der Blick auf Dresden. Die Frauenkirche und das Werden der Dresdner Stadtsilhouette, Ausstellungsgebäude an der Brühlschen Terrasse Dresden, München/Berlin 2005 Dresden 2006 Uta Neidhardt/Thomas Ketelsen (Hg.): Rembrandt van Rijn. Die Entführung des Ganymed, Gemälde -

galerie Alte Meister und Kupferstich-Kabinett Dresden, 2006 Dresden 2008 Andreas Henning/Andreas Dehmer/Axel Börner (Hg.): Canaletto. Ansichten vom Canal Grande in Venedig, Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, 2008 Dresden 2009 Harald Marx (Hg.): Sehnsucht und Wirklichkeit. Malerei für Dresden im 18. Jahrhundert, Gemälde galerie Alte Meister Dresden, Köln 2009 Dresden 2010 Andreas Henning/Günter Ohlhoff (Hg.): Tizian. Die Dame in Weiß, Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, 2010 Dresden 2011 Andreas Henning/Sebastian Oesinghaus/Sabine Bendfeldt (Hg.): Bernardo Bellotto. Der CanalettoBlick, Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, 2011 Dresden/Erfurt 2002 Harald Marx (Hg.): Die schönsten Ansichten aus Sachsen. Johann Alexander Thiele (1685–1752) zum 250. Todestag, Residenzschloss Dresden/ Anger museum Erfurt, Dresden 2002 Dresden/Warschau 1963 Stefan Kozakiewicz/Waltraut Schumann: Bernardo Bellotto genannt Canaletto in Dresden und Warschau, Albertinum Dresden/Nationalmuseum Warschau, Dresden 1963 Dresdner 1968 Albert Dresdner: Die Entstehung der Kunstkritik im Zusammenhang der Geschichte des europäischen Kunstlebens, München 1968 Ebe 1901 Gustav Ebe: Der deutsche Cicerone. Malerei: fremde Schulen, Leipzig 1901 Ebert 1963 Hans Ebert: Kriegsverluste der Dresdener Gemäldegalerie. Vernichtete und vermißte Werke, Dresden 1963 Ebert-Schifferer 2000 Sybille Ebert-Schifferer: Appunti per un dipinto poco conosciuto di Salvator Rosa: il »Paesaggio boscoso con tre filosofi« di Dresda. Un Diogene che getta via la scodella, in: Maria G. Bernardini (Hg.): Studi di storia dell’arte in onore di Denis Mahon, Mailand 2000, S. 267–271 Klöcker Ehrenstrahl 1918 Gunnar Mascoll Silfverstolpe (Hg.): David Kloecker Ehrenstrahl. Kurtzer Unterricht Observationes und Regulen von der Mahlerey, Stockholm 1918 Essen 1986 Ulli Arnold/Werner Schmidt (Hg.): Barock in Dresden. Kunst und Kunstsammlungen unter der Regierung des Kurfürsten Friedrich August I. von Sachsen und des Königs August II. von Polen genannt August der Starke (1694–1733) und des Kurfürsten Friedrich August II. von Sachsen und König August III. von Polen (1733–1763), Villa Hügel Essen, Leipzig 1986

Feigenbaum 2008 Gail Feigenbaum: Nature as Teacher and Subject. The Carracci Family of Painters, in: Andreas Henning/ Scott Schaefer (Hg.): Captured Emotions. Baroque Painting in Bologna 1575–1725, J. Paul Getty Museum Los Angeles, 2008, S. 15–23 Ferrari/Scavizzi 1966 Oreste Ferrari/Giuseppe Scavizzi: Luca Giordano, 3 Bde., Neapel 1966 Florenz 1982 Dresda sull’Arno. Da Cranach a Van Gogh e oltre. Cento Capolavori dalla Pinacoteca di Dresda, Palazzo Pitti Florenz, Mailand 1982 Freising 2007 Sylvia Hahn (Hg.): Christopher Paudiß (1630–1666). Der bayerische Rembrandt?, Diözesanmuseum Freising, Regensburg 2007 Friedrich II. von Preußen 1920 Friedrich II. von Preußen: Testament Politique (1752), in: Gustav Berthold Volz: Politische Correspondenz Friedrichs des Grossen, Berlin 1920, S. 1–109 Fröhlich 2002 Anke Fröhlich: Landschaftsmalerei in Sachsen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Landschaftsmaler, -zeichner und -radierer in Dresden, Leipzig, Meißen und Görlitz von 1720 bis 1800, Weimar 2002 Fröhlich 2005 Anke Fröhlich: »Glücklich gewählte Natur... «. Der Dresdner Landschaftsmaler Johann Christian Klengel (1751–1824). Monographie und Werkverzeichnis der Gemälde, Zeichnungen, Radierungen und Lithographien, Hildesheim 2005 Garms 2004 Jörg Garms: Römische Veduten, in: Hildegard Wiegel (Hg.): Italiensehnsucht. Kunsthistorische Aspekte eines Topos, München/Berlin 2004, S. 13–22 Gehlert 2011 Andreas Gehlert: Ein Portugiese in Dresden. Ein neuer Vorschlag zur Identifizierung des »Santiago ritters« von Velásquez, in: Dresdener Kunstblätter 55, 2011, S. 152–160 Gherardi 1986 Giorgio Bonsanti (Hg.): Pietro Ercole Gherardi. Descrizione delle pitture esistenti in Modena nell’ Estense Ducal Galleria (1744), Modena 1986 Ghirardi 1995 Angela Ghirardi: Ritratto e scena di genere. Arte, scienze, collezionismo nell’autunno del Rinascimento, in: Vera Fortunati (Hg.): La pittura in Emilia e in Romagna. Il Cinquecento, Bd. 1, Mailand 1995, S. 148–183 Giebe 1999 Marlies Giebe: Beobachtungen zum technischen Aufbau und zur Malweise der Gemälde Pietro Graf Rotaris in Dresden, in: Gregor J. M. Weber: Pietro Graf Rotari in Dresden. Ein italienischer Maler am Hof König Augusts III., Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, Emsdetten/Dresden 1999, S. 55–65

Literaturliste

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Goethe 1818 Aus meinem Leben: Dichtung und Wahrheit, Goethe’s Werke, Bd. 17 und 18, Stuttgart 1818 Goethe 1827–1835 Carl Theodor Musculus/Friedrich Wilhelm Riemer (Hg.): Goethes Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand, 4 Bde., Stuttgart/Tübingen 1827–1835 Goethe 1887–1919 Goethes Werke, hrsg. im Auftr. der Großherzogin Sophie von Sachsen, 143 Bde. (Weimarer Ausgabe), Weimar 1887–1919 Goncourt 1873 Edmond de Goncourt/Jules de Goncourt: L’art du dix-huitième siècle. Watteau. Chardin. Boucher. Latour. Greuze. Les Saint-Aubin, Bd. 1, Paris 1873 Göpfert 1972 Hans-Jörg Göpfert: Johann Alexander Thiele, 2 Bde., Dresden 1972 Gotha/Konstanz 1999 Bärbel Kovalevski (Hg.): Zwischen Ideal und Wirklichkeit. Künstlerinnen der Goethe-Zeit zwischen 1750 und 1850, Schlossmuseum Gotha/Rosgartenmuseum Konstanz, Ostfildern-Ruit 1999 Gottwald 2011 Franziska Gottwald: Das Tronie. Muster, Studie und Meisterwerk. Die Genese einer Gattung der Malerei vom 15. Jahrhundert bis zu Rembrandt, Berlin/ München 2011 Grillparzer 1980 Klaus Geissler (Hg.): Franz Grillparzer. Tagebücher und Reiseberichte, Berlin 1980 Groh 2011 Rainer Groh: Bellotto in 3D. Was lehrt der Vedutenmaler den Computergrafiker?, in: Andreas Henning (Hg.): Bernardo Bellotto. Der Canaletto-Blick, Gemälde galerie Alte Meister Dresden, 2011, S. 48–57 Groß/John 2006 Reiner Groß/Uwe John (Hg.): Geschichte der Stadt Dresden. Bd. 2: Vom Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zur Reichsgründung, Stuttgart 2006

Hanke 2006 René Hanke: Brühl und das Renversement des alliances. Die antipreußische Außenpolitik des Dresdener Hofes 1744–1756, Berlin 2006 Hannover 1985 Von Cranach bis Monet. Zehn Jahre Neuerwerbungen 1976–1985, Niedersächsisches Landesmuseum Hannover 1985 Hartje 1997 Nicole Hartje: Eine Allegorie auf die Vermählung einer sächsischen Prinzessin mit dem Dauphin von Frankreich im Jahre 1747. Zu einem Werk von Johann Georg Dathan in der Dresdener Gemäldegalerie Alte Meister, in: Dresdener Kunstblätter 41, 1997, S. 106–113 Hasche 1783 Johann Christian Hasche: Umständliche Beschreibung Dresdens mit allen seinen äußern und innern Merkwürdigkeiten, Bd. 2, Leipzig 1783 Hasche 1784–1791 Johann Christian Hasche: Magazin der sächsischen Geschichte, Dresden 1784–1791 Heineken 1753/57 Carl Heinrich von Heineken: Recueil d’estampes d’après les plus célèbres tableaux de la Galerie Royale de Dresde, 2 Bde., Dresden 1753/57 Heineken 1768 Carl Heinrich von Heineken: Nachrichten von Künstlern und Kunst-Sachen, Bd. 1, Leipzig 1768 Heineken 1786 Carl Heinrich von Heineken: Neue Nachrichten von Künstlern und Kunstsachen, Bd. 1, Dresden/ Leipzig 1786

Guiffrey 1990 Jules Guiffrey (Hg.): Collection des livrets des anciennes expositions depuis 1673 jusqu’en 1800, Nogent Le Roi 1990

Henning 2007 Andreas Henning: »Teste di fantasia«. Fisionomia e narrazione nelle »varie teste« di Pietro Rotari, in: Giogio Cortenova (Hg.): Il Settimo Splendore. La modernità della maliconia, Palazzo della Ragione Verona, Venedig 2007, S. 322–326

Hagedorn 1755 Christian Ludwig von Hagedorn: Lettre à un amateur de la peinture avec des eclaircissemens historiques sur un cabinet et les auteurs des tableaux qui le composent, Dresden 1755

Henning 2010 Andreas Henning: »Patrona assoluta dell’anima mia«. Tizians Dame in Weiß, in: Andreas Henning/ Günter Ohlhoff (Hg.): Tizian. Die Dame in Weiß, Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, 2010, S. 8–21

Hagedorn 1762 Christian Ludwig von Hagedorn: Betrachtungen über die Mahlerey, 2 Bde., Leipzig 1762

Heres 1991 Gerald Heres: Winckelmann in Sachsen. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte Dresdens und zur Biographie Winckelmanns, Berlin/Leipzig 1991

Hairs 1985 Marie-Louise Hairs: The Flemish Flower Painters in the XVIIth Century, Brüssel 1985

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Hamburg/Dresden/Budapest 2005 Greco, Velázquez, Goya. Spanische Malerei aus deutschen Sammlungen, Bucerius Kunstforum Hamburg/Gemäldegalerie Alte Meister Dresden/ Szépmu˝vészeti Múzeum Budapest, München/Berlin u. a. 2005

Literaturliste

Heres 2006 Gerald Heres: Dresdener Kunstsammlungen im 18. Jahrhundert, Leipzig 2006

Hirschfelder 2008 Dagmar Hirschfelder: Tronie und Porträt in der nieder ländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, Berlin 2008 Hochschule für Bildende Künste Dresden 1990 Hochschule für Bildende Künste (Hg.): Dresden. Von der Königlichen Kunstakademie zur Hochschule für Bildende Künste, 1764–1989, Dresden 1990 Hoffmann 1976 Klaus Güntzel (Hg.): E.T.A. Hoffmann. Leben und Werk in Briefen, Selbstzeugnissen und Zeitdokumenten, Berlin 1976 Holmquist 1961 Bengt M. Holmquist: Ehrenstrahls målarlära by Ragnar Josephson, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 24, 1961, S. 285–286 Honisch 1965 Dieter Honisch: Anton Raphael Mengs und die Bildform des Frühklassizismus, Recklinghausen 1965 Hübner 1856 Julius Hübner: Verzeichniss der Königlichen Gemälde-Gallerie zu Dresden. Mit einer historischen Einleitung und Notizen über die Erwerbung der einzelnen Bilder, Dresden 1856 Hübner 1874 Julius Hübner: Catalogue of the Royal Picture Gallery in Dresden, with Notices concerning the Acquisition and Signatures of the Paintings, Dresden 1874 Hüsgen 1776 Heinrich Sebastian Hüsgen: Verrätherische Briefe von Historie und Kunst, Frankfurt am Main 1776 Huygens 1897 J. A. Worp: Fragment eener autobiographie van Constantijn Huygens, in: Bijdragen en Mededeelingen van het Historisch Genootschap 18, 1897, S. 1–122 Hyogo/Tokyo 2005 Cordula Bischoff (Hg.): Dresden – Spiegel der Welt. Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden in Japan, Hyogo Prefectural Museum of Art/The National Museum of Western Art Tokyo, 2005 Jackson 2004 Ulrich Pietsch (Hg.): The Glory of Baroque Dresden. The State Art Collections Dresden, Mississippi Arts Pavilion Jackson, 2004 Jedding 1955 Hermann Jedding: Der Tiermaler Joh. Heinr. Roos (1631–1685), Straßburg/Kehl 1955 Jedding 1998 Hermann Jedding: Johann Heinrich Roos. Werke einer Pfälzer Tiermalerfamilie in den Galerien Europas, Mainz 1998 Jencquel 1727 Kaspar Friedrich Jencquel: Museographia oder An leitung zum rechten Begriff und nützlicher An legung der Mvseorvm Oder Raritäten-Kammern, Leipzig 1727

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Josephson 1959 Ragnar Josephson: Ehrenstrahl målarlära, Stockholm 1959

Kozakiewicz 1972 Stefan Kozakiewicz: Bernardo Bellotto genannt Canaletto, 2 Bde., Recklinghausen 1972

Lichtwark 1898 Alfred Lichtwark: Das Bildnis in Hamburg, Bd. 1, Hamburg 1898

Karlsruhe 2011 Holger Jacob-Friesen: Von Schönheit und Tod. Tierstillleben von der Renaissance bis zur Moderne, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Heidelberg/ Berlin 2011

Kraemer-Noble 1973 Magdalena Kraemer-Noble: Abraham Mignon 1640 –1679, Leigh-on-Sea 1973

Liebsch 2003 Thomas Liebsch: »Es folgt das Chursächsische Familienzimmer, enthält alle Porträts unserer durchl. [auchtigsten] Familie […] von den besten Meistern in Oel.« Ein wieder zusammengesetztes Kunstwerk des sächsischen Rokoko,« in: Harald Marx (Hg.): Kunst für Könige. Malerei in Dresden im 18. Jahr hundert, Wallraf-Richartz-Museum – Fondation Corboud Köln, 2003, S. 73–79

Kassel/Den Haag 2009 Ernst Wegener (Hg.): Philips Wouwerman (1619– 1688), Gemäldegalerie Alte Meister Kassel/Konink liijk Kabinet van Schilderijen Mauritshuis Den Haag, München 2009 Keller 1994 Katrin Keller (Hg.): »Mein Herr befindet sich gottlob gesund und wohl.« Sächsische Prinzen auf Reisen, Leipzig 1994 Keyssler 1751 Johann G. Keyssler: Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen, worinnen der Zustand und das Merk würdigste dieser Länder beschrieben [...] wird, Hannover 1751 Klessmann 1996 Rüdiger Klessmann: Johann Liss’s Temptation of the Magdalena in: Burlington Magazine 138, 1996, S. 187–191

Kraemer-Noble 2007 Magdalena Kraemer-Noble: Abraham Mignon 1640–1679. Catalogue raisonné, Petersberg 2007 Krellig 2008 Heiner Krellig: Das ganze Leben. Zur Figurenstaffage in Canalettos frühen Venedig-Ansichten in Dresden, in: Andreas Henning (Hg.): Canaletto. Ansichten vom Canal Grande in Venedig, Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, 2008, S. 29–37 Kulturstiftung der Länder/Staatliche Kunst sammlungen Dresden 2000 Kulturstiftung der Länder/Staatliche Kunstsammlungen Dresden (Hg.): Für Sachsen erworben. Schätze des Hauses Wettin, Berlin 2000 Laurie 1932 A. Paul Laurie: Pictures under the Searchlight of Science, in: Discovery, September, 1932, S. 281–283

Klessmann 1999 Rüdiger Klessmann: Johann Liss. Eine Monographie mit kritischem Œuvrekatalog, Doornspijk 1999

Lawrence/Kasman 1997 Cynthia Lawrence/Magdalena Kasman: JeanneBaptiste d’Albert de Luynes, Comtesse de Verrue (1670–1736). An Art Collector in Eighteenth-Century Paris, in: Cynthia Lawrence (Hg.): Women and Art in Early Modern Europe. Patrons, Collectors and Connoisseurs, University Park 1997, S. 207–226

Knöfel 2009 Anne-Simone Knöfel: Dynastie und Prestige. Die Heirats politik der Wettiner, Köln/Weimar/Wien 2009

Lázár 1933 Béla Lázár: Ádám Mányoki élete és mu˝vészete, 1673–1757. 150 képpel, Budapest 1933

Koch 2010 Ute C. Koch: Vertreibung des Maecenas aus Sachsen. Höfische Wandlungsprozesse am Beispiel von Heinrich Graf von Brühl, Diss. Technische Universität Dresden/École Pratique des Hautes Études, 2010

Le Brun 1698 Charles Le Brun: Conférence de M. Le Brun [...] sur l’expression générale et particulière, Amsterdam/ Paris 1698

Köln 2003 Harald Marx (Hg.): Kunst für Könige. Malerei in Dresden im 18. Jahrhundert, Wallraf-RichartzMuseum – Fondation Corboud Köln, 2003 König 1996 Eberhard König/Christiane Schön (Hg.): Stilleben, Berlin 1996 Koslow 1995 Susan Koslow: Frans Snyders. The Noble Estate. Seventeenth-Century Still-Life and Animal Painting in the Southern Netherlands, Antwerpen 1995 Kowalczyk 2005 Jerzy Kowalczyk: Die Bedeutung des wettinischen Königshofes für den kulturellen und künstle rischen Austausch. Polen in Sachsen, Sachsen in Polen, in: Rex Rexheuser (Hg.): Die Personalunionen von Sachsen-Polen 1697–1763 und Hannover-England 1714–1873, Wiesbaden 2005, S. 201–220

Le Brun 1751 Charles Le Brun: Conferenza del Signor Le Brun […] sopra l’espressione generale e particolare delle passioni, Verona 1751 Leemann-van Elck 1930 Paul Leemann-van Elck: Salomon Gessner. Sein Lebensbild mit beschreibenden Verzeichnissen seiner literarischen und künstlerischen Werke, Zürich 1930 Leppien 2001 Helmut R. Leppien: Der Bildnismaler Balthasar Denner, in: Volker Plagemann (Hg.): Die Kunst des protestantischen Barock in Hamburg, Hamburg 2001, S. 178–187 Levine 1991 David A. Levine: Die Kunst der Bamboccianti. Themen, Quellen und Bedeutung, in: David A. Levine/ Ekkehard Mai (Hg.): I bamboccianti. Niederländische Malerrebellen im Rom des Barock, Wallraf-RichartzMuseum Köln/Centraal Museum Utrecht, Mailand 1991, S. 14–33

Liebsch 2008 Thomas Liebsch: Christopher Paudiss in Dresden und sein »Stück von der Jägerei«. Zum verschollenen Gemälde »Der Wilddieb« aus dem Jagdschloss Moritzburg, in: Uta Neidhardt (Hg.): Festschrift zum 80. Geburtstag von Annaliese Mayer-Meintschel, Dresden 2008, S. 139–144 Liedtke 2007 Walter Liedtke: Dutch Paintings in The Metropolitan Museum of Art, 2 Bde., New York/New Haven 2007 Locquin 1912 Jean Locquin: La peinture d’histoire en France de 1747 à 1785. Etude sur l’évolution des idées artistiques dans la seconde moitié du XVIII e siècle, Paris 1912 Los Angeles 2008 Andreas Henning/Scott Schaefer (Hg.): Captured Emotions. Baroque Painting in Bologna 1575–1725, J. Paul Getty Museum Los Angeles, 2008 Maaz 2011 Bernhard Maaz: Bernardo Bellottos Staffage als Spiegel der Gesellschaft, in: Andreas Henning (Hg.): Bernardo Bellotto. Der Canaletto-Blick, Gemälde galerie Alte Meister Dresden, 2011, S. 29–35 Maaz 2011a Bernhard Maaz: »Von einem rohen, unangenehmen Colorit«. Annibale Carraccis »Genius des Ruhmes«. Zu Ikonographie, Farbdiskurs, Kopie und Paraphrase im Kreise von Goethe und Heinrich Meyer, in: Zeitschrift des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft 65, 2011, S. 233–248 Maaz 2012 Bernhard Maaz: Raffaels »Sixtinische Madonna« zwischen Religion und Realität. Auf- und Abwertungen von Goethe bis Nietzsche, in: Andreas Henning (Hg.): Die Sixtinische Madonna. Raffaels Kultbild wird 500, Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, München u. a. 2012, S. 82–95 Madrid 1998 Harald Marx/Juan J. Luna (Hg.): Obras maestras del siglo XVIII en la Galería de Pinturas de Dresde. Creación y collectionismo regio en Sajonia, Banco Bilbao Vizcaya Madrid, Bilbao 1998 Madrid 2012 Friso Lammertse/Alejandro Vergara (Hg.): The Young van Dyck, Museo Nacional del Prado Madrid, London 2012

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Mai 2010 Ekkehard Mai: Die deutschen Kunstakademien im 19. Jahrhundert. Künstlerausbildung zwischen Tradition und Avantgarde, Köln/Weimar/Wien 2010 Malvasia 1678 Carlo C. Malvasia: Felsina pittrice. Vite de’ pittori bolognesi, 2 Bde., Bologna 1678 Marelli 2000 Isabella Marelli: Andrea Celesti (1637–1712). Un pittore sul lago di Garda, San Felice del Benaco 2000 Marx 1975 Harald Marx: Die Gemälde des Louis de Silvestre, Dresden 1975 Marx 1980 Harald Marx: Stilleben in Sachsen bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, in: Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden 12, 1980, S. 99–118 Marx 1990 Harald Marx: »... die Mißbilligung aller Kunst- und Vater landsfreunde« oder: Schlimme Folgen des guten Geschmacks, in: Dresdener Kunstblätter 34, 1990, S. 9–13 Marx 1994 Harald Marx: Christus am Kreuz aus Wolken gebildet. Eine Neuerwerbung der Gemäldegalerie Alte Meister, in: Dresdener Kunstblätter 38, 1994, S. 134–140 Marx 1998 Harald Marx: Das Bildnis des Charles de Solier, Sieur de Morette, von Hans Holbein dem Jüngeren, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunst geschichte 55, 1998, S. 263–280 Marx 1999 Harald Marx: Landschaft im Sturm. Ein Spätwerk von Johann Christian Klengel, in: Dresdener Kunstblätter 43, 1999, S. 74–82 Marx 2000 Barbara Marx (Hg.): Elbflorenz. Italienische Präsenz in Dresden 16.–19. Jahrhundert, Amsterdam/Dresden 2000 Marx 2001 Harald Marx: »Augustus schliesst den Tempel des Janus«. Zu einem Gemälde von Louis de Silvestre, in: Laurence Posselle (Hg.): Mélanges en hommage à Pierre Rosenberg. Peintures et dessins en France et en Italie (XVII e –XVIII e siècles), Paris 2001, S. 288–297

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das Unsichtbare der Macht. Institutionelle Prozesse in Antike, Mittelalter und Neuzeit, Köln 2005, S. 177–206 Marx 2006/07 Harald Marx (Hg.): Gemäldegalerie Alte Meister Dresden. Illustrierter Katalog in zwei Bänden, Köln 2006/07 Marx 2009 Barbara Marx: Akademie und/oder Autonomie. Aka demische Diskurse vom 16. bis 18. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2009 Marx/Magirius 1992 Harald Marx/Heinrich Magirius: Gemäldegalerie Dresden. Die Sammlung Alte Meister, der Bau Gottfried Sempers, Leipzig 1992 Marx/Weber 1999 Harald Marx/Gregor J. M. Weber: The Old Masters Picture Gallery in Dresden, München 1999 Matthäi 1835 Friedrich Matthäi: Verzeichniss der Königlich Sächsischen Gemälde-Galerie zu Dresden, 2 Bde., Dresden 1835 May 2006 Walter May: Städtisches und landesherrliches Bauen, in: Reiner Groß/Uwe John (Hg.): Geschichte der Stadt Dresden. Bd. 2: Vom Ende des Dreißig jährigen Krieges bis zur Reichsgründung, Stuttgart 2006, S. 150–195 Mayer-Meintschel 1965/66 Annaliese Mayer-Meintschel: Ein unbekanntes Stilleben von Christoph Paudiß, in: Jahrbuch der Staat lichen Kunstsammlungen Dresden 5, 1965/66, S. 51–54 Mayer-Meintschel/Walther/Marx 1979 Annaliese Mayer-Meintschel/Angelo Walther/Harald Marx u. a: Gemäldegalerie Alte Meister Dresden. Katalog der ausgestellten Werke, Leipzig 1979 Menz 1959 Henner Menz: Die Dresdener Veduten Bernardo Bellottos und ihre firgürliche Staffage, in: Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden 1, 1959, S. 34–54

Michel 2005 Patrick Michel: Caroline Luise von Baden, »die hessische Minerva« als vorbildliche »Kunstsammlerin«, in: Pierre Rosenberg (Hg.): Poussin, Lorrain, Watteau, Fragonard. Französische Meisterwerke des 17. und 18. Jahrhunderts aus deutschen Sammlungen, Galeries Nationales du Grand Palais Paris/Haus der Kunst München/Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Bonn, Ostfildern-Ruit 2005, S. 64–74 Modena 1986 Daniele Benati/Fiorella Frisoni (Hg.): L’arte degli Estensi. La pittura del Seicento e del Settecento a Modena e Reggio, Galleria Estense und Galleria Civica Modena 1986 Modena 1998 Jadranka Bentini (Hg.): Sovrane Passioni. Le raccolte d’arte della Ducale Galleria Estense, Galleria Estense Modena, Mailand 1998 Monducci 2002 Elio Monducci u. a.: Leonello Spada (1576–1622), Manerba/Reggio Emilia 2002 Mucchi 1954 Antonio Maria Mucchi: Il pittore Andrea Celesti, Mailand 1954 München 2001 Venus. Bilder einer Göttin, Alte Pinakothek München/ Wallraf-Richartz-Museum Köln/Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen, München 2001 München 2013 Claudia Denk: Natur als Kunst. Frühe Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts in Deutschland und Frankreich aus der Sammlung der Christoph Heilmann Stiftung im Lenbachhaus München, Lenbachhaus München, Heidelberg 2013 Negro/Pirondini 1994 Emilio Negro/Massimo Pirondini: La scuola dei Carracci. Dall’accademia alla bottega di Ludovico, Modena 1994 Negro/Roio 2007 Emilio Negro/Nicosetta Roio: Antonio Carracci. Note su alcuni problemi attributivi, in: Emilio Negro u. a.: Antonio Carracci 1592–1618, Manerba del Garda 2007, S. 107–136

Menz 1962 Henner Menz: Ein Bildnis von Heinrich Christoph Fehling, in: Dresdener Kunstblätter 6, 1962, S. 151–153

Neidhardt 1976 Hans J. Neidhardt: Die Malerei der Romantik in Dresden, Leipzig 1976

Marx 2002 Harald Marx: Die schönsten Ansichten aus Sachsen. Johann Alexander Thiele (1685–1752) zum 250. Todes tag, in: ders. (Hg.): Die schönsten Ansichten aus Sachsen. Johann Alexander Thiele (1685–1752) zum 250. Todestag, Residenzschloss Dresden/Anger museum Erfurt, Dresden 2002, S. 11–90

Menzel 2009 Claude Keisch/Marie Ursula Riemann-Reyher (Hg.): Adolph Menzel. Briefe, 4 Bde., Berlin/München 2009

Neidhardt 1983 Hans J. Neidhardt: Dresden, wie es Maler sahen, Leipzig 1983

Meusel 1780 Johann G. Meusel: Miscellaneen artistischen Inhalts, Bd. 5, Erfurt 1780

Marx 2005 Barbara Marx: Disziplinierte Räume. Die visuelle Formierung Dresdens unter König August dem Starken, in: Gert Melville (Hg.): Das Sichtbare und

Michel 1984 Petra Michel: Christian Wilhelm Ernst Dietrich (1712–1774) und die Problematik des Eklektizismus, München 1984

Neidhardt 2012 Uta Neidhardt: Die Dresdner Gemäldesammlung zwischen Kuriositätenkabinett und Bildergalerie, in: Dirk Syndram/Martina Minning (Hg.): Die kur fürstlich-sächsische Kunstkammer in Dresden. Geschichte ihrer Sammlung, Dresden 2012, S. 343–359

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Niovelon 2004 Claude Niovelon: Vie de Charles Le Brun et description détaillée de ses ouvrages, Genf 2004 Oesterreich 1761 Matthias Oesterreich: Beschreibung derjenigen Sammlung verschiedener Original-Gemählde von italienischen, holländischen, französischen und deutschen Meistern, welche das Cabinet ausmachen von Johann Georg Eimbke, Berlin 1761 Osterkamp 2013 Ernst Osterkamp: Ganze Menschen. Anton Graffs Porträtkunst und die Anthropologie der deutschen Spätaufklärung, in: Marc Fehlmann/Birgit Verwiebe (Hg.): Anton Graff. Gesichter einer Epoche, Museum Oskar Reinhart Winterthur/Alte Nationalgalerie Berlin, München 2013, S. 200–209 Padua 1994 Isabella Reale/Dario Succi (Hg.): Luca Carlevarijs e la veduta veneziana del Settecento, Palazzo della Ragione Padua, Mailand 1994 Paleotti 1582 Gabriele Paleotti: Discorso intorno alle imagini sacre e profane, 5 Bde., Bologna 1582 Paris 1987 Olivier Michel: Subleyras (1699–1749), Musée du Luxembourg Paris, 1987 Paris/München/Bonn 2005 Pierre Rosenberg (Hg.): Poussin, Lorrain, Watteau, Fragonard. Französische Meisterwerke des 17. und 18. Jahrhunderts aus deutschen Sammlungen, Galeries Nationales du Grand Palais Paris/Haus der Kunst München/Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Bonn, OstfildernRuit 2005 Pedrocco 2000 Filippo Pedrocco: Tizian, München 2000 Peking 2011 Die Kunst der Aufklärung. Eine Ausstellung der Staatlichen Museen zu Berlin, der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, der Bayerischen Staats gemäldesammlungen München und des National Museum of China, National Museum of China Peking, Berlin 2011 Pepper 1984 D. Stephan Pepper: Guido Reni. A Complete Catalogue of his Works, Oxford 1984 Pérez Sánchez/Spinosa 1978 Alfonso E. Pérez Sánchez/Nicola Spinosa: L’opera completa del Ribera, Mailand 1978 Perugia 2004 Vittoria Garibaldi/Francesco Federico Mancini (Hg.): Perugino. Il divin pittore, Perugia, Galleria Nazionale dell’Umbria, Cinisello Balsamo 2004 Pevsner/Grautoff 1928 Nikolaus Pevsner/Otto Grautoff: Barockmalerei in den romanischen Ländern, Wildpark-Potsdam 1928

Pilz 2006 Katharina Pilz: Die Gemäldegalerie in Dresden unter Berücksichtigung der Mengsschen Abgusssammlung, in: Bénédicte Savoy (Hg.): Tempel der Kunst. Die Entstehung des öffentlichen Museums in Deutschland 1701–1815, Mainz 2006, S. 145–171 Pirondini 2002 Massimo Pirondini: Leonello Spada, in: Elio Monducci u. a., Leonello Spada (1576–1622), Manerba/Reggio Emilia 2002, S. 13–75 Polazzo 1990 Marco Polazzo: Pietro Rotari. Pittore veronese del settecento (1707–1762), Verona 1990 Posner 1971 Donald Posner: Annibale Carracci. A Study in the Reform of Italian Painting around 1590, London 1971 Posse 1929 Hans Posse: Die Staatliche Gemäldegalerie zu Dresden. Vollständiges beschreibendes Verzeichnis der älteren Gemälde. Erste Abteilung: Die romanischen Länder. Italien, Spanien, Frankreich und Russland, Berlin 1929 Posse 1931 Hans Posse: Die Briefe des Grafen Francesco Algarotti an den sächsischen Hof und seine Bilderkäufe für die Dresdner Gemäldegalerie 1743–1747, in: Jahrbuch der Preussischen Kunstsammlungen 52, 1931 (Beiheft) Potsdam 2013 Die Schönste der Welt. Eine Wiederbegegnung mit der Bildergalerie Friedrichs des Großen, Bilder galerie im Park Sanssouci Potsdam, Berlin/München 2013 Racknitz 1811 Joseph F. zu Racknitz: Versuche zur Beurtheilung einiger Gemälde der Königl. Sächs. Gemählde sammlung und deren Meister, Dresden 1811 Ricci 2009 María Teresa Ricci: Du cortegiano au discreto. L’homme accompli chez Castiglione et Gracián. Pour une contribution à l’histoire de l’honnète homme, Paris 2009 Riedel/Wenzel 1765 Johann A. Riedel/Christian F. Wenzel: Catalogue des tableaux de la Galerie Electorale à Dresde, Dresden 1765 Rikken 2010 Marrigje Rikken: Melchior d’Hondecoeter. Bird Painter, in: Willem de Rooij/Benjamin Meyer-Krahmer (Hg.): Melchior d’Hondecoeter (1636–1695), Neue Nationalgalerie Berlin, Düsseldorf 2010, S. 9–32 Ripa 1611 Cesare Ripa: Iconologia. Overo descrittione d’imagini delle virtù, vitij, affetti, passioni humane, corpi celesti, mondo e sue parti, Padua 1611 Rizzi 1996 Alberto Rizzi: Bernardo Bellotto. Dresda, Vienna, Monaco (1747–1766), Venedig 1996

Robels 1989 Hella Robels: Frans Snyders. Stilleben- und Tier maler (1579–1657), München 1989 Roettgen 1999/2003 Steffi Roettgen: Anton Raphael Mengs (1728–1779), 2 Bde., München 1999/2003 Roio 2007 Nicosetta Roio: La vera età di Antonio Carracci; in: Emilio Negro u. a.: Antonio Carracci. Note su alcuni problemi attributivi, Manerba del Garda 2007, S. 65–84 Rom 2001 Garín Llombart/Felipe Vincente (Hg.): Velázquez, Fondazione Memmo Rom, Mailand 2001 Rosa 1791 Salvator Rosa: Satire, London 1791 Rosenberg/Mandrella 2005 Pierre Rosenberg/David Mandrella: Gesamtverzeichnis Französische Gemälde des 17. und 18. Jahr hunderts in deutschen Sammlungen, Bonn 2005 Ross 1984 Stephanie Ross: Painting the Passions. Charles Le Brun’s Conference Sur L’Expression, in: Journal of the History of Ideas 45, 1984, S. 25–47 Röthlisberger 1961 Marcel Röthlisberger: Claude Lorrain. The Paintings, 2 Bde., New Haven 1961 Röthlisberger 1983 Marcel Roethlisberger: Einleitung, in: ders. (Hg.): m Licht von Claude Lorrain. Landschaftsmalerei aus 3 Jahrhunderten, München, Haus der Kunst, 1983, S. 31–40 Rottermund 2005 Andrzej Rottermund: Der Canaletto-Saal im König lichen Schloß. Bellottos Tätigkeit in Warschau (1767–1780), in: Wilfried Seipel (Hg.): Bernardo Bellotto, genannt Canaletto. Europäische Veduten, Kunst historisches Museum Wien, Mailand 2005, S. 157–163 RRP 1982–2011 Ernst van de Wetering (Hg.): A Corpus of RembrandtPaintings (Foundation Rembrandt Research Project), 5 Bde., Den Haag/Dordrecht 1982–2011 Rylands 1988 Philip Rylands: Palma il Vecchio. L’opera completa, Mailand 1988 Sacher 2006 Gerthilde Sacher: Rembrandts »Entführung des Ganymed«. Maltechnik und Restaurierung, in: Uta Neidhardt/Thomas Ketelsen (Hg.): Rembrandt van Rijn. Die Entführung des Ganymed, Gemäldegalerie Alte Meister und Kupferstich-Kabinett Dresden, 2006, S. 51–66 Salerno 1963 Luigi Salerno: Salvator Rosa, Mailand 1963

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Salerno 1988 Luigi Salerno: I dipinti del Guercino, Rom 1988 Salerno 1991 Luigi Salerno: I pittori di vedute in Italia 1580–1830, Rom 1991 Salon 1757 Jules Guiffrey (Hg.): Explication des peintures, sculptures et gravures de messieurs de l’Académie Royale, dont l’expositions a été ordonnée […] dans le grand Salon du Louvre, pour l’année 1757, Nogentle-Roi 1990 Salzburg 1984 Pavel Preiss: Wenzel Lorenz Reiner (1689–1743). Ölskizzen, Zeichnungen und Druckgraphik, Barockmuseum Salzburg, 1984 Scannelli 1966 Guido Giubbini (Hg.): Francesco Scannelli. Il microcosmo della pittura, Mailand 1966 Scarpa Sonino 1991 Annalisa Scarpa Sonino: Marco Ricci, Mailand 1991 Schallaburg 1984 Gerd Spitzer: Barock und Klassik. Kunstzentren des 18. Jahrhunderts in der Deutschen Demokratischen Republik, Renaissanceschloss Schallaburg, Wien 1984 Schelling 1869 –1870 Gustav L. Plitt (Hg.): Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling. Aus Schellings Leben. In Briefen, 3 Bde., Leipzig 1869–1870 Schiller 1980 Hans-Günther Thalheim (Hg.): Friedrich Schiller. Sämtliche Werke in zehn Bänden, Berlin 1980 Schirmer 2000 Uwe Schirmer (Hg.): Sachsen 1763 bis 1832. Zwischen Rétablissement und bürgerlichen Reformen, Beucha 2000 Schlechte 1990 Monika Schlechte: Kunst der Repräsentation – repräsentative Kunst. Zeremoniell und Fest am Beispiel von Julius Bernhard von Rohrs »Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft« und der Festlichkeiten am Dresdner Hof im Jahre 1719, Dresden 1990 Schlenkrich 2006 Elke Schlenkrich: Alltag und soziale Zustände, in: Reiner Groß/Uwe John (Hg.): Geschichte der Stadt Dresden. Bd. 2: Vom Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zur Reichsgründung, Stuttgart 2006, S. 284–295 Schmidt 1921 Otto-Eduard Schmidt: Minister Graf Brühl und Karl Heinrich von Heinecken: Briefe und Akten, Charakteristiken und Darstellungen zur sächsischen Geschichte, Leipzig/Berlin 1921 Schmidt-Linsenhoff 1988 Viktoria Schmidt-Linsenhoff: Guidos Grazie. Rezep tionsgeschichte und Rezeptionsästhetik, in:

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Sybille Ebert-Schifferer (Hg.): Guido Reni und Europa. Ruhm und Nachruhm, Schirn-Kunsthalle Frankfurt, Frankfurt/Bologna 1988 Schneider 2011 Norbert Schneider: Zum Zusammenhang von Still lebenmalerei und Erkenntnistheorie in der Frühen Neuzeit, in: Bettina Gockel (Hg.): Vom Objekt zum Bild. Piktorale Prozesse in Kunst und Wissenschaft 1600–2000, Berlin 2011, S. 20–41 Schneider/Ekkart 1973 Hans Schneider/Rudolf E. O. Ekkart: Jan Lievens. Sein Leben und seine Werke, Amsterdam 1973 Schniewind Michel 2012 Petra Schniewind Michel: Christian Wilhelm Ernst Dietrich genannt Dietricy (1712–1774), München 2012 Schölzel 2012 Christoph Schölzel: Gemäldegalerie Dresden. Be wahrung und Restaurierung der Kunstwerke von den Anfängen der Galerie bis 1876, Görlitz 2012 Schumacher 2006 Birgit Schumacher: Philips Wouwerman (1619–1668). The Horse Painter of the Golden Age, Doornspijk 2006 Schumann 1962 Waltraud Schumann: Zur Landschaftsmalerei des Barock in Italien, in: Dresdener Kunstblätter 6, 1962, S. 146–150 Schumann 1964 Waltraud Schumann: Carlo Marattas Madonna mit dem Kinde, in: Dresdener Kunstblätter 8, 1964, S. 178–179 Schwarz/Conrad 2007 Peter Schwarz/Christian Conrad: August Matthias Hagen. Tagebuch einer Reise durch Deutschland, Dresden 2007 Sheehan 2002 James J. Sheehan: Geschichte der deutschen Kunstmuseen: von der fürstlichen Kunstkammer zur modernen Sammlung, München 2002 Sickel 2011 Lothar Sickel: Il testamento di Antonio Carracci e il »Diluvio universale« per Bernardo de’ Franchi, in: Sybille Ebert-Schifferer/Silvia Ginzburg (Hg.): Nuova luce su Annibale Carracci, Rom 2011, S. 254–269 Slive 2001 Seymour Slive: Jacob van Ruisdael. A Complete Catalogue of his Paintings, Drawings, and Etchings, New Haven 2001 Spanke 2004 Daniel Spanke: Porträt – Ikone – Kunst. Metho dologische Studien zur Geschichte des Porträts in der Kunstliteratur. Zu einer Bildtheorie der Kunst, München 2004 Spear 1976 Richard E. Spear: Johann Liss Reconsidered, in: The Art Bulletin 58, 1976, S. 582–592

Spenlé 2002 Virginie Spenlé: Les achats de peintures d’Auguste III sur le marché de l’art parisien, in: Bulletin de la Société de l’Histoire de l’Art Français, 2002, S. 93–134 Spenlé 2008 Virginie Spenlé: Die Dresdner Gemäldegalerie und Frankreich. Der »bon goût« im Sachsen des 18. Jahrhunderts, Beucha 2008 Steland-Stief 1971 Anne C. Steland-Stief: Jan Asselijn nach 1610 bis 1652, Amsterdam 1971 Steland-Stief 1980 Anne C. Steland-Stief: Zum zeichnerischen Werk des Jan Asselijn. Neue Funde und Forschungs perspektiven, in: Oud Holland 94, 1980, S. 213–258 Stockholm 1969 Annaliese Mayer-Meintschel: Konstskatter fran Dresden, Nationalmuseum Stockholm, 1969 Stübel 1914 Moritz Stübel: Der Landschaftsmaler Johann Alexander Thiele und seine sächsischen Prospekte, Leipzig 1914 Succi 1993 Dario Succi: Teatro e capriccio. Le radici del riccismo di Canaletto e la datazione di sei vedute a Windsor Castle, in: ders. (Hg.): Marco Ricci e il paesaggio veneto del Settecento, Palazzo Crepadona Belluno, Mailand 1993, S. 55–72 Sumowski 1983–1994 Werner Sumowski: Gemälde der Rembrandt-Schüler, 6 Bde., Landau/Pfalz 1983–1994 Swoboda 2008 Gudrun Swoboda: Die Wege der Bilder. Eine Geschichte der kaiserlichen Gemäldesammlungen von 1600 bis 1800, Wien 2008 Syndram/Minning 2010 Dirk Syndram/Martina Minning: Die kurfürstlichsächsische Kunstkammer in Dresden. Das Inventar von 1640, Dresden 2010 Testelin 1696 Henry Testelin: Sentiments des plus habiles peintres sur la pratique de la peinture et sculpture, Paris 1696 Tieze 2009 Agnes Tieze: Flämische Gemälde im Städel Museum, 1550–1800, Petersberg/Frankfurt am Main 2009 Twiehaus 2002 Simone Twiehaus: Dionisio Calvaert (um 1540–1619). Die Altarwerke, Berlin 2002 Udine 2004 Harald Marx (Hg.): Arte per i re. Capolavori del ’700 della Galleria Statale di Dresda, Chiesa di San Francesco Udine, 2004 Uhde 1922 Hermann Uhde (Hg.): Erinnerungen der Malerin Louise Seidler, Berlin 1922

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Venedig 1999 Bernard Aikema/Beverly Louise Brown (Hg.): Renaissance Venice and the North. Crosscurrents in the Time of Bellini, Dürer and Titian, Palazzo Grassi Venedig, London 1999

Waetzoldt 1908 Wilhelm Waetzoldt: Die Kunst des Porträts, Leipzig 1908

Weber 1999a Gregor J. M. Weber: The Gallery as Work of Art. The Installation of the Italian Paintings in 1754, in: Harald Marx/Gregor J. M. Weber (Hg.): Dresden in the Ages of Splendor and Enlightenment. Eighteenth Century Paintings from the Old Masters Picture Gallery, Columbus Museum of Art, 1999, S. 183–197

Venedig 2001 Bozena Anna Kowalczyk (Hg.): Canaletto. Prima maniera, Fondazione Giorgio Cini Venedig, Mailand 2001

Walpole 1762 Horace Walpole: Anecdotes of Painting in England, with some Account of the Principal Artists, and Incidental Notes on other Arts, Collected by the Late Mr. George Vertue, Bd. 3, Strawberry-Hill 1762

Venedig/Houston 2001 Edgar Peters Bowron (Hg.): Bernardo Bellotto and the Capitals of Europe, Museo Correr Venedig/Museum of Fine Arts Houston, New Haven/London 2001

Walther 1992 Angelo Walther u. a.: Gemäldegalerie Dresden. Alte Meister. Katalog der ausgestellten Werke, Leipzig 1992

Weber 2001 Gregor J. M. Weber: Töchter der Giorgione-Venus, in: Venus. Bilder einer Göttin, Alte Pinakothek München/ Wallraf-Richartz-Museum Köln/Koninklijke Museum voor Schone Kunsten Antwerpen, München 2001, S. 17–31

Verona 1990 Sergio Marinelli (Hg.): Bernardo Bellotto. Verona e le città europee, Museo di Castelvecchio Verona, Mailand 1990

Walther 1995 Angelo Walther: Bernardo Bellotto genannt Canaletto. Ein Venezianer malte Dresden, Pirna und den Königstein, Dresden 1995

Weber 2003 Gregor J. M. Weber: Dresden 1762. Bernardo Bellottos Allegorien zu Krieg und Frieden, in: Dresdener Kunstblätter 74, 2003, S. 65–77

Verona 2007 Giorgio Cortenova/Sabrina Baldanza (Hg.): Il Settimo Splendore. La modernità della maliconia, Palazzo della Ragione Verona, Venedig 2007

Warschau 1997 Irena Voisé: Louis de Silvestre (1676–1760). Francuski malarz dworu Augusta II i Augusta III, Warschau, Wilanow-Palais 1997

Weddigen 2007 Tristan Weddigen: Die Sammlung als sichtbare Kunstgeschichte. Die Dresdner Gemäldegalerie im 18. und 19. Jahrhundert, Habil. Universiät Bern, 2007

Versailles 1963 Jeanine Fricker (Hg.): Charles Le Brun (1619–1690). Peintre et dessinateur, Musée National du Châteaux de Versailles et de Trianon, Paris 1963

Washington 1992 Denis Mahon (Hg.): Guercino. Master Painter of the Baroque, National Gallery of Art Washington, 1992

Weigert 1932 Roger A. Weigert: Documents inédits sur Louis de Silvestre, suivis du catalogue de son œuvre, in: Archives de L’Art francais 17, 1932, S. 361–488

Versailles 1997 Xavier Salmon: Louis de Silvestre (1675–1760). Un peintre français à la Cour de Dresde, Musée National du Châteaux de Versailles et de Trianon, 1997 Vertova 1983 Luisa Vertova: Rivisitando Maffeo Verona, in: Antichità Viva 5/6, 1983, S. 7–26 Vogtherr 2005 Christoph M. Vogtherr: Friedrich II. von Preußen als Sammler französischer Gemälde, in: Pierre Rosenberg (Hg.): Poussin, Lorrain, Watteau, Fragonard. Französische Meisterwerke des 17. und 18. Jahr hunderts aus deutschen Sammlungen, Galeries Nationales du Grand Palais Paris/Haus der Kunst München/Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Bonn, Ostfildern-Ruit 2005, S. 89–96 Vogtherr 2011 Christoph M. Vogtherr: Friedrich II. als Sammler von Fêtes Galantes. Zur Geschichte der Sammlung im 18. Jahrhundert, in: ders.: Bestandskataloge der Kunstsammlungen. Französische Gemälde. Bd. 1: Watteau, Pater, Lancret, Lajoüe, Berlin 2011, S. 3–20 Völkel 2007 Michaela Völkel: Schloßbesichtigungen in der Frühen Neuzeit. Ein Beitrag zur Frage nach der Öffentlichkeit höfischer Repräsentation, München/Berlin 2007 Vosmaer 1868 Carel Vosmaer: Rembrandt Harmens van Rijn. Sa vie et ses œuvres, Den Haag 1868 Voss 1924 Hermann Voss: Die Malerei des Barock in Rom, Berlin 1924

Washington/New York/San Francisco 1978 The Splendor of Dresden. Five Centuries of Art Collecting, National Gallery of Art Washington/ The Metropolitan Museum of Art New York/California Palace of the Legion of Honor, Fine Arts Museum San Francisco, New York 1978 Watelet/Levesque 1792 Claude-Henri Watelet/Pierre-Charles Levesque: Dictionnaire des arts de peinture, sculpture et gravure, Paris 1792 Wazbinski 1987 Zygmunt Wazbinski: L’Accademia medicea del disegno a Firenze nel Cinquecento. Idea e istituzione, Florenz 1987 Weber 1989 Gregor J. M. Weber: Stilleben alter Meister in der Kasseler Gemäldegalerie, Melsungen 1989 Weber 1998 Gregor J. M. Weber: »Varie teste« von Pietro Graf Rotari in Dresden, in: Dresdener Kunstblätter 42, 1998, S. 82–90 Weber 1998a Gregor J. M. Weber: Augen der Entrückung, in: Andreas Henning/Gregor J. M. Weber, »Der himmelnde Blick.” Zur Geschichte eines Bildmotivs von Raffael bis Rotari, Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, Emsdetten/Dresden 1998, S. 5–16 Weber 1999 Gregor J. M. Weber: Die Gemälde Pietro Graf Rotaris für den Sächsischen Hof, in: ders.: Pietro Graf Rotari in Dresden. Ein italienischer Maler am Hof König Augusts III., Gemäldegalerie Alte Meister Dresden, Emsdetten/Dresden 1999, S. 17–53

Wellmann 2008 Marc Wellmann: Die Studienköpfe Balthasar Denners (1685–1749). Natur- und Selbstwahrnehmung im Medium extremster Feinmalerei, in: Werner Busch (Hg.): Verfeinertes Sehen. Optik und Farbe im 18. und frühen 19. Jahrhundert, München 2008, S. 167–183 Welzel 1997 Barbara Welzel: Neuerwerbungen in höfischen Galerien. Ereignis und Repräsentation. Anmerkungen zu den Galeriebildern von David Teniers d. J., in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 24, 1997, S. 179–190 Weniger 2012 Matthias Weniger: Bestandskatalog Spanische Malerei. Gemäldegalerie Alte Meister. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, München u. a. 2012 Wenzel 2001 Michael Wenzel: Heldinnengalerie-Schönheiten galerie. Studien zu Genese und Funktion weiblicher Bildnisgalerien 1470–1715, Diss. Heidelberg, 2001 Wethey 1969–1975 Harold E. Wethey: The Paintings of Titian, 3 Bde., London 1969–1975 Wien 1988 Ecclesia Triumphans Dresdensis. Christliche Kunst am Hofe der sächsischen Könige von Polen, Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, Künstlerhaus Wien, 1988 Wien 2001 Sylvia Ferino Pagden u. a. (Hg.): Musik in der Malerei des 16. und 17. Jahrhunderts, Kunsthistorisches Museum Wien, Mailand 2001

Literaturliste

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Wien 2001a Wilfried Seipel (Hg.): Luca Giordano 1634–1705, Kunsthistorisches Museum Wien, 2001

Winckelmann 1952 Walter Rehm (Hg.): Johann Joachim Winckelmann. Briefe. Bd. 1: 1742–1759, Berlin 1952

Wien 2007 Renate Trnek: Traum vom Süden. Die Niederländer malen Italien, Gemäldegalerie der Akademie der Bildenden Künste Wien, Ostfildern 2007

Winckelmann 1976 Johann Joachim Winckelmann: Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst, in: Helmut Holtzhauer (Hg.): Winckel manns Werke in einem Band, Berlin/Weimar 1976, S. 1–37

Wien/Essen 2002 Wilfrid Seipel (Hg.): Das flämische Stillleben 1550– 1680, Kunsthistorisches Museum Wien/Villa Hügel Essen, Lingen 2002 Wiessner 1864 Moriz Wiessner: Die Akademie der Bildenden Künste zu Dresden von ihrer Gründung 1764 bis zum Tode v. Hagedorn’s 1780, Dresden 1864 Wilenski 1960 Reginald H. Wilenski: Flemish Painters 1430–1830, Bd. 1, London 1960 Wimböck 2002 Gabriele Wimböck: Guido Reni (1575–1642). Funktion und Wirkung des religiösen Bildes, Regensburg 2002 Winckelmann 1824 Friedrich Förster (Hg.): Winkelmanns Werke. Nachtrag zu der Ausgabe von H. Meyer und J. Schulze. Bd. 10: Winkelmanns Briefe, Berlin 1824

264

Literaturliste

Winckelmann 2002 (Beschreibung) Johann Joachim Winckelmann: Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dreßdner Gallerie, in: Walter Rehm (Hg.): Kleine Schriften. Vorreden. Entwürfe, Berlin/New York 2002 Winckelmann 2002 (Gedancken) Johann Joachim Winckelmann: Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Wercke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst, in: Walter Rehm (Hg.): Kleine Schriften. Vorreden. Entwürfe, Berlin/ New York 2002 Winkler 1989 Johannes Winkler (Hg.): Der Verkauf an Dresden. Dresden und Modena aus der Geschichte zweier Galerien, Modena 1989 Winterthur/Berlin 2013 Marc Fehlmann/Birgit Verwiebe (Hg.): Anton Graff. Gesichter einer Epoche, Museum Oskar Reinhart Winterthur/Alte Nationalgalerie Berlin, München 2013

Woermann 1887 Karl Woermann: Katalog der Königlichen Gemälde galerie zu Dresden. Große Ausgabe, 2 Bde., Dresden 1887 Zanelli 1722 Ippolito Zanelli: Vita del gran pittore Cavalier Carlo Cignani, Bologna 1722 Zanzotto 1996 Fabio Zanzotto: Per una storia del gusto a Venezia tra Sei e Settecento, in: Saggi e memorie di storia dell’arte 20, 1996, S. 277–313 Zapperi 1987 Roberto Zapperi: I ritratti di Antonio Carracci, in: Paragone 38:449, 1987, S. 3–22 Zimmermann 2005 Carola A. Zimmermann: Die Sixtinische Madonna in Berlin: »Dieses Meisterwerk des Meisters, dieses Glorien- und Prachtbild stand in einem hohen Glanze vor uns«, in: Dresdener Kunstblätter 49, 2005, S. 158–167 Zlatohlávek 2009 Martin Zlatohlávek: Anton Kern (1709–1747), Prag 2009

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Personenregister

Accoramboni, Ignazio (1706–nach 1794) 112 Aelst, Evert van (1602–1657) 188 Aelst, Willem van (1627–nach 1687) 141, 208, 253 Alaleona, Flavio 172 Albani, Francesco (1578–1660) 146, 246, 247, 251 Albert de Luynes, Jeanne Baptiste d’, Comtesse de Verrue (1670–1736) 23, 190 Alberti, Leon Battista (1404–1472) 97 Albrecht Sigismund von Bayern (Bischof von Freising, 1651–1685) 251 Alessandro Ludovisi (1554–1623) 249 Alexander VI. (Papst, 1492–1503) 80 Algarotti, Francesco Graf (1712–1764) 27, 119, 163, 164, 166, 172 Allegrain, Etienne (1644–1736) 251 Alto, Monsù (gest. um 1712) 250 Amama, Franz von (tätig 1686–1700) 247 Ammannati, Bartolomeo (1511–1592) 215 Andrade Leitão, Francisco de (vor 1600–1655) 101 Fra Angelico (um 1400–1455) 18 Antonello da Messina (um 1430–1479) 18 Asam, Cosmas Damian (1686–1739) 251 Asselijn, Jan (um 1610–1652) 63, 85, 246 August II. von Sachsen (1670–1733, König von Polen seit 1697) 14, 21–23, 31–34, 36, 38, 42, 44, 46, 51, 54, 60, 95, 118, 119, 159, 161, 162, 190, 191, 198, 207, 216, 224, 247, 248 August III. von Sachsen (1696–1763, König von Polen seit 1733) 14, 21, 23, 25, 26, 31–34, 36–38, 44, 46, 47, 51, 54, 59–61, 101, 112, 119, 121, 135, 139, 141, 142, 155, 159, 161, 163, 164, 166, 172, 178, 191, 192, 217–219, 229, 248 Augustus (Kaiser, 63 v. Chr. –14 n. Chr.) 51 Baburen, Dirck van (um 1595–1624) 246 Backer, Jacob Adriaensz. (1608–1651) 106, 107, 246 Baldinucci, Filippo (1625–1697) 248 Balen d. Ä., Hendrick van (1575–1632) 248 Balestra, Antonio (1666–1740) 252 Barbari, Jacopo de’ (um 1460/70– um 1516) 60, 187, 188 Barberini 250 Barocci, Federico (1528–1612) 94, 246 Fra Bartolommeo (1472–1517) 251 Batoni, Pompeo (1708–1787) 16, 80 Battoni, s. Batoni Bause, Johann Friedrich (1738–1814) 219 Becchetti, Giuseppe (1724–1794) 166 Bellini, Gentile (um 1429–1507) 253 Bellini, Giovanni (1431/1436–1516) 62, 126, 251, 253 Bellotto, Bernardo, gen. Canaletto (1722–1780) 14, 33, 34, 37, 38, 41, 52, 61, 62, 68, 184, 219, 229, 246, 249

Benefial, Marco (1684–1764) 250 Benfatto, Luigi (um 1544–1609) 135, 253 Benzoni, Bernardo 129 Berchem, Nicolaes (1620–1683) 85, 86, 238 Berendis, Hieronymus Dietrich (1720–1783) 122 Bernini, Gian Lorenzo (1598–1680) 250 Berry, Duchesse de, s. Maria Karolina von NeapelSizilien Bie, Cornelis de (1621–1664) 252 Bildstein 54 Bloemen, Jan Frans van (1662–1749) 88, 90 Bloemen, Norbert van (1670– um 1746) 90 Bloemen, Pieter van (1657–1720) 88, 90, 246, 250, 253 Bodenehr, Moritz (1665–1748) 224 Bordoni, Faustina (1697–1781) 36, 61 Bol, Ferdinand (1616–1680) 251 Bonaparte, Napoleon (1769–1821) 16 Bontempi, Giovanni Andrea Angelini (um 1624–1705) 60 Borghese Caffarelli, Scipione (1576–1633) 251 Boschini, Marco (1605–1681) 156 Bose, Friedrich Karl Graf von (1753–1809) 218 Boselli, Felice (1650–1732) 197, 246 Both, Andries (1611/1612–1641) 63, 246 Both, Jan (um 1618–1652) 63, 85, 238, 246, 250 Bottschild, Andreas d. Ä. (um 1540–um 1574) 246 Bottschild, Johann Andreas (vor 1630–1670) 246 Bottschild, Samuel (1641–1706) 216, 217, 223, 224, 246, 248 Boucher, François (1703–1770) 21, 23, 24, 181 Boullogne, Bon (1649–1717) 252 Boulogne, Valentin de (1591–1632) 129 Bourdon, Sébastien (1616–1671) 63, 251 Brais, Samuel de (gest. 1742) 23, 169 Brandl, Peter (1660–1735) 251 Bray, Joseph de (1605–1664) 191 Bril, Paul (1554–1626) 250 Bronzino, Agnolo (1503–1572) 215 Brueghel, Abraham (um 1631–1690) 252 Brueghel, Jan d. Ä. (1568–1625) 207, 252 Brueghel, Pieter d. J. (1564–1637/1638) 252 Brühl, Heinrich Graf von (1700–1763) 25, 26, 32-34, 38, 41, 44, 46, 51, 97, 112, 119, 159, 162, 164, 169, 172, 181, 218, 229 Bünau, Heinrich von (1697–1762) 117, 122 Burckhardt, Jakob (1818–1897) 19 Calvaert, Denys (1540?–1619) 162, 166, 246, 251 Calvetti, Alberto (gest. 1711) 247 Canal, Antonio, gen. Canaletto (1697–1768) 21, 34, 41, 61, 62, 64, 66-68, 246, 247, 254 Canal, Bernardo (vor 1716– nach 1743) 247

Canaletto s. Canal, Antonio oder Bellotto, Bernardo Caravaggio, eigentl. Michelangelo Merisi (1571–1610) 21, 129, 132, 136, 139, 247, 249, 250, 251, 252 Carlevarijs, Luca (1663–1729) 61, 62, 64, 247 Caroline Luise von Baden (1723–1783) 24, 25 Carpaccio, Vittore (um 1460– um 1526) 251 Carracci, Agostino (1557–1602) 98, 139, 140, 164, 246, 247, 250–252 Carracci, Annibale (1560–1609) 62, 70, 98, 139, 140, 144, 164, 170, 246, 247, 250–252 Carracci, Antonio (um 1583–1618) 98 Carracci, Ludovico (1555–1619) 247 Carriera, Rosalba (1675–1757) 61, 170 Carus, Carl Gustav (1789–1869) 62, 184 Casanova, Francesco (1727–1802) 247 Casanova, Giacomo (1725–1798) 234, 247 Casanova, Giovanni Battista (1730–1795) 37, 219, 234, 247, 249 Casanova, Giovanna, s. Farussi Castiglione, Baldassare (1478–1529) 27 Celesti, Andrea (1637–1712) 123, 150, 247 Champaigne, Philippe de (1602–1674) 54 Chardin, Jean-Baptiste Siméon (1699–1779) 21, 24–26, 233 Chiaveri, Gaetano (1689–1770) 34, 38, 61 Chignoli, Girolamo (1600/1605– nach 1644) 248 Choiseul, Etienne François Duc de (1719–1785) 176 Christian Ludwig II. von Mecklenburg-Schwerin (1683–1756) 253 Christiane Eberhardine von Brandenburg-Bayreuth (1671–1727) 46 Christina von Schweden (1626–1689, Königin seit 1632–1654) 207 Cignani, Carlo (1628–1719) 146, 247 Cignani, Felice (1660–1724) 247 Clemens XI. (Papst 1700–1721) 250 Colonna 64, 250 Conca, Sebastiano (1680–1764) 250 Coninck, David de (1636–1699) 197 Correggio, eigentl. Antonio Allegri (um 1489–1534) 15, 16, 21, 24, 26, 61, 123, 150, 163–165, 169, 170, 172, 246–248, 250 Cortese, Guglielmo (1628–1679) 248 Cortona, Pietro da (1596–1669) 248 Corvinus, Johann August (1683–1738) 36 Costa, Lorenzo (1537–1583) 247 Coypel, Antoine (um 1661–1722) 140, 230, 252 Cranach, Lucas d. Ä. (1472–1553) 25, 94, 188, 189 Cranach, Lucas d. J. (1515–1586) 117 Crivelli, Angelo Maria (gest. um 1703) 246 Crozat, Pierre (1655–1740) 23, 25, 162 Curti, Girolamo (1575–1632) 252 Dahl, Johan Christian (1788–1857) 17, 182

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Dante Alighieri (1265–1321) 17 Dathan, Johann Georg (1701–1749) 48, 247 David, Jacques-Louis (1748–1825) 220 Decius, Gaius Messius (römischer Kaiser 249–251) 133 Deibel, Franz (tätig zwischen 1766 und 1792) 121 Denner, Balthasar (1685–1749) 13, 95, 96, 111, 247 Denon, Vivant (1747–1825) 16 Déruet, Claude (1588–1660) 250 Descartes, René (1596–1650) 97 Desmarées, Georges (1697–1776) 247 Dietrich, Christian Wilhelm Ernst (1712–1774) 41, 52, 161, 164, 165, 170, 175, 176, 181, 184, 217, 219, 230, 233, 237, 238, 247–249, 253 Dietrich, Johann Georg (1684–1752) 248 Diogenes von Sinope (gest. um 323 v. Chr.) 175 Dolci, Carlo (1616–1686) 141, 146, 149, 248 Domenichino (1581–1641) 70, 139, 246, 250, 252 Dossi, Battista (1493/95–1548) 163 Dossi, Dosso (um 1486–1542) 162, 163 Dou, Gerard (1613–1675) 251 Douw, Simon Johannes van (um 1630–nach 1677) 246 Dubuisson, Jean-Baptiste Gayot (tätig zwischen 1700 und 1717) 191 Dürer, Albrecht (1471–1528) 13, 15, 25, 123, 152 Dughet, Gaspard (1615–1675) 63, 73, 74, 79, 80, 88, 248, 249, 252 Dujardin, Guilliam (um 1597– nach 1647) 252 Dujardin, Karel (1626–1678) 86 Dyck, Anthony van (1599–1641) 22–24, 54, 101, 105, 118, 130, 132, 248, 250 Edelinck, Gérard (1640–1707) 217 Eeckhout, Gerbrand van den (1621–1674) 251 Eismann, Johann Anton (um 1613–um 1700) 82 Elisabeth I. von Russland (1709–1761, Zarin seit 1725) 247, 252 Elsheimer, Adam (1578–1610) 250 Este, d’ 129, 139, 142, 144, 161, 162, 170 Este, Alessandro d’ (Kardinal, 1568–1624) 139, 142 Este, Alfonso I. d’ (Herzog von Ferrara, 1476–1534) 253 Este, Alfonso II. d’ (Herzog von Ferrara, 1533–1597) 124 Este, Francesco III. d’ (Herzog von Modena, 1698–1780) 37, 101, 124 Este, Ippolito d’ (1509–1572) 166 Everdingen, Allaert van (1621–1675) 182 Eyck, Jan van (um 1390–1441) 15, 94 Farnese, Odoardo (1612–1646) 252 Farnese, Ranuccio (1655–1740) 252 Farussi, Giovanna, verh. Casanova (1708–1776) 247 Fehling, Carl Heinrich Jacob (1683–1753) 34 Fehling, Heinrich Christoph (1654–1725) 216, 217, 224, 226, 246, 248 Ferdinand IV. (1751–1825, König von Neapel, als Ferdinand I. König beider Sizilien seit 1815) 178 Fergioni, Bernardino (1675– nach 1732) 250 Fetti, Domenico (um 1589–1624) 250 Fijt, Joannes (1611–1661) 200, 252, 253 Flinck, Govaert (1615–1660) 107, 246, 251 Floris, Frans (um 1519–1570) 94 Fontana, Prospero (1512–1597) 246, 247 Forster, Georg (1754–1794) 123 Fouquet, Nicolas (1615–1680) 250 Fragonard, Jean-Honoré (1732–1806) 21 Franck, Laureys (tätig um 1659) 251

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Personenregister

Franz Friedrich Anton von Sachsen-Coburg-Saalfeld (1750–1806) 248 Franz II. Rákóczi (1676–1735) 250 Franz Xaver von Sachsen (1730–1806) 218 Friedrich, Caroline Friederike (1749–1815) 212, 248 Friedrich, Caspar David (1774–1840) 80, 238, 240 Friedrich, David (1719–1766) 248 Friedrich, Johann Alexander David (1744–1793) 248 Friedrich III. von Brandenburg (1657–1713, König als Friedrich I. seit 1701) 224 Friedrich IV. von Dänemark (1671–1730, König seit 1699) 35 Friedrich II. von Preußen (1712–1786, König seit 1740) 24, 25, 32, 33, 52, 165 Friedrich III. von Sachsen (1463–1525, Kurfürst seit 1486) 60, 187, 188 Friedrich August III. von Sachsen (1750–1827, Kurfürst seit 1763) 218 Friedrich August I., s. August II. (1670–1733) Friedrich August II., s. August III. (1696–1763) Friedrich Christian I. von Sachsen (1722–1763) 33, 46, 47, 56, 218 Friedrich Wilhelm I. von Peußen (1688–1740, König seit 1713) 44 Friesen, Carl von (1619–1686) 246 Fritsch, Thomas von (1700–1775) 218 Fröhlich, Joseph (1694–1757) 41 Garofalo (1481–1559) 162, 164 Gennari, Benedetto (1563–1658) 249 Gérin, Jacques-Albert (vor 1664–1702) 253 Gessner, Salomon (1730–1788) 237 Geyser, Christian Gottlieb (1742–1803) 217 Gherardi, Pietro Ercole (1687–1752) 144, 162 Ghisolfi, Giovanni (1623–1683) 82, 248, 250 Gillot, Claude (1673–1722) 253 Giordano, Luca (1634–1705) 118, 133, 247, 248 Giorgione (1477–1510) 22, 62, 118, 124, 126, 251, 253 Giotto, eigentl.Giotto di Bondone (um 1270–1337) 17 Gobert, Pierre (1662 –1744) 44 Goethe, Johann Wolfgang (1749–1832) 15–17, 121, 182 Graat, Barent (1628–1709) 252 Graff, Anton (1736–1813) 37, 44, 97, 217, 219, 226, 237, 248 Grandon, Charles (um 1691–1762) 249 Grasdorp, Willem (1678–1723) 253 Gregor XV. (Papst, 1621–1623) 249 Greuze, Jean-Baptiste (1725–1805) 24, 226, 233, 249 Grillparzer, Franz (1791–1872) 16 Grone, Giovanni Battista (1682–1748) 217 Guardi, Francesco (1712–1793) 62, 254 Guarienti, Pietro Maria (um 1700–1753) 117, 123, 129, 130, 162, 164, 166, 172 Günther I. von Schwarzburg-Sondershausen (1678– 1740) 253 Guercino, eigentl. Giovanni Francesco Barbieri (1591–1666) 141–143, 247, 249 Hackert, Jacob Philipp (1737–1807) 63, 80, 249 Hackert, Johann Gottlieb (1744–1773) 249 Hackert, Philipp (gest. 1768) 249 Hähnel, Ernst Julius (1811–1891) 17 Hagedorn, Christian Ludwig von (1712–1780) 88, 95–97, 112, 182, 211, 216, 218, 219, 234, 237 Haid, Johann Jacob (1704–1767) 248 Hainz, Georg (geb. um 1630) 253 Halbax, Michael Wenzel (1661–1711) 251

Hals, Frans (1580/1585–1666) 86, 111, 254 Hasse, Johann Adolf (1699–1783) 31, 36, 37, 61 Heda, Willem Claesz. (um 1594–1670/1680) 192 Heem, Cornelis de (1631–1695) 190, 203, 249 Heem, Jan Davidsz. de (1606–1683) 190, 203, 208, 249, 251, 253 Heineken, Carl Heinrich von (1707–1791) 25, 26, 95, 122, 123, 136, 144, 152, 163, 164, 181, 217, 249 Henriette Adelheid von Savoyen (1636–1676) 247 Henriette Amalie von Anhalt-Dessau (1720–1793) 248 Herrera, Francisco de (1576/1590–1654) 253 Hippel, Theodor Gottlieb (1741–1796) 16 Hoare, Henry (1705–1785) 250 Hoefnagel, Georg (1542–1600) 188, 189 Hoffmann, Ernst Theodor Amadeus (E.T.A.) (1776–1822) 16 Hoffmann, Felicità (1714–1760/70) 170 Holbein, Hans d. J. (1497–1543) 13, 16, 17, 25, 163 Hondecoeter, Gijsbert Gillisz. de (1604–1653) 249 Hondecoeter, Gillis Claesz. de (gest. 1638) 249 Hondecoeter, Melchior d’ (1636–1695) 194, 249 Honthorst, Gerard van (1590–1656) 246 Hoogstraten, Samuel van (1627–1678) 189 Houbraken, Arnold (1660–1719) 252 Huchtenburg, Jan van (1647–1733) 246 Hübner, Julius (1806–1882) 27, 101, 165, 166 Hulle, Anselm van (1601–1674) 101 Huret, François (tätig um 1640) 68 Hutin, Charles François (1715–1776) 52, 184, 217, 219, 233, 249 Hutin, Pierre (1723/1724–1763) 249 Huygens, Constantijn (1628–1697) 105 Huysmans, Cornelis (1648–1727) 88 Jacobsz., Lambert (um 1598–1636) 246 Jencquel, Kaspar Friedrich (eigentl. Einckel) (1679–1729) 161 Jode, Pieter de (1604-1670) 101 Johann II. (der Gute) (1319–1364, König von Frankreich seit 1340) 93 Johann Georg I. von Sachsen (1585–1656) 59 Johann Georg II. von Sachsen (1613–1680) 108 Johann Georg III. von Sachsen (1647–1691) 216, 223 Johann Georg IV. von Sachsen (1668–1694) 31, 42, 59, 216, 223, 224, 248 Johann Wilhelm von der Pfalz (1658–1716) 22 Jordaens, Jacob d. Ä. (1593–1678) 156 Joseph I. von Habsburg (1678–1711, Kaiser des HRR seit 1705) 32 Julius II. (Papst, 1503–1513) 80, 251 Kaaz, Karl Ludwig (1773–1810) 238 Karl Ludwig von der Pfalz (1617–1680) 252 Karl Theodor von der Pfalz (1724–1799, Kurfürst seit 1742) 252 Karl I. (1600–1649, König von England seit 1625) 248 Karl III. (1716–1788, König von Spanien seit 1759) 250 Karl V. (1500–1558, Kaiser 1519–1556) 253 Karl VI. (1685–1749, Kaiser seit 1711) 32, 47, 95 Karl XII. (1682–1718, König von Schweden seit 1697) 31, 32 Katharina II. von Russland (1729–1796, Zarin seit 1762) 24, 25, 112, 250 Kern, Anton (1710–1747) 155, 249 Keyl, Michael (1722–1798) 32, 122 Keyserlingk, Hermann Carl von (1696–1764) 181, 191, 194

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Klass, Friedrich Christian (1752–1827) 240, 249 Klengel, Johann Christian (1751–1824) 17, 182, 184, 238, 249, 253 Klengel, Wolf Caspar von (1630–1691) 224 Knöffel, Johann Christoph (1686–1752) 34, 37, 119 Königsmarck, Maria Aurora von (1662–1728) 224 Körner, Christian Gottfried (1756–1831) 212 Krügner, Johann Gottfried d. Ä. (1684–1769) 217 Kugler, Matthäus (1692–1752) 121 Laer, Pieter van (1599– um 1642) 63, 85, 246, 254 Lagrenée, Louis Jean François (1725–1805) 24 Lairesse, Gérard de (1640–1711) 95, 189, 191, 192, 230 Lancret, Nicolas (1690–1743) 23, 26, 181 Largillière, Nicolas de (1656–1746) 217, 250, 252 Lastman, Pieter (1583–1633) 250, 251 Lavater, Johann Caspar (1741–1801) 97 Lazzarini, Gregorio (1655–1730) 247, 253 Le Brun, Charles (1619–1690) 21, 97, 112, 215, 217, 220, 250, 252 Leclerc, Sébastien d. Ä.(1637–1714) 97 Leczi nski, ´ Stanisłaus (1677–1766) 33 Lemoyne, François (1688–1737) 249 Leonardo da Vinci (1452–1519) 16, 94, 251 Leopold Wilhelm von Habsburg (1614–1662) 22 Leopold I. von Österreich (1640–1705, Kaiser seit 1658) 211 Leplat, Raymond (um 1664–1742) 96, 207 Le Roy, Charles 118 Le Sueur, Blaise Nicolas (1716–1783) 249 Levesque, Pierre-Charles (1736–1812) 96 Lievens, Jan (1607–1674) 94, 95, 105, 250 Lingelbach, Johannes (1622–1674) 63 Liotard, Jean-Etienne (1702–1789) 61 Lippert, Philipp Daniel (1702–1785) 216, 217 Lippo Memmi (tätig zwischen 1317 und 1350) 18 Liss, Johann (um 1597–1631) 156, 250 Locatelli, Andrea (1695–1741) 79, 250 Locatelli, Pietro (1634–1710) 79 Lomazzo, Giovanni Paolo (1538–1600) 223 Longuelune, Zacharias (1669–1748) 36 Lorrain, Claude, eigentl. Claude Gellée (1600–1682) 17, 62, 63, 70, 73, 79, 86, 152, 175, 184, 238, 249, 250 Loth, Johann Carl (1632–1698) 246 Louis Ferdinand de Bourbon (1729–1765, Dauphin) 48 Ludovisi, Alessandro (1554–1623) 249 Ludwig XIV. (1638–1715, König von Frankreich seit 1643) 42, 250 Luise Ulrike (1720–1782, Königin von Schweden seit 1751) 252 Magnasco, Alessandro (1667–1749) 251 Malvasia, Carlo Cesare (1616–1693) 132, 143, 144, 162, 166 Mander, Karel van (1548–1606) 223 Mantegna, Andrea (um 1431–1506) 18, 247 Mányoki, Adám (1673–1757) 44, 118, 250, 253 Maratta, Carlo (1625–1713) 170, 172, 197, 250, 253 Marcolini-Ferretti, Camillo Graf (1739–1814) 237 Maria Antonia von Bayern (1724–1780, Kurfürstin seit 1763) 47, 218, 229 Maria Josepha von Habsburg (1699–1757) 32, 33, 35, 47, 118, 192 Maria Josepha von Sachsen (1731–1767) 44, 48, 119 Maria Karolina von Neapel-Sizilien 82, 178 Maron, Theresa Concordia (1725–1808) 170, 250 Marrel, Jacob (1614–1681) 251

Martszen de Jonge, Jan (1609 – nach 1647) 246 Massijs, Jan (um 1509–1575) 187, 188 Mattielli, Lorenzo (gest. 1748) 61 Maximilian II. Emanuel von Wittelsbach (1662–1726) 22 Mazzoni, Sebastiano (um 1611–1678) 247 Mechau, Jacob Wilhelm (1745–1808) 240 Medici 141, 169 Medici, Cosimo I. de’ (1519–1574) 215 Medici, Cosimo III. de’ (1642–1723) 149 Medici, Lorenzo di Ferdinando de’ (1599–1648) 248 Medici, Maria de’ (1573–1642, Königin von Frankreich seit 1600) 207 Mengs, Anton Raphael (1728–1779) 44, 46, 166, 169, 170, 219, 234, 247, 250 Mengs, Ismael (1688/1690–1765) 250 Mengs, Juliane Charlotte (nach 1725 – nach 1789) 250 Mengs, Theresa Concordia, s. Maron Menzel, Adolph (1815–1905) 16, 17 Meratti 172 Metsu, Gabriel (1629–1667) 233 Meyer, Cornelis 64 Meyer, Heinrich (1760–1832) 123 Meytens, Martin van (1695–1770) 247 Michelangelo, eigentl. Michelangelo Buonarroti (1475–1564) 21–23, 152, 166, 246, 248, 251 Miel, Jan (1599–1664) 63 Mieris, Frans van (1635–1681) 233 Mieris, Jan van (1660–1690) 26 Mignard, Pierre (1612–1695) 42 Mignon, Abraham (1640–1679) 190, 204, 208, 251, 253 Millet, Jean François (1642–1679) 63, 74, 79, 251 Mola, Pier Francesco (1612–1666) 249 Moucheron, Frederik de (1633–1686) 85 Müller, Christian Benjamin (1690–1758) 248 Murillo, Bartolomé Esteban (1618–1682) 18 Myn, Herman van der (1684–1741) 253 Natoire, Charles-Joseph (1700–1777) 249 Netscher, Caspar (1639–1684) 26, 181 Nijt, Herman de 253 Noailles, Adrien-Maurice de 1678–1766) 169 Nosseni, Giovanni Maria (1544–1620) 60, 117 Nuvolone, Giuseppe (1619– um 1703) 246 Oeser, Adam Friedrich (1717–1799) 217, 233 Oesterreich, Matthias (1716–1778) 176 Ogin´ ska, Marcybella (nach 1693–1763?) 44 Ostade, Adriaen van (1610–1685) 26 Ostade, Isaac van (1621–1649) 26 Pacheco, Francisco (1564–um 1644) 253 Paleotti, Gabriele (1522–1597) 140 Pallavicini, Stefano Benedetto (1672–1742) 61 Palma il Giovane, Jacopo (1548–1628) 82, 149, 249 Palma il Vecchio, Jacopo, eigentl. Jacopo Negretti (1480–1528) 22, 126, 251 Pannini, Giovanni Paolo (1691–1765) 82, 248, 250, 254 Pascoli, Lione (1674–1744) 254 Passarotti, Bartolomeo (1529–1592) 247 Pater, Jean-Baptiste François (1695–1736) 23 Paudiss, Christoph (um 1625–1666) 108, 119, 190, 191, 251 Pedretti, Giuseppe Carlo (1694–1778) 230 Pellegrini, Giovanni Antonio (1675–1741) 251 Penni, Giovan Francesco (um 1495 – um 1528) 162 Perotti, Pierantonio (1712–1793) 97, 112

Perrier, François (1594–1649) 250 Perugino, Pietro (um 1450–1523) 94, 251 Pesne, Antoine (1683–1757) 32, 44 Pfeiffer, Hans (gest. 1700) 253 Philipp II. von Spanien (1527–1598, König seit 1556) 253 Philipp IV. von Spanien (1605–1665, König seit 1621) 207, 253 Philipp V. von Spanien (1683–1746, König seit 1701) 250 Piazzetta, Giovanni Battista (1632–1754) 26, 123, 247, 252 Picart, Bernard (1673–1733) 97 Piles, Roger de (1635–1709) 23 Pinturicchio, Bernardino (1452–1513) 251 Pio, Nicola (1677– nach 1733) 254 Piranesi, Giovanni Battista (1720–1778) 79 Pirenne, Abt 54 Pisendel, Johann Georg (1687–1755) 36 Pittoni, Giovanni Battista (1687–1767) 26, 249 Platon (427–347) 215 Plinius Secundus d. Ä. (23–79) 62, 93 Poelenburgh, Cornelis van (1594–1667) 86, 164, 165, 250 Pöppelmann, Matthäus Daniel (1662–1736) 33, 34, 36, 38 Ponzone, Matteo (1583– nach 1663) 247 Porta s. Salviati Gaspard Poussin s. Dughet Poussin, Nicolas (1594–1664) 23, 63, 73, 74, 80, 240, 248, 250, 251, 252 Pozzi, Niccolò (gest. 1758) 41 Preti, Mattia (1613–1699) 248 Previtali, Andrea (um 1470–1528) 251 Queborn, Cerstian van den (1515–1578) 246 Raffael, eigentl. Raffaello Santi (1483–1520) 13, 15–17, 21–23, 26, 37, 61, 62, 123, 162-166, 169, 234, 246, 250, 251 Raimondi, Marcantonio (1470/1482–1527/1534) 247 Ramelli, Felice (1666–1741) 170 Reiner, Wenzel Lorenz (1689–1743) 88, 251 Rembrandt Harmensz. van Rijn (1606–1669) 21–23, 95, 102, 105, 107, 108, 118, 152, 165, 191, 233, 246, 248, 250, 251 Rémy, Pierre (1724–1796) 164 Reni, Guido (1575–1642) 24, 129, 132, 139, 140, 142, 143, 164, 246, 247, 249, 251 Reynolds, Joshua (1723–1792) 175 Ribera, Jusepe de (1591–1652) 123, 130, 133, 136, 248, 251 Ricchino, Francesco (um 1516 – nach 1568) 60 Ricci, Marco (1676–1730) 76, 123, 251, 252 Ricci, Sebastiano (1659–1734) 251, 252 Richter, Ludwig (1803–1884) 238 Riedel, Johann Gottfried (1691–1755) 88, 117, 164, 198 Rietschel, Ernst (1804–1861) 17 Rigaud, Hyacinthe (1659–1743) 54, 252 Rivalz, Antoine (1667–1735) 253 Robert, Hubert (1733–1808) 21 Roos, Johann Heinrich (1631–1685) 86, 88, 252 Roos, Joseph (1726–1805) 219, 238, 252 Roos, Theodor (1638–1687) 252 Rosa, Salvator (1615–1673) 63, 82, 165, 175, 176, 248, 251, 252 Rospigliosi 250 Rossi, Lorenzo (um 1690–1731) 126, 249

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Rossi, Ventura 76, 82, 166 Rotari, Pietro Antonio Graf (1707–1762) 46, 47, 95–97, 112, 170, 252 Rubens, Peter Paul (1577–1640) 13, 17, 21–24, 94, 101, 105, 118, 130, 152, 170, 191, 246, 248, 250–253 Ruisdael, Isaack van (1599–1677) 252 Ruisdael, Jacob Isaacksz. van (um 1628–1682) 17, 182, 184, 249, 252 Ruysdael, Salomon van (um 1602–1670) 252 Ruspoli 250 Ruysch, Rachel (1664–1750) 95, 208 Sabatini, Lorenzo (um 1520–1576) 246 Sacchi, Andrea (1599–1661) 250 Saint-Aubin, Augustin de (1736–1807) 226 Salviati, Francesco (1510–1536) 135 Sandrart, Joachim von (1606–1688) 108, 216, 223, 246, 250 Santi, Giovanni (1430/40–1494) 251 Sarburgh, Bartholomäus (spätestens 1588 Saarburg – um 1650 Den Haag) 13 Savery, Roelant (1576–1639) 182 Scannelli, Francesco (1616–1663) 124 Scheits, Andreas (um 1655–1735) 250 Schellenberg, Johann Ulrich (1709–1795) 248 Schellinks, Willem (1627–1678) 85 Schiller, Friedrich (1759–1805) 16, 212 Schinkel, Karl Friedrich (1781–1841) 16 Schlegel, Caroline (seit 1803 Schelling) (1763–1809) 13, 15, 19 Schneider, Leonhard (1716–1762) 248 Schooten, Joris van (1587–1651) 250 Schwarze, Julius Heinrich (1706–1775) 217 Schweiger, Anton Ferdinand (tätig zwischen 1705–1737) 251 Scipio Aemilianus (um 185–129) 82 Sebastiano del Piombo (um 1485–1547) 246 Seghers, Daniel (1590–1661) 191, 192, 207, 252 Seidler, Louise (1786–1866) 18 Semper, Gottfried (1803–1879) 15, 17, 18 Seybold, Christian (1695–1768) 13, 95, 111 Silvestre, François Charles (um 1712–1780) 226 Silvestre, Louis de (1675–1760) 26, 44, 46, 51, 54, 56, 59, 60, 217, 224, 226, 230, 233, 247, 249, 250, 252 Slodtz, Antoine Sébastien (1694/1695–1754) 249 Slodtz, Jean-Baptiste (1699–1759) 164 Smith, Joseph (um 1674–1770) 76, 247, 252 Snijders, Frans (1579–1657) 191, 198, 200, 252, 253 Solier, Charles de (1480/81–1564) 16

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Personenregister

Solimena, Francesco (1657–1647) 252 Sosten, Diedrich von (vor 1669–1695) 253 Spada, Leonello (1576–1622) 52, 139, 252 Stanislaus II. August Poniatowski von Polen (1732–1798) 246 Steffens, Henrik 13, 15, 16 Stuven, Ernst (um 1657–1712) 208, 211, 252, 253 Subleyras, Mathieu (geb. 1670) 253 Subleyras, Pierre (1699–1749) 56, 218, 253 Swanenburgh, Jacob van (1571–1638) 251 Swanevelt, Herman van (um 1600–1665) 73, 85, 250 Talleyrand-Périgord, Charles-Maurice de (1754–1838) 16 Talon, Louis 164 Tamm, Franz Werner (1658–1724) 211, 253 Tassi, Agostino (um 1579–1644) 250 Teniers d. J., David (1610–1690) 22, 26, 193, 253 Testelin, Henry (1616–1695) 223 Thiele, Johann Alexander (1685–1752) 34, 38, 41, 182, 248, 253 Thola, Benedetto (1525–1572) 60, 61 Thola, Gabriele (1523–um 1583) 60 Thorvaldsen, Bertel (um 1770–1844) 16 Tibaldi, Domenico (1541–1583) 247 Tieck, Ludwig (1773–1853) 16 Tiepolo, Giovanni Battista (1696–1770) 26, 27, 51, 123, 252 Tintoretto, Jacopo, eigentl. Jacopo Robusti (1519–1594) 22, 135 Tizian, eigentl. Tiziano Vecellio (um 1488/90–1576) 16, 21–24, 62, 82, 118, 123, 124, 126, 135, 161, 164, 165, 248, 251, 253 Torelli, Stefano (1712–1784) 217 Torri, Flaminio (1620–1661) 162 Trevisani, Francesco (1656–1746) 150, 155, 252 Uden, Konrad Friedrich 117 Utrecht, Adriaen van (1599–um 1652/53) 200, 252, 253 Uylenburgh, Hendrick van (1584/1589– um 1660) 107 Valenciennes, Pierre Henri de (1750–1819) 80 Vasari, Giorgio (1511–1574) 21, 163, 215, 216 Vecchia, Pietro della (1605–1678) 129, 253 Velázquez, Diego (1599–1660) 101, 253 Velde, Esaias van de (1587–1630) 246 Vermeer van Delft, Jan (1632–1675) 233 Verona, Maffeo (um 1574–1618) 135, 253 Veronese, Paolo (1528–1588) 21–23, 82, 135, 163, 253

Verrue, s. Albert de Luynes, Comtesse de Verrue Victor-Amédée de Savoie, Prince de Carignan (1690–1741) 23 Vignali, Jacopo (1592–1664) 248 Vinache, Jean Joseph (1696–1754) 42 Visser, Dirk 253 Vittorio Amadeo II. von Savoyen (1666–1732) 250 Vliet, Judith Willemsdr. van 188 Volpini, Paolo Antonio 248 Voorhout, Johannes (1647–1723) 253 Vos, Paul de (1591–1678) 252 Vouet, Simon (1590–1649) 250 Wagner, Richard (1813–1883) 82 Wallenstein 198 Walpole, Horace (1717–1797) 25, 189 Watelet, Claude-Henri (1718–1786) 96 Watteau, Antoine (1684 –1721) 23–26, 178, 181, 248, 253 Weenix, Jan Baptist (1621–1661) 63, 85, 249, 253 Werff, Adriaen van der (1659 –1722) 13, 26 Westerbaen, Jacob (1599–1670) 191 Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel (1682–1760) 192 Willaerts, Maria 251 Wille, Johann Georg (1715–1808) 219 Winckelmann, Johann Joachim (1717–1768) 15, 26, 117, 121-124, 126, 129, 130, 132, 135, 136, 139, 140-142, 144, 146, 149, 150, 152, 155, 156, 159, 163, 165, 219, 234, 247 Winteraeck, Joachim 253 Withoos, Matthias (1627–1703) 253 Wittel, Gaspar Adriaenz. van, gen. Vanvitelli (1653–1736) 61, 62, 64, 247, 253, 254 Woermann, Karl (1844–1933) 133 Wolfvoet, Victor (vor 1596– nach 1612) 22, 23 Wouwerman, Philips (1619–1668) 23, 26, 158, 159, 246, 254 Wouwerman, Pauwels Joosten (vor 1600–1642) 254 Zagnoni, Paolo (tätig zwischen 1585 und 1608) 249 Zanetti, Anton Maria (1706–1778) 76, 252 Zawisza, Ignaczy (1696–1738) 44 Zeissig, Johann Eleazar, gen. Schenau (1737–1806) 37, 234, 247 Zingg, Adrian (1734–1816) 219 Zincke, Christian Friedrich (1683/85–1767) 248 Zincke, Paul Christian (1687–1770) 248 Zuccarelli, Francesco (1702–1778 oder 1788) 26 Zuccato, Sebastiano (gest. 1527) 253 Zurbarán, Francisco de (1598–1664) 18

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Abbildungsnachweis

Für alle Abbildungen der Staatlichen Kunst sammlungen Dresden: Herbert Boswank, Elke Estel, Ursula-Maria Hoffmann, Jürgen Karpinksi, HansPeter Klut, Roger Paul, Gerald Schultz, Berlin, Asmus Steuerlein sowie SLUB Dresden/Deutsche Fotothek. Antwerpen © Foto: Lowie De Peuter & Michel Wuyts, Museum Mayer van den Bergh, Antwerpen, S. 230 Berlin © bpk / Gemäldegalerie, SMB, Jörg P. Anders, S. 62 Braunschweig © Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig, Foto: Claus Cordes, S. 181 Cambridge © Fitzwilliam Museum, University of Cambridge, UK, The Bridgeman Art Library, S. 226 Chicago © The Art Institute of Chicago, S. 98

Dresden © Vorlage und Repro: Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, S. 118

Potsdam © bpk / Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg / Jörg P. Anders, S. 24, 32

Lille © bpk / RMN-Grand Palais / René-Gabriel Ojéda, S. 156, © bpk / RMN – Grand Palais / Martine BeckCoppola, S. 88

Sankt Petersburg © The State Hermitage Museum, Foto: Vladimir Terebenin, Leonard Kheifets, Yuri Molodkovets, S. 25

London © Trustees of the British Museum, S. 175 Melbourne © National Gallery of Victoria, S. 27 München © bpk / Bayerische Staatsgemäldesammlungen, S. 187, © Foto: Bayer & Mitko – ARTOTHEK, S. 204 New York © The Pierpont Morgan Library, New York, S. 182

Wien © Kunsthistorisches Museum Wien, S. 22, 95 Alle nicht verzeichneten Abbildungen stammen aus den Archiven der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und der Autoren. Dieser Bildnachweis wurde mit größter Sorgfalt und auf der Basis der den Herausgebern bekannten Fakten erstellt. Nicht in allen Fällen war es möglich, Rechtsinhaber der Abbildungen ausfindig zu machen. Berechtigte Ansprüche werden selbstverständlich im Rahmen der üblichen Vereinbarungen abgegolten.

Paris © bpk / RMN-Grand Palais / Jean-Gilles Berizzi, S. 93, 94

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Impressum

Eine Ausstellung der Gemäldegalerie Alte Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden in Kooperation mit der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, dem Groninger Museum und der Öster reichischen Galerie Belvedere

Katalog

Gesamtleitung Bernhard Maaz (Dresden), Roger Diederen (München)

Redaktion Ariane Mensger in Zusammenarbeit mit Maike Hohn und Joana Mylek

Herausgeber Bernhard Maaz und Ute Christina Koch für die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Roger Diederen für die Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München

Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung 22. August – 23. November 2014

Direktor Roger Diederen Kuratorin Ariane Mensger

Ausstellung Konzeption Ute Christina Koch in Zusammenarbeit mit Bernhard Maaz Realisation Maike Hohn Sekretariat Gunhild Krüger Verwaltung / Finanzen Dirk Burghardt, Andrea Feistl Restauratorische Betreuung Restaurierungs werkstatt Gemäldegalerie Alte Meister und Galerie Neue Meister (Leitung Marlies Giebe): Silke Beisiegel, Sabine Bendfeldt, Axel Börner, Maria Körber, Angelika Schmidt, Christoph Schölzel, Adam Kalinowski, Michael Schweiger, Ulla Paul in Zusammenarbeit mit Timo Fregin, Marina Langner Paula Sowa, Theresa Herrmann, Stephan Thürmer Leihverkehr Barbara Rühl, Anna Pauline Weinke Transportvorbereitung Heike Kauffenstein, Bettina Forger

Autoren Andreas Henning, Maike Hohn, Ute Christina Koch, Bernhard Maaz, Joana Mylek, Uta Neidhardt

Kommunikation Leonie Mellinghoff (Presse und Marketing), Stefan Schukowski (Social Media) Ausstellungssekretariat Bettina Ungerecht

Bildbereitstellung Steffi Reh Technische Leitung Winfried Heinz Gestaltung und Produktion Peter Grassinger Ausstellungsgestaltung Matthias Kammermeier Lithografie Reproline Genceller Druck Passavia Druckservice

Umschlag vorn: Bernardo Bellotto, Dresden vom rechten Elbufer oberhalb der Augustusbrücke (Detail, Kat. 2); hinten: Annibale Carracci, Genius des Ruhmes (Detail, Kat. 60)

Hypo-Kulturstiftung Stiftungsvorstand Anne Gfrerer, Heinz Laber, Dieter Rampl, Andrea Varese, Theodor Weimer (Vorsitzender) Geschäftsführer Oliver Kasparek Projektbetreuung Gabriele Schubert

© 2014 Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, Österreichische Galerie Belvedere, Hirmer Verlag, München, und die Autoren Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über »http://www.dnb.de« abrufbar. ISBN 978-3-7774-2202-2 www.hirmerverlag.de

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Projektassistentin Joana Mylek

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Groninger Museum 13. Dezember 2014 – 25. Mai 2015

Österreichische Galerie Belvedere – Winterpalais 11. Juni – 26. Oktober 2015

Direktor Andreas Blühm

Direktorin Agnes Husslein-Arco

Koordination Ruud Schenk

Kuratorische Betreuung Georg Lechner

Finanzen Geert Slagter

Presse und Kommunikation Barbara Aschenbrenner

Presse und Kommunikation Josee Selbach, Willemien Bouwers

Marketing Georg Gfrerer

Marketing Ademiek Gerritsma, Saskia van Hijum

Ausstellungsmanagement Peter Aufreiter, Tatjana Gawron

Website / Social Media Annetje de Boo

Publikationsmanagement Eva Lahnsteiner

Restauratorische Betreuung / Leihverkehr / Transporte Caspar Martens, Jenny Kloostra, Marieke van Loenhout

Restauratorische Betreuung Stefanie Jahn

Ausstellungsgestaltung Maarten Spruyt, Tsur Reshef Ausstellungsaufbau/Technik Harrie Kemper-Zijlema Tjeco Boonstra, Klaas Reitsma, Davide Sferrazza, Peter Zwarts Kunstvermittlung Steven Kolsteren, Geertje de Groot

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