INFO 1 / Jahre GS Blankenese Kunstprojekt in Sarajewo Gute Schulen auf dem Weg zur Inklusion

October 14, 2016 | Author: Claus Fürst | Category: N/A
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INFO 1 / 2011

20 Jahre GS Blankenese Kunstprojekt in Sarajewo Gute Schulen auf dem Weg zur Inklusion

Schülerinnen und Schüler der Stadtteilschule Mümmelmannsberg führen mit Schauspielern am Hamburger Schauspielhaus das gemeinsam entwickelte Stück Hänsel und Gretel gehn Mümmelmannsberg auf.

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Inhaltsverzeichnis Editorial.............................................................................................................................................. 3 Der Landesvorstand stellt sich vor..................................................................................................... 4 Rückblick auf die Mitgliederversammlung 2010.............................................................................. 5 Tätigkeitsbericht 2009/2010.............................................................................................................. 5 Kassenbericht 2009............................................................................................................................ 7 GGG und Stadtteilschule................................................................................................................... 8 2. Hamburger GGG-Fachtagung...................................................................................................... 10 Geschwister-Scholl GS: Kunstraushängen...................................................................................... 11 in memoriam Jürgen Riekmann....................................................................................................... 12 20 Jahre GS Blankenese................................................................................................................... 17 Ida-Ehre-GS, GS Stellingen: Sarajewoprojekt Klimaschutz........................................................... 23 Wie geht es los mit den Stadtteilschulen?........................................................................................ 26 Fachtagung „Gute Schulen auf dem Weg zur Inklusion“................................................................ 27 Herzlich willkommen!..................................................................................................................... 29 Beitrittserklärung............................................................................................................................. 30 Grundsatzposition der GGG............................................................................................................ 31

Impressum: Das GGG-Info ist das Mitglieder-Magazin der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule (GGG) - Verband für Schulen des gemeinsamen Lernens e.V., Landesverband Hamburg. Redaktion und Gestaltung: Ulf Kahlke, Ulrike Kaidas-Andresen, Heiner Andresen Für die Inhalte der Beiträge sind die Autorinnen und Autoren verantwortlich. Druck: druckwelten GmbH, Spritzenplatz 5-7, 22765 Hamburg, T.: (040) 390 32 77 Auflage: 350 Fotos: H. Andresen, Geschwister-Scholl-GS, GS Blankenese, GS Stellingen, Ida-Ehre-GS, U. Kaidas-Andresen V.i.S.d.P.: H. Hayunga, U. Kahlke, U. Kaidas-Andresen, Eike Karsten, Peter Puhle, A. Volkmann Homepage der GGG LV HH: www.ggg-hamburg.de E-Mail: [email protected] Vorstand der GGG-LV Hamburg: Ulrike Kaidas-Andresen (Sprecherin), T.: (040) 735 49 62 – E-Mail: [email protected] Hayo Hayunga, T.: (040) 432 77 512 - E-Mail: [email protected] Ulf Kahlke, T.: (04101) 74 0 71 – E-Mail: [email protected] Eike Karsten, T: (040) 81 97 42 80 - E-Mail: [email protected] Peter Puhle, T: (040) 724 51 24 - E-Mail: [email protected] Annegret Volkmann, T.: (040) 735 59 24 – E-Mail: [email protected]

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Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

dieses Mal ist es leider eine lange Zeit her, dass ihr das INFO des Hamburger Landesverbandes in Händen haltet- das heißt aber nicht, dass wir als Landesvorstand inaktiv gewesen wären. – Wir sind neu aufgestellt im Vorstand: Eike Karsten (STS Harburg) und Peter Puhle (ehemals GS Bergedorf) sind neu dabei – mehr zu unseren Aktivitäten auf der Mitgliederversammlung am 22.11.2011. Dieses Heft ist wie ein Rückblick auf 2010 – Abschied von Jürgen Riekmann, Abschied vom Begriff Gesamtschule in Hamburg... Einen Schwerpunkt dieses Heftes bildet der Artikel von Gert Rauschning: „20 Jahre GS Blankenese“, hervorragend geschriebene Hamburger Gesamtschulgeschichte (wenn auch leider leicht eingekürzt). Aber der Blick geht nicht nur zurück, auf Seite 29 könnt ihr lesen, wer die neuen 16 GGG-Mitglieder des Hamburger Landesverbandes sind mit ihrer doch sehr unterschiedlichen „Herkunft“. Dies ist auch ein Ergebnis des bewegten schulpolitischen Jahres 2010, in dem viele neue Kontakte entstanden sind. Besonders freut mich als Alt-Harburgerin der Beitritt der ersten „neuen“ STS, der Lessing-Stadtteilschule Harburg. Für den GGG-Landesvorstand Hamburg

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Der Landesvorstand stellt sich vor

Hayo Hayunga Seit 2006 Abteilungsleiter an der Erich Kästner Gesamtschule in Hamburg Farmsen. Die GGG ist für mich die Vertretung für Schulen, die das gemeinsame Lernen zu ihrem Schwerpunkt gemacht haben, deswegen arbeite ich gern im Vorstand des LV Hamburg. Ulf Kahlke Ich war von Januar 1964 bis Sommer 2004 im Hamburger Schuldienst als Lehrer, später als stellvertretender Schulleiter an der MaxBrauer-Schule beschäftigt. Nach der Pensionierung wurde ich 2004 in den Vorstand der GGG LV Hamburg gewählt. Hier liegt mein Hauptaufgabengebiet vor allem im Organisatorischen, der Verwaltung der Finanzen und (gemeinsam mit Ulrike Kaidas-Andresen) der Erstellung des INFOs. Ulrike Kaidas-Andresen Von 1997 – 2006 war ich Elternrätin an zwei Bergedorfer Gesamtschulen. Seit 2004 engagiere ich mich schulpolitisch im Hamburger LV der GGG, seit 2007 auch im Bundesvorstand. Als Sprecherin des LV Hamburg habe ich mich in den letzten Jahren für eine Vernetzung der GGG in Hamburg mit anderen Verbänden eingesetzt (GEW, GSV, ESfA).Ich bin Lehrerin an der Erich Kästner-(G)S. Eike Karsten In Hamburg haben zum Schuljahr 2010/11 52 Stadtteischulen ihre Arbeit aufgenommen. Die GGG unterstützt diese Schulform. Unter dem neuen Logo „Stadtteilschule - Eine für alle“ verstehe ich gemeinsames Lernen bis zum Abitur. Diese Aufgabe mitzugestalten ist mir ein besonderes Anliegen. Als Mitglied im Vorstand wirke ich mit Freude daran mit. Ich bin Abteilungsleiterin für die Jahrgänge Peter Puhle Nach meiner Pensionierung als Stellvertretender Schulleiter der Gesamtschule Bergedorf und dem Ausscheiden aus der Hamburger Lehrerkammer war für mich die weitere Mitarbeit in der GGG als Verband für Schulen des Gemeinsamen Lernens kein großer Schritt. Die Diskussion um die Positionierung des GGG-Landesverbandes HH zur Unterstützung der Stadtteilschule habe ich angestoßen und möchte sie aktiv im Vorstand begleiten. Annegret Volkmann Ich bin an der Stadtteilschule Lohbrügge als Abteilungsleiterin 5 – 7 tätig. Seit 2004 bin ich im Vorstand des LV Hamburg. Meine Arbeitsschwerpunkte sehe ich in der Weiterentwicklung von Schule. Individualisierung, Kompetenzorientierung und Inklusion sind die Themen, an denen ich mitwirken möchte.

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Rückblick auf die Mitgliederversammlung 2010 Tätigkeitsbericht

Bericht über die Mitgliederversammlung am 30.9.2010 Die Mitgliederversammlung 2010 fand in der Gesamtschule Mümmelmannsberg statt. Fünfzehn Mitglieder hatten den Weg in diesen Stadtteil gefunden um sich über die gelaufene Arbeit der Hamburger GGG und die zukünftigen Aktivitäten und Positionierungen der GGG in Hamburg nach der Schulreform und dem (aus unserer Sicht) gescheiterten Volksentscheid auszutauschen. Wilhelm Koch-Burmeister (Abteilungsleiter 5-7) stellte beeindruckend die erfolgreiche Arbeit der Schule in einem nicht unproblematischen Stadtteil dar. Die GS Mümmelmannsberg zeichnet sich auch durch eine intensive Kulturarbeit aus.: Momentan stehen Schüler dieser Schule immer noch auf der Bühne des Hamburger Schauspielhauses in dem Stück „Hänsel und Gretel gehn Mümmelmannsberg“ (Regie: Volker Lösch) (siehe Titelbild) – ein beeindruckendes und berührendes Theatererlebnis.

Nach der Vorstellung des Kassen- und Rechenschaftsberichtes wurde der Vorstand einstimmmig entlastet. 2010 stand auch die Wahl des Hamburger LV an: Es kandidierten Hayo Hayunga, Ulf Kahlke, Ulrike Kaidas-Andresen, Eike Karsten, Peter Puhle und Annegret Volkmann. Einstimmig wurde diese Gruppe zum Hamburger Landesvorstand gewählt. Als Kassenprüfer wurden Brigitte Bostelmann und Holger Jandt wiedergewählt. Das Thema “Hamburg nach dem Volksentscheid – Wie weiter?“ wurde lange und sehr intensiv diskutiert: Die Rolle der „alten“ Gesamtschulen als Motor der weiteren Schulentwicklung, die Einbeziehung/ Kontaktierung der neu entstandenen integrativen Stadtteilschulen auf der einen Seite – auf der anderen Seite eine systematische Analyse, warum der Volksentscheid aus Sicht der GGG, der Befürworter des längeren gemeinsamen Lernens gescheitert ist. (Siehe Artikel von Peter Puhle zur Schulstruktur in Hamburg S. 26). GGG LV HH Info 1/2011

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Tätigkeitsbericht

Tätigkeitsbericht April 2009 bis September 2010

des Hamburger Landesvorstandes: Andreas Baumgarten (AB), Hayo Hayunga (HH), Ulf Kahlke (UK), Ulrike Kaidas-Andresen (UKA), Jürgen Riekmann (JR), Annegret Volkmann (AV) Vorlage für die Mitgliederversammlung am 30. September 2010 - 20.4.09 Mitgliederversammlung in der Erich Kästner-GS - Monatliche Sitzungen des LV (15 im Berichtszeitraum) - 21.4.09 Bundeskongress-Vorbereitung in der Max-Brauer-Schule (UKA, JR) - 22.4.09 LAG Bildung der GAL (UKA) - 11.6.09 Schreiben an die Hamburger GS – Werbung für korporative Mitgliedschaft (UKA): 12 weitere Hamburger GS treten in die GGG ein - 18./19.6.09 Bundesvorstandssitzung in Stedesdorf (UKA) - 2.7.09 Vorbereitungsgespräch Bundeskongress in der MBS mit Barbara Riekmann (UKA) - 17.7.09 Ganztagssitzung des LV HH - 28.7.09 Abschlussredaktionssitzung Info 2 in Pinneberg (UK, UKA) - 27.8.09 Info 2/2009 erscheint - 2.9.09 Planungssitzung Bundeskongress mit der MBS (UKA, JR) - 18.-20.9.09 GGG-Bundeskongress „Gemeinsam lernen-Tor zur Welt“ in der Max-Brauer- Schule) - 12.1.09 Sitzung „Eine Schule für alle“ (UKA, JR) - 13.11.09 „Berliner GGG-Tag“ (HH,UKA) - 20./21.11.09 Bundesvorstand/ Hauptausschuss in Unna (AB,UKA) - 23.11.09 Bildungssalon der KÖRBER-Stiftung (UKA) - 2.12.09 Planungsgespräch 2.Hamburger GGG-Tag im Landesinstitut Hamburg mit Dr. Jochen Schnack (Ltg.Unterrichtsentwicklung LI) (UKA) - 15.1.10 Bundesvorstandssitzung in HH – Auswertung des Bundeskongresses - 15.1.10 Neujahrsempfang der GAL (UKA, Lothar Sack) - 4.2.10 Kassenprüfung durch Brigitte Bostelmann und Holger Jandt (UK) - 5.2.10 2.Hamburger GGG-Tag „Der Bildungsplan für die Stadtteilschule“ in der GS Allermöhe mit 150 Teilnehmern - 12.3.10 Hauptausschusssitzung in Unna (AB) - 7.4.10 „Chancen für alle“ Planungsveranstaltung / Vorstellung des Konzeptes (UKA) - 12.4.10 Mitgliederversammlung „Eine Schule für alle“ (UKA) - 14.4.10 Erklärung des Bundesvorstandes „Unterstützung der Initiative „Chancen für alle““ - 18.4.10 Bildungssalon der KÖRBER-Stiftung (UKA) - 30.4.10 Auftaktveranstaltung „Chancen für alle“ auf Kampnagel (UKA) - 3.5.10 Bildungssalon der KÖRBER-Stiftung (Ref. Andreas Schleicher) (UKA) - 12.-14.5.10 GEW-GGG-Spitzengespräch in Oberursel (UKA) - 11./12.6.10 Bundesvorstandssitzung in Stedesdorf (UKA) - 14.6.10 GGG-Veranstaltung „Primarschule und Stadtteilschule - in den Fußspuren der Gesamtschule?“ mit Prof. Dr. Matthias von Saldern (AB,HH,UK,UKA) - 3./4.9.10 Bundesvorstandssitzung in Stedesdorf (UKA) - 10.9.10 Gespräch mit Jan Bruns (stellvertr. BSB-Pressesprecher): Vorstellung der GGG und mögliche zukünftige Aktivitäten für Stadtteilschulen Für den Landesvorstand: Ulrike Kaidas-Andresen 29.9.2010

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Kassenbericht 2009

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GGG und Stadtteilschule

GGG und Stadtteilschule in Hamburg Wie weiter?

Mit der Entscheidung in Hamburg ein zweigliedriges Schulsystem zu installieren, sind die Gesamtschulen als zwar erfolgreiche aber vielfach ungeliebte Schulform abgeschafft worden. Ist das der Beginn eines schleichenden Endes für die GGG? Ich meine nein! Die Stadtteilschulen sind weitestgehend an den Gesamtschulstandorten gebildet worden. Damit ist für mich ein Weiterbestehen der Gesamtschule als einer Schule für alle unter neuem Namen gegeben. Auch den Bildungsauftrag der Stadtteilschule sehe ich für alle Schüler, ihre Lernzeit in der Schule optimal zu gestalten und sie zu dem für sie bestmöglichen Abschluss zu führen: Vielfalt und Individualität statt Homogenität in den Lerngruppen. Zu diskutieren ist jetzt, welche Ziele und Positionen kann die GGG für sich selber bestimmen und welchen weiteren Einfluss sollte sie auf Hamburgs Schulpolitik nehmen. (Wer die weiter unten aufgeführten Fragen liest, wird feststellen, es hat sich wenig verändert zu den bisherigen Problemstellungen für die Gesamtschulen in Hamburg.) Dazu gehören m. E. verschiedene Fragen unter unterschiedlichen Aspekten: Ist die neue Stadtteilschule „nur“ eine HR-Schule? Wird sie zu einer „Restschule“, weil sie kaum gymnasial empfohlene Schüler bekommt und - fast wie früher - abgeschulte Gymnasiasten aufnehmen soll? Wie positionieren sich die Stadtteilschulen im Wettbewerb um Anmeldungen? Soll die Stadtteilschule alle Schüler nehmen? Soll es Auswahlverfahren für den Jg. 5 geben? Wie geht die Stadtteilschule mit Umschulungen und dem NichtWiederholen einer Klasse um? Welche Verbindungen z. B zu den berufllichen Schulen sind notwendig, um den Bildungsauftrag zu erfüllen? Wie gehen wir als GGG auf 1. die Stadtteilschulen und 2. die Grundschulen zu, um Zusammenarbeit zu ermöglichen und die Übergänge der Schüler zu erleichtern? Wie kann mit den Gymnasien evtl. in der Oberstufe kooperiert werden, um die Abgrenzung der Schulformen und der Lehrer nicht noch mehr zu verstärken? Finden wir eine oder mehrere Fragen einer weiteren Beschäftigung wert, sollten wir überlegen, was kann die GGG an Hilfen geben, um unsere Mitglieder zu behalten und neue zu gewinnen: – Ideen für die Anmelderunde 2011 verbreiten – Diskussionshilfe zur Neupositionierung der Stadtteilschule – Konzeptarbeit begleiten, Verbindung zu anderen Schulen herstellen – Best-Practice-Beispiele aus Hamburg und anderen Bundesländern vorstellen – Die bisherigen GHR-Schulen, jetzt Stadtteilschulen, persönlich als GGG aufsuchen, GGG-Material überreichen und für die

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GGG und Stadtteilschule – – – – –

Schulmitgliedschaft in der GGG werben Corporate Identity-Kampagne vorbereiten (wie seinerzeit das Aktionsbündnis Gesamtschulen) Schaffen wir das noch bis zu den Info-Abenden? Kontaktleute zur ARGE-GEST benennen, die auch zu den Sitzungen gehen Gegenseitige Kontakte zum Grundschulverband herstellen und halten. Tenor 1: Von euch gibt’s was zu lernen. Tenor 2: Wollen wir gemeinsam Langformschulen befördern? Regelmäßiger Newsletter an die Schulen (zum Aushang im LeZi, Verteilung per eMail)? Peter Puhle Mai 2011

Wir sehen uns! am 22.11.2011 um 19.00 Uhr:

Mitgliederversammlung Einladung mit Ortsangabe folgt.

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2. Hamburger GGG-Fachtagung

2. Hamburger GGG-Fachtagung „Der Bildungsplan für die Stadtteilschule“

Bernd Martens, Schulleiter GS Allermöhe

Dr. Jochen Schnack, Ltg. Unterrichtsentwicklung, LI

Nachdem im Sommer 2008 die erste Hamburger GGG – Fachtagung „Wir machen uns auf den Weg“ zur Individualisierung des Unterrichts stattgefunden hatte, planten wir unsere 2. Hamburger Fachtagung gemeinsam mit dem Landesinstitut Hamburg. Am Freitag Nachmittag (5.2.2010) fand in der GS Allermöhe die von ca. 140 Kolleginnen und Kollegen überraschend gut besuchte Informations- und Diskussionsveranstaltung „Der Bildungsplan für die Stadtteilschule“ statt. Angeboten wurden neun Workshops zu den Rahmenplänen Deutsch, Mathematik, Neue Fremdsprachen, Naturwissenschaften und Technik, Arbeit und Beruf, Gesellschaftswissenschaften, Bildende Kunst, Musik und Sport. Die letzten drei konnten wegen zu geringer Nachfrage nicht stattfinden, wohl aber die anderen Workshops mit 20 – 30 Teilnehmern. Nach dem Einführungsreferat „Die Leitgedanken des Bildungsplanes“ durch Dr. Jochen Schnack (Leitung Unterrichtsentwicklung am LI) ging es in die Workshops. Hier wurden dann die Rahmenpläne durch die jeweiligen GestaltungsreferentenInnen des LI vorgestellt. FachkollegenInnen von Hamburger Gesamtschulen nahmen eine kritische „Gegenlesung“ vor und leiteten die Diskussion mit den WorkshopteilnehmernInnen, die ihre Anregungen, Bedenken, Praxiserfahrungen einfließen lassen konnten. – Schon in der Vorbereitung dieser Veranstaltung mit Dr. Jochen Schnack wurde immer wieder betont, wie wichtig dem LI diese Rückmeldung durch die GesamtschulkollegenInnen sei. Kritische Gegenleser waren Kerstin Lenz (GS Blankenese – Mathematik), Ulrike Hillmann (MBS-Fremdsprachen), Maren Hartwig und Arne Stührk (EKG – Naturwissenschaften), Brigitte Bostelmann und Frauke Finster (GS Horn, GS Mümmelmannsberg – Arbeit und Beruf) und Karsten Engel (GS Winterhude – Gesellschaftswissenschaften). Nach intensivem Austausch und Diskussionen in den Workshops fand am Ende des Nachmittags ein Abschlussumtrunk beim GGG - Büchertisch statt: Sowohl von den Kolleginnen und Kollegen als auch den Gestaltungsreferenten aus der Behörde gab es viel anerkennende Worte für diese GGG – Veranstaltung . Und: Beide Seiten äußerten den Wunsch nach einer Fortsetzung eines derartigen Dialoges. Ulrike Kaidas-Andresen

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Kunstraushängen

Kunstprojekt der 8c Geschwister-Scholl-GS: ‘Raushängen’ am Osdorfer Born

Während der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland 2006 „verschönerten“ bunte Nationalfahnen das Hochhaus Immenbusch. Mit dem Wunsch “So bunt müsste das Haus häufiger sein!” entstand die Idee für unser Kunstprojekt an der Schnittstelle zwischen Schule und Stadtteil. Seit Herbst 2009 fand der Kunst- und Projektunterricht der Integrationsklasse 8c in regelmäßiger Kooperation mit dem „Klick Kindermuseum“ statt. Die Schülerinnen und Schüler, die hierfür extra an einem Kommunikationstraining teilnahmen, suchten die Mieter zu Hause auf und animierten sie zum Mitmachen. Jede Mietpartei erhielt ein 1,5 x 3 m großes Plakat zur individuellen Gestaltung, durfte sich überlegen, selbst zu malen oder uns, der Klasse 8c, einen Auftrag zu erteilen. Letztes taten etwa 95% der Bewohner. Unser Ziel war es, dass SchülerInnen und BewohnerInnen etwas von sich zeigen konnten, sowie die Außenfläche des Wohnhochhauses in ein gemeinsames Kunstwerk zu verwandeln. Die Schüler der 8c setzten souverän alle Wünsche der Bewohner künstlerisch um: egal ob Tiere, Blumen oder Bäume, Herzen, Spiderman oder Rennautos.... Am Freitag, den 26. März 2010 wurden ab 14.00 Uhr die letzten Bilder durch die Mieter in Auftrag gegeben und sofort auf der Wiese vor dem Hochhausblock von den Schülern der 8c künstlerisch umgesetzt. Bei Kaffee, Brause und Kuchen satt wurde dabei und danach tüchtig gefeiert - 200 Gäste mit Oma, Opa und kleinen Geschwistern, Lokalpresse und vielen anderen Neugierigen. Um 17:00 Uhr war es dann soweit: Der Countdown wurde herunter gezählt und an knapp 200 Balkonen konnten die Plakate am Wohnhochhaus Immenbusch zur Straßenseite Bornheide bewundert werden. Durch unsere Aktion sind viele MieterInnen ins Gespräch gekommen. Diese riesig große Nachbarschafts-Kunstaktion war nur durch die intensive Kooperation zwischen unseren SchülerInnen, den MieterInnen und dem Team des „Klick- Kindermuseums“ möglich. Durch die finanzielle Unterstützung von „Kultur bewegt“, einer Initiative der Stiftung Maritim Hermann und Milena Ebel, der GGG LV HH Info 1/2011

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Kunstraushängen

in memoriam Jürgen Riekmann Hamburgischen Kulturstiftung, der Kulturbehörde und der SAGA GWG Osdorf konnte die materielle Seite unserer Aktion sichergestellt werden. Unsere SchülerInnen konnten durch dies Projekt viel Selbstbewusstsein sowie kreative und kommunikative Kompetenzen über weite Lernstrecken entwickeln. Dazu einige O-Töne unserer SchülerInnen: „Wir haben ein Kommunikationstraining gemacht und dadurch gelernt, mit fremden Menschen zu sprechen. Wir haben anfangs viele Absagen bekommen, aber haben nicht aufgegeben. Das Malen der Plakate hat viel Spaß gemacht. Wir konnten unseren Ideen freien Lauf lassen. Durch dies Projekt haben wir nette neue Leute kennen gelernt. Es war eine sehr schöne Zeit.“ Mitten im sozialen Brennpunkt Osdorfer Born ( Wohnblöcke mit BewohnerInnen aus mehr als 20 Nationen) ist durch eine Integrationsklasse unserer Schule somit „das größte demokratische Kunstwerk“ weltweit entstanden, welches wir beim Guinness-Buch der Rekorde angemeldet haben. Wir hoffen, dass die Nachbarn unsere und ihre Plakate noch lange „RAUSHÄNGEN“ lassen, mit dem, was sie bewegt und den Osdorfer Born bunter macht. D. Jansen, Klassenlehrerin; O. Stäcker, Klassenlehrer; K. Ackermann, Kunstlehrerin Geschwister- Scholl-Gesamtschule

in memoriam Jürgen Riekmann Ein Vierteljahr nach Jürgen Riekmanns Tod, am 14.6.10, und in der Endphase des Schulkampfes wollten wir als Hamburger Landesverband noch einmal Überzeugungsarbeit für das „Ja“ zur Schulreform der damaligen schwarz-grünen Regierung leisten - auch wenn wir als GGG aus Sicht der Gesamtschulen Vorbehalte gegen die Reform hegten. Wir hatten mit Professor Dr. Matthias von Saldern von der Leuphana Universität Lüneburg einen hervorragenden Referenten gewinnen können, der (honorarfrei) einen überzeugenden und humorvollen Vortrag für ein längeres gemeinsames Lernen hielt: „Primarschule und Stadtteilschule - in den Fußspuren der Gesamtschule?“ In Vorgesprächen mit ihm hatten wir über die Schwierigkeit gesprochen, einen Vortrag nach einem vorausgehenden Nachruf zu halten. Dürfte es humorvoll zugehen im Rahmen einer solchen 12

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in memoriam Jürgen Riekmann Veranstaltung? Wir befanden: Es darf, um Jürgen als einem sehr humorvollen Menschen zu gedenken und in seinem Sinne weiter zu machen. Es fand sich zwar nicht die gewünschten Anzahl Interessierter ein, die wir überzeugen wollten. Es fanden sich aber viele Menschen ein, die Jürgen und Barbara Riekmann verbunden waren und sind. Im Kindertheater an der Allee in Altona, das uns dankenswerter Weise zu einem „Solidaritäts-Mietpreis“ zur Verfügung gestellt wurde, fand diese Veranstaltung in einem wunderschönen Ambiente des Theaters und Restaurants statt. Der Tipp für diesen Veranstaltungsort kam von der damaligen Bildungssenatorin Christa Goetsch, die auch als Gast teilnehmen konnte, ebenso wie auch Vertreter uns nahestehender Verbände: GEW, ESfA, Grundschulverband. Im Anschluss an Maja Dammanns Nachruf und dem Vortrag von Matthias von Saldern wurde noch lange erinnert, geklönt ... und gehofft, man würde es Scheuerl & Co schon zeigen... Ulrike Kaidas-Andresen

Jürgen Riekmann – ein Leben für Bildungsbeteiligung, ein Leben für die Gesamtschule

von Maja Dammann

Liebe Barbara , liebe Anwesende, als meine Freundin Ulrike Kaidas mich fragte, ob ich heute auf einer Veranstaltung der GGG würdigende Worte für Jürgen Riekmann sprechen würde, war meine erste Reaktion: Für diesen ehrenvollen Auftrag gibt es geeignetere Personen. Und das stimmt auch – im Sinne der längeren gemeinsamen Wegstrecke, der größeren persönlichen Vertrautheit. Gleichzeitig aber gibt es heute die Gelegenheit für einen Nachruf – im echten Sinne des Wortes: Gerne hätte ich, was ich heute sage, Jürgen Riekmann persönlich gesagt – nun muss ich ihm diese Worte nachrufen. Ich möchte euch und Ihnen fünf Bilder zeigen, fünf Situationen, über die ich im Zusammenhang mit Jürgen Riekmann nachgedacht habe. Das erste Bild: Jürgen Riekmann – Handeln aus humanistischer Überzeugung Wenn man auf die Lebensstationen von Jürgen Riekmann schaut, dann gibt es einen erkennbaren roten Faden: Das Engagement für Kinder und Jugendliche, für soziale Gerechtigkeit durch mehr Bildungsbeteiligung : Aktive Mitarbeit in der Jugendbewegung als junger Mensch, Lehrer aus Berufung, Gesamtschulgestalter aus Überzeugung in mehreren Positionen, engagierter Streiter für das gemeinsame Lernen im bildungspolitischen Umfeld der GGG und in der Initiative „Eine Schule für alle“ bis zuletzt. Dieser rote Faden des Kampfes um Bildungsbeteiligung für alle bewegt und beeindruckt mich, wenn ich das Lebenswerk Jürgen Riekmanns schaue.

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in memoriam Jürgen Riekmann

Maja Dammann

Das zweite Bild: Jürgen Riekmann – der kluge Analytiker, der konzeptionelle Denker Als ich Anfang der 80er Jahre in den Gesamtschulbereich kam, wurde der Name Riekmann doppelt gehandelt, so, als gäbe es zwei Menschen mit diesem Namen. Zum einen war Jürgen Riekmann zum damaligen Zeitpunkt bis zu seiner Pensionierung Leiter der Gesamtschulabteilung, und als solcher eine z.T. geachtete, z.T. auch gefürchtete oder kritisierte Respektsperson. Dazu später, im nächsten Bild. Hier geht es zunächst um den anderen Jürgen Riekmann, der viele Jahre lang Grundsatzreferent der Gesamtschulabteilung gewesen war und damit Verfasser, Mitverfasser oder Initiator grundlegender und bahnbrechender Papiere der Gesamtschulentwicklung. Gerade aus der heutigen Perspektive der laufenden Schulreform ist es interessant, auf die Zeit Ende der 60er und die 70 er Jahre zu schauen, in denen im Schoße des dreigliedrigen Schulwesens eine neue Schulform geboren wurde, die das Ziel des gemeinsamen Lernens umsetzen sollte und das auch erfolgreich tat. Die Debatte über grundlegende und erweiterte Lernziele, die regelhafte Verankerung von Berufsorientierung, das Fach Arbeitslehre, das Lernen mit Kopf, Herz und Hand; die legendären grauen Ordner mit Tutorenmaterial für das soziale Lernen, die Debatte um die Abschlüsse, A und BNoten und deren gesellschaftliche Akzeptanz – und immer gab es kluge Analysen, Papiere, Konzepte – nicht zusammengeschustert, sondern ausgefeilt konzeptioniert und schlüssig formuliert. Eine Papierlage, auf die man sich verlassen konnte – was das Umsetzen sehr erleichterte. Diese intellektuelle und handwerkliche Qualität von Vorlagen bleibt vorbildlich, ich suche sie gegenwärtig zuweilen. Das dritte Bild: Jürgen Riekmann als Leiter, ein Bild mit Trübungen Ich will nicht verhehlen – in dieser Rolle gab es Konflikte. Jürgen Riekmann füllte die ihm übertragene Leitungsfunktion loyal aus, verabschiedete den Traum von der Gesamtschule als alle anderen Schulformen ersetzende Schulform, ertrug die immer enger werdenden Gestaltungsspielräume durch KMK-Vorgaben und setzte massive Sparrunden durch, in denen die Grundversorgung der Gesamtschulen der ersten Generation verschlechtert wurde zugunsten der Menge der Neugründungen, die das neu geschaffene Elternrecht verursachte. Wenn ich aus heutiger Sicht auf diese Situation schaue, dann sehe ich zweierlei: - eine große Einsamkeit eines Mannes, der unliebsame Entscheidungen mit Schriftsätzen zu bekämpfen versuchte, dabei aber absolut loyal nach oben blieb und keineswegs einen Schulterschluss mit seinen ehemaligen Mitstreitern im öffentlichen Widerstand suchte, was viele nicht verstanden, für ihn aber eine logische Konsequenz seiner Rollendefinition war - den Kampf um die strategisch richtige Antwort auf die Frage, wie es gelingen könnte, die Gesamtschule zur ersetzenden Schulform

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in memoriam Jürgen Riekmann zu machen, das gemeinsame Lernen aller Kinder und Jugendlichen in die Fläche zu bringen. Die Lösung, die ich damals richtig fand und die die Gesamtschulgemeinde befürwortete, war eindeutig: Den Elternwillen als Instrument nutzen, viele neue Gesamtschulen gründen und damit langsam aber sicher die Dreigliedrigkeit von innen her in Frage stellen. Jürgen Riekmann war und blieb skeptisch, was die Zusammensetzung der Schülerschaft in diesen neuen Gesamtschulen anging: Würde es eine echte Heterogenität geben – oder würde diesen Schulen ein Teil der Schülerinnen und Schüler fehlen? Konnte die Qualität der bisherigen Gesamtschularbeit gehalten werden? Wie würde es um die Akzeptanz dieser Schulform in den bildungs- bzw. aufstiegsorientierten Elternhäusern bestellt sein? Diese Frage wurde bis heute nicht schlüssig beantwortet – etliche der Neugründungen blühten und wuchsen in eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz hinein, andere kämpften und kämpfen bis heute. Hochaktuell ist diese Fragestellung aber natürlich besonders durch die von der Enquete-Kommission beschlossene und die Bürgerschaft umgesetzte Entscheidung für eine Zweigliedrigkeit ab Jahrgang 7. Die alte Gesamtschulfrage erscheint hier nicht nur erneut, sondern deutlich verschärft. Nun gibt es nicht mehr die Schulform neben den anderen Schulformen, die alle Schülerinnen und Schüler ansprechen konnte und wollte – sondern es gibt zwei Systeme, deren Rahmenkonzepte die in den Köpfen existierende Rangordnung deutlich aussprechen, Jürgen Baumerts Interview im Spiegel ist aktueller Beleg für diese Denkweise. Wie kann es gelingen, bildungs- und aufstiegsorientierte Eltern und Schüler für die Stadtteilschule zu gewinnen? Wie kann es gelingen, die besten Lehrkräfte der Stadt für die Arbeit an der Stadtteilschule zu interessieren? Diesen Fragestellungen wird man sich stellen müssen, wenn das gemeinsame Lernen an der Stadtteilschule erfolgreich werden soll. Das vierte Bild: Jürgen Riekmann – auf die Unterrichtsqualität kommt es an! Hier möchte ich persönlich werden: Zusammen mit der jetzigen Schulleiterin der Erich Kästner-Gesamtschule, Ulrike Janke, habe ich einen Termin bei Jürgen Riekmann. Es geht um einen Modellversuch mit Binnendifferenzierung in Deutsch Jg. 8-10. In dieser Debatte wurden wir gefordert – nicht nur das Unterrichtskonzept, das wir vorlegten, wurde detailliert hinterfragt – auch die Frage nach der Qualität der Unterrichtenden wurde offen gestellt. Seien wir uns sicher, dass auch die sprachlich begabten SchülerInnen bei allen Deutschlehrkräften im Jahrgang ausreichend Anregung erfahren würden? Jürgen Riekmann erläuterte seine Hartnäckigkeit: Der binnendifferenzierende Unterricht müsste höchsten Ansprüchen genügen. Wenn die Gesamtschulidee eine Perspektive habe, dann nur durch eine überlegene Qualität. Hier drückt sich ein strategisches Denken aus, das eben nicht platt Schulstrukturfragen stellt – sondern an gutem Lernen von GGG LV HH Info 1/2011

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in memoriam Jürgen Riekmann Schülerinnen und Schülern interessiert ist. Und auch wenn ich ehrlich damals manchmal gedacht habe: Meine Güte, wie penibel, wie eng – so verstehe ich heute aus einer anderen Perspektive, was Jürgen Riekmann umtrieb: Er wollte, dass die Gesamtschule als die bessere Schule bestand, und zwar in den Kernprozessen, dem Unterricht, den geringen Schulabbrecherquoten. Genau diese Denkweise ließ ihn auch so wütend werden, nein, falsches Wort: für seine ruhige Umgangsform passt eher: „erregt“, als die Langformen der Gesamtschulen von 0 oder 1 bis 10 der Schulreform zum Opfer fielen. „Wir haben doch Indikatoren für die Qualität schulischer Arbeit“, sagte er vor anderthalb Jahren zu mir, „warum guckt denn keiner, wie erfolgreich die Gesamtschulen mit Grundschulen arbeiten – und lassen diejenigen erfolgreich weiter arbeiten, die mit längerem gemeinsamen Lernen schon ernst machen! Ob sie das gut machen, weiß man doch – aus KESS, aus LAU, aus den Abgangs- und Übergangsstatistiken.“ Dabei hat er sicher nicht nur an die Max-Brauer-Schule gedacht, deren Arbeit er auch durch dich, liebe Barbara, sehr gut beurteilen konnte. Das fünfte Bild: Jürgen Riekmann – gemeinsames Lernen steht über allem Die Verhältnisse – sie sind nicht so. Da kämpft jemand ein Berufsleben lang für längeres gemeinsames Lernen – und erlebt in den Jahren nach der Pensionierung, wie viele Ergebnisse seiner Arbeit zerbröckeln, im Rückbau befindlich sind, schließlich verschwinden. Was macht er, wenn er Jürgen Riekmann heißt? Er knüpft an der ursprünglichen und unerschütterlichen Überzeugung an, dass längeres gemeinsames Lernen bildungs- und gesellschaftspolitisch alternativlos ist. Er setzt sich ein für „ Eine Schule für alle“, er steht für eine entsprechende Neuorientierung in der GGG. Was würde er heute tun? Angesichts des konservativen Trommelwirbelns, angesichts der Pressekampagnen der gesellschaftlichen Elite aus den Elbvororten, von Chefärzten, der AGA (Arbeitsgemeinschaft Groß- und Außenhandel), aber auch angesichts der irrationalen Deklassierungsängste, die aufwändig publizistisch geschürt, in der Wirtschaftskrise gerade im Mittelstand auf fruchtbareren Boden fallen als in den vergangenen Jahren – angesichts dieser rückwärts gewandten Bewegung würde er sagen: - Mit der Primarschule steht die Grundsatzfrage des längeren gemeinsamen Lernens auf der Agenda. Ein positiver Volksentscheid würde diesen Weg für viele Jahre versperren. Also, stimmt für die Primarschule! Aber er würde es sich auch nicht nehmen lassen zu ergänzen: Aber danach, wenn ihr gewonnen habt, hört um Gottes willen nicht auf, für das echte gemeinsame Lernen zu kämpfen – eine Zweigliedrigkeit des Schulwesens zementiert die Verhältnisse. Sorgt für skandinavische Verhältnisse – gemeinsames Lernen, mindestens bis Jahrgang neun! 16

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20 Jahre GS Blankenese

Hamburger Gesamtschulen im Wandel der Zeiten im Spannungsfeld von Systemzwang und Selbstbestimmung

Auszüge mit leichten Änderungen aus der Rede von Gert Rauschning zum Festakt „20 Jahre GS Blankenese“ am 25. Juni 2010 … Dieses Jubiläum ist für mich Anlass genug, als Zeitzeuge die „Hamburger Gesamtschulentwicklung im Wandel der Zeiten“ mit dem Untertitel „Im Spannungsverhältnis von Systemzwang und Selbstbestimmung“ in wichtigen Abschnitten nachzuzeichnen; ich möchte über eine Besinnung auf die Wurzeln und Anfänge von vor über 42 Jahren und einem Rückblick auf Entwicklungen und Leistungen der Hamburger Gesamtschulen unter wechselvollen politischen und gesellschaftlichen Bedingungen Mut machen für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung der Gesamtschulen – seit 1968 Schulen für alle (auch wenn nicht alle dort hingingen) – auch als Stadtteilschulen! Stadtteilschulen werden nur dann erfolgreich (erstklassig!) und nicht zweitklassig sein, wenn sie mit entsprechender politischer Unterstützung beim Start die wertvollen sehr konkreten Konzepte, Erfahrungen und erworbenen Kompetenzen – auch mit Reformkonzepten und deren Umsetzungen – aus den erfolgreichen Gesamtschulen nutzen (können/dürfen!). Im Laufe der Entwicklungsgeschichte der Hamburger Gesamtschulen, hat zu verschiedenen Anlässen, etwa bei grundsätzlichen Änderungen der Rahmenbedingungen, bei einschneidenden Ressourcenkürzungen, fehlender bildungspolitischer Unterstützung oder sogar bei Maßnahmen, die zum Ende der Schulform führen sollten, immer wieder die Frage im Raum gestanden: Ist unter diesen aktuellen Gegebenheiten Gesamtschule noch möglich und verantwortbar? Wenn wir diese Frage mit „Nein“ beantwortet hätten, gäbe es diese Schule, die GS Blankenese, als erfolgreiche Gesamtschule nicht! Die Gesamtschulen sahen sich ab der zweiten Phase ihrer Entwicklung zunehmend auf sich selbst gestellt. Das Sich-Lösen vom erwarteten oder erhofften politischen Zuspruch hat Energien und mehr Mut freigesetzt, Möglichkeiten zum Ausloten von Grenzen und Freiräumen zu erschließen; das hat auch die Unabhängigkeit und das Selbstbewusstsein gestärkt. Es ist noch gar nicht so lange her, unsere Haltung bei Gelegenheiten etwas trotzig so zum Ausdruck zu bringen: „Wir machen Gesamtschule nicht für eine Lobby, nicht für einen Senator oder eine Senatorin, nicht für eine politische Partei, die Gesamtschulen in ihrem Programm hatte oder hat! Wir machen Gesamtschule gegen fast unausrottbare Vorurteile; wir gewinnen Bestätigung – wenn, dann – aus erfolgreicher Arbeit mit unseren Schülerinnen und Schülern, aus der Zufriedenheit der Eltern, die ihre Kinder unseren Schulen anvertraut haben und nicht zuletzt aus unserer eigenen Überzeugung für die richtige Sache zu stehen, für eine Schule, die in ihren Grundsätzen zu einer demokratischen und vielfältigen Gesellschaft passt, und der es auch bei Gegenwind und verknappten Ressourcen gelingt, formale Zwänge in erfolgreichen Reformentwicklungen zu überwinden.“ Die Erfolge haben uns Recht gegeben, immer wieder nach neuen GGG LV HH Info 1/2011

StS Blankenese, Pausenhof

StS Blankenese, Schulhof

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20 Jahre GS Blankenese

StS Blankenese, NW Unterricht Jg. 5

StS Blankenese, NW Unterricht Jg. 5

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Wegen und Konzepten zu suchen und uns auf die in der Entwicklung des Systems erworbenen Kompetenzen zu besinnen. Die meisten Gesamtschulen wurden immer bessere Schulen. Lassen Sie sich nun auf diesem Hintergrund zurückführen auf die Anfänge und den Weg der Hamburger Gesamtschulen im Wandel der Zeiten – im Spannungsfeld von Systemzwang und Selbstbestimmung: Die integrierten Gesamtschulen gehören grob drei Gründungs“Generationen“ unterschiedlicher bildungspolitischer Entwicklungsphasen an. Die Gründungsphase der Gesamtschulen in Hamburg fiel in eine Zeit des wirtschaftlichen Wachstums und der weitgehenden Vollbeschäftigung. Soziale Gerechtigkeit und Integration anzustreben – auch als Voraussetzung weiteren wirtschaftlichen Wachstums – war das Ziel nicht nur der Gewerkschaften; Zielsetzungen wie Chancengleichheit oder doch Minderung von Chancenungleichheit, bessere Ausschöpfung von Begabungsreserven, Verbesserung der Durchlässigkeit und der Förderwirkung des Schulwesens – auch individuelle Förderung gemäß Neigung und Fähigkeit -, eine wissenschaftliche Schule für alle u.a.m. und damit auch die bildungspolitische und pädagogische Zielsetzung der Gesamtschule waren in aufgeschlossenen Teilen der Gesellschaft akzeptiert. Die Bildungskommission des Deutschen Bildungsrates veröffentlichte entsprechende Empfehlungen zur Einrichtung von Gesamtschulen als Schulversuche. Von Anfang an wurden die Ziele der Gesamtschule auch als Angriff auf das tradierte gegliederte Schulwesen verstanden und vorgetragen, woran wir Gesamtschulvertreter unter Berufung auf kritische Erziehungswissenschaftler nicht unbeteiligt waren! Auch die Parteien bezogen Positionen. Wer weiß noch, dass in Hamburg die erste Gesamtschulgründung 1968 von der FDP bei eher zögerlicher Haltung der SPD und gegen den Widerstand der CDU - als Schulversuch – vorangetrieben wurde? Zur 1. „Generation“ 1968 bis 1973 gehören neun Versuchsschulen: acht integrierte Gesamtschulen: Gesamtschule Alter Teichweg, Gesamtschule Horn, Peter-PetersenSchule, Julius-Leber-Schule, Gesamtschule Steilshoop, Otto-HahnSchule, Gesamtschule Mümmelmannsberg sowie die Heinrich-Hertz-Schule als Schulversuch Kooperative Gesamtschule. Ich zitiere hier Jürgen Riekmann als damaligen Grundsatzreferenten: Die GS-Versuche sind von ihrer Zielsetzung her so umfassend angelegt, dass sich in ihnen alle pädagogischen Fragen, die mit der Erziehung und dem Unterricht von jungen Menschen zwischen dem 10. und dem 18. Lebensjahr zu tun haben, neu stellen und neu beantwortet werden müssen. Mitstreiter der „ersten Stunde“ und der ersten Jahre werden sich noch daran erinnern, dass es kaum konkrete strukturelle und inhaltliche Vorgaben für die ersten GS-Versuche gab – die ersten GS-Versuchsschulen waren schon gestartet, was uns zu beispielloser Aktivität und Kreativität GGG LV HH Info 1/2011

20 Jahre GS Blankenese zur Reform des Schulwesens herausforderte – mit Gestaltungslust und Gestaltungsraum! Der besondere Reiz lag und liegt darin, dass vom Grundgedanken und der Zielsetzung her die Entwicklungs- und Realisierungsaufgabe für Gesamtschule – quasi per definitionem – unter realen Gesellschaftsbedingungen eine dauerhafte nicht endende sein muss – das gilt ebenso für die Bereiche der Didaktik, der Pädagogik wie auch der Strukturen und Organisationsformen für den Unterricht – und wie wir für den Ballungsraum Hamburg gelernt haben, mit unterschiedlichen Fragen und Antworten für die regional differente Schüler- und Elternschaft. Hartmut v. Hentig gab 1968 in „Systemzwang und Selbstbestimmung“ dabei vor: „… es geht nicht darum, den alten Einrichtungen eine neue Form vorzuschreiben, sondern einen Veränderungsprozess in Gang zu bringen und methodisch dafür zu sorgen, dass er in Gang bleibt.“ Das ist und bleibt sehr aktuell für den Prozess, Gesamtschule als Stadtteilschule neu zu denken und zu realisieren – auch in einem Prozess zur Zweigliedrigkeit. Die heute erfolgreichen Gesamtschulen haben die genannten Grundsätze beherzigt. Heute kaum vorstellbar, was damals während der Gründungsphasen innerhalb relativ kurzer Zeit auf der Agenda zur Konkretisierung und Erprobung sowie für die Einwerbung der entsprechenden Ressourcen stand: vom Prinzip demokratischer Schule und Chancengleichheit, Stundentafeln und Leitungsstrukturen, Differenzierung und Wahlpflichtbereiche über Arbeitslehre, Lernerfolgskontrollen, lernzielorientierte Abschlussbestimmungen, Tutorenstunden bis zu Team- und Koordinationsarbeit, Beratungsdienst mit Sozialpädagogen und Schulpsychologen… Zur 2. „Generation“ 1979 bis 1981: Die Einführung des Rechtsanspruchs auf eine weitergeführte Schulform führte nach einer sechsjährigen Pause zur Neugründung von 13 Gesamtschulen im Jahre 1979 – 15 bis 1981!1 Ich möchte nicht darauf verzichten, an die heftige Form der Auseinandersetzungen um die Möglichkeiten der Ausweitung von GS-Standorten zu erinnern, an die Schärfe der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen, die die Gesamtschulen überlebt haben! Im Vergleich zum damaligen Schulformkonflikt geht es heute doch noch relativ zahm zu. Mit der Schulgesetznovelle von 1977 wurde das Elternrecht auf Wahl der Schulform einschließlich der Gesamtschule eingeführt. Die Schulentwicklung wurde also in die Hände der Eltern gelegt. Die Eltern sollten Motor der Schulentwicklung sein. Zwar hieß es in der Präambel des Gesetzes, dass diese Entwicklung insgesamt auf ein integriertes Schulsystem hinführen sollte, aber eben nur, wenn die Eltern dies wollten. Diese Gesetzesregelung war bei Gesamtschulvertretern umstritten, bedeutete sie doch, dass der Senat bzw. die damaligen Regierungsfraktionen SPD und FDP die Gesamtschule nicht als eine die Schulen des gegliederten Schulwesens ersetzende Schulform, sondern als eine in Konkurrenz zu diesen ergänzende Schulform verankerten.2 Auf der anderen Seite ging den Anhängern des gegliederten Schulwesens diese Entscheidung entschieden zu weit. Als nach der Anmelderunde im Jahre 1979 die 13 Standorte für GeGGG LV HH Info 1/2011

StS Blankenese, Projekt Agua es vida

StS Blankenese, Projekt Agua es vida

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20 Jahre GS Blankenese

StS Blankenese, Sek II Projekt Zukunftsfähige Energietechnik

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samtschulneugründungen benannt wurden, entlud sich die Entrüstung der Gegner in Protestversammlungen, Demonstrationen mit Slogans wie „Grolle, treib’s nicht zu dolle“ oder „Wir wollen keine Gesamtschule“, in der Initiative „Rettet die Schule“, in einer Verfassungsbeschwerde u.a.m. und wurde schließlich im Sommer 1979 zur Sache der Gerichte.3 Nochmals betont: es ging hier um die Konsequenzen des sogen. Elternrechts auf Wahl einer Schulform! Höhepunkt mehrerer Gerichtsverfahren war die weitgehende Klage von Eltern des Gymnasiums Neu-Altona: Für dieses Gymnasium gab es nur zwölf Anmeldungen – bei 119 für die Gesamtschule! Das Oberverwaltungsgericht aber gab am 7. September in einer folgenschweren Entscheidung ihrer Klage statt. Der Vierte Senat dieses Gerichts untersagte der Schulbehörde, im Gymnasium Neu-Altona eine Gesamtschule einzugliedern. In dieser Situation entschloss sich die Hamburger SPD, den Schulversuchsstatus der Gesamtschulen aufzuheben und ihnen den Status einer Regelschule zu verleihen - vollzogen am 4. Oktober 1979. Der Konflikt um Gesamtschule in Hamburg verlagerte sich daraufhin - mit bundespolitischen Auswirkungen - u.a. auf die Frage der Anerkennung der Gesamtschulabschlüsse. Rheinland-Pfalz (H.-R. Laurin), Niedersachsen (W. Remmers) und Baden-Württemberg (R. Herzog) drohten, dass durch die Hamburger Entscheidung die Anerkennung der Gesamtschulabschlüsse gefährdet sei, die zwischen den Bundesländern nur bis Ende 1981 gesichert war. Damit wurde die Gesamtschulfrage im Bundestagswahlkampf 1980 zum Streitthema, worunter die Gesamtschule - dokumentiert in den Verhandlungsergebnissen der KMK von 1981/82 – besonders an den am gegliederten Schulwesen orientierten engen Auflagen – gelitten hat und leidet. In Hamburg kam hinzu, dass eine Debatte über die Ausstattungsstandards von Gesamtschulen losbrach und die Haushaltslage zur Umverteilung von Ressourcen auf die wachsende Zahl von Gesamtschulen zwang; das sogen. „Grundmodell“ war der erste notwendige Schritt. Diese reduzierte Ausstattung bedeutete der Opposition immer noch eine ungerechtfertigte Bevorzugung der Gesamtschulen. In der 3. „Generation“ 1987 bis 2000 wurden weitere 15 Neugründungen erforderlich, neben 14 integrierten Gesamtschulen auch eine kooperative Form. Nach einer Phase der Konsolidierung kam es ab 1987 wieder zur Gründung neuer Gesamtschulen, so auch dieser Schule, deren 20-jähr. Jubiläum wir heute feiern! Übrigens hatte gerade die FDP in der Koalition mit der SPD die Streichung der Präambel des Schulgesetzes und damit des Entwicklungsziels eines integrierten Schulwesens durchgesetzt. Die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Rahmenbedingungen hatten sich grundlegend verändert. Probleme der öffentlichen Haushalte, Strukturkrisen und Verknappung von Arbeitsplätzen bestimmten das Bild. Wo blieben die Stimmen der gesellschaftlichen Position, neben der individuellen Leistung die soziale Gerechtigkeit gleichrangig zu sehen? Soziale Themen waren hinter der Wertschätzung des (auch individuellen) wirtschaftlichen Erfolges bis zur Aufkündigung sozialer GGG LV HH Info 1/2011

20 Jahre GS Blankenese Verpflichtungen zurückgetreten! Trotzdem kam es zu 15 Neugründungen und das, obwohl auch in Hamburg sich Teile der SPD (z.B. in der Zeit von Henning Voscherau) im Laufe der Jahre von „ihrer“ Schulform Gesamtschule distanziert hatten; das bekamen die Gesamtschulen bei Sparmaßnahmen zu spüren aber auch bei kaum verholen geäußerten Vorurteilen, die Gesamtschulen seien leistungsnivellierend, wenn nicht sogar leistungsfeindlich. Dabei hatte ein Gutachten des DIPF zum einen die Ausstattung der Gesamtschulen als aufgabengerecht bestätigt, zum anderen hatten in der Folgezeit der von Rosi Raab strategisch klug gestarteten sogen. „empirischen Wende“ die Gesamtschulen – nach anfänglichem Zögern bis zu gelegentlichem Widerstand – ihre Leistungsbereitschaft und –fähigkeit durch Nutzung der Möglichkeiten wissenschaftlicher Untersuchungen eindrucksvoll bewiesen. Die Gesamtschulen nutzten wie keine andere Schulform seit den 90er Jahren bis heute die – auch politisch strategische – Chance sich mit Hilfe wissenschaftlicher Unterstützung und in fruchtbarer Zusammenarbeit mit dem LIQ insbesondere in Hinblick auf den notwendigen Referenzrahmen für die jeweils eigene Schülerschaft zukunftsfähig pädagogisch und strukturell weiter zu entwickeln: u.a. mit LAU und KESS, mit dem eigenen DELPHI-Projekt – wissenschaftlich vom DIPF begleitet – sowie mit eigenen statistischen Untersuchungen zu Abschlussquoten. Hinsichtlich der inneren pädagogischen Schulentwicklung wurde in Gesamtschulen eine eindrucksvolle Aufbau- und Entwicklungsarbeit und besonders in einigen Gesamtschulen wegweisende Reformarbeit geleistet. Allerdings stieß sie immer dort an ihre Grenze, wo es um die Frage ging: Braucht die Gesamtschule eine eigene Gesamtschulpädagogik, eine Pädagogik für längeres gemeinsames Lernen – mit wissenschaftlicher Unterstützung an der Uni und einer entsprechenden Ausbildung für das Lehren an Gesamtschulen? Die Zeit, in der diese Frage – insbesondere von Rosi Raab – gestellt wurde, war aus verschiedenen Gründen keine Zeit für eine Ja-Entscheidung. So blieb es bis heute dabei, dass die Lehrkräfte an Gesamtschulen weiter im Grundsatz für das gegliederte Schulwesen ausgebildet werden. Wenn Gesamtschulen erfolgreich arbeiten wollten, mussten sie weitgehend die entsprechende Weiterbildung schulintern leisten! Ich will dabei die zunehmende Unterstützung des LIs in den letzten Jahren nicht unerwähnt lassen. Der mit der sogen. empirischen Wende einhergehende wichtige Teil der qualitativen Gesamtschulentwicklung war noch in der Zeit von Rosi Raab angelegt; er bekam aber nach der Erholung vom Schock für die Gesamtschulen durch die fast tödlichen Maßnahmen von Senator Rudolf Lange (FDP – in der CDU/Schill-Partei/FDP-Koalition) für ihre Überlebensstrategie besondere Bedeutung. 2002 verfügte Lange eine einschneidende 10-prozentige Kürzung der Ausstattung der Gesamtschulen. Es ging immerhin um 150 Stellen, die aus den Gesamtschulen innerhalb kürzester Zeit abgezogen werden sollten. Es standen nur vier bis fünf Wochen zur Verfügung, um dafür ein Konzept – eher einen „Maßnahmen-Giftcocktail“ (wie ich ihn auch öffentlich benannte) – zu erarbeiten. Es war deutlich, dass die Gesamtschulen unerwünscht waren und zu Tode gespart werden sollten. Die Gesamtschulen drohten GGG LV HH Info 1/2011

StS Blankenese, Sek II Projekt Zukunftsfähige Ernergietechnik

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20 Jahre GS Blankenese

Fußnoten: 1 Für meine folgenden Ausführungen habe ich mich auch auf die Rede von Rosi Raab zum 25-jährigen Bestehen der GSB im Jahre 2004 stützen können. 2 Später folgten alle SPD-regierten Länder und machten ihre Gesamtschulen zu Regelschulen. 3 - Am Gymnasium Borgfelde (Hamm) trat die Schulleiterin aus Protest zurück, am Gymnasium Hermelinweg der Elternrat. - Von Elternräten und Kreiselternräten initiierte Protestversammlungen gab es u. a. in der Volksschule Brehmweg, in den Gymnasien Stellingen, Neu-Altona, Sander Tannen, Heegen, Harburg, an der Jahnschule, an der Max-Brauer-Schule und in der Schule Gustav-Falke-Straße. - Ein Hamburger Rechtsanwalt legte Verfassungsbeschwerde ein. - Der CDU-Bundesstagsabgeordnete Volker Rühe sprach von der „Zerrüttung des Hamburger Schulwesens“ und sein Bürgerschaftskollege Fridtjof Kelber von „klarem Rechtsbruch“. - Die konservative Initiative „Rettet die Schule“ warnte Eltern von Viertklässlern vor der Anmeldung ihres Kindes in einer Gesamtschule. Sie verwies auf die hohen Fahrtkosten und die gestörte Arbeitsatmosphäre an den zwangsweise umgewandelten Standorten und gab zu bedenken, dass die neuen Gesamtschulen von den Anmeldungen her in Wahrheit Haupt- und Realschulen seien.

Gert Rauschning

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in eine Phase der Resignation und der Perspektivlosigkeit zu geraten. Dem eine positive Wende, eine konkrete Überlebensstrategie mit Zukunftsperspektive für die Gesamtschulen gemeinsam entgegenzusetzen, war eine besondere Herausforderung – im sehr realen Spannungsfeld von Systemzwang und Selbstbestimmung; sie begann mit meiner in den Mitteilungen an die Schulleitungen veröffentlichten Kritik, die zu meinem Disziplinarverfahren wegen des Verstoßes gegen das Loyalitätsund Zurückhaltungsgebot eines Beamten führte, und der einmaligen „Remonstration“ von mehr als 60 Mitgliedern von GS-Leitungsgruppen gegen die verfügten Maßnahmen zu den Einsparungen! Eine besondere Leistung der Gesamtschulen in dieser und der folgenden Zeit war nicht nur, trotzig mit harter verlässlicher pädagogischer Arbeit zu überleben und mit den knappen Ressourcen Gesamtschule zu realisieren, sondern sich sogar an vielen Standorten zukunftsfähig mit Reformvorhaben zu entwickeln, zu überzeugen und weiterhin attraktiv für zunehmend viele Eltern zu sein. Auch unsere Öffentlichkeitsarbeit wurde professioneller mit Hilfe des „Aktionsbündnisses“ aus GGG, Fachgruppe GEW und Unterstützern u.a. für die Anmelderunden mit Plakaten, Aufklebern, Stickern etc. (Slogan: GS gut für alle). Wir nutzten 2004 auch die vielen 25-Jahrfeiern der GSn der 2. Generation und bemühten uns um bessere Kontakte zur Handwerks- und Handelskammer, die uns nicht besonders wohl gesonnen war/ist. Im November 2004 gelang uns sogar bei HH 1 eine „Schalthoff-live“-Sendung! Das bildungspolitische Ziel der damaligen Koalition, die Haupt- und Realschulen in Hamburg auf Kosten der Gesamtschulen zu stärken, gelang nicht; vielmehr geriet das Hamburger Sekundarschulwesen wegen der zurückgehenden Anmeldezahlen für die Haupt- und Realschulen immer weiter in einen ungesteuerten Prozess zur Zweigliedrigkeit, der in manchen Regionen wie hier im Westen – bereits Wirklichkeit wurde. Dabei blieben die Gymnasien weitgehend unbeschädigt, was die Anmeldezahlen betrifft. Schließlich wurde die Equete-Kommission eingerichtet, die mehrheitlich für eine Zweigliedrigkeit votierte. Und was nun? Dreh- und Angelpunkt der Schulreform wird die Entwicklung einer starken zweiten Säule sein, die der Heterogenität der Schülerschaft gerecht zu werden vermag und den Gymnasien ernsthaft Konkurrenz macht, weil bestimmte Eltern genau dieses Angebot nachfragen. Wir haben Vorbilder für Schulen, die das leisten können, mit dem Know-how, den reichhaltigen Erfahrungen und erworbenen Kompetenzen – auch in Reformvorhaben –! Macht der lange beschwerliche Marsch der Gesamtschulen – erfolgreich gegen fast unüberwindlich erscheinende Schwierigkeiten – nicht Mut, nicht aufzugeben, sondern unter neuen Bedingungen Gesamtschule – mag sie auch Stadtteilschule heißen – neu zu denken und zu konzipieren und die Politik dafür in die Pflicht zu nehmen? Ich wünsche dieser Schule – und allen anderen, die eine Schule für alle sein wollen, - eine zukunftsfähige Weiterentwicklung zu einer Schule für alle, in die auch alle gehen wollen! Gert Rauschning GGG LV HH Info 1/2011

Sarajewoprojekt Klimaschutz

Zwei Hamburger Gesamtschulen erhalten den „Hildegard Hamm-Brücher Förderpreis für Demokratie lernen und erfahren“

Schüleraustausch Projekt der Ida Ehre Gesamtschule und der Gesamtschule Stellingen mit dem Vierten Gymnasium in Sarajevo / Bosnien und Herzegovina Vom 7. – 21.September 2010 leben und arbeiten bosnische und deutsche Schülerinnen und Schüler zum sechsten Mal 14 Tage gemeinsam, sprayen Wandbilder zum Klimaschutz in Sarajevo und Hamburg und führen Zeitzeugengespräche. Fährt man vom Holi Kino kommend die Schlankreye in Richtung Schlump, entdeckt man linker Hand am altehrwürdigen, denkmalgeschützten Schumacher Bau der Ida Ehre Gesamtschule ein 170m2 großes farbenfrohes Graffito zum Klimaschutz. Die Zerstörung der Vegetation, der Meere und Flüsse und letztendlich der Menschen haben 16 Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Stellingen und der Ida Ehre Gesamtschule unter Anleitung des französischen Graffiti Künstlers Darco in knapp drei Wochen im Mai/Juni 2009 an die Außenwand gesprayt. Historie des Projektes und politischer Kontext Bereits 2008 entstanden mehrere Graffiti in Hamburg-Eimsbüttel (Margaretenstr. 62/64) und in Sarajevo. Das Austauschprojekt der beiden Hamburger Gesamtschulen mit dem Vierten Gymnasium in Ilidza / Sarajevo besteht seit 2005. Regelmäßig fahren 16 Hamburger Schülerinnen und Schüler für eine Woche nach Sarajevo, um dort mit den bosnischen Schülern gemeinsam zum Umweltschutz zu arbeiten,  die Kultur des Landes zu entdecken, mit Politikern und Redakteuren zu sprechen und über die Zukunft Bosniens auf dem langen Weg in die EU zu diskutieren. Sie erleben, dass der bosnische Staat nicht funktioniert. Eine Einigung der drei Volksgruppen der Bosniaken, Serben und Kroaten ist noch lange nicht in Sicht.  Der Friedensvertrag von Dayton schuf 1995 ein hochkompliziertes Staatsgebilde mit 13 Regierungen, 180 Ministern, drei Präsidenten und mehr als 700 Abgeordneten in verschiedenen Parlamenten. Das Abkommen von Dayton hat den Krieg zwar beendet, aber gleichzeitig die Trennung Bosniens in zwei Gebiete, sogenannte Entitäten, besiegelt: Die ausrüstungsmäßig überlegenen bosnischen Serben, die während des Krieges zwei Drittel des Landes erobert hatten, erhielten 49 Prozent des gesamten GGG LV HH Info 1/2011

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Sarajewoprojekt Klimaschutz Territoriums für ihren Quasistaat, die Republik Srpska. Die Bosniaken (Muslime) und Kroaten bilden die Föderation, bestehend aus zehn Kantonen. Formell sollte Bosnien ein vereinter Staat bleiben mit zentralen Institutionen. Die drei Volksgruppen können mit ihrem Veto jede Reform blockieren. Die Folgen sind katastrophal: Das Land verharrt in Lethargie, die Arbeitslosigkeit beträgt - 15 Jahre nach dem Krieg - fast 50 Prozent.  Seit dem 1.Januar 2010 wird den Bürgern Montenegros, Mazedoniens und Serbiens Reisefreiheit in der Europäischen Union gewährt. Bosnien und Herzegovina und das Kosovo wird jedoch die gleiche Reisefreiheit verweigert. Diese Visapolitik spaltet den Balkan und verhindert ein Zusammenwachsen von Europa.  Unsere bosnischen Lehrerinnen Snjezana Karaga und Armina Pozderac sind jedes Jahr erneut erleichtert, wenn das Protektorat durch die EUFOR erneut um ein Jahr verlängert wird. Zur Zeit sind ca. 900 deutsche Soldaten in Bosnien stationiert. Zum Projekt 2010 Sarajevo, die spannende und vibrierende Metropole Bosniens, ist auch am 14.September 2010 wieder unser Ziel. Bis zum 21.9.2010 erleben 17 Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Stellingen und der Ida Ehre Gesamtschule die kulturelle Vielfalt dieses jungen Staates. Sie entdecken mit ihren Austauschpartnern die berühmten Städte Mostar und Pocitelj, besuchten ein Derwisch Kloster, wandern im Künstlerort Pocitelj den Berg zur Burg hinauf, erfahren die Geschichte Ex-Jugoslawiens und des Krieges (1992 - 1995), der die Metropole Sarajevo und die historische Stadt Mostar fast vollständig zerstörte. Die bosnischen und deutschen Schüler diskutieren über Umweltschutz, was sie persönlich dazu beitragen können, entwerfen Ideen und Lösungen, die sie in Graffiti umsetzen.  Wie schon 2008 begleitet der französische Graffiti Künstler Darco die künstlerische Gestaltung. Edhem Sabic, Inhaber der Farbenfirma Caparol, unterstützt das Projekt in Sarajevo mit Wandfarbe und Spraydosen. In diesem Jahr werden Schüler aus Hamburg und Sarajevo mit Darco eine Wand seines Firmengebäudes mit einem Graffito gestalten. Mit digitalen Aufnahmegeräten, gesponsert von der Peter Mählmann Stiftung der Haspa nehmen die Schülerinnen und Schüler Zeitzeugeninterviews in Sarajevo und Hamburg auf, in denen sie Menschen zu ihren Erinnerungen an die Kriegszeit in Sarajevo und Hamburg befragen.  Auf dem Programm in Hamburg stehen neben dem 80 m2 großen Graffito an der Turnhalle der Gesamtschule Stellingen in der Hagenbeckstraße und den Zeitzeugen Interviews: Rathausbesichtigung und ein Gespräch mit Krista Sager, Hafenrundfahrt, Unterricht in den Schulen, Fahrt nach Berlin mit Besuch des Bundestags, Besuch des Planetariums und Musicalbesuch „Schmidt`s heiße Ecke“ im Tivoli. Am 13.9. fährt eine Delegation der deutsch/bosnischen Austauschgruppe zu einem Gespräch mit Hans Koschnick ins Bremer Rathaus. 24

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Sarajewoprojekt Klimaschutz Sponsoren und Unterstützer Unterstützung findet das Projekt in der Gerüstfirma Buterfas & Buterfas, dem Lackservice Nord, Caparol Ober-Ramstadt, Mega Malereinkaufsgenossenschaft, dem Grundeigentümer Verband Hamburg e.V., Bäckerei Kamps, der Edmund Siemers Stiftung, Bild hilft - Ein Herz für Kinder, der Peter Mählmann Stiftung, der BSB, der KMK und dem ZfA (Zentrum für das Auslandsschulwesen). Schirmherren Freimut Duve und Dr. Hans Koschnick. Auszeichnungen Das ökologische Austauschprojekt wurde zweimal von der Robert Bosch Stiftung „Junge Wege in Europa“ gefördert und ausgezeichnet. Die Ditze Stiftung zeichnete im Juni 2009 das Projekt aus und förderte es mit 3000 €.  Am 20.Mai 2009 reisten die Schülerinnen Birga Fischer (Gesamtschule Stellingen) und Jana Kohlmüller (Ida Ehre Gesamtschule) auf Einladung des Bundespräsidenten Horst Köhler nach Berlin und präsentierten das Projekt gemeinsam mit anderen Preisträgern des Förderprogramms „Demokratisch Handeln“. Vom 9.-12.6.2010 stellten Schülerinnen und Schüler das Projekt auf der 20.Lernstatt Demokratie im Schulzentrum der Gesamtschule Ost in Bremen 50 weiteren ausgezeichneten Projekten vor. „Hildegard Hamm-Brücher Förderpreis für Demokratie lernen und erfahren“ Frau Dr. Hildegard Hamm-Brücher sprach auf der Lernstatt unserem Projekt den nach ihr benannten Förderpreis für Demokratie lernen und erfahren zu: „Das langfristig aufgebaute und für die europäische Integration so wichtige Programm der beiden Schulen hat eine vorbildliche Funktion in einem so schwierigen Themenfeld wie dem Jugoslawien-Krieg und dessen Folgen für Europa. Das darf nicht einfach abbrechen“, so Hildegard Hamm-Brücher, die ihre Anerkennung mit einem Unterstützungsappell für potenzielle Sponsoren verband. Auf der Homepage www.hamburg-sarajevo. de können die Broschüren zum Projekt gelesen werden. Über die Schulbüros der beiden Gesamtschulen können die jeweils 60 seitigen Projektdokumentationen 2008 und 2009 gegen eine Schutzgebühr von 3,- € angefordert werden. Leitung des Schüleraustausch Projekts: Julia Muhs, Lehrerin, Stadtteilschule Ida Ehre, Bogenstraße 36, 20144 Hamburg Cläre Bordes, Lehrerin, Stadtteilschule Stellingen, Brehmweg 60, 22527 Hamburg

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Wie geht es los mit den Stadtteilschulen?

Hamburg – ein Zweisäulen-Modell Wie geht es los mit den Stadtteilschulen?

Gerhard Lein

Wolfgang Dittmar

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Nach dem Scheitern der Einführung der Primarschule nicht nur als verlängerte Grundschule, sondern als eigenständige Schulform mit neuer inhaltlicher Ausrichtung ist die Einführung der neuen Schulstruktur mit dem Zweisäulenmodell aus Stadtteilschule und Gymnasium in der Wahrnehmung fast untergegangen. Spätestens jetzt soll die Frage gestellt werden, wie geht es überhaupt los oder weiter mit der Stadtteilschule? Werden jetzt alle Stadtteilschulen Gesamtschulen? Kein Streit- sondern ein Rundgespräch im Mai 2011 mit Wolfgang Dittmar (ehemals Schulleiter eines Gymnasiums) und Gerhard Lein (ehemals Schulleiter einer Gesamtschule), aufgezeichnet von Peter Puhle (ehemals Stellv. Schulleiter einer Gesamtschule). Das Gymnasium ist bei diesen Überlegungen bewusst herausgenommen worden, weil wir uns als Initiative für die Stadtteilschule sehen. Die Schülerschaft wird ab Jahrgang 5 aufgeteilt auf die zwei Säulen. (Die Frage der Inklusion bzw. der Sonderschulen klammern wir hier aus). Wie werden sich die Schülerströme verteilen? In der Stadtteilschule werden alle Bildungsabschlüsse vergeben und sie führt in 13 Jahren auch zum Abitur. Daraus ergeben sich nicht nur unterschiedliche Bildungsgänge, weil es ein Jahr länger bis zum möglichen Abitur dauert. Kein Sitzenbleiben mehr, aber immer noch „Abschulung“ vom Gymnasium nach Klasse sechs. Entwickelt sich dann eine Stadtteilschule zur „Restschule“? Nicht nur die Frage der Schulformwechsler muss die BSB schnell schlüssig beantworten. Werden andere Bildungspläne und die Zusammenarbeit mit den beruflichen Schulen für mehr Berufsorientierung bei den mittleren Abschlüssen methodisch und inhaltlich für eine bessere Schule sorgen? Wird auch der individualisierte gemeinsame Unterricht, den die Stadtteilschulen von den Grundschulen und „guten Gesamtschulen“ noch stärker übernehmen müssen, zu besserer Schule für die Kinder und damit zu verbesserten Abschlussquoten führen? Wie können wir dem entgegenwirken, dass Eltern das Gymnasium anwählen, nur weil das Wort Gymnasium darüber steht - „Mythos Gymnasium“. (Was passiert mit den Rückläufern ab Jg. 7? Bleibt es bei fast 1/3 eines Jahrganges?) Wie werden die Vorteile der eigenen Schule gegenüber Eltern kommuniziert? Wir meinen, einzelne Stadtteilschulen dürfen bzw. müssen den Gegensatz Gymnasium-Stadtteilschule herausarbeiten. Sie sollten ihr Profil verdeutlichen und die Schule für Eltern öffnen mit vielen Veranstaltungen für Kinder und Eltern. Dabei sollten ruhig die Erfolgsmodelle von bisher guten Gesamtschulen abgefragt und evtl. kopiert werden. Das bisherige Kooperationsmodell in HH- Bergedorf von drei Gesamtschulen mit einer gemeinsamen Oberstufe war ja nicht nur ein Papiermodell, sondern bestand aus gemeinsamen Schulleitungs-, Abteilungsleitungssitzungen und Fachkonferenzen. GGG LV HH Info 1/2011

Wie geht es los mit den Stadtteilschulen? Gute Schulen auf dem Weg zur Inklusion Auch die vierte Gesamtschule in Kirchwerder entstand aus einer bisherigen HR-Schule durch viele Kooperationsgespräche aller Beteiligten. Die gymnasiale Oberstufe ab Klasse elf ist für Eltern bei der Schulwahl eine wichtige Perspektive. Zumal wir aus den Gesamtschulen wissen, dass viele „nicht gymnasial empfohlene Schüler“ doch noch im Jg. 10 eine Zulassung für den Besuch der gymnasialen Oberstufe erreichen. Die GGG möchte als Vermittler auftreten, Gespräche zwischen den Schulen und Schulbesuche arrangieren. Wir wollen Erfolgsmodelle in Hamburg zeigen („Wir lassen auch gucken“) und Experten für erfolgreiches längeres gemeinsames Lernen anbieten. Wir wollen unterschiedliche regionale Gegebenheiten mit den Schulen herausarbeiten und auch für Schulleitungen, Lehrerkonferenzen, Eltern/Elternräte als Ansprechpartner ehemalige Schulleiter und Lehrer vermitteln, um die Anfänge leichter zu gestalten. Peter Puhle

Gute Schulen auf dem Weg zur Inklusion stellen sich vor!

Am 25. und 26. Februar veranstalteten die GSL-Stadtteileilschule Lohbrügge und die Förderschule An der Twiete eine Fachtagung zum obigen Thema. Als Kooperationspartner waren die GGG ( Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule /Verband für Schulen des gemeinsamen Lernens e.V)., vds (Verband Sonderpädagogik) und VIHS (Verband Integration an Hamburger Schulen) beteiligt. Die Schulen nicht nur in Hamburg stehen vor einem epochalen Wandel, was den Umgang mit Kindern mit Behinderungen angeht. „Inklusion“ heißt derAuftrag und nicht mehr „Integration“. Nicht länger um das nachträgliche Heranführen an die „richtige“ Gesellschaft also soll es gehen, sondern um einen Zustand, in dem Integration gar nicht mehr nötig ist, weil alle Menschen in ihrer Verschiedenheit Chancengleichheit erfahren – so wie es auch die Vereinten Nationen in einer Resolution zu den Rechten von Menschen mit Behinderungen fordern. Wie muss die allgemeine Schule umgestaltet werden, um erfolgreich alle Schülerinnen und Schüler auf- und mitzunehmen? Welche Unterrichtsorganisation, welche Unterrichtsformen, welche personelle, sächliche und räumliche Ausstattung werden benötigt? Wie müssen sich die sonderpädagogischen Einrichtungen mit neuem Selbstverständnis weiterentwickeln? Welche sonderpädagogische Unterstützung benötigt die allgemeine Schule zur erfolgreichen Umsetzung inklusiven Unterrichts? Haben wir in Deutschland nicht bereits Schulen und Projekte, die auf dem erfolgreichen Weg zu neuen Ufern sind? Wo sind erfolgreiche Ansätze inklusiver Arbeit erkennbar? Wo gibt es überzeugende praktische Beispiele gelungener integrativer Arbeit? Welche Schulen bieten erfolgreiche Konzepte der Individualisierung? Solche Schulen vorzustellen, miteinander ins Gespräch zu bringen GGG LV HH Info 1/2011

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Gute Schulen Auf dem Weg zur Inklusion

Torsten Schumacher

Peter Friedsam

und zu vernetzen, war ein Anliegen dieser Fachtagung. Ein weiteres Ziel war es, den Schulen Mut zu machen, die aufbrechen wollen oder schon aufgebrochen sind in Richtung einer inklusiven Bildungseinrichtung. Die Good-practice-Beispiele stellten Schulen aller Schulformen vor, die einen solchen Weg beschritten haben. Darunter sind viele Schulen, die für diese Arbeit ausgezeichnet wurden, zum Beispiel mit einem der Deutschen Schulpreise der Robert-Bosch-Stiftung. Die Grußworte der Hamburger Schulbehörde wurden durch Frau Dr. Angela Ehlers, zuständig für Inklusion, an die Kongressteilnehmer übermittelt. Der Eröffnungsvortrag wurde Frau Marianne Boskamp (G.PohlBoskamp GmbH &Co. KG) zum Thema „Diversität – Chancen und Nutzen von Vielfalt. Was hat der gelernte Beruf mit der Arbeitsrealität zu tun?“ gehalten. Im Anschluss daran haben Frau Angela Dombrowski und Frau Andrea Rahm von der Sophie-Scholl-Schule - Sieger 2010 deutscher Schulpreis - aus Oberjoch/Bad Hindelang ihr Konzept „Inklusion macht Schule“ vorgestellt. Am Freitag und am Samstag wurden in 20 Workshops von Schulen Konzepte und ihre praktische Arbeit unter dem Motto „Good-practice“ vorgestellt. Folgende Schulen waren beteiligt: Produktionsschule Bremerhafen (Bremen); Preisträgerschule beim Deutschen Schulpreis, GSL - Stadtteilschule Lohbrügge (Hamburg, Schule Am Rhododendronpark, Förderzentrum, Integration Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung (Bremen), Schule An der Twiete, Förderschule (Hamburg), Grundschule am Barbarossaplatz (Berlin), Hauptschule/Mecklenburg-Vorpommern, Integration Bereich emotionale und soziale Entwicklung; Preisträger Deutscher Schulpreis 2010, Gesamtschule Bergedorf (Hamburg), Grund- und Förderschule Templin (Brandenburg); Preisträger beim Deutschen Schulpreis 2010, Clara-Grunwald-Schule (Hamburg), Sonderpädagogisches Förderzentrum - Lernen/Aufbau eines inklusiven Beratungszentrums (Berlin), Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte Borgweg (Hamburg), integrative Gemeinschaftsschule Lübscher Kamp, Itzehoe, Schleswig Holstein, IGS Linden Hannover, Jacob Muth Preis (Niedersachsen), Integratives Förderzentrum Bindfeldweg (Hamburg), Grundschule Kleine Kielstraße, Dortmund; Sieger deutscher Schulpreis 2006 (NRW) Besonderen Zulauf hatte der Workshop von Frau Maike Reese, Organisationsberatung und pädagogische Expertin der Robert Bosch Stiftung (Deutscher Schulpreis) zum Thema „Bedingungen inklusiver Pädagogik“. Auf dem Abschlusspodium diskutierten Frau Prof. Höhmann, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, Herr Prof. i. R. Dr. Hiller vormals Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, Fakultät für Sonderpädagogik Reutlingen und Herr Prof. Schuck, Uni Hamburg, teilweise kontrovers über gelungene Inklusion. In den nächsten Wochen wird ein Heft über die Vertagung erstellt. Es kann dann auch über den Hamburger Landesverband bestellt werden. Annegret Volkmann

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Herzlich willkommen

Als neue Mitglieder im Landesverband Hamburg begrüßen wir in der GGG: Fritz-Schumacher-Schule GS Fischbek GS Bergedorf GS Walddörfer Ulrike Hillmann Dirk Petersen Maria Polgeers Svenja Andersen Klaus Bullan Ulrich Schötker Barbara Kreuzer Maria Hufert GS Kirchdorf Lessing-Stadtteilschule Dr. Wolfgang Dittmar Dr. Stefanie von Berg GGG LV HH Info 1/2011

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Beitrittserklärung

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Grundsatzposition der GGG

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Bosnische und Hamburger Schülerinnen und Schüler sprayen ein Wandbild in Sarajewo zum Klimaschutz 32

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