Leben und Sterben im Online Print

December 16, 2017 | Author: Insa Kranz | Category: N/A
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Leben und Sterben im Online Print Fünf Hypothesen zur Zukunft der (Online-)Druckbranche Dr. Christian Maaß

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eCommerce Geschäftsmodelle setzen stationäre Händler im Einzelhandel seit längerem unter massiven Druck. Steht das gleiche Schicksal den stationären Druckern bevor? Es gibt mehr Indikatoren die dafür als dagegen sprechen.

Ausgangssituation Nach Meinung des neuen EUDigitalkommissars Oettinger droht Deutschland Gefahr zu laufen, den Anschluss im Bereich Digitalisierung zu verlieren (vgl. FAZ 2014). In Abhängigkeit der betrachteten Branche gelangt man aber nicht selten schon heute zu der Erkenntnis, dass einige Bereiche den Anschluss bereits verloren haben. Dies gilt z. B. für die Medien/Verlagshäuser, deren analogen Leistungen durch digitale substituiert wurden und nach wie vor werden. Sinngemäß äußert sich Julia Jäkel, Vorstandsvorsitzende von Gruner & Jahr: „Das traditionelle Geschäftsmodell ist finanziell nicht überlebensfähig“ (vgl. Internet World 2014).

ckereisterben lassen sich zumindest als Indikatoren dafür heranziehen. Bei genauerer Betrachtung lassen sich in diesem Umfeld aber auch innovative Geschäftsmodelle identifizieren. Dies gilt z.B. für den Bereich Online Print, wo Druckereien wie Flyeralarm oder Vistaprint in den vergangenen Jahren rasante Wachstumsraten aufweisen und Umsätze im größeren dreistelligen Millionenbereich erwirtschaften konnten, womit sie zu den größten eCommerce Unternehmen in Deutschland und Europa zählen. Nicht zuletzt aus diesen Gründen liegt es nahe zu hinterfragen, wie sich das Thema Online Print in Zukunft entwickeln wird und welche Implikationen damit für traditionelle Druckhäuser einhergehen. Zur Klärung dieser Fragen werden fünf – bewusst überspitzt formulierte – Hypothesen aufgestellt. Es wird deutlich, dass für traditionelle Drucker mehr Risiken als Chancen mit der Digitalisierung einhergehen, während Online Printer vor der Herausforderung stehen, ihre Geschäftsmodelle noch stärker zu digitalisieren/automatisieren, um als Gewinner aus einer immer stärker voranschreitenden Marktkonsolidierung hervorzugehen.

Während über die Herausforderungen der Verlage fast täglich berichtet wird, findet man deutlich weniger Informationen über die aktuelle Situation der Druckindustrie, die mit einem Umsatz im zweistelligen Milliardenbereich zu den größten Wirtschaftszweigen in Deutschland zählt (vgl. Abb. 1). Auf den ersten Blick scheint ihr Schicksal eng mit dem der Verlage verwoben, die schrumpfenden Branchenumsätze sowie das stetig voranschreitende Dru-

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Abb. 1: Umsatzentwicklung im Deutschen Druckmarkt (Quelle: BVDM 2014, Zipper Consulting, eigene Berechnungen)

Hypothese 1 Ein verändertes Nachfrageverhalten erfordert grundlegend andere Kompetenzen zum Marken/Reichweitenaufbau sowie zur Kundeninteraktion, die traditionelle Druckhäuser und Online Printer bislang nur bedingt aufgebaut haben. eCommerce ist en vogue: 94% der Internetnutzer über 14 Jahren kaufen mittlerweile über das Internet ein, dies entspricht 51 Millionen Bundesbürgern (vgl. BITKOM 2014). Vor allem für die jüngeren Generationen stellen Suchmaschinen oder Social Networks wie Facebook und Twitter die wichtigste Informationsquelle im Vorfeld einer Kaufentscheidung dar (vgl. AGOF 2014). Aus diesen Gründen erstaunt es auch nicht, dass die Online Nachfrage nach Druckerzeugnissen seit Jahren zunimmt. Der Begriff „Flyer“ zählt zu den häufigsten Suchanfragen bei Google und auch die Suchvolumina nach den einschlägig bekannten Online Druckereien steigen stetig (vgl. Abb. 2).

Wenn das Internet für Preisvergleiche und zur Vorbereitung von Kaufentscheidungen für einen immer größer werdenden Teil der Bevölkerung zur zentralen Anlaufstelle avanciert, dann werden Marken und Reichweiten – und damit der Zugang zum Kunden – in Zukunft darüber aufgebaut, wer es bei Google auf die ersten Plätze schafft, bzw. über den bei Facebook und Twitter am meisten gesprochen wird. Dies führt zu grundlegend anderen Anforderungen an die Kompetenzbasis des Unternehmens. So wird es z. B. im hohen Maße umsatzrelevant, die Sichtbarkeit der wichtigsten Hauptproduktgruppen bei Google sicherzustellen, um potenzielle Kunden auf den eigenen

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Shop zu kanalisieren. Das Online Printer hier von Haus aus gegenüber traditionellen Druckhäusern einen Wettbewerbsvorteil haben liegt auf dem ersten Blick nahe. Auf dem zweiten Blick kommt man aber zu der Erkenntnis, dass sich auch diese Unternehmen noch in einem frühen Professionalisierungsstadium hinsichtlich ihrer eCommerce Aktivitäten befinden. Beispielsweise stellt keiner der Top-5-OnlineDrucker im B2B Umfeld seinen Kunden eine für Mobilgeräte optimierten Shop zur Verfügung. Auch bei Standardfunktionen im eCommerce, wie z. B. der internen Suche, stehen Online Printer oft noch am Anfang. Eine Suchanfrage nach dem Standardprodukt „Flyer A5“ führt lediglich bei Wir-machen-

Druck.de zu einem erwartungstreuen Treffer des im 90er-Jahre-Look gestalteten Shops. Bei Flyeralarm wird man im Gegensatz dazu auf eine Suchergebnisseite mit mehreren hundert und wenig hilfreichen Ergebnissen geleitet, Cewe-Print liefert keinen Treffer und bei Saxoprint verzichtet man gleich im Vorfeld darauf, dem Anwender überhaupt eine Suchmöglichkeit zur Verfügung zu stellen. Ungeachtet dieser Punkte verfügen diese Unternehmen im Vergleich zu herkömmlichen Druckhäusern aber über einen deutlich besseren Startplatz, um die hier genannten Punkte zeitnah angehen und die dazu erforderlichen Kompetenzen aufzubauen.

Abb. 2: Entwicklung des Suchvolumens nach Online Druckereien im B2B Umfeld (Google Trends)

Hypothese 2 Der Markt für Online Print wird sich in den nächsten 3-5 Jahren konsolidieren und von wenigen Online Printern dominiert werden. Aus den bisherigen Ausführungen könnte man den Rückschluss ziehen, dass Online Printer gesegnete Kinder sind, da sie von der zunehmenden Internetdurchdringung und dem anhaltenden eCommerce Wachstum unmittelbar profitieren während die Druck-

branche als ganzes auf hohem Niveau schrumpft. Bei näherer Betrachtung zeichnet sich aber auch im Bereich Online Print eine Konsolidierungswelle ab, die durch den Kern des Online Geschäftsmodells vorprogrammiert ist: So beruhen Wettbewerbsvorteile im Onli-

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ne Print maßgeblich auf der so genannten Sammelform, wo eine Vielzahl von Aufträgen auf einem Druckbogen platziert wird, worin ein grundlegender Unterschied zum Einzelauftrag im herkömmlichen Sinne zu sehen ist (Massenfertigung vs. Einzelfertigung). Um Druckbögen/-maschinen möglichst effektiv auszulasten und die Rüstkosten für das Einrichten anderer Papierformate zu reduzieren, sind Online Printer folglich auf einen möglichst großen Auftragspool angewiesen. Je größer dieser Pool ist, desto einfacher ist die Auslastung des Maschinenparks.

verbleiben für die restlichen Anbieter Jahresumsätze, die deutlich unter € 1 Mio. liegen. Größere Investitionen in den Maschinenpark oder in Werbemaßnahmen sind in so einer Situation nur bedingt möglich, d. h. der Vorsprung der Online Marktführer scheint kaum einholbar. Es ist vielmehr damit zu rechnen, dass zahlreich kleine Online Printer vor diesem Hintergrund aus dem Markt ausscheiden und die führenden Online Printer in den nächsten Jahren diverse kleinere Anbieter übernehmen werden, um den Pool an Druckaufträgen zu vergrößern. Alleine der weltweite Marktführer Vistaprint hat seit 2010 ca. US-$ 640 Mio. für Firmenübernahmen ausgegeben wobei es sich aber keineswegs um einen Einzelfall handelt: In der gesamten Branche kommt es bereits heute zu großvolumigen Unternehmensübernahmen (vgl. Abb. 3), die als Indikator einer absehbaren und voranschreitenden Branchenkonsolidierung anzusehen sind.

Vergegenwärtig man sich nun, dass a) alleine in Deutschland ca. 1.300 Online Drucker aktiv sind, b) diese Betriebe einen Branchenumsatz von ca. € 2,3 Mrd. im Jahr 2014 erwirtschaften werden (vgl. BVDM 2014) und c) die Branchenführer wie Flyeralarm, Saxoprint, Vistaprint & Co. etwa die Hälfte dieser Umsätze abzuschöpfen, Jahr

Käufer

Übernommenes Unternehmen

Kaufpreis

2014

Vistaprint

Pixartprinting

€ 150 Mio.

2014

Vistaprint

People & Print Group

n/a

2014

United Print

Infowerk AG

n/a

2013

Ventech

Picanova

n/a

2013

eLanders

MyPhotobook

€ 10,5 Mio.

2013

Eisbach Holding

Saal Digital Fotoservices

n/a

2013

Hofmann

Posterjack

n/a

2013

TA Associates

Online Printers

n/a

2011

Cewe Color

Saxoprint

n/a

2011

Vistaprint

Album Printer

€ 60 Mio.

2011

Deluxe

PsPrint

n/a

2011

Photobox

Moonpic

€ 130 Mio.

2011

Shutterfly

Tinyprints

€ 333 Mio.

2011

Album Printer

Fotobook

n/a

2011

Album Printer

Bonusprint

n/a

2011

Cafe Press

EZ Print

US-$ 30 Mio.

2010

Shutterfly

WMSG

US-$ 6 Mio.

2010

Cafe Press

Canvas On Demand

US-$ 10 Mio.

Abb. 3: Ausgewählte Akquisitionen und Beteiligungen im Bereich Online Print (div. Quellen)

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Hypothese 3 Den Wettbewerb in der Druckbranche werden in Zukunft die Unternehmen besonders erfolgreich gestalten können, die die Themen Datenmanagement und Prozessautomatisierung am besten beherrschen. Welchen Mehrwert bietet ein stationärer Drucker gegenüber einem Online Printer, die in der Kostenstruktur deutlich effizienter und in kürzeren Produktionszeiten Aufträge produzieren/ausliefern können? Das stetig voranschreitende Druckereisterben lässt sich als Indiz heranziehen, dass die Antwort auf diese Frage vielfach unbeantwortet bleibt.

dass bei Online Printern wie Flyeralarm bis zu 20.000 Bestellungen pro Tag eingehen, dann ist offensichtlich, dass es grundlegend anderer Ansätze in der Auftragsannahme, Druckvorstufe sowie in der Produktion bedarf, um die hier genannten Volumina händeln zu können. An die Stelle manueller Arbeitsschritte werden immer stärker Algorithmen treten, die Druckdateien automatisch prüfen, auf Druckbögen platzieren und auf den Maschinenpark – in Abhängigkeit ggf. noch folgender Verarbeitungsschritte – verteilen, um unnötige Rüstkosten zu vermeiden und schnelle Durchlaufzeiten zu realisieren.

Der Vorteil der Online Printer hing in den letzten Jahren maßgeblich mit der im vorangegangenen Abschnitt skizzierten Sammelform und den damit verbundenen Kostenvorteilen zusammen, aufgrund derer sie die bis dahin geltenden Marktpreise deutlich unterbieten konnten. In den kommenden zehn Jahren werden jedoch die Unternehmen als Gewinner hervorgehen, die ihre Prozesses am besten automatisieren und modularisieren, um der Nachfrage nach kleineren und individuelleren Auflagen sowie flexibleren und verbindlichen Lieferzeiten Rechnung zu tragen. Sehr einfach lässt sich dieser Sachverhalt am Beispiel von Lieferoptionen wie Next-Day-Delivery oder Express Versand nachvollziehen, die bei vielen Online Printern bereits heute als Standardservices anzusehen sind. So werden in Abhängigkeit der betrachteten Produkte durchschnittlich zwischen 15% und 20% der Aufträge mit dieser Option bestellt – Tendenz steigend. Führt man sich nun vor Augen,

Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass die hier beschriebenen Entwicklungen in einem hohen Investitionsbedarf in die IT sowie den Maschinenpark münden, die insbesondere die Kleinstund Kleinunternehmen nicht stemmen können – sie repräsentieren ca. 90 % aller Druckbetriebe in Deutschland. Größere Druckbetriebe sind diesbezüglich zwar noch in einer komfortableren Situation, was allerdings nicht bedeutet, dass sie sich unendlich lange auf den vorhandenen Strukturen ausruhen können: Wer heute noch keine Maßnahmen zu Automatisierung und Digitalisierung des Geschäftsmodells eingeleitet hat, wird in den nächsten 5 Jahren existenziellen unternehmerischen Herausforderungen gegenüberstehen. Dies führt unmittelbar zu Hypothese 4.

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Hypothese 4 Services können Druckbetriebe nicht retten, sie beschleunigen mitunter sogar deren Niedergang. „Nur durch die Schaffung von Mehrwerten können sich kleinere Druckereien von ihren größeren Wettbewerbern absetzen“ (Deutscher Drucker 2014, S. 3). Ähnlich gelagerte Aussagen hört und liest man häufig, wenn es um die Frage der zukünftigen Positionierung von Druckereien geht. Nur selten werden solche Floskeln jedoch präzisiert und noch seltener kann man Beispiele finden, wo dieser Ratschlag in einem im Wettbewerbsvergleich überlegenen Geschäftsmodell mündet. Um es überspitzt zu formulieren, erscheinen solche Aussagen für den Großteil der fast 10.000 Kleinst/Kleindruckereien sogar bedrohlich: Plötzlich soll ein ohnehin schon angeschlagenes bzw. reifes Geschäftsmodell auch noch die Kosten von Serviceleistungen mitfinanzieren, deren Beitrag zur Kundenbindung im Zweifel erst Mittel-/langfristig eintritt und teilweise auch in Frage zu stellen ist.

nicht ohne weiteres retten. Die bisherigen Ausführungen bedeuten allerdings nicht, dass im Markt keine Differenzierungsansätze mehr existieren. Ohne entsprechende Technologiekompetenzen wird es in Zukunft jedoch immer unwahrscheinlicher, solche Nischen erfolgreich zu besetzen. Mit Blick auf die aktuelle Wettbewerbssituation führen die vorausgegangenen Ausführungen jedoch unweigerlich zu der Frage, warum das Druckereisterben nach wie vor vergleichsweise langsam verläuft, wenn denn die Stärken der Online Printer so groß sein sollen. Tatsächlich können sich die Offline Printer (noch) gut positionieren, zumindest wenn es um komplexe Druckprodukte geht, bei denen es teilweise noch häufig zu Rückfragen kommt. Tatsächlich ist in der persönlichen Beratung ein wichtiger Serviceansatz zu sehen, den Online Printer bislang noch nicht vollständig erschlossen haben. Es gibt aber keinen Grund davon auszugehen, dass dieses Feld nicht auf absehbare Zeit von ihnen besetzt wird. Der britische Online Printer Moo stellt bereits für Kunden ab einer Mitarbeiterzahl von 10 einen dezidierten Ansprechpartner zur Verfügung. Und mit der zunehmenden Größe des Pools an Druckaufträgen ist davon auszugehen, dass auch Sonderwünsche auf Basis eines modularen Produktionsansatzes effektiver online bearbeitet werden können, weshalb die Nachhaltig einer ausschließlich auf Beratung basierenden Differenzierungsstrategie eines Offline Printers zumindest als hinterfragenswert anzusehen ist. Natürlich sehen traditionelle

Man kann die aktuelle Situation in der Druckbranche durchaus mit der Lage der stationären Händler vergleichen, wo standardisierte Güter in teuren Verkaufsflächen mit hohen Personalkosten in einem regionalen Einzugsgebiet verkauft werden und ein intensiver Wettbewerb mit Online Größen wie Amazon, Otto oder Zalando besteht. Was nützt der beste Service, wenn durch zahlreiche Anrufe und Beratungsgespräche die ohnehin schon geringe Marge noch stärker in Mitleidenschaft gezogen wird? Wer heute seinen Kunden nicht in einem Satz ökonomisch nachvollziehbar erklären kann welchen Nutzen seine Leistungen stiften, den können auch neue Services

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Branchenvertreter das gerne und häufig anders, wobei sich auch hier parallelen zum Einzelhandel zeigen, der hinsichtlich seiner eCommerce Maturität dem Bereich Online Druck um einige Jahre voraus ist. So haben hier z. B. die Hersteller von Luxusmarken noch vor wenigen Jahren darauf verwiesen, dass

der Online Vertriebsweg aufgrund der Wertigkeit ihrer Produkte für sie nicht in Frage komme und die Kunden eine persönliche Beratung wünschen. Die vergangenen Jahre haben aber gezeigt, dass auch bei solchen Leistungen eine stark wachsende Online Nachfrage existiert.

Hypothese 5 Die „Technifizierung“ der Druckbranche eröffnet zahlreiche Ansätze für neue Geschäftsmodelle, dass traditionelle Druckgeschäft wird jedoch an Bedeutung verlieren. Vor zehn Jahren gab es noch kein iPhone und Google war ein hippes Start-up aus den USA. Vom heutigen Standpunkt aus ist das für die jüngeren Generationen bereits unvorstellbar. Innerhalb kürzester Zeit hat sich in den letzten zehn Jahren somit das Bild ganzer Branchen verändert und Umsatz/Kostenstrukturen wurden auf den Kopf gestellt.

Vorfeld bereits angesprochenen neuen Anforderungen an die Kompetenzbasis ist aber zumindest nachvollziehbar, warum viele Druckereien sich von den aktuellen Trends abgeschreckt fühlen oder zumindest eine gewisse Distanz dazu haben. So haben neue Themen wie 3D Druck nur vom Begriff her einen Bezug zur Druckbranche, die dahinter stehenden Technologien unterscheiden sich grundlegend von den Arbeitsabläufen und -techniken traditioneller Druckereien. Die zunehmende Leistungserbringung über das Internet stellt – wie im Zuge der Diskussion von Hypothese 1 bereit erörtert – ebenso eine Herausforderung dar, da man sich plötzlich in einem Marktumfeld mit transparenten Preisen wiederfindet und seine Prozessen und Wertschöpfungsstrukturen mitunter grundlegend anpassen muss.

Was mit der Digitalisierung analoger Medien begonnen hat, wird sich in den nächsten zehn Jahren in traditionellen Wirtschaftsbereichen fortsetzen. Und es gibt keinen vernünftigen Grund, warum die Druckbranche von größeren Veränderungen ausgeschlossen sein sollte – willkommen in der Wirklichkeit. Angesichts dessen stimmen die Ergebnisse einer Umfrage des „Deutschen Drucker“ zumindest auf den ersten Blick bedenklich, wonach auch in der Zukunft stattliche 27 % der befragten Druckereien erst gar nicht auf das Pferd Online setzen und von einem Einstieg in diesem Bereich Abstand halten wollen. Im Hinblick auf die im

Bei näherer Betrachtung handelt es bei den hier beschriebenen Entwicklungen jedoch um keine grundlegend neuen Phänomene oder gar um eine Gefahr, sondern lediglich um den vor ca. 100

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Jahren von Joseph Schumpeter (18831950) beschriebenen Prozess der schöpferischen Zerstörung. Danach werden „[d]urch eine Neukombination von Produktionsfaktoren […] alte Strukturen verdrängt und schließlich zerstört“. Diese Zerstörung sei notwendig, damit eine Neuordnung stattfinden

könne, um effizienter und produktiver zu arbeiten, so Schumpeter. Mit Blick auf die bevorstehenden und Strukturveränderungen in der Druckindustrie stellt sich daher auch nicht die Frage des „Ob?“ sondern nur noch des „Wann?“ und „Wie schnell?“.

Fazit Die vorangegangenen Ausführungen waren bewusst überspitzt formuliert, um auf die aktuellen Veränderungen in der Druckbranche hinzuweisen. Die Digitalisierung der Branche schreitet stetig voran, wenngleich die Wandelprozesse langsamer als z. B. im Medienumfeld verlaufen. Der Bereich Druck wird auch im Jahr 2020 ein Milliardenmarkt sein, die Kompetenzen zur erfolgreichen Marktbearbeitung werden sich jedoch deutlich wandeln. Traditionelle Druckereien müssen im Zuge dieser Entwicklung aufpassen, nicht zum Handlanger der neuen und aufstrebenden Marktführer zu werden. Gleichzeitig müssen sie einen komple-

xen Wandlungsprozess vollziehen von dem die Organisationsforschung seit Jahrzehnten weiß, dass das loslassen an langjährig gelebten Regeln, Prozessen und Werten eine massive Herausforderung darstellt und häufiger scheitert als erfolgreich verläuft. Online Printer werden nicht zuletzt aus diesen Gründen in den kommenden Jahren ihre Marktanteile ausbauen; die aktuellen Branchentrends sowie das veränderte Nachfrage-/Kundenverhalten spielen ihnen in die Hände und die Digitalisierung/Technifizierung eröffnet zahlreiche Ansatzpunkte für innovative Geschäftsmodelle.

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Über den Autor Dr. Christian Maaß ist Herausgeber des Blogs Netzbaron und seit 2014 Chief Product Officer bei der Flyeralarm GmbH, einem der weltweit größten Online Printer. Vor seinem Einstieg bei Flyeralarm war er in verschiedenen Leitungspositionen bei AutoScout24, OTTO und Bertelsmann tätigt, zuletzt als Bereichsleiter eCommerce bei arvato eCommerce. Neben seiner beruflichen Tätigkeit hat Christian mehrere Bücher zu seinen Arbeitsschwerpunkten in den Bereichen Produktmanagement und eCommerce verfasst. Kontaktdaten www.netzbaron.de [email protected] 0173-1607521

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