Torsten Schwarz Herausgeber. LEITFADEN Digital Commerce

March 16, 2017 | Author: Wolfgang Lenz | Category: N/A
Share Embed Donate


Short Description

Download Torsten Schwarz Herausgeber. LEITFADEN Digital Commerce...

Description

Torsten Schwarz Herausgeber

LEITFADEN Digital Commerce

BESTELLFAX an +49 (0)7254 / 95773-90 oder ONLINE: http://shop.marketing-boerse.de

NEU: Leitfaden Marketing Automation

Leitfaden Digital Commerce Hrsg.: T. Schwarz, 384 S., geb., 2013 Der E-Commerce-Umsatz wächst seit Jahren zweistellig. In diesem Buch zeigen innovative Unternehmen, worauf es ankommt und wie sie Digital Commerce umsetzen.

Hrsg.: T. Schwarz, 288 S., geb., 2014 Digital neue Kunden gewinnen: Vom Lead Management über Big Data zum Lifecycle Marketing.

Leitfaden Online Marketing Band 2

Leitfaden Digitaler Dialog Hrsg.: G. Braun, 444 S., geb., 2012 Professioneller Kundenkontakt via Social Media, E-Mail und Mobile birgt neue Chancen und Risiken für Unternehmen. Wie damit umgehen? 55 Experten berichten aus der Praxis und geben Tipps für die Umsetzung.

Hrsg.: T. Schwarz, 1.120 S., geb., 2011 Band zwei des Standardwerks liefert aktuelle Trends der Online-Kundengewinnung. 166 Top-Experten verraten Tipps und Tricks zu SEO, AdwordsKampagnen, Targeting und Social Media.

Leitfaden Online Marketing, Band 1

Leitfaden E-Mail-Marketing 2.0 Hrsg.: T. Schwarz, 500. S. geb. 2009 Das umfassendste deutschsprachige Fachbuch zum Top-Thema der US-Marketer.

Hrsg.: T. Schwarz, 858 S., geb., 2. Aufl. 2008 Diese Buch gilt inzwischen als das anerkannte Standardwerk für die Online-Marketing-Branche.

JA, ich bestelle:

…

NEU: Leitfaden Marketing Automation

29,90 Euro

…

Leitfaden Digital Commerce

34,90 Euro

…

Leitfaden Online Marketing, Band 2

49,90 Euro

…

Leitfaden Online Marketing, Band 1

39,90 Euro

…

Leitfaden Digitaler Dialog

39,90 Euro

…

Leitfaden E-Mail-Marketing 2.0

34,90 Euro

Die Preise enthalten 7% MwSt., hinzu kommen pro Lieferung 3,- Euro Versandkosten. Bei internationalem Versand werden die tatsächlichen Portokosten in Rechnung gestellt. * Lieferung als PDF versandkostenfrei.

Datum/Unterschrift

Vor-/Nachname

Firma

Straße

PLZ/Ort

Telfon / Fax / Telefon / E-Mail

marketing-BÖRSE GmbH, Melanchthonstr. 5, 68753 Waghäusel, Tel. 07254 / 95773-0, [email protected]

ISBN-13: 978-3-943666-05-2 ISBN epub: 978-3-943666-14-4 ISBN pdf: 978-3-943666-15-1

1. Auflage 2013 Copyright © 2013 marketing-BÖRSE GmbH Melanchthonstr. 5 D-68753 Waghäusel www.marketing-boerse.de [email protected]

Umschlaggestaltung und Layout: Maren Wendt, Hamburg Satz: KOMM-ON Peter Föll, Karlsruhe Druck und Bindung: Werbedruck GmbH Horst Schreckhase, Spangenberg Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem und chlorfreiem Papier Printed in Germany

Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen wurden nach bestem Wissen der Autoren und des Verlags zusammengestellt. Gleichwohl sind Fehler nicht vollständig auszuschließen. Daher sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen keine juristische Verantwortung und werden auch keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Informationen entsteht, auch nicht für die Verletzung von Patentrechten und anderer Rechte Dritter, die daraus resultieren können. Ebenso übernehmen Autoren und Verlag keine Gewähr dafür, dass die beschriebenen Verfahren usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Vorwort

Vorwort

Wer sich heute für ein Produkt interessiert, informiert sich über digitale Medien und immer öfter wird auch gleich online bestellt. 59 Prozent surfen während des Fernsehens, und von diesen wiederum nutzen 37 Prozent ihr Smartphone oder Tablet, um nach Produkten aus der aktuellen Sendung zu suchen. Kein Wunder, dass Digital Commerce schon seit Jahren zweistellig wächst. Dieses Jahr werden voraussichtlich Waren im Wert von 49 Milliarden Euro über das Internet bestellt. Neben Amazon, Otto und Zalando profitieren auch die Paketdienste. 18 Milliarden Euro Umsatz machten Kurier-, Express- und Paketdienste 2012. Alleine DHL hat fast eine Milliarde Pakete befördert. Aus den USA schwappt der Trend Same-Day-Delivery zu uns herüber. DPD stieg beim Kurierdienst Tiramizoo ein. Der Dienst vermittelt in 15 deutschen Städten Kuriere, die in Minutenschnelle vor der Haustür stehen. In Freiburg liefert Doenercopter.de den Wunschdöner bald vollautomatisch per Minihelikopter aus. Damit es aber so weit kommt, müssen Onlineshops noch viel Nachhilfeunterricht nehmen. In diesem Buch beschreiben renommierte Autoren, wie Online- und Offlineprozesse verbunden und Shops optimiert werden. Wie sehen Wohlfühlshops aus und worauf muss bei Produktinformationen geachtet werden? Die nächste Welle kommt mit dem Smartphone, das als Bindeglied zwischen Website und stationärem Handel wirkt. Der Kleincomputer in der Hosentasche ist der beste Produktberater. Über die Hälfte der US-Käufer nutzen das Smartphone im Laden zum Abruf kaufbegleitender Informationen. Demnächst weiß mein Smartphone von selbst, dass ich im Elektronikladen bin und zeigt mir den Weg zum Regal mit den Kameras. Spracherkennung und Navigation gibt es heute schon. Google arbeitet hart daran, auch direkt Produktvergleiche bequem verfügbar zu machen. Spätestens wenn ich dann per Handy bezahle und mir die Ware nach Hause schicken lasse, sind die Grenzen zwischen Online und Offline endgültig verschwunden. Waghäusel, im August 2013

Torsten Schwarz

3

Inhalt

Digital Commerce im Wandel Torsten Schwarz .....................................................................

7

1. Von Crossmedia zu Omni-Channel Der stationäre Markt – eine aussterbende Art? Wolfgang Lux .............................................. Das Cross-Channel-Verhalten der Konsumenten Kai Hudetz, Judith Halbach ................ Sich der digitalen Herausforderung stellen Thorben Fasching ................................................ Retail im Cross-Channel-Transformationsprozess Michael Badichler ................................. Mythen und Hypes im Digital Commerce Bertold Raschkowski ...........................................

23 37 45 51 71

2. Differenzierung tut not Zugangscode zum digitalen Eldorado Marcus Diekmann ...................................................... 83 Long Tail in der Praxis Dirk Ploss ................................................................................................ 91 Differenzierung durch Produktdaten Martin Groß-Albenhausen ........................................ 101 Big Data anwendbar machen Timo von Focht ........................................................................... 111 3. Always-On: Social — Local — Mobile SoLoMo als Schlüsselthema im Digital Commerce Gerrit Heinemann .............................. 135 Perspektiven des Social Commerce Björn Tantau .................................................................... 157 Tablet Commerce erobert den Mittelstand Oliver Schwartz ................................................. 163 Mobile Coupons für moderne Schnäppchenjäger Dominik Maaßen .................................. 169 4. Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops Gestaltung eines Onlineshops optimieren Susanne Angeli .................................................... 179 Emotional Shopping: Tipps und Anregungen Thorsten Wilhelm ........................................ 197 Cross-Channel-Verzahnung eines Onlineshops Andreas Herde ........................................... 207 Mehr Umsatz im Netz: Shop-Controlling mit Köpfchen Stefan Ponitz ............................ 213

4

Inhaltsverzeichnis

5. Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing Marketingsteuerung mit kanalübergreifenden KPIs Erik Siekmann ................................... 227 Gewinnmaximales Suchmaschinenmarketing Bernd Skiera, Nadja Abou Nabout ................................................................................................. 241 SEA: Kampagnenmanagement macht den Unterschied Andreas Reiffen ........................... 249 Anzeigentexte im Suchmaschinenmarketing richtig gestalten Manuel Marini, Bernd Skiera ......................................................................................................... 259 Affiliate Akquise – Neue Partner gewinnen Markus Kellermann ......................................... 267 6. Alles optimieren für mehr Konversionen Conversion Optimierung – zwei Wachstumstreiber André Morys ....................................... 279 E-Mail-Retargeting: So funktioniert es Antoine Devos ........................................................... 289 Vertrauen als Konversionsfaktor Ulrich Hafenbradl ................................................................ 301 Erfolgsfaktor Retourenmanagement Ernst Stahl, Robert Torunsky ...................................... 307 SEPA – eine unterschätzte Herausforderung Ernst Stahl, Robert Torunsky ....................... 313 7. Praxisbeispiele Big Data revolutioniert das CRM Halfords nutzt Big Data-Marketing aus der Cloud Volker Wiewer ...................................... 326 Thomas Cook steigert mit Retargeting den Umsatz Steve van den Berg ............................. 328 Daten steuern E-Mails DVD-Versand mit Realtime Decision Engine Andreas Landgraf ........................................ 330 Retargeting via E-Mail bei einem Reiseveranstalter Norbert Rom ........................................ 332 Cisco: Marketing unterstützt den Vertrieb in Echtzeit Reinhard Janning .......................... 334 Social Media liefert Daten Social Media-Daten für Dialog mit Sportfans Sebastian Fleischmann ................................ 336 Apple versus Samsung – Image im Social Web Garbis Bedoian ............................................ 338

5

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Inhaltsverzeichnis

Online neue Kunden gewinnen Marketing Automation im Versandhandel Martin Philipp .................................................... 340 Gegen die Regeln mehr Mode verkaufen Stefan Appenrodt ................................................... 342 Josera setzt auf crossmediale Bildpersonalisierung Thomas Vetter ........................................ 344 Professionelles E-Mail-Marketing wird Pflicht Vom PC aufs Smartphone: Raiffeisen wird mobil Maya Reinshagen .................................. 346 Bigpoint personalisiert mit Lifecycle-Marketing Anthony Wilkey ....................................... 348 Welcome back: Wie Condor erfolgreich reaktiviert Ulf Richter .......................................... 350 Namenstags-Mails bringen dem Handel Umsatz Manuela Meier ........................................ 352 Newsletter-Redesign bei Jochen Schweizer Elmar Büttner ................................................... 354 Mit Datenanalytik Luxusgüter verkaufen Marko Gross .......................................................... 356 Online den Umsatz steigern Sport-Fleck: Vom Laden zum E-Commerce-Profi Kristin Heimerich ................................. 358 Produktempfehlungen im digitalen Handel Timo von Focht ................................................. 360 Vertrauen beim Online-Schuhkauf auf Rechnung Nico Müller ............................................ 362 8. Anhang Autoren ............................................................................................................................................... 366 Stichworte ........................................................................................................................................... 374

6

Digital Commerce im Wandel Torsten Schwarz

Das meiste Geld geben Verbraucher in ihrer unmittelbaren Umgebung aus. Am bequemsten ist es, zum Einkaufen die eigenen vier Wände gar nicht zu verlassen. Lange Zeit war es eine feste Größe, dass fünf Prozent des Einzelhandelsumsatzes durch Versandhändler erwirtschaftet werden. Die „Postkäufer“ waren jahrelang eine Konstante. Dank Internet wird jedoch das Bestellen immer bequemer. Inzwischen sind es schon 9,1 Prozent des Einzelhandelsumsatzes, die statt in stationären Geschäften über den Versandhandel generiert werden [1]. Waren im Wert von 11,8 Milliarden Euro wurden laut Bundesverband des deutschen Versandhandels im zweiten Quartal 2013 bestellt. Hochgerechnet ergibt das einen Jahreswert von 49 Milliarden Euro. Der deutsche Einzelhandelsverband kommt auf 428 Milliarden Euro Gesamtumsatz, von denen 33,1 Milliarden aus dem E-Commerce kommen. Das entspricht einem Onlineanteil von 7,7 Prozent [2]. Während der Handel insgesamt stagniert, steigen die Umsatzzahlen im E-Commerce um jährlich 12 Prozent.

Abb. 1: E-Commerce-Umsatz (Mrd. Euro) in Deutschland (HDE [1]).

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Torsten-Schwarz

Dank Internet wird bestellen immer bequemer

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Einleitung

Hinter diesen Zahlen stecken zwei große, sich selbst verstärkende Trends: 1. Immer mehr Menschen nutzen das Internet zur Erledigung von Dingen, für die man früher aus dem Haus musste. 2. Immer mehr Anbieter machen es den Nutzern ihrer Webseiten leichter, Prozesse auch online abzuwickeln. Zwar gibt es auch heute noch Onlineshops, in denen das Einkaufen ähnlich nervenaufreibend ist wie in den HOLäden der DDR. Die meisten Onlineverkäufer jedoch berücksichtigen alle Erkenntnisse der „Emotional Usability“ und machen den Einkauf zu einem bequemen und angenehmen Erlebnis.

Vergleichbarkeit der Produkte wird besser

Zwei weitere Dinge beschleunigen die Entwicklung ebenfalls. Die führende Suchmaschine Google verbessert ständig ihren Suchalgorithmus, sodass es immer leichter wird, das Gesuchte zu finden. Die Vergleichbarkeit von Produktinformationen, -bewertungen und -preisen wird immer besser, da immer mehr Informationen digital vorliegen. Daher mutiert das Internet gerade zu einem gigantischen Kaufberatungssystem. Zuletzt noch ein dritter und letzter Punkt: Smartphones und Tablets. Diese bald in jeder Hosentasche anzutreffenden Kleincomputer bringen die Internet-Kaufberatung jetzt in die Fernsehsessel, Straßenbahnen und Wartezimmer. Mehr noch: Schon jetzt weisen sie mir den Weg zum nächstgelegenen Geschäft, in dem das gewünschte Produkt auch zum genannten Preis vorrätig ist.

Auf der Suche nach dem roten Rollenkoffer

Wir können uns jetzt schon ausrechnen, welches Potenzial der onlinegetriggerte stationäre Handel hat. Viele Menschen wollen Dinge sofort haben. Stellen Sie sich vor, Sie gehen in die Stadt und sprechen in Ihr Smartphone den Satz „Ich suche einen roten Rollenkoffer in der Nähe, der als Handgepäck durchgeht, nicht zu schwer ist und gute Bewertungen hat“. Sofort zeigt Ihnen Ihr Handy eine Übersicht verschiedener Rollenkoffer mit Vor- und Nachteilen. Auf einer Karte wird angezeigt, welche Geschäfte den Koffer zu welchem Preis vorrätig haben. Derzeit ist die Technik noch nicht so weit, dass Siri den Wunsch wirklich versteht. Stattdessen wird der gesprochene Satz als Anfrage an Google weitergeleitet. Auch für Google ist der Satz zu komplex, als dass daraus ein Produktwunsch erkennbar wäre. Sobald das semantische Web diese Probleme gelöst hat, wird ein wahrer Run auf den stationären Handel losgehen. Dann muss man nicht mehr im Internet bestellen, sondern kann das tun, was Menschen nun einmal gerne machen: Shoppen gehen.

8

Torsten Schwarz: Digital Commerce bietet neue Chancen

Abb. 2: Apples Spracherkennungssystem Siri verarbeitet Anfragen nur standardisiert und auch Google versteht die Suche nicht. Während Versandhändler längst die Bedeutung des Onlinekanals erkannt haben, gibt es beim stationären Handel noch massive Berührungsängste. Am stärksten wiegt dabei wohl die Befürchtung, durch das Internet Käufer zu verlieren. Das Gegenteil ist der Fall: Das Internet wird zwar von den meisten als Recherchemedium genutzt, aber nicht von allen auch als Bestellmedium. Meist verläuft der Kaufprozess in drei Schritten: Die Anregung kommt laut Google-Studie [3] offline: TV-Werbung (37 Prozent), Mailings (31 Prozent) oder Zeitung (29 Prozent). Kurz vor dem Einkaufen dominieren jedoch Internet und Freunde mit folgenden Nutzeranteilen: Suchmaschinen (50 Prozent), Gespräch mit Freunden (49 Prozent) und der Online-Produktvergleich (38 Prozent). Beim dritten Schritt – dem Kauf selbst – bevorzugen nach wie vor die meisten Verbraucher den stationären Handel. Nur bei den Kategorien Elektronik und Büchern dominiert der Bestellkanal Internet [4].

Der Handel verschläft das Internet

Kaufprozess erfolgt in 3 Schritten

Verkaufsfläche wächst – leider nur offline statt online Die Vernachlässigung des Onlinekanals tritt besonders bei Möbelhändlern deutlich in Erscheinung. Während der Umsatz mit Möbeln derzeit stagniert, wachsen die Verkaufsflächen nach wie vor um

Nur einige Möbelhändler online aktiv

9

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Einleitung

Onlineumsatz mit Möbeln wächst zweistellig

jährlich zehn Prozent. Aktuell sind es sechs Millionen Quadratmeter Verkaufsfläche. Der Umsatz pro Quadratmeter sinkt entsprechend. Umgekehrt wächst der Onlineumsatz mit Möbeln zweistellig. Trotzdem sind nur einige wenige Möbelhändler hier besonders aktiv.

Abb. 3: Dass die Onlineaktivität mit dem Umsatz steigt, ist normal. Bei einigen Möbelhändlern ist die Onlineaktivität jedoch besonders hoch [5].

Möbelhandel online wächst um 58 Prozent Möbel zählen zu den wachstumsstärksten Warengruppen: Um 58 Prozent legte der Online-Möbelumsatz zu [6]. Der Bundesverband des deutschen Versandhandels (BVH) schätzt das Umsatzvolumen auf 1,27 Milliarden Euro. Bezogen auf den inzwischen über 30 Milliarden Euro schweren deutschen Möbelmarkt sind das 4,6 Prozent. Der Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM) geht sogar von einem Onlineanteil von knapp 7 Prozent aus [7]. Die Fachzeitschrift „möbel kultur“ kommt auf 180 Unternehmen, die bereits im Online-Möbelhandel unterwegs sind [6]. Einer der Gründe für den Boom: Anders als im klassischen Onlineversandhandel ist die Retourenquote deutlich niedriger. Möbel schickt man nicht mal so leicht wieder zurück wie eines der drei Paar bestellten Schuhe.

10

Torsten Schwarz: Digital Commerce bietet neue Chancen

Das Internet hat das Verhalten von Möbelkäufern radikal verändert. 44 Prozent der deutschen Internetnutzer interessieren sich laut Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung (AGOF) für Möbel [8]. Die Hälfte hat schon Möbelinformationen online recherchiert. 19,7 Prozent haben schon Möbel im Internet gekauft. Möbelaffine Nutzer sind kaufkräftig: 30 Prozent verfügen laut AGOF über ein Monatsnettoeinkommen von über 3.000 Euro. Unternehmen, die hier nicht adäquat präsent sind, verlieren daher wertvolle Neukunden.

Beratung verlagert sich ins Internet Entsprechend wichtig ist das Web als Anlaufstelle für die Erstberatung. Das Portal Fab.com hat mit Massivkonzept einen Web-Konfigurator gekauft, mit dem sich Kunden die Möbel nach eigenen Vorstellungen selbst zusammenstellen können. Roomeon bietet ein -D-Planungs-Tool für den Onlinemöbelkauf auch als Whitelabel-Lösung. Wer online gut berät, senkt Retouren und inspiriert Unentschlossene. Die Customer Journey bleibt aber nicht online: Alle Onlinehändler gehen dazu über, Showrooms einzurichten. Fab.com hat Räume in Hamburg und Berlin, wo geschulte Mitarbeiter und Innenarchitekten beraten. Fashion for Home eröffnet ebenfalls Filialen in den großen deutschen Städten. Das Problem beim stationären Möbelhandel sind die niedrigen Flächenumsätze. Während mit Mode etwa 4000 Euro pro Quadratmeter umgesetzt werden, sind es mit Möbeln nur etwa die Hälfte. Wer jedoch im Laden ist, nutzt auch das Internet. 47 Prozent der Smartphone-Besitzer setzen dieses kaufunterstützend ein. Zwanzig Prozent haben schon häufiger im Möbelladen online Preise verglichen. 40 Prozent fotografieren Produkte, 37 Prozent scannen die Barcodes. Der Europa-Möbel-Verbund bietet seinen Händlern Unterstützung bei der Anbindung der Produkte an eine App für Tablet-PCs. Kein Händler kommt mehr um solche Multichannel-Ansätze herum.

Web als Anlaufstelle für Erstberatung wichtig

Customer Journey bleibt nicht online

Online und offline verschmelzen

Nachholbedarf bei Möbelhändlern Entsprechend wichtig wird es für Möbelhändler, eine maximale Onlinepräsenz zu erzielen. Während im Umsatzranking die bekannten Platzhirsche dominieren, werden diese im Internet rechts überholt. Die umsatzstärksten Möbelhändler in Deutschland sind laut „möbel

11

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Einleitung

kultur“ Ikea (3,88 Milliarden), Höffner (2,0 Milliarden), XXXLutz (1,6 Milliarden), Roller/Tejo (1,27 Milliarden), Porta (1,25 Milliarden) und Poco-Domäne (1,15 Milliarden). Schaut man sich jedoch die Onlineaktivität an, tauchen Namen wie Design3000, Home24, Fashion for Home, Westwing, myFab oder Avandeo ganz oben auf [5].

Abb. 4: Onlineaktivität von Möbelhändlern in Deutschland [5]. Die Zahlen dazu wurden im Rahmen der Studie „Möbelhandel Online 2013“ ermittelt. Dazu wurden die Aktivitäten und die Präsenz der Möbelhändler im Web analysiert. Neben der Reputation der Website wurden die Präsenz in Suchmaschinen sowie das Engagement in sozialen Netzwerken quantitativ erfasst. 32 Möbelhändler wurden untersucht. Ausgeklammert wurden Nischenanbieter wie der Badshop Reuter.de oder der Küchenanbieter Kiveda. Ganz oben landeten mit großem Abstand Ikea und Otto. Ikea nutzt dieses Potenzial jedoch nicht, um seinen bescheidenen E-CommerceAnteil von nur zwei Prozent zu steigern. Otto dagegen wurde – ebenso wie Karstadt – nur zu Vergleichszwecken aufgenommen. Die hohen Zahlen beruhen auf der Aktivität als Universalversender. Interessant wird es sicher auch, wenn Amazon mit seiner Eigenmarke „Strathwood“ mehr als nur Gartenmöbel anbietet. Design3000 kommt trotz nur acht Millionen Euro Umsatz auf Platz drei bei der Onlinepräsenz. Grund ist die starke Präsenz der Marke im Social Web. Die Marke liefert ihren Fans Gesprächsstoff und wird

12

Torsten Schwarz: Digital Commerce bietet neue Chancen

gerne weiterempfohlen. Roller zieht ebenfalls alle Register des OnlineMarketings und hält damit einen stabilen Abstand zu den onlineerfahrenen Pure-Playern Home24, Fashion for Home, Westwing, myFab und Avandeo. Der Shoppingclub Westwing ist eine geschlossene Community, daher ist die Suchmaschinenpräsenz praktisch Null. Von den traditionellen Möbelhändlern sind nur Roller, Dänisches Bettenlager, Poco und Höffner ihrem Umsatz entsprechend online präsent. Alle anderen großen Namen der Möbelwelt rangieren in ihrer Onlineaktivität abgeschlagen auf den hinteren Plätzen.

Online-Marketing nimmt an Bedeutung zu TV und Außenwerbung sind ebenso wie Printanzeigen etablierte Kanäle, um neue Kunden anzusprechen. Die Kampagnen erfordern jedoch ein hohes Budget, um wirksam zu werden. Online-Marketing ist oft erheblich günstiger und damit effizienter. Für Unternehmen wird es daher wichtiger, auf möglichst allen Onlinekanälen Präsenz zu zeigen, auf denen auch ihre Kunden unterwegs sind. Dazu gehören nicht nur Suchmaschinen und das Social Web, sondern insbesondere auch der Aufbau einer professionellen E-Mail-Kommunikation.

Auf Onlinekanälen Präsenz zeigen, auf denen auch der Kunde unterwegs ist

Abb. 5: Anteil der Unternehmen, die diesen Kommunikationskanal einsetzen (n=1002, Download der Studie: x.absolit. de/Trends) [9]. Viele denken bei E-Mail-Marketing an Spam. Wenige wissen, dass EMail-Marketing das Dialogmarketing der Zukunft ist. Bisher waren Postadressen die steuernde Variable in Kundendatenbanken. Immer mehr Unternehmen jedoch gehen dazu über, Direktwerbung über die E-MailAdresse zu steuern. Aus CRM (Customer Relationship Management)

E-Mail-Marketing ist das Dialogmarketing der Zukunft

13

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Einleitung

wird eCRM. Damit die richtige Botschaft zum richtigen Moment auf die richtige Zielgruppe trifft, werden Informationen benötigt. Diese Daten waren früher nur spärlich vorhanden. Heute liefern Webanalysetools und das Social Web Informationen, die das Direktmarketing steuern. Big Data heißt dieses aktuelle Thema. Der Newsletter für alle wird ergänzt durch individualisierte Triggermails. All dies geschieht längst nicht mehr manuell: Marketing Automation setzt neue Potenziale frei.

Verlage werden Händler – Hersteller werden Verlage Online-Marketing ist jedoch weit mehr als E-Mail-, Suchmaschinen- und Social Media-Marketing. Das Internet verändert gewachsene Strukturen. Bisher hatten wir eine heile Welt mit folgender Rollenverteilung: Medienunternehmen produzieren Inhalte und vermarkten Werbeplätze. Hersteller produzieren Produkte und vermarkten diese über Medien. Verbraucher reagieren auf Werbung und kaufen Produkte.

Abb. 6: Anteil der Unternehmen, die diese Methode in ihrem E-MailMarketing einsetzen (n=254, x.absolit.de/EmailTrends) [10].

Content Marketing kommt gut an

14

Diese heile Welt kommt ins Wanken. Das Medienhaus Burda belegt Werbeplätze mit eigenen Produktangeboten von Zooplus und Holidaycheck. Der Getränkehersteller Red Bull hat sein eigenes Medienhaus mit Zeitschriften und einem TV-Sender. Mit dem Stratosphärensprung von Felix Baumgartner produzierte Red Bull seinen eigenen Content, der kostenlos von allen Medienhäusern der Welt beworben wurde. Content Marketing funktioniert jedoch vor allem

Torsten Schwarz: Digital Commerce bietet neue Chancen

deshalb so gut, weil Verbraucher über Facebook, YouTube, Twitter und Google+ eine eigene Medienmacht darstellen. Marken wie Apple leben davon, dass ihre begeisterten Fans eine größere Reichweite erzeugen als manche Werbekampagne. Der Grund: Durch digitale Medien wird jeder zum Sender. Menschen tauschen Meinungen immer häufiger über Facebook & Co. statt nur über persönliche Gespräche aus. 76 Prozent der Deutschen sind online, 26 Millionen in Facebook. Nun kommt die nächste Welle: Mobile Commerce. Inzwischen ist jeder zweite Deutsche über Smartphone und/oder Tablet online. Drei Viertel der Internetnutzer surfen während des Fernsehens. Stationärer Handel und Onlinepräsenz verschmelzen miteinander.

Die nächste Welle kommt: Mobile Commerce

Von Crossmedia zu Omni-Channel Trotz demografischem Wandel und Flächenüberangebot wird der meiste Umsatz offline erwirtschaftet. Angesichts der bequemen Verfügbarkeit von Produktinformationen im Internet ändern sich jedoch die Rahmenbedingungen. Elektronik- und Modehandel sind mit rund einem Viertel Onlineanteil Vorreiter, andere Sparten folgen. Die Ansprüche an Beratung und Convenience steigen, die Toleranz gegenüber langen Kassenschlangen und unfreundlicher Bedienung sinkt. Ursache des Wandels ist das geänderte Käuferverhalten. Verbraucher springen während des Kaufprozesses ständig zwischen online und offline hin und her. Smartphones forcieren diese Entwicklung. 56 Prozent des Umsatzes im stationären Handel sind durch eine Onlineinformationssuche vorbereitet. Onlineshops werden dabei häufiger angesteuert als Suchmaschinen. Noch ein interessantes Ergebnis: Kanaltreue ist stärker als Anbietertreue. Wer online sucht, will auch online kaufen. Und wer in der Stadt ist, will im Geschäft kaufen. Händler kommen nicht darum herum, den Wünschen ihrer Kunden zu folgen und auf dem Kanal Präsenz zeigen, auf dem ihre Kunden gerade aktiv sind. Eine der Folgen der zunehmenden Digitalisierung: Smartphones sind Produktberater und Servicetool. Nicht nur Responsive Design ist gefordert, auch Dinge wie Produktverfügbarkeit müssen angezeigt werden. Virtuelle Einkaufsregale und digitale Anprobe werden bald Standard. Nicht nur die Beratung verlagert sich online. Neue Chancen bieten Smartphones auch für Kundenbindungsprogramme und natürlich als „Second Screen“ beim Fernsehen.

Kanaltreue stärker als Anbietertreue

Smartphones sind Produktberater und Servicetool

15

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Einleitung

Bewusste Kombination der Kanäle mit OmniChannel

Vom Multichannel über Cross-Channel geht es weiter zum OmniChanneling. Cross-Channeling ist die bewusste Kombination der Kanäle; Omni-Channeling die Integration aller erdenklichen Interaktionsprozesse zu einem ganzheitlichen Kundenerlebnis. In jeder der fünf Kaufphasen beeinflussen andere Onlineinstrumente: Anregung, Evaluation, Kauf, Nutzung und After-Sales müssen unterschieden werden. Le Shop ist Vorreiter: 27 Prozent aller Bestellungen gehen dort schon über Smartphones oder Tablets ein. Ob ein Onlineshop überlebt, hängt nicht zuletzt mit der richtigen Kalkulation von Kosten für Logistik und Retouren zusammen.

Differenzierung tut not Die vollkommene Markttransparenz im Internet zwingt Unternehmen zur Differenzierung. Testurteile und Kundenbewertungen verschaffen die vollkommene Vergleichbarkeit. Gewinner sind spezialisierte Nischenanbieter und Unternehmen, die auf allen Kanälen gleichermaßen Präsenz zeigen. Unternehmen können online eine schier unendliche Produktvielfalt bieten. Dies wird als Long Tail-Effekt bezeichnet. Ein stationärer Laden kann als physische Anlaufstelle und Showroom dienen. Hier gibt es nur eine Auswahl von Produkten zur Ansicht. Besonders attraktiv ist das Long Tail-Konzept im Falle digitaler Güter: Hier wird nicht einmal mehr Lagerplatz benötigt und trotzdem kann eine unendliche Vielfalt an Produkten bereitgestellt werden.

Retourenquote senken

Auch der richtige Umgang mit Produktdaten ist ein Differenzierungsmerkmal. Wer online gefunden werden will, kommt um Google nicht herum. Die Suchmaschine legt großen Wert auf korrekte Kategorisierung und Beschreibung von Produkten. Aber auch im eigenen Onlineshop hat es Vorteile, wenn Kunden nach möglichst vielen differenzierenden Merkmalen stöbern können. Ebenso wichtig ist der strukturierte Umgang mit Kundenkommentaren. Diese sind ein wichtiges Barometer der Produktzufriedenheit. Auch Fotos und Videos sind geeignet, die Retourenquoten zu senken. Online generiertes Produktwissen wird zum Wettbewerbsfaktor. Beim Thema Big Data geht es um beides: Die systematische Verknüpfung von Kundenwissen und Produktwissen. Die Datenmenge explodiert, weil immer mehr digitale Kontaktpunkte entstehen. Immer mehr

16

Torsten Schwarz: Digital Commerce bietet neue Chancen

Menschen nutzen immer häufiger Smartphones, Tablets und PCs, um sich miteinander und mit Unternehmen auszutauschen. Neu daran ist der Trend, diese Informationen in Echtzeit zu verarbeiten und nutzbar zu machen. Dahinter steckt der Wunsch, dem richtigen Kunden im richtigen Moment das richtige Angebot zukommen zu lassen.

Verarbeitung der Informationen in Echtzeit

Always-On: Social – Local – Mobile Die zunehmende Nutzung von Smartphone und Social Web verändert die Kommunikation zwischen Verbrauchern und Unternehmen. Die situative Nutzung unterwegs macht digitale Informationen überall verfügbar. Das Bewerten, Kommentieren und Diskutieren von Angeboten wird bequemer. Immer schwieriger wird es, im Handel den Point of Decision und den Point of Sale klar zu definieren. Die Customer Journey gerät zum Channel Hopping. Im Social Commerce geht es nicht darum, Produkte über das Social Web zu verticken. Vielmehr müssen Unternehmen lernen, auf authentische Weise mit ihren Produkten Gesprächsstoff zu liefern. Erlebnisse und der Austausch mit Freunden stehen im Social Web im Vordergrund. Auch im B2B-Bereich schreitet die Digitalisierung voran. Außendienstler sind über Tablets mit den Unternehmenssystemen verbunden. Produktvorstellung, Angebotserstellung und Auftragserfassung werden digital erledigt. Das beschleunigt und vereinfacht eine ganze Reihe unternehmensinterner Prozesse. Eine große Herausforderung ist es, Interessenten aus der Onlinewelt in die stationären Filialen zu locken. Mobile Coupons sind nicht nur für Schnäppchenjäger eine Verlockung, der schwer zu widerstehen ist. Das Praktische daran: Man hat sie immer und überall dabei. Das Smartphone zeigt, welche Gutscheine bald ablaufen und wo sie in der Umgebung eingelöst werden können. In den USA boomt das Thema, in Deutschland erwacht das Interesse gerade.

Erlebnisse und der Austausch mit Freunden stehen im Social Web im Vordergrund

Gutscheine boomen in den USA

Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops Bei der Gestaltung eines Onlineshops gibt es einige neuere Trends. An erster Stelle stehen intuitives Shop-Layout und übersichtliche Struktur. Immer mehr setzt sich Flat Design durch, bei dem die Navigation in den

17

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Einleitung

Nutzerkommentare gewinnen an Bedeutung

Positives Einkaufserlebnis bieten

Hintergrund tritt. Um in Suchmaschinen gefunden zu werden, gewinnen einmalige Inhalte wie Nutzerkommentare an Bedeutung. Gute Beratung wird auch im Onlineshop zunehmend wichtiger. Auch der Wohlfühlfaktor darf nicht fehlen. Emotional Shopping hat auf die Konversionsraten von Onlineshops einen immensen Einfluss. Große Händler wie Amazon sind in den Kernfunktionen eines Onlineshops extrem stark. Daher ist für kleinere Shops die Differenzierung nur über ein positives Einkaufserlebnis möglich. Das werden große Megashops auch in Zukunft nicht bieten können. Für die Realisierung empfehlen sich Usability-Analysen in professionellen Use-Labs. Wichtig ist nicht nur der Shop selbst, sondern auch dessen Cross-ChannelVerzahnung. Das beginnt nach der Onlinebestellung mit der Lieferung. Alternativ sollte das Produkt auch in einer Filiale abgeholt werden können. Ein solcher „In-Store Pickup“ erfordert das Überdenken einer Reihe von Prozessen, die kundenfreundlicher gestaltet werden müssen, um wirklich eine nahtlose Integration von Online- und Offlineservice zu gewährleisten.

Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

KPIs im Auge behalten

Eine der großen Stärken des Online-Marketings ist die präzise Messbarkeit der Ergebnisse. Wer die wichtigsten Online-MarketingKennzahlen kennt, kann wenig falsch machen. Besondere Bedeutung kommt den kanalübergreifenden Key Performance Indicators (KPIs) zu, die in Ergänzung zu den kanalspezifischen KPIs ein Gesamtbild ergeben. Besonderes Augenmerk sollte an die Kosten pro Bestellung (CPO), Kosten-Umsatz-Relation (KUR) und den Kundenwert gehen. Der CPO wird im Bestfall auf Kampagnenebene ermittelt. Auch der Kundenwert sollte gezielt nach Werbekanal analysiert werden. Genau das lässt sich bei Suchmaschinenanzeigen perfekt umsetzen. Hier hat man die exakten Akquisekosten und den Gewinn für einzelne Suchworte aufgeschlüsselt. So kann man die Effizienz der gesamten Kampagne erhöhen. Die Optimierungsmöglichkeiten reichen von der Auswahl der richtigen Suchbegriffe über die Gestaltung der Anzeige bis zur richtigen Verlinkung. Empfohlen wird eine größere Vielfalt von Anzeigen. Jede dieser Textanzeigen sollte dann einzeln mit speziellen, passenden Stichworten beworben werden.

18

Torsten Schwarz: Digital Commerce bietet neue Chancen

Die nach Suchmaschinen zweitwichtigste Onlinequelle für neue Kunden ist das Affiliate Marketing. Hier wird nicht der Interessent, sondern wirklich nur der echte Kunde bezahlt. Einziger Nachteil an der Methode sind Partner, die entweder betrügen oder mehr Aufwand als Nutzen produzieren. Der wichtigste Erfolgsfaktor im Affiliate Marketing ist daher die Akquise der richtigen Partner.

Alles optimieren für mehr Konversionen Wer in seinem Shop mehr verkaufen will, setzt zur Conversion Optimierung oft auf einen kompletten Relaunch. Heute wird jedoch immer weniger mit einem kompletten Redesign gearbeitet. Stattdessen wird in kleinen Schritten geändert und immer gleich getestet, inwiefern sich die Konversionsrate ändert. Auch wenn es mit der unmittelbaren Konversion im Shop nicht klappt, muss ein Onlinehändler nicht die Flinte ins Korn werfen. EMails an Warenkorbabbrecher beeindrucken durch hohe Klick- und Öffnungsraten. Wenn solche Mails professionell personalisiert werden, ist E-Mail-Retargeting eine erfolgversprechende Zukunftstechnik. Ob ein Kunde kauft oder nicht, entscheidet neben Preis und schneller Lieferung ein weiterer wichtiger Faktor: Das Vertrauen in den Shop. Nach dem Preis sind Sicherheit, Vertrauenswürdigkeit und Datenschutz die wichtigsten Argumente, sich online für oder gegen einen Anbieter zu entscheiden.

Preis, Sicherheit, Vertrauen und Datenschutz entscheiden beim Kauf

Nicht jede Bestellung lohnt sich jedoch für den Händler. Wenn die Retourenquote zu hoch ist, leidet der Gewinn. Insbesondere im Modebereich mit durchschnittlich 26 Prozent Retourenanteil ist die Beherrschung dieses Themas erfolgsentscheidend. Dabei gibt es eine Reihe von Maßnahmen, mit denen Retouren vermieden werden können. Am Wichtigsten: Alle Informationen über das Produkt – also auch kritische Stimmen – für den Käufer sichtbar machen. Somit schließt sich der Kreis: Je mehr Menschen online bestellen, desto mehr Kommentare und Bewertungen zu Produkten wird es geben. Dieses gesammelte Wissen wiederum ist für viele der Grund, sich über Internet zu Produkten zu informieren. Für Onlinehändler gibt es daher drei Dinge, um sich nachhaltig vom Wettbewerb zu differenzieren:

19

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Einleitung

1. Nur Produkte aufnehmen, von denen man selbst überzeugt ist. 2. Einen angenehmen und bequem zu nutzenden Onlineshop einrichten. 3. Umfassende Produktinformationen – lobende wie kritische – online stellen. Dann steht dem Erfolg im Digital Commerce nichts mehr im Wege!

Literatur [1] Interaktiver Handel 2012: Erneuter Umsatzrekord. – Bundesverband des Deutschen Versandhandels e.V. (bvh), 12.02.2013. http://bit.ly/1ceUAK5 [2] Handelsverband Deutschland (HDE): Erfolgs-Rezepte für den Multichannel-Handel, 25.07.2013 http://bit.ly/13lKj5Q [3] Google/Shopper Sciences, Zero Moment of Truth Macro Study, April 2011 http://WWW.google.com/think/research-studies/the-zero-moment-of-truthmacro-study.html [4] Judith Halbach, Aline Eckstein: Das Cross-Channel-Verhalten der Konsumenten – Herausforderung und Chance für den Handel. – E-CommerceCenter Köln (ECC Köln) 2013, 94 Seiten. [5] Die online-aktivsten Möbelhäuser in Deutschland. – Absolit Consulting, 89 Seiten, 06/2013 www.moebelstudie.de [6] Möbel im Netz 2013. – Sonderheft der Zeitschrift „möbel kultur”, Holzmann-Verlag, 22 Seiten, 2013. [7] Deutsche Möbelindustrie wuchs 2012 um 2 %. – Presseinformation des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie (VDM), 09.01.2013, http://WWW. hdh-ev.de/german/pressemitteilungen.html?NID=819 [8] AGOF facts & figures Möbel & Wohnen – Branchenpotenziale im Internet. –Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung (AGOF), November 2012, 16 Seiten. [9] Online-Marketing-Trends 2013. – Absolit Consulting, 43 Seiten http:// x.absolit.de/Trends [10] E-Mail-Marketing-Trends 2013. – Absolit Consulting, 50 Seiten, http:// x.absolit.de/EmailTrends

20

LEITFADEN DIGITAL COMMERCE

VON CROSSMEDIA ZU OMNI-CHANNEL

1

Der stationäre Markt – eine aussterbende Art?

23

Das Cross-Channel -Verhalten der Konsumenten

37

Sich der digitalen Herausforderung stellen

45

Retail im Cross-ChannelTransformationsprozess

51

Mythen und Hypes im Digital Commerce

71

AUTOREN Wolfgang Lux provoziert mit der Frage, ob der stationäre Handel im Sterben liege. Trotz demografischem Wandel und Flächenüberangebot wird jedoch der meiste Umsatz offline erwirtschaftet. Angesichts der bequemen Verfügbarkeit von Produktinformationen im Internet ändern sich jedoch die Rahmenbedingungen. Die Ansprüche an Beratung und Convenience steigen, die Toleranz gegenüber langen Schlangen und unfreundlicher Bedienung sinkt. Kai Hudetz und Judith Halbach gehen mit einer Studie auf die Ursachen des Wandels ein: Das geänderte Käuferverhalten. Verbraucher springen während des Kaufprozesses ständig zwischen online und offline hin und her. Smartphones forcieren diese Entwicklung. 56 Prozent des Umsatzes im stationären Handel sind durch eine Online-Informationssuche vorbereitet. Thorben Fasching zeigt die Folgen der zunehmenden Digitalisierung auf. Smartphones sind Produktberater und Servicetool. Nicht nur Responsive Design sind gefordert, auch Dinge wie Produktverfügbarkeit müssen angezeigt werden. Virtuelle Einkaufsregale und digitale Anprobe werden bald Standard. Neue Chancen bieten Smartphones auch für Kundenbindungsprogramme und natürlich als „Second Screen“ beim Fernsehen. Michael Badichler nimmt ausführlich alle Aspekte des Wandels unter die Lupe – vom Multi- über Cross- zum Omni-Channeling. Cross-Channeling ist die bewusste Kombination der Kanäle, Omni-Channeling die Integration aller erdenklichen Interaktionsprozesse zu einem ganzheitlichen Kundenerlebnis. Badichler beschreibt, welche Onlineinstrumente jeweils die fünf Kaufphasen beeinflussen: Anregung, Evaluation, Kauf, Nutzung und After-Sales. Le Shop nennt er als Vorreiter. 27 Prozent aller Bestellungen gehen dort schon über Smartphones oder Tablets ein. Bertold Raschkowski beschreibt Mythen und Hypes im Digital Commerce. Er rät zu Pragmatismus: Ob ein Onlineshop überlebt, hängt nicht zuletzt mit der richtigen Kalkulation von Kosten für Logistik und Retouren zusammen. Big Data führt nur dann zu besseren Verkaufszahlen, wenn auch die Daten stimmen. Er empfiehlt, statt des Me-Too-Prinzips lieber gesunden Menschenverstand walten zu lassen.

1

VON CROSSMEDIA ZU OMNI-CHANNEL

Der stationäre Markt – eine aussterbende Art? Wolfgang Lux

1

Schaut man sich den Erfolg des Onlinehandels im letzten Jahrzehnt an, so kann man die provokante Frage stellen, ob der klassische, stationäre Markt im Handel noch Zukunft hat, oder ob es ihm so ergehen wird wie den Dinosauriern, die irgendwann einfach von der Bildfläche verschwunden sind? Diese Allegorie mag künstlich klingen, aber Parallelen lassen sich durchaus erkennen, denn der klassische Handel ist einem Paradigmenwechsel ersten Ranges unterworfen und dieser vollzieht sich in rasanter Geschwindigkeit. Aber um es vorwegzunehmen: Der stationäre Markt wird im Handel natürlich nicht verschwinden, aber sein Erscheinungsbild und seine Rolle wird sich deutlich verändern, vielleicht mehr als das heute dem einen oder anderen als möglich und sinnvoll erscheint. Warum das so sein könnte, soll dieser Artikel beleuchten. Dazu muss man sich aber erst einmal die Fakten ansehen, die für diese Entwicklung eine maßgebliche Rolle spielen.

Die Entwicklung des stationären Handels Wenn man sich die letzten zwanzig Jahre im deutschen Handel ansieht – und auf den möchte ich mich hier konzentrieren – so ist zunächst einmal die rasante Erweiterung der stationären Flächen erwähnenswert. „Das Verkaufsflächenangebot im deutschen Einzelhandel hat sich seit 1980 von 63 Millionen Quadratmeter auf 121,5 Millionen Quadratmeter in 2010 fast verdoppelt. Von 2000 bis 2010 wuchs die Verkaufsfläche um 11,5 Prozent, während der Umsatz nur um 2,1 Prozent zulegte.“ [1] Deutschland hat zusätzlich hinter Österreich und den Niederlanden die größte Anzahl von Verkaufsfläche pro Einwohner. Seit 1970 entwickelte sich die Flächenproduktivität im deutschen Handel von damals 5.200

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Wolfgang-Lux

Das Erscheinungsbild des stationären Handels wird sich deutlich verändern

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

Euro/qm auf 2.900 Euro/qm in 2010 zurück [2]. Das ist fast eine Halbierung des Umsatzes pro Quadratmeter.

Abb. 1: Flächenproduktivität im Handel seit 1970 [3]. Fakt ist, dass die Flächen im stationären Handel in Deutschland sehr viel stärker zugenommen haben als der Einzelhandelsumsatz insgesamt. Dabei liegt Deutschland zum Beispiel in Bezug auf die Anzahl von Einkaufszentren deutlich hinter dem Wert anderer europäischer Länder zurück. Der Handel in Deutschland ist im stationären Bereich anders strukturiert und aufgestellt.

Der demografische Wandel Rückläufige Geburtenzahlen und schrumpfende Gesellschaft

24

Wichtig für die Einschätzung der zukünftigen Entwicklung des stationären Handels ist ein weiterer Aspekt, der des Öfteren vernachlässigt wird: die demografische Entwicklung. Deutschland ist eines von zwölf Ländern auf der Welt, in dem nicht nur die Geburtenzahlen rückläufig sind, sondern das auch von einer insgesamt schrumpfenden Bevölkerung betroffen ist [4].

Wolfgang Lux: Der stationäre Markt — eine austerbende Art?

Eine Hochrechnung des statistischen Bundesamtes geht davon aus, dass die Bevölkerungszahl von derzeit 82 Millionen Einwohner bis 2050 auf 69 bis 73 Millionen Menschen sinken wird. Dabei ist die regionale Verteilung, die den Handel ganz besonders trifft, sehr ungleich verteilt. Besonders stark betroffen von dem Schrumpfen der Bevölkerung ist der Osten des Landes, dort vor allem die Grenzregionen aber auch bisherige Ballungsräume wie Nordrhein-Westfalen, der auch ein Ballungsraum für den stationären Handel ist. In Nordrhein-Westfalen wird die Bevölkerung in den nächsten zwanzig Jahren wahrscheinlich von derzeit (2008) 17,9 Millionen Menschen auf dann 16,8 Millionen Menschen abnehmen, ein Rückgang um mehr als 6 Prozent [5]. Dazu steigt das Durchschnittsalter der verbleibenden Menschen zusätzlich deutlich an und verändert das Kaufverhalten. Bedingt durch diesen Megatrend wird die Urbanisierung deutlich zunehmen und die Mobilität gleichzeitig zurückgehen, was zentrumsnahe Handelsstätten im Nahversorgungsbereich noch attraktiver macht. Nennenswerte Probleme werden die Großflächen außerhalb der Ballungsräume bekommen, wie zum Beispiel SB-Warenhäuser oder weit außerhalb gelegene Handels-Agglomerationen oder Einkaufszentren, die vom Besatz her nicht genügend Attraktivität entfalten.

Durchschnittsalter steigt

Zunehmende Urbanisierung

Auch wenn der demografische Trend aktuell von der starken Zuwanderungswelle aus den europäischen Krisenländern gebremst wird – 2012 war erstmals die Zuwanderungsrate größer als die Abwanderungsrate – kann man nicht von einer grundsätzlichen Trendumkehr reden. Das alleine reicht schon aus, um eine deutliche Veränderung im stationären Handel in Gang zu setzen, wäre aber an sich noch nicht bedrohend, sondern eine allmählich vonstatten gehende Veränderung. Das ändert sich aber grundlegend, wenn man die Veränderung durch das Internet hinzunimmt, die den stationären Handel vor ganz grundlegende Probleme stellt und sich alles andere als „allmählich“ vollzieht.

Aufstieg des E-Commerce Seit dem Jahr 2000 sind die Umsätze im E-Commerce von 1,3 Milliarden Euro in 1999 auf 29,5 Milliarden Euro in 2012 angestiegen. Die Prognose für 2013 geht von einer erneuten Steigerung im zweistelligen Prozentbereich aus. Bis 2015 werden aller Voraussicht nach deutlich

25

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

höhere Zahlen als zehn Prozent E-Commerce-Anteil am gesamten deutschen Handelsvolumen erreicht werden. Diese Zahlen sind für die einzelnen Segmente des Handels sehr unterschiedlich. Der Lebensmittelhandel ist praktisch noch gar nicht davon betroffen, die Umsätze mit Lebensmittel im Onlinehandel verschwindend gering. Dies mag sich in den nächsten Jahren ändern, wenn überhaupt, wird sich diese Änderung aufgrund der spezifischen Problematik eher langsam denn revolutionär vollziehen.

Abb. 2: Entwicklung des E-Commerce [6]. Ähnlich sieht es derzeit noch in Segmenten wie dem Baumarktbereich aus, wo die Zahlen zwar größer als im Lebensmittelhandel sind, aber immer noch eher einer Randerscheinung gleichen denn einer wirklichen Bedrohung. „Fashion“ und Bücher mit enormen E-CommerceUmsätzen

26

Ganz anders ist das heute schon für den Bereich „Fashion“, „Unterhaltungselektronik“ sowie Bücher. Hier erreichen die E-Commerce-Umsätze schon enorme Höhen, die vor fünf bis zehn Jahren kein etablierter stationärer Händler vorausgesehen hätte. Im Elektronik/Computer/Medienbereich ist der Wert des E-Commerce am Gesamtmarkt laut EHI-Geschäftsführer Michael Gerling im Jahr

Wolfgang Lux: Der stationäre Markt — eine austerbende Art?

2011 schon auf über 23 Prozent gestiegen [7]. Noch gravierender ist das im Fashion-Segment zu beobachten, wo Unternehmen wie Zalando die Branche irritieren, und das nicht nur im Schuhbereich. Der Anteil von E-Commerce im Fashion-Bereich ist mit fast 13 Milliarden Euro mit Abstand am größten [8]. Besonders betroffen ist auch der Bereich des stationären Buchhandels, der zum einen von der Welle der Digitalisierung voll erfasst ist, und dem zum anderen Versandhändler wie Amazon ganz konsequent „das Wasser abgraben“. Stark im Fokus des E-Commerce sind aktuell aber auch andere Sortimentsbereiche, wie zum Beispiel der Möbelhandel, wo derzeit noch sehr hohe Margen im stationären Geschäft erzielt werden. In diesen Segmenten ist davon auszugehen, dass sich die Onlinezahlen rasch und konsequent nach oben bewegen werden, zumal sie nur auf sehr fragmentierten stationären Widerstand stoßen! Der E-Commerce-Handel und der damit einhergehende Paradigmenwechsel im Kaufverhalten der Konsumenten ist die eigentliche Bedrohung für den stationären Handel und seine physischen Märkte. Ich möchte gerne am Beispiel des Buchhandels und des Elektrofachhandels aufzeigen, mit welchen Risiken und Konsequenzen die großen stationären Händler heute konfrontiert sind.

Die Herausforderung der stationären Märkte Die stationären Märkte sind hinsichtlich der Veränderungen, die sich am Markt vollziehen und die im obigen Teil des Artikels bereits teilweise erläutert wurden, massiv gefährdet. Das gilt umso mehr, je höher der Anteil von E-Commerce-Verkäufen im jeweiligen Warensegment ist. Diese Problematik wird ergänzt durch ein sich gänzlich änderndes Konsumentenverhalten, was ebenfalls eine Konsequenz der Digitalisierung ist. Dem Kunden ist heute die gesamte Warenwelt rund um die Uhr mit einem „Klick“ verfügbar. Das hat die Ansprüche verändert und diese Ansprüche übertragen sich auf den stationären Handel und seine Märkte. So steigt der Bedarf an Beratung stark an, da man die Basisinformationen bequem im Internet und den sozialen Medien erhält. Außerdem will der Kunde mehr und mehr Convenience und ist nicht mehr bereit,

Stationäre Märkte massiv gefährdet

Waren mit einem „Klick“ verfügbar

Kunde will mehr Convenience

27

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

Unannehmlichkeiten wie lange Kassenschlangen oder unfreundliche Bedienung zu tolerieren [4]. Digitale Geräte wie Smartphones verwandeln sich immer mehr zum mobilen „Shopping-Assistent“, der im Markt Preisvergleiche ermöglicht, Produktinformationen bereitstellt und den Kunden durch digitale Angebote während des Einkaufs anlockt. Soziale Medien übernehmen Aufgaben des Marketings

Des Weiteren spielen die sozialen Medien für das Retail Branding der Händler eine immer stärker werdende Rolle, weil das Image der Unternehmen immer weniger von den hauseigenen Marketingabteilungen kontrolliert wird sondern stattdessen immer mehr von einer nur schwer greifbaren Masse an digitalen Konsumenten in Facebook, Twitter & Co. Entwicklung der stationären Märkte in der Unterhaltungselektronik In den letzten zwanzig Jahren haben sich im Bereich der Unterhaltungselektronik immer größere Handelsketten durchgesetzt und konsequent kleine, eigenständige Händler verdrängt. Dies ist nicht ungewöhnlich und ist in anderen Segmenten des Handels auch so passiert. Im Jahr 2009 lag der Umsatz mit Unterhaltungselektronik bei 47 Milliarden Euro und davon wurden circa 45 Prozent von den fünf größten Händlern erzielt.

Abb. 3: Die größten Händler für Unterhaltungselektronik [9]

28

Wolfgang Lux: Der stationäre Markt — eine austerbende Art?

Die Anzahl der stationären Märkte hat sich bei diesen fünf Händlern in den letzten Jahrzehnten deutlich vergrößert. Heute sind diese Ketten flächendeckend in Deutschland vertreten und haben in den letzten zehn Jahren auch den Sprung an Standorten gewagt, die vom vorhandenen Einkaufspotential her für einen profitablen Markt eher grenzwertig waren. Diese Entwicklung ist geschuldet dem klassischen Kampf um Marktanteile, der in der Vergangenheit ausschließlich im bestehenden stationären Kanal gekämpft wurde. Rechnet man jetzt aber mit einem Dreisatz die Umsatzentwicklung im stationären Markt nach, so sieht man leicht, dass der stationär verfügbare Umsatz im Unterhaltungselektronikbereich deutlich gesunken ist. Eine absolute Steigerung des Marktes ist praktisch nicht mehr vorhanden oder bewegt sich im Bereich von ein bis zwei Prozent. Der Anteil von E-Commerce hat sich aber auf 23 Prozent in 2011 gesteigert. Damit ist, je nachdem wie man es rechnet, das stationär verfügbare Volumen um circa zwanzig Prozent gesunken bei gleichzeitig weiter vorangetriebener physischer Expansion der großen Ketten. Es ist also mathematisch klar, dass der Handel im Internet die physischen Märkte kannibalisiert. Natürlich können die führenden Händler noch weiter versuchen, den anderen Händlern stationäre Marktanteile abzujagen, aber das kann den dramatischen Einbruch im stationären Markt nicht kompensieren. Das komplette Wegbrechen eines großen „Players“, so wie im Drogeriemarktbereich mit Schlecker geschehen, ist jedenfalls nicht abzusehen. Sind von dieser Entwicklung jetzt alle Märkte gleichermaßen betroffen? Die Antwort lautet ganz klar: „Nein“. Denn der Kunde möchte auch weiterhin stationäre Märkte haben, Beratung im Markt genießen, die Waren anfassen und gegebenenfalls direkt mitnehmen. Aber welche Märkte und wie viele davon braucht er dafür? Man darf davon ausgehen, dass große Märkte in 1-A-Lagen von München, Hamburg, Düsseldorf und Co. weiterhin Magneten für die Konsumenten sein werden, weil es einfach auch Spaß macht einen solchen Konsumtempel zu besuchen und dort zu kaufen.

Handel im Internet kannibalisiert die physischen Märkte

Märkte in 1-ALagen weiterhin Kundenmagnete

Auch in kleineren Städten werden stationäre Märkte für Unterhaltungselektronik weiterhin zum Stadtbild gehören. Aber braucht eine Stadt wie zum Beispiel Chemnitz, die demografisch mit am stärksten in Deutschland betroffen ist, gleich eine ganze Handvoll davon? Der Konsument braucht es jedenfalls nicht. Ihm würden wahrscheinlich

29

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

ein bis zwei gut gemachte und zentral gelegene Märkte reichen, um sein stationäres Bedürfnis zu befriedigen.

Beratung und Bedienung weiter gefragt

In der aktuellen Situation, und das ist sicher nicht nur in Chemnitz so, verteilen sich die stark schrumpfenden Umsätze auf die gleiche Anzahl von Märkten und deren Profitabilität leidet stark darunter. Umsatzrückgänge im zweistelligen Bereich kann kaum ein Händler kompensieren ohne Verlust zu machen, zumal die Bedürfnisse der Kunden nach Beratung und Bedienung steigen und so die Möglichkeit der Reduktion des Verkaufspersonals unter eine kritische Grenze nicht besteht. Das alles in einer Situation, wo der stationäre Handel ohnehin mit einem erheblichen Kostennachteil gegenüber dem Internet zu kämpfen hat, bedingt durch Kostenpositionen wie Personal, Miete und Warenbindung. Ein weiterer Effekt ist zu nennen: Durch das Internet bekommen kleine eigenständige Händler wieder Auftrieb, weil sie den Onlinekanal gut nutzen können um Zusatzumsatz zu machen und gleichzeitig den Kunden einen physischen Anlaufpunkt bieten, zum Beispiel für Retouren. Für diesen Geschäftszweck spielt dann auch die Lage keine große Rolle mehr, denn auch 1-B- oder 1-C-Lagen kann man mit GPS im Smartphone bequem finden. Am stärksten zu spüren bekommt dieses Umfeld derzeit der Kleinste von den Großen: Pro Markt. Laut einem Artikel der Welt [10] prüft der REWE-Konzern den Verkauf der Kette, gegebenenfalls auch von einzelnen Märkten. Am 9.7.2013 kündigte REWE an, 16 Märkte an Expert zu verkaufen. Der Umsatz von Pro Markt brach 2012 um 15,5 Prozent ein und 13 Läden wurde geschlossen. Als wichtigster Grund für die Probleme wird E-Commerce genannt [11]. Auch der weltgrößte Händler von Unterhaltungselektronik, Best Buy aus den USA, musste bereits mehr als fünfzig Märkte schließen. Es gibt aber noch ein ganz anderes Problem, welches die großen Fachmärkte von Unterhaltungselektronik betrifft, und das ist die Digitalisierung der Produkte, die sie verkaufen. Am besten sieht man das beim Verkauf von physischen Tonträgern, also CDs. Dieser Markt ist in den letzen zehn Jahren stark rückläufig gewesen, auch wenn es jetzt Signale gibt, dass diese Entwicklung gegebenenfalls verlangsamt wird. Musik wird heute zunehmend digital gekauft und moderne Dienste wie Spotify verschärfen diesen Trend. Im Bereich der Filme, also DVDs und

30

Wolfgang Lux: Der stationäre Markt — eine austerbende Art?

Blue Rays, steht eine ähnliche Entwicklung bevor und wird sich parallel mit dem Ausbau der Bandbreiten des Internets verstärken. Wo ist das Problem, könnten Sie fragen? Da müssen die Händler doch nur attraktive Download-Angebote anbieten und dann machen sie den Umsatz! Das ist richtig, aber sie brauchen die enormen Flächen in den stationären Märkten nicht mehr, die für dieses Warensegment vorgesehen ist. Will man auf der Fläche Kompetenz im Musikbereich zeigen, muss das Sortiment groß sein und das kostet Fläche. Aber gleichzeitig sinkt der Umsatz auf der relevanten Fläche dramatisch und man müsste sie verkleinern. Aber womit soll man die Fläche füllen? Andere Produktsegmente sind ebenfalls von der Digitalisierung betroffen. Denken Sie nur daran, wie viele Funktionen Ihr Smartphone, iPad oder iPod heute übernimmt. Große Stereoanlagen – eher etwas für Liebhaber –, Radiowecker braucht niemand mehr, Desktop-PC’s – die Verkaufszahlen brechen ein und so weiter. Lediglich Fernseher und der Bereich der „weißen Ware“, also Kühlschränke und Co. sind davon gar nicht oder nur wenig betroffen. Die Konsequenz ist einfach. Gerade die großflächigen Märkte für Unterhaltungselektronik tun sich schwer, ihre großen Flächen sinnvoll zu nutzen. Stattdessen werden immer mehr fremde Produkte ins Sortiment aufgenommen, die die Markenpositionierung verwässern und so die eigene Attraktivität reduzieren. Nimmt man das alles zusammen und prognostiziert den Anstieg des ECommerce-Anteils auf über 30 Prozent in den nächsten fünf Jahren, so ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass alle großen Ketten für Unterhaltungselektronik stationäre Märkte werden schließen müssen. Das ist nicht einfach, denn die Immobilienbesitzer werden nicht tatenlos zusehen, wie ihre Ankermieter die Verträge kündigen. So wird das wohl eher ein schleichender Prozess, der die Profitabilität der bestehenden Ketten weiter belasten wird. Da kann man nur hoffen, dass Internetriesen wie Amazon, die sich heute preislich in Relation zu ihren Möglichkeiten eher moderat verhalten, nicht wirklich zum Angriff blasen. Entwicklung der stationären Märkte im Buchhandel Viele der Aspekte, die auf den Handel mit Unterhaltungselektronik zutreffen, sind auch für den Buchhandel relevant. Hier hat der ECommerce-Handel seine Wurzeln, in dem Jeff Bezos mit Amazon sich die Frage stellte, warum man Bücher nicht auch über das Internet verkaufen

Jeff Bezos hatte keine Ahnung vom Buchhandel

31

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

können sollte. Dabei hatte er eigentlich gar keine Ahnung vom Buchhandel und war den etablierten Händlern hoffnungslos unterlegen. Das hat ihn nicht weiter gestört und das Ergebnis ist bekannt. Große Ketten wie Borders mussten in den USA schon Insolvenz anmelden und Barnes & Nobles prüft aktuell den Verkauf des Filialgeschäftes [12].

Zukünftiges Potential von EBooks unstrittig

Im Jahr 2011 wurden insgesamt 9,6 Milliarden Euro mit Büchern in Deutschland umgesetzt. Dabei ist der Fachhandel mit knapp fünfzig Prozent immer noch der größte Kanal, der Versand von Büchern hat aber auf aktuell knapp 15 Prozent zugenommen. Der Anteil an e-Books betrug in 2011 nur ein Prozent, dürfte aber bereits deutlich angestiegen sein und das zukünftige Potential ist unstrittig. Auch die Buchhändler haben in der Vergangenheit auf große Flächen gesetzt, um damit dem Kunden Sortimentskompetenz zu zeigen. Diese Sortimentskompetenz verblasst aber gegen die des Internets und längst ist den Kunden klar, dass sie die wirkliche Auswahl umfassender im Netz bekommen und dort auch bequem bestellen können. Insofern besitzen die großen Buchhändler auch zu große Flächen und der Wettbewerb in den Städten ist zu hoch, ähnlich wie bei der Unterhaltungselektronik auch. So sagt Weltbild- und Hugendubel-Chef Carel Halff, dass er mehr als fünfzig Prozent der Märkte schließen wird, und dem stationären Handel „nur noch eine Komplementärrolle“ zu Online zufällt [13]. Mehr als einhundert Märkte hat der Konzern schon geschlossen. Halff geht davon aus, dass fünfzig Prozent der stationären Märkte im Buchhandel verschwinden werden. Auch Thalia, der zum Douglas-Konzern gehörende Buchhändler, schließt Märkte, wo es nur geht und möchte sehr gerne die bestehenden Märkte verkleinern [14]. Die FAZ geht davon aus, dass bis zu dreißig Läden geschlossen werden könnten. Der Buchhandel ist dabei genauso geplagt wie der Handel mit Unterhaltungselektronik: Der Kunde möchte sehr wohl den stationären Buchhändler, aber ihm reichen ein oder wenige Märkte in guten Lagen aus. Zwei oder gar drei fast gleiche stationäre Angebote in zentralen Lagen der Innenstadt sind für ihn überflüssig. Die zu großen Flächen verursachen enorme Kosten, die durch den Umsatzrückgang nicht mehr zu finanzieren sind. Was also tun, außer die nicht rentablen Märkte zu schließen? Diese Frage führt unmittelbar zu der nach der Rolle der stationären Märkte in der Zukunft.

32

Wolfgang Lux: Der stationäre Markt — eine austerbende Art?

Rolle der stationären Märkte in der Zukunft Um Verkleinerungen der Anzahl der physischen Märkte werden viele Handelsunternehmen in den stark betroffenen onlineaffinen Handelssegmenten nicht umher kommen, wie Buchhandel und Unterhaltungselektronik zeigt. Aber auch die Rolle des stationären Marktes wird sich ändern. Die Flächen werden sich verkleinern und vielfach wird das physisch verfügbare Sortiment reduziert und dabei die Sortimentsbreite virtuell ergänzt. Es kann also gut sein, dass man in einem Buchladen weniger physische Bücher findet und die nicht vorhandenen Ausgaben dort online direkt bestellen kann, zum Beispiel mit dem Smartphone und die Ware wird dann problemlos am nächsten Tag nach Hause geliefert. Der physische Buchladen kann aber sehr wohl Attraktivität entfalten, zum Beispiel durch Lesungen oder andere Events rund um spezielle Bücher oder Themengebiete. Hier ist dann Kreativität gefragt, um den Gang in den physischen Laden attraktiv zu machen. Der Buchladen also ein reiner Showroom? So krass wird das nicht sein, denn der Kunde will Bücher anfassen und stöbern, gegebenenfalls auch direkt mitnehmen. Aber Elemente eines Showrooms wird der Markt haben müssen, denn ansonsten wird weder die Attraktivität für die Kunden da sein, den Markt zu besuchen, noch lassen sich die hohen Kosten rechtfertigen.

Mit Kreativität Besucher in Buchläden locken

Auch im Segment der Unterhaltungselektronik wird sich ein ähnlicher Wandel vollziehen und wer genau hinsieht, erkennt auch heute schon entsprechende Ansätze. Hier werden die Märkte aber eher den Fokus von Servicestationen erhalten, in denen der Kunde neben exzellenter Beratung auch alle möglichen Nutzungsfragen gelöst bekommen kann. Das ist auch ein Teil des Erfolgsrezeptes von Apple, die sehr viele Kurse und Dienstleistungen in ihren Märkten anbieten und so die vollkommene Markenwelt schaffen. Darin liegt ein weiteres Element der Veränderung im stationären Segment. Immer mehr Hersteller werden selbst Läden eröffnen, klein und in erstklassiger Lage, um ihre Produktwelten und damit die Marke zu stärken. Kaufen wird der Kunde dort auch können, aber wohl eher virtuell über das Internet. Ein ähnlicher Trend ist bei den großen Onlinehändlern wie Amazon oder Zalando zu sehen, die ebenfalls stationäre Märkte eröffnen um die Kunden „multichannel“ an sich zu binden.

Immer mehr Hersteller werden selbst Läden eröffnen

33

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

Das alles wird den Druck auf den klassischen stationären Handel weiter vergrößern und die Handelsunternehmen zu großen Veränderungen zwingen.

Der stationäre Markt der Dinosaurier unserer Zeit?

Anzahl der Märkte muss sich verringern

Die Antwort ist ganz klar: Nein! Auch wenn das Internet den klassischen Handel ähnlich heimgesucht hat wie der Meteoriteneinschlag die Dinosaurier damals, sind die Folgen nicht so umfassend wie damals. Physische Märkte werden nicht verschwinden, auch nicht in den besonders vom Onlinehandel betroffenen Segmenten des Handels. Aber die Anzahl der Märkte muss sich verringern und den tatsächlichen Gegebenheiten des Marktes anpassen. Das haben die Buchhändler aktuell deutlich besser verstanden als die Anbieter von Unterhaltungselektronik oder zumindest gehen sie mit diesem Aspekt offener und konsequenter um. Auch die Rolle der stationären Märkte muss sich verändern, nicht revolutionär sondern eher evolutionär und muss die Gegebenheiten des Marktes und die geänderten Erwartungshaltungen der Kunden besser reflektieren. Das erfordert Mut, Kreativität und Geld sowie die Bereitschaft, während des Wechsels des Konzeptes auch Umsatz und Gewinn kurzzeitig zu verlieren. Es bleibt abzuwarten, wer den Mut und das Durchhaltevermögen dafür hat.

Die Stärksten werden überleben

Schließlich ist die „Spezis“ stationärer Markt auch von den anderen Bedrohungen wie demografischer Wandel und auf den Markt drängende Konkurrenz von Herstellern und Pure Playern ausgesetzt und muss diese Herausforderung meistern. Insofern ist der Vergleich mit der Evolution doch nicht ganz falsch, denn das Motto: „Nur die stärksten und anpassungsfähigsten überleben“, gilt auch im Handel und es wird spannend sein zu verfolgen, wer das letztendlich sein wird.

Literatur [1] Vgl. Studie: Situation des Einzelhandels 2011, IHK Chemnitz. [2] Vgl. Studie KPMG: Trends im Handel 2010. – http://www.kpmg.de/docs/ trends_im_handel_2010_de.pdf [3] Quelle: HDE, Prognose: KPMG. – In: Studie KPMG: Trends im Handel 2010. – S. 20 http://www.kpmg.de/docs/trends_im_handel_2010_de.pdf [4] Vgl. Lux, Innovationen im Handel, Springer-Gabler Verlag, 2012.

34

Wolfgang Lux: Der stationäre Markt — eine austerbende Art?

[5] Vgl. Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung in Bund und Ländern, Statistische Länder, 2011. [6] Quelle: www.e-Tailement.de. [7] Vgl. Podiumsdiskussion Deutscher Onlinekongress am 08.05.2012 in Frankfurt. [8] Vgl. http://www.estrategy-magazin.de/news/artikel/e-commerce-anteilsprengt-die-20-mrd-euro-grenze-0073.html [9] Quelle: LZ-Net, EHI. [10] Vgl.: http://www.welt.de/wirtschaft/article114443601/Rewe-Konzernstellt-ProMarkt-auf-den-Pruefstand.html [11] Vgl. http://www.lebensmittelzeitung.net/news/top/protected/ReweBestaetigt-Verkaufsplaene-fuer-Promarkt_99264.html [12] Vgl. http://www.buchmarkt.de/content/54043-usa-barnes-noble-prueftden-verkauf-des-filialgeschaefts.htm [13] Vgl. http://www.turi2.de/2012/10/09/heute2-weltbild-buchhandlungenhalbieren-15004698/ [14] Vgl. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/buchkette-thaliahat-hoch-gepokert-und-verliert-11891276.html

35

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

36

Das Cross-Channel-Verhalten der Konsumenten Kai Hudetz, Judith Halbach

1

Der Siegeszug des Onlinehandels stellt den stationären Handel vor große Herausforderungen. Inzwischen werden mehr als sieben Prozent des gesamten Einzelhandelsvolumens in Deutschland online erwirtschaftet – Tendenz weiter stark steigend.

Ausgangssituation: Konsumentenverhalten ändert sich Das rasante Wachstum des Branchenprimus Amazon, der 2012 in Deutschland seinen Umsatz um rund 21 Prozent auf etwa 6,5 Milliarden Euro steigerte, und die Umsatzexplosion des erst 2009 gegründeten Online-Modehändlers Zalando, der seinen Umsatz 2012 in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr auf 1,15 Milliarden Euro verdoppelte, machen zweierlei deutlich: Zum einen ist der Onlinehandel noch immer ungeheuer dynamisch, wobei Experten auch für die nächsten Jahre von weiteren erheblichen Zuwachsraten ausgehen. Zum anderen üben reine Onlinehändler, neben den Genannten beispielsweise Zooplus oder Redcoon, mittlerweile einen erheblichen Druck auf den stationären Handel aus. Umsatzzuwächse des Onlinehandels gehen inzwischen überwiegend zu Lasten des stationären Handels. Erste Auswirkungen sind sichtbar: Die Schwierigkeiten renommierter stationärer Händler wie Görtz oder Thalia sind eng mit dem Erfolg von Zalando und Amazon verknüpft. Dieser Wettbewerbsdruck wird in den nächsten Jahren nicht geringer – im Gegenteil. Für den traditionellen stationären Einzelhandel stellt sich daher die zentrale Frage, wie er durch eine gezielte Cross-Channel-Strategie auf ein grundsätzlich geändertes Konsumentenverhalten reagieren kann, um seine Wettbewerbsposition auch im digitalen Zeitalter zu behaupten. Das E-Commerce-Center Köln (ECC Köln) am Institut für Handelsforschung hat diese Thematik erstmals im Jahr 2002 mit der Studie „Vorteile einer Multi-Channel-Strategie – Eine nüchterne Betrachtung“ http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Kai-Hudetz http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Judith-Halbach

Zalando konnte seinen Umsatz 2012 auf 1,15 Milliarden verdoppeln

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

fundiert analysiert. Der Untersuchungsansatz wurde seither in sechs Folgestudien und zahlreichen Auftragsprojekten sukzessive verfeinert, die Kernergebnisse haben jedoch weiterhin Gültigkeit: Stationäre Händler, die ihren Onlineshop zielgerichtet mit ihrem Stationärgeschäft verzahnen, können mit Zusatzumsatz im Internet und Kaufimpulsen für das stationäre Geschäft rechnen. Zunahme mobiler Endgeräte verlangt abgestimmte Cross-ChannelStrategien

Die rasche Verbreitung von mobilen Endgeräten, insbesondere der Smartphones, die das Internet in die Ladengeschäfte bringen, verstärkt die Notwendigkeit einer abgestimmten Cross-Channel-Strategie. Zunehmend springen Konsumenten während eines Kaufprozesses zwischen den Kanälen hin und her und entscheiden sich situativ für Kanal und/oder Anbieter. Die diesem Beitrag zugrunde liegende Studie des ECC Köln in Zusammenarbeit mit hybris untersucht das vertriebskanalübergreifende Informations- und Kaufverhalten von Konsumenten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Nachfolgend werden ausgewählte Ergebnisse für deutsche Konsumenten vorgestellt.

Methodik und Stichprobe Für die Studie wurden im Dezember 2012 über ein Online-Panel deutsche, österreichische und schweizerische Konsumenten befragt. Insgesamt wurden 2.500 Personen befragt davon circa 1.000 in Deutschland, 500 in Österreich und 500 in der Schweiz. Die Stichproben wurden bezüglich Alter und Geschlecht internetrepräsentativ quotiert. Um das zukünftige Konsumentenverhalten im Hinblick auf die Verwendung von Smartphones besser voraussagen zu können, wurden darüber hinaus circa 500 deutsche Smart Natives befragt (Personen bis 30 Jahre, die ein Smartphone besitzen). Folgende zentrale Fragestellungen standen im Mittelpunkt der Analyse: • In welchem Ausmaß informieren sich Konsumenten in einem Vertriebskanal bevor sie in einem anderen Vertriebskanal einkaufen? • Inwieweit bleiben die Konsumenten einem Anbieter treu, wenn sie zwischen Informationssuche und Kauf einen Kanalwechsel durchführen? • Aus welchen Gründen kommt es zur Trennung von Informationssuche und Kauf ? 38

Kai Hudetz, Judith Halbach: Das Cross-Channel-Verhalten der Konsumenten

• Inwieweit kannibalisieren sich die Vertriebskanäle? • Wie intensiv sind die Wechselwirkungen zwischen Smartphones und den anderen Vertriebskanälen? • Wie unterscheidet sich das Verhalten der Konsumenten in Deutschland, Österreich und der Schweiz? Um diese Fragestellungen zu beantworten, wurden insgesamt 1.439 Käufe der deutschen Befragten betrachtet. 501 davon wurden in stationären Geschäftsstellen getätigt, 699 in Onlineshops, 103 in Print-Katalogen und 136 mit Smartphones. Um branchenspezifische Ergebnisse erlangen zu können, wurden die Käufe der Befragten in sieben Kategorien unterteilt: Fashion und Accessoires, Wohnen und Einrichten, Consumer Electronics und Elektrogeräte, Bücher und Medien, Sport und Freizeit, Heimwerken und Garten sowie Sonstiges (vgl. Abb. 1).

Abb. 1: Verteilung des letzten Kaufs der Befragten auf Produktkategorien (Käufe in bis zu zwei Kanälen pro Person möglich) [1]. Lesebeispiel: Es wurden 501 Käufe in stationären Geschäftsstellen analysiert, bei 33,7 Prozent davon wurden Produkte aus der Kategorie Fashion und Accessoires erworben.

39

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

Ausgewählte Studienergebnisse

Cross-ChannelKäufe sind Normalität geworden

Onlineshops lösen Suchmaschinen als Informationsquelle ab

In jüngster Vergangenheit wurde immer wieder postuliert, dass es gar keinen Bedarf für Cross-Channel-Aktivitäten der Einzelhändler gebe, da Kunden diese gar nicht wünschen beziehungsweise nutzen. Als Beleg wird häufig das rasante Umsatzwachstum der Online-Pure-Player bei gleichzeitigen Schwierigkeiten von Cross-Channel-Händlern wie Görtz, Thalia oder Karstadt herangezogen. Ist Cross-Channel also nur ein BuzzWord, eine Schimäre? Unsere Studienergebnisse stützen diese These nicht – ganz im Gegenteil: Konsumenten nutzen die verschiedenen Informations-, Kommunikations- und Kaufkanäle ganz selbstverständlich und kombinieren diese situativ. Cross-Channel-Käufe sind nicht nur Realität, sondern Normalität. Das Internet ist dabei für die Konsumenten das Informationsmedium Nummer 1: 36,3 Prozent der Käufe in stationären Geschäftsstellen geht eine Informationssuche im Internet voraus, diese Käufe entsprechen 55,8 Prozent des Umsatzes in stationären Geschäftsstellen. Am häufigsten werden hierbei Suchmaschinen (58,2 Prozent) und Onlineshops des letztlich gewählten Anbieters (57,7 Prozent) aufgesucht. Die Onlineshops sind damit im Begriff, die Suchmaschinen als wichtigste Informationsquelle abzulösen: Vor allem bei der Recherche mit dem Smartphone sowie bei der Bestellung aus Katalogen oder mit dem Smartphone werden Onlineshops häufiger angesteuert als Suchmaschinen. Mögliche Gründe hierfür könnten die gestiegene Bekanntheit von Onlinehändlern sowie eine Zunahme der Kundenbindung sein. Die Zahlen machen deutlich, dass das Konsumentenverhalten für den stationären Einzelhandel Chance und Risiko zugleich ist. Einerseits ist der Konsument besser informiert denn je und kennt Vergleichsangebote aus dem Internet (und das dortige Preisniveau) genau, andererseits können über das Internet offensichtlich Kunden für das stationäre Geschäft geworben werden. Wie die informationsbezogene Wechselwirkungen zwischen den Vertriebskanälen des Handels ausfallen, zeigt Abb. 2. Bei einem Drittel der Käufe im stationären Handel werden zuvor mit dem PC oder Laptop Informationen in Onlineshops eingeholt. Denkbar ist hier etwa eine Kundin, die sich über verschiedene Modelle von Skijacken bei unterschiedlichen Anbietern informiert, die optimale Passform jedoch im Ladengeschäft ausprobieren möchte. Weiterhin wurde in der Studie ermittelt, dass jeder Fünfte vor dem stationären Kauf den Onlineshop

40

Kai Hudetz, Judith Halbach: Das Cross-Channel-Verhalten der Konsumenten

des gewählten Anbieters aufruft und in knapp 14 Prozent der Fälle der Onlineshop den Impuls dazu liefert, den Kauf bei dem Anbieter in einem stationären Geschäft zu tätigen. Im gerade genannten Beispiel könnte dies eine Reservierungsfunktion sein, die es der Kundin ermöglicht, im Onlineshop ihre Favoriten zu reservieren und anschließend in einer Filiale anzuprobieren. Für den Händler ergibt sich der elementare Vorteil, dass er die Kundin so auf ihrer Customer Journey durch die verschiedenen Vertriebskanäle nicht verliert.

Abb. 2: Informationssuche in einem Vertriebskanal vor dem Kauf in einem anderen Kanal, 103 ≤ n ≤ 699 [1]. Lesebeispiel: 32,1 Prozent der Käufe in stationären Geschäftsstellen geht eine Informationssuche in Onlineshops mit PC/Laptop voraus; diese Käufe entsprechen 50,2 Prozent der Umsätze in stationären Geschäftsstellen. Folglich sind die (durchschnittlichen) Kaufimpulse, die Onlineshops für das stationäre Geschäft auslösten, sehr hoch: 13,7 Prozent der Käufe im stationären Handel werden über den Onlineshop desselben Händlers ausgelöst, dies entspricht 18,2 Prozent des stationären Umsatzes. Diese Werte haben sich seit der letzten ECC-Studie im Jahr 2011 erheblich erhöht. Für die umgekehrte Richtung sind die Cross-Channel-Effekte deutlich niedriger: 3,5 Prozent der Onlinekäufe beziehungsweise 4,5

41

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

Prozent des Onlineumsatzes werden im Stationärgeschäft desselben Händlers ausgelöst.

Konsumenten halten häufig dem Kanal und nicht dem Anbieter die Treue

Einige stationäre Händler fürchten sich durch die Einführung eines Onlineshops lediglich selbst zu kannibalisieren. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass die Gefahr der Kannibalisierung der eigenen stationären Umsätze deutlich geringer ist, als die Gefahr, den Umsatz an Konkurrenten im Internet zu verlieren: Konsumenten halten häufig dem Kanal und nicht dem Anbieter die Treue. Wäre das in einem Onlineshop gekaufte Produkt dort nicht erhältlich gewesen, würden die Konsumenten es eher in einem Onlineshop eines anderen Anbieters erwerben als beim gleichen Anbieter stationär zu kaufen. Das gilt in gleichem Maße für stationäre Shopper – auch sie würden eher auf einen anderen stationären Anbieter ausweichen. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie im Idealfall in beiden Vertriebskanälen präsent sein sollten. Dieses Konsumentenverhalten lässt sich dadurch erklären, dass jeder Kanal andere Bedürfnisse erfüllt. Der stationäre Handel punktet vor allem mit sofortiger Produktverfügbarkeit und der Möglichkeit, die Produkte vor dem Kauf zu inspizieren: Egal ob sich ein Kunde zuvor online, im Katalog oder mit dem Smartphone informiert hat, sind das die Hauptgründe für einen Wechsel in stationäre Geschäftsstellen. Onlineshops überzeugen hingegen vor allem mit der Möglichkeit sich intensiv über Produkteigenschaften und Preise zu informieren – ebenso wie Kataloge und Smartphones.

Fazit Onlineshop wichtig für stationäre Händler

Die Ergebnisse der ECC-Studie verdeutlichen, wie wichtig ein Onlineshop inzwischen für stationäre Händler geworden ist. Neben den eigentlichen Onlineumsätzen können damit erhebliche Kaufimpulse für das Ladengeschäft ausgelöst werden. Im Durchschnitt sind inzwischen 18,2 Prozent des stationären Umsatzes auf einen Kaufimpuls aus dem Onlineshop desselben Händlers zurückzuführen, im Jahr 2011 waren es knapp zehn Prozent. Online ist der neue Showroom – der Zeitvergleich der Ergebnisse mit denen aus der letzten Erhebung (2011) zeigt diesbezüglich eine deutliche Entwicklung: Die Informationssuche in Onlineshops vor dem Kauf im stationären Handel nimmt zu, während der Einfluss des stationären Handels auf Bestellungen in Onlineshops abnimmt. Während der

42

Kai Hudetz, Judith Halbach: Das Cross-Channel-Verhalten der Konsumenten

stationäre Handel nur noch vor 11,4 Prozent (2011: 27,0 Prozent) der Onlinekäufe aufgesucht wird, informieren sich Konsumenten bei 32,1 Prozent der stationären Käufe (2011: 23,0 Prozent) vorab in Onlineshops. Diese Entwicklung dürfte vor allem durch das zunehmende Vertrauen der Konsumenten in Onlinehändler, bessere Produktdarstellungen und risikomindernde Versandkosten- und Retourenmodelle zu erklären sein. Die in diesem Beitrag dargestellten Ergebnisse stellen Durchschnittswerte über alle Branchen dar. Natürlich unterscheiden sich die Cross-ChannelEffekte je nach Branche stark: Am deutlichsten ausgeprägt sind sie bei Produkten aus den Bereichen Consumer Electronics und Elektro, Sport und Freizeit sowie Wohnen und Einrichten. Aber auch innerhalb der Branchen existieren erhebliche Unterschiede – beispielswiese zwischen verschiedenen Produktsegmenten oder unterschiedlichen Zielgruppen. Die hier vorgestellten Ergebnisse ersetzen daher keinesfalls die unternehmensindividuelle Analyse, sie zeigen aber eindeutig auf, wie wichtig ein zielgerichtetes Cross-Channel-Management für den stationären Handel ist – die Chancen des Onlineshops überwiegen dabei die Risiken bei Weitem.

Cross-ChannelEffekte variieren stark nach Branche

Literatur [1] Halbach, J., Eckstein, A.: Das Cross-Channel-Verhalten der Konsumenten – Herausforderung und Chance für den Handel. – Köln 2013. Stüber, E., Halbach, J., Eckstein, A.: Cross-Channel beim Kauf von Markenartikeln – Wie Konsumenten Kanäle kombinieren. – Köln 2013. Heinemann, G.: No-Line-Handel: Höchste Evolutionsstufe im MultiChanneling. – Wiesbaden, 2013. Hudetz, K., Duscha, A., Strothmann, S., Pöpplow, M.: Das Informations- und Kaufverhalten von Geschäftskunden im B2B-Multi-Channel-Vertrieb – Status quo und Parallelen zum B2C-Handel. – Köln, 2012. Van Baal, S., Hudetz, K.: Das Multi-Channel-Verhalten der Konsumenten: Ergebnisse einer empirischen Untersuchung zum Informations- und Kaufverhalten in Mehrkanalsystemen des Handels. – Köln 2008. Schramm-Klein, H.: Multi-Channel-Retailing: Eine verhaltenswissenschaftliche Analyse der Wirkung von Mehrkanalsystemen im Handel. – Saarbrücken, 2002. Dach, Chr.: Internet Shopping versus stationärer Handel. Zum Einkaufsstättenwahlverhalten von Online-Shoppern. – Köln, 2002.

43

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

44

Sich der digitalen Herausforderung stellen Thorben Fasching

1

Die Internetwirtschaft ist in Bewegung – für unsere immer noch junge Branche so normal wie notwendig. Neue Technologien schaffen neue Möglichkeiten, hohe Bandbreiten ermöglichen immer detailliertere Informationen und eine Vielzahl an Endgeräten eröffnen ungeahnte Zugänge in das weltweite Netz. Aber die sich stetig verbessernden technischen Rahmenbedingungen alleine sind nicht der entscheidende Faktor für die Entwicklung im Digital Business. In ihnen ist allenfalls der Nährboden für die fortschreitende Präsenz des Digitalen in unserer Lebenswirklichkeit zu sehen.

Erfolgreiche Ansätze im Digital Business Für immer mehr Menschen gehören die digitalen Medien in ihren unterschiedlichen Ausprägungen zum Alltag. Besonders auffällig wird dies bei der steigenden Nutzung mobiler Endgeräte, die häufig schon zu fast einhundert Prozent als Ersatz für den Desktop-Computer verwendet werden. Das zeigen die Zahlen, das zeigt aber auch die erlebte Wirklichkeit in Fußgängerzonen, im Meeting, in Kneipen und nicht zuletzt auch bei uns zuhause. Smartphone und Tablets begleiten uns überall hin, ob zum Einkaufsbummel, auf Reisen oder zum Job, mehr noch aber auf das Sofa, in die Küche oder abends ins Bett. Sie liefern Informationen und Unterhaltung, sie vernetzen uns mit Freunden, Bekannten und Kollegen – sie bilden immer mehr eine zentrale Schnittstelle, über die wir erreichbar und ansprechbar sind. Sie sind Einkaufshilfe, Navigationsgerät, Spielekonsole und teilweise auch bereits Geldbörse. Es ist der Kanal, der alle bestehenden Kanäle verbindet; online und stationär, Print und Below-the-Line-Kommunikation. Diese neuen digitalen Kanäle zu nutzen, sie mit den bestehenden Angeboten zu verknüpfen und dabei besonders die Bedürfnisse der jetzt viel direkter ansprechbaren Kunden

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Thorben-Fasching

Smartphone und Tablets begleiten uns überall hin

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

zu erkennen und zu erfüllen – das ist die Aufgabe des Digital Business, so entsteht Future Commerce.

Überall vernetzt – immer mobil – everywhere commerce Aber was erwarten diese „mobilen“ Kunden? 2014 wird es in Deutschland circa 33 Millionen Smartphone-Besitzer geben. Über diese Geräte werden fünf Prozent der Onlineumsätze erwartet, was immerhin mehr als eine Milliarde Euro ausmacht. Und hier reden wir nur über die direkten Umsätze über Smartphones. Nicht enthalten sind in dieser Zahl all die Umsätze, die unter Mithilfe des Smartphones entstehen. Denn die Beteiligung der mobilen Geräte am Kaufprozess ist deutlich vielfältiger als die einfache Bestellung.

Das Vergleichen der Preise findet zu 50 % in der Filiale statt

Bereits heute ist das Smartphone für die Kunden ein kompetenter Einkaufsberater. Es dient der Recherche vor und während des Einkaufs. Sortimente, Produkte und Serviceleistungen werden inhaltlich verglichen, Kundenbewertungen eingeholt und abgegeben, Warenverfügbarkeiten werden überprüft und nicht zuletzt Preise verglichen. Das Vergleichen der Preise findet heute schon zu fünfzig Prozent direkt in der Filiale statt, sechzig Prozent aller Smartphone-Besitzer nutzen den mobilen Preisvergleich. Dennoch entscheidet der Preis nicht alleine über den Kauf. Qualität und Nachhaltigkeit haben einen zumeist höheren Einfluss auf die Kaufentscheidung [1]. Und besonders für die Onlineanbieter gilt, dass Vertrauen, gute Konditionen bei Lieferung, Rückgabe und Zahlung sowie ansprechende Serviceleistungen den Kauf positiv beeinflussen. Und die Nutzbarkeit, das gesamte Nutzererlebnis. Auch diese muss sich den neuen Gegebenheiten der mobilen Endgeräte anpassen. Aber hier wird viel Potenzial verschenkt. Nur gut zwanzig Prozent der deutschen WebShop-Anbieter geben an, ihren Auftritt für die mobile Nutzung optimiert zu haben [2] – ob Web-App, Mobile Shop oder responsive Design – eine Grundvoraussetzung für weitere Schritte im Digital Business.

Buying and Selling in a Connected World Aber wie sehen weitere Schritte aus? Welche Möglichkeiten bieten die mobilen und interaktiven Geräte und Angebote noch? Was fordern die Kunden? Was nutzen sie heute bereits und warten nur darauf, dass ihre bevorzugten Anbieter ihnen auch diese Möglichkeiten eröffnen?

46

Thorben Fasching: Sich der digitalen Herausforderung stellen

Ein besonderer Schwerpunkt liegt aktuell im Cross-Channel-Retailing, der intelligenten Verbindung von stationären Angeboten mit der Onlinewelt. Hierbei ist es wichtig, dass sich die vorhandenen Kanäle nicht nur vernetzen sondern eine wirkliche Ergänzung bilden. So bietet zum Beispiel Esprit in seinem Onlineshop eine Verfügbarkeitsauskunft für die Retail Stores in der Nähe des Kunden. Auf einen Blick lässt sich hier bereits zuhause feststellen, ob die Hose oder das Hemd heute noch anprobiert werden kann und für die Party am Abend direkt zur Verfügung steht.

Vorhandene Kanäle sinnvoll ergänzen

Ein weiteres Beispiel für die Verknüpfung des Stationärhandels mit den digitalen Technologien sind zum Beispiel virtuelle Einkaufsregale, die aus dem Store heraus eine direkte Anbindung an das Netz haben und somit einen Zugriff auf das gesamte Sortiment des Anbieters schaffen. Adidas hat dies bereits in einigen Flagship-Stores mit dem „adiverse“, einer virtuellen Shoe-Wall, umgesetzt. Mit Hilfe von 3-D-Ansichten können alle Farben und Varianten präsentiert werden, auch wenn das Modell nur in einer Variation zum realen Anprobieren zur Verfügung steht. Auch virtuelle Anproben, in Internetshops inzwischen schon verbreitet, werden in Zukunft Einzug in die Stores der großen Premium-Modemarken halten. Hier werden, mit Hilfe von Augmented Reality, zum Beispiel Kleidungsstücke auf die fotografierten oder gescannten Personen projiziert, um einen individuellen und auf den Kunden bezogenen Eindruck von Artikeln zu erhalten, die sonst nur als Produktabbildung zur Verfügung stehen würden. Dabei ist in den Onlineshops, zum Beispiel bei Brillen und Modeversendern, in erster Linie eine genauere Passung zwischen Kundenwunsch und Artikel das Ziel, um zu einer höheren Kundenzufriedenheit zu kommen und somit letztendlich die Retourenquote zu senken. Bei den virtuellen Umkleiden im Stationärhandel hingegen geht es hauptsächlich um die Erweiterung und Flexibilisierung des Angebots. Während aber diese Form des Zugriffs auf den eigenen Onlineshop noch einen Blick in die Zukunft darstellt, sind Onlineshop-Terminals oder die oben beschriebenen virtuellen Regale längst keine Utopie mehr. All diese digitalen Möglichkeiten mit dem Zugriff auf das Sortiment der Onlineshops dienen einer besseren und umfassenderen Beratung der Kunden. Hier steht nicht der Gedanke der Selbstbedienung im Fokus. Der Onlineshop mit seinen zusätzlichen Artikeln wird aktiv vom Personal als Verkaufsassistent genutzt und gemeinsam mit den weiteren digitalen

47

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

Kanälen für Beratung, Service und Verkauf eingesetzt. Insbesondere kleinere Filialen profitieren so von dieser Sortimentsverbreiterung und verkaufen Produkte, die sie sonst gar nicht im Sortiment hätten. Auch verschiedene weitere Anwendungen aus dem Bereich des Mobile Commerce sind bereits der reinen Vision entwachsen. Ob wir nun Loyality-Cards und Rabatt-Coupons auf dem Mobiltelefon haben, mit dem Handy bezahlen und unsere Daten mittels Near Field Communication an die Kassensysteme der Händler übertragen – ob wir das nächste französische Restaurant oder den Reifenservice über Location Based Advertising oder über die Social Media-Empfehlung unserer Freunde finden – die digitale Welt begleitet uns und unsere Kunden inzwischen in nahezu jeder Lebenslage. Wenn Händler dies erkennen und entsprechend handeln, wird daraus ein erheblicher Wettbewerbsvorteil entspringen.

Beispiel für erfolgreiche Cross-Channel-Aktivitäten In Deutschland hat sich 2012 und Anfang 2013 ein Händler durch besonders erfolgreiche Cross-Channel-Aktivitäten hervorgetan: Ernsting’s family.

Ernsting’s family liefert gratis in die nächste Filiale

Ernsting’s family hat durch eine intensive Verknüpfung der Warenwirtschaft von Onlineshop und Stationärgeschäft, die dem Kunden Abholung, Retoure und Umtausch von Onlineshop-Ware in den Filialen problemlos ermöglicht, einen großen Schritt getan. Ernsting’s liefert gratis in die nächste Filiale und bietet über seine Facebook-Präsenz zeitlich begrenzte exklusive Angebote. Zudem wurde 2013 ein mobiler Shop im responsiven Design gelauncht: Je nach Endgerät bekommt jeder Nutzer eine für ihn optimierte Shop-Website angezeigt: für Smartphone, Tablet oder den klassischen PC. Die Zahlen bestätigen die Richtigkeit der Multichannel-Strategie von Ernsting’s. Fast achtzig Prozent der Onlineeinkäufe werden in der Filiale abgeholt und circa 31 Prozent der Onlinenutzer kaufen im Anschluss in der Filiale mit einem um 104 Prozent höheren Durchschnittsbon als ein Stationärkunde. Zudem kommen auf 100 Onlinekäufe 45 stationäre Zusatzkäufe.

48

Thorben Fasching: Sich der digitalen Herausforderung stellen

Erfolgreich ist, wer anders ist Manchmal gehört ein bisschen Mut dazu – aber es lohnt sich etwas anderes zu versuchen. Zum Beispiel das Schaufenster, das zum Kundenberater wird, Produkte vorstellt und jenseits von Öffnungszeiten Artikel verkauft – Adidas machte dies in Nürnberg. Oder die QR-Wall am Frankfurter Flughafen. Einfach ganz entspannt direkt am Gate per Smartphone Duty Free-Artikel scannen und noch vor dem Abflug geliefert bekommen – Gebr. Heinemann bietet dies seinen Kunden. Oder seinen Kunden durch die virtuelle Platzierung von limitierten Sneakers vor Sehenswürdigkeiten ein Vorkaufsrecht verschaffen – Airwalk machte dies für seine „Jim Shoes“.

Das Schaufenster wird zum Kundenberater

Virtuelle Räume, Social Media und Second Screen Aber es sind nicht allein die mobilen Möglichkeiten, die unsere ShoppingWelt verändern. Es sind auch die virtuellen Räume, in denen wir uns bewegen und in denen wir zum Kauf animiert werden; unsere NewsStreams und sozialen Netzwerke, in denen wir beworben werden und aus denen wir Empfehlungen von Freunden beziehen. Hier lassen sich unsere Freunde zu Einkaufsberatern machen, wenn sie das Outfit bewerten, das wir uns gerade virtuell oder ganz real angesehen oder angezogen haben. Gehen die Daumen hoch, wird gekauft. Oder die Verknüpfung von Unterhaltung und Information mit passenden Angeboten via Second Screen. Während wir eine Sendung im TV sehen, liefert uns das Smartphone oder der Tablet-Computer Zusatzinformationen. Hier können zum Beispiel über die Erkennung der Tonspur, gezielte Angebote zu einem Spielfilm, zu einer Kochsendung oder zu einem Werbespot gemacht werden. Und auch bei ReiseMagazinen wird der Second Screen zum Verkaufsgenie – interessanter kann man ein Reiseziel kaum anpreisen.

Second Screen wird zum Verkaufsgenie

Ist Cross-Channel-Retailing innovativ? Cross-Channel ist weniger die Vision von Unternehmen als das Diktat des Kunden. Die Kunden bewegen sich längst auf allen Kanälen. Die Anstrengungen der Unternehmen, diesen Prozessen und Vorgehensweisen zu entsprechen, werden von den Kunden heute bereits mit großer

49

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

Selbstverständlichkeit vorausgesetzt. Cross-Channel ist keine Innovation – es ist eine Notwendigkeit. So gilt es für Unternehmen aus allen Branchen sich mehr und mehr der digitalen Welt zu öffnen und sich der digitalen Herausforderung zu stellen.

Literatur [1] Handelsverband Deutschland, Handelsjournal, Factbook Einzelhandel 2012, S. 32, November 2011. [2] http://www.ecc-konkunkturindex.de/ergebnisse/ – ECC-Konjunkturindex Handel (e-Kix). – Institut für Handelsforschung GmbH, Januar 2013, S. 7.

50

Retail im Cross-ChannelTransformationsprozess Michael Badichler

Der Handel erlebt aktuell den größten Veränderungsprozess in seiner Geschichte. Begründet ist dies durch die technologisch ungebremste rasante Entwicklung und den wachsenden Einfluss des Internets auf alle Bereiche des menschlichen Lebens. Stellenweise wird das Internet bereits als Leitmedium tituliert. Umso kontroverser wird viel über den Wettbewerb zwischen aufstrebendem Online- und dem traditionellen Offlinehandel diskutiert. Jede Seite hat gute Argumente. Diese Diskussionen sind sehr ermüdend und man könnte sie durchaus vernachlässigen, wären sie für viele Firmen nicht zu einer Überlebensfrage geworden. Im digitalen Zentrum steht der Kunde, der heutzutage mehr denn je den Ton angibt. Der Tenor der gegenwärtigen Diskussion ist klar: Schaffen die Handelsunternehmen nicht den Sprung in die digitale Welt, ist ihr Ende absehbar. Die Unternehmen können sich noch so gut um ihre Kunden in ihren Läden bemühen – der alleinige, analoge Weg zum Käufer reicht nicht mehr aus. Da hilft es kaum, wenn Sie noch mehr Geld in emotionale Einkaufslandschaften investieren, eine noch bessere Atmosphäre schaffen und Ihre Verkäufer noch besser ausbilden. Im Zeitalter der „Digital Borns“ hilft es Ihnen rein gar nichts, wenn dieses Klientel in Zukunft für ihre Einkäufe zu seinem Smartphone oder Tablet greift, anstatt zu Ihnen ins Einkaufszentrum zu fahren. Dank der neuen Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten sind diese Kunden immer bestens über die aktuelle Preisentwicklung und die Details Ihrer angebotenen Produkte mit größter Transparenz informiert. Hier müssen Sie Ihren zukünftigen Kunden schon mehr bieten können! Willkommen im Zeitalter des integrierten Handels „Das Netz ist Alltag – der Alltag (auch) im Netz“ [1]. Keine Bevölkerungsschicht kann sich mehr dem World Wide Web entziehen. Kaum eine Berufsgruppe kommt im Alltag ohne Internet mehr aus. Das Internet holt uns alle ein, ob wir wollen oder nicht. Sei es nun in der Arbeitswelt,

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Michael-Badichler

1 Internet ist Leitmedium

Kunde gibt den Ton an

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

indem Sie im Internet recherchieren, E-Mails versenden oder eine eigene Website betreiben – oder privat E-Mails verschicken, via Google nach Informationen suchen oder über Facebook sich mit Freunden vernetzen und kommunizieren. Internet elementarer Bestandteil der Konsumkultur

Das Internet hat sich im Laufe der letzten Jahre zu einem elementaren Bestandteil der Konsumkultur entwickelt. Der stationäre Handel steht durch die vielfältigen, ständig verfügbaren Informationen im Internet wie Produktempfehlungen, Onlinewerbung, ausführlichste Produktinformationen sowie durch bequeme Einkäufe in Onlineshops immer stärker unter Druck und läuft damit zunehmend Gefahr, an Bedeutung und Umsatz massiv zu verlieren. Die fortschreitende Vernetzung der Konsumenten beschleunigt diesen Prozess insbesondere.

Abb. 1: Entwicklung des Handels vom Single-Channeling zum OmniChanneling. In den vergangenen fast 25 Jahren hat sich der Handel vom reinen „Single-Channeling“, also dem Vertrieb über ausschließlich einem Kanal als traditionellste Form des stationären Einzelhandels, über das „Multi-Channeling“, dem Verkauf über verschiedene Einkaufskanäle wie stationärer Handel und parallel betriebener Onlineshop (zunehmend auch paralleler Mobile-Shop beziehungweise App), zum „Cross-Channel“ entwickelt. Beim „Cross-Channeling“ spricht man von der Vernetzung der

52

Michael Badichler: Retail im Cross-Channel-Transformationsprozess

verschiedenen Kanäle, die strategisch bewusst miteinander kombiniert werden. Von „Omni-Channel“ spricht man, wenn die Integration und das Zusammenspiel von Prozessen erfolgreich zu einem ganzheitlichen Handelsmarkenauftritt, in allen erdenklichen Prozessschritten der Kundeninteraktion, verschmolzen ist. Der Kunde steht damit immer im Zentrum allen Handelns, so dass das Kundenbeziehungsmanagement (CRM) wie auch der Bereich Customer-Analytics zur zentralen ständigen Herausforderung wird. Ein Omni-Channel-Retailer ist für alle erdenklichen Kundeninteraktionsmöglichkeiten gewappnet und verknüpft die möglichen „Touchpoints“ zu einem ganzheitlichen Kundenerlebnis. Somit verschmelzen die verschiedenen Kanäle optimal miteinander. Der Kunde erhält im stationären Handel die gleichen Artikel und Services wie auch im Webshop oder im Mobile-Shop beziehungsweise Mobile-App. Im Callcenter kann der Kunde ebenfalls bestellen und erhält dort jederzeit Informationen über seinen aktuellen Bestellstatus. Preisinformationen und die Verfügbarkeit der Artikel in den verschiedenen stationären Läden werden in Echtzeit miteinander abgeglichen, so dass der Kunde im Internet schnell und einfach entscheiden kann, ob er seinen Artikel im Webshop einkauft und sich liefern lässt oder lieber in einer Filiale abholt. „Click & Collect“, also online bestellen und in der Filiale abholen oder „Filialreservierungen“ werden prozessseitig voll integriert. Der Kunde kann auch in der Filiale entscheiden, ob er seine Ware direkt mitnimmt oder ob der Händler die Produkte nach Hause liefern soll. Auch bei Retouren gibt es keine Unterschiede – entweder schickt der Kunde seine Ware an das Retourenlager oder bringt sie in seiner nächsten Filiale persönlich zurück. Omni-Channel-Retailer haben eine ganzheitliche Kundensicht über alle Kanäle und wissen stets darüber Bescheid, wann und in welchem Kanal der Kunde einkauft und wie hoch sein jeweiliger Warenkorb ist. Mit speziellen Bonussystemen oder Rabatten kann der Kunde zielgerichtet incentiviert werden und profitiert so von seinen Einkäufen in den verschiedenen Channels. Kombiniert werden die Einkaufserlebnisse mit mobilen Services und mobilen Einkaufsmöglichkeiten, wie auch kommunikativ aktiven Social Media-Auftritten. Das setzt natürlich ein permanent aktuelles Wissen in Echtzeit darüber voraus, wie die Customer Journey des Kunden im Unternehmen aussieht und sich verändert.

„Click & Collect“

Omni-ChannelRetailer mit ganzheitlicher Kundensicht über alle Kanäle

53

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

Der Kunde von heute ist immer und überall präsent Noch vor gut zehn Jahren war die Handelswelt eine glückliche und zufriedene. Die Kunden gingen in den stationären Handel, ließen sich dort informieren beziehungsweise beraten und kauften dort auch meist gleich ihre Produkte ein. Preisvergleiche waren eher schwierig und für den Kunden meist aufwändig. Produktinformationen bekam man über Print-Anzeigen, Kataloge, das Fernsehen oder Radio. Die Hersteller und Händler konnten ihre Informationen und Werbebotschaften relativ einfach (wenn auch nicht immer effizient) über die klassischen Medien an ihre potentiellen Käufer streuen. Der Kaufprozess selbst unterteilt sich in fünf Hauptphasen. In der Anregungsphase wird der Kunde durch die Werbung und Informationen der Händler inspiriert. Oft wird in dieser Phase erst das Bedürfnis oder der Wunsch für ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung geweckt. In der Evaluationsphase informiert sich der Kunde über die zur Verfügung stehen Kanäle und trifft eine Vorentscheidung aufgrund Preis, Markenbekanntheit, Service, Empfehlungen, eigener Präferenzen und weiteren Faktoren.

Nach dem Kauf ist vor dem Kauf

Kunden betreiben „ChannelHopping“

54

In der Kaufphase entschließt sich der Kunde zum eigentlichen Kauf des Produktes: Entweder beim stationären Händler oder nunmehr immer häufiger online oder mobile. In der Nutzungsphase wird das Produkt konsumiert oder als Gebrauchsgegenstand verwendet. Die After-SalesPhase dient – abhängig vom Produkt oder der Dienstleistung – dem Service, Support und letztendlich der Kundenbindung. Meist ist nach dem Kauf zugleich vor dem Kauf und je besser ein Händler in diesem Kaufprozess auf die Bedürfnisse des Kunden eingeht, desto loyaler ist der Kunde und wird somit zum Mehrfachkäufer oder empfiehlt den Service beziehungsweise das Produkt weiter. Im heutigen Zeitalter des Internets hat sich das Verhalten der Kunden gravierend geändert. Die Kunden springen nach Belieben zwischen den digitalen und klassischen Kanälen hin und her – hier spricht man auch vom „Channel-Hopping“: Kunden informieren sich beispielsweise zunächst ausführlich selbst im Internet und lassen sich anschließend von einem stationären Händler beraten. Im Verkaufsraum werden sodann mit dem Smartphone die Preise verglichen und unter Umständen wird die gewünschte Ware auch sofort mobil eingekauft. Für die Händler wird dieses hybride Konsumentenverhalten zunehmend eine sehr schwere Herausforderung: Einerseits steigt der Preisdruck durch die

Michael Badichler: Retail im Cross-Channel-Transformationsprozess

direkte Vergleichbarkeit der grenzenlosen Transparenz im Internet enorm, andererseits werden die Händler aus Kundensicht mit ihren Leistungen immer austauschbarer. Einzigartige Cross-Channel-Services werden bei dieser Entwicklung immer entscheidender, um sich von den Wettbewerbern abheben und um Kunden überhaupt noch an das Unternehmen binden zu können.

Kundensicht: Händler werden austauschbar

Abb. 2: Vergleich des klassischen und digitalen Kaufverhaltens [2].

Abb. 3: Die jeweiligen Onlineinstrumente und deren Bedeutung in den verschiedenen Kaufphasen [2].

55

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

82 % informieren sich vor dem Kauf im Internet, 65 % im stationären Fachhandel

Spannend wird es, wenn man die Kunden direkt befragt: „Sie stehen vor der Situation ein neues Produkt kaufen zu wollen. Wie versuchen Sie Informationen über das jeweilige Produkt zu gewinnen?“ 82 Prozent der Befragten geben an, sich im Internet zu informieren. Und 65 Prozent informieren sich im stationären Fachhandel. An diesen Zahlen lässt sich sehr gut erkennen, dass der stationäre Handel aus Kundensicht noch eine hohe Bedeutung für die Informationssuche besitzt. Die Frage ist, wie und in welchem Ausmaß sich dieses Verhalten in den kommenden Jahren durch den unumkehrbaren Einfluss neuer Technologien verändern wird.

Abb. 4: Befragung zeigt, dass Fachhandel noch eine hohe Bedeutung für die Informationssuche besitzt.

Cross-Channel-Retailer werden die Gewinner sein Accenture hat zusammen mit der GFK im Rahmen einer Studie aus dem Jahr 2009 festgestellt, dass „Multichannel-Anbieter“ in den kommenden Jahren die größten Wachstumspotentiale (78 Prozent Wachstum)

56

Michael Badichler: Retail im Cross-Channel-Transformationsprozess

gegenüber rein stationären Händlern (13 Prozent Umsatzrückgang) aufweisen. Die Pure Online-Player wachsen zwar mit knapp 50 Prozent, aber deutlich weniger als Cross-Channel-Anbieter. Die nachfolgende Grafik zeigt ganz deutlich, dass Unternehmen heute in Cross-Channel-Management investieren müssen, bevor es die Wettbewerber tun und diese sich den größeren Anteil am Umsatz sichern [3].

Abb. 5: Die Prognose der Umsatzanteile Non-Food-Multichannel-Handel 2015 [4].

Gefahr der Kannibalisierung Die Verschmelzung der Kanäle fällt den Unternehmen weit schwerer als ursprünglich angenommen. Grundsätzlich bietet ein zusätzlicher Onlineshop die Chance auf Umsatzwachstum und Loyalitätszunahme. Groß ist aber auch die Gefahr, Kunden vom stationären Geschäft an den eigenen Onlineshop zu verlieren. Vor diesem Hintergrund stellt das Cross-Channel-Management für viele Unternehmen die größte Herausforderung im 21. Jahrhundert dar. Wer sich nicht damit befasst, läuft Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten. Doch wie lassen sich die

Cross-ChannelManagement große Herausforderung

57

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

boomenden Wachstumspotenziale erschließen und gleichzeitig die Kannibalisierungsgefahren zwischen stationären und OnlineVertriebsformen begrenzen? In einer Untersuchung wurden 2011 über 1.500 Konsumenten zu ihrem Einkaufsverhalten in Deutschland und in der Schweiz befragt.

Ladengeschäfte dominieren in der Kaufphase

Im Zentrum stand die Nutzungshäufigkeit von Kanälen. Das Resultat zeigt, dass in der Vorkaufsphase der Onlineshop als Suchkanal dominiert, während in der Kaufphase hingegen noch immer die Ladengeschäfte stärker sind. Diese Verschiebung in der Mehrkanalnutzung belegt den häufig erwähnten ROPO-Effekt (Research Online – Purchase Offline). Auch in der Kauf- und Nachkaufphase wechseln Konsumenten zwischen den Kanälen. Mit der weiteren Verbreitung von Smartphones und TabletComputern wird der Trend zum Kanalwechsel entlang des Kaufprozesses noch stärker zunehmen. Konsumenten kombinieren die Einkaufskanäle von Händlern situativ. Sie erwarten eine gute Kanalabstimmung im Hinblick auf das Warenangebot, die Preise und die Serviceleistungen. Diese enge Abstimmung zwischen den Kanälen steht im Zentrum eines erfolgreichen Cross-Channel-Management. Vorbei sind die Zeiten, als Händler zwei Kanäle unkoordiniert beziehungsweise voneinander losgelöst betrieben haben.

Abb. 6: Lesebeispiel: 32,1 Prozent der Käufe in stationären Geschäften geht eine Informationssuche in Onlineshops voraus. 11,4 Prozent der Käufe in Onlineshops geht eine Informationssuche in stationären Geschäften voraus [5].

58

Michael Badichler: Retail im Cross-Channel-Transformationsprozess

Die Cross-Channel-Shopping-Potentiale sind erheblich. Im Rahmen einer Studie vom ECC in Köln (E-Commerce Center in Köln) wurden die Kanaleffekte von verschiedenen Kanälen auf ihre Auswirkungen auf andere Kanäle desselben Unternehmens hin untersucht.

Mobile – ein zentraler Erfolgsfaktor für den Handel Besetzen Sie das Handydisplay Ihres Kunden! Das Display der Smartphones ist das strategische Nadelöhr zu Ihren Kunden. Besetzen Sie es, ehe die Konkurrenz es tut. Hier wird künftig entschieden, ob Sie zum Kunden durchdringen oder nicht! Der Handel ist durch die „mobile Revolution“ seinen Kunden noch nie „so nahe“ gewesen wie heute. „Bis 2020 werden die Mobile Commerce-Umsätze über Smartphones und Handys mindestens doppelt so stark wachsen wie der „normale Onlinehandel”. Wie die Abbildung zeigt, bewegt sich der mobile Anteil am Onlinehandel in 2012 für haptische Produkte bei rund 3 Prozent, was in Deutschland in etwa 700 Millionen Euro und in Europa rund 7,8 Milliarden Euro Umsatz entspricht. Bis 2020 wird dieses Umsatzvolumen auf mehr als 30 Milliarden Euro ansteigen, was dann rund 6 Prozent vom gesamten Onlinehandelsumsatz, also von rund 500 Milliarden Euro, ausmacht. Nicht darin enthalten sind allerdings Apps- und Serviceumsätze, die mindestens noch einmal 30 Milliarden Euro Umsatz erzielen dürften, was dann zusammen rund 60 Milliarden Euro Umsatz und einem Anteil am Onlinekuchen von 12 Prozent entspricht“ [6]. Dieser Umsatz gibt allerdings bei weitem nicht die tatsächliche Bedeutung des Mobile Commerce wieder. Denn dem Käufer der Zukunft wird kaum noch bewusst sein, ob er online, offline oder mobil einkauft. Bei der parallelen Nutzung der unterschiedlichen Einkaufs- und Informationskanäle kommt dem mobilen Internet eine Schlüsselrolle für das stationäre Geschäft zu [6]. Der Pure Online-Player im Online-Lebensmittelhandel „LeShop“ aus der Schweiz nimmt bereits heute eine Vorreiterrolle in Sachen Mobile Commerce ein. Im April 2013 verkündete der Marktführer seinen Mobile-Umsatzanteil – über 27 Prozent aller Bestellungen wurden über Smartphones oder Tablets generiert. Dies ist weit über dem aktuellen und branchenüblichen Durchschnitt, der sich je nach Cross-ChannelAusprägung zwischen drei Prozent und zehn Prozent bewegt [8].

Beispiel „LeShop“

59

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

Abb. 7: Der mobile Anteil am Onlinehandel in 2012 bewegt sich bei rund drei Prozent [7]. Auch bei vielen weiteren Cross-Channel-Services ist Le Shop sehr innovativ und versucht über intelligente Kanalverschmelzungen dem Kunden das Einkaufen so einfach wie möglich zu machen.

Mobile bestellen und am Bahnhof abholen

So hat LeShop bereits heute schon Services realisiert, über die andere Wettbewerber erst nachdenken: Onlinekauf, Mobile-Kauf, HomeDelivery, Drive-In, „PickUp at Rail“ (Online/ Mobile bestellen und am Bahnhof abholen) und stationärer Laden als vollintegriertes CrossChannel-System. Das Smartphone spielt dabei immer eine zentrale Rolle. Abb. 8: 27 Prozent aller LeShop.ch-Einkäufe via Smartphone [9].

60

Michael Badichler: Retail im Cross-Channel-Transformationsprozess

Abb. 9: Der erweiterte Service von LeShop.ch.

Entwicklungspfade zu einem Cross-Channel-Unternehmen Die spannende Frage für jeden Einzelhändler ist nun: Wie kann man aus strategischer Sicht sein Unternehmen für die Zukunft rüsten und welche Maßnahmen sind hierzu notwendig [10]? Cross-Channel-Management führt nicht automatisch zu UmsatzWachstum und Mehrertrag. Deshalb müssen Unternehmen die Vorgehensweise beim Aufbau von Cross-Channel-Management intensiv prüfen. Kunden fordern eine gute Abstimmung der Verkaufskanäle. Aus der Nutzung verschiedener Kundenkontaktpunkte erwarten sie konsistente und hilfreiche Informationen. Neben der Kommunikationspolitik bedarf es daher einer gut abgestimmten Sortiments- und Preispolitik. Damit Unternehmen die gestiegenen Anforderungen erfüllen können, sind hohe Investitionen in IT-Systeme notwendig. Außerdem ist die Unternehmensorganisation großen Veränderungen unterworfen [11].

Gute Abstimmung der Verkaufskanäle gefordert

Aus neun qualitativen Fallstudien mit Unternehmen, die sich als CrossChannel-Händler positionieren wollen, wurden zwei Dimensionen identifiziert, die für die Planung der Cross-Channel-Vorgehensweisen

61

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

wichtig sind. Die erste Dimension betrifft die Integration der Distributionskanäle über ausgewählte Marketinginstrumente (zum Beispiel Sortiment, Dienstleistung und Preis) und Prozesse (wie Beschaffungs-, Logistik- und IT-Prozesse) sowie Systeme (Warenwirtschaft, Bestandsmanagement, Kassendaten). Die zweite Dimension fokussiert auf die Abstimmung der Kommunikationskanäle. Darunter fallen verschiedene Aufgaben wie die Media- und Themenplanung, Marktforschung sowie ein von IT-Systemen unterstütztes CRM. In der Untersuchung wurden vier unterschiedliche Ausgangssituationen beziehungsweise -Modi für die analysierten Unternehmen identifiziert [11].

Abb. 10: Die zwei Dimensionen, die für die Planung wichtig sind [10]. Beispiel Media-Saturn

Media-Saturn beispielsweise befand sich lange Jahre im MultichannelModus. Sowohl aus der Marketing- als auch aus der Prozessperspektive wurden Onlinehandel und stationärer Handel getrennt betrieben. Eine enge Abstimmung der Kommunikationskanäle bei geringer Integration von Distributionskanälen leitet das Vorgehen im Crossmedia-Modus. Dank eines hochentwickelten CRM-Systems erhielt das deutsche Modehaus Breuninger ein kanalübergreifendes Kundenwissen, das

62

Michael Badichler: Retail im Cross-Channel-Transformationsprozess

im ersten Schritt eine Harmonisierung der bislang kanalspezifischen klassischen, digitalen und sozialen Werbeaktivitäten bewirkte. Der Cross-Distribution-Modus verlangt eine hohe Integration sämtlicher Distributionskanäle und eine vorerst geringe Abstimmung in der Kommunikationspolitik. Für den Sportartikelanbieter Sport-Scheck war es primär wichtig, sämtliche Distributionsleistungen (Preis, Sortimente und Services) samt der dazugehörigen prozesstechnischen Vernetzung voranzutreiben, bevor eine Annäherung der Kommunikationskanäle erfolgen konnte. Im CrossChannel-Modus fällt die Integration für beide Grunddimensionen hoch aus. Dem Schweizer Buchhändler Ex Libris ist es gelungen, ihre Distributionsund Kommunikationskanäle miteinander zu verzahnen. Um die Kundenpenetration weiter zu erhöhen, gestaltete Ex Libris das OnlineSortiment bewusst mit einem hohen Anteil von selten nachgefragten Artikeln und die Kommunikation erfolgt mit Hilfe personalisierter Newsletter kanalspezifisch [11].

Beispiel Modehaus Breuninger

Beispiel SportScheck

Beispiel Ex Libris

Drei Entwicklungspfade für die Cross-Channel-Strategie Da sich die meisten Unternehmen noch im Multichannel-Modus befinden und nun den Transformationsprozess Richtung Cross-ChannelManagement einleiten, stellt sich die Frage, wie dieser am sinnvollsten erfolgen kann. Grundsätzlich existieren dazu drei Entwicklungspfade. Pfad 1: „Durch Kundeninspiration glänzen“ Bei diesem Pfad liegt der Fokus zuerst auf der Integration der Kommunikationskanäle und erst danach auf der Integration der Distributionskanäle. So stand beim Kosmetikhändler Douglas die Entwicklung ausgeklügelter Werbekampagnen unter Berücksichtigung von klassischen, digitalen und sozialen Werbemitteln im Vordergrund, bevor man sich mit der Einführung von Cross-Channel-Tools (zum Beispiel In-Store Terminals) oder Services (zum Beispiel Onlinebestellung, Abholung im Laden) intensiv auseinandersetzte. Das Anspruchsniveau beim Beschreiten dieses Pfades wird in der Praxis häufig unterschätzt. So führt es beispielsweise zur Konsumentenverwirrung, wenn der Kunde kanalverknüpfende Serviceleistungen erwartet, diese aber noch nicht eingeführt wurden [11].

Beispiel Douglas

63

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

Abb. 11: Pfad 1 der Entwicklungspfade [10]. Beispiel „Meine Druckerwelt von Office World“

Ein Druckerkonto für den Kunden

64

Praxisbeispiel Cross-Channel-Service: Meine Druckerwelt von Office World: Bei der Firma Office World, dem führenden Anbieter für Bürobedarf in der Schweiz, wurde beispielsweise im Mai 2013 ein neuer Cross-Channel-Service für den Kauf von Verbrauchsmaterialien über das Smartphone eingeführt. Hier können Kunden in allen Kanälen (vor allem im stationären Handel, Mobile und im Onlineshop) ihren Drucker registrieren und erhalten sofort einen personalisierten QR-Bestellcode, mit dem sie per „Scan & Buy-Funktionalität“ die passenden Tinten- und Toner-Modelle unkompliziert über das Smartphone einkaufen können. Zusätzlich bietet dieser Cross-Channel-Service den Filialen neuartige Kundenbindungsmöglichkeiten. Im Beratungsgespräch in den Filialen erfahren die Kunden von diesem „einzigartigen“ Service und es kann noch in der Filiale ein personalisiertes „Drucker-Konto“ angelegt werden. Der Kunde erhält in der Filiale einen QR-Code als Klebeetikett, der auf den Drucker aufgeklebt werden kann – auf Wunsch wird der QR-Bestellcode auch per Post nach Hause geschickt. Dieses Drucker-Konto ist anschließend und sofort für die Kunden im Webshop, Mobile und für Filial-Mitarbeiter verfügbar. Die Kunden müssen sich durch diesen neuen Service nie mehr ein Druckermodell

Michael Badichler: Retail im Cross-Channel-Transformationsprozess

merken und können schnell und unkompliziert bestellen. Auch über das Callcenter können sich die Kunden am Telefon ein Druckerkonto anlegen lassen. Diese Form von Cross-Channel-Services schafft Vertrauen bei den Kunden und vor allem eine klare Positionierung gegenüber dem Wettbewerb – nicht zuletzt ein deutliches Umsatzpotential im hart umkämpften Tinten-Toner-Markt.

Cross-ChannelServices schaffen Vertrauen

Abb. 12: Mit dem Handy Verbrauchsmaterial bestellen [12]. Pfad 2: „Durch Service-Exzellenz überzeugen“ Die Integration der Distributionskanäle steht bei diesem Pfad im Fokus. Der Deutsche Jagd- und Modehändler Frankonia beschäftigt sich intensiv mit der Verlinkung des Online- und des stationären Geschäftes. Im BackEnd werden sämtliche Prozesse und Systeme auf eine kanalübergreifende Funktionsweise ausgerichtet. Im Front-End wurde erst kürzlich eine iPad-Lösung entwickelt, die dem Verkaufsmitarbeiter im Laden einen direkten Zugriff auf das Onlinesortiment ermöglicht. Im Vergleich zum ersten Pfad müssen hier sämtliche Organisationsbereiche deutlich stärker zusammenarbeiten beziehungsweise müssen Einkauf und Logistik

65

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

meist komplett neu organisiert werden. Dies hat häufig Ängste der Mitarbeitenden zur Folge.

Abb. 13: Pfad 2 der Entwicklungspfade [10].

Beispiel Ex Libris

66

Pfad 3: „Durch parallele Vorgehensweise herausfordern“ In diesem Pfad wird die parallele Integration der Distributions- sowie der Kommunikationskanäle vorangetrieben. Ex Libris hat es innerhalb kürzester Zeit geschafft, zehn verschiedene Cross-Channel-Services einzuführen und dabei gleichzeitig die internen Prozesse und Systeme auf eine Kanalverknüpfung aller vier Distributionskanäle (Läden, Onlineshop, Callcenter, Mobile App) auszurichten. Hierfür ist aber ein starkes Commitment des CEO, eine stark integrierte Organisationsstruktur mit flachen Hierarchien, die Zusammenarbeit mit externen Partnern sowie eine andauernde Change-Kommunikation – auch nach innen – unerlässlich [11].

Michael Badichler: Retail im Cross-Channel-Transformationsprozess

Abb. 14: Pfad 3 der Entwicklungspfade [10]. Die beschriebenen Entwicklungspfade zeigen auf, dass der Transformationsprozess zu einem Cross-Channel-Management neue organisatorische Kompetenzen in einem Unternehmen erfordert. Firmen, die sich auf ihre bisherigen, kanalspezifischen Kompetenzen und Fähigkeiten verlassen, werden sehr früh merken, dass sich neue Erfolgspotentiale nicht mit herkömmlichen Mitteln entwickeln und ausschöpfen lassen. Um den ersten Pfad erfolgreich zu beschreiten, steht der Aufbau von Kompetenzen in den Bereichen Consumer Analytics und Crossmedia-Kampagnen im Vordergrund. Beim zweiten Pfad sind Business Process Reengineering sowie Technologie-Adaption zentral und für den dritten Pfad sind, aufgrund der Parallelität der Vorgehensweise und der Ressourcenknappheit, Change-Management- und Netzwerkkompetenzen (Outsourcing-Partnerschaften) erfolgsentscheidend.

Eine Vielzahl von Kompetenzen sind erforderlich für den Erfolg

Ob die im jeweiligen Entwicklungspfad nötigen Kompetenzen innerhalb der Unternehmen entwickelt oder von außen eingekauft werden müssen, ist für jedes Unternehmen unterschiedlich zu beurteilen [11].

67

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

Abb. 15: Das Beschreiten des Transformationsprozesses hin zum CrossChannel-Management erfordert neue organisationale Kompetenzen [13].

Erfolgsfaktoren für Cross-Channel-Management

Cross-ChannelManagement ist „Chefsache“

Cross-Channel-Management bringt eine sehr große Veränderung mit sich und erfasst das Unternehmen als Ganzes. Ein Umdenken im Marketing, eine vollständige Reorganisation der Unternehmensabläufe und Prozesse sowie ein Wandel in den Köpfen aller Mitarbeiter ist notwendig. CrossChannel-Management ist „Chefsache“. Steht die Unternehmensleitung nicht hinter diesem „Transformationsprozess“, ist das Vorhaben zum Scheitern verurteilt. Zu groß werden die Widerstände der Mitarbeiter im Unternehmen und vor allem an der Front im stationären Handel sein. Das klassische Kanaldenken „Meine Filiale – Dein Onlineshop“ fördern dann eher Gegeneinander statt Miteinander. Die Mitarbeiter sind somit der Schlüsselfaktor und das Thema Cross-Channel muss fest in den Köpfen verankert werden. Deshalb ist ein kanalübergreifendes Denken aller Beteiligten ein wichtiger Erfolgsfaktor für ein CrossChannel-Unternehmen. Neben dem kulturellen Wandel spielen die IT-Systeme und die ITArchitektur eine weitere zentrale Rolle. Denn Cross-Channel-Services

68

Michael Badichler: Retail im Cross-Channel-Transformationsprozess

werden erst durch eine kanalverschmelzende IT zum Leben erweckt und ermöglichen dem Kunden ein Cross-Channel-Einkaufserlebnis und somit eine klare Abgrenzung zum Wettbewerb – letztendlich zu mehr Erfolg und Umsatz. Das Ausmaß der Veränderung erfordert eine sorgfältige Planung der Vorgehensweise. Groß ist die Gefahr, zu viele Dinge gleichzeitig verändern zu wollen. Auf der anderen Seite wandern Kunden zu Konkurrenten ab, wenn das Management zu zögerlich agiert. Der Wahl einer geeigneten Vorgehensweise zum Aufbau von Cross-Channel-ManagementKompetenz kommt deshalb eine große Bedeutung zu.

Nicht zu viele Dinge gleichzeitig verändern.

Literatur [1] Andreas Haderlein, Janine Seitz: Die Netzgesellschaft – Schlüsseltrends des digitalen Wandels. – S. 10, Zukunftsinstitut, 210 S., April 2011. [2] foryouandyourcustomers [3] http://www.accenture.com/de-de/company/newsroom-germany/Pages/ mehrkanal-geschaeft-staerker-e-commerce-aspx [4] Analyse Accenture, Gf K. “Wachstum in Prozent gegenüber Basis 2009 – nicht in Prozentpunkten. [5] ECC Köln: Das Cross-Channel-Verhalten der Konsumenten – Herausforderung und Chance für den Handel, http://Shop.ecc-handel.de/ de/ECC-SHOP/Themen/Multi-Channel-Management/Das-Cross-ChannelVerhalten-der-Konsumenten-Herausforderung-und-Chance-fuer-den-Handel [6] No-Line-Handel: Gerrit Heinemann, 2013, S. 7ff. [7] eWeb-Research-Center 2012 auf Basis IMR 2011. [8] Leshop.ch: http://info.leshop.ch/php/BusinessLeShop.php?LeShopMenuId=3 04&lge=de [9] leshop.ch [10] Felix Brunner, M.A. HSG: im Rahmen seiner Doktorarbeit im Forschungszentrum für internationales Handelsmanagement an der Universität St. Gallen von Herrn Prof. Dr. Thomas Rudolph wurden die in diesem Beitrag vorgestellten Cross Channel Entwicklungspfade entwickelt. [11] www.handelszeitung.ch/iomanagement/online-boomt-die-voraussetzungen [12] http://www.officeworld.ch/meine-druckerwelt.html [13] Rudolph, Th.; Brunner, F.; 2012 – eigene Überarbeitung der Grafik. ibi research: E-Commerce-Leitfaden 2012, http://www.ecommerce-leitfaden.de/

69

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

70

Mythen und Hypes im Digital Commerce Bertold Raschkowski

1

Was ist eigentlich ein Mythos? Und was ist ein Hype? Und warum hören wir so häufig davon im Zusammenhang mit der digitalen Welt? Eine sehr gute Quelle zur Identifikation und Bewertung von Hypes ist der sogenannte Hype Cycle von Gartner [1]. Das Beratungsunternehmen veröffentlicht ungefähr einmal im Jahr im Sommer Hype Cycles für die unterschiedlichsten Branchen. Die Platzierung bestimmter Technologien an einer Stelle der Kurve gibt Aufschluss darüber, ob und wann diese in den Markt Eintritt und tatsächlich Erlöse finden. Ein Hype beginnt meist mit einer Meldung aus einem Forschungslabor, die von den einschlägigen Medien aufgegriffen und großräumig verteilt wird, wo sie wiederum von anderen Medien aufgegriffen und weiter verteilt wird. Diese Omnipräsenz lässt dann auch klassische Medien aufhorchen und darüber berichten. Kurz gesagt: Ein Hype entsteht insbesondere durch eine breit gestreute – und nicht immer reflektierte – Berichterstattung, erlebt in der realen Welt noch keine wirkliche Relevanz, schürt jedoch große Erwartungen. Ein Mythos ist da gar nicht so weit weg: Meinungen verbreiten sich in der digitalen Welt und werden durch häufige Wiederholung schon bald zu Glaubenssätzen. Die weite Verbreitung und stetige Wiederholung untermauert die scheinbare Richtigkeit. Gerade in der sehr dynamischen digitalen Handelswelt tummeln sich Mythen und Hypes in großer Zahl, wobei die Hypes schneller kommen und gehen zu scheinen. Mythen halten sich im Vergleich dazu gefühlt deutlich hartnäckiger. Auf jeden Fall lohnt sich immer ein genauer Blick auf die Trend- und Hype-Landschaft um die für das eigene Business wichtigen Entwicklungen zu identifizieren und gewinnbringend zu nutzen – im Sinne von Versuch und Irrtum.

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Bertold-Raschkowski

Wann beginnt ein Hype?

Was ist ein Mythos?

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

Mythos Nummer 1: Der Retail ist tot In den Köpfen einiger Untergangspropheten ist es mit dem stationären Einzelhandel schon vorbei – er merkt es nur nicht. Die diesbezüglichen Meldungen werden so schnell nicht wahr werden – zu viele Mechanismen arbeiten dagegen und zu viele gute Beispiele für isolierte Stationärlösungen tauchen in der freien Wildbahn auf, als dass das wirklich älteste Gewerbe der Welt plötzlich und mehr oder weniger unvermittelt vom Erdboden und aus den Innenstädten verschwinden würde. Sicher, der Onlinehandel erfreut sich über stetig steigende Anteile am Gesamtumsatz des Einzelhandels – abhängig von der Branche und dem Sortiment mit im Schnitt rund acht Prozent [2]. Selbst, wenn der Trend linear extrapoliert würde, ist auch in 2016 noch nicht Schluss mit Brick & Mortar. Das Stöbern und Einkaufen in Geschäften aus Ziegel und Zement ist nämlich vieles in einem, was die digitale Welt zu übernehmen versucht: • Social Commerce at it`s best – wo kann man sonst so intensiv mit Freunden einkaufen? • Curated Shopping der ersten Stunde – wenn man im richtigen Geschäft ist und den richtigen Verkäufer erwischt, kann man sich meistens einer guten und realen Beratung erfreuen – und Dinge schnell anprobieren oder ausprobieren.

Pop-up-Stores entstehen für kurze Zeit

Trotz vieler systembedingter Nachteile und dem Nimbus der Altertümlichkeit wagen sich bisher vollständig online agierende Händler nach außen in die reale Welt. Pop-up-Stores aus Übersee-Containern entstehen für kurze Zeit und verschwinden wieder, parallel eröffnen Filialen und Flagship-Stores als Offlineableger des digitalen Handels. Die Handelslandschaft ist dabei immer noch weit von ihren Potentialen entfernt. Für den stationär agierenden Händler (ob mit oder ohne Onlineshop) bieten sich schon jetzt enorm viele Möglichkeiten ein wirkliches Einkaufserlebnis zu bieten und gleichzeitig für sich selbst tiefe Einblicke in das Konsumentenverhalten zu bekommen. Angefangen von der Messung der Kundenbesuchszahlen über die Verweildauer im Shop bis hin zur Errechnung von Konversionsraten – die Technik zur Analyse ist vorhanden. Ein kluger Einsatz und die Verbindung mit verfügbaren Daten aus dem Onlinegeschäft werden den Stationärhandel noch lange am Leben erhalten und vielleicht zu

72

Bertold Raschkowski: Mythen und Hypes im Digital Commerce

einer Renaissance führen. Vorausgesetzt, die Analyse führt zu klugen und kreativen Lösungen. Bis die Technologie die reale Welt so gut imitiert, dass das Sehen, Fühlen und Riechen beim Shopping im eigenen Heim nicht mehr vom Besuch im Geschäft zu unterscheiden ist, haben die realen Geschäfte einen Erlebnisvorteil.

Stationärer Handel hat den Erlebnisvorteil

Digital Commerce ist zu hundert Prozent digital Nein, nicht alles im Digital Commerce ist auch wirklich vollständig digital. Es gibt eine Vielzahl von Prozessen entlang der Wertschöpfungskette, die alles andere als automatisch, elektronisch oder digital verlaufen. Der Kunde ist schließlich überwiegend ein Mensch, die Geschäfte werden von Menschen geführt und in der überwiegenden Zahl der Transaktionen wird auch im Digital Commerce mit physischen Gütern gehandelt. Wer Digital Commerce meint und Digital Commerce betreibt, übersieht anfangs, dass sich unter der Wasseroberfläche noch viel mehr befindet als man anfangs vermuten würde. Ob es genau die gerne zitierten neun Zehntel eines Eisbergs sind, die sich nicht spontan zeigen, sei einmal dahingestellt. Eines ist allerdings klar: Digital Commerce ist außerhalb der Online-Plattform ziemlich analog.

Digital Commerce ist außerhalb der Onlineplattform analog

Allein der Kostenblock, der durch Warenbeschaffung und -bewegung (Kommissionierung, Verpackung, Transportkosten), Zahlungsabwicklung und Kundenreklamationen verursacht wird, sollte im Grunde für einen höheren Stellenwert oder zumindest eine höhere Aufmerksamkeit im Geschäft gut sein. Nicht nur, dass das im Shop gemachte Leistungs- und Qualitätsversprechen auch bis hin zur Lieferung und Verpackung eingehalten werden muss – hört er beim Layout und der Formulierung der verschickten Mahnungen nicht auf. Die Wertschöpfungskette muss tatsächlich als Kette gesehen werden, auch wenn ein Teil der schönere ist und der andere Teil aus längst vergangenen Zeiten zu stammen scheint. Was meine ich damit? Wenn Sie Luxusuhren verkaufen, sollte nicht nur die Versandverpackung wertig sein. Auch die Lieferpapiere sollten es sein. Ein Lieferschein, der auf durchsichtigem Butterbrotpapier gedruckt ist, passt eben nicht zu einer Uhr für zweitausend Euro.

73

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

Gleich zu Beginn Logistik und Kosten in Kalkulation einbeziehen

Wer mit physischen Gütern handelt, sollte sich schon frühzeitig über seine Anforderungen an die Logistik und die zu erwartenden Kosten klar werden. Ein unerotischer Leistungsbereich, der erst dann in den Fokus gelangt, wenn sich Kundenreklamationen häufen; was dann mit Sicherheit zu spät ist. Mindestens genauso unerotisch (für die meisten von uns) ist „alles, was mit Zahlungen zu tun hat“. Es ist selbstverständlich, dass Güter – physisch oder nicht – nur gegen Geld den Besitz des Händlers verlassen sollten. Nur ist es im richtigen Leben tatsächlich so, dass gewisse Zeitgenossen nicht zahlen können oder nicht zahlen wollen. Wer als Anbieter oder Händler auf den Umsatz auf Bestelleingangsbasis fokussiert ist, sei daran erinnert, dass es enorm wichtig ist, dass dieser Umsatz auch tatsächlich in Form eines Zahlungseingangs auf seinem Konto landet. Das mag trivial klingen – in meiner Berufs- und Beratungspraxis habe ich aber genau an dieser Stelle sehr viel Anfangsignoranz erlebt, die für den Händler schließlich zu schmerzlichen finanziellen Verlusten führte. Die dann zwingend notwendigen Nachbesserungen sind nervenaufreibend, zeit- und kostenintensiv.

Big Data = planbare Zukunft = Unternehmenserfolg Big Data als Hype des Jahres 2013 – und vermutlich darüber hinaus. In etwas vereinfachten Dimensionen – weil die verfügbaren Daten und die verfügbare Technik andere und weniger waren – gibt es Big Data schon sehr lange. Ich habe meine ersten Erfahrungen damit vor mehr als zwanzig Jahren gemacht – zu Zeiten des Nadeldruckers. Wie so häufig bei Hypes reden alle darüber, eine konsensfähige Definition scheint es trotzdem nicht zu geben. Big Data einfach als eine riesige Menge Daten zu bezeichnen, ist deutlich zu kurz gesprungen. Erst wenn die Datenmenge so groß und vielfältig ist, dass sie mit den zur Verfügung stehenden Instrumenten, Systemen und Methoden nicht oder nicht ausreichend zu handhaben ist, sollten wir von Big Data sprechen. Damit kommt der Begriff Big zu seiner zutreffenden Bedeutung. Der Mythos im Mythos

74

Der Mythos im Mythos ist, dass es lediglich geeignete Systeme aus Soft- und Hardware braucht, um den Datenwust in den Griff zu bekommen. „In den Griff “ heißt zum Beispiel die korrekte Vorhersage des Kundenverhaltens hinsichtlich Kaufzeitpunkt, Warenkorbgröße und

Bertold Raschkowski: Mythen und Hypes im Digital Commerce

so weiter. Dieses Ziel ist redlich und völlig in Ordnung. Nur fehlen in diesem Ansatz zwei elementar wichtige Bausteine: Die Brücke zwischen Daten und Informationen auf der einen Seite und die Bedeutung der Interpretation und die sehr dynamische Zeitkomponente auf der anderen Seite. Daten an sich sind weder gut noch schlecht. Sie sind zunächst einmal nur vorhanden (hoffentlich). Einen Wert erhalten sie jedoch erst dann, wenn aus ihnen Informationen werden. Daten werden in der Regel dann zu Informationen, wenn man ein Ziel hat und die vorliegenden Daten mit geeigneten Tools, Systemen und Methoden einer Analyse unterzieht. Im nächsten Schritt – einem durchaus kreativen Schritt – heißt es, die gefundenen Ergebnisse zu interpretieren und Annahmen zu treffen. Annahmen über Wirkungsweisen bestimmter Ursachen. Sei es die positive Wirkung auf die Conversion, wenn der Check-out verkürzt wird oder die Erhöhung der Klickrate durch die Schaltung bestimmter Werbemittel zu einer bestimmten Uhrzeit in einem bestimmten Medium. In jedem Fall aber erhöhen konsistente Daten und Informationen durch die entsprechenden Tools, verarbeitet in Verbindung mit zutreffenden Interpretationen, die Trefferwahrscheinlichkeit von Prognosen erheblich. Und eine höhere Trefferwahrscheinlichkeit ist an dieser Stelle enorm viel wert.

Daten mit Informationen sind wertvoll

Zutreffendere Interpretation der Daten führt zu besseren Prognosen

QR-Codes überall Mit Sicherheit sind sie ein gutes Mittel, um die analoge Welt mit der digitalen Welt zu verbinden. Sie haben den Vorteil, dass man sie sehen und wirklich bewusst wahrnehmen kann, auch wenn sich ihre Bedeutung erst nach einem Scan erschließt, der weitere Informationen aus diesem Scan oder dem Internet freigibt. Sie sind aber nichts anderes als eine Krücke, um Informationen (Texte, URLs …) maschinenlesbar zu machen. Das erhöht die Eingabegeschwindigkeit zwar deutlich; parallel übt man Rätselraten, was sich denn nun dahinter versteckt. Ein Mythos in diesem Zusammenhang ist, dass die Verwendung von QRCodes an sich schon signalisiert, dass der Anbieter im digitalen Zeitalter angekommen und innovativ ist. Wie weit dieser Irrglaube verbreitet ist, zeigen QR-Codes, die am Heck von Lkws, Autobahn-Baustellen oder in E-Mails zu finden sind.

75

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

QR-CodeNutzung nicht quick

Nicht nur, dass sie dort schlecht oder nur unter Gefährdung des eigenen Lebens gescannt werden können, nein, sie führen auch noch in vielen Fällen ins Leere oder auf nicht mobiloptimierte Startseiten einer Unternehmenspräsenz. Ein Ärgernis, das dem ersten zaghaften Versuch der QR-Code-Nutzung aufgrund der nachhaltigen Initialenttäuschung keinen weiteren folgen lässt. Sie sind übrigens auch nicht quick. Die Zeit, die vom Entdecken des Codes über Greifen und Entsperren des Smartphones zum Aufruf des passenden Programms und schlussendlich zur Anzeige des hinterlegten Inhalts verstreicht, ist erstaunlich lang.

Der Me-Too-Mythos Hierbei handelt es sich um den wohl am weitesten verbreiteten und gefährlichsten (Irr-)Glauben. Man müsse es nur genau so machen, wie ein erfolgreicher (oder von mir aus der erfolgreichste) Marktbegleiter und der Erfolg stellt sich quasi automatisch und am besten über Nacht ein. Ein Beleg dafür ist das große Interesse an Best Practices und Erfolgsgeschichten – möglicherweise um sich etwas abzugucken oder aber um eine Bestätigung zu bekommen, dass der Mitbewerber ähnlich weit ist wie man selbst und man deshalb so falsch gar nicht liegen kann. Oder getreu dem Motto: Wenn Wettbewerber XY damit Erfolg hat, wird er sich – wenn ich das genau so mache – bei mir ebenfalls einstellen.

Von Fehlversuchen wird zu wenig berichtet

So nützlich und interessant erfolgreiche Beispiele sind, so sind sie doch nur ein Rückblick und erklären ausschließlich, welcher Weg in der Vergangenheit der beste war. Von den Fehlversuchen – von denen man übrigens sehr gut lernen kann – berichten tatsächlich die wenigsten. Die Retrospektive hat nämlich den Vorteil, dass man den Weg beschreiben kann, den man gegangen ist. Retrospektiven haben aber so gut wie keine Relevanz für die Zukunft und zukunftsorientierte Entscheidungen in der Gegenwart. Mit anderen Worten: Wenn Sie es nun genau so machen, wie Kandidat X es im letzten Jahr gemacht hat, heißt es noch lange nicht, dass Sie damit den selben Erfolg haben werden. Warum ist das so?

Parameter ändern sich permanent

76

1. Weil die Wurzeln des Erfolgs weit in der Vergangenheit liegen – und sich maßgebliche Parameter (Markt, Technologie, Umwelt, Menschen) permanent ändern. Die Prämissen aus dieser Zeit gelten nicht mehr in der Form – und für ein anderes als das berichtende Unternehmen noch weniger.

Bertold Raschkowski: Mythen und Hypes im Digital Commerce

2. Weil für Sie andere Prämissen gelten – insbesondere, was Ihre Ressourcen angeht. Sie haben andere Mitarbeiter, andere Kunden oder eine andere finanzielle Ausstattung.

Es gelten andere Prämissen

3. Wenn man dasselbe macht, heißt es noch lange nicht, dass auch dasselbe dabei heraus kommt. Versuchen Sie einfach einmal die Kugeln auf einem Billardtisch zweimal hintereinander (bei gleicher Startaufstellung) mit einem Stoß in genau dieselben Positionen zu bewegen. Viel zu viele Interdependenzen und (von Ihnen unkontrollierbare) Parameter führen zu einem Ergebnis, dass selten so aussieht wie in dem zugrundeliegenden Muster und so gut wie unvorhersagbar ist. 4. Erfolgsrezepte, die auf vier Felder und zwei Dimensionen reduziert werden – eine bei Beratern sehr beliebte und von Managern sehr gerne genommenen Methodik – bilden niemals die Komplexität der Realität und des Unternehmens ab. Sie sind aber sehr nützlich, um komplexe Sachverhalte zu strukturieren und anschaulich präsentabel zu gestalten – immerhin.

Realität komplex

Nicht wirklich etwas Neues, oder? Die Realität – oder meine Realität, die sich in meiner Berufs- und Beratungspraxis gebildet hat – zeigt allerdings, dass reichlich Unternehmen ihr Geschäft genau auf der Basis von in zwei oder drei „Buzzwords“ komprimierten Erfolgsrezepten ausrichten: Wenn Multichannel DAS Ding ist, oder Big Data oder Mobile, dann müssen wir das jetzt auch machen. Daran ist an sich nichts Verwerfliches – die Richtung ist mit Sicherheit in Ordnung. Allerdings sollte man sich sehr wohl Gedanken darüber machen, was denn das Ziel des eigenen Strebens ist. Dazu gehört auch zu wissen, was denn genau hinter diesen Begriffen steckt und ob und wie man so ein Thema in sein Unternehmen integrieren kann.

Ziele festlegen

Der Mythos der Relevanz von Mobile Commerce und Co. Mobile ist eines der großen Themen – nicht nur deshalb, weil ungefähr die Hälfte der Bevölkerung über ein mobiles Endgerät verfügt, das deutlich mehr kann als Anrufe tätigen. Bei den Lesern dieser Zeilen schätze ich einhundert Prozent Smartphone-Anteil plus einer sehr hohen Tablet-Dichte. Mobile ist auch ein Thema, weil es unendlich viele Möglichkeiten der Anwendung gibt – viele davon mit hohem Erlöspotential. Dadurch und 77

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

durch die enorm schnelle technische Entwicklung in Verbindung mit der zunehmenden Verbreitung der Geräte ist es nicht verwunderlich, wenn an alles, was mit Mobile zu tun hat, große Erwartungen geknüpft werden.

Wann ist etwas Mobile?

Wir sollten bei der Betrachtung des Phänomens Mobile im Digital Commerce-Umfeld zwei Dinge in unser Blickfeld ziehen: Die Frage nach „Wann ist etwas Mobile?“ und noch wichtiger: „Wie relevant ist Mobile eigentlich wirklich?“ Wann ist Commerce (und so vieles andere) denn eigentlich Mobile? Das ist eine sehr gute Frage, die viele Ansätze für Definitionen bietet, die wiederum eine willkommene Grundlage für Statistiken aller Art ist. Denn abhängig davon kann der Analyst und Statistiker zu sehr unterschiedlichen Schlüssen kommen. Ich will an dieser Stelle keine Definition aufstellen – nur einige Fragen zur Verwirrung stellen: • Ist der Kauf über Notebook, der per Mobilfunkverbindung auf dem Rasen eines Freibades getätigt wurde, Mobile Commerce? • Ist der selbe Kauf mit einem Tablet am heimischen Schreibtisch (per WLAN-Verbindung) wirklich Mobile Commerce? • Ist die Bezahlung einer Rechnung aus einem Onlinegeschäft, die ich im Café per Banking-Applikation veranlasse noch Mobile Banking oder schon Mobile Payment? • Was entscheidet über Mobile oder Nicht-Mobile? Ist es das Endgerät, das verwendete Betriebssystem, der Einsatzort oder die Art des Netzzugangs, was über die Einordnung in diese Kategorie entscheidet? Wenn das einmal geklärt ist, stellt sich unmittelbar die Frage nach der Relevanz. Unstrittig ist, dass der Anteil der Smartphone-Besitzer in der Altersgruppe ab 13 Jahren stetig steigt – im Dezember 2012 verfügten 31 Millionen von ihnen laut Comscore über ein Smartphone [3]. Ein respektabler Anteil von ihnen verfügt zusätzlich über ein Tablet, nämlich mehr als zwölf Prozent [4]. Was aber machen all diese Menschen mit ihren Geräten? Sie texten, chatten, spielen und hören Musik. Und das zum größten Teil. Nicht nur sind Spiele die am meisten heruntergeladenen und installierten Applikationen auf iPhone, Tablet und Co. Sie sind auch die am häufigsten verwendeten – nach Facebook.

78

Bertold Raschkowski: Mythen und Hypes im Digital Commerce

Abhängig davon, welche Quelle man als Basis heranzieht, ergibt sich zwar kein wirklich klares Bild, aber eine sehr deutliche Tendenz: Der mobile Mensch kommuniziert und spielt [5]. Und hin und wieder kauft er. Dann sehr gerne digitale Inhalte und am liebsten bei eBay und Amazon.

Mobiler Mensch kommuniziert und spielt

Das verdeutlicht auch gleich die große Herausforderung für den Unternehmer im Digitalen Commerce: Wie bringe ich den „User“ – also meinen Kunden – dazu, meine Seite auf seinem mobilen Endgerät zu besuchen und einzukaufen? Wie schaffe ich es, dass er/sie ausgerechnet meine Applikation herunterlädt, installiert UND nutzt – aus Hunderttausenden andere Applikationen?

Die Empfehlung Nachdem ich den Versuch unternommen habe, hinter die Fassaden einiger ausgewählter Hypes und Mythen zu blicken, und Sie dorthin mitgenommen habe, kann es sein, dass Ihr Ratlosigkeitskoeffizient um einige Zähler gestiegen ist. Was jetzt? Was ist die Botschaft? Nun, die zentrale Botschaft in drei bis fünf Sätzen ist: • Schauen Sie hinter die Kulissen. Schauen Sie sich an, wer die Studien verfasst hat und wer in welcher Form über technische und technologische Entwicklungen in welcher Weise berichtet. Das gibt einen ersten Aufschluss darüber, wie viel Gehalt diese Infos haben. • Prüfen Sie die Trends, Hypes und Mythen dahingehend, ob etwas für Sie dabei ist, das Sie als Inspiration oder Lösung für Ihr Geschäft nutzbringend einsetzen können. Fachlicher Rat ist dabei nicht schädlich – wenn er unabhängig ist. • Warten Sie nicht und hören Sie am besten auf niemanden – Innovation und Erfolg haben meistens Versuch und Irrtum als Vorgänger und Mut als Treibstoff. Warten und Staunen, was die anderen so machen, ist hingegen kein guter Ratgeber.

Mut ist der Treibstoff für Innovation und Erfolg

79

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 1 Von Crossmedia zu Omni-Channel

Literatur [1] http://www.gartner.com/technology/research/methodologies/hype-cycle.jsp [2] http://de.statista.com/themen/247/e-commerce/infografik/1081/anteil-desonline-handels-am-umsatz-des-einzelhandels/ [3] http://www.comscore.com/ger/Insights/Presentations_and_ Whitepapers/2013/2013_Future_in_Focus_Digitales_Deutschland [4] http://www.comscoredatamine.com/2012/11/15-5-percent-of-europeansmartphone-owners-have-a-tablet/eu-smartphone-owners-with-tablets-3/ [5] http://www.tomorrow-focus-media.de/uploads/tx_mjstudien/TFM_ Mobile_Effects_2013-01.pdf, S. 26.

80

LEITFADEN DIGITAL COMMERCE

DIFFERENZIERUNG TUT NOT

2

Zugangscode zum digitalen Eldorado

83

Long Tail in der Praxis

91

Differenzierung durch Produktdaten

101

Big Data anwendbar machen

111

AUTOREN Marcus Diekmann zeigt, wie die vollkommene Markttransparenz Unternehmen zur Differenzierung zwingt. Testurteile und Kundenbewertungen verschaffen die vollkommene Vergleichbarkeit. Gewinner sind spezialisierte Nischenanbieter und Unternehmen, die auf allen Kanälen gleichermaßen Präsenz zeigen. Dirk Ploss beschreibt, wie Unternehmen online eine schier unendliche Produktvielfalt bieten können. Ein stationärer Laden kann als physische Anlaufstelle und Showroom dienen. Online dagegen ist die Long Tail-Ergänzung, wo es auch selten bestellte Produkte gibt. Besonders attraktiv ist das Konzept im Falle digitaler Güter. Ploss betont speziell den großen Einfluss der Variablen Customer Lifetime Value und Customer Acquisition Cost. Martin Groß-Albenhausen erläutert den richtigen Umgang mit Produktdaten als Differenzierungsmerkmal. Wer online gefunden werden will, kommt um Google nicht herum. Die Suchmaschine legt großen Wert auf korrekte Kategorisierung und Beschreibung von Produkten. Aber auch im eigenen Onlineshop hat es Vorteile, wenn Kunden nach möglichst vielen differenzierenden Merkmalen stöbern können. Ebenso wichtig ist der strukturierte Umgang mit Kundenkommentaren. Diese sind ein wichtiges Barometer der Produktzufriedenheit. Auch Fotos und Videos sind geeignet, die Retourenquoten zu senken. Online generiertes Produktwissen wird zum Wettbewerbsfaktor. Timo von Focht schlägt in die gleiche Kerbe, jedoch geht es bei seinem Thema Big Data um beides: Die systematische Verknüpfung von Kundenwissen und Produktwissen. Die Datenmenge explodiert, weil immer mehr digitale Kontaktpunkte entstehen. Immer mehr Menschen nutzen immer häufiger Smartphones, Tablets und PCs, um sich miteinander und mit Unternehmen auszutauschen. Neu daran ist der Trend, diese Informationen in Echtzeit zu verarbeiten und nutzbar zu machen. Dahinter steckt der Wunsch, dem richtigen Kunden im richtigen Moment das richtige Angebot zukommen zu lassen.

2

DIFFERENZIERUNG TUT NOT

Zugangscode zum digitalen Eldorado Marcus Diekmann

Die digitalen Kanäle boomen, PC, Laptop und Smartphone bringen die digitalen Showrooms direkt ins Wohnzimmer oder auf die Parkbank. Das Einkaufen wird unabhängig von Ort und Zeit. Damit einher geht eine massive Veränderung des Kundenverhaltens. Der Kunde im 21. Jahrhundert lässt sich nichts mehr vorschreiben – er will selber entscheiden, wann und wo er kauft.

2 Einkaufen wird unabhängig von Ort und Zeit

Die Handelslandschaft der Zukunft Der stationäre Handel wird künftig im Durchschnitt bis zu zwanzig Prozent weniger Umsatz erzielen. Besonders stark betroffen werden die ländlichen Regionen sein. Hier ist die Nachfrage schon heute rückläufig, weil der Einzelhandel in diesen Regionen Kunden nicht nur an den Onlinehandel verliert, sondern auch an größere Einkaufszentren. Hinzu kommt, dass der Onlinehandel für eine völlig neue Transparenz sorgt – der regionale Händler, der online geht, sieht sich plötzlich einem Wettbewerb ausgesetzt, der nur einen Klick entfernt ist. Dieser Entwicklung muss sich der Offlinehandel offensiv stellen. Er braucht neue, tragfähige Konzepte, um in der digitalen Flut nicht unterzugehen. Die andere Seite der Medaille ist zunächst die gute Nachricht für alle Onlinehändler: Nach Schätzungen von Marktbeobachtern wuchs der E-Commerce in Deutschland im Jahr 2012 um 27 Prozent, für 2013 rechnen die Experten mit weiteren 21 Prozent Wachstum. Kein Wunder, dass die Aufbruchsstimmung im Onlinehandel anhält.

Der vollkommene Markt Wir nähern uns damit dem theoretischen Modell des vollkommenen Marktes. Künftig werden weder zeitliche noch räumliche Präferenzen den

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Marcus-Diekmann

Nachfrage in ländlichen Regionen schon heute rückläufig

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Durch Verfeinern der Suchfunktionen vollkommene Markttransparenz

Kauf beeinflussen. Vielmehr wird es für den Kunden bald alltäglich sein, das Produkt seiner Wahl zum Beispiel innerhalb von wenigen Stunden aus der jeweils nächsten Filiale seines Anbieters nach Hause liefern zu lassen. Damit ist der Verbraucher nicht mehr beschränkt auf ein regionales Sortiment – er kann theoretisch weltweit einkaufen. Parallel dazu werden die Suchfunktionen immer mehr verfeinert, sie werden individueller und effizienter. Dies schafft eine nahezu vollkommene Markttransparenz. Der Markt beschleunigt sich. Eine fast zeitgleiche Reaktion aller Marktteilnehmer quasi per Klick wird zum Normalfall. Bei Amazon ist das schon jetzt tägliche Realität: Verändern sich dort zum Beispiel die Preise für ein Produkt, passen die Anbieter ihre Preise oft binnen Minuten an. Auch auf Gesetzesänderungen oder sonstige Marktvariablen, über die bislang jede Filiale gesondert informiert und zur Reaktion angehalten werden musste, kann sehr schnell reagiert werden. Testurteile und Kundenbewertungen verstärken den Trend zu einer zunehmenden Homogenität der Güter. Sie verschaffen dem Kunden eine sehr gute Vergleichbarkeit in Bezug auf Qualität, Erfahrungswerte und Ähnlichkeit der Produkte.

Einzelhandel muss sich mit Preistransparenz auseinandersetzen

Dies bedeutet: Der Einzelhandel in den Innenstädten wird sich nicht nur mit der reinen Kanalverschiebung, sondern auch mit der Preistransparenz auseinandersetzen und seine stationäre Preispolitik anpassen müssen. Service allein wird als Argument nicht ausreichen. Dies nicht zuletzt, weil auch die Onlineanbieter ihre Beratungs- und Serviceleistungen immer weiter verbessern und denen im Fachhandel annähern.

Vertikalisierung nimmt auch online an Fahrt auf

Innenstädte werden immer ähnlicher

Der stationäre Handel ist seit Jahren geprägt von einer Vertikalisierung der Marken. Die Innenstädte werden immer ähnlicher, Markenfilialen und Filialisten dominieren. Diesen Trend werden wir auch online erleben. Allerdings wird dort die Vertikalisierung der Marken noch schneller voranschreiten. Denn in der digitalen Welt ist dafür kein Aufbau eines großen Filialnetzes notwendig, der gesamte Markt lässt sich im Prinzip aus einer Prozesskette heraus bedienen. Das Direktgeschäft ist wesentlich einfacher umzusetzen, der Zwischenhandel verliert an Bedeutung. Für Markenanbieter ist ein solcher Weg besonders attraktiv. Online können sie ihre Marke direkt und persönlich mit dem Kunden in Kontakt bringen. Sie können zielgesteuert mit ihm kommunizieren und

84

Marcus Diekmann: Zugangscode zum digitalen Eldorado

Erfahrungen im Umgang mit Endkunden sammeln. Es ist zu erwarten, dass Markenanbieter künftig den Onlinekanal dazu nutzen, um ihre Restanten selber zu vermarkten und eigene Online-Outletstores zu etablieren.

Pure Player und Nischenanbieter Zugleich werden die heute schon etablierten und gegebenenfalls neue Pure Player, also Anbieter, die nur online präsent sind, und Onlinemarktplätze weiterhin erfolgreich sein. Sie werden ganz sicher ihre bisherige Angebots- und Service-Palette mit neuen, innovativen Konzepten anreichern [1]. Ein Erfolgsmodell auch für neue Mitspieler wird das eines Nischenanbieters sein: Spezialshops, die ein Special Interest-Thema besetzen – ein Angelshop etwa oder ein Shop für Snowboarder oder Gleitschirmflieger. Wenn sie ihren Job gut machen, profitieren sie von hoher Glaubwürdigkeit in ihrer Nische und werden diese erfolgreich besetzen. Multichannel-Anbieter, die das Beste aus zwei Welten – online und offline – konsequent und ideenreich zusammenführen, kommen dem Bedürfnis des Kunden im 21. Jahrhundert sehr entgegen. Denn der will zwar selbst entscheiden, wann und wo er sich informiert und kauft, honoriert aber andererseits die Kontinuität, die eine Marke bieten kann. Ein Markenversprechen, eine Markeninszenierung, ein Anbieter, der in allen Kanälen präsent ist – das signalisiert Freiheit und Verlässlichkeit zugleich. Anbieter, die auf dieser Klaviatur souverän spielen, werden sich als erfolgreiche weitere Säule im E-Commerce etablieren.

Kunde honoriert Markenkontinuität

Der Knackpunkt: Rentabilität Vor allem sehr innovative Konzepte müssen sich der Frage stellen, wie es um die betriebswirtschaftliche Nachhaltigkeit ihres Modells steht. Heute ist dies oft deren größter Schwachpunkt. In der Textilbranche beispielsweise frisst die hohe Retourenquote die Rendite auf. Im Bereich der Elektronik können die meisten Onlinehändler aufgrund der guten Vergleichbarkeit und einem eklatanten Überangebot ihre Produkte nur noch über den Preis verkaufen. Das frisst die Marge.

Hohe Retourenquote frisst Rendite auf

85

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Branchenübergreifend werden die Kostenstrukturen im Allgemeinen nicht der Realität angepasst, die Kosten sind viel zu hoch. Viele Onlinehändler sind mit zu hohen Umsatzerwartungen gestartet und haben deshalb viel zu komplexe und kostentreibende Prozesse aufgebaut. Oder sie haben die Prozesse nicht gut genug geplant und aufgesetzt.

Killerargumente sind gefragt Online- und zunehmend auch Offlinehändler müssen künftig mindestens eins der vier Killerargumente – Produkt/Kategorie, Preis, Service, Feature – überzeugend besetzen. Sonst laufen sie Gefahr, angesichts der wachsenden Transparenz des Marktes vom Kunden ignoriert zu werden [2]. Die meisten Onlineshops von Einzelhändlern, die mit keinem der vier Killerargumente glänzen und nicht bereit sind, in die Entwicklung ihres Shops massiv zu investieren, werden nicht überleben. Einige eher regional orientierte Anbieter werden ihren Onlineshop nur noch als Service- und Marketingkanal betrachten und betreiben. Andere werden ihr Heil in Verbundlösungen suchen. Solche Lösungen machen den Einkauf und die Prozesskosten günstiger und minimieren Warenrisiken. Außerdem lässt sich hier der Media-Aufwand für das Generieren von Traffic und der Betrieb des Shops unter den Mitgliedern des Verbunds aufteilen.

Innovative Konzepte, Preisformate oder Nischenangebote gefragt

Für den stationären Einzelhändler ergeben sich hieraus dramatische Konsequenzen. Weitermachen wie bisher wird nicht mehr funktionieren. Seine Chance besteht zum einen darin, in seinem stationären Shop konsequent auf innovative Konzepte, Preisformate oder Nischenangebote zu setzen. Zum anderen kann er selbst stationärer Versandhändler werden. Dann aber muss er dieses Geschäft investiv und rentabel betreiben. Oder er nutzt seinen einzigen künftigen Mehrwert gegenüber Pure PlayAnbietern, erweitert sein stationäres Geschäft um einen Onlinekanal, den er aber als reinen Service- und Marketingkanal betrachtet.

Digitaler Vollsortimenter Eine andere Chance bietet sich dem stationären Einzelhandel, wenn er das Internet in seine Filiale holt. So kann er zum Beispiel dem Kunden per Touchpoint das gesamte Sortiment zu einem guten Preis- und Leistungsverhältnis bieten, ohne es auf Lager zu halten.

86

Marcus Diekmann: Zugangscode zum digitalen Eldorado

Dies setzt aber voraus, dass der Händler zum Multichannel-Händler wird und den Kunden auch am Touchpoint berät. Auf diese Weise kann das örtliche Fernsehgeschäft seinem Kunden plötzlich nicht nur ein überschaubares Sortiment an Modellen präsentieren. Er bekommt vielmehr Zugriff auf alles, was der Markt an relevanten Produkten hergibt. Zusätzlich kann der Händler ihn vor Ort beraten, und selbstverständlich übernimmt er die Bestellabwicklung und gegebenenfalls die Installation des Geräts. Mit einem solchen Konzept kann ein stationäres Fachgeschäft seine Lagerflächen reduzieren und dennoch auf kleiner Fläche ein großes Angebot bieten. Und sich auf seine Kernkompetenzen – Beratung und Service – konzentrieren und so wettbewerbsfähig werden beziehungsweise bleiben.

No-Line: Alle Wege führen nach Rom No-Line ist eine Konsequenz aus dem immer perfekter funktionierenden, vollkommener werdenden Markt. No-Line bedeutet: Wir differenzieren nicht mehr zwischen offline, online und mobil. Wir betrachten diese Medien schlicht als Bestellsysteme. Dabei unterstellen wir, dass alle ganzheitlich zur Befriedigung des Kundenbedarfs und damit zum Geschäftserfolg beitragen. Grundsätzlich lässt sich nicht nachvollziehen, welche „Reise“ der Kunde unternommen hat, ehe er im stationären Geschäft, in der Onlinefiliale oder auf einem Marktplatz seinen Kaufabschluss tätigt. Der Kunde wird zum No-Line-Kunden, der sich auf einem beliebigen Kanal informiert und im Kanal seiner Wahl kauft. Wir können seine persönliche Customer Journey kaum noch beeinflussen und die wachsende Anzahl von Kanälen beherrschen. Die Folge ist grundsätzlicher Art: Eine Marke, ein Anbieter muss seine Produkte zu jeder Zeit über jeden Kanal verfügbar halten. Und er muss seine Marke, seine Preispolitik und seine Produkte auf allen Kanälen gleichermaßen erfolgreich und glaubwürdig spielen.

Produkte müssen auf allen Kanälen verfügbar sein

Der digitale Kunde – Eldorado für Marketiers Wer hätte es nicht vermutet: Die Digitalisierung bringt nicht nur Schwierigkeiten und Umstellungsprobleme mit sich, sondern auch viele Vorteile. Dazu gehört, dass wir erstmalig die Chance für echtes Customer

87

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

One-to-OneMarketing wird digital möglich

Relationship Management haben. Wir können das Verhalten unserer Käufer ebenso messen wie das der potenziellen Kunden. Der Traum eines jeden Marketiers wird wahr: One-to-One-Marketing – zielgenaue Angebote zur richtigen Zeit und zum richtigen Ort. Kundenbindung, Kundenrückgewinnung – alles ist digital möglich. Auch dies wird neue Anforderungen an das stationäre Geschäft mit sich bringen. Dort muss die Digitalisierung weiter ausgebaut werden, denn das erwartet der Kunde von seiner Marke oder seinem Anbieter: ein Kunde = ein Bestand – egal ob online, offline oder mobil. Dies kann so weit gehen, dass der Kunde bald auch in der stationären Filiale auf Rechnung zahlen kann, schließlich setzt sich das als Online-Zahlungsart immer mehr durch. Was dies dann für die Liquidität des stationären Händlers bedeutet, ist Technik und Betriebswirtschaft.

Preispolitik – Preistransparenz Preispolitik ist ein wichtiges Element für die Positionierung einer Marke. Die neue Markttransparenz, das steigende Angebot an Produkten meiner Marke und die online stärker ausgeprägte Preis-Aggressivität gehen allerdings zu Lasten der Souveränität. Sie machen es einer Marke immer schwerer, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten Einfluss auf die Preisgestaltung zu nehmen. Im Zweifel werden Produkte einer Marke online nicht nur schlecht präsentiert, sondern auch markenschädlich „verramscht“. Während es im stationären Handel immer noch klassische Sales-Phasen gibt, wird es im Internet künftig nur noch Dauersale-Phasen geben. Der Trend zeichnet sich heute schon ab: Fast jede Onlinefiliale richtet eine Sales-Ecke ein, gewährt zum Beispiel Neukunden-Rabatte oder fährt Dauermerchandising-Aktionen.

Fazit: Wir erleben derzeit den Beginn einer massiven Veränderung des ECommerce und des Handels überhaupt. Die digitalen Möglichkeiten vergrößern die Freiheit des Kunden und die Möglichkeiten der Anbieter – und sie verschärfen den Wettbewerb dank steigender Transparenz. Zu den Gewinnern dieser Veränderung wird gehören, wer das Bedürfnis des Kunden nach Individualität, Flexibilität und Effizienz am besten

88

Marcus Diekmann: Zugangscode zum digitalen Eldorado

befriedigt, wer Kosten und Rendite im Griff hat und mit schlanken Prozessen ein über alle Kanäle hinweg einheitliches Markenerlebnis schafft.

Literatur [1] Diekmann, Marcus: „eCommerce lohnt sich nicht“ – Diekmann, M.; Grab, H.; Bomm, S. (Hrsg.) – 2012, S. 20. [2] Heinemann, Gerrit: „eCommerce lohnt sich nicht“ – Diekmann, M.; Grab, H.; Bomm, S. (Hrsg.) – 2012, S. 56.

89

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

90

Long Tail in der Praxis Dirk Ploss

2

Als „Long Tail“ wird im E-Commerce der Effekt bezeichnet, dass mit sehr vielen Produkten, die extrem selten gekauft werden, der gleiche oder mehr Umsatz gemacht wird als mit den Bestsellern.

Abb. 1: Die Kurve zeigt deutlich, dass viele Produkte selten gekauft werden. Der Begriff basiert auf den Arbeiten des US-Journalisten und Autors Malcolm Gladwell. Populär wurde dieser Begriff durch das Buch „The Long Tail“, das vom WIRED-Chefredakteur Chris Anderson veröffentlich wurde [1]. Anderson zeigte anhand des US-Musikdienstes „Rhapsody“ auf, welche strukturellen Vorteile E-Commerce-Anbieter insbesondere bei digitalen Gütern gegenüber stationären Einzelhändlern haben. Sind im Stationärgeschäft die Fixkosten für Raummiete, Lagerhaltung und Regalbewirtschaftung so hoch, dass sich nur schnell drehende Bestseller rechnen, können im E-Commerce auch mit selten nachgefragten Nischenprodukten hohe Umsätze erzielt werden.

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Dirk-Ploss

Auch selten nachgefragte Nischenprodukte können hohe Umsätze erzielen

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Demokratisierung der Produktionsmittel führt zu mehr Angebot

Im Wesentlichen wird der Long Tail-Effekt durch drei Entwicklungen maßgeblich hervorgerufen: Erstens hat die Demokratisierung der Produktionsmittel dazu geführt, dass schlicht und ergreifend immer mehr Angebot existiert. War es früher für Anbieter einfach unrentabel, kleinere Nischenmärkte zu bedienen, entstehen diese Anbieter heute häufig in diesen Nischen selbst. Schaut man sich allein die Entwicklung der Buchveröffentlichungen an, gemessen an neu vergebenen ISBN, zeigt sich, dass rund zwei Drittel der erschienenen Bücher im letzten Jahr (2012) veröffentlicht wurden.

Abb. 2: Die Entwicklung der Buchveröffentlichungen. Nischenanbieter können großes Publikum ansprechen

„Masse folgt Masse“

92

Zweitens haben wir es mit einer Demokratisierung des Vertriebs zu tun. Theoretisch (und praktisch) kann heute jeder einen eigenen Onlineshop eröffnen. Und gerade Plattformen und Aggregatoren wie Amazon, eBay und Etsy haben dazu beigetragen, dass auch Nischenanbieter ein theoretisch sehr großes Publikum ansprechen können. Drittens hat eine sehr starke Verbindung, ja, teilweise sogar Umkehr von Nachfrage und Angebot stattgefunden. Galt früher noch das Prinzip „Masse folgt Masse“ (ist ein Produkt erst einmal ein Bestseller, wird es auch von mehr Menschen gekauft), so können dank Google & Co.

Dirk Ploss: Long Tail in der Praxis

heutzutage auch Nicht-Mainstream-Kunden schnell zu den von ihnen gesuchten Angeboten gelangen. Vergleicht man verschiedene Einzelhandelsformen miteinander, stellt man schnell fest, dass nur echte E-Commerce-Player das volle Potenzial des Long Tail ausschöpfen können. Nehmen wir als Beispiel ein SBWarenhaus, welches natürlich auch eine Musikabteilung beinhaltet. Da die Rentabilität einer Filiale aufgrund der hohen Fixkosten vor allem von den Quadratmeterumsätzen abhängt, können hier eigentlich nur absolute Bestseller angeboten werden. Etwas mehr Auswahl findet sich dann schon in einem spezialisierten Musikfachgeschäft. Allerdings kann auch hier der Long Tail-Effekt nur ungenügend genutzt werden, da immer noch eine starke Begrenzung der physikalisch vorhandenen Fläche dazu zwingt, das Angebot einzuschränken. Ein Großflächen-Spezialist – wie etwa die Virgin Megastores – kommt zwar noch einen ganzen Schritt weiter, kann aber ebenfalls aufgrund der physikalischen Limitierungen nicht alles anbieten. Das ermöglicht erst der Handel mit digitalen Gütern, wie ihn Apple iTunes oder Amazon anbieten. Der Speicherplatz für eine digitale Musikdatei kostet so gut wie nichts mehr – der Durchschnittspreis für ein Gigagbyte Festplattenkapazität (ausreichend für etwa 2.500 bis 3.000 Musikdateien) lag etwa 2012 bei gerade noch 0,05 US-Dollar, das sind 0,00017 US-Dollar pro Song.

Nur echte ECommerce-Player können Long Tail voll ausschöpfen

Der Long Tail kann also insbesondere dort seine volle Kraft entfalten, wo • digitale Güter über • digitale Plattformen verkauft werden.

Chancen und Risiken des Long Tail Der sicherlich größte – betriebswirtschaftliche – Vorteil eines rein digitalen Produktes ist die annähernd vollständige Variabilisierung der Kosten. Während für physische Güter Rohstoffe gekauft werden müssen, ist dies bei digitalen Produkten nicht der Fall. Ein haptisch greifbares Produkt muss in einem Produktionsprozess physisch hergestellt werden – ein digitales Produkt dagegen nur gespeichert. Und schlussendlich müssen „anfassbare“ Produkte gelagert und transportiert werden, Kosten, die bei digitalen Produkten wenn überhaupt nur marginal auftreten.

Digitale Güter benötigen keine Rohstoffe

93

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Vorteil: Rohertrag Damit ergibt sich eine ganz andere Rohertragskalkulation bei digitalen Produkten. Während schlecht oder selten zu verkaufende physische Produkte wertvollen Lagerplatz verschwenden und womöglich irgendwann verramscht oder vernichtet werden müssen, können digitale Produkte auf ihrem Speicher beinah ewig vor sich hinschlummern und jederzeit – ohne Verbrauch! – abgerufen beziehungsweise verkauft werden.

Jeff Bezos „Urahn“ von Long Tail

In den „Brick And Mortar“-Zeiten beschränktes Angebot vor Ort

Vorteil: Kundenbindung Jeff Bezos, Gründer und CEO von Amazon, verfolgt eine mächtige Vision: Er möchte Amazon zu einem Geschäft aufbauen, in dem man sprichwörtlich alles kaufen kann. Mit dieser Vision kann man Bezos wohl getrost als den „Urahn“ des Long Tail-Geschäftsmodells bezeichnen. Der Amazon-Chef hat dabei sehr frühzeitig erkannt, dass die Verwirklichung dieser Vision weniger von dem Bewerben und der Vermarktung der einzelnen Produkte abhängt, sondern vielmehr vom Aufbau einer überragenden Kundenbindung. Denn, so das Kalkül, hat sich der Kunde erst einmal an einen Anbieter gewöhnt, bei dem er so gut wie alle seiner Bedarfe und Bedürfnisse befriedigen kann, wird er nur noch bedingt seine wertvolle Zeit mit Vergleichen verschwenden. Zur Erreichung dieses Ziels hat sich Amazon sehr erfolgreich das Image eines Preisführers und Service-Meisters erarbeitet. Grundsätzlich gehen wir im E-Commerce heute davon aus, dass sich der herkömmliche Einkaufsprozess des Kunden verändert hat. Signifikant verändert hat: In den reinen „Brick And Mortar“-Zeiten, also als es noch keinen E-Commerce gab, befanden sich nur eine bestimmte Anzahl von Geschäften in erreichbarer Nähe des Kunden. Von daher sah der Einkaufsprozess auch vor, sich zunächst für einen Anbieter zu entscheiden – beispielsweise ein Elektrofachgeschäft – und dann vor Ort für ein Produkt. Heutzutage ist genau dieser Teilprozess häufig umgekehrt: Der Kunde weiß schon sehr genau, welches Produkt er haben möchte – und entscheidet sich dann nach diversen Online-Suchen und Vergleichen für einen ihm genehmen Anbieter. Amazon setzt diesem Trend das Prinzip des Enablers entgegen. Die extreme Niedrigpreispolitik beim E-Reader Kindle zum Beispiel soll schlicht und ergreifend für eine möglichst breite Basis an Kundenzugängen zum Amazon-Universum sorgen. Der eigentliche Ertrag wird anschließend über den Inhalt generiert – und das sind eben digitale Produkte, im Falle des Kindle, Apps und E-Books.

94

Dirk Ploss: Long Tail in der Praxis

Chance: Skalierbarkeit Ein weiterer sehr großer Vorteil des Long Tail-Modells ist die schier unendliche Skalierbarkeit. Wenn der Verkauf eines Shampoos verdoppelt werden soll, muss auch die Produktionskapazität verdoppelt werden. Gleiches gilt für die Aufwendungen bei Einkauf und Logistik. Bei digitalen Geschäftsmodellen existieren diese Barrieren nicht – oder sind zumindest, dank stetig steigender Bandbreiten, vernachlässigbar. Ob eine Musikdatei einmal oder einhundertmal von einem Server abgerufen wird, macht betriebswirtschaftlich keinen wirklich signifikanten Unterschied. Chance: Cross-Selling Der dritte maßgebliche Vorteil des Long Tail-Business schließlich liegt in der massiv vereinfachten Möglichkeit, ein und demselben Kunden mehrere Produkte zu verkaufen. Vielleicht erinnern Sie sich an das berühmte „Windeln und Bier“-Beispiel. Die dahinter liegende Geschichte geht ungefähr so: Bei der Analyse von Warenkörben einer großen Supermarktkette stießen die Verantwortlichen auf ein seltsames Phänomen: Offenbar wurde, wenn sich im Warenkorb eine Packung Windeln befand, auch überdurchschnittlich häufig ein Sixpack Bier dazu verkauft. Nach einer Weile stieß man auch auf die Ursache dieses Phänomens: Bei den betrachteten Warenkörben mit der Windeln/Bier-Kombination handelte es sich fast ausschließlich um Einkäufe, die von Männern getätigt wurden. Und zwar von Männern, die von ihren Partnerinnen auf der Arbeit angerufen und gebeten wurden, auf dem Heimweg doch bitte noch ein Paket Windeln mitzubringen. Gesagt, getan – und wenn man schon einmal da ist, kann Mann sich ja auch noch ein Feierabendbierchen mitnehmen. Auf jeden Fall führte diese Erkenntnis dazu, dass es in der Folgezeit vermehrt zu Zweitplatzierungen von Bier in der Nähe der Windel-Abteilung kam – und die Umsätze im Segment Bier stiegen signifikant. Wo das digitale Geschäft hier seinen Vorteil hat? Nun, ganz einfach – Zweitplatzierungen sind im Gegensatz zum Supermarkt nicht durch zur Verfügung stehende Flächen begrenzt. Im Gegenteil, da alle Produkte digital sind, fällt die Auswertung und Verknüpfung von passenden Produkten sowie das automatische Erschaffen von Produkt-Bundles („virtuellen Zweitplatzierungen“) erheblich einfacher. Und das wiederum macht sich auch bei den durchschnittlichen Warenkorbgrößen durchaus bemerkbar.

Beispiel „Windeln und Bier“

„Virtuelle Zweitplatzierungen“ erhöhen den Warenkorb

95

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Risiko: Wirtschaftlichkeit An dieser Stelle muss etwas differenzierter in die unterschiedlichen Long Tail-Modelle hineingeschaut werden. Insbesondere entscheidend ist die Frage, ob wir es mit einem reinen Handels- beziehungsweise Vermittlungsmodell zu tun haben – oder ob der Anbieter seine Produkte selbst produziert. Für den reinen E-Commerce-Händler von digitalen Produkten existiert dieses Problem schlichtweg nicht, anders sieht es jedoch bei Produzentenverkäufern aus. Denn diese müssen zumindest in die Erschaffung und Erstellung der digitalen Produkte Ressourcen investieren – sei es nun der zeitliche Einsatz beim Schreiben eines EBooks, die Kosten für Technik, Instrumente, Rechte und Personal bei einer Musikproduktion oder der Ressourcenaufwand für die Programmierung von Software. In all diesen Fällen kann es passieren, dass zwar auch der am schlechtesten verkaufte Inhalt noch einen gewissen Deckungsbeitrag generiert, aber er wird als Einzelprodukt betrachtet nie wirklich seine Erstellungskosten wieder hereinspielen und damit profitabel sein. Nachteil: Marketingeffizienz Das zweite große Problem lässt sich mit einer ganz simplen Fragestellung illustrieren: Wie erfährt der potenzielle Kunde überhaupt davon, dass es das von ihm gewünschte Nischenprodukt bei genau diesem Anbieter zu kaufen gibt? Genau: Über Suchmaschinen, Produktverzeichnisse, Preissuchmaschinen. Doch leider, leider kosten alle diese Marketingkanäle Geld, meistens auf einer CPC (Cost per Click )-Basis. Und selbst wenn dann dieser Klick auf das Listing in der Preissuchmaschine nur 0,10 Euro gekostet hat – die tatsächlichen Marketingkosten pro verkauftem Artikel sind deutlich höher. Nehmen wir zum Beispiel eine sehr gute Conversion Rate von zwei Prozent an, so bedeutet dies, dass nur jeder fünfzigste Klick tatsächlich zu einem Kauf führt – mithin hat dieser Verkauf den Anbieter mindestens fünf Euro gekostet. Etwas abgemindert wird dieses Problem durch den Umstand, dass es den Long Tail-Effekt auch bei der Suchmaschinenwerbung gibt: Einige wenige Keywords (Suchbegriffe) haben ein sehr hohes Suchvolumen, sind daher auch bei den Werbungtreibenden sehr gefragt, es gibt einen hohen Wettbewerb um die vorderen Listenplätze – und damit auch hohe Klickpreise. Dem gegenüber stehen allerdings Millionen von Suchbegriffen, nach denen nur selten gesucht wird, wo es nur einen geringen Bieterwettbewerb und damit auch relativ niedrige CPCs gibt.

96

Dirk Ploss: Long Tail in der Praxis

Doch auch in anderen Umfeldern kann es mit der Marketingeffizienz hapern: Bei den klassischen (Massen-)Medien. Das Problem ergibt sich hier aus einer stark produktfokussierten Herangehensweise. Wer versucht, ein Long Tail-Produkt über Massenmedien zu vermarkten, muss scheitern – die Streuverluste sind einfach zu hoch. Die Wahrscheinlichkeit, genau den Kunden zu erreichen, der just im Moment nach genau diesem Nischenprodukt gesucht hat, ist doch eher gering. Und – in Zeiten von Google & Co. auch schlichtweg nicht mehr notwendig.

Das Management im Long Tail Im Folgenden möchte ich einen Einblick in die täglichen Herausforderungen bei der Vermarktung von solchen Long Tail-Inhalten geben – am Beispiel des Leipziger Startups Lecturio. Lecturio ist eine Plattform für erfolgreiches Lernen. Das Produkt ist ein rein digitales – Repetitorien und Weiterbildungskurse zum Beispiel aus den Bereichen Wirtschaft, Software, Jura und Medizin – und besteht im Wesentlichen aus Online-Videos, herunterladbaren Vorlesungsmaterialien und kleinen Interaktiveinheiten („Lernkontrollfragen“) zur Überprüfung des Lernfortschritts. Lecturio betreibt ein reinrassiges Long Tail-Geschäftsmodell – neben einigen wenigen Bestsellern, wie den Online-Repetitorien zur Vorbereitung auf das erste oder zweite juristische Staatsexamen, bietet die Plattform auch Kurse zu Business-Etikette, Anatomie oder Tischfußball. Diese werden zwar, einzeln betrachtet, relativ selten gekauft, da es jedoch so viele von ihnen gibt (Mitte 2013 bietet Lecturio rund viertausend Kurse an), ist es die Vielzahl der angebotenen Kurse, die für das eigentliche Wachstum sorgt.

Beispiel Lecturio

Von der Produkt- zur Kundendenke Nein, keine Sorge – es folgt jetzt keine weitschweifige Erläuterung, warum Service, CRM und Kundenzentriertheit so wichtig sind. Es geht vielmehr um betriebswirtschaftliche Betrachtungsweisen. Würden beispielsweise Kosten-Umsatz-Relationen (KUR) oder auch Rentabilitätsbetrachtungen auf Produktebene angestellt, so dürften mindestens achtzig Prozent aller angebotenen Produkte nicht mehr aktiv beworben werden. Von daher ist es in einem Long Tail-Geschäftsmodell auch notwendig, die Steuerung anhand anderer KPI (Key Performance Indicators) vorzunehmen. Die beiden wichtigsten heißen CAC und CLV.

97

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

CLV – Customer Lifetime Value Das Long Tail-Prinzip beruht darauf, dass man nicht einem einzelnen Kunden nur ein einzelnes Produkt verkauft. Vielmehr besteht das Ziel darin, einen Kunden möglichst lange an das Unternehmen zu binden und ihm im Laufe der Geschäftsbeziehung möglichst viele Produkte zu verkaufen. Vereinfacht dargestellt ist der CLV – oder Kundenkapitalwert – der Gesamtumsatz je Kunde über die Gesamtdauer einer Kundenbeziehung. Bleibt ein Kunde im Schnitt 3 Jahre einem Unternehmen treu und kauft im ersten Jahr für 100, im zweiten für 120 und im dritten Jahr für 150 Euro, so beläuft sich der CLV auf insgesamt 370 Euro. Diese Zahl ist es dann auch, die maßgeblich die Wirtschaftlichkeitsrechnung des Unternehmens bestimmt. Das Ziel lautet dann nämlich, eine Gleichung nach der Formel CLV – COGS – FC – CAC > 0: Customer Lifetime Value (Gesamtumsatz mit einem Kunden) abzüglich Cost Of Goods Sold (Variable, produktabhängige Kosten) abzüglich Fixed Costs (aufgeschlüsselt nach der Formel Fixkosten durch Anzahl aktiver Kunden) abzüglich Customer Acqusition Cost (Kundengewinnungskosten) ist größer Null.

Umsatzbeteiligungen für Dozenten

Wie wir bereits festgestellt haben, sind die COGS in reinrassigen Long Tail-Modellen zu vernachlässigen (Speicherplatz plus Datenübertragungskosten), doch sind oftmals so genannte Revenue Shares, also Umsatzbeteiligungen, zu zahlen. Bei Lecturio beispielsweise partizipiert jeder Dozent anteilig an den mit seinen Kursen gemachten Umsätzen. Dieser Anteil lässt sich normalerweise prozentual ausdrücken. Provisionen, die für externe Plattformen wie den Amazon Marketplace oder den iTunes Store anfallen, zählen ebenfalls zu den COGS. Die Fixkosten sind – nun ja, die Fixkosten. Also Gehälter, Mieten, Abschreibungen und mehr. CAC – Customer Acquisition Cost Die zweite, extrem wichtige Kennzahl im Long Tail heißt CAC und bezeichnet die Kosten, die entstehen, um einen neuen Kunden zu gewinnen. Die einfachste Variante wäre sicherlich, einfach alle MarketingSpendings und Vertriebskosten einer Periode zusammenzurechnen und durch die Anzahl der neu gewonnenen Kunden in eben dieser Periode zu verteilen. Ein etwas realistischeres und daher zur Steuerung besser geeignetes Bild lässt sich zeichnen, wenn man jedoch etwas tiefer in die CAC hineinschaut und diese beispielsweise auf verschiedene

98

Dirk Ploss: Long Tail in der Praxis

Produktkategorien und/oder Marketingkanäle herunterbricht – bei Lecturio beispielsweise werden die CAC der wichtigsten Kategorien ( Jura, Medizin, Wirtschaft, Software) berechnet. Ob man allerdings nur die reinen Marketing-Spendings und Vertriebsausgaben oder auch die damit in Zusammenhang stehenden Overheads wie Personal- und Raumkosten in die CAC-Berechnung einfließen lassen, bleibt einem selbst überlassen. In letzterem Falle müssen diese allerdings aus den Fixkosten wieder herausgerechnet werden. Welche Variante man wählt, kann am besten anhand der Frage entschieden werden, ob eher über Werbung (im Sinne von Fremdkosten) oder über Direktvertrieb (zum Beispiel Telefon, Außendienst) Umsätze erzielt werden – im letztgenannten Fall sind die Aufwendungen nämlich durchaus skalierungsrelevant und gehören daher unbedingt in die CACBerechnung hinein. Von der Produkt- zur Markendenke Lecturio hat sich bewusst für eine Meta-Positionierung – Plattform für erfolgreiches Lernen – entschieden, um nicht zu stark in der eigenen Ausrichtung gefangen zu sein. Eine Meta-Positionierung erlaubt es, den Fokus der Marketingaktivitäten auf die Bekanntheit und das Profil der Marke zu legen, während eine spitzere (produktorientierte) Positionierung den Fokus zwangsweise auf die einzelnen Sortimente, Kategorien oder gar Produkte lenken würde. Strategisch empfiehlt es sich im Long Tail-Marketing unbedingt, sich mit höchster Priorität um die Themen Markenbekanntheit und Positionierung zu kümmern. Da das Sortiment ohnehin beliebig skalierbar ist (und auch skaliert werden soll), wäre alles andere an dieser Stelle fatal. Denken Sie an eBay: Mein ein für alles. Oder Amazon: Alles in einem Shop.

Markenbekanntheit und Positionierung strategisch wichtig

Von der Verkaufs- zur Beziehungsdenke Wie bereits erwähnt, steht im Long Tail auch betriebswirtschaftlich der Kunde im Mittelpunkt – und nicht das einzelne Produkt. Von daher empfiehlt es sich, sowohl Marketingstrategie als auch -Instrumentarium an dieser Fokussierung auszurichten. Galt früher noch das Prinzip: „Erst mal ein Produkt verkaufen, dann eine langfristige Beziehung zum Kunden aufbauen“ so hat sich – insbesondere im Long Tail – dieser Prozess heutzutage umgekehrt. Das Primärziel lautet, eine Beziehung zum Kunden aufzubauen – über CRM, Social Media-Marketing, 1:1Kommunikation, Content Marketing. Es gilt, dem potenziellen Kunden immer wieder und dauerhaft zu zeigen: „Wir liefern dir Dinge, Inhalte

99

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

oder Informationen, die für dich wertvoll und nützlich sind. Dein Vorteil liegt uns am Herzen – selbst wenn du kein zahlender Kunde bei uns bist.“ Ist die Beziehung erst einmal aufgebaut und vertieft, wird der potenzielle Kunde früher oder später auch zum zahlenden Kunden. Und dann für eine sehr, sehr lange Zeit.

Literatur [1] Anderson, Chr.: The Long Tail: Nischenprodukte statt Massenmarkt. Das Geschäft der Zukunft. – Deutscher Taschenbuch-Verlag, 2009.

100

Differenzierung durch Produktdaten Martin Groß-Albenhausen

Eine umfassende Erhebung des Bundesverbandes des Deutschen Versandhandels hat im April 2013 die dominierende Position der Onlinemarktplätze im Allgemeinen und des US-Onlinehändlers Amazon im Besonderen belegt: Mit einem Umsatzvolumen von 6,1 Milliarden Euro haben die Onlinemarktplätze etwa sechzig Prozent des gesamten Distanzhandelsvolumens auf sich vereinigt. Daran wiederum hält Amazon den Löwenanteil, so dass man hier von einem Marktanteil von dreißig bis vierzig Prozent ausgehen kann. Schon kurz nach Jahresbeginn hatte die erstmalige Angabe des deutschen Geschäftsvolumens 2012 im Amazon-Geschäftsbericht für überraschte und auch entsetzte Gesichter gesorgt. Denn mit einem Umsatzvolumen von rund 6,8 Milliarden Euro (allerdings inklusive ITund Logistikdienstleistungen) vereinnahmte Amazon zumindest ein Viertel des Onlinehandels für sich. Die bange Frage mancher Onlinehändler und nicht weniger stationärer Anbieter lautet denn auch: Wie viel Platz bleibt im Handel neben Amazon und eBay? Die Frage ist insofern falsch gestellt, als ein beträchtlicher Teil des Handelsvolumens von Amazon und alle Verkäufe auf eBay tatsächlich von unabhängigen Händlern realisiert werden. Damit lautet die eigentliche Frage: Wie gelingt mir eine hervorragende Positionierung meines eigenen Shops in den Suchmaschinen, meines Angebotes auf den von mir genutzten Marktplätzen, und wie erziele ich möglichst viele Wiederkäufer, um den Cost per Order (CPO) zu senken. Eine wesentliche Antwort liegt im richtigen Umgang mit Produktdaten. Darunter fallen die eigentlichen Artikelstammdaten (ERP), Marketingdaten (PIM) und weitere Attribute, die zum Beispiel für Cross-Selling oder in der After Search-Navigation relevant sind. Zusätzlich gibt es die wichtige Unterscheidung in unique und standardisierte Daten. Diese

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Martin-Gross-Albenhausen

2 Onlinemarktplätze vereinigen 60 % des gesamten Distanzhandelsvolumens

Amazon vereinnahmt ein Viertel für sich

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Unterscheidung ist speziell auf Marktplätzen und in den Produktsuchmaschinen relevant.

Differenzierung mit Artikelstammdaten

Saubere Datenhaltung der Produkte wichtig

Product Information Management einsetzen

In Deutschland dominiert Google unangefochten als Suchmaschine. Das erleichtert den Shopbetreibern die Optimierung ihrer Produktdaten und -texte. Dennoch haben viele der langjährig im Handel aktiven Unternehmen bis heute noch keine saubere Produktdatenhaltung erreicht. Damit verschenken sie wertvolles Potential. Nicht nur, weil Google klare Anforderungen an die Kategorisierung und Beschreibung von Artikeln (physische und digitale Güter) macht. Auch deshalb, weil unvollständige oder inkonsistente Produktinformationen echte Conversion-Killer im Shop sind. Konsistenz von Daten in Google bedeutet, dass Produktvariablen in vielen Fällen zwingend erfordern, dass der Händler jede unterscheidbare Variante als eigenes Produkt anlegt. Ein T-Shirt in fünf Größen und vier Farben bedeutet, dass zwanzig Artikel als Feed an die Suchmaschine geschickt werden müssen. Jeweils mit individuellem Verfügbarkeitsstatus. Diese Multiplikation von Daten braucht rasch ein stabiles Product Information Management (PIM)-System, damit Veränderungen an Preis oder Materialbeschaffenheit einer Ware nur einmal gepflegt und dann sauber an die Suchmaschinen übergeben werden. Mittelbar kann schlechte Qualität dieser Daten in den Suchmaschinen einigen Schaden anrichten. Juristisch, weil Abmahnungen drohen. Finanziell, weil Klicks auf bezahlte Product Listing Ads (PLA) bei Google schnell ins Geld gehen, wenn die Conversion ausbleibt. Strategisch, weil so „Bounces“ produziert werden – der Nutzer springt sofort zurück in die Suchmaschine, was Google als Malus bei der PageRank-Ermittlung einbezieht.

Standardisierung steht vor Differenzierung

102

Für die Präsenz bei Google, aber auch auf Marktplätzen wie Amazon steht vor der Differenzierung die Standardisierung. Da sowohl die Suchmaschine als auch Amazon in den meisten Fällen eine GTIN (EAN) einfordern, kann es ein Mangel sein, wenn der Händler diese nicht in seinem System führt. Google droht ganz offen damit, das Produkt oder auch alle Produkte eines Händlers gegebenenfalls nicht abzubilden, wenn die Vorgaben nicht erfüllt werden. Bei Amazon wiederum spielen die „uniquen“ Produkttexte eines Markplatzhändlers keine Rolle

Martin Groß-Albenhausen: Differenzierung durch Produktdaten

– ist die GTIN schon im System, gelten die von Amazon gelisteten Produktinformationen. Ist Differenzierung angesichts der notwendigen Standardisierung also nur über den Preis möglich? Keineswegs. Die verschiedenen Marktplätze funktionieren sehr unterschiedlich, haben aber zumindest eines gemeinsam: Da nicht der Klick, sondern die Transaktion der wertbildende Faktor ist, kommen weitere Qualitätsfaktoren (Versandkosten, Lieferbereitschaft, Kundenbewertungen) ins Spiel, die auf den ersten Blick nichts mit dem Produkt zu tun haben. Bei „Risiko“-Produkten zum Beispiel wird ein Marktplatz diejenigen Händler bevorzugt ansteuern, die „sichere“ Zahlarten anbieten. Eine besondere Klasse von Produktdaten sind Verfügbarkeitsdaten. Die Warenverfügbarkeit an sich ist ein Pflichtdatum. Da Kunden aber immer häufiger mobil auf Suchmaschinen zugreifen, ist speziell für MultichannelAnbieter die lokale Verfügbarkeit eine wichtige Information. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Suchmaschinen durch die Abbildung zusätzlicher Daten mehr verdienen wollen. Sie sollen also in jedem Einzelfall prüfen, welchen Conversion-Pfad sie hinter die Information legen, und wie Sie den Werbeerfolg messen wollen.

Wichtiger Faktor: Transaktionsmöglichkeiten

Warenverfügbarkeit Pflichtdatum

Differenzierung mit Artikelstammdaten im eigenen Shop Die konsequente strukturierte Führung von Produktdaten erlaubt weit mehr Differenzierung im Shop, als man in der Regel vorfindet. Konsistente Produktdaten erlauben dem Shopbetreiber, neben Standardfilterungen (Farbe, Größe, Marke) auch die oben genannten Möglichkeiten der „After Search-Navigation“. Verschiedene Technologieanbieter unterstützen dabei, aus den Produkttexten Artikelinformationen zu extrahieren. Auf Grundlage umfassender Synonym-Datenbanken können sie auch zu einer Harmonisierung von Begrifflichkeiten beitragen und damit mehr passende Resultate in der Suche anzeigen. Allerdings genügt das in der Regel nicht. Software kann immer nur mit den vorhandenen Daten arbeiten. Wichtig ist daher, fehlende Daten anzureichern: • Händler von Laufschuhen erhalten beispielsweise Angaben über die sogenannte „Sprengung“, also den Höhenunterschied zwischen Ferse und Vorfuß im Laufschuh. Viele Shops verzichten auf diese Infor-

103

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

mation, auch Amazon führt sie nicht. Spezialanbieter wie Runners Point oder lauf-bar.de hingegen geben die Sprengung an und erlauben sogar die Filterung der Ergebnisse nach diesem Kriterium. • Amazon führt bei Notebooktaschen lediglich die Außenmaße und das Volumen in Litern an. Taschenkaufhaus.de aus Leipzig gibt für jede Tasche auch das Innenmaß des Notebook-Fachs an. Auch die gerade bei Taschen wichtige Angabe des Taschengewichts – wiederum von Amazon nicht angegeben – bietet einen Ansatz für bessere Navigation beziehungsweise Filterung im Shop. Wir sprechen hier von uniquen Daten, die zum Teil für dritte Plattformen – noch – keine Bedeutung haben. Es gibt in fast jeder Kategorie Themen, die von den großen Anbietern nicht vereinheitlicht werden können. Anfang Mai 2013 ist es zum Beispiel nicht möglich, bei Amazon in der Kategorie Bekleidung strukturiert nach Baumwolle aus nachhaltiger Produktion zu suchen. Der Suchbegriff „Bio-Baumwolle“ wirft andere Suchergebnisse aus als der Filter „Hauptmaterial: organic“. Nur bei Baby- und Kindermode gibt es Unterkategorien „Bekleidung aus BioBaumwolle“.

Differenzierung durch bessere Artikelstammdaten

Diese Arbeit an den Produktdaten hat direkt Einfluss auf die Conversion, aber auch auf die Kundenbindung. Natürlich verhindern sie nicht, dass Kunden dann doch beim günstigeren Händler kaufen – solche ROPOEffekte (eigentlich: „research offline, purchase online“) betreffen den stationären wie den Onlinehandel inzwischen gleichermaßen. Deshalb ist die Differenzierung durch bessere Artikelstammdaten erst der Anfang – Produktdaten können noch mehr.

Differenzierung durch HD-Produktdaten Unter HD-Produktdaten verstand man früher die hochauflösenden Bilddaten, die für Druckereiprodukte notwendig waren. Inzwischen werden darunter alle Arten von Daten gefasst, die das Produkt anreichern: zum Beispiel Kundenbewertungen, verschiedene Fotovarianten, Produktvideos und 3-D-Fotografie, zugehörige redaktionelle Inhalte wie Blog-Beiträge, Wikis. Bevor ich auf diese Datenarten eingehe, ein kurzer Blick auf häufig übersehene Informationen, die bei vielen Produktkategorien differenzierend eingesetzt werden können. Im Jahr 2007 setzten

104

Martin Groß-Albenhausen: Differenzierung durch Produktdaten

verschiedene amerikanische Schuhhändler im Onlineshop zum Beispiel Retourendaten zur Nachfragesteuerung ein. Ein „Return-o-meter“ zeigte bei den Anbietern shoeline.com und supershoes.com die durchschnittliche Umtauschhäufigkeit. Damals überlegte sogar Amazon, diese Information auf der Produktseite mit abzubilden. Inzwischen finden sich die Retourenangaben nicht mehr bei diesen Anbietern. Durchgesetzt hat sich hingegen, Produktkritiken (Kundenkommentare) abzubilden. Diese sind für den Nutzer häufig wichtiger als die Artikelbeschreibungen aus dem Content Management System (CMS). Damit liegt solches „Daten-Gold“ jedoch meist in unstrukturierter Form und letztlich zu Marketingzwecken schwer nutzbar im CMS vor. Achten Sie bei der Auswahl Ihres Dienstleisters daher auch darauf, ob er bei der Extraktion und Verdichtung von produktbezogenen Daten unterstützt. Dann erhalten Sie wiederkehrende Informationen wie „fällt eine Nummer größer aus“ so, dass Sie diesen Hinweis beim Produkttext mit abbilden können. Genau genommen sollte diese Information aus dem Produktmanagement intern geliefert werden, doch angesichts der heute üblichen Sortimentstiefe und -breite sind Sie auf das Kundenfeedback in der Regel zwingend angewiesen. Foto/Video Mit hochwertigen Bilddaten erzielen Sie nicht nur mehr Interaktion (Klicks) und längere Verweilzeiten auf Ihrer Seite, sondern können auch die Conversion verbessern und die Retourenquoten senken. Zum Standard gehört heute eine Zoom-Funktion, die häufig jedoch Details nicht in ausreichender Auflösung abbildet. Andererseits darf hohe Bildauflösung nicht auf Kosten der Site-Performance gehen. Achten Sie auch darauf, dass das Foto an sich relevante Produkteigenschaften im Zoom kenntlich macht und diese auch im Text erläutert. Hier kann man von der klassischen Katalogfotografie lernen, die in sogenannter „Igel-Technik“ Produktdetails herausgearbeitet hat.

Hochwertige Bilddaten verbessern die Conversion

Ob Produktvideos im Shop die Conversion nachhaltig verbessern, ist unter den Praktikern des E-Commerce umstritten. Verschiedene Dienstleister bieten fertige Videos vor allem zu Markenprodukten. Wenn diese nicht mehr angepasst, sondern dynamisch vom Anbieter auf Abruf hin zugesteuert werden, sind der Differenzierung natürlich

105

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Grenzen gesetzt. Dies gilt auch im Hinblick auf den Effekt für die Suchmaschinenoptimierung. Selbst produzierte Videos steigern die Kompetenz des Händlers

Demgegenüber können selbst produzierte Videos die Kompetenz des Händlers zeigen. Der unique Content eignet sich auch für die Optimierung für Suchmaschinen. Die häufig nur 60 bis 120 Sekunden langen Videos lassen sich mit wenig Aufwand in eigenen oder gemieteten Studios erstellen; pro Woche sind vierzig bis fünfzig Videos machbar. Ein schönes Beispiel für gute Produktvideos bot in den Jahren 2009 bis 2011 der offizielle Dakine-Shop, der von einem Münchener Unternehmen im Full-Service für die Marke betrieben wurde. Hier packt eine Mitarbeiterin die verschiedenen Rucksack-Modelle mit Utensilien wie A-4-Aktenordnern, Laptops, Mobiltelefonen, Sonnenbrillen, Getränken und setzt die Rucksäcke auch auf. Das Video bietet einen echten Mehrwert gegenüber den Produktfotos, weil der Packvorgang die Herausforderung darstellt. Inzwischen hat sich der Dakine-Shop allerdings von diesem Konzept verabschiedet und setzt eher auf günstig produzierte Motion-Videos (3-D-Animation und Produktbilder). Ein nicht zu vernachlässigendes Detail ist der Startbildschirm. Wenn ein Nutzer die Produktseite aufruft, erscheint das Video – sofern als Bildschirm schon angezeigt – wie ein weiteres Bildelement. Hier kann die dargestellte Szene wie ein normales Produktfoto inszeniert werden. Hinsichtlich der Suchmaschinenoptimierung sind einige Punkte zu beachten: Wenn die Videos auch auf YouTube eingestellt werden – oder sogar ein eigener YouTube-Kanal besteht – rankt dieser fast immer vor den Videos aus dem eigenen Shop. Der YouTube-Traffic lässt sich in der Regel schlechter konvertieren und erreicht häufig Nutzer (und Kommentatoren) außerhalb Deutschlands. Andererseits ist die Zahl der Abrufe deutlich höher als bei der Präsentation ausschließlich auf der eigenen Website. Social Media und redaktioneller Content Das Internet der zweiten und dritten Generation ist keine Plakatwand sondern ein interaktives und soziales Medium geworden. Damit entstehen permanent relevante Inhalte zu Produkten, aber auch die Produktinformationen selbst müssen der Nutzung im Kontext der Social Media angepasst werden. User Styles Wie oben angesprochen, kann der Händler sich durch die Attributierung

106

Martin Groß-Albenhausen: Differenzierung durch Produktdaten

von Produktzusammenhängen von Wettbewerbern unterscheiden. Welches Produkt zu welchem passt, die sogenannte „Recommendation“, kann zwar teilweise automatisch durch kollaborative Filtertechniken ermittelt werden. Doch der Händler als Experte kann hier eigene Empfehlungen aussprechen und bei den Produktinformationen mitspeichern. Die Social Media wiederum erlauben es, die Nutzer als Experten einzubeziehen. Bekannt geworden ist das Konzept durch Anbieter wie Polyvore in den USA und smatch.com in Deutschland. Doch nicht nur im Modesegment, auch bei Möbeln oder sogar bei Outdoor-Equipment können die Nutzer einbezogen werden. Im Jahr 2013 hat der OutdoorHändler Globetrotter seine Kunden aufgefordert, Bilder aus Produkten „nachzubauen“. Die so entstandenen Bilder wurden später sogar in der Außenwerbung eingesetzt. Zumindest im Modebereich haben sich die User Styles als Conversion-treibende HD-Informationen erwiesen.

Nutzer als Experten einbeziehen

Facebook, Pinterest & Co. User Styles lassen sich gut in Social Networks einsetzen. Das zeigt, dass die Bilder und Texte für den Einsatz in Social Media ganz anders aussehen müssen als im eindeutig verkäuferischen Shopumfeld. Wo es auf die aktive Weitergabe von Inhalten ankommt – denn nur das Engagement der Fans sichert dem Händler die Relevanz und Sichtbarkeit in den Social Media – müssen die Bilder emotionaler sein oder zumindest mit einer lohnenswerten Zusatzinformation ausgestattet werden. Wo im Onlineshop gewöhnlich freigestellte Bilder, gelegte Ware oder (bei Mode) Fotografie an der Büste für die nötige Klarheit sorgt, können in den Social Media Kontext und Geschichten aktivieren. Bildorientierte Netzwerke wie Pinterest oder Flickr vertragen hingegen durchaus auch klassische Produktfotos. Wenn ein Unternehmen selbst Produkte auf diesen Plattformen präsentiert, kann es Themen umso besser bilden, je genauer die Produkte mit Attributen versehen beziehungsweise „getaggt“ sind. Das zeigt, dass für die volle Nutzung der Möglichkeiten des Internets die Produktdaten um eine weitere Schicht, nämlich die der eigenen und der von Nutzern gesetzten Attribute erweitert werden sollte. Ein wichtiger Hinweis allerdings: Sobald der Onlineshop-Betreiber solche Informationen einbindet und in irgendeiner Form verarbeitet (und sei es, dass er die Informationen freischaltet), gerät er juristisch in eine Mitverantwortung für mögliche falsche Aussagen.

Mitverantwortung bei falschen Nutzeraussagen

107

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Content Marketing Die Aktivitäten in den Social Media gehören im klassischen Sinn zur „Umfeldkommunikation“. Als Umfeld bezeichnen Distanzhändler die „nicht-angebotstragenden“ Seiten eines Werbemittels. Sie involvieren den Betrachter zum Beispiel durch Gewinnspiele, aber auch durch redaktionelle Elemente.

Drei N

Die Differenzierung eines Händlers beginnt also nicht erst im Shop, sondern kann auf dritten Plattformen und mit redaktionellen Inhalten beginnen. Damit arbeiten viele Onlineshop-Betreiber im Rahmen des Linkbuildings, wenn sie Pressemeldungen versenden. Viel weiter geht aber echtes Content Marketing. Dabei erstellt der Händler redaktionelle Texte, die für Suchmaschinen optimiert werden und nicht direkt auf einen Produktverkauf zielen. Dies können zum Beispiel Checklisten oder Ratgeber, tabellarische Vergleiche und vieles mehr sein. Bei der Erstellung greifen journalistische Relevanz-Kriterien wie zum Beispiel die Optimierung nach den drei N (Neuigkeitswert, regionale oder emotionale Nähe, Nutzenfunktion des Inhaltes). Diese Inhalte stehen zwar für sich, aber sie haben natürlich immer Bezug zu Produkten, und wie aus den Texten heraus in Produktkategorien hinein verlinkt werden kann, sollte auch ein direkter Bezug zwischen Produkt und dem redaktionellen Inhalt gespeichert werden. Gute Beispiele für solche differenzierenden Content-Elemente finden sich bei verschiedenen Onlineshops für Elektronikartikel. So hat zum Beispiel Cyberport bei Produkten auch Blogbeiträge gelistet, notebooksbilliger. de verknüpft Fragen und Antworten der Community.

Produktdaten und Käufertypen Die verschiedenen Schichten der Produktdaten erlauben dem Händler, verschiedene Käufertypen mit den jeweils wesentlichen Informationen anzusprechen. Kompetitive Käufer suchen schnelle Informationen, die vor allem die Produktüberlegenheit herausstellen – und das schnell erfassbar. Rational-methodische Einkäufer schätzen tabellarische Vergleiche und Hintergrundinformationen, dazu unabhängige Tests und Zertifikate. Spontankäufer reagieren gut auf positive Bewertungen durch andere Kunden und sind offen für typische Vkf-Hebel wie Rabatte oder Bundling-Angebote. Emotionale Käufer goutieren „Geschichten“, in Bild wie in Textform.

108

Martin Groß-Albenhausen: Differenzierung durch Produktdaten

Ohne die Arbeit an Produktdaten können Sie diese verschiedenen Typen weder in Suchmaschinen zielgerichtet ansprechen noch im Shop selbst mit passenden Informationen die Conversion erhöhen. Differenzierung nur durch Werbetexte und redaktionelle Beiträge reicht nicht hin. Tests haben ergeben, dass stärker redaktionell geprägte Newsletter schlechter konvertieren als solche, in denen Produkte für die richtige Zielgruppe mit den passenden Argumenten ausgelobt wurden. Sie haben die Wahl.

Literatur http://www.pimzine.de/1556/vorteil-pim-im-e-commerce-mehrproduktinformationen-fur-weniger-rucksendungen http://support.google.com/merchants/bin/answer.py?hl=de&answer=188494# DE http://support.google.com/merchants/bin/answer.py?hl=de&answer=1347943 http://support.google.com/merchants/bin/answer.py?hl=de&answer=1344057& topic=2473824&ctx=topic#DE http://support.google.com/merchants/bin/answer.py?hl=de&answer=1705911

109

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

110

Big Data anwendbar machen Timo von Focht

2

Frank M. kauft viel über das Internet. Streusalz, Butter, Sommerreifen, Entkalker. Doch er geht nicht mehr selbst zum Shoppen oder auf die Website, sondern lässt das seine fleißigen Helfer erledigen, die für ihn staubsaugen, Schnee räumen, sein Geschirr und seine Wäsche waschen, seine Lebensmittel kühlen und ihn elektrisch und ferngesteuert zum Arbeitsplatz kutschieren. Währenddessen schaut sich Frank die Designstudie seines neuen Wasserstoff-Solarhybrids mit seiner eViewBrille an, die ihm alle Informationen direkt auf die Iris strahlt.

Big Data, (wieder) nur ein kurzer Hype? Wir schreiben das Jahr 2019 und spätestens jetzt stecken viele Firmen in Schwierigkeiten, die sich in den früheren Jahren des laufenden Jahrzehnts nicht mit den kommenden Herausforderungen beschäftigt haben, für die das Thema Internet der Dinge oder Big Data zu diesem Zeitpunkt noch Fremdwörter waren. Was versteht man unter Big Data? Auf dem DLD in München 2013, zitiert Dj Patil von Greylock Partners Dan Ariely sehr treffend: “Big Data ist wie Teenagersex. Jeder redet darüber, keiner weiß, wie’s geht, jeder denkt, dass es jeder andere macht, und deshalb behauptet jeder, es auch zu tun.” Die globale Datenmenge verdoppelt sich aktuell alle zwei Jahre. Ab 2015 sagen Experten voraus, dass das globale Datenvolumen 4,8 Zettabytes (= 4,8 Milliarden Terabytes) erreicht. Eine völlig neue Dimension wird erreicht ein, wenn in wenigen Jahren das Web der Dinge mit hinzukommt. Pro Quadratmillimeter Erdoberfläche sind dann sechshundert Milliarden IP-Adressen verfügbar. Doch schon jetzt haben viele Unternehmen mit der wachsenden Datenflut zu kämpfen. Viele unterschiedliche Spieler tragen zu der Datenflut bei:

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Timo-von-Focht

Globale Datenmenge verdoppelt sich alle zwei Jahre

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Vertriebsorganisationen sammeln jede Menge Kundendaten, Daten über Warenflüsse, Wettbewerbspreise, Logistikdaten. Versicherungen und Finanzinstitute sammeln Daten zu persönlichen Lebensverhältnissen, Krankheiten und Gewohnheiten von Kunden. Auch die Internetnutzer tragen selbst zur Datenflut bei durch intensive Nutzung von Social Media und anderen Onlineangeboten. Traditionelle Datenverarbeitungsmethoden und Tools sind hier oft nicht mehr ausreichend, es gilt, neue Wege zu finden, um wertvolle Zusammenhänge und Informationen nicht aus den Augen zu verlieren.

Unmengen von Daten für die Businessbetrachtungen

Umdenken zu abteilungsübergreifendem Datenmanagement

Big Data werden charakterisiert durch Volumen, Vielfalt und Geschwindigkeit. Schon allein das verfügbare Datenvolumen ist für viele Organisationen eine große Herausforderung. Relationelle Datenbanken sind oft nicht hinreichend skalierbar, um mit den Datenmengen fertig zu werden. Wo früher der klassische Einzelhändler hauptsächlich Produktdaten, Kunden-, Mitarbeiter- und Buchhaltungsdaten sowie Aktienkurse im Blick hatte, wird heute zusätzlich verlangt, dass WebsiteDaten, Echtzeit-Analysen, externe Preisvergleiche, Marketingdaten und Nutzermeinungen aus Social Media-Plattformen in die Businessbetrachtung einfließen. Dies bedeutet ein Umdenken weg von Datensilos oder Dateninseln im Unternehmen hin zu integriertem, abteilungsübergreifendem Datenmanagement. Auch der Umstand, dass ein Großteil der Daten inzwischen in Echtzeit bei Firmen eintrifft, oder Echtzeitdaten von Kunden in der Nutzung des Angebots vorausgesetzt werden, stellt eine zusätzliche Herausforderung für die IT-Infrastruktur sowie die interne Organisation von Unternehmen dar. Vieles wird inzwischen mit Cloud-basierten Services gelöst, doch gerade die Verknüpfung von diesen Lösungen untereinander und mit den festinstallierten Lösungen im Unternehmen wird noch einigen datengetriebenen Unternehmen große Kopfschmerzen bereiten.

Herausforderungen und Chancen Kunde steht im Mittelpunkt

112

Laut einer 2012 veröffentlichten IBM Studie soll für achtzig Prozent der Firmenlenker in den kommenden fünf Jahren der Kunde im Mittelpunkt stehen. Diese Rückbesinnung auf den Kunden mit seinen (in Echtzeit) wechselnden Bedürfnissen bedeutet für die Unternehmen allerdings auch eine große Herausforderung. Woher weiß man, ob Herr Müller gerade für seinen Arbeitgeber oder sich selbst eine Geschäftsreise buchen möchte

Timo von Focht: Big Data anwendbar machen

oder ob die Anfrage nicht doch für seinen Urlaub ist? Wie vermeide ich es, einen männlichen Nutzer meines Onlineshops auf der Startseite mit Damenpumps zu begrüßen? Wer kann sagen, wie man Retargeting so aussteuert, dass der Kunde nicht x-mal eine Sache angezeigt bekommt, die er längst schon gekauft hat? Warum Big Data im Handel alles ändert Wie man sieht, dreht sich vieles im Bereich Big Data um das Thema Personalisierung beziehungsweise „Der Konsument stellt für uns den einzig wahren Vermögenswert dar“ wie Andreas Gahlert diesen neuen Ansatz zutreffend beschreibt [1]. Die Aussteuerung von Inhalten, Preisen und Angeboten je nach Nutzer wird eines der Themen in den kommenden Jahren sein, bei dem Firmen sich im Wettbewerb nachhaltig unterscheiden können. Auch der Anspruch der Nutzer auf ein freies Internet, welches sich den eigenen Bedürfnissen anpasst und anpassen lässt, spiegelt sich in vielen aktuellen Produkten und Apps wieder. Nicht umsonst wird Marissa Mayer, die neue Yahoo!-Chefin, Anfang des Jahres in Davos mit dem Satz zitiert: „Die Suche der Zukunft ist personalisiert.“ Doch bevor man eindimensionale, auf einen Kanal ausgerichtete Personalisierungsmaßnahmen durchführt, sollte man sich die Gegebenheiten genauer ansehen. Die Kundenansprache erfolgt meist über verschiedenste Kanäle: Offline im Ladengeschäft, online auf der Website, über das Social Web, mobil, per E-Mail, Katalog, Callcenter et cetera. Gerade im Multikanalvertrieb muss darauf geachtet werden, dass man hierbei nicht den Kunden aus den Augen verliert. Online-Informationssuche endet oft mit einem Kauf im Laden oder per Telefon.

Kundenansprache über verschiedene Kanäle

Doch wie kann ich den Erfolgsbeitrag der unterschiedlichen Kanäle überwachen und richtig zuordnen? Wie bewerkstellige ich die Verzahnung der unterschiedlichen Maßnahmen? Wie kann ich Budgets hier sinnvoll allokieren? Welche Messzahlen kann ich pro Kanal erheben, was sagen sie mir und inwieweit lassen sie sich miteinander vergleichen? Wie vermeide ich bei erfolgreichen Marketingmaßnahmen, dass ich nicht liefern kann oder Produkte zu einem zu geringen Preis verkaufe? Welchen Einfluss hat meine Produktentwicklung oder meine IT-Performance auf den Kundendialog und wie kann ich hier gezielt anhand von Kundenfeedback mein Business optimieren?

113

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Abb. 1: „Big Data gestützter Kundendialog“. Anhand des Schaubilds lässt sich schnell erkennen, dass für einen Kundendialog auf Basis von Unternehmensdaten Daten unterschiedlichster Herkunft, Abteilungen, Lösungsanbieter und Qualität miteinander in Einklang gebracht werden müssen.

Datenflut führt häufig zum „InformationOverkill“

Datenmanagement: Integration, Qualität, Konsistenz, Relevanz Neue Technologien, Medien und Möglichkeiten der Datenhaltung und des Datenzugangs wie die Cloud führen zu einer Revolution in Bezug auf die Möglichkeiten für Marktforscher und Businessanalysten. Gleichzeitig führt die Datenflut in vielen Fällen eher zu einem „Information-Overkill“. Denn nicht alle Daten sind auch relevant für das Business. Man spricht von einer „Verunreinigung“ von Datensätzen, vielerorts sind von mehreren Tools oder Instanzen gesammelte Daten zu ein und demselben Vorgang nicht deckungsgleich, widersprechen sich im schlimmsten Fall sogar. Manche Daten werden in Echtzeit generiert und genutzt, andere haben eine große zeitliche Distanz zwischen Kundeninteraktion, Datenerhebung und Analyse. Problematische Fälle sind beispielsweise ein Relaunch der Website, der Wechsel von eingesetzten Softwarelösungen, Systemmigrationen sowie Planungsfehler bei der Datenerhebung.

114

Timo von Focht: Big Data anwendbar machen

Bei einem Relaunch wird eine Website komplett neu aufgesetzt, meist technisch, optisch und inhaltlich zugleich. Dies hat zur Folge, dass die Zuordnung des Erfolgs oder Misserfolgs des Projektes aufgrund der Vielzahl an Einflussfaktoren nicht mehr sauber abgegrenzt werden kann. Auch Daten, die mit der vorhergehenden Website zum Beispiel mit Hilfe der Webanalyse oder anderer Lösungen gesammelt wurden, können nicht als Vergleichsdaten hinzugezogen werden, da sich zu viel auf einen Schlag verändert hat. Zu empfehlen ist es daher, den Relaunch in kleinen, aufeinander abgestimmten Schritten durchzuführen, mit Unterstützung von Usability-Laboren, Testing-Lösungen und Experten.

Relaunch in kleinen aufeinander abgestimmten Schritten durchführen

Beim Wechsel von eingesetzten Softwarelösungen ist zu beachten, dass viele Lösungen, die große Datenmengen managen, dies – meist aus Kosten- oder Performancegründen – auf der Basis von aggregierten Daten tun. Das heißt, dass automatische Datenverknüpfungen und Berechnungen durchgeführt werden, die später einen eindeutigen Rückschluss auf die Rohdatenbasis nicht mehr zulassen. So sollte bei der Auswahl insbesondere von Lösungen, die eine lange Datenhaltung erfordern, ein besonderes Augenmerk auf die Verfügbarkeit von Rohdatenexporten gelegt werden. Nur so ist gewährleistet, dass bei einem späteren Anbieterwechsel möglichst keine Datenlücken entstehen, die einen Vergleich mit historischen Entwicklungen unmöglich machen. Die Datenerhebung muss intensiv mit den Fachbereichen abgestimmt werden, um im Vorfeld keine Fehler zu machen, die hinterher irreversibel sind. Ein Beispiel ist die Einführung einer CRM-Lösung mit verschiedenen Marketing-Apps zum Steuern von E-Mails, Events, Kampagnen und weiteren Leadgenerierungsmaßnahmen. Wer hier nicht vorher die Abläufe und Prozesse genauestens definiert hat und festlegt, welche Kennzahlen und Informationen Priorität haben, läuft schnell Gefahr, dass die Datenbank unbrauchbar wird, da wichtige und korrekt eingepflegte Informationen bei der nächsten Kampagne durch inkorrekte Daten überschrieben werden können. Ein pragmatischer Ansatz, um die Qualität der Daten sowie deren Konsistenz und Relevanz für das Business sicherzustellen, ist dabei, dass man in kleinen Projektschritten vorangeht, alle Schritte gut dokumentiert und sich bei der Auswahl der verwendeten Metriken und Kennzahlen auf wenige beschränkt, die für das Business unerlässlich sind. Erst, wenn hier ein sauberer Datenbestand vorliegt, den man gut beherrscht, sollte man weitere Kenngrößen hinzufügen.

115

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Auch sollte den Verantwortlichen bewusst sein, dass unterschiedliche Tools oft einen anderen Blickwinkel in Bezug auf die Datenanalyse einnehmen. So arbeiten viele Webanalyse-Lösungen sessionbasiert, betrachten also den jeweiligen Besuch eines Nutzers auf der Internetseite und gruppieren Daten und Analysen rund um dieses Ereignis. Testingund Personalisierungslösungen verwenden dagegen einen „Visitorbasierten“ Ansatz, bei dem Aktionen und Verhalten auf der Seite jeweils einem Nutzer zugeordnet werden. Nur bei letzterem Ansatz ist eine Integration der Onlineanalyse zum Beispiel mit einem (naturgemäß „kundenbasierten“) CRM sinnvoll. Datenschutz nicht vergessen

Privatsphäre des Nutzers und (positive) Diskriminierung Bei all der Euphorie über neue Daten und Möglichkeiten der Personalisierung sollte man den Datenschutz und damit die Privatsphäre der Kunden nicht aus den Augen verlieren. Ein Beispiel: Eine der größten Supermarktketten weltweit betreibt in den USA Testmärkte, bei denen Angebote, Regale, Wareneinsatz, Preise und vieles mehr getestet werden, bevor die Erkenntnisse in anderen Märkten zum Einsatz kommen. Anhand des Einkaufsverhaltens bestimmter Kundengruppen kann das Marketing auf deren sozialen Status und Interessen schließen und nutzt dies für Promotionzwecke. So wurden Kundinnen, die im 3. Monat schwanger waren, anhand ihres geänderten Einkaufsverhaltens identifiziert. Diese Kundinnen erhielten dann kurz nach ihrem Einkauf ein „Welcome“-Paket mit einem Starterset für frischgebackene Eltern. Leider wollte ein Teil der Kundinnen nicht, dass ihre Schwangerschaft bekannt wurde – insbesondere wenn es sich um minderjährige Mädchen handelte, die ihren Zustand vor den Eltern geheim gehalten hatten. So kam es zu Gerichtsklagen und hohen Schadensersatzforderungen. Auch im Onlinehandel ist solches Targeting möglich, gerade hier sollte man sich aber noch vorsichtiger verhalten, um das Risiko einer Abmahnung oder von sogenannten „Shitstorms“ aufgebrachter User in sozialen OnlineNetzwerken zu vermeiden. Wichtig ist es, Personalisierungsmaßnahmen nicht nur für den Kunden relevant zu gestalten sondern möglichst auf seine Wünsche und Bedürfnisse einzugehen, ohne ihn dabei im negativen Sinne (zum Beispiel nach Herkunft, Geschlecht, Alter oder Kaufkraft) zu diskriminieren.

116

Timo von Focht: Big Data anwendbar machen

Datenanalyse und Ziel-Kennzahlen (KPIs) Ein Daten-Projekt gliedert sich in der Regel in folgende Prozessschritte: Konzeption (Festlegung von Zielen und Maßnahmen), Datenerfassung, Verarbeitung der Daten, Analyse und Entscheidungsunterstützung. Die Grundlage für den Erfolg im Umgang mit Big Data ist dabei nicht nur eine gute Auswahl von geeigneten Lösungen und Anwendern. Wichtig sind vor allem die zugehörigen Prozesse sowie eine tiefgreifende Analyse der Daten vor, während und nach Maßnahmen, die umgesetzt werden. Nur wer dabei einen übergreifenden Blick bewahrt, kann wertvolle Entscheidungshilfen für das Management liefern. Vor jeder Analyse sollte man sich zunächst Gedanken machen über die Definition von Zielen und Erfolgskennzahlen (sogenannten Key Performance Indicators oder KPIs). Diese sollten intern mit dem Management abgestimmt sein und folgenden Regeln unterworfen werden: • KPIs werden immer aus dem Verhältnis mehrerer Metriken zueinander gebildet. Eine einzelne Messzahl für sich kann kein KPI sein. Beispiel: nicht Klicks als KPI definieren sondern zum Beispiel Klicks pro Visit. • KPIs sollten von der Maßnahme direkt oder indirekt maßgeblich beeinflusst werden können. Also bildlich gesprochen nicht so etwas wie: Anzahl geretteter Eisbären pro Scholle versus Reduktion der Abgasmenge in Deutschland. • KPIs orientieren sich am Businesserfolg. Ein solcher ist in der Regel durch mehr Umsatz oder weniger Kosten charakterisiert.

KPIs orientieren sich am Businesserfolg

Bei der Analyse des Zielerreichungsgrades werden die gewählten KPIs sowie Hypothesen und Resultate überprüft. Welche direkten Auswirkungen hatte die Maßnahme? Wurden die gesetzten Ziele erreicht? Wurden die Hypothesen bestätigt oder negiert? Welche indirekten Auswirkungen waren in anderen Bereichen erkennbar? Gibt es eine positive oder negative Beeinflussung des Erfolgs in anderen Bereichen? Erst wenn diese Fragen geklärt sind, beginnt die entscheidende Phase, bei der ans Management über Ergebnisse berichtet wird und Maßnahmen für den Dauerbetrieb freigegeben werden. Durch dieses Vorgehen wird der Erfolg nachhaltig gesichert und interne Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Abteilungen vermieden. Denn gerade das Gerangel zwischen verschiedenen Bereichen um die Hoheit über die Daten und deren Aussagekraft verhindert vielerorts noch immer einen globalen 117

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Blick auf die Daten. Daher sehen viele einen Paradigmenwechsel vorher im Management von Firmen, die sich mit dem Big Data-Thema auseinandersetzen.

Managementprozesse für den Umgang mit Big Data Die jeweiligen Daten in den einzelnen verwendeten Lösungen sind jeweils in einem eigenen Datensilo geparkt, Schnittstellen (sogenannte APIs) sind oft Mangelware. Dies liegt nicht an der fehlenden technischen Machbarkeit sondern oft an der Nachfrage und an Revierstreitigkeiten. Warum soll ein Tool mit einem anderen kommunizieren, wenn schon die betroffenen Abteilungen beziehungsweise Mitarbeiter im Unternehmen es nicht tun? Für den Big Data-Erfolg ist die nötige Grundlage ein regional und international skalierbares Tracking-Konzept, welches den Gegebenheiten im Unternehmen Rechnung trägt und die verschiedenen Kanäle, Taktiken und Marketingdisziplinen übergreifend erfassen und auswerten kann.

Das Unternehmen als soziales Netzwerk begreifen

Umgang mit Big Data und Verantwortlichkeiten Die Integration eines Big Data-Konzepts wird daher kurzfristig nur vom Top-Management durchgeführt werden können und geht dabei über eine reine Kommunikation hinaus. Denn in den Köpfen der Verantwortlichen muss ebenfalls ein Paradigmenwechsel erfolgen, um mit der geänderten Gesamtsituation klarzukommen. Unternehmen, die nach diesen modernen Kriterien wirtschaften, haben andere Managementstrukturen als herkömmliche Unternehmen. Statt einer Matrix-Organisation oder Pyramidenstruktur mit dem Vorstand oder Eigentümer an der Spitze wird es mehr und mehr erforderlich, das Unternehmen als (soziales) Netzwerk zu begreifen mit den Managern als Knotenpunkten und Verteilern innerhalb der Organisation, um die komplexer gewordenen Organisations- und Kommunikationsstrukturen abbilden zu können. Unternehmen, bei denen nur auf gleicher Hierarchieebene oder Top-down und Bottom-up Austausch herrscht, werden sich mit dem Thema Big Data sehr schwer tun. Nicht zuletzt beweisen die Erfolge von Unternehmen wie Google oder Facebook, dass diese neue Herangehensweise Vorteile gegenüber der Konkurrenz bringt: mehr Attraktivität als Arbeitgeber, schnelleres Wachstum, dynamischere Anpassung an neue Gegebenheiten sind unschätzbare Vorteile, die in einer sich immer schneller wandelnden internationalen Businessumgebung schnell bezahlt machen.

118

Timo von Focht: Big Data anwendbar machen

5 Tipps für den erfolgreichen Umgang mit Big Data In kleinen, evolutionären, iterativen Schritten vorgehen, keinen Big Bang versuchen: 1.

Big Data-Zielvorgaben sollten direkt auf das jeweilige Businessziel einzahlen.

2.

Jeweils ein Projekt mit einem dedizierten Projektteam pro Businessziel aufsetzen. Nur so ist klar, welche Daten wirklich relevant sind und auf was man sich konzentrieren muss, um bestimmte Meilensteine zu erreichen.

3.

Das Konzept muss firmenintern „verkauft“ werden, nur wenn alle Entscheider und Mitarbeiter, die vom Projekt betroffen sind, mit an Bord geholt werden, kann das Projekt auch gelingen. Auch Vorhaben, Art der Durchführung und vor allem die Ergebnisse sollten einfach verständlich zusammengefasst und intern kommuniziert werden.

4.

Wer kann, sollte ein dediziertes Big Data-Team zusammenstellen, das bezüglich der Projekte und Daten die Hoheit hat.

Wie sieht ein Big Data-Team idealerweise aus? Ein idealtypisches Big Data-Team besteht aus E-Commerce-Verantwortlichen, Marketingstrategen und Business Intelligence-Teams, Analysten und Website-Verantwortlichen (inklusive Entwicklern und Webdesignern, die sich anfangs oft schwertun mit den harten Analysedaten und Fakten). Idealerweise wird das Team geleitet von einem Verantwortlichen, der sich dem Thema voll und ganz verschrieben hat, der begreift, wie wichtig datengestützte Entscheidungen für das Management sind, der alles im Sinne einer zukünftig noch besseren Kundenfokussierung begreift und der nicht locker lässt, bis die Daten sauber und einheitlich integrierbar sind beziehungsweise Datensilos aufgebrochen wurden. Welche Daten sind wichtig? Echtzeitdaten aus der Webanalyse und eigene CRM-Daten sind sicherlich mit Abstand für die eigene Onlinestrategie hochwertigere Daten als alles, was man von externen Datenlieferanten bekommen kann. Sie geben die eigene Unternehmensrealität direkt wieder und – was im Ursprung der Daten liegt – stehen dem Wettbewerb nicht zur Verfügung.

Hochwertige Daten: Echtzeitdaten aus der Webanalyse und CRM-Daten

119

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Hier ein paar Beispiele für Onlinedaten, die man typischerweise für die Big Data-Strategie verwenden kann: • • • • • • •

Geografische Herkunft des Website-Besuchers. Traffic-Quelle. Nutzerverhalten auf der Website. Einkaufsverhalten. Formularinformationen. Verwendete Suchbegriffe. Besuchshistorie (Häufigkeit, Zeitabstand zwischen zwei Besuchen). • Soziodemografische Attribute. • Konversionsrate, Abbruchrate und Warenkorbwerte. • Technische Daten wie Endgerät, Browsereinstellungen, Sprache. Wer es schafft, diese Daten für Echtzeitoptimierung pro Onlinenutzer beziehungsweise eine jeweils individuelle Customer-Experience zu nutzen, erreicht nicht nur kurzfristig verbesserte Resultate sondern eine zufriedene, wiederkehrende Nutzerschar. Mit Segmentierung und predictive Targeting können die gewonnenen Daten über die gesamte Nutzerschaft hinweg zudem genutzt werden, um auf neue Besucher, die ähnliche Profile haben wie Bestandskunden oder in ein bestimmtes Scoring und Verhaltensmuster fallen, noch gezielter bezüglich ihrer Bedürfnisse abgeholt und angesprochen werden. Dies kann zu starken Erhöhungen von Konversionsraten im Onlineshop führen. Anforderungen an die Shop- und IT-Infrastruktur Um der Datenflut Herr zu werden, haben große IT-Infrastruktur- und Datenbankanbieter inzwischen Technologien wie Apache Hadoop, SAP Hana und andere Systeme entwickelt, welche besser skalierbar und integrierbar sind als bisherige Datenbanken. Allerdings ist es für die meisten Anbieter noch ein weiter Weg bis zur perfekten Integration von Online- und Offlinedaten in Deutschland.

Hemmschuh strenge Datenschutzvorschriften

120

Die Gründe dafür sind vielfältig, ein wichtiger Grund ist wohl die in Deutschland (zu) langsam einsetzende Umstellung von traditionellen Inhouse-Lösungen, mit eigenem Serverpark und Entwicklerteam hin zu schnelleren und meist kostengünstigeren und skalierbareren CloudLösungen. Dies dürfte den in deutschen Unternehmen stark verwurzelten Befürchtungen, sensible Daten an Dritte beziehungsweise nach außen zu geben, den strengen Datenschutzvorschriften und einer Mentalität des Do-it-yourself geschuldet sein. Die Folge ist, dass Cloud-Anbieter sich

Timo von Focht: Big Data anwendbar machen

in erster Linie um Integrationen auf dem größeren, weiter entwickelten und damit lukrativeren US-Markt kümmern, sodass viele deutsche Unternehmen erst dann bemerken werden, dass ihnen etwas fehlt, wenn sie von den internationalen Wettbewerbern direkt auf dem deutschen Markt angegriffen werden. Um zu zeigen, wie wichtig in Zukunft solche Integrationen sind, hier ein kleiner Überblick zum Aktionsradius eines Onlineshops: Das Onlineshop-Ökosystem Interaktionsmöglichkeiten eines Kunden mit einem Onlineshop exemplarisch und idealtypisch dargestellt: • • • • • • • • • • • • • •



Google- oder Bing-Suche nach einem Produkt. Klick auf ein Werbebanner. Produktvergleich auf einer Preisvergleichsseite. Lesen der Kommentare anderer Kunden. Einstieg in die Shopseite. Interne Shopsuche. Klick auf die Produktübersichtsseite/Produktseite. Interner Produktvergleich. Auswahl des gesuchten Produktes/in den Warenkorb legen. Weitere Empfehlungen werden in den Warenkorb gelegt. Abschluss des Warenkorbs und Durchlaufen des Check-out-Prozesses. Formular ausfüllen, Kreditkarten/Paypal-Dateneingabe. Abschluss der Bestellung. Follow-up durch Retargeting-Banner auf großen Plattformen, Newsletter und Direct E-Mails, Callcenter und Briefmails. Meinung des Nutzers auf Twitter, Google+, Facebook-Fanseite und Bewertungsportal.

Hier eine kleine, sicher nicht allumfassende Auswahl eingesetzter Tools für die Aussteuerung und Analyse: • • • • • • •

AdWords-Lösung SEO-Tool Bid-Management-Lösung Adserver Webanalyse-Lösung Social Media Monitoring Shopsystem/CMS

121

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

• • • • • • • • • • • •

Datawarehouse CRM-Lösung Warenwirtschaft Finanzbuchhaltungslösung E-Mail-Marketing-Lösung Retargeting-Lösung Personalisierungslösung Recommendation-Lösung Testing-Lösung Paymentlösung Inkassolösung Fulfillment

Die individuelle Integration jeder dieser Lösungen mit allen jeweils anderen eingesetzten Lösungen würde ein großes IT-Team über mehrere Jahre hinweg beschäftigen. Daher sind einige große Anbieter inzwischen dazu übergegangen, entweder klassische Business IntelligenceLösungssuites aufzubauen, die mehrere Bereiche abdecken oder aber Digital Marketing Suites, welche übergreifend verschiedene Onlinedaten managen. Kostspielige Investition für den E-CommerceMittelstand

Verlässlichkeit der toolübergreifenden Messwerte wichtig

122

Leider sind für den deutschen „E-Commerce-Mittelstand“ solche Lösungen oft eine zu kostspielige Investition. Auch werden laufende Tools und Prozesse ungern durch neue ersetzt, wenn man sich schon für eine „Best-of-Breed“-Lösung in einem Bereich entschieden hat. Oft sind die Anforderungen an die Lösungen sehr unterschiedlich, so dass es die EINE allumfassend glücklich machende nicht gibt. In Zukunft wird daher für das Big Data-Management wichtig sein, welche Schnittstellen es gibt und welche Lösungen ein übergreifendes Datenmanagement ermöglichen, ohne alle Lösungen integrieren zu müssen.

Schnittstellen wichtig für den Erfolg Entscheidend für den Erfolg mit Big Data wird wie beschrieben das Datenmanagement, die interne Kommunikation und Kollaboration der Teams und die Abkehr von Datensilos. Nur wer seine Daten firmenübergreifend im Griff hat, und die richtigen KPIs definiert hat, hat Erfolg. Dies setzt aber voraus, dass man sich auf seine Messwerte toolübergreifend verlassen kann.

Timo von Focht: Big Data anwendbar machen

Die Pflichtenhefte der ausschreibenden Unternehmen für Lösungsprojekte im Bereich E-Commerce und Digital Marketing sollten daher auf jeden Fall folgende Punkte beinhalten: • Möglichkeit zum Rohdatenexport, keine aggregierten Daten oder Hochrechnungen. • Standardschnittstellen zu CMS, CRM, E-Mail-Lösung sind ein Must Have. • Schnittstellen sollten bidirektional sein und keine oder sehr hohe Limits haben, was die Anzahl der Daten beziehungsweise Zeilen, die kommuniziert werden können, angeht (sonst wird aus einem Big Data-Projekt schnell ein Small Data-Projekt). Eine wichtige Rolle nehmen in Zukunft wohl Tag-Management-Lösungen ein, welche eine einfache Möglichkeit zum übergreifenden Austausch der gesammelten Daten anbieter- und toolübergreifend bieten. TagManagement-Systeme ermöglichen zudem das einfache Implementieren, Konfigurieren und Ergänzen von vielzähligen Webanalyse Tracking Scripts, Conversion- oder Remarketing-Tags durch den Einsatz von TagContainern. Zusätzlich erlauben sie regelbasierte Ausspielungen und oft auch erweiterte Logiken. Durch die Tatsache, dass Containertags in der Regel alles mittracken können, was die darunter liegenden Tools tracken, können sie den eingesetzten Tools übergreifende, einheitliche Rohdaten per API zur Verfügung stellen, ohne dass es für jedes Tool einer extra angepassten Schnittstelle für alle anderen Tools bedarf.

Wichtige Rolle der TagManagementLösungen

Customer Experience-Optimierung Das Offsite-Marketing hat lange Zeit eine führende Rolle gespielt: Traffic Akquise über Suchmaschinen, Banner, Social Media und Brand Building im TV. Doch in Zeiten knapper Marketingbudgets, die in immer mehr Kanälen investiert werden müssen, bei gleichzeitig steigenden Klickpreisen und TKPs in Premium-Umfeldern, muss sichergestellt werden, dass der Kundenkontakt so effektiv wie möglich in Neugeschäft verwandelt werden kann. Wenn weiterhin jedoch neun von zehn potentiellen Käufern eine Website verlassen, ohne einen Kauf getätigt zu haben, sind hier noch große Steigerungsraten möglich. Daher sind nahezu alle großen Onlineshops und E-Commerce-Verantwortliche dazu übergegangen, Konversionsraten auf der Landing Page oder im Einkaufsbeziehungsweise Buchungsprozess auf der Website zu optimieren. Wichtige Maßnahmen sind dabei: Performance-Optimierung der Website, Analyse von Besucherverhalten mithilfe der Webanalyse,

123

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Usability-Studien anhand von Nutzer-Laboren, Eyetracking, Heat- und Click-Maps sowie Mousetracking. Den deutlichsten Uplift erzielen aber bei Weitem A/B- und multivariate Tests, Produktempfehlungen sowie gezielte Personalisierung von Website-Inhalten, die auf die Bedürfnisse und Wünsche des einzelnen Websitebesuchers in Echtzeit zugeschnitten werden. Das Zuschneiden von Inhalten und Usability der Website auf den einzelnen Nutzer kann man übergreifend als Customer Experience Optimization (kurz: CXO) oder auf Deutsch Optimierung des Kundenerlebnisses bezeichnen. Der neue Onlinetrend: dynamischer Content

Der neue Onlinetrend sowohl für B2C- als auch für B2B-Marketer lautet: dynamischer Content. Durch CXO-Lösungen wird es möglich, anhand von Daten aus verschiedenen Datenquellen, wenn man diese sinnvoll miteinander integriert, in Echtzeit dynamische Inhalte sowohl onsite als auch offsite auszuspielen und damit mehr Relevanz der Inhalte pro einzelnem Nutzer auszuspielen. Big Data nutzbar machen für (Online-)Marketing und Vertrieb Durch die zunehmende Verschmelzung traditioneller Absatzkanäle mit neuen Kanälen (Web, Mobile, Social), entsteht ein neuer Ansatz für das Marketing. Der Erfolg von Marketingmaßnahmen lässt sich nun vom ersten Kontakt mit dem Kaufinteressenten bis zum Kaufabschluss, inklusive Retouren und dem wiederholten Kauf eines Nutzers nachvollziehen und zuordnen. Der digitale Auftritt muss als Gesamtstrategie mit dem Offlineauftritt und allen anderen klassischen Touchpoints der Marke mit dem Kunden in eine einheitliche Strategie gebracht werden. Verantwortlichkeiten in Unternehmen werden dadurch neu definiert. Die Budgetallokation für das Online-Marketing wird mehr und mehr vom erzielten tatsächlichen ROI abhängig gemacht. E-Commerce und Online-Marketing verschmelzen damit mehr und mehr. In Zukunft werden erfolgreiche E-Commerce-Manager sich durch umfassende Kenntnisse in den verschiedenen Spielarten des OnlineMarketing auszeichnen, Online-Marketing-Manager werden eine stärkere Vertriebsfokussierung einnehmen müssen. Vertriebssteuerung mithilfe von Big Data Ein möglicher Anwendungsfall von Big Data im Bereich Marketing und Vertrieb ist das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, Einkaufs- und Verkaufspreisen und Verfügbarkeiten. Die Annahme: ein auf der Shop-Website verkauftes Produkt steht nur in begrenzter Stückzahl im Lager des Onlineshops zur Verfügung, das Lager eines

124

Timo von Focht: Big Data anwendbar machen

der Ladengeschäfte verfügt jedoch noch über eine größere Anzahl. Nur, wenn die Warenwirtschaftssysteme von Onlineshop und Ladengeschäft miteinander gekoppelt sind und idealerweise in Echtzeit miteinander kommunizieren, kann hier online der Abverkauf weitergehen, will man das Produkt auch innerhalb von ein bis zwei Tagen liefern können. Eine gleichzeitige Integration der Warenwirtschaft mit einer Produktempfehlungslösung sowie der Onsite-Suche kann helfen, bei bestimmten Kundenanfragen schon vorab auf fehlende Verfügbarkeiten einzugehen und Produkte mit einer Notiz wie zum Beispiel „nur noch eine begrenzte Stückzahl auf Lager“ rechtzeitig im Onlineshop zu kennzeichnen. Ist die Ware abverkauft, so sollten sowohl Suche, Empfehlungen als auch Onlinekampagnen nicht mehr auf dieses Produkt führen. In manchen Bereichen wie beispielsweise bei Hotel- oder Flugbuchungen wird schon heute bei Knappheit entsprechend das Produkt teurer.

Bei Knappheit wird Produkt teurer

Bei einem angenommenen Warensortiment eines Onlineshops von einhunderttausend und mehr Produkten in verschiedenen Kategorien, Farben, Größen und Ausführungen, sind hier schnell robuste, skalierbare Lösungen gefordert, die in Echtzeit mit den großen Datenmengen umgehen können, um Marketingbudgets nicht ins Leere laufen zu lassen und eine gute Abverkaufs- und Preisstrategie zu ermöglichen. Predictive Analytics und Data-Mining geht dann noch einen Schritt weiter, sodass Knappheit frühzeitig erkannt und als Verkaufsargument und zur Marketingsteuerung genutzt werden kann.

Weitere praktische Anwendungsfälle Eine klassische Herausforderung der deutschen Onlinehändler ist die Vermeidung von Retouren. Auch wenn der stationäre Kostenblock entfällt, können die Rücksendungen von nicht passenden oder dem Kunden nicht gefallenden Artikeln schnell einen eigenen Kostenfaktor erzeugen, den man im Blick behalten muss. Retail: Retouren senken Dadurch, dass Retouren meist zeitversetzt und postalisch erfolgen und nur in seltenen Fällen über den Onlineshop abgewickelt werden, fällt es den E-Commerce-Verantwortlichen oft schwer, eine genaue Erfolgszuordnung zu schaffen zwischen dem Brutto- und Nettoerfolg

125

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

einer Onlinekampagne. Eine erste Möglichkeit, die Nettobetrachtung nach Retouren im digitalen Bereich zu tätigen, ist die Integration von Warenwirtschaftssystem und Webanalysedaten.

Schuhpass sorgt für Schuhangebot in passender Größe

Maximalbestellmengen gegen zu hohe Retouren

Die Analyse alleine hilft jedoch nicht dabei, Retouren zu senken, es müssen darauf basierend auch Aktionen unternommen werden, um in Zukunft Retouren zu vermeiden. Hier kann eine Verknüpfung von CRM und Onlineshop helfen, zum Beispiel, wenn es um den Verkauf von Fashion-Artikeln geht, bei denen es auf Konfektionsgrößen ankommt. Ein deutsches sowie ein österreichisches Schuhhaus haben hier sogar eine Integration von Ladengeschäft und Onlineshop genutzt, indem sie Schuhgrößen der Kunden im Laden elektronisch vermessen; die Kunden erhalten anschließend einen Schuhpass mit einer Kennnummer, die es ihnen ermöglicht, im Onlineshop gleich die Schuhe in der jeweils passenden Größe angezeigt zu bekommen. Direkter geht es noch bei einem Brillenanbieter, der eine virtuelle Onlineanprobe per Kundenfoto ermöglicht. Doch was tun, wenn Kunden einfach nur aus Spaß 20 Teile bestellen und davon 19 nach Anprobe zuhause direkt wieder zurücksenden? Hier kann gezieltes Targeting Abhilfe schaffen, welches solche Kunden automatisch wiedererkennt oder anhand bestimmter Kriterien vorausschauend identifiziert und zum Beispiel eine Maximalbestellmenge im Bestellprozess festlegt, die der Kunde dann nicht überschreiten kann. Auch können Incentives für solche Kunden, die größere Bestellungen behalten und nicht zurücksenden, in manchen Fällen hilfreich sein. Travel: Business- und Urlaubsreisende unterscheiden lernen Für viele Fluggesellschaften ist es aufgrund des starken Preiskampfs bei den Inlands- und innereuropäischen Flügen inzwischen sehr wichtig geworden, weitere Einkünfte durch Zusatzangebote (Upsells) zu erzielen. Doch nicht jedes Zusatzangebot ist für alle Reisenden relevant. Die Hypothese: Business-Traveler suchen beispielsweise eher ein Hotel mit Fitnessraum und kostenfreiem WLAN, in der Nähe des Kunden, der Messe oder Veranstaltung, die besucht wird, Urlauber legen mehr Wert auf ein familiäres Ambiente mit Halb- oder Vollpension und WellnessAngeboten, Ferienmietwagen, Auslandsreisekrankenschutz et cetera. Eine große europäische Airline hat folgende Beobachtung gemacht: Businessreisende und Urlaubsreisende sind relativ leicht voneinander zu unterscheiden anhand bestimmter Kriterien. Wichtige Kriterien dabei sind:

126

Timo von Focht: Big Data anwendbar machen

• Reisedauer: Businessreisen dauern in der Regel ein bis drei Tage, Ferienreisen ein bis drei Wochen. • Reisezeit: Businessflieger fliegen meist an einem Wochentag frühmorgens los und kehren am späten Nachmittag/Abend wieder zurück. Ferienreisen konzentrieren sich mehr auf die Wochenenden oder Ferienzeiten im jeweiligen Herkunftsland. • Anzahl der Reisenden/Kinder: Wer mit Kindern oder zu zweit mit dem Partner verreist, tut dies in der Regel für private Zwecke. • Buchungshistorie: wer regelmäßig Businessreisen bucht, lässt sich anhand von Cookies oder einer Vielfliegerkarte identifizieren. Mithilfe dieser Kriterien wurde verhaltensbasiertes Targeting auf der Website eingeführt: Als Business-Traveler identifizierte Nutzer erhielten zum Beispiel andere Hotelvorschläge, Autoklassen bei Vermietern und Versicherungsangebote als Urlauber. Der Erfolg: eine Steigerung der Buchungen von Zusatzangeboten im zweistelligen Prozentbereich.

Steigerung der Buchung durch gezielte Business-/Urlaubsansprache

Finanzbranche: Versicherungsalternativen anbieten Ein deutsches Versicherungsunternehmen, das seinen Kunden verschiedene Arten von Versicherungen und Finanzdienstleistungen anbietet, hat ein redaktionelles Portal aufgebaut, auf dem sich Kunden regelmäßig zum Beispiel über neue Sicherheitsmaßnahmen, Gesundheit, Reisen, Kredite und privaten Rechtsschutz informieren können. Bestimmte Inhalte und Leistungen können dabei nur über Eingabe einer Mitgliedsnummer und Passwort abgerufen werden. Ein Einloggen ist jedoch nicht zwingend für den Besuch der freien Inhalte notwendig. Ein Kunde, der eine bestimmte Versicherung abgeschlossen hat, benötigt in der Regel denselben Versicherungsschutz kein zweites Mal. Die Hypothesen: • Wer schon eine bestimmte Versicherung wie zum Beispiel eine Rechtsschutzversicherung für sich und seine Familie abgeschlossen hat, benötigt diese Versicherung kein zweites Mal. • Wer eine bestimmte Versicherungsart in der Vergangenheit abgeschlossen hat, ist an ähnlichen, komplementären Versicherungen oder Finanzprodukten interessiert (Beispiel: Reiserücktrittsversicherung – Auslandsreisekrankenschutz/Rücktransport).

127

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Zu bestimmten Zeiten im Jahr sind bestimmte Produkte gefragt

• Zu bestimmten Zeiten im Jahr sind bestimmte Finanz- und Versicherungsprodukte gefragter als andere (zum Beispiel KfzVersicherung im Herbst, Auslandsreisekrankenschutz vor Ferienbeginn, besondere Stichtage, anstehende Gesetzesänderungen.) Die Informationen, die für die gezielte, relevante Ausspielung von Inhalten individuell an jeden Besucher des Onlineangebots notwendig sind, liegen zum Teil im Bereich von Webanalyse, CMS und TargetingLösung aber auch in Kundendatenbanken (CRM) des Website-Betreibers sowie in externen Datenquellen (Gesetzesänderungen und Stichtage in der Finanzwirtschaft). Aufgrund der strengen Datenschutzrichtlinien in Deutschland muss hier zusätzlich besonders auf die Trennung von persönlichen Daten und statistischen Daten geachtet werden. Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass bei einem Targeting ohne eine Einbindung der anderen Datenquellen und ohne eine VorabGewichtung der Finanzprodukte hinsichtlich Deckungsbeitrag und anderer relevanter Kriterien, eine sinnvolle Aussteuerung nur schwer möglich ist. Onlinekunden entschieden sich oft für andere Produkte als vom Produktmanagement gewünscht. Jedoch konnte anhand von Tests schon festgestellt werden, dass die gewichtete Ausspielung der Bewerbung der verschiedenen Finanzprodukte einen erheblichen Einfluss auf deren jeweilige Konvertierungsrate hatte. Das finale Ergebnis der Einbeziehung und Integration der oben genannten Datenquellen steht noch aus, da es sich um ein komplexes, abteilungsübergreifendes Projekt handelt. Ein wichtiges Lernelement für das Versicherungsunternehmen war jedoch, dass auch TargetingMaßnahmen intensiv getestet und kontinuierlich überwacht werden sollten, um unerwünschte Effekte zu vermeiden. Business-to-Business: Nutzer segmentieren Auch im B2B-Bereich sollte man sich dem Thema Big Data nicht verschließen, wenn es um die eigenen Onlinenutzer geht. Mithilfe von Testing und Segmentierung konnte beispielsweise IBM das Nutzerengagement auf einer seiner Landing Pages um einen dreistelligen Prozentbetrag steigern mit positiven Effekten für die Onsite-Leadgenerierung [2].

Bestandskunden von Neukunden inhaltlich trennen

128

Wichtig für den Erfolg im Businessumfeld ist die Relevanz der Inhalte für den jeweiligen Nutzer, die Fortsetzung des Eins-zu-eins-Dialogs auch auf der Website. Analog des oben genannten Versicherungsbeispiels, gilt es auch hier, Bestandskunden von Neukunden inhaltlich zu trennen und

Timo von Focht: Big Data anwendbar machen

segmentiert anzusprechen beim Besuch auf der Website. So eignet sich eine Produktdemo für Einsteiger eher für den Erstbesucher der Website als für einen Bestandskunden. Der Bestandskunde einer SaaS-Lösung ist jedoch beispielsweise an seinem persönlichen Login, Unternehmensneuigkeiten, Events oder Wartungsarbeiten und Releases eher interessiert, so dass diese in den Vordergrund gerückt werden sollten.

Fazit und Ausblick Auch wenn das Thema Big Data noch vielerorts ganz am Anfang steht, ist jetzt die Zeit gekommen, sich mit dem Thema Datenanalyse, Integration und Management intensiv auseinanderzusetzen. Unternehmen müssen sich strukturell neu aufstellen, um auf das Thema Big Data reagieren zu können. Dabei gewinnen die digitalen Kanäle eine immer höhere Relevanz aufgrund der Menge, Aktualität und Genauigkeit der erhobenen Daten. Die Verknüpfung traditioneller Datenpools mit den neuen Echtzeitdaten stellt eine der größten Herausforderungen für den Umgang mit den Daten dar. Der (Online- aber auch Offline-) Kunde sollte dabei im Mittelpunkt stehen und als Anker für die Integration der Daten dienen, im Sinne eines optimierten Servicegedankens und einer verbesserten inhaltlichen Relevanz des Angebots für den Einzelnen. Für deutsche und europäische Unternehmen wird dabei die Frage des Schutzes der Privatsphäre der Kunden und die rechtlich einwandfreie Integration von statistischen Daten ein zentrales Thema sein und bleiben. Verantwortliche für E-Commerce und Onlinehandel benötigen hier sicher in Zukunft viel externen Rat und Hilfe, um mit dem Datenvolumen, der Unstrukturiertheit der Daten und den rechtlichen Bedingungen klarzukommen und zügig Projekte umsetzen zu können, die richtigen KPIs und Metriken zu definieren und Hypothesen aufzustellen und zu testen.

Externer Rat gefragt

Beide, Onlinemanager und Dienstleister benötigen beim Thema Big Data den Buy-in des Top-Managements, um hier nennenswerte Veränderungen durchsetzen zu können, da oft die interne Struktur von Unternehmen und die Verantwortlichkeiten von Abteilungen übergreifend betroffen sind.

129

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

Aus Anbietersicht gibt es zwei Wege, um beim Thema Big Data vorn mit dabei zu sein: entweder zu versuchen, eine möglichst umfassende Lösungssuite zu bauen, die jeden Bereich (sowohl online als auch offline) abdeckt, oder eine Best-of-Breed-Lösung anzubieten, welche mit einer soliden, bidirektionalen Schnittstelle ausgestattet ist. Diese kann dann entweder direkt oder über eine Art „Middleware“ wie TagManagement-Lösungen Datenintegrationen für die gezielte, inhaltlich auf die Kunden und Nutzer abgestimmte Ausspielung von Inhalten und Lösungen bereitstellen.

Literatur [1] Gahlert, A.: Big Data wird die Markenwelt verändern. – Haberich, R. (Hrsg.) – Future Digital Business – Wie Business Intelligence und Web Analytics Online-Marketing und Conversion verändern. – Verlag mitp, 2013, S. 127 - 138. [2] Anne Holland Ventures, Inc., Februar 2013, http://www.whichtestwon.com. Big Data is Just the Beginning: Cisco Connected World Technology Report. – Auf dem offiziellen Cisco Blog: http://blogs.cisco.com/datacenter/big-data-is-just-thebeginning-cisco-connected-world-technology-report/?goback=.gde_4520336_ member_229806795#utm_source%3Drss%26utm_medium%3Drss%26utm_ campaign%3Dbig-data-is-just-the-beginning-cisco-connected-world-technologyreport – Artikel vom 27. März 2013. Big Data-Subgruppe der LinkedIn Diskussionsgruppe „Advanced Business Analytics, Data Mining and Predictive Modeling“. – http://www.linkedin.com/ groups/Advanced-Business-Analytics-Data-Mining-35222?trk=myg_ugrp_ovr „Big Data wird den E-Commerce komplett verändern“. – Interview mit Christian Kirschniak von IBM, Internet World Business, Heft 10/13, S. 9. „Daten als Ressource“ (Serie: BIG DATA). – Internet World Business, Heft 10/13, S. 8. „Der wichtigste Rohstoff der digitalen Welt – Umsatz in Deutschland wächst“. – http://www.internetworld.de/Nachrichten/Technik/Zahlen-Studien/Umsatzmit-Big-Data-waechst-Der-wichtigste-Rohstoff-der-digitalen-Welt-74417.html – Artikel vom 6. März 2013. Gabler, T.: „Ein Nervensystem aus Zahlen – Big Data als Thema der DLD-Conference“. – http://www.internetworld.de/Nachrichten/Technik/ Dienstleistungen/Big-Data-als-Thema-der-DLD-Conference-Ein-Nervensystemaus-Zahlen-73012.html – Artikel vom 20.01.2013. Graf, J.: Big Data: Gold Waschen im 21. Jahrhundert. – Haberich, R. (Hrsg.) – Future Digital Business – Wie Business Intelligence und Web Analytics OnlineMarketing und Conversion verändern. – Verlag mitp, 2013, S. 37 - 48.

130

Timo von Focht: Big Data anwendbar machen

Kelly, N. – Dynamic Content – The Future of the Web is here. – Am 13. April 2013 auf: http://www.socialmediaexplorer.com/digital-marketing/ dynamic-content-the-future-of-the-web-is-here/?utm_source=feedblitz&utm_ medium=FeedBlitzRss&utm_campaign=feedburner/socialmediaexplorer Kobelius, J. G.: The Forrester Wave™: Enterprise Hadoop Solutions. – Q1 2012 vom 2. Februar 2012. Kotadia, H. (Ph.D.) – Blog on Data Analytics, Big Data and Social CRM. – http://hkotadia.com/archives/5404?goback=.gde_4520336_member_ 229806876 – Beitrag vom 05. April 2013. Manhart, K.: IDC-Studie zum Datenwachstum - Doppeltes Datenvolumen alle zwei Jahre. – http://www.cio.de/dynamicit/bestpractice/2281581/ – Artikel vom 12. Juli 2011. Mehr ist nicht gleich besser – Tipps für den Umgang mit Big Data. – http:// www.internetworld.de/Nachrichten/Technik/Praxistipps/Tipps-fuer-denUmgang-mit-Big-Data-Mehr-ist-nicht-immer-besser-74492.html – Artikel vom 11. März 2013. Quinn, E.: Is Big Data the Tail Wagging the Data Economy Dog? – http:// blog.infochimps.com/2013/04/05/big-data-tail-wagging-data-economy-dog/ ?goback=.gde_4520336_member_229806875 – Beitrag vom 5. April, 2013. Rijmenam, M. van: 10 big data realities that you should know, auf: Big Data Startups Blog: http://www.bigdata-startups.com/10-big-data-realities-that-youshould-know/?goback=.gde_4520336_member_229269422 – Beitrag vom 3. April 2013. Rosenbach, M.; Müller, M. U., Schulz, Th.: Leben nach Zahlen – BIG DATA: Wie Staaten und Konzerne berechnen, was wir tun werden. – Aus: Spiegel Nr. 20 / 13.5.2013, S.64 ff. Selinger, D.: Big Data und der Einzelhandel – Chancen und Herausforderungen. – http://www.ecin.de/fachartikel/18395-big-data-undder-einzelhandel-%E2%80%93-chancen-und-herausforderungen.html – Artikel vom 3. April 2013. Sterne, J., Haberich, R.: Datenverbesserung und Datenintegration sind die Zukunft. – Aus: Haberich, R. (Hrsg.) – Future Digital Business – Wie Business Intelligence und Web Analytics Online-Marketing und Conversion verändern. – Verlag mitp, 2013, S. 141 - 148.

131

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 2 Differenzierung tut not

132

LEITFADEN DIGITAL COMMERCE

ALWAYS ON: SOCIAL – LOCAL – MOBILE

3

SoLoMo als Schlüsselthema im Digital Commerce

135

Perspektiven des Social Commerce

157

Tablet Commerce erobert den Mittelstand

163

Mobile Coupons für moderne Schnäppchenjäger

169

AUTOREN Gerrit Heinemann erläutert, wie die zunehmende Nutzung von Smartphone und Social Web die Kommunikation zwischen Verbrauchern und Unternehmen verändert. Die situative Nutzung unterwegs macht digitale Informationen überall verfügbar. Das Bewerten, Kommentieren und Diskutieren von Angeboten wird bequemer. Immer schwieriger wird es, im Handel den Point of Decision und den Point of Sale klar zu definieren. Die Customer Journey gerät zum Channel Hopping. Björn Tantau erklärt, wie Social Commerce funktioniert und dass es nicht darum geht, Produkte über das Social Web zu vertickern. Vielmehr müssen Unternehmen lernen, auf authentische Weise mit ihren Produkten Gesprächsstoff zu liefern. Erlebnisse und der Austausch mit Freunden stehen im Social Web im Vordergrund. Oliver Schwartz beschreibt, wie die Digitalisierung auch im B2B-Bereich voranschreitet. Außendienstler sind über Tablets mit den Unternehmenssystemen verbunden. Produktvorstellung, Angebotserstellung und Auftragserfassung werden digital erledigt. Das beschleunigt und vereinfacht eine ganze Reihe unternehmensinterner Prozesse. Dominik Maaßen zeigt auf, wie es gelingen kann, Interessenten aus der Onlinewelt in die stationären Filialen zu locken. Mobile Coupons sind nicht nur für Schnäppchenjäger eine Verlockung, der schwer zu widerstehen ist. Das Praktische daran: Man hat sie immer und überall dabei. Das Smartphone zeigt, welche bald ablaufen und wo sie in der Umgebung eingelöst werden können. In den USA boomt das Thema, in Deutschland erwacht das Interesse gerade.

3

ALWAYS ON: SOCIAL − LOCAL − MOBILE

SoLoMo als Schlüsselthema im Digital Commerce Gerrit Heinemann

3

Weltweit nutzen über 2,6 Milliarden Menschen das Netz, davon über 65 Millionen User in Deutschland [1]. Das sind mehr als 79 Prozent der Bevölkerung. Damit liegt Deutschland im internationalen Vergleich auf den vordersten Plätzen und belegt hinsichtlich der Penetrationsrate innerhalb der 27 EU-Staaten Rang 4 hinter Großbritannien (82 Prozent), Dänemark und den Niederlanden.

Social Internet als Lebensmittelpunkt Mehr als die Hälfte der Internetnutzer ist dabei in sozialen Netzwerken aktiv und verbringt dort einen zunehmenden Anteil der Freizeit. Dadurch entstehen „neue“ Standortfrequenzen im Netz, die Auswirkungen auf die bisherigen stationären Handelsstandorte haben und diese zunehmend ersetzen oder zumindest ergänzen. Der Zugang zu sozialen Netzen erfolgt dabei immer mehr über mobile Geräte. Bereits in 2013 wird die Zahl der mobilen Internetnutzer mit dann rund 1,6 Milliarden die Anzahl der Desktop-User übersteigen [2]. Dabei erweitert das mobile Internet das Handy vom Kommunikations- zum Interaktionsmedium und macht es zum Lebensmittelpunkt des „digitalen Lifestyles“ [3], wobei Angebote im Internet jederzeit verfügbar sind. Für die „Smart-Natives“ verschwindet damit immer mehr der Unterschied zwischen mobilem und stationärem Internet. Die neue „digitale Realität“ wird gelebt, wo auch immer sich ihre Intensivnutzer gerade bewegen. Die situative Nutzbarkeit macht in hohem Maße den mobilen Mehrwert für seine Nutzer aus und verändert gleichzeitig deren Ansprüche und Nutzungsgewohnheiten. Auf Basis der neuen Technologien und Tools entstehen dabei diverse Möglichkeiten der Kommunikation. Diesbezüglich machen Menschen zwar das, was

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Gerrit-Heinemann

Mehr als die Hälfte der Internetnutzer ist in sozialen Netzwerken aktiv

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

sie immer schon gemacht haben, allerdings mit anderen Mitteln [4]: Facebook-Liken ist diesbezüglich wohl das am meisten genutzte Tool. Aber auch Bewerten, Bookmarken, Kommentieren sowie Diskutieren sind beliebt. Hinzu kommt das Hochladen eigener Inhalte, StatusUpdates sowie das Teilen oder Fragen, um nur einige der gängigen Social Media-Aktivitäten zu nennen. Bei dem Teilen oder auch Sharing erzählen Menschen von dem, was sie machen und interessiert. Sei es über Hobbys, Urlaubsfotos, lustige und skurrile Geschichten oder Partnerschaftserlebnisse.

Auch Toiletten werden bewertet

Das Bewerten steht in der Beliebtheitsskala immer noch ganz oben. Entscheidungen werden zunehmend auf der Meinungsbasis Anderer getroffen. Alles und jeder wird bewertet, seien es Ärzte, Spielplätze, Arbeitgeber, Restaurants oder sogar Toiletten. Fragen werden in die Community hineingegeben und dort beantwortet [4]. Blogger und Community-Mitglieder beantworten sogar Serviceanfragen zunehmend untereinander selbst. Wie das Fallbeispiel LG-Electronics zeigt, trifft dies schon für siebzig Prozent der Serviceanfragen zu. Bereits mit wenigen Postings im Netz, die vom Unternehmen selbst kommen, können ungewöhnlich hohe Reichweiten erreicht werden. Nur 47 Blogpostings waren bei LG-Electronics in der Lage, mehr als 30.000 Serviceanfragen im Vorfeld selbst beantworten zu lassen, ohne dass die Hotline beansprucht wurde [5, 6]. Historie und Entwicklung von Social Media Social Media ist nicht so neu, wie angesichts der aktuellen Diskussion angenommen wird. Die Anfänge von Social Media gehen auf das Community-Marketing der Musikindustrie und damit auf die Vorzeit des Internets zurück. Dieses bildete sich aus dem überwiegend militärisch genutzten Apranet seit Ende der sechziger Jahre heraus und wurde 1993 öffentlich [7]. Erste Online Music Communities wie „MySpace“ entstanden bereits in der Startphase des Internets in den neunziger Jahren [7].

Aus passiven Nutzern werden aktive Prosumenten

136

Nach dem Platzen der Internetblase im Jahre 2001 erfand sich das Netz als sogenanntes Web 2.0 quasi neu [8]. Dabei stellt Web 2.0 und später Social Media im Grunde die Zurückeroberung des Webs durch den User dar. Die Emanzipation der Nutzer war auch Ursprungsidee des Internets, die allerdings durch dessen spätere Kommerzialisierung etwas in den Hintergrund gedrängt worden war. Social Media zielt darauf ab, die Nutzer stärker zu involvieren und Communities aller Art zu bilden, um Dialoge herzustellen. Dabei sollten aus passiven Nutzern aktive

Gerrit Heinemann: SoLoMo als Schlüsselthema im Digital Commerce

„Prosumenten“ werden. Als Prosumenten werden Teilnehmer bezeichnet, die im Dialog nicht nur „aktive und mündige Partner von Unternehmen sind“ [9], sondern das Netz insgesamt mitgestalten. Dazu wurden zunächst Foren und Webblogs aller Art genutzt. Später entstanden mit der Weiterentwicklung von MySpace und danach mit der Gründung von Facebook private soziale Netzwerke. Diese wurden mit einer gigantischen Mitgliederzahl zu Bestandteilen des täglichen Lebens. Die Entwicklung virtueller Gemeinschaftsformen, in die sich Social Media einreiht, ist in Abb. 1 dargestellt. Social Media beschreibt diesbezüglich die Möglichkeit, auf Community-Webseiten wie zum Beispiel Blogs, Internetforen, Netzwerken, Bild- und Videoportalen, Wikis, Podcasts sowie nutzergenerierten Webseiten, Erfahrungen und Informationen zu teilen und auch Beziehungen mit anderen Nutzern einzugehen [10].

Abb. 1: Entwicklung virtueller Gemeinschaftsformen seit Entstehung des Apranet [11]. Der Begriff Social Media kann synonym mit dem Begriff Web 2.0 verwendet werden. Im Rahmen von Social Media können Informationen dabei sowohl in verbaler als auch in multimedialer Form Verwendung finden. Dieses betrifft zum Beispiel Fotos, Videos, Musik, Sprachaufzeichnungen und Spiele [12].

„Social Media“ synonym mit dem Begriff „Web 2.0“

137

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

Über Social Media wird die Kommunikation in der Regel weltweit vernetzt und schafft neue Möglichkeiten der Interaktion für Nutzer und auch für Unternehmen. Bekannte Social Media-Plattformen sind neben MySpace und Facebook insbesondere Twitter, Google+, YouTube, LinkedIn, Pinterest und Polyvore. Als Video-Sharing-Plattform spielt dabei YouTube mittlerweile eine herausragende Rolle und ist eine globale und nicht mehr wegzudenkende Institution. Zugleich hat Google+ in relativ kurzer Zeit hohe Mitgliederzuwächse zu verzeichnen.

F-Commerce = FacebookCommerce

1,5 Milliarden Menschen weltweit in sozialen Netzen aktiv

Experten erwarteten, dass mit diesem erst 2011 eingeführten privat/ beruflichen Netzwerk zukünftig ein neuer Gigant mit Facebook gleichziehen kann [13]. Insgesamt stellt Social Media mittlerweile aber keine reine Kommunikationsplattform mehr dar. Es zeichnet sich ab, dass soziale Plattformen neben Kommunikationszwecken auch für den unmittelbaren Verkauf von Produkten eingesetzt und dadurch stärker als bisher wieder kommerzialisisert werden, wie auch der Begriff „FCommerce = Facebook-Commerce“ unterstreicht [14]. Aktueller Stellenwert von Social Media Der Stellenwert von Social Media ist im Zusammenhang mit der weltweiten Internet-Penetration zu sehen. Diese wird eindrucksvoll durch die Größe der Facebook-Gemeinde dokumentiert. Weit über eine Milliarde Nutzer sollen ihr mittlerweile angehören, davon rund 24 Millionen in Deutschland [15]. Google+ kommt auf annähernd 300 Millionen Mitglieder weltweit und wächst rasant. Zusammengenommen sind mindestens 1,5 Milliarden Menschen in sozialen Netzen aktiv. Unter ihnen entwickelt der Informationsaustausch im Zuge des „Social Networking“ eine völlig neue Dynamik. Die Nutzer sind zwar tendenziell eher jung und mit einer leichten Differenz eher männlich. Allerdings nutzt bereits mehr als jeder zweite der über Fünfzigjährigen dieses Medium [16]. Der Zugang zu sozialen Netzen erfolgt dabei zunehmend über mobile Geräte. Hierbei spielen natürlich die bereits erwähnten gängigen Social Media-Aktivitäten, wie (zum Beispiel) Bewerten, Bookmarken und Kommentieren, eine wichtige Rolle. Rund 54 Prozent der FacebookNutzer tun dies bereits [14, 17].

Änderung des Kaufprozesses Zweifelsohne hat die Nutzung von Internet und Social Media-Instrumenten Auswirkungen auf das Einkaufsverhalten der Konsumenten. Um diese zu

138

Gerrit Heinemann: SoLoMo als Schlüsselthema im Digital Commerce

verstehen, soll zunächst der klassische Kaufprozess ohne Internetnutzung dargestellt werden. Dieser dient als Grundlage, um darauf aufbauend den neuen Kaufprozess inklusive Internetnutzung darzustellen sowie die sogenannte Customer Journey vor dem Kaufprozess, die zunehmend auch auf Social Media-Instrumente zurückgreift. Der klassische Kaufprozess Zentrales Interesse eines jeden Kunden ist es, in seinem Kaufprozess ein Produkt zu finden, das seine Bedürfnisse optimal befriedigt [18]. Hilft ein traditioneller Händler dem Kunden dabei und bietet er diesem dazu noch einen akzeptablen Preis, dann hat dieser Händler gewöhnlich eine hohe Relevanz für den Kunden. Daraus leitete sich bisher die primäre Rolle des Handels für die Konsumenten ab. Im besten Fall war es ihm auch gelungen, damit den Nutzen seiner Kunden zu optimieren. Dabei erfolgte die gesamte Wertschöpfung des Kaufentscheidungsprozesses bei Händler. Beschaffung, Vorauswahl und Beratung wurden ihm dementsprechend honoriert. Der Handel musste sich die Erlöse mit Niemandem teilen [18]. Der im stationären Handel gelernte klassische Kaufprozess sieht gewöhnlich vor, dass der Kunde sich zuerst einen Anbieter auswählte. Am „Point of Sale“ (PoS) entschied er sich dann für das Produkt, das seinen Bedürfnissen entsprach. Hierzu verschafft er sich einen Überblick über die Produkte im Sortiment des Händlers, vergleicht die Produkte anhand von Produktinformationen und trifft schließlich eine Produktauswahl mit anschließendem Kauf. Somit hat der Kunde sich zuerst für einen oder mehrere Anbieter entschieden und sich dann vor Ort auf ein Produkt festgelegt. Charakteristisch für den klassischen Kaufprozess, der in Abb. 2 dargestellt ist, war die Übereinstimmung von „Point of Decision“ und „Point of Sale“ [18].

Kaufentscheidung fiel am Point of Sale (PoS)

Die bisherige Ordnung des Kaufentscheidungsprozesses ist durch das Internet stark verändert worden. Zudem wurden die Wettbewerbsverhältnisse neu definiert. Einerseits ermöglicht das Internet es dem Kunden, dass er sich beinahe jedes weltweit verfügbare Produkt relativ schnell und einfach beschaffen kann. Andererseits findet er im „World Wide Web“ umfassende Informationen, die ihn bei der Suche nach dem richtigen Produkt unterstützen. Dabei wird der Entscheidungsprozess aufgrund detaillierter Produktinformationen, zusätzlicher Testberichte sowie dargestellter Produktbewertungen von anderen Kunden viel besser unterstützt, als bei der traditionellen Beratung durch einen Händler [18].

139

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

Abb. 2: Der klassische Kaufprozess [19]. Der neue Kaufprozess Nicht nur in rationaler Hinsicht, auch in Hinblick auf emotionale Kaufmotive kann sich der Kunde im Internet orientieren. So findet er innerhalb seiner Peer Group in sozialen Netzen stets auch Informationen über die Akzeptanz und Beliebtheit von Produkten. Dadurch erhält er Sicherheit bei der Kaufentscheidung. Zudem kann er mit dem Kauf eines Produkts Gruppenzugehörigkeit signalisieren und Social MediaInstrumente zur Entscheidungsfindung nutzen. Dementsprechend entkoppelt sich der Kaufentscheidungsprozess durch das Internet, was analog zur Entkoppelung der Wertschöpfungsketten im Handel stattfindet. Dabei werden die Erlöse auf die einzelnen Wertschöpfungsstufen verteilt und nicht mehr in Gänze vom Händler vereinnahmt.

Im Internet wählt der Kunde zuerst ein Produkt aus

Als Bedrohung für den Handel stellt sich heraus, dass das Internet die einzelnen Phasen im Kaufentscheidungsprozess verschiebt und sich damit der „Point of Decision“ vom „Point of Sale“ (PoS) loslöst [18]. Dabei stellt sich der neue (Online-)Kaufprozess so dar, dass der Kunde im Internet zuallererst ein Produkt auswählt, das seinen Bedürfnissen entspricht [20]. Mit Hilfe von Preissuchmaschinen, Onlinemarktplätzen, Social Shopping-Diensten, sozialen Netzwerken oder Communities verschafft er sich dazu einen Produktüberblick über interessante Produkte. Danach vergleicht er die Produkte anhand von Produktinformationen zum Beispiel mithilfe von Herstellerseiten, Testberichten, Meinungsportalen oder sozialen Netzwerken und trifft dann eine Produktauswahl. Erst zum Schluss wählt der Kunde den aus seiner Sicht optimalen Anbieter aus, bei dem er kauft. Dabei entscheidet er meist preisorientiert und relativ losgelöst von Online- oder Offlinekanälen. Dadurch verliert der einzelne Händler massiv an Bedeutung für die Kunden. Er wird im Extremfall nur noch als „Point of Sale“ wahrgenommen. Das liegt auch daran, dass im Internet die benötigten Informationen zur Produktauswahl in viel größerem Umfang vorhanden

140

Gerrit Heinemann: SoLoMo als Schlüsselthema im Digital Commerce

sind. So gewinnt der „Point of Decision“ stark an Bedeutung. Für den Kunden bietet das Auffinden der richtigen Information den größten Nutzen und wird damit zum wertvollsten Teil der Wertschöpfungskette [20, 21]. Dieser neue Kaufprozess ist in Abb. 3 dargestellt.

„Point of Decision“ gewinnt stark an Bedeutung

Abb. 3: Der neue Kaufprozess [22]. Selbst wenn das Produkt nicht in einem E-Shop gekauft wird, ist das Internet für die meisten seiner Nutzer das glaubwürdigste Medium im Zusammenhang mit Kaufentscheidungen. Untersuchungen zeigen, dass 97 Prozent aller deutschen Haushalte, die Internetanschluss verfügen, zunächst im Web recherchieren, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen [23]. Dabei stellen gut die Hälfte der Internetnutzer Preisvergleiche an, informieren sich auf Herstellerseiten, lesen Testberichte in Internet oder berücksichtigen Kommentare und Diskussionsbeiträge anderer Nutzer [23]. Mit der zunehmenden Verlagerung der Kommunikation ins Netz verschiebt sich auch die Relevanz einzelner Informationsquellen für den Internetnutzer: Mittlerweile zählen Bewertungen anderer Internetnutzer zu den vertrauenswürdigsten Quellen. Diese spielen insbesondere bei der Vorbereitung von Käufen eine große Rolle. Die Orientierung an der letzten Handlung des Kunden vor dem Einstieg in den Kaufprozess – in der Regel googeln – darf insofern die so genannte Customer Journey nicht ausblenden [24, 25]. Die Customer Journey zum Kaufprozess Die sogenannte Customer Journey zum Kaufprozess besagt, dass zwischen dem Kaufgedanken und dem Klick eine Reihe von Stationen liegt. So sind Werbebanner oder E-Mail-Newsletter nicht selten Kaufimpulsauslöser. Der Prozess bis zum endgültigen Kauf kann mehrere Wochen dauern. Das schließt Search, Diskussionen in Bewertungsplattformen, Erfahrungsaustausche oder Recherchen auf Preisvergleichsportalen ein [24, 25].

Bewertungen anderer zählen zu den vertrauenswürdigsten Quellen

Werbebanner und E-Mail-Newsletter sind Kaufimpulsauslöser

141

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

Insofern spielt hier die Nutzung von Social Media-Instrumenten eine große Rolle.

FacebookKampagnen lassen sich nicht einfach tracken

Der Customer Journey-Ansatz berücksichtigt auch Langzeiteffekte und beinhaltet zwei Dimensionen. Die erste Dimension stellt Kaufimpulse dar. Die zweite Dimension gewichtet den Beitrag bestimmter Touchpoints während der Customer Journey zur Conversion („Conversion Attribution“). Es ist schwierig, die Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Werbemittelkontakten darzustellen, denn es lässt sich nicht alles auf dem Weg eines Kunden zur Kaufentscheidung messen. Auch darf die Wirkung von Social Networks auf die Customer Journey nicht unterschätzt werden, insbesondere am Anfang der ConversionKette. Diesbezüglich stellt Facebook eine besondere Herausforderung dar, denn Facebook-Kampagnen lassen sich nicht so einfach tracken wie zum Beispiel Banner- oder AdWords-Kampagnen.

Abb. 4: Typische Customer Journey [24]. Gleiches gilt für Werbemittelkontakte aus dem Offlinebereich, wie Fernsehwerbung, Zeitungsanzeigen oder Plakatwerbung [24, 25]. Insofern muss der Customer Journey-Ansatz immer auch die Welten von Offline und Online zusammenbringen. Das setzt qualifizierte Datenerhebungen voraus. In Abb. 4 ist eine typische Customer Journey dargestellt. In vielen Fällen sieht diese die Nutzung von Social MediaInstrumenten vor.

142

Gerrit Heinemann: SoLoMo als Schlüsselthema im Digital Commerce

„Always-On“ – Omni-Channel statt Channel-Hopping Sowohl im neuen Kaufprozess als auch in der Customer Journey zum Kaufprozess findet in der Mehrzahl aller Fälle ein „Channel-Hopping“ der Kunden statt, bei dem die Kunden zwischen den Einkaufs- und Kommunikationskanälen hin- und herspringen. Diese erfolgt entweder sequentiell oder parallel. Die parallele Nutzung der Kanäle, die sogenannte Omni-Channel-Nutzung, nimmt immer mehr zu und wird befeuert durch die Smartphone-Nutzung im Kaufprozess. Channel-Hopping Im Rahmen des Channel-Hoppings kann zum Beispiel ein Konsument in einem gedruckten Katalog auf ein Produkt aufmerksam werden und beschafft sich dann über das Internet weitere Informationen. Es ist auch denkbar, dass er anschließend das Geschäft des Händlers aufsucht, um das gewünschte Produkt zu bestellen. Ebenfalls kann der Fall auftreten, dass der Kunde das Produkt im Internet bestellt und per Post nach Hause zugestellt bekommt. Wird den Kunden diese Möglichkeit zum „Channel-Hopping“ gegeben, dann wirkt sich diese erfahrungsgemäß positiv auf das Stammgeschäft aus [26]. Geht allerdings ein Kunde nach dem Kauf im Internet in eine Filiale, um sein Produkt zu reklamieren oder umzutauschen, kann es im Falle nicht integrierter Kanäle leicht vorkommen, dass der Umtausch des online bestellten Produktes im Geschäft gar nicht möglich ist. Mangelnde Kundeninformationen und eine unzureichende Integration der Warenwirtschaftssysteme innerhalb der verschiedenen Absatzkanäle lassen ein derartiges Szenario als nicht unwahrscheinlich erscheinen. In solchen Fällen ist es nicht möglich, auf den Kunden als Channel-Hopper einzugehen. Weitere Problemfälle sind dabei vorprogrammiert, zum Beispiel wenn die Kunden in den verschiedenen Kanälen des Händlers nicht abgestimmte oder nicht als kanalspezifisch gekennzeichnete Sortimente vorfinden. Bei einer Multichannel-Strategie besteht dabei die große Gefahr, dass ein Kunde seine negativen Erfahrungen auf die übrigen Absatzkanäle überträgt. Um an den Potenzialen des weiter zunehmenden Channel-Hopping teilhaben zu können, führt insbesondere für die stationären Händler kein Weg mehr an einem integrierten Multichannel-System vorbei. Die Integration der Kanäle erfordert dann aber ein professionelles Cross-Channel-Management, dem damit eine Schlüsselstellung für die erfolgsorientierte Ausrichtung von Multichannel-Systemen zukommt. In

Integration der Kanäle erfordert professionelles Cross-ChannelManagement

143

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

Abb. 5 ist ein idealtypischer Channel-Hopping-Prozess dargestellt. Statt zwischen den Kanälen „sequentiell“ hin- und herzuspringen – was das Channel-Hopping auszeichnet – nutzen immer mehr Kunden im Zuge einer „Omni-Channel-Nutzung“ verschiedene Kanäle parallel [27].

Abb. 5: Channel-Hopping im Kaufprozess [28].

Simultaner Einkauf online oder offline nimmt zu

Omni-Channel-Nutzung Im Rahmen der Omni-Channel-Nutzung kaufen immer mehr Konsumenten nicht mehr nur online oder offline sondern quasi in beiden Kanälen simultan ein, was der neuen Smartphone-Technologie und dem mobilen Internet geschuldet ist. Zunehmend informieren sich die Käufer vor dem Kauf eines Produktes nicht mehr nur stationär im Internet, sondern direkt am PoS via Mobile. Nicht ohne Grund widmete auch das Harvard Business Review in der März-Ausgabe 2012 diesem Thema einen Artikel [27, 29]. Unter dem Titel „die neue Kunst zu verkaufen“ wird der Trend OmniChanneling zwar primär aus Unternehmensperspektive erläutert, gibt aber ebenfalls wichtige Hinweise auf das veränderte Konsumentenverhalten. Experten gehen davon aus, dass bereits heute schon viele Kunden sogenannte Omni-Channel-Nutzer sind, also mehrere Kanäle gleichzeitig

144

Gerrit Heinemann: SoLoMo als Schlüsselthema im Digital Commerce

in Anspruch nehmen während sie einkaufen. Ob das bewusst oder unbewusst erfolgt, ändert nichts an der Tatsache, dass sie dieses tun [27]. Es unterstreicht aber auch die Notwendigkeit für MultichannelHändler, dass sie zur Optimierung nicht nur ihren E-Shop (re)launchen, sondern diesen auch enger mit ihrem stationären Geschäft verknüpfen sollten. Für Konsumenten ergeben sich dadurch folgende Vorteile, die er auch honorieren dürfte [27]. Flexibilität: Eine Kundin kauft online ein und probiert die Sachen zu Hause an. Falls sie das Kleid doch in einer anderen Farbe oder Größe bevorzugt, sucht sie auf dem Weg zur Arbeit kurz die nächste Filiale auf und tauscht den Artikel dort um. Sie nutzt dabei die fortschreitende Verschmelzung der verschiedenen Vertriebskanäle. Erlebnis: Der Kunde kann sich wie im Adidas Neo Store in Hamburg von einem interaktiven Spiegel fotografieren lassen und über Facebook seine Freunde mit in die Kaufentscheidung einbeziehen. Einfachheit: Der Ladenbesucher findet keine begrenzten Produktinformationen mehr auf Preisschildern oder Etiketten, sondern kann alle benötigten Informationen entweder direkt mit dem potentiellen Produkt oder mit einem Smartphone online abfragen. Diese Beispiele scheinen für viele Internetnutzer bereits eine Selbstverständlichkeit zu sein, denn Konsumenten gewöhnen sich rasch an neues Einkaufsverhalten und setzen es dann als Service voraus. Smartphone-Nutzung im Kaufprozess Wesentlicher Treiber der Omni-Channel-Nutzung sind die Smartphones, die den Zugriff auf das mobile Internet praktisch an jedem Ort möglich machen. Bereits in 2013 wird die Zahl der mobilen Internetnutzer mit dann rund 1,6 Milliarden die Anzahl der Desktop-User übersteigen [2]. Jeder Dritte von ihnen hat schon einmal mit seinem mobilen Endgerät eingekauft hat, wie eine repräsentative Studie der Verbraucher Initiative e.V. und eBay ergeben hat [30, 31]. Mobile Commerce ist damit ein wachsender Markt, der neue Herausforderungen an Infrastrukturanbieter stellt. Die zunehmende Smartphone-Nutzung führt auch dazu, dass einfache Preisvergleichsmöglichkeiten, die im Internet existieren, auch für die Beurteilung von Offlinepreisen genutzt werden können. Produkte im stationären Handel sind über Produktbild oder Barcode sehr schnell identifizierbar und mit Mobile Commerce-Angeboten vergleichbar. Bereits knapp die Hälfte der „Smart-Natives“ nutzt das

145

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

Kunden fragen nach Rabatt

Smartphone, um zusätzliche Produktinformationen einzuholen. Auch Preisinformationen werden sehr häufig abgefragt. Die über das mobile Internet stets überall erhältlichen Preisinformationen steigern auch das Selbstbewusstsein der Kunden. Haben diese über ein mobiles Endgerät einen günstigeren Preis gefunden, so ist über die Hälfte von ihnen bereit, direkt nach einem Rabatt zu fragen [34]. Im Zuge dieser Entwicklung kann von einer Angleichung und einem daraus folgenden weiteren Preisdruck ausgegangen werden. Dies dürfte auch für Referenzpreise gelten, die zur Preisbeurteilung genutzt werden [33, 34]. Phasen mit Preisaktionen dürften ebenfalls betroffen sein, da die Kunden weniger auf externe Referenzpreise der Händler angewiesen sind, sondern die tatsächliche Ersparnis gegenüber den Preisen im Internet nunmehr selbst ermitteln können [34]. Nutzer tun dies bereits [14, 17]. Zugleich erweitert das mobile Internet das Handy vom Kommunikations- zum Interaktionsmedium und macht es zum Lebensmittelpunkt des „digitalen Lifestyles“ [3], wobei Angebote im Internet jederzeit verfügbar sind. Bereits 49 Prozent von ihnen beziehen nützliche Informationen für den Alltag wie zum Beispiel Staudaten, Fahrplanauskünfte oder andere vorrangig über ihr Smartphone [3]. Der sogenannte „Instant-OnCharakter“ des mobilen Endgeräts macht das Internet zum NebenbeiMedium, wobei sich das Gerät den Präferenzen seines Nutzers anpasst und sich problemlos in die Alltagsroutine integrieren lässt.

SoLoMo: Soziale, lokale und mobile Vernetzung

Die situative und lebensstilgerechte Anpassung der Angebote an die individuellen Einkaufsgewohnheiten der Kunden ist die hohe Schule des Mobile Commerce. Damit lassen sich die neuen „Synergien des SoLoMo“ ausspielen, die sich aus der sozialen, lokalen und mobilen Vernetzung (SoLoMo) ergeben. Dazu gehören auch individualisierbare virtuelle Regale und der Einsatz der Augmented Reality in allen denkbaren Facetten. Mobile 2.0, also die mobile-orientierte Umsetzung von Social MediaInstrumenten mit Vernetzung zu Facebook, Twitter & Co., ist Standard. Twitter-Accounts funktionieren dabei nicht nur als Service-Tool, um Kundenfragen zu beantworten, wie bei BestBuy mit seinem Twelpforce praktiziert. Sie können auch die anderen Verkaufskanäle nachhaltig befeuern, wie Whole Foods Market (WFM) dies zeigt [35]. Die situative Nutzbarkeit macht in hohem Maße den mobilen Mehrwert für seine Nutzer aus und verändert gleichzeitig deren Ansprüche und Nutzungsgewohnheiten.

146

Gerrit Heinemann: SoLoMo als Schlüsselthema im Digital Commerce

„Always-in-Touch“ – SoLoMo – auf dem Vormarsch Durch das mobile Internet und die neuen Smartphones ist die Kommunikation an jedem Ort und zu jeder Zeit möglich. Dabei teilen Nutzer zunehmend Informationen zu ihrem Aufenthaltsort und zu lokalen Angeboten [36]. Diese werden nicht mehr zeitversetzt, sondern in Echtzeit mit dem Netzwerk ausgetauscht. Insofern ist das soziale Netzwerk Begleiter in allen Lebenssituationen und zu allen Themen. Es verändert die Definition von Privatsphäre, denn ein größerer Teil des eigenen Lebens wird dadurch öffentlich. Virtuelle Identitäten dienen der Selbstdarstellung und sind für Digital Natives essentiell [36]. „Menschen sind damit einverstanden, Informationen über sich mit anderen zu teilen“, so Marc Zuckerberg [14]. Diese soziale Mediennutzung kann nicht mehr isoliert betrachtet werden, sondern findet zunehmend im Zusammenspiel mit Lokalisierung und Location Based Services sowie mobiler Internetnutzung statt. Dieses Zusammenspiel bildet die Basis für die „Synergien des SoLoMo“, die sich aus der sozialen, lokalen und mobilen Vernetzung (SoLoMo) ergeben und ganz neue Möglichkeiten der Vermarktungseffizienz erlauben [14]. Die mit der SmartphonePenetration einhergehende SoLoMo-Vernetzung ergibt sich aus der kombinierten Antwort/Lösung folgender Fragestellungen [14]: Social: Wie bewegen sich Fans auf Social Media-Plattformen und was erwarten sie dort von ihren Händlern und ihren Lieblingsmarken? Local: Welche Möglichkeiten bietet die Lokalisierung der Kunden für lokale und stationäre Angebotsformen? Mobile: Welche Möglichkeiten bietet das Mobile Marketing beziehungsweise Mobile Commerce und wie können Unternehmen ihre „mobilen“ Fans/Konsumenten abholen? Da die Anzahl der Intensivnutzer von Smartphones und mobilem Internet in den nächsten beiden Jahren rasant wachsen wird, dürfte auch die SoLoMo-Vernetzung in gleichem Ausmaß zunehmen. Bereits Ende 2013 werden rund vierzig Prozent aller Deutschen und damit fast 32 Millionen Menschen ein Smartphone besitzen. Von ihnen surfen rund 23 Prozent und damit rund vier Millionen Nutzer täglich im mobilen Internet [37]. Diese Gruppe der Smart-Natives bildet die Basis für das SoLoMo.

147

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

„Location Based Services“ meist mit attraktiven DiscountAngeboten

Kommunikation wird offener

Smartphone wird zur „Fernbedienung des Lebens“

148

SoLoMo-Mindset Das Smartphone entwickelt sich zur „Cross-Technology-Plattform“, das damit neue Verkaufschancen durch das Senden lokaler Informationen in Verbindung mit innovativen Services und Technologien eröffnet [38]. Diese „Location Based Services“ sind zunehmend mit attraktiven Discount-Angeboten verbunden, durch die Kunden sich in stationäre Läden locken lassen. Sie ermöglichen ihnen darüber hinaus eine neue Dimension der Preistransparenz durch lokale Preisvergleichsmöglichkeiten sowie eine sofortige Lieferbarkeit digitaler Leistungen, sogenannte OTA-Lieferungen – „over the air deliveries“. Dabei übernimmt das Smartphone immer mehr die Bezahlfunktion und ersetzt zukünftig die Kreditkarte [6, 39]. Der einfache Zugang zu ständig verfügbaren Angeboten im Internet bereichert den Alltag der SmartNatives und bietet eine neue Form der nutzerbezogenen Effizienz. Getrieben durch die zunehmende Bedeutung sozialer Netzwerke und das ständige In-Verbindung-Stehen mit Freunden und Bekannten wird Kommunikation deutlich offener. Das „Always-On” ist die technische Grundlage, „Always-In-Touch” die soziale Konsequenz des SoLoMoMindsets [40]. Dieses ist in Anlehnung an die Go-Smart-Studie 2012 in Abb. 6 dargestellt und umfasst die vier Komponenten SoLoMo-Usability, SoLoMo-Effizienz, SoLoMo-Kommunikation sowie die SoLoMoKonvergenz [38, 41]. Die Komponenten greifen auf die als Ergebnis einer repräsentativen Untersuchung über die Mobile-Nutzung in Deutschland aus dem Jahr 2012 zurück, die als Gemeinschaftswerk von Google, der Otto Group, TNS-Infratest sowie Trendbüro durchgeführt wurde. SoLoMo-Usability Die Smart-Natives kennzeichnet eine hohe Nutzungsintensität sowie eine hohe Technik- und Webaffinität. Sie integrieren das dem mobilen Internet innewohnende Potenzial bereits umfassend in ihr tägliches Leben. Der Begriff „Fernbedienung des Lebens“ trifft diese Lebensweise auf den Punkt [43]. Diesbezüglich steigern intuitive Nutzbarkeit und Personalisierungsoptionen die Faszination für das technische Gerät.

Gerrit Heinemann: SoLoMo als Schlüsselthema im Digital Commerce

Abb. 6: „Always-in-Touch“-SoLoMo-Mindset [42]. Diese neue Art der Usability verursacht maßgeblich die rasant steigenden Nutzerzahlen des Smartphones. Insbesondere die Einführung von Touchscreens beziehungsweise berührungsempfindlichen Displays und Apps machen die Geräte gut mobil nutzbar. Das Gerät lässt die Nutzer sich auf den Inhalt konzentrieren, weil deren Bedienung einfach ist. Apps bieten dabei einen vereinfachten Zugang zu Funktionen und Inhalten. Sie kompensieren technische Defizite wie zum Beispiel die geringe Bildschirmgröße und die kleinen Tastaturen [38]. Darüber fügt sich der Zugriff auf das mobile Internet nahtlos in den Tagesablauf ein, weswegen heute schon fast die Hälfte der Smartphone-Nutzer nützliche Alltagsinformationen über ihr Smartphone beziehen [36, 38, 44]. SoLoMo-Effizienz Unabhängig von Ort und Zeit befähigen Smartphones ihre Nutzer zur sofortigen Lieferung digitaler Leistungen, in Form der genannten OTA-

149

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

Lieferungen. Sie dienen quasi als „Enabler“ und „Beschleuniger“. Dabei ist Information, Kommunikation, Entertainment und Shopping jederzeit möglich. In vielen Fällen erfolgt eine parallele Nutzung dieser Angebote in Form des „Omni-Channeling“ [38]. Die ständige Verfügbarkeit verleitet zu neuen Verhaltensmustern. Ad-hoc-Entscheidungen können immer mehr eine vorausschauende Planung ersetzen, da die gewonnene Mobilität mehr Flexibilität ermöglicht. Situativ benötigte Informationen sind permanent verfügbar

E-Mail und Instant Messaging ersetzen klassische Telefonie

Reaktionszeiten werden immer schneller

150

Situativ benötigte Informationen sind permanent verfügbar und können schnell und zuverlässig abgerufen werden. Der Zugang zu Wissen wird ebenso wichtig wie das Faktenwissen selbst. Zugleich erfolgt eine Dynamisierung medienfreier Zeitinseln, da Leerlaufzeiten überbrückt werden können. Bereits 82 Prozent der Smart-Natives nutzen ihr Gerät zum Zeitvertreib in Pausen. Sie nutzen das Smartphone anstelle des Desktops auch zunehmend Zuhause, da sie dessen Instant-OnFunktionalität schätzen [36, 38, 45]. SoLoMo-Kommunikation Vor allem die schriftlichen Formen der Internetkommunikation wie zum Beispiel E-Mail oder Instant Messaging ergänzen oder ersetzen zunehmend die klassische Telefonie, die nur noch auf 22 Prozent Nutzung kommt. Vorrang haben VoIP, Chat, Status-Updates, Pinnwandeinträge und soziale Netzwerke mit 29 Prozent Nutzungsgrad. Bereits zehn Prozent aller genutzten Smartphone-Funktionen entfallen auf soziale Netzwerke. Dementsprechend überstieg bereits in 2010 das Volumen mobiler Datendienste der SMS und MMS [3]. Rund 77 Prozent der Smart-Natives nutzen soziale Netzwerke, 18 Prozent von ihnen sogar hauptsächlich über ihr Smartphone. Offene Kommunikation wird bevorzugt, da sie Feedback generiert und die soziale Rolle des Users unterstreicht. Zugleich reduzieren die ständige Verbindung zum Freundeskreis und die Kommunikation in Quasi-Echtzeit den sprachlichen Aufwand. Dabei werden auch die Reaktionszeiten immer schneller, weil neben den Kommunikationsinhalten auch deren permanenter Austausch reizt. Dementsprechend befindet sich der SmartNative quasi kontinuierlich im Datenfluss, legt andererseits aber auch Wert auf die eigene Privatsphäre und Kontrolle. Bereits 49 Prozent der Smart-Natives haben bei ausgeschaltetem Gerät Angst, etwas zu verpassen und sind deshalb auch „always on“ [36, 38, 46].

Gerrit Heinemann: SoLoMo als Schlüsselthema im Digital Commerce

SoLoMo-Konvergenz Konvergenz als Begriff beschreibt die Zusammenführung verschiedener Funktionen, Inhalte und Kanäle in einem einzelnen Endgerät. Rund 33 Prozent aller Smartphone-Nutzer nutzen noch primär ihr Gerät zum Telefonieren, allerdings nur noch 22 Prozent der Smart-Natives. Sie gebrauchen zu 44 Prozent ihr Smartphone lieber für Internetfunktionen. Diesbezüglich werden die Geräte zum Organisieren, Fotografieren und Filmen oder für Computerarbeiten genutzt. Zudem werden über das mobile Internet Informationen zum Wetter (92 Prozent der SmartNatives) lokale Suchinformationen (74 Prozent) oder Preisvergleichsseiten (39 Prozent) abgerufen. Bereits 63 Prozent der Smart-Natives nutzen klassische Suchmaschinen auf ihrem mobilen Gerät. Auch Entertainment-Angebote werden zunehmend genutzt. YouTube füllt Pausenzeiten, lustige Apps regen Unterhaltungen an oder Computerspiele steigern die Unterhaltung. Als „Schweizer Taschenmesser“ in digitaler Form bietet das Smartphone seinen Nutzern kaum vorstellbare Funktionen. Dabei vermischen sich private und berufliche Nutzung, denn 43 Prozent der Smart-Natives benutzen ihr berufliches Smartphone auch privat. Immerhin 45 Prozent aller Smartphone-User und 60 Prozent der Smart-Natives geben an, dass es ihnen nichts ausmacht, in der Freizeit mal etwas für den Job zu tun [36, 38, 47].

Zusammenfassung und Ausblick Bis Ende 2014 wird mehr als die Hälfte aller Deutsche ein Smartphone nutzen und dieses als natürlichen Bestandteil seiner Einkaufsprozesse betrachten [48]. Diese zukünftigen Kunden erwarten auf ihrem Smartphone ein weitaus größeres Leistungsspektrum, als sie es aus der stationären Internetnutzung kennen. Vor allem lokale Funktionen und soziale Netzwerke werden über sie eine noch größere Rolle spielen als heute schon. Dieses sogenannte SoLoMo-Phänomen wird auch dadurch befeuert, dass die Nutzer online relevant bleiben wollen. Dieses gilt heute schon für die Smart-Natives, für die ein permanenter Zugang zum digitalen Datenstrom normal ist. Sie fordern mobile Angebote, die sie permanent auf dem Laufenden halten und mit ihrem Netzwerk austauschen können. Diesbezüglich schaffen lokale Echtzeit-Angebote mit Geolocating, weiter steigende Reaktionsschnelligkeiten, Realtime-Information sowie

151

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

Augmented Reality interessante mobile Mehrwerte für die SoLoMoNutzer. Ein Mehrwert ist bereits heute unbestritten der Einkauf im Internet [36, 38, 49]. Er ist bequem und vielfältig sowie 24 Stunden täglich ortsungebunden möglich. Trotzdem gehen Experten nicht davon aus, dass stationäre Läden völlig verschwinden werden [50].

Internet für viele Menschen zum Lebensmittelpunkt geworden

Die Konsumenten wollen nicht alles online einkaufen, allerdings auch nicht auf die Vorteile eines Kanals verzichten müssen, nur weil sie gerade einen anderen Kanal nutzen. Einige Unternehmen ermöglichen deswegen ihren Kunden das parallele Shoppen. Dieses sollte allerdings nicht zu einer Abwanderung der Kunden führen. Deswegen arbeiten einige Einzelhändler derzeit an No-Line-Strategien [38]. Onlineshopping ist für die meisten Kunden nicht mehr aus ihrem Tun wegzudenken. Gerade deswegen darf der stationäre Handel nicht den Anschluss verlieren, zumal Internet für viele Menschen bereits zum Lebensmittelpunkt geworden ist [38].

Literatur [1] Internet World Stats (2013): Internet Usage Statitics – The Internet Big Picture – World Internet Users and Population Stats. – http://internetworldstats. com/stats.htm – Zugriff am 15.03.2013. [2] Grebarsch, S.; Zalando (2012): Adwords unterwegs. – Vortrag auf dem Mobile Gipfel 2012, managementforum, Düsseldorf, 26.6.2012. [3] Go-Smart-Studie (2012): Allways-In-Touch. – Studie zur SmartphoneNutzung 2012, Google, Otto Group, TNS-Infratest, Trendbüro; S. 18. [4] mindwyse (2011): Company 2.0 Social Media im Unternehmen, Präsentationsunterlage Kathrin Haug; Deutscher Versandhandelskongress 2011, Managementforum-Handelsblatt – Wiesbaden, 06.10.2011, S. 6. [5] Ich-sag-mal (2011): E-Christmas und helfende Kunden – Fallbeispiel LG Electronics. – Blog: http://gunnarsohn.wordpress.com/tag/einzelhandel/ – Zugriff am 01.03.2011. [6] Heinemann, G.: Der neue Online-Handel – Erfolgsfaktoren und Best Practices. –Wiesbaden, 4. Auflage 2012, S. 10. [7] Beckmann, J., Schulz, F.: Online Music Communities und Kooperationsstrategien bei Steinberg Media Technologies GmbH/Yamaha Corp. Japan. – In: Steinmann, C. (Hrsg.): Community Marketing – Wie Unternehmen in sozialen Netzwerken Werte schaffen. – Stuttgart, 2008, S. 138 ff. [8] Weinberg, T.: Social Media Marketing: Strategien für Twitter, Facebook & Co. – O`reilly – Köln, 2010, S. 4 ff. [9] Denk-selbst (2009): Prosument 2.0. – http://www.denk-selbst. com/2009/08/19/prosument-2-0/ – Zugriff am 31.12.2011.

152

Gerrit Heinemann: SoLoMo als Schlüsselthema im Digital Commerce

[10] Weinberg, T.: Social Media Marketing: Strategien für Twitter, Facebook & Co. – O`reilly – Köln, 2010, S. 23 ff. [11] Beckmann, J., Schulz, F.: Online Music Communities und Kooperationsstrategien bei Steinberg Media Technologies GmbH/Yamaha Corp. Japan. – In: Steinmann, C. (Hrsg.): Community Marketing – Wie Unternehmen in sozialen Netzwerken Werte schaffen. – Stuttgart, 2008, S. 139. [12] Heymann-Reder, D.: Social Media Marketing: Erfolgreiche Strategien für Sie und Ihr Unternehmen. – München: Addison-Wesley Verlag 2011, S. 20. [13] Spiegel (2011): Netzwelt. – http://www.spiegel.de/netzwelt/ web/0,1518,771351,00.html – Zugriff: 31.12.2011. [14] von Kunhardt, F.: Aus SoLoMo-Fans werden Kunden. – Vortrag auf dem Mobile Gipfel 2012, Managementforum-Handelsblatt – Düsseldorf, 27.6.2012. [15] Fanpagelist (2012): No. of Facebook Fans. – http://www.fanpagelist.com – Zugriff am 01.08.2012. [16] ARD/ZDF: ARD/ZDF-Online-Studie 2012. [17] Socialbakers (2012): Heart of social media statistics, Facebook Pages Statistics. – http://www.socialbakers.com/facebook-pages/ – Zugriff am 01.08.2012. [18] Boersma, T. (2010): Warum Web-Exzellenz Schlüsselthema für erfolgreiche Händler ist. – Wie das Internet den Handel revolutioniert. – In: Heinemann, G.; Haug, A. (Hrsg.): Web-Exzellenz im E-Commerce – Innovation und Transformation im Handel. – Wiesbaden, 2010, S. 21 - 42, hier S. 23 ff. [19] Boersma, T. (2010): Warum Web-Exzellenz Schlüsselthema für erfolgreiche Händler ist. – Wie das Internet den Handel revolutioniert. – In: Heinemann, G.; Haug, A. (Hrsg.): Web-Exzellenz im E-Commerce – Innovation und Transformation im Handel. – Wiesbaden, 2010, S. 21 - 42, hier S. 33. [20] Bruce, A. (2011): Multi-Channeling der Zukunft – Multi-ChannelErfolgsfaktoren im wachsenden Markt aus Sicht von Google. – In: Heinemann, G.; Schleusener, M.; Zaharia, S. (Hrsg.) – Modernes Multi-Channeling im Fashion-Handel. – Deutscher Fachverlag – Frankfurt, 2011, S. 50 - 69. [21] Stracke, T. (2005): Profilieren statt ignorieren: Internet-Nutzer zwingen Hersteller zum Umdenken. – In: Direkt Marketing 11/2005, S. 24 - 27. [22] Boersma, T. (2010): Warum Web-Exzellenz Schlüsselthema für erfolgreiche Händler ist. – Wie das Internet den Handel revolutioniert. – In: Heinemann, G.; Haug, A. (Hrsg.): Web-Exzellenz im E-Commerce – Innovation und Transformation im Handel. – Wiesbaden, 2010, S. 21 - 42, hier S. 34. [23] Schneller, D.: Die Meinung der Anderen. – http://de.statista.com/statistik/ daten/studie/2051/umfrage/produktrecherche-im-internet-in-deutschland-in2008/ – 2008, S. 28, Zugriff am 14.10.2009. [24] Internet World Business (2011): Auf die Touchpoints achten. – Heft 10/11 vom 16.05.2011, S. 16. [25] Heinemann, G.: Der neue Online-Handel – Erfolgsfaktoren und Best Practices. –Wiesbaden, 4. Auflage 2012. [26] Heinemann, G.: Cross-Channel-Management – Integrationserfordernisse im Multi-Channel-Handel. – Wiesbaden, 3. Auflage 2011, S. 14 ff.

153

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

[27] ohne tüte: Bist Du noch Multi- oder schon Omni-Channel? – http:// ohnetuete.wordpress.com/ vom 22.4.2012 – Zugriff am 12.08.2012. [28] In Anlehnung an: Non-Food Multichannel-Handel 2015 – Vom Krieg der Kanäle zur Multichannel-Synergie. – Studie von Accenture und Gf K – Accenture, 2010. [29] Harward Business Review 2012: Omni-Channeling. – https://heft. harvardbusinessmanager.de/epaper/start/HM/2012/5/index.html – Zugriff am 28.05.2012. [30] eBay (2011): „Smart Shopping“-Studie, September 2011, repräsentative Studie von Verbraucher Initiative e.V. und eBay, in die der Verfasser dieses Beitrags eingebunden war. [31] BITKOM (2012): Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.: Presseinformation vom 09.01.2012 – Smartphone-Absatz steigt rasant. – http://www.bitkom.org/files/documents/ BITKOM-Presseinfo_Smartphone-Absatz_09_01_2012.pdf – Zugriff am 18.04.2012. [32] IDC Retail Insights (2010). Maximizing Value from the Omnichannel Consumer. – http://risnews.edgl.com/getmedia/f3f80ac4-a5ef-44a4-a8e7-261 e56ce8299/RIS10_IDC_GG.pdf – Zugriff am 14.04.2011. [33] Diller, H.: Preispolitik. – Kohlhammer Verlag, Stuttgart, 4. Auflage 2008. [34] Schleusener, M. (2012): Pricing im Multi-Channel-Handel – Herausforderungen und Chancen für Multi-Channel-Händler. – In: Heinemann, G.; Schleusener, M., Zaharia, S. (Hrsg.): – Modernes MultiChanneling im Fashion-Handel, Deutscher Fachverlag – Frankfurt, 2011, S. 170. [35] Heinemann, G.: Cross-Channel-Management – Integrationserfordernisse im Multi-Channel-Handel. – Wiesbaden, 3. Auflage 2011, S. 91. [36] mindwyse (2011): Company 2.0 Social Media im Unternehmen. – Präsentationsunterlage Kathrin Haug; Deutscher Versandhandelskongress 2011, Managementforum-Handelsblatt – Wiesbaden, 06.10.2011. [37] Go-Smart-Studie (2012): Allways-In-Touch. – Studie zur SmartphoneNutzung 2012. – Google, Otto Group, TNS-Infratest, Trendbüro; S. 5 - 6. [38] Heinemann, G.: Der neue Mobile Commerce – Erfolgsfaktoren und Best Practices – Wiesbaden, 2012, S. 10. [39] BV Capital/ eVenture (2011): Overview: eCommerce & Online Trends. – San Francisco, April 2011. [40] Go-Smart-Studie (2012): Allways-In-Touch, Studie zur SmartphoneNutzung 2012. – Google, Otto Group, TNS-Infratest, Trendbüro; S. 17. [41] Go-Smart-Studie (2012): Allways-In-Touch, Studie zur SmartphoneNutzung 2012. – Google, Otto Group, TNS-Infratest, Trendbüro; S. 17 ff. [42] In Anlehnung an: Go-Smart-Studie (2012): Allways-In-Touch, Studie zur Smartphone-Nutzung 2012. – Google, Otto Group, TNS-Infratest, Trendbüro. [43] Kerkau, F. (2012): Smartphone – unsere Fernbedienung des Lebens. – Vortrag auf dem Mobile Gipfel 2012 – Managementforum, Düsseldorf, 26.06.2012. [44] Heinemann, G.: Der neue Mobile Commerce – Erfolgsfaktoren und Best Practices – Wiesbaden, 2012, S. 18.

154

Gerrit Heinemann: SoLoMo als Schlüsselthema im Digital Commerce

[45] Heinemann; G.: Der neue Mobile Commerce – Erfolgsfaktoren und Best Practices. – Wiesbaden, 2012, S. 19. [46] Go-Smart-Studie (2012): Allways-In-Touch, Studie zur SmartphoneNutzung 2012. – Google, Otto Group, TNS-Infratest, Trendbüro; S. 19 - 20. [47] Go-Smart-Studie (2012): Allways-In-Touch, Studie zur SmartphoneNutzung 2012. – Google, Otto Group, TNS-Infratest, Trendbüro; S. 20 - 21. [48] Go-Smart-Studie (2012): Allways-In-Touch, Studie zur SmartphoneNutzung 2012. – Google, Otto Group, TNS-Infratest, Trendbüro; S. 31. [49] Go-Smart-Studie (2012): Allways-In-Touch, Studie zur SmartphoneNutzung 2012. – Google, Otto Group, TNS-Infratest, Trendbüro; S. 30 - 31. [50] eBay (2012): „Die Zukunft des Handels“. – Delphi-Studie von eBay Deutschland, 2012.

155

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

156

Perspektiven des Social Commerce Björn Tantau

3

Es ist einige Jahre her, da gab es eine Internetplattform, die aus den USA nach Deutschland herübergeschwappt war. Diese Plattform nannte sich „Letsbuyit.com”. Vom Grundsatz her wollte diese Website Menschen zusammenbringen und ihnen helfen, Geld zu sparen. Bei „Letsbuyit. com” war der Name nämlich Programm. Indem man sich mit anderen an einem Produkt interessierten Käufern zusammentat, konnte man bares Geld sparen. Ein bisschen wie beim Großhandel. Wer von einer Ware höhere Stückzahlen abnimmt, bekommt einen günstigeren Preis. Loriot hat dieses Prinzip als „Herr Lohse” in seinem Film „Papa Ante Portas” ebenfalls fleißig praktiziert. Hintergrund von all diesen Dingen ist im Prinzip einfach nur die Aussage, dass man gemeinsam stärker ist. Websites wie „Letsbuyit.com” spielen heute keine wichtige Rolle im Internet mehr. Das Prinzip, gemeinsam einzukaufen, ist bisher nicht wieder so recht in Schwung gekommen. Dafür gab und gibt es Preissuchmaschinen, die immer auf der Suche nach dem günstigsten Angebot sind. Solche Portale haben sich etabliert. Nachvollziehbar, wer will nicht gern Geld sparen und beim Kauf des neuen Smartphones weniger zahlen.

Eine junge Disziplin im Marketing: Social Commerce Social Commerce ist noch eine junge Disziplin im Marketing [1]. Sie ist komplex und hat sich bisher nicht durchgesetzt. Einer der Gründe für die bis dato fehlende Akzeptanz ist die Tatsache, dass einige große Brands schon sehr schnell mit dem rasanten Wachstum von Facebook in den letzten drei bis vier Jahren auf das Thema setzten. Leider zu früh, wie sich zeigte.

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Bjoern-Tantau

Gemeinsam ist man stärker

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

Facebook-User wollen nicht einkaufen

Um beim Beispiel Facebook zu bleiben: die Marken erkannten nicht sofort, was Facebook nicht ist. Facebook ist kein Ort, an dem die User etwas kaufen wollen. Angebote wie die Websuche von Google eignen sich dazu schon besser. Hier informiert man sich zunächst, bevor man in einen Shop seiner Wahl geht, um dort einzukaufen. Auf Facebook wollen sich die meisten Menschen privat unterhalten, neue Geschichten austauschen, Fotos angucken, diskutieren. Dennoch sind soziale Netzwerke wie Facebook durchaus Orte, an denen Social Commerce passieren kann. Lediglich bei der Definition muss man eventuell Missverständnisse vermeiden. Wikipedia hat für Social Commerce natürlich eine Definition parat: „Unter Social Commerce (Empfehlungshandel oder auch Social Shopping) wird eine konkrete Ausprägung des elektronischen Handels (beziehungsweise Electronic Commerce) verstanden, bei der die aktive Beteiligung der Kunden und die persönliche Beziehung sowie die Kommunikation der Kunden untereinander im Vordergrund stehen.” In dieser Definition ist die Erklärung, warum Shops von großen Marken wie Zalando oder H&M auf Facebook anfangs nicht durchstarten konnten, enthalten. Es ist nicht sinnvoll, eine Filiale des eigenen Shops auf Facebook etablieren zu wollen. Die Uhren ticken hier anders und es ist nicht ohne Weiteres möglich, einen von einer Website bekannten Shop eins zu eins auch auf Facebook einzusetzen.

CommunityErlebnisshopping funktioniert

Die Definition von Social Commerce liefert darauf ganz direkt und ohne Umschweife eine sehr treffende Antwort. Neben der „aktiven Beteiligung des Kunden” fehlten bei den ersten Shops auf Facebook nämlich auch die „Kommunikation” und die „Beziehung” der „Kunden untereinander”. Im Prinzip also eine ganz einfache Sache: Social Commerce funktioniert, wenn man das Erlebnis des Shoppings wie in einer Community erfahren kann und sich so mit anderen über das Einkaufen und das Eingekaufte aktiv austauschen kann. Nicht wirklich kompliziert, wenn man ein paar Minuten darüber nachdenkt. Auf jeden Fall ist es der Grund, warum die erste Generation des „F-Commerce” [2] scheitern musste. Auf Facebook geht es nicht darum, den Usern möglichst preiswerte Angebote zu machen. Auf Facebook wollen die Nutzerinnen und Nutzer etwas erleben und vor allem mit Freunden und Bekannten in Kontakt stehen. Wenn diese Freunde und Bekannte selbst im Internet shoppen und sich dann untereinander

158

Björn Tantau: Perspektiven des Social Commerce

austauschen, dann kann in der Tat von Social Commerce gesprochen werden. Wie aber sorgt man dafür, dass genau das passiert?

Wie entwickelt sich Social Commerce weiter? Überlegt man sich, in welche Richtung sich ein so spannendes Thema wie Social Commerce entwickeln könnte, dann gibt es heute mit der Plattform Fab.com bereits einen Vorreiter. Fab.com ermöglicht seinen Usern schon heute ein „soziales Erlebnis” beim Einkaufen. Das liegt unter anderem daran, dass es Fab.com eben nur online gibt. Erste Schritte in die analoge Welt wurden im Frühjahr mit einem Showroom in Hamburg gemacht – grundsätzlich aber will Fab.com seine Nutzer online erreichen.

Beispiel Fab.com

Und da spielen soziale Netzwerke wie Facebook eine große Rolle. So kann man sich auf Fab.com via Facebook einloggen. Das an sich ist nicht weiter spannend, es sorgt jedoch dafür, dass von Anfang an eine hundertprozentige Verbindung zu Facebook besteht. Fab.com kann seinen Nutzerinnen und Nutzern so ein vereinfachtes Anmeldeverfahren ermöglichen. Im Gegenzug gelangen mehr Informationen von potenziellen und tatsächlichen Käufern zu Fab.com, Open Graph sei Dank. Aber auch der Kunde geht nicht leer aus. Die enge Verbindung mit einem sozialen Netzwerk ermöglicht das direkte Teilen von Einkaufserlebnissen innerhalb von Facebook. Selbst wenn es nur darum geht, dass man seinen Freunden und Bekannten via Newsfeed zeigt, was man sich bei Fab.com gekauft hat – es reicht schon aus, um deutlich mehr Aufmerksamkeit zu erregen, als mit jeder anderen Werbeform. Warum? Weil es echt und authentisch ist. Echtheit und Authentizität sind im Bereich Social Media (und somit auch Social Commerce oder Social Shopping) von ganz besonderer Bedeutung. Beide Faktoren führen mehr und mehr dazu, dass Firmen, Marken und Dienstleister verstehen, dass es im Internet nicht einzig darauf ankommt, Werbung zu eigenen Produkten zu streuen. Moderne User wollen auf der einen Seite unterhalten werden und sind auf der anderen Seite ganz klar auf der Suche nach Mehrwerten. Für sich selbst oder auch für andere.

Echtheit und Authentizität zählen

„What is in for me?”, lautet ein geflügeltes Wort in den USA. Was also springt für den Nutzer dabei raus, was ist sein Vorteil, was bringt es ihm,

159

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

wenn er (oder sie) ein bestimmtes Angebot wahrnimmt? Darauf muss man als Anbieter von Produkten achten und entsprechend handeln. Es kommt heute nicht mehr darauf an, klassische Werbebotschaften abzufeuern und zu sagen, dass man selbst das beste, tollste und schönste Produkt hat. Heutzutage ist es wichtig, eine Erlebniswelt zu schaffen, in der sich ein potenzieller Kunde bewegen und, wenn er will, gern auch verlieren darf. Social Commerce wird in der Zukunft grundsätzlich in genau diese Richtung gehen müssen. Neue Errungenschaften wie zum Beispiel Google Glass und Dinge wie Augmented Reality werden dafür sorgen, dass man sich allein oder in Gesellschaft virtuell Kleidungsstücke ansehen und diese auch anprobieren kann [3, 4]. Via mobilem Internet ist es dann möglich, sich direkt Feedback von Freunden und Bekannten einzuholen – auch wenn diese Personen gar nicht selbst anwesend sind. Teenager handeln teilweise schon heute so und fotografieren Kleidungsstücke, die sie interessant finden, um das Foto dann mit anderen zu teilen und so Feedback einzuholen. Eigentlich eine clevere Vorgehensweise, wenn man selbst auf das entsprechende Urteil einer oder mehrerer anderer Personen Wert legt. Sicher ist, dass eine solche Vorgehensweise Potenzial für eine Durchführung im großen Stil hat. Dafür bedarf es grundsätzlich nur moderner technischer Ausstattung und entsprechender Zugänge zum Breitband-Internet, auch und vor allem im mobilen Bereich. Mobile Internet gibt Social Commerce Schub

Generell wird der mobile Bereich im Internet dafür sorgen, dass Social Commerce neuen Schub bekommt. Die Vorteile einer mobilen Internetanbindung sind nicht von der Hand zu weisen. In einer Gruppe lassen sich, wie bereits beschrieben, Meinungen austauschen und mit anderen, die eigentlich zu der Gruppe gehören, aktuell aber physisch nicht anwesend sind, teilen. Wenn die „Google Brille” 2014 auf den freien Markt kommt, wird sich auf jeden Fall das Thema „Mobile Commerce” drastisch ins Positive entwickeln. Social Commerce, beziehungsweise Social Shopping wird daran anschließen. Davon werden auch die sozialen Netzwerke in der mobilen Nutzung profitieren. Schon heute nutzen fast vierzig Prozent der User von Facebook das soziale Netzwerk überwiegend mobil. Ein Grund, warum Mark Zuckerberg so erpicht darauf ist, Werbung auch im mobilen Bereich erfolgreich zu machen.

160

Björn Tantau: Perspektiven des Social Commerce

Social Commerce ist also in einem nicht zu vernachlässigendem Umfang auch mit mobile Commerce verbunden. Wer es schafft, die potenziellen Käuferinnen und Käufer mobil abzuholen, der wird in Zukunft höchstwahrscheinlich viel mehr Möglichkeiten auf höhere Umsätze haben. Zusätzlich sind auch ganz neue Ansätze in Verbindung mit diesen beiden Arten möglich. Ein Beispiel dafür liefert schon heute IBM mit seinem „Smarter Commerce”-Ansatz [5].

Beispiel IBM

„Smarter Commerce” verbindet die Möglichkeiten, online und offline einzukaufen. So können Kunden zum Beispiel Waren online bestellen, aber offline umtauschen oder auch per Augmented Reality Kleidung virtuell anprobieren. Das geht grundsätzlich auch zuhause und zusammen mit Freunden. In diesem Bereich ist Smarter Commerce also ebenfalls eine Variante des Social Commerce. Fügt man dann noch die mobile Komponente hinzu, ergeben sich ganz neue Chancen.

Fazit All diese Entwicklungen zeigen, dass Social Commerce in der Zukunft sehr stark an Relevanz gewinnen wird. Bisher fehlen oft noch passende Ideen, um Visionen umzusetzen. Rein theoretisch sind viele Ansätze denkbar. Erfolgreich im Bereich Social Commerce werden meiner Ansicht nach diejenigen sein, die es schaffen, tatsächlich das Einkauferlebnis auf eine neue Stufe zu stellen. Das kann durch Komfort, durch Innovation, aber auch durch Mehrwerte passieren, die es bisher so in der Art und Weise noch nicht gibt.

Literatur [1] Social Commerce: http://econsultancy.com/de/blog/11323-social-commercebest-practices-infographic [2] F-Commerce: http://www.projecter.de/blog/ecommerce/facebook-commercein-der-praxis-best-worst-practice.html [3] Google Glass: http://www.google.com/glass/start/what-it-does/ [4] Augmented Reality: http://de.wikipedia.org/wiki/Erweiterte_ Realit%C3%A4t [5] IBM Smarter Commerce: http://www.ibm.com/smarterplanet/de/de/ smarter_commerce/overview/

161

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

162

Tablet Commerce erobert den Mittelstand Oliver Schwartz

Die Bedeutung des E-Commerce im Mittelstand wird oft unterschätzt, da im B2B-Umfeld die vordergründigen Shop- und Warenkorb-Szenarien aus der Welt der konsumentenorientierten „Online Pure Player“ noch eher eine nachrangige Rolle spielen. In der näheren Betrachtung zeigt sich ein gegenteiliges Bild: Der Mittelstand braucht E-Commerce, der Mittelstand nutzt E-Commerce und „Multichannel“ ist hier Pflicht und nicht Kür! Denn unter E-Commerce sollte man nicht nur den shopbasierten Onlinehandel verstehen, sondern alle digitalisierten Angebots-, Auftrags- und Vertriebsprozesse. Im Idealfall unterstützt und stärkt die E-Commerce-Plattform alle etablierten Vertriebskanäle und entfaltet ihre wertvolle Stärke im Hintergrund. Das Motto lautet: „Vernetzen statt Ersetzen“.

3 Multichannel ist Pflicht

Mittelstand traditionell geprägt Der Mittelstand ist traditionell geprägt durch sehr vielschichtige Handelsstrukturen, vom Direktvertrieb über Vertragshändler, Strukturvertriebe bis hin zu Handels- und Einkaufverbänden. Darüber hinaus haben wir eine Komplexität im Produktangebot, im Preis- und Rabattgefüge, in der Kundenstruktur und in der eingesetzten, meist über viele Jahre gewachsenen IT-Landschaft. Die Stärke des Mittelstands liegt zudem oft im persönlichen Kontakt zwischen Hersteller, Kunden, Vertriebsmitarbeitern, Außendienst und Kundendienst. Ein solches kompliziertes und über viele Jahre entstandenes, lebendiges und bewährtes System lässt sich nicht mit einem „Online Pure Player“ vergleichen oder durch einen klassischen Onlineshop substituieren! Die Basis erfolgreicher E-Commerce-Projekte im B2B-Mittelstand ist meist der digitale Produktkatalog. Er dient Außendienstlern, Händlern und Kunden gleichermaßen und ist eine tragende Säule in diversen Szenarien, von der Produktrecherche, dem digitalisierten

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Oliver-Schwartz

Digitaler Produktkatalog ist die Basis

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

Angebotsprozess über das E-Procurement bis hin zum Onlineshop mit kundenindividuellen Konditionen und Beständen. Für viele Mittelständler ist die Digitalisierung der Angebots- und Auftragsprozesse der Einstieg in ein zukunftsweisendes B2B-E-Commerce-Szenario und im Zusammenspiel mit dem digitalen Produktkatalog entwickelt sich dabei „Tablet Commerce“ zum Erfolgsfaktor für den Außendienst.

Tablet-PCs für den Außendienst Tablet Commerce erlaubt eine mobile, digitale Produktvorstellung, Angebotserstellung und Auftragserfassung durch den Außendienst. Direkt vor Ort beim Kunden und mit Hilfe gängiger Tablet-Devices. Im Kern geht es auch hier um die Stärkung etablierter und bewährter Vertriebsstrukturen. Denn eine reine Digitalisierung von Katalogen und Preislisten wäre zu kurz gedacht. Wenn der Außendienstler aber vor Ort jederzeit – dank der Anbindung des Tablet-PC an die E-CommercePlattform – Zugriff auf kundenspezifische Kondition, Warenverfügbarkeit und Liefertermine aus dem ERP-System hat, dann lassen sich die Prozesse kundenfreundlicher, schneller und effizienter gestalten. Tablet Commerce steht daher auch für die konsequente „Verheiratung“ der E-CommercePlattform mit dem ERP-System.

Abb. 1: Anbindung von Tablet-PC an die E-Commerce-Plattform. Traditionell folgt dem Kundenkontakt des Außendienstler oder Vertriebsmitarbeiter ein mehrstufiger Prozess in der individuellen, formellen 164

Oliver Schwartz: Tablet Commerce erobert den Mittelstand

Angebotserstellung. Die Beauftragung wiederum erfolgt oft noch in einer Papierform, per Fax oder Mail, die ebenfalls eine mehrstufige Bearbeitung notwendig macht. Das alles kostet Personalressourcen und Geld. Vor allem aber wertvolle Zeit. Zudem sind diese Prozesse latent fehleranfällig. Mit Tablet Commerce kann der Außendienstmitarbeiter nun auch komplexe Produkte oder Konfigurationen direkt vor Ort als Angebot mit dem Kunden zusammenstellen und online erfassen. Alle Prozesse erfolgen voll integriert ohne Medienbruch und mit jederzeitigem Zugriff auf die ERP-Daten und Kundenkonditionen. Der Kunde erhält die gemeinsam ausgewählten Produkte als Angebot mit Onlinebestellmöglichkeit oder kann diese mit dem Außendienstmitarbeiter auch direkt bestellen.

Kundenkontakt kostet wertvolle Zeit

Tablet Commerce ist dabei nicht zu verwechseln mit einem mobilen Client für die unternehmensinternen Systeme. Keines der mobilen Tablet-Devices ist direkt mit den ERP- und CRM-Systemen verbunden, sondern die E-Commerce-Plattform fungiert hier als Middleware und realisiert die Verheiratung der Systeme und den sicheren Zugriff ! Ein wichtiger Aspekt für die IT-Verantwortlichen im Unternehmen. Der Vorteil gegenüber Katalog-Apps oder mobilen Clients liegt in der nahtlosen Einbindung in ein ganzheitliches E-Commerce-Szenario. Es geht schließlich um komplexe Prozesse und den Einstieg in eine wettbewerbsfähige, digitalisierte Handelslösung. Ein reiner digitaler Produktkatalog auf Mobilgeräten oder ein mobiler Client für das ERP führen meist in eine Einbahnstraße. Tablet Commerce als eine Aussteuerungsvariante der E-Commerce-Plattform hilft dagegen bei der Optimierung von Prozessen und der Verzahnung der IT-Infrastruktur! Die E-Commerce-Plattform bedarf bei vielen Mittelständlern einer besonders flexiblen Integrationsfähigkeit in die teils über viele Jahre gewachsene IT-Landschaft. Die Produktpflege der manchmal hunderttausenden von Artikeln und Varianten erfolgt in der Regel in einem Produkt-Informations-Management-System. Die im B2B-Handel unabdingbaren, kundenspezifischen Konditionen werden ebenso wie Auftrags- und Bestandsinformationen in der ERP-Lösung vorgehalten. Die im Außendienst-Direktvertrieb wertvollen Kontaktinformationen liegen in der CRM-Datenbank. Eine E-Commerce-Lösung wird heute in der Praxis nicht mehr primär als Onlinehandels-System angedockt, sondern mit PIM, ERP und CRM verheiratet und tiefgehend integriert. Die E-Commerce-Plattform wird mit dieser Middleware-Rolle zur

E-CommercePlattform wird zur digitalen „Prozess-Engine“

165

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

digitalen „Prozess-Engine“. Und das Tablet Commerce-Modul zum Zauberstab für den Vertriebsmitarbeiter vor Ort. Jeder Außendienstler kann ein Lied davon singen: Die Kundenanforderungen an In-Time-Belieferung, Varianten und Sonderkonfigurationen sind hoch. Das Internet als Recherchequelle stärkt den Kunden und führt zu einem umfassenden Informationsstand in Bezug auf Wettbewerbsprodukte, Preise und Lieferfähigkeiten. Nur das Unternehmen, welches seine Prozesse schneller, serviceorientierter und kundenfreundlicher gestaltet, profitiert und nur der Außendienstler, der vor Ort mit Produktwissen, verbindlichen Terminzusagen und individuellen Kalkulationen punktet, gewinnt den Auftrag.

Prozesse auf dem Prüfstand Auch langjährig eingeschwungene Prozesse und enge Kundenbeziehungen stehen unweigerlich auf dem Prüfstand, denn – sei es national oder international – der Wettbewerb im digitalen Zeitalter ist unweigerlich transparenter und schneller. Und aus der gestärkten Kundenposition heraus kann sich kein Mittelständler leisten, die offensichtlichen Verbesserungsmöglichkeiten durch eine konsequente Digitalisierung der Angebots- und Auftragsprozesse zu ignorieren. Tablet Commerce erfreut sich einer hohen Akzeptanz bei Vertriebsmitarbeitern, da sich die gängigen, attraktiven und preiswerten Consumer-Devices verwenden lassen und der Außendienstler sein Tablet daneben auch privat nutzen kann. Ähnlich einem Dienst-PKW wird das Arbeitswerkzeug somit auch zum begehrten, ständigen Begleiter im Privatleben und manchmal auch zum Statussymbol. Um diese Universalität zu erreichen, werden keine gerätespezifischen, nativen Apps sondern Web-Apps oder HTML-Templates im sogenannten „Responsive Design“ genutzt, die sich an die verschiedenen Geräte mit ihren unterschiedlichen Bildschirmdiagonalen optimal anpassen. Die E-Commerce-Plattform steuert also für die Tablet-Ausgabe alle Informationen mit einem speziellen, auf den Vor-Ort-Vertrieb zugeschnittenen, Design aus und unterstützt den Außendienstler mit einem dedizierten, vertriebsrelevanten Menü und einer für die Tablet-Nutzung optimierten Bedienoberfläche. Außerdem sorgt ein spezieller Offline-Modus dafür, dass auch in Kundenräumen ohne Mobilfunkempfang oder drahtlosem Internet zumindest die wichtigsten,

166

Oliver Schwartz: Tablet Commerce erobert den Mittelstand

vorselektierten Kunden- und Auftragsdaten vorliegen und auch eine Angebotsvorbereitung und Auftragserstellung möglich ist. Vergleicht man Tablet Commerce mit dem medialen Hype-Thema des „Mobile Commerce“ wird schnell deutlich, dass iPad & Co. sich still und heimlich anschicken, im B2B orientierten Mittelstand zum Standardwerkzeug zu werden. Tablet Commerce erobert mit all seinen Vorteilen derzeit den Mittelstand während die mobile Shopnutzung im B2C-Segment zwar kontinuierlich zunimmt, sich aber derzeit auf (noch) niedrigem Niveau meist zwischen mobiler Recherche und Kaufanbahnung auf dem Smartphone oder der Nutzung des Tablets als Second Screen auf dem heimischen Sofa bewegt. Diese Beobachtung soll auch nur unterstreichen wie aktuell der ECommerce für den Mittelstand heute ist und welche Chancen sich gerade in tradierten, konservativen Handelsstrukturen ergeben. Der Schlüssel hierfür ist eine E-Commerce-Plattform als Schnittstelle zu den führenden Systemen, als Prozess-Engine und als Ausgabe-Frontend für das Web und den mobilen Zugriff.

iPad & Co. werden zum Standardwerkzeug

E-Commerce bietet viele Chancen

Vorbehalte der Vergangenheit lösen sich langsam auf oder sind bereits überwunden: Der Onlinehandel wurde vor einigen Jahren noch als große Revolution, als Konkurrent und als ungewisse Zukunft gesehen. Je nach Betrachtungsweise. Heute hat sich der Onlinehandel als Komplementärkanal etabliert, erlaubt Kosteneinsparungen, bietet aber vor allem Chancen auf Prozessoptimierungen. Eine Schwarz/WeißBetrachtung ist hier regelmäßig fehl am Platz. Vielmehr bietet eine durchdachte E-Commerce-Strategie eine wertvolle Zukunftssicherheit für den Mittelstand und seine Vertriebspartner. Denn auch langjährig bewährte Handelsstrukturen verfügen über strukturelle Defizite auf. Wenn ein Unternehmen zum Beispiel mit Vertragshändlern und einem Gebietsschutz-Modell arbeitet, weist die Vertriebslandkarte dennoch immer größere oder kleinere weiße Flecken auf. Hier gilt es die regionale Abdeckung durch den digitalen Vertriebskanal zu verbessern und dabei den Handelspartner zu integrieren, zum Beispiel über ein Bonusmodell für online generierte Bestellungen aus seinem Vertriebsgebiet.

167

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

Integration in Unternehmensprozesse Eine erfolgreiche Handelsstruktur verhält sich wie ein Chamäleon. Denn der Kunde stellt deutlich höhere Erwartungen an eine Verwebung von On- und Offlinekanälen. Eine zukunftsweisende Multichannel-Strategie integriert statt kannibalisieren. Die konsequente Digitalisierung von Handelsprozessen stärkt alle Beteiligten, optimiert Bewährtes und ergänzt dort, wo bislang Defizite und Lücken sind. Und ganz wichtig: Nur eine E-Commerce-Plattform, die feste in die gesamten Unternehmensprozesse und die IT-Infrastruktur integriert ist, kann diese Anforderungen erfüllen. Wenn heute ein Außendienstler das Sortiment online auf einem TabletPC präsentieren kann, gleichzeitig Zugriff auf den Lagerbestand und die Kundenkonditionen hat, dann wird seine Rolle gestärkt. Wenn er dann auch noch in der Lage ist, vor Ort beim Kunden Angebote zu erstellen und Aufträge direkt zu erfassen, dann optimiert das die bewährten Prozesse. Tablet Commerce ist nach dem digitalen Produktkatalog damit der optimale Einstieg für jeden Mittelständler in eine mehrstufige ECommerce-Strategie!

168

Mobile Coupons für moderne Schnäppchenjäger Dominik Maaßen

3

Digitale Vorreiter setzen längst auf Mobile Coupons, die in Deutschland zurzeit noch auf dem Vormarsch sind. Sie profitieren dabei von zahlreichen Vorteilen, wie beispielsweise einem modernen Location Based Marketing oder der viralen Weitergabe via Social Media. Vor einem massentauglichen Einsatz gibt es für Händler allerdings vor allem technische Hürden, die sie jedoch mit externen Dienstleistern überwinden können. Coupons machen Menschen glücklich, genauso wie günstige Preise. Mediziner haben dies längst belegt. Schauen die etwas genauer in das Gehirn des Schnäppchenjägers – mit einem Kernspintomografen ist das längst möglich – entdecken sie dort, wie der niedrigere Preis Botenstoffe freisetzt, die Wohlgefühl erzeugen. „Haben wollen“ ist dann die unmissverständliche Botschaft. Ein Aha-Effekt und Weckreiz, dem kaum zu entkommen ist. Auch das menschliche Bedürfnis, einen guten Deal zu erwirtschaften, wird auf diese Weise belohnt.

Coupons machen Menschen glücklich

Weltweit erfolgreiches Instrument Da diese Schnäppchenjagd einen so großen Spaß macht, haben sich klassische Couponing- oder Rabattangebote seit jeher und weltweit im Marketing durchgesetzt. Das Problem: Die bisher gängigen Methoden sind vergleichsweise aufwendig. Aber das Drumherum für den immer selbstbewussteren und bequemeren Kunden darf heute nicht mehr mühsam sein. Sonst „jagt“ er die günstigen Preise ganz schnell beim Wettbewerber. Konkret sieht dieses Drumherum nämlich noch folgendermaßen aus: Zerfledderte Papiercoupons, die man auf dem Küchentisch liegen lässt und nicht im Portemonnaie mitnimmt. Briefkästen, die überquellen mit ungenutzten Angeboten oder E-Mail-Ordner, die zugespamt sind. In der Folge verpuffen teure und gut gemeinte Aktionen schnell mal im

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Dominik-Maassen

Teure und gut gemeinte Aktionen können schnell verpuffen

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

Shopping-Nirwana. Im schlimmsten Fall ist der Kunde genervt – und wendet sich ab.

Digitale Zukunft Mobile Coupons in den USA im Aufwind

Trauriges Nischendasein für Mobile Coupons in Deutschland

In Ländern, in denen die digitale Zukunft schon jetzt gelebt wird, zum Beispiel den USA, setzt sich deshalb die mobile Variante der Coupons immer erfolgreicher durch. Dort soll die Anzahl der Nutzer laut Studie von eMarketer inzwischen von 12,3 Millionen Nutzern in 2010 auf 53,2 Millionen in 2014 steigen. In Deutschland wiederum fristen diese lukrativen Marketingideen noch ein trauriges Nischendasein. Ein Grund ist, dass Couponing in Deutschland aufgrund des Rabattgesetzes bis ins Jahr 2001 untersagt war. Allerdings gibt es immer mehr Anbieter und Händler, die die mobile Variante auch hierzulande endlich aus ihrem Dornröschenschlaf holen wollen. Schließlich wächst auch hier die Anzahl der Smartphones exponentiell. Mit denen geht man nicht mehr ins Internet, man ist im Internet. Sie sind für die Verbraucher mobile Alleskönner und ständige Infobegleiter geworden. Und sie eignen sich zum lokalen Produktfinder in der Stadt bei der nächsten Shoppingtour.

Großes Interesse bei Kunden Auch bei Verbrauchern ist das Interesse an Mobile Coupons groß. Diese sind, zum Beispiel nach der Umfrage „Akzeptanz von Mobile Couponing“ der Couponing- beziehungsweise App-Spezialisten acardo und lb-lab, sehr beliebt: Fast siebzig Prozent von tausend Befragten sind daran „interessiert“, besonders auch bisherige Couponing-„Verweigerer“. Und 63 Prozent nehmen Unternehmen, die Mobile Coupons herausgeben, als „innovativ und kundenorientiert“ wahr. 43 Prozent empfinden, dass sich das Unternehmen „um den Kunden kümmert“.

Zahlreiche Vorteile Einsatzmöglichkeiten zahlreich

170

Die Einsatzmöglichkeiten für Mobile Coupons sind zahlreich. Die ganz offensichtlichen Vorteile, besonders für Verbraucher: Man hat sie auf dem Smartphone, dem ständigen Begleiter, immer und überall dabei. Falls man sie früher überhaupt im Portemonnaie mit sich trug, wird

Dominik Maaßen: Mobile Coupons für moderne Schnäppchenjäger

dieses künftig leichter. Sie können platzsparend immer aktuell eingelöst werden. Da sie sich für so gut wie alle Branchen eignen, kann man sie von jedem Händler gesammelt und gut geordnet – auch zusammen mit digitalen Kundenkarten – auf dem Smartphone organisieren. Weitere Studien belegen außerdem, dass sie – in der mobilen Variante – deutlich häufiger eingelöst werden.

Coupons für alle Branchen geeignet

Damit die Flut an Apps auf dem Smartphone nicht zunimmt, bieten sich neue Plattformen wie NuBON an: Mit der kostenlosen App erhält oder digitalisiert man Kundenkarten, Coupons, Kassenbons und Einkaufslisten direkt digital auf dem Smartphone. Weitere zukünftige Features sind beispielsweise ein elektronisches Haushaltsbuch, integrierbare Onlinerechnungen oder Mobile Payment. Zum Einsatz kommt außerdem die One-Scan-Technologie, die Prozesse an der Kasse vereinfacht.

Abb. 1: NuBON App

Abb. 2: Kundenkarten

Abb. 3: Couponing

Abb. 4: Kassenbonübersicht

171

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

Gelenkte Kundenströme Gerade für Unternehmen sind die Vorteile der Mobile Coupons noch spezifischer. Und sehr wichtig: Da Smartphones erstmals eine sinnvolle Verbindung schaffen zwischen den zahlreichen Vertriebskanälen, bringen auch Mobile Coupons den stationären Handel näher an den Kunden. Mit Location Based Couponing Kunden gezielt ansprechen

Möglich ist beispielsweise das so genannte Location Based Couponing: Kunden werden damit ganz gezielt angesprochen. Dank GPS-Ortung ist ihr Aufenthaltsort transparent. Ihnen können daher ortsbezogen und in Echtzeit Informationen, Werbung oder eben auch Coupons übermittelt werden. Käufer lockt man so wortwörtlich von der Straße in den Laden.

Direktere Kundenansprache Und wer vorher mittels Big Data-Analyse seine Kundschaft genauer analysiert hat, spricht sie zukünftig außerdem demo- oder soziografisch gezielter an. So können hier Händler auf vordefinierte Zielgruppen zurückgreifen. Auch über Produktinteressen oder Einkaufsgewohnheiten lassen sich Kundengruppen filtern. Sehr unterschiedliche Käufergruppen, wie beispielsweise Technology Shopper, Schnäppchenjäger, Modeinteressierte, Qualitätsbewusste oder Markenkäufer, erreichen Händler so immer individuell. Coupons individuell auf den Kunden zuschneiden

Dank hoher Personalisierbarkeit und standortbezogener Kommunikation sind Coupons dann noch individueller auf Bedürfnisse und Umgebung des Kunden zugeschnitten. Clever für’s Locken von Schnäppchenjägern: Bekommt ein Kunde etwas angeboten, das ihm während des Shoppings spontan zusagt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für einen Kauf deutlich. Interessant ist dieses Angebot noch konkreter für lokale Einzelhändler: Sie können ihre Kunden regional in ihrem speziellen Geschäftsradius ansprechen. Kampagnen mit Mobile Coupons sind relativ einfach realisierbar, werden schnell umgesetzt und liefern eine höhere Performance bei gleichen oder sogar niedrigeren Kosten.

172

Dominik Maaßen: Mobile Coupons für moderne Schnäppchenjäger

Auch Wertsteigerungen der Mobile Coupons möglich Mobile Coupons nutzen auch den so genannten ROPO-Effekt (Research Online, Purchase Offline): Der Kunde recherchiert dabei online und kauft offline. Er scannt den Coupon aus Facebook oder von einer Plakatwand – und beim nächsten Besuch ist er im Geschäft mit dabei. Oder der Kunde sucht im stationären Geschäft, scannt seinen Coupon hier und löst ihn zu Hause im Webshop ein. Ein weiterer Pluspunkt: Während Papierbons stets denselben Wert behalten, sind mit Mobile Coupons sogar Wertsteigerungen umsetzbar. Nutzt man beispielsweise QR Codes – jeder QR-Code ist wie bei einem genetischen Fingerabdruck einzigartig – führt das Scannen wieder zu neuen, individuellen Datensätzen. Da der Coupon auf dem Smartphone beliebig genutzt werden kann, ist es auch möglich, ihn darüber an Freunde und Bekannte, zum Beispiel innerhalb sozialer Netzwerke, weiterzugeben. Dank dieses Multiplikatoreffekts steigt der Coupon im Wert und verbreitet sich während des Viralen Couponings zunehmend. Es entsteht ein Schneeballeffekt, den der Händler jedoch kontrollieren kann.

Ropo-Effekt nutzen

Auch Wertsteigerung der Mobile Coupons möglich

Klares Monitoring Aufgrund des digitalen Monitorings ist es ihm auch möglich, Feedback zu bekommen, welcher Kunde tatsächlich welches Produkt gekauft hat. Gewonnene Kundendaten können dann für eigene CRM (CustomerRelationship-Management)-Datenbanken genutzt werden und machen noch besser ortsbezogene Marketingkampagnen möglich. Vor diesen Erfolgen gibt es für Händler jedoch ein paar Hürden zu nehmen: Je einfacher dabei die Lösung ist, desto schneller gelingt die Verknüpfung aller Welten. Mobile Coupons sollten als eigenständiges Kommunikationsinstrument in den idealerweise synchronisierten Marketingplan passen. Verbraucher müssen das Shoppingerlebnis einer Marke auf allen Kanälen gleich erleben.

173

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social - Local - Mobile

Technische Lösungen Für den Erfolg der Mobile Coupons auf dem Massenmarkt sind daher sowohl Handel als auch Industrie gefordert. Wichtige Impulsgeber sind nach wie vor viele Akzeptanzstellen, Einlösprozesse, die einheitlich laufen, und Technologien, die aufseiten des Handels wie des Kunden integriert sind. Für den darf es beispielsweise keine Unterschiede machen, ob er seinen Coupon im stationären Handel oder im Webshop des Unternehmens einlöst. Perfekt profitiert plötzlich auch das Onlineangebot von den Effekten dieser Verkaufsförderung. Und so kann es gehen: Der Kunde wählt seine Coupons aus einem Gesamtkatalog in der App aus, fügt sie in die „Meine“ Coupon-Liste hinzu, aktiviert sie so und löst sie mit der angegebenen TAN ein. Die Kasse gleicht dann automatisch ab, ob er den dazu passenden Artikel gekauft hat.

Abb. 5: Couponing-Katalog

174

Abb. 6: Coupon merken

Abb. 7: Coupon mit TAN einlösen

Dominik Maaßen: Mobile Coupons für moderne Schnäppchenjäger

Zentral für effektives Mobile Couponing sind die Kassen der Händler: Jede Lösung muss beispielsweise Zugriff auf den Warenkorb des Kunden haben. Nur dann weiß die Kasse, ob auch die richtigen Produkte für den Coupon gekauft wurden. Dargestellt werden sie in Form eines QR-Codes, Barcodes oder als Ziffern-Code. Technisch können sie auf unterschiedliche Weise eingelöst und in das bestehende Kassensystem integriert werden.

175

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 3 Always on: Social — Local — Mobile

176

LEITFADEN DIGITAL COMMERCE

AUFBAU UND GESTALTUNG EINES ONLINESHOPS

4

Gestaltung eines Onlineshops optimieren

179

Emotional Shopping: Tipps und Anregungen

197

Cross-Channel-Verzahnung eines Onlineshops

207

Mehr Umsatz im Netz: Shop-Controlling mit Köpfchen

213

AUTOREN Susanne Angeli liefert einen Überblick über die wichtigsten Dinge, die bei der Gestaltung eines Onlineshops zu berücksichtigen sind. An erster Stelle stehen intuitives Shop-Layout und übersichtliche Struktur. Immer mehr setzt sich Flat Design durch, bei dem die Navigation in den Hintergrund tritt. Um in Suchmaschinen gefunden zu werden, gewinnen einmalige Inhalte wie Nutzerkommentare an Bedeutung. Gute Beratung wird auch im Onlineshop zunehmend wichtiger. Thorsten Wilhelm erläutert die Bedeutung, die Emotional Shopping heute für die Konversionsraten von Onlineshops hat. Große Händler wie Amazon sind in den Kernfunktionen eines Onlineshops dermaßen stark, dass die Differenzierung nur über ein positives Einkaufserlebnis möglich ist, das diese Megashops auch in Zukunft nicht bieten werden. Wilhelm empfiehlt in jedem Fall Usability-Analysen in professionellen Use-Labs. Andreas Herde zeigt, wie wichtig nicht nur der Shop selbst ist, sondern auch dessen Cross-Channel-Verzahnung. Das beginnt nach der Onlinebestellung mit der Lieferung. Alternativ sollte das Produkt auch in einer Filiale abgeholt werden können. Ein solcher „In-Store Pickup“ erfordert das Überdenken einer Reihe von Prozessen, die kundenfreundlicher gestaltet werden müssen, um wirklich eine nahtlose Integration von Online- und Offlineservice zu gewährleisten. Stefan Ponitz verrät, wie der Umsatz im Netz durch intelligentes Shop-Controlling gesteigert werden kann. Dabei sind drei Schritte wichtig: Mehr Besucher im Shop, ein höherer Anteil von Besuchern, die zu Käufern werden und schließlich die Kenntnis der unterschiedlichen Käufertypen und deren Interessen. Ponitz beschreibt die Kennzahlen, mit denen diese Schritte am besten analysiert werden.

4

AUFBAU UND GESTALTUNG EINES ONLINESHOPS

Gestaltung eines Onlineshops optimieren Susanne Angeli

4

Der heutige Onlinekunde ist verwöhnt und anspruchsvoll, was die Gestaltung und Informationen in einem Onlineshop angehen. Dies ist auch nicht verwunderlich, denn der E-Commerce in Deutschland nahm in den letzten Jahren rasant zu und der Kunde kann aus einer Fülle von Onlineanbietern wählen. Ein Shop mit einer langweiligen Standardkonfiguration und wenig Produktinformationen reicht bei Weitem nicht mehr aus. Ein Shopbesucher muss sich wohlfühlen und die richtigen Informationen auf einfache Weise und schnell finden, so bleibt er länger im Onlineshop und wird bestenfalls zum (Wieder-)Einkäufer. Findet der Kunde alle Informationen auf der Shopseite, muss dieser sich nicht erst über andere Portale informieren. Unsicherheit und Zweifel beim potenziellen Kunden führen hingegen zu Kaufabbrüchen während des Bestellprozesses, beziehungsweise die User klicken schnell wieder weg, was beides der Konversionsrate schadet. Eine emotionale Entscheidung über den Onlineshop wird schon nach fünfzig Millisekunden abgegeben.

Unsicherheit und Zweifel führen zu Kaufabbrüchen

Die Verweildauer der Besucher im eigenen Onlineshop verbessern Sie mit folgenden Mitteln, welche auf den kommenden Seiten näher erläutert werden: • intuitives und visuelles Shop-Layout, • verschiedene Navigationsmittel, übersichtliche Shopstruktur, • überzeugende Produktdarstellung, • Wohlfühl-Features zum Produkt und zur Shopumgebung. Zielgruppe gestaltet mit Zudem sollten Sie Ihre Zielgruppe genau kennen. Eine ältere Generation hat eine ganz andere Erwartungshaltung an den Onlineshop als ein junges Publikum. Gut ist eine Recherche, um von anderen Shops und Websites zu lernen. Schauen Sie dabei genau hin. Denn vielleicht fehlt diesen Shops

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Susanne-Angeli

Zielgruppen haben unterschiedliche Erwartungshaltung

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

etwas, das Sie der Zielgruppe in Ihrem Onlineshop anbieten können [1, 2]. Wichtig! Passen Sie die Tipps der folgenden Seiten an Ihre Zielgruppe an!

Aufbau Shop-Layout

Nutzer erwartet gewohnte Elemente

Das Shop-Layout, also das Anordnen der Elemente, wie Header, linke Spalte, Content, Footer und die Farbwahl auf einer Shopseite, beeinflusst den ersten Eindruck, mit dem ein Kunde den Onlineshop in den ersten Sekunden bewertet. Ein Onlineshopper erwartet beim Einkaufserlebnis bereits einige Elemente an gewohnter Stelle: den Warenkorb oben rechts, Navigationsmenü mit Kategorien in der linken Spalte und einen Link zur Startseite im oberen Menü. Dennoch bleibt dem Shopbetreiber genügend Spielraum, um sein Layout zu gestalten. Es muss nicht immer das typische dreispaltige Layout sein. Viele Softwareanbieter haben dies erkannt und bieten mittlerweile neue, innovative Shop-Designs für jeden Geschmack an. Einige neue Trends erfahren Sie in den folgenden Absätzen. Flexible Layouts Kunden surfen heute nicht nur über den heimischen PC, sondern nutzen gerne ein Tablet auf der Couch. Kurz mal schnell online einen Preis abfragen, Infos abrufen und sich mit Freunden unterhalten. Das zeigt auch eine Studie mit einer Steigerung der Tablet- und SmartphoneNutzung von satten 142 Prozent im Jahr 2012. Dies hat bereits großen Einfluss auf das Kaufverhalten. Eine Studie von ECC Handel besagt, dass bereits 43 Prozent der Smartphone-Besitzer mehrmals im Monat einen Preis einholen während sie im Ladenlokal stehen, und knapp 59 Prozent fordern eine mobil angepasste Website.

Responsive Webdesign bietet flexibles Design für verschiedene Displays

180

Damit man auch diese Besucher gut bedienen und umsorgen kann, ist „Responsive Webdesign“ eine einfache Lösung. Das Responsive Webdesign passt sich flexibel an jede Displaygröße an, und gleicht auch automatisch alle Designelemente des Onlineshops der jeweiligen Umgebung an (siehe Abb. 1 [3]). So findet der Besucher den Inhalt übersichtlicher und geordneter vor – nerviges Zoomen auf kleinen Displays entfällt. Testen Sie selbst auf dem Onlineshop http://www. currys.co.uk/gbuk/index.html und verkleinern/vergrößern Sie das Browserfenster mit der Maus. Ab einer bestimmten Größe verändert sich das Layout [4].

Susanne Angeli: Gestaltung eines Onlineshops optimieren

Abb. 1: Darstellung eines Shop-Layouts auf verschiedenen Displays. Farbe und Bilder Der Nutzer erfasst Farbe sofort und ordnet diese willkürlich sogenannten Farbcodes zu. Sprich, Farben wirken unterschiedlich auf den Menschen ein und teilen etwas unschlagbar schnell mit, da Menschen die Bedeutung blitzschnell zuordnen können. Zum Beispiel bedeutet die Farbe Blau „verlässlich und seriös“, eignet sich aber nicht für Kinderspielzeug. Die Farbe Grün assoziiert „Alles gut“ und findet eine bessere Verwendung im Pflanzenbereich als für Schuhprodukte. Die Grundbedeutung der Farben als Shopbetreiber zu kennen und zu nutzen, hilft dem Kunden, sich im Onlineshop wohlzufühlen und zu orientieren. Ein Warenkorbsymbol oder auch andere Call-to-Action-Buttons sollten farbig und auffällig gestaltet sein. Ein mausgrauer Button hingegen wirkt eher als inaktiv. Aber übertreiben Sie es nicht. Ein Shop, der für jede Kategorie eine eigene Farbe verwendet, wird als zu bunt wahrgenommen und die Klarheit über das Shopangebot geht dem Kunden verloren. Bilder sind ein weiteres wichtiges Element für die optische Gestaltung eines Shops und üben eine große Anziehungskraft aus. Große Bilder sind eben schön anzusehen und noch dazu ein gutes Futter für Suchmaschinen. Wie auch Farben werden Bilder schneller vom Auge erfasst als Text. Lässt man Texte durch Bilder sprechen, reduziert sich somit das Layout fürs Auge. Zudem arbeitet sich der User auch nicht gerne über endlose Texte zum interessanten Artikel vor. Lange Texte eignen sich eher als Artikeltext in einem Expertenblog.

Farben stimulieren den Wohlfühlfaktor

Bilder haben große Anziehungskraft

181

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

Hin zu Schlichtheit aber dennoch funktional und mit Reduzierung auf das Wesentliche, heißt das neue Motto für Layouts und Design im E-Commerce.

Bei Flat Design treten Buttons in den Hintergrund

Das beweist auch der neue Webdesign-Trend für Onlineshops mit Namen „Flat Design“. Diese Designs findet man häufig in Shops für edle, exklusive Artikel. Unwichtige Gestaltungselemente verschwinden, wodurch mehr Raum entsteht, der durch groß dargestellte Produktfotos ersetzt wird. Nachteile bringen diese neuen Layouts dennoch mit sich. Setzt man ein Flat Design ein, fehlt dem Besucher der schnelle Zugriff auf gewohnte Interaktionsbuttons oder findet diese nicht auf Anhieb. Denn durch dieses Design treten Buttons mehr in den Hintergrund und fallen kaum auf, da diese nicht mehr mit Hervorhebungen, wie Schatten, Verläufe oder dreidimensional, dargestellt sind – die Seite wirkt sehr „flach“. Daher ist eine Prüfung sinnvoll, ob der Einsatz von Flat Design für den eigenen Shop die richtige Wirkung erzielt. Oder ob die Verwendung von Buttons mit angepasstem Design angebrachter ist, um die Konversionsrate nicht zu drücken [5, 6].

Abb. 2: Flat Design-Beispiel des Onlineshops thelook.com.

182

Susanne Angeli: Gestaltung eines Onlineshops optimieren

Produktnavigation und Orientierungshilfen Neben dem Shop-Layout hat die Navigation eine wichtige Orientierungsfunktion. Wie bereits erwähnt, sind Webbesucher sehr ungeduldig und möchten schnell ihr Ziel erreichen. Sinnvoll ist daher eine sehr flache Navigationsstruktur mit wenigen Unterkategorien und dies auf maximal zwei bis drei Ebenen. So gelangt der User mit möglichst wenigen Klicks zum Produkt und muss nicht herumrätseln, in welcher Kategorie sich ein Artikel befindet.

Flache Navigationsstruktur sinnvoll

Erforderliche Punkte einer benutzerfreundlichen Navigation: • eine einzige Hauptnavigation mit Hauptkategorien, • Haupt- und Unterkategorien, • bestmögliche Platzierung im Shop, • räumlich abgetrennt vom Inhalt, • steter Zugriff von jeder Seite aus, • gleiche Handhabung auf jeder Seite, • aussagekräftige, kurze Beschriftung, • farblich hervorgehobene Darstellung, • Textlinks anstatt Bildernavigation. Verwenden Sie zusätzlich zum Textlink ein „erzählendes“ Icon. Dies verstärkt den visuellen Effekt, und der User kann somit die Information schneller scannen. Das jeweilige Symbol sollte jedoch sehr aussagekräftig sein oder es ist bekannt und wurde bereits vom User erlernt. Solche Icons eignen sich prima in Technik-Shops.

Abb. 3: Icons verbessern den Überblick der Navigation.

183

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

Besucher nicht verwirren oder ablenken

Eine weitere Regel lautet: Der Besucher darf nicht verwirrt oder abgelenkt werden. Nun fragen Sie sich wahrscheinlich, welche Punkte eine schlechte Navigation aufweist und was Sie tunlichst vermeiden sollten. Vermeiden Sie: • unterschiedliche Navigationselemente auf Unterseiten, • Haupt- und Unterkategorien, die der Nutzer nicht oder nur schwer unterscheiden kann, • mehrere Navigationsmenüs und Navigationsleisten, • doppelte Kategorienamen, • überfrachtete oder komplexe Navigationselemente, • nicht intuitiv bedienbare Elemente. Kategorien optimieren Durch das Erfassen der Produktkategorien im jeweiligen Shopsystem entsteht die Shopnavigation. Denken Sie daher bereits vor der Produkterfassung an eine saubere Struktur der Navigation und nehmen Sie sich Zeit, passende Kategorienamen festzulegen. Die Namen für die Hauptund Unterkategorien sollte nicht ständig geändert werden. Denn der Produktlink, also die URL (Uniform Resource Locator) verwendet nicht nur den Produktnamen, sondern kann auch den Kategorienamen beinhalten. Man nennt solche Links auch sprechende URLs. Achten Sie bei der Auswahl des Shopsystems auf diese Art der URL-Struktur, denn diese URLs tauchen in den Suchergebnissen der Suchmaschinen auf und sind auch am eingehenden Traffic mitbeteiligt. Auf welchen der beiden folgenden Beispiellinks würden Sie eher klicken? domain. de/Fitnessgeräte/Crosstrainer.html - domain.de/de/art.php?p=1474. Tipp: Prüfen Sie Ihren gewünschten Kategorienamen mit dem Google KeywordTool auf dessen Suchvolumen. Anhand der monatlich globalen Suchanfragen sehen Sie, ob dieser Begriff oft von Usern verwendet wird und Ihren Traffic erhöht. Verwenden Sie einen Begriff mit einem niedrigen Suchvolumen, gibt es dazu auch wenig Kunden, die mit diesem Begriff auf Ihre Seite kommen. Eine Kategorieseite, die ein Kunde über den Kategorielink öffnet, konzipieren Sie im Hinblick auf die jeweilige Kategorie mit Text und Bildern mit maximal zwei Keywords. Wichtig, erstellen Sie eine eindeutige Seite, die nur diese Kategorie beschreibt! Schreiben Sie zu der Kategorie einen darauf ausgelegten Text mit informativem Mehrwert für Ihre Kunden. Beispiel: Kategorie „Pflegemittel“ beinhaltet

184

Susanne Angeli: Gestaltung eines Onlineshops optimieren

Informationstexte zu Pflegemitteln. Weitere informative Inhalte für Ihre Kunden auf Kategorieseiten sind: die Anzahl der jeweiligen angebotenen Produkte in der Kategorie, eine Herstellerliste, weiterführende Hinweise, Bedienungsanleitungen und Entscheidungshilfen. Jede Kategorie erhält somit einen eigenen Inhalt zum Thema. Breadcrumb als Orientierungshilfe Klickt man hier und da auf einer Website oder in einem Onlineshop und gleitet man dabei tiefer in die URL-Struktur, stellt man sich ab und an die Frage: Oh, wo bin ich jetzt? Dann ist es gut, wenn der User eine Orientierungshilfe in Form einer Breadcrumb vorfindet. Diese kleine Zeile, meist oberhalb des Hauptbereiches zu finden, zeigt den Pfad der aktuellen Verzeichnisstruktur. Die einzelnen Begriffe aus dieser Breadcrumb lassen sich anklicken und damit gelangt der User zu dessen Kategorieseite zurück.

Pfad der aktuellen Verzeichnisstruktur zur Orientierung anbieten

Die ideale Breadcrumb ist • mit allen Kategorien verlinkt. • über den ersten Begriff zur Startseite/Home verlinkt. • ohne leere Zwischenschritte und fortlaufend auf der Ebene von links nach rechts. • oberhalb des Contents platziert. • in einer kleinen Schriftart dargestellt. • in fetter Schrift und/oder unterstrichen und klickbar. • die gerade besuchte Seite/Ebene ist nicht anzuklicken. • auf allen Seiten ersichtlich. • mit einem Trennzeichen zwischen den Unterverzeichnissen dargestellt (›, ? oder !).

Abb. 4: Ideale Breadcrumb mit zusätzlichem Pulldown-Menü zu weiteren Unterkategorien. 185

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

Tipp: Damit Google die Breadcrumb leichter erkennt und für eine optimalere Indexierung nutzt, gibt es einige Hinweise von Google zu Mikroformaten für Breadcrumbs [7].

Produktdarstellung – Das Kernstück des Shops

Copyright von Text und Bild nicht vergessen

Die Darstellung der Produkte besteht aus der Produktbeschreibung mit Preis und Produktdetails und dem Produktbild. Auf den folgenden Absätzen erfahren Sie wichtige Details dazu. Denken Sie dabei an das Copyright von Text und Bild! Kopieren Sie nicht die Produktbeschreibungen von Ihrem Lieferanten oder Hersteller, sondern formulieren Sie diese um.

Abb. 5: Klar strukturierte Produktbeschreibung mit Preis, Details und Zusatzfeatures.

186

Susanne Angeli: Gestaltung eines Onlineshops optimieren

Möchten Sie das Bildmaterial des Herstellers verwenden, fragen Sie vorab nach und holen Sie sich eine Genehmigung ein. In diesem Abschnitt wenden wir uns einigen Wohlfühl-Features zu, die Kunden heutzutage in einem Onlineshop erwarten. Produktbeschreibung Verfassen Sie ausführliche und komplette Produktbeschreibungen, die Sie mit den passenden Keywords zum jeweiligen Produkt ausstatten. Der Kunde erfährt wichtige Details im Vorfeld und Sie ersparen ihm unnötige Rückfragen. Gestalten Sie die Beschreibung übersichtlich und strukturiert, damit die Beschreibung schon auf den ersten Blick neugierig macht und Spaß beim Lesen bereitet. Denn nichts ist anstrengender zu lesen, als ein langer, unübersichtlich gestalteter Fließtext ohne Absätze.

Formulieren Sie die Produktbeschreibungen selbst

Text-Formatierungen, die die Lesbarkeit erhöhen: • Kurze Absätze • Zwischenüberschriften • Fettschrift für wichtige Begriffe • Aufzählungen • Tabellen für Produktdetails Manche Artikel benötigen eine lange Beschreibung, um den Nutzen und die Beschreibung zum Artikel dem Kunden näher zu bringen. Setzen Sie solche Beschreibungstexte auf eine einzige Seite und stückeln Sie diese nicht auf mehrere Seiten, zu denen der Kunde ständig hin und her springen muss. Teilen Sie den Text eher in sinnvolle Absätze mit Überschriften und schreiben Sie an den Anfang der Seite eine kurze Übersicht zu diesen Absätzen. Versehen Sie die Übersicht mit Sprungmarken, auch als Anker bekannt, zu den jeweiligen Absätzen. Es erleichtert dem Nutzer die Handhabung und auch Suchmaschinen freuen sich auf gefundene Sprungmarken.

Suchmaschinen freuen sich auf gefundene Sprungmarken

Tipp: Damit Sie die Produkte optimal für Suchmaschinen erfassen können, benötigt die Shopsoftware spezielle Optimierungsfelder für Meta-Tags, wie Description (Beschreibung) und Seitentitel. Füllen Sie auch diese Felder mit Ihren recherchierten Begriffen jeweils passend zum Artikel. Verwenden Sie keine zu allgemeinen Begriffe.

187

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

Abb. 6: Sprungmarke „Produktbeschreibung“ in den Produktdetails. Produktbilder Neben Videos erfreuen sich Fotos und Abbildungen als der Renner im Netz. Noch dazu möchte der Kunde eines Onlineshops „sehen“, was er kaufen möchte und das am besten so detailgenau wie möglich. Bilder zu drehen und zu zoomen, ist für Kunden zudem ein wichtiges Feature geworden. Die Kaufentscheidung fällt so erheblich leichter und schneller. Schauen Sie sich selbst im Netz um und lernen Sie von den Großen und Ihrer Konkurrenz. Drei Bilddarstellungen für ein Produkt haben sich in Onlineshops etabliert: • Thumbnails in der Produktliste (GIF-Format mit 100 x 100 Pixel bis 150 x 150 Pixel). • Vorschaubilder in der Detailansicht des Produkts ( JPG-Format mit 300 x 300 Pixel bis 500 x 500 Pixel). • Großansicht über die Lupenfunktion (Zoom-View mit Originalbild: JPG- oder PNG-Format). • Optional: 3-D-Rundumansicht (360 Grad-Fotografie).

188

Susanne Angeli: Gestaltung eines Onlineshops optimieren

Die Ladezeit Ihres Onlineshops wird auch von den verwendeten Produktbildern beeinflusst. Denn je größer die Bilder und dessen Dateigrößen, desto länger wartet der Nutzer, bis sich die Website aufgebaut hat. Formate wie TIFF oder BMP sind somit zu große Bildformate und sind nicht für Websiten oder Onlineshops geeignet.

TIFF- und BMP-Formate für Shops ungeeignet

Tipp: Die Thumbnails und Vorschaubilder errechnen die meisten Shopsysteme selbst aus den Originalbildern. Ihnen reicht somit ein detailgetreues Bild in Großansicht und Sie brauchen nicht die einzelnen Bildgrößen selbst erstellen. Große Unternehmen setzen für die Skalierung und Ausspielung von Bildern so genannte Media-Asset-Managementsysteme (MAM) ein [8]. Die eingesetzten Produktbilder sind aber nicht nur über den Onlineshop zu finden. Suchmaschinen indexieren auch Bilder und zeigen diese durch den Einsatz von Universal-Search in den organischen Suchergebnissen an, die aus der Google Bildersuche stammen. Es ist daher empfehlenswert, die Bilder für Suchmaschinen zu optimieren, um Bilder ganz nach oben in den Suchergebnissen zu pushen. Ein wichtiger Effekt: Der Nutzer zieht daraus ebenso seinen Vorteil und findet sich in Suchmaschinen besser zu Recht mit aussagekräftigen Bildnamen und Beschreibungen. Und falls er die Anzeige der Bilder über den Browser ausgeschaltet hat, findet er im Onlineshop den -Text vor. Ist der umliegende Text kurz vor und kurz nach dem Bild mit den gleichen Keywords wie der Bilddateinamen bespickt, festigt und stützt dies die Keyworddichte und Themenrelevanz der einzelnen Seite immens. Es erweitert Ihre Onpage-Optimierung aus dem Bereich Suchmaschinenoptimierung. Eine gute Shopsoftware hat auch für Bilder Optimierungsfelder an Board [9].

Bilder für Suchmaschinen optimieren

Keywords erweitern OnpageOptimierung

Onpage-Optimierung für das Bildmaterial: • Beschreibungstext - Attribut: erklärender Text mit Keywords ausgestattet. • Seitentitel: enthält passende Keywords für dieses Bild. Onpicture Faktoren zur Optimierung der Bilddatei: • Bilddateinamen: kurzer, beschreibender Dateiname basierend auf Keywords für dieses Bild, keine reine Zahlen und keine Unterstriche zur Trennung der Namen, hierfür Bindestriche verwenden.

189

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

• Bildgröße: maximal 1280 Pixel an einer Seite, mindestens 320 Pixel, keine extremen Hoch- oder Querformate. • Format: GIF, JPG, PNG. • Bildverzeichnis: Bilder in einem „sprechenden“ Verzeichnis (../ gartenhelfer/rasenmaeher-xxl.jpg).

Wohlfühl-Features WohlfühlFeatures beziehen sich auf Produkte und auf die Shopumgebung

Im Folgenden finden Sie einige Wohlfühl-Features für Kunden in einem Onlineshop. Maßgeblich entscheiden aber Produkte, Zielgruppe und Shopsystem, welche Features für Sie infrage kommen beziehungsweise schneller umzusetzen sind. Im Grunde kann man unterscheiden zwischen Wohlfühl-Features, die sich auf das Produkt beziehen (Abb. 6) und Features für die Shopumgebung. Features für das Produkt: • • • • • •

aktuelle Lieferfähigkeit anhand von Farben signalisieren, authentische Produktbewertung, Wunschliste/Merkliste, Cross-Selling/Produktvergleiche, Produktdatenblätter/Anleitungen, Social Media-Buttons.

Viele dieser Features sind bereits standardmäßig in Ihre Shopsoftware eingebaut und müssen nur konfiguriert und aktiviert werden. Oder Sie rüsten den Shop mit dem gewünschten Plugin nach. Letzteres erhalten Sie entweder über den Hersteller und dessen Website oder über andere Dienstleister. Manche Plugins sind sogar kostenlos im Netz erhältlich. Wohlfühl-Features für die Shopumgebung Bei einem sehr großen Produktsortiment hat sich ein weiteres wichtiges Feature etabliert: die filterbare (Facetten-)Suche. Beispiel: Auf louis.de kann der Kunde einige Informationen wie Produktgruppe oder Marke, Angebote oder Restposten auswählen, um sich dann die ausgefilterten Produkte anzeigen zu lassen. Filtersuche bietet Erleichterung beim Aufspüren

190

Auf vielen Shops hat diese Filtersuche Einzug gehalten und ist während des Aufspürens nach dem passenden Produkt eine Erleichterung für den Kunden. Auch hierzu ist die Shopsoftware gefragt. Denn eine filterbare Suche gehört zu den Top-Auswahlkriterien und ist aus manchen Produktkatalogen nicht mehr weg zu denken.

Susanne Angeli: Gestaltung eines Onlineshops optimieren

Abb. 7: Louis.de mit integrierter Filtersuche.

Abb. 8: ePages bietet mit seinem Shopsystem eine filterbare Suche. Auch vertrauensbildende Sicherheitshinweise, die die Shopumgebung und den Händler beschreiben, zählen zu den Wohlfühl-Features. Denn Vertrauen und Sicherheit stärkt zusätzlich das Wohlgefühl, gerade bei Neukunden. Sie zeigen somit Ihre Professionalität und der Kunde bleibt länger in Ihrem Onlineshop. Wichtig dabei ist, dass diese Sicherheitshinweise nicht auf irgendwelchen Infoseiten versteckt sind, sondern prominent auf jeder Seite angezeigt werden.

Sicherheitshinweise prominent auf den Seiten anzeigen

Die wichtigsten vertrauensbildenden Sicherheitshinweise: • xx Tage Rückgaberecht, • kostenloser versicherter Versand und Rückversand, • Infotelefon (Hotline mit 0180- Nummer vermeiden, klingt eher nach Großkonzern), • Hinweise zu den angebotenen Bezahlarten, • Zertifizierungssiegel (zum Beispiel Trusted Shop Siegel), • SSL-Verschlüsselung beim Login und Zahlungsvorgang, • optional: Infobox über häufig gestellte Fragen zum Produkt oder dem Bestellvorgang.

191

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

Abb. 9: Infotelefon, Versandinformation, Rückgaberecht und Gütesiegel prominent platziert. Die Informationen zu Rufnummer, Versand und Rückgaberecht lässt sich leicht über das Shop-Layout realisieren. Für eine Zertifizierung hingegen sind einige Voraussetzungen zu erfüllen, bevor man das Gütesiegel in das Layout des Onlineshops und in den Bestellablauf, um Kaufabbrüche zu minimieren, einbauen darf. Wichtigste Voraussetzungen im Shop für eine Zertifizierung: • Anbieterkennzeichnung (vollständiges Impressum), • sicherer und rechtlich einwandfreier Bestellprozess • alle wichtigen Daten zum Vertragsschluss (AGB, Widerrufsbelehrung), • Datenschutz und Datensicherheit (auch eine SSL-Verbindung). Anbieter für Gütesiegel bieten online kostenlose Anforderungskataloge zum Download an. Sind alle Kriterien erfüllt, dann dauert die Zertifizierung vorwiegend etwa eine Woche. Eine hilfreiche Serviceleistung für Rechtstexte ist in vielen Angeboten impliziert. Sie helfen beim Erstellen von rechtskonformen Daten für Impressum, AGB, Datenschutzerklärung, Widerrufs- oder Rückgabebelehrung. Anbieter für Gütesiegel: • Trusted Shops, trustedshops.de • TÜV SÜD, safer-shopping.de • EHI Retail Institute, shopinfo.net • Datenschutz cert, datenschutz-cert.de SSL-Zertifikat für gesicherte Datenübertragung

192

Ein Muss für die Zertifizierung und auch als ein weiteres vertrauensbildendes Feature ist ein SSL-Zertifikat (Secure Sockets Layer) für die gesicherte Datenübertragung während des Kaufvorgangs. So übertragen sich Bestellungen und Zahlungsinformationen vom Kunden verschlüsselt

Susanne Angeli: Gestaltung eines Onlineshops optimieren

über den Shop. Benötigt wird entweder ein eigenes SSL-Zertifikat (dies ist auf Ihre Domain ausgestellt) oder ein preiswerteres Shared-SSLZertifikat Ihres Providers. Für ein eigenes SSL-Zertifikat benötigen Sie eine eigene IP-Adresse, die auf Ihre Domain eingerichtet ist. Fragen Sie Ihren Provider beziehungsweise Hosting-Anbieter [10].

Abb. 10: Die grüne Leiste und das Schloss im Browser zeigt eine gesicherte Seite. Kompetenz stärken durch Expertenerweiterungen Möchten Sie mit noch mehr Wohlfühl-Features begeistern und Ihre Kompetenz beweisen, dann schenken Sie Ihrem Kunden Gehör und vergleichen Sie sich mit der Konkurrenz. Erfahren Sie auf diese Weise, welche spannenden Expertenerweiterungen zu Ihrem Onlineshop und zum Produkt passen könnten, wie zum Beispiel 1-Click-Bestellbutton, Plus-Garantie, Vor-Ort-Service, Datenrettung, Montageservice, Onlineberatungssystem, monatlich erscheinende Onlineprospekte oder OnlineKatalogdarstellung mit Flash, HTML oder als PDF. Solche besonderen Angebote sollten Sie nicht in der Navigation verstecken, sondern unübersehbar auf der Startseite unter den Highlights bewerben. Bei Onlinekatalogen ist die Frage, in welchem Format Sie dies dem Kunden anbieten möchten. Denn Flash wird nicht offiziell unterstützt von Apple. Hierzu benötigt der User eine zusätzliche App (iSwifter, Skyfire) oder andere kostenlose Alternativen. Ein toller Service wäre, mehrere Formate für den Katalog anzubieten, damit der Kunde das jeweils technisch passende Format wählen kann. Ein besonderes Schmankerl sind spezielle Beratungssysteme, wie ein Frage-Antwort-System, das daraufhin passende Produkte ausfiltert, Ratgeber-Videos oder Produktberatungen.

Beratungssysteme kommen gut an

Folgende Fragen sind hierzu überdenken: • Welche Beratungsart passt zu meinem Produkt? • Welchen Nutzen erhält mein Kunde damit? • Bin ich technisch in der Lage dies umzusetzen oder benötige ich einen externen Dienstleister? • Wie viel Zeit kann ich persönlich dafür investieren?

193

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

Abb. 11: Innovative Onlineberatung von Lensbest.de mit vielen RatgeberVideos.

Kleinigkeiten haben große Wirkung

Den Verkauf zu erhöhen oder im Idealfall den Kunden an den Shop zu binden, ist der Wunsch aller Shopbetreiber. Dies erreichen Sie mit mehr Zufriedenheit und Loyalität der Kunden. Schaffen Sie daher dem Kunden eine Shopumgebung für einen entspannten Einkauf. Mit einem passendem Design, einer übersichtlichen Navigation und Produktbeschreibung, den vertrauensbildenden Maßnahmen, den richtigen Bezahlarten und den Wohlfühl-Features. Denn wo man sich wohl fühlt, dort wird bevorzugt eingekauft. Es sind meist nur Kleinigkeiten mit einer großen Wirkung auf das Kaufverhalten und den Kaufspaß.

Literatur [1] Wissenswertes zum Trendthema „She-Commerce“, also „E-Commerce für Frauen“: http://t3n.de/news/e-commerce-frauen-weibliche-455620/ [2] Wissenswertes zum Thema „Online-Shopper 50 Plus“: http://www.ecckoeln. de/Themenfelder/Online-Shopper-50-plus%3A-Ohne-ausf%C3%BChrlicheInformationen-und-Service-geht%E2%80%99s-nicht [3] Erstellt mit dem Tool http://ami.responsivedesign.is/ [4] Beispiel-Shops auf Basis von Responsiv Webdesign: http://t3n.de/news/5beispiele-responsive-webdesign-458880/ [5] 25 Flat Design Beispiele und mehr Infos zum Thema: http://t3n.de/news/ Flat Design-e-commerce-25-459116/ [6] 10 User-Interface-Kits mit Widget-Entwürfe im Flat Design: http://t3n. de/news/10-user-interface-kits-flat-460040/

194

Susanne Angeli: Gestaltung eines Onlineshops optimieren

[7] Google-Hinweise für Mikroformate/Breadcrumbs: http://support.google. com/webmasters/bin/answer.py?hl=de&answer=185417 [8] Beispiel pixelboxx. [9] Von Ingo Henze finden Sie für Ihre Suchmaschinen-Optimierung mit Bildern das sehr hilfreiche Tool Bidox-Datenbank auf bidox.de. Jeden Sonntag fragt das Tool die Top-100-Rankings von 5000 Keywords (= Top-Keywords der GoogleBildersuche) ab. [10] Ein SSL-Zertifikat, ausgestellt auf Ihre Domain (SSL123), bestellen Sie zum Beispiel bei thawte.de für 99 Euro pro Jahr. Angeli S. und Kundler W.: Der eigene Onlineshop – Von der Gründung zum Verkaufserfolg in 10 Lektionen. – Pearson, 2013. Website der yeebase media GmbH: http://t3n.de Website der Web Arts AG: http://www.konversionskraft.de/

195

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

196

Emotional Shopping: Tipps und Anregungen Thorsten Wilhelm

4

„Der Kunde will das für ihn optimale Produkt zum besten Preis, schnellstmöglich mit dem bestmöglichen Service und der höchsten Sicherheit geliefert bekommen. Das ist Erlebnis genug [1]!“ Vielleicht galt das im Jahr 2009; ganz sicher war es zum Beispiel im Jahr 2000 so. 2013 ist das aber nicht mehr genug an Einkaufserlebnis: Onlineshopper wollen sich beim Einkaufen wohl und glücklich fühlen – und das nicht nur während ihren Einkaufstouren auf dem Tablet von der heimischen Couch aus.

2013: Online Einkaufserlebnisse = Mangelware! Leider bieten derzeit nur wenige Onlineshops positive Einkaufserlebnisse. Woher wir das wissen? Wir fragten nach – bei sechshundert Webnutzer/ -innen, repräsentativ für deutsche Onlineshopper in Bezug auf die Merkmale Alter, Geschlecht und Bildung. Das Ergebnis der Studie: 61,5 Prozent hatten noch nie ein besonders positives Einkaufserlebnis beim Onlineshopping. Erschreckend – mehr als 15 Jahre nachdem Amazon, eBay und Co. ihre Onlineshops eröffneten (!). Auf der anderen Seite ist da aber auch noch jede Menge „Luft nach oben“. Also Herausforderung und Chance zugleich.

Shopbesuchern mehr positive Erlebnisse bieten Wie die Ergebnisse der Studie belegen, bietet die Schaffung von Einkaufserlebnissen beim Onlineshopping eine hervorragende Basis zum Herausbilden eines Wettbewerbsvorteils (USP). Im Vergleich zu denen, die sich für das Thema bereits heute interessieren, leben die meisten Shopbetreiber und E-Commerce-Manager heute noch in aller Ruhe mit dem Vorurteil:

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Thorsten-Wilhelm

Wenige Onlineshops bieten positive Einkaufserlebnisse

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

„Wenn ein Kunde beim Einkaufen Erlebnisse haben will, dann soll er doch am Samstag in die Stadt gehen!“. Die sich dahinter verbergende Haltung/Meinung: Online sind Erlebnisse zweitrangig (oder lassen sich weniger gut schaffen). Mit diesem Vorurteil ausgestattet, wird es schwer, ein wirksames Alleinstellungsmerkmal zu finden, mit dessen Hilfe eine Abgrenzung von Amazon, eBay & Co. gelingt. Amazon ist in Bezug auf die Kernfunktionen eines Onlineshops derart stark, dass sich die meisten Onlineshops schnellstmöglich von der Zielsetzung trennen sollten, diesem Wettbewerber „einfach nur“ nachzueifern. Es wird kaum gelingen, zu positiv ist die Einstellung zu Amazon auf den Erfolgsfaktoren: • • • •

Sortiment Service Preis und Bestellabwicklung.

Abb. 1: Ansichten zu Amazon.de – viel Zustimmung zu zentralen Erfolgsfaktoren [2].

198

Thorsten Wilhelm: Emotional Shopping: Tipps und Anregungen

Das Erfolgsrezept: • Fokussierung auf eine klar abgrenzbare Zielgruppe (zum Beispiel Senioren, Digital Natives, Frauen) und/oder Produktkategorie (wie „Die praktischen Dinge des Lebens“, „Alles rund um einen schönen Balkon“). • In der Gestaltung des Shops und der Prozesse eine ausgeprägte „Liebe zum Detail“ entwickeln,

Entwickeln Sie mehr Liebe zum Detail

• begleitet von Ehrlichkeit und Orientierung am Kunden, seinen Wünschen und Anforderungen. Nur so können Einkaufserlebnisse geschaffen werden, welche Amazon seinen Besuchern derzeit und wohl auch in Zukunft nur teilweise wird bieten können.

Warum sind positive Erlebnisse beim Shoppen wichtig? Gute Laune aktiviert positive Erlebnisse und Erfahrungen im Kopf eines jeden Menschen. Die Welt um einen herum wird mit einer „rosaroten Brillen“ gesehen. Fühlen sich die Shopbesucher wohl, dann bleiben sie lange in dem Shop, schauen sich viele Produkte an, merken sich einige davon und werden somit schnell zu Käufern. Vielleicht nicht gleich beim ersten Besuch, höchstwahrscheinlich aber bei wiederkehrenden Shopbesuchen (deren Wahrscheinlichkeit steigt, je zufriedener ein Besucher beim ersten Shopbesuch war). Gute gelaunte Nutzer urteilen, entscheiden und verhalten sich während eines Shopbesuchs intuitiv. Sie sehen es als nicht erforderlich an, viele Informationen für ihre Entscheidungen heranzuziehen, intensiv abzuwägen oder gar zu vergleichen. Gut gelaunte Menschen greifen bei ihren Entscheidungen auf bewährte Regeln (Heuristiken) zurück. Sie streben nach kognitiver Leichtigkeit und tendieren zu schnellen – jedoch keineswegs schlechten – Entscheidungen. Diese Offenheit für impulsives (schnelles) Verhalten fördert die Wirksamkeit von Kaufanregungen und Kaufempfehlungen enorm. Das alles geschieht unbewusst, intuitiv und keinesfalls zum Nachteil eines gut gelaunten Nutzers. Er verzichtet zu seinem eigenen Wohl und Vorteil auf eine kognitive Steuerung seiner Urteilsbildung und seines

199

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

Verhaltens. Langsames Denken, mit intensiver Informationsrecherche und abwägenden beziehungsweise vergleichenden Prozessen ist ihm schlicht und einfach zu anstrengend.

Alles vermeiden, was Nutzer verärgert

Daher sollte alles vermieden werden, was Nutzer verärgert! Und es sollten viele, kleine, mit viel Liebe zum Detail entwickelte „Points of Good Experience“ in dem Onlineshop geschaffen werden. Das wird besonders gut gelingen, wenn man zum Perfektionisten wird: Man sollte sich fragen, was Nutzer und Kunden von jeder einzelnen Funktion und jedem noch so kleinen Textbaustein erwarten, und ihnen dann genau das anbieten: Die Erfüllung von Kundenerwartungen. Klingt logisch, ist wirksam, ist Ihnen auch schon seit Jahren bewusst? – Na dann: Gehen Sie`s an! Sie müssen es nur wollen und selbst Freude daran haben einen perfekten Onlineshop zu schaffen. Um Ihnen eine gute Ausgangslage zu verschaffen, möchte ich Ihnen einige Hinweise zu den zentralen Stellschrauben für positive Einkaufserlebnisse bieten und anschließend aufzeigen, wie Sie das Einkaufserlebnis auf Ihrem eigenen Onlineshop messen und verbessern.

Anregungen zur Gestaltung eines erlebnisreichen Shops Die folgenden Beispiele beziehen sich vor allem auf die FrontendGestaltung von Onlineshops. Die Shopgestaltung („Look & Feel“ und Usability) wirkt maßgeblich ein auf das Erlebnis beim Shopbesucher. Dabei sollte man jedoch nicht den Eindruck gewinnen, dass Sortiment und Preisgestaltung zweitrangig sind. Ein attraktives, auf klar definierte Zielgruppen abgestimmtes Sortiment ist die notwendige Basis für positive Einkaufserlebnisse. Zuerst sollte man schauen, was Onlineshopper so richtig „auf die Palme“ bringt. Das sollte man unbedingt meiden, denn schlechte Laune hält länger an als gute. Leider haben Onlineshops • zu lange Ladezeiten – ärgerlich! Das stört immer noch, oft und viele Onlineshopper. Unvollständige Produktbeschreibungen vermeiden

200

• Bezeichnung und Kategorisierung von Produktgruppen, die für „Otto-Normal-Nutzer“ nicht nachvollziehbar sind. • unvollständige Produktbeschreibungen, ebenfalls ein Treiber besonders schlechter Laune beim Onlineshopping.

Thorsten Wilhelm: Emotional Shopping: Tipps und Anregungen

• unterschiedliche Angaben zur Produktverfügbarkeit auf der Produktdetailseite und später in der Nachkaufphase (Bestellbestätigung, EMail-Kommunikation vor Auslieferung). • versteckte Kosten rund um den Versand. • keine Speicherung des Warenkorbinhaltes über mehrere Besuche hinweg. • mangelhafte Ware oder gar falsche Warenlieferung und natürlich • ein umständlicher Rückversandprozess (Retouren). Puh – es gibt viel zu tun, will man als Shopbetreiber Kunden nicht verärgern. Und das sollte zunächst im Vordergrund stehen: Das Verhindern schlechter Laune beim Shoppen durch einen erwartungskonformen, gute bedienbaren Onlineshop. Erst danach geht es an die deutlich schwierigere Aufgabe: Die Laune vom Shopbesucher verbessern! Schauen wir uns an, was Nutzer beim Onlineshopping begeistert: • Nach wie vor: Eine einfach zu bedienende und nützliche Produktsuche und Navigation. • Produkte, Produkte, Produkte – die Darstellung vorhandener Produkte sollte unbedingt in den Vordergrund gestellt werden. Es sollten auf der Startseite, den Einstiegsseiten in ein Sortiment und auch auf jeder Art von Übersichtsseiten so viele Produkte wie möglich gezeigt werden.

Produkte, Produkte, Produkte

Dafür werden gern die Flächen mit funktionalen Elementen (Navigation, Hilfe und Service-Links, Suche, Warenkorbeinstieg) bewusst in den Hintergrund gestellt. Für die Auffindbarkeit von Shopfunktionen reicht aus, wenn diese richtig positioniert und erwartungskonform bezeichnet sind (und sich nach der Auffindbarkeit leicht bedienen lassen). • Produktbeschreibungen, die ausführlich, nützlich und zudem ehrlich sind – also niemandem irgendetwas vormachen, keine falschen Erwartungen wecken, die später beim Auspacken enttäuscht werden (zum Beispiel hinsichtlich der Passform oder Größe, den technischen Eigenschaften). Eine gute Produktbeschreibung ist „Service am Kunden“, vergleichbar mit einem guten Beratungsgespräch mit einem freundlichen Verkäufer im stationären Einzelhandel.

Keine falschen Erwartungen wecken

201

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

• Realitätsnahe, hochwertige Bebilderung – die schnellste Maßnahme einer guten Produktinszenierung. • Nützliche Online-Beratungsangebote und – im Fall der Fälle – • ein freundlicher, hilfreicher Kundenservice im Callcenter oder LiveChat. • Und: „Gemeinsames Einkaufen“ – statt einsam, still und leise Surfen – zum Beispiel über Facebook-Anwendungen unbedingt ermöglichen! Schließlich tragen zu positiven Einkaufserlebnissen bei: • Warenkorbzwischenseiten: Hier haben Nutzer eine „rosarote“ Brille auf – unbedingt nutzen für Kaufanregungen (zum Beispiel Kombinationsartikel)! • Kleine Geschenke, die mit der Ware bereitgestellt werden. • Kulanz bei der Einlösung von Gutscheinen, und natürlich In der Vergangenheit getätigte Eingaben bereitstellen

• ein unkomplizierter Bestellprozess – schnell zu erledigen und „den Nutzer unterstützend“, zum Beispiel in dem in der Vergangenheit getätigte Eingaben bereitgestellt werden (Lieferadresse, Zahlungsdaten). • Produktauslieferung zum angekündigtem Zeitpunkt – Einhaltung, was dem Kunden versprochen wurde! • Und schließlich: Eine für Kunden erfreuliche und angenehme Produktübergabe an der Haus- beziehungsweise Wohnungstür – und für den Fall der Fälle: eine unkomplizierte Abwicklung von Retouren. Viele Dinge, die Freude beim Onlineeinkauf schaffen. Damit gibt es doch auch viele Stellschrauben. Nun, da man weiß, was Nutzer ärgert und begeistert, geht es aber erst richtig los: Es gilt die richtigen Dinge richtig zu optimieren, also die Frage nach dem WIE der Shopoptimierung zu klären.

202

Thorsten Wilhelm: Emotional Shopping: Tipps und Anregungen

Die ersten Schritte zu einem erlebnisreichen Onlineshop? Ausgangspunkt sollte die Analyse des Status Quo sein: Welche Bereiche, Elemente, Funktionen und Inhaltsmodule des Onlineshops beeinflussen die Gemütslage – sowohl positiv als auch negativ? Antwort auf diese Frage sollte man sich von den Nutzern und Kunden des Onlineshops geben lassen. Am besten geht das in einem Use-Lab. Use-Lab – gemeint ist damit: Ein gut ausgestattetes Teststudio mit Eye-Tracker, Aufzeichnungstechnik für die Erfassung der Gestik, Mimik, Aktivierung und Aussagen der Testpersonen und vor allem gut ausgebildete UserExperience Consultants, die durch gezieltes Nachfragen tiefe Einblicke in die Gemütslage und Ansichten der Kunden und Nutzer bieten. Bei eResult wurden die Shopanalysen mit Hilfe von Use-Labs in den vergangenen 13 Jahren stetig weiterentwickelt und sind deshalb auch in der Lage neben Usability-Schwächen („Ärgernissen“) auch Erlebnistreiber zu identifizieren und diese stetig zu optimieren.

UsabilitySchwächen und Erlebnistreiber optimieren

Bei den durchgeführten Use-Labs • werden die größten Usability-Schwächen aufgedeckt (also alles andere, aber keine Banalitäten), • Schwächen identifiziert, die von vermeintlichen „Experten“ nicht gesehen werden, • und – ganz wichtig – es werden neben Schwächen auch eine Vielzahl an Stärken des Onlineshops aufgezeigt. Ausschlaggebend dabei: Hautleitwiderstandsmessungen während der Shopnutzung! Die zentralen Vorteile von Hautleitwiderstandsmessungen Das Verfahren der Hautleitwiderstandsmessung von eResult zeigt die Veränderung der Leitfähigkeit der Haut an und bildet somit das „emotionale Schwitzen“ ab: Wir erkennen welche Seiten, Prozesse oder Funktionen eines Onlineshops als besonders erregend wahrgenommen werden. Wie das geht? – recht einfach: Über ein Armband wird die Veränderung des Hautleitwiderstandes als ein Indikator für eine Veränderung der Aktivierung gemessen.

203

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

Abb. 2: Fieberkurve: Über ein bequem tragendes Armband wird der Hautleitwiderstandswert erfasst – Veränderungen dieses Wertes werden in einer „Fieberkurve“ dargestellt.

z

u

Aktivierung tritt immer dann auf, wenn uns irgendetwas besonders anspricht oder verärgert, stört. In solchen Momenten verändert sich unter anderem unser Puls und eben auch die Leitfähigkeit unserer Haut: Wir schwitzen. Leicht. Aber gut messbar mit geeigneten Systemen. Ob die gemessene Erregung positiv bewertet wird (= Freude, Glück, Begeisterung) oder eher negativer Natur ist (= Ärger, Frustration, Enttäuschung), das wird unmittelbar nach der Shopnutzung von erfahrenen Interviewern erfragt. Dazu wird zusammen mit einer jeden Testperson diejenigen Seiten, Prozesse, Funktionen und Inhaltsmodule angeschaut, die besonders starke Ausschläge bei der Messung ergaben. Auf

204

Thorsten Wilhelm: Emotional Shopping: Tipps und Anregungen

diese Weise fördert man jede Menge Probleme und Schwächen hervor, welche die Nutzer verärgern und davon abhalten in gute Stimmung zu kommen. Zugleich, und das ist das Besondere, erkennt man mit Hilfe der Messung der Veränderung der Hautleitfähigkeit Elemente, Funktionen und Inhaltsmodule, die Shopbesucher begeistern und erfreuen. Bei klassischen Use-Labs, bei denen Protokollen lauten Denkens zum Einsatz kommen, werden kaum Stärken und positive Aspekte der Shopgestaltung aufgedeckt. Nachvollziehbar, sind die Testpersonen doch doppelt gefordert: Sie stöbern, suchen nach Produkten und müssen dabei zugleich ihre Gedanken laut aussprechen. Bei einer solchen Doppelbelastung – die zudem alles andere als realistisch ist (Oder sprechen Sie beim Surfen Ihre Gedanken laut aus?) – lobt es sich schwer. Mit dem Verfahren der Hautleitwiderstandsmessung werden die zentralen Treiber für positive Erlebnisse erkannt und man bekommt zudem die größten Usability-Schwächen aufgezeigt. Ergänzt um die Erfahrung und das Wissen von User Experience Consultants erhält man konkrete und vor allem wirksame Empfehlungen zur Verbesserung des Einkaufserlebnisses der Shopbesucher.

Mit Hautleitwiderstandsmessung positive Erlebnisse erkennen

Fazit und Zusammenfassung Verschaffen Sie sich einen Wettbewerbsvorteil durch eine erlebnisreiche Shopgestaltung. • 1. Gebot dabei: Entwickeln Sie (noch mehr) „Liebe zum Detail“. Denn es sind oft Kleinigkeiten, die gut umgesetzt und aus Nutzersicht gedacht dazu beitragen, dass Nutzer und Kunden sich wohlfühlen. Das stellen wir in unseren Nutzertests im Use-Lab immer wieder fest. • 2. Gebot: Fragen Sie Ihre Nutzer und Kunden. Regelmäßig. Erheben Sie neben der Zufriedenheit unbedingt auch Anforderungen und Wünsche. Denn diese ändern sich, und je früher Sie das erkennen, umso mehr Zeit haben Sie darauf zu reagieren.

205

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

Iterative Tests im Use-Lab sind effektiv und effizient

• 3. Gebot: Gehen Sie iterativ und prozessorientiert vor. Haben Sie eine Schwäche Ihres Shops erkannt, entwickeln Sie erste Lösungen, testen Sie diese mit Nutzern und Kunden, nehmen Sie deren Feedback auf, optimieren Sie Ihre erste Lösung und testen Sie erneut. Iterative Tests im Use-Lab sind effektiv, effizient und bieten Ihnen Sicherheit die richtigen Dinge auch richtig zu optimieren. Auf geht‘s – lassen Sie uns gemeinsam bessere Onlineshops schaffen.

Literatur [1] 2009 auf die Frage nach der Bedeutung von Erlebnissen beim OnlineShopping, shopanbieter.de, 23.11.2009. [2] eResult Omnibus, http://www.eresult.de/leistungen/methoden_verfahren/ omnibus_mehrthemen-befragung.html, Mai 2013.

206

Cross-Channel-Verzahnung eines Onlineshops Andreas Herde

4

Einen Termin zum Reifenwechsel über das Internet machen? Einen Servicetermin über eine App vereinbaren? Ein Verkaufsgespräch per Videochat führen? Oder mittels Tablet am Point of Sale (PoS) beraten werden? Alle diese Beispiele verdeutlichen die zunehmende Verzahnung der Kanäle, um Kunden eine reibungslose beziehungsweise „seamless“ Experience zu ermöglichen. Das Schlagwort hier ist Cross-Channel. Nicht zu verwechseln mit Multichannel – denn es geht nicht darum, so viele Leistungen wie möglich auf allen Kanälen zu spielen, sondern vor allem das Handover von Kundeninteraktionen von einem Kanal in den anderen zu ermöglichen.

Beispiel „In-Store Pickup“ Eine typische Cross-Channel-Journey ist „In-Store Pickup“. Das bedeutet, dass Kunden im Onlineshop bestellen und dann vor Ort, idealerweise zu einem vereinbarten Termin, die Ware abholen. Im Food-Sektor ist das eines der gängigen Angebote, aber eigentlich alle Anbieter mit einer Filialstruktur können dieses Feature aus ihrem Onlineshop heraus anbieten. Die Vorteile für den Kunden: • Vor allem haptische Produkte eignen sich hervorragend für ein solches Pickup, denn Kunden wollen diese schnell in die Hände bekommen und ausprobieren. • Die Unabhängigkeit von den Lieferzeiten der Paketdienste ist einer der entscheidenden Vorteile bei der Kaufentscheidung. • Fragen zur Inbetriebnahme oder Installation können vor Ort geklärt werden.

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Andreas-Herde

Verzahnung der Kanäle

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

Vorteile für das Unternehmen: • Im Onlineshop kann der Fokus ganz auf den Abschluss gelegt werden. Up- und Cross-Selling von Zubehör, Garantieleistungen oder Upgrades können dann an den Point of Sale verlegt werden. Gut für die Conversion im Onlineshop. • Der Verkäufer kann bei Abholung eine Beziehung zum Kunden aufbauen. • Es kann direktes Feedback zum Verkaufsprozess oder Produkt eingeholt werden. • Für das Unternehmen ist ein fließender Übergang von Sales in den After Sales/Care Modus gegeben. Das kann Hotline-Kosten sparen. Um solch eine Cross-Channel-Journey innerhalb des Unternehmens zu ermöglichen, müssen mehr Stakeholder abgeholt werden als bei einer rein onlinebasierten Transaktion. An welche Dinge man bei der Planung und Umsetzung denken sollte, ist im Folgenden aufgeführt.

Kooperation mit Retail

Verzahnte Journeys multiplizieren KPIs

Das Vorurteil, dass das E-Business dem stationären Vertrieb Kunden wegnimmt, muss für den Erfolg dieses Projektes ganz aus den Köpfen verschwinden. Es geht nicht mehr darum, verschiedene KPIs (Key Performance Indicator) gegeneinander antreten zu lassen (Besucher im Shop versus User im Onlineshop), sondern durch eine verzahnte Journey diesen KPI zu multiplizieren. Jeder Kunde, der online kauft und sich entscheidet, seine Ware im Laden abzuholen, ist ein sicherer Kunde und kann durch weitere persönliche Beratung ausgebaut werden. Allerdings muss Retail auch bestimmte Rahmenbedingungen herstellen. Zum Beispiel in der Logistik: bereits beim Kauf im Onlineshop muss sichergestellt sein, dass genügend Ware im Shop vorhanden ist, um diese dem Onlinekunden zu seinem Wunschtermin auszuhändigen. Beispiel: Ordert der stationäre Shop für den Launch eines heiß begehrten Produktes fünfhundert Stück Ware, kann er nicht am ersten Tag alle an Besucher im Shop verkaufen, wenn gleichzeitig zweihundert Onlinekunden zuschlagen und die Ware am nächsten Tag dort abholen wollen.

208

Andreas Herde: Chross-Channel-Verzahnung eines Onlineshops

Wichtig dabei sind Erfahrungswerte. Wenn das Feature im Onlineshop gelauncht wird, müssen die nötigen Vorräte vorhanden sein. Vor allem Onlinekunden würden sich zum Beispiel in sozialen Netzwerken richtig Luft machen, wenn sie zur Abholung in ein Ladengeschäft kommen und kein Artikel mehr vorhanden ist. Darin besteht eine der größten Stolperfallen für den Launch der Journey.

Stolperfalle Vorräte

Kooperation mit dem Vertrieb Im Vertrieb werden normalerweise die KPIs der einzelnen Kanäle überwacht: Traffic, Sales, Take-Rates. Diese KPIs werden meistens für ein gesamtes Geschäftsjahr vereinbart. Bei einer In-Store Pickup müssen neue KPIs her. Und zwar deshalb, weil der Onlineshop nun deutlich attraktiver geworden ist und mit dem Feature höhere Abschlüsse im Verhältnis zum PoS machen kann. Im Shop selber sollten dementsprechend Up- und Cross-Selling-KPIs angepasst werden. Außerdem müssen die Provisionen angepasst werden. Warum? Weil es sonst nahezu unmöglich ist, den Agent im Store incentiviert zu bekommen, einen Onlinekunden adäquat zu bedienen. Der Sale wurde bereits online abgeschlossen. Warum sollte sich also der Vertriebler anstrengen, den Kunden gut zu bedienen? Für einen Onlinekunden muss der Verkäufer vor allem für das Cross- und Up-Selling sowie für After-Sales-Tätigkeiten belohnt werden – beispielsweise das Erklären eines Vertrags, einer Rechnung oder der zur Verfügung stehenden ECare-Instrumenten. Der Verkäufer hat hier einen enormen Einfluss auf die ersten drei Monate des Neukunden – aber nur, wenn er dafür belohnt wird. Deshalb ist es auch ratsam, einen neuen Business Case für Provisionen zu erarbeiten, denn wenn zum Beispiel dem Affiliate bereits eine Provision für den Online Sale gezahlt wurde, ist eine zweite volle Provision für den Agent nicht drin. Es ist zu überlegen, ob man diese Journey für den Start und die Akzeptanz auf allen Kanälen eventuell durch Mehrfachprovisionen subventioniert.

209

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

Kooperation mit der Logistik Die Warenverfügbarkeit bei einer In-Store Pickup-Journey wurde bereits angesprochen. Aber auch im Onlineshop selber müssen logistische Anpassungen vorgenommen werden. Hat der Kunde online gekauft und bezahlt, so muss nun zwangsläufig für die Abholung im Laden eine neue Weiche in den Sales Flow eingebaut werden. Es darf kein Versand aus dem Lager ausgelöst werden. Auch weitere Routinen wie eventuelle Statusmeldungen per Mail („Ihre Ware ist unterwegs.“) müssen geändert oder gestrichen werden.

Kooperation mit Legal Mit der Rechtsabteilung gilt es bei der Einführung einer Cross-ChannelJourney vor allem Folgendes zu klären: • Müssen die AGBs im Onlineshop angepasst werden? • Ab wann gilt der Kauf beziehungsweise Vertrag? Ab Onlineabschluss oder ab Abholung? Und ändern sich dadurch auch Fristen für die Rückgabe oder die Garantien? Haftung klären

• Wer haftet für Hardware/Produkte, die im Shop für Kunden reserviert oder die online schon gekauft wurden? • Was passiert mit dem Kauf, wenn der Kunde nicht auftaucht und seine Ware abholt? Verfällt sein Kaufanspruch?

Kooperation mit Finance Business Case zwingend notwendig

Um das Projekt erfolgreich zu gestalten, ist ein Business Case für eine Cross-Channel-Journey gemeinsam mit der Finanzabteilung zwingend notwendig. Gerade im E-Business-Bereich können die Experten bei der ein oder anderen „analogen“ Stellschraube sicherlich helfen. Dabei ist beispielsweise zu berücksichtigen: • der Traffic im Laden. Kann ein kleiner Laden einen zusätzlichen Traffic eigentlich verkraften? • Ladenöffnungszeiten: Wie attraktiv ist es für Onlinekunden, dieses Feature wahrzunehmen, wenn der Store unter der Woche um 18.30 Uhr oder am Samstag um 13.00 Uhr schließt?

210

Andreas Herde: Chross-Channel-Verzahnung eines Onlineshops

• die Kosten, mehr Produkte vorzuhalten beziehungsweise zu lagern. • die Auswirkungen einer solchen Journey auf Rahmenverträge mit einem Logistikdienstleister.

Kooperation mit Online-Marketing Eine In-Store Pickup-Journey bietet mit hoher Wahrscheinlichkeit einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber der Online-Konkurrenz. Leider ist dieses Feature über Preisvergleicher nicht zu erkennen. Deshalb ist es sinnvoll, es im Rahmen einer Kampagne zu bewerben. Dabei sollten folgende Vorteile angesprochen werden: • Abholen, wann der Kunde es wünscht und nicht dann erhalten, wann der Paketdienst es für richtig hält. • Ausprobieren, sofort anfassen. • Beratung bei der Inbetriebnahme. • besondere Incentives oder Rabatte bei Abholung.

Kooperation mit der IT Wie schon angedeutet, wird es nicht nur einiger Anpassungen in der Logistik und im Onlineshop bedürfen. Auch das Reporting und die Nachverfolgung des Onlineshops bis in den stationären Vertrieb muss verlängert werden, um zu prüfen, ab wann Garantien beginnen, ob das Gerät abgeholt wurde, ob die Bezahlung durchgelaufen ist, wann dem Kunden Feedback-Mails oder Kundenzufriedenheitsumfragen zugesendet werden, wie hoch die Conversion oder die Retourenquote am Ende wirklich war und ob Provisionen auszuzahlen sind.

Reporting ausbauen

Kooperation mit dem Marketing Was für das Online-Marketing gilt, gilt natürlich auch für das klassische Marketing. So ist heute zum Beispiel die Online-Terminvereinbarung für Autoreparaturen oder Reifenwechsel für manchen Anbieter bereits

211

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

Grund genug, Fernsehwerbung zu schalten. Wenn sich durch das CrossChannel-Feature ein solch entscheidender Wettbewerbsvorteil bietet, dass er es wert ist, durch alle Marketingkanäle kommuniziert zu werden, sollte man diese Chance aufgreifen. Aber nur dann, wenn die Journey im Probebetrieb bereits einwandfrei funktioniert hat. In-Store Pickup in einem begrenzten PLZKreis testen

So könnte es zum Beispiel sinnvoll sein, das Feature In-Store Pickup erst einmal nur in einem begrenzten Postleitzahlenkreis mit ausgewählten Point of Sales zu testen – zum Beispiel mit Flagship-Stores. Auch sollten zunächst nur eigene Stores und noch keine Vertriebspartner für den Rollout in Betracht gezogen werden. Und zu guter Letzt ist zu bedenken: ob sich der Erfolg einstellt, hängt maßgeblich von der Planung aller möglichen Eventualitäten ab. Und da gibt es wie beschrieben eine Menge. Alle Stakeholder sollten auf diesen Schritt eingeschworen und vorbereitet werden. Und auch da gibt es – wie beschrieben – eine ganze Menge!

Literatur EMarketer: Retailers Make Strides in Mobile to Enhance In-Store Experience. – http://www.emarketercom/Article/Retailers-Make-Strides-Mobile-EnhanceIn-Store-Experience/1009389 – 03.10.2012 Goldberg, Jason: Don’t Become a Victim of „Showrooming”. – Studie der Marketing-Agentur CrossView, www.crossview.com/, 2012. Nach dem 2006 State of Retailing Online, eine jährliche shop.org-Studie von Forrester Research und Onlinehändlern. Hier heißt es: „buy online, pick up instore” feature say that an average of one third of orders (31 %) placed on their websites are picked up in the store. Additionally, according to the report, more than one-fourth of those shoppers (27 %) make additional in-store purchases, which boosts overall sales.”

212

Mehr Umsatz im Netz: Shop-Controlling mit Köpfchen Stefan Ponitz

4

Ambitionierte Onlinehändler verstehen es, mit einem intelligenten Controlling Umsätze zu steigern. Shopbetreiber teilen das Ziel, ihre Umsätze zu steigern. Drei Kennzahlen unterstützen Händler dabei, ihren Shop zu optimieren: Die Conversion Rate (CR) bildet die finalen Kaufabschlüsse ab. Hinzu kommt der Traffic, der die Besucherströme beschreibt, die sich in Anzahl Besucher und Seitenaufrufen messen lassen. Und letztlich offenbart die Warenkorbhöhe, wie tief der Onlinekunde in die Tasche greift. Umsatzorientierte Händler stellen sich deshalb regelmäßig folgende Fragen: • Finden genügend User den Weg in meinen Onlineshop? • Werden genug Besucher auch zu Käufern? • Welche Produkte favorisieren meine Kunden und wie häufig und in welchen Mengen wandern die Waren über den virtuellen Ladentisch?

Nur wer seine Ziele benennt, kann immer besser werden Für den Erfolg eines Onlineshops ist es wichtig, sich früh im Klaren darüber zu sein, wohin die Reise gehen soll. Denn nur dann steht die Shopstrategie auf sicheren Beinen. Definieren Sie Ihre Ziele Wer seine Ziele genau beschreibt, kann seinen Onlineshop systematisch verbessern. E-Commerce-Profis legen ihrer Zielformulierung die SMART-Formel [1] zugrunde und folgen damit fünf Kriterien. S – Spezifisch Ziele werden präzise definiert.

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Stefan-Ponitz

SMART-Formel folgt 5 Kriterien

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

M - Messbar Ziele sind messbar. A – Akzeptiert Alle Beteiligten akzeptieren die Ziele. R – Realistisch Ziele sind erreichbar und somit realistisch. T – Terminierbar Der Grad der Zielerreichung kann zu einem definierten Termin überprüft werden. Drei Beispiel wie Sie „SMARTe“-Ziele formulieren • Bis Ende des Jahres generieren wir mit unserem NewsletterAnmeldeformular auf der Startseite insgesamt 1500 Anmeldungen für unsere monatlichen Mailings. • Im zweiten Quartal des Jahres steigern wir unseren Umsatz um 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr. • Wir steigern die Conversion Rate innerhalb von drei Monaten auf 3,4 Prozent. • Unser AdWords-Kanal steigert die Shopbesucherzahl bis Ende November diesen Jahres auf tausend Besucher pro Tag. Die auf Kennzahlen basierenden Werte fließen sehr konkret in die Zielformulierungen ein. Das dafür erforderliche, aussagekräftige Zahlenmaterial liefern Analysetools.

Shops analysieren und Schwächen erkennen WebanalyticsTool erfasst alle messbaren Werte

214

Im Zentrum der Kennzahlenanalyse steht überwiegend das Webanalytics-Tool. Dieses System erfasst nahezu alle messbaren Werte und Besucherströme rund um den Onlineshop. Dieses Webtracking offenbart, welche Klickpfade Benutzer im virtuellen Ladengeschäft beschreiten und in welcher Form sie aktiv werden. Sie erfahren, woher die Besucher kommen und wohin sie gehen. Ferner verstehen Sie, was und wie Shopping-Kunden kaufen, mit welchen Endgeräten und welcher Software sie Shops besuchen und vieles mehr. Am Markt existieren zahlreiche Tools und Systeme, die Kennzahlen für fundierte Shop- und User-Analysen liefern.

Stefan Ponitz: Mehr Umsatz im Netz: Shop-Controlling mit Köpfchen

Überprüfen Sie Ihre Ziele konsequent Vertriebsstarke Händler richten ihre Marketingaktivitäten langfristig aus und orientieren sich am Wettbewerbsumfeld. Denn es ist erfolgsentscheidend, sich bewusst der Zukunftsperspektive des Internetvertriebs zu widmen. Folgende Fragen können Ihnen helfen, den SollZustand Ihres Onlinevertriebs zu definieren: Planen Sie jetzt oder künftig Onlinemarktplätze wie Amazon oder eBay als Vertriebskanal zu nutzen? Nutzen Sie ein Webanalytics-Tool, um Ihr Controlling auf ein stabiles Fundament zu bauen und werten Sie relevante Daten aus. Oder spielt die Retourenquote für Sie eine wichtige Rolle (zum Beispiel Fashion-Produkte)? Dann integrieren Sie frühzeitig ein Warenwirtschaftssystem in Ihr Webtracking, um Zusammenhänge von Besuchern, Verhalten im Shop und zurückgesendeter Ware frühzeitig zu erkennen. Bedenken Sie, welche Kennzahlen für Sie richtungsweisend sind oder in Zukunft erfolgsentscheidend sein können.

Auf Nummer sicher gehen Händler, wenn sie frühzeitig mehrere Methoden anwenden, um ihre Shops auszuwerten. Im Laufe der Zeit kann sich mit der Shopstrategie auch die Priorisierung der relevanten Kennzahlen verändern. Wer ein breites Zahlen- und Datenmaterial vorhält, schließt Informationslücken aus.

Breites Zahlen- und Datenmaterial schließt Informationslücken aus

Sammeln Sie von Anfang an Zahlen und Daten Folglich ist es ein Muss, von Anfang an Zahlen auf unterschiedlichen Wegen zu ermitteln. Shopbetreibern, die noch kein Analysetool einsetzen, sei ans Herz gelegt, direkt damit zu starten. Denn: Entwickeln sich Onlineshops erfolgreich, wird ein professionelles Controlling, das auf verlässlichen Werten beruht, unverzichtbar. Folgende Systeme liefern wichtige Kennzahlen und bieten sich deshalb, neben dem Webanalysetool zur Auswertung an: • Google Konten liefern Kennzahlen aus AdWords-Aktivitäten. • Newslettertools legen Kennzahlen rund um den Newsletter Versand und deren Nutzung dar. • Das Shopsystem gibt Auskunft über personenbezogene Daten und zeigt, wie sich der Warenkorb zusammensetzt.

215

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

• Excel-Tabellen von Dienstleistern steuern wertvolles Zahlenmaterial bei. Einen schnellen Einstieg bietet etwa Google Analytics [2]. Das Tool ist leistungsfähig und schnell zu implementieren. Zudem ist die Nutzung kostenlos. Google Analytics wird ständig weiterentwickelt, so dass Händler auch in Zukunft von weiteren hilfreichen Auswertungen profitieren werden. Speziell für das E-Commerce erweitert Google Analytics das auf Onlinehändler zugeschnittene Angebot. Das System kann umfassender in Onlineshops integriert werden und liefert gute bis sehr gute Reportfunktionen. Darüber hinaus gibt es am Markt zahlreiche Anbieter kommerzieller Lösungen [3], die Service, Support und eine Garantie für die Funktionstüchtigkeit und Verlässlichkeit der Daten direkt mitliefern. Nutzen Sie einschlägige Fachliteratur, um mehr über die Kriterien zu erfahren, die bei der Auswahl eines für Sie geeigneten Partners empfehlenswert sind. Literaturhinweise finden Sie am Ende des Beitrags im Literaturverzeichnis.

Die E-Commerce-Formel Die bekannten Kennzahlen entscheiden über den Erfolg eines Onlineshops. Im Grunde haben Sie diese schon am Anfang des Kapitels kennen gelernt. Entsprechend einfach leitet die E-Commerce-Formel die Höhe des Umsatzes her. Besucher x Conversion Rate x ø Warenkorbwert = Umsatz Warenrücksendungen vom Umsatz abziehen

Fairerweise ist der Wert der Warenrücksendungen in Abzug zu bringen, bevor der Umsatz korrekt zu beziffern ist. Der Umsatz verringert oder vergrößert sich also unmittelbar, sobald sich eine der drei Kennzahlen ändert. Kurbeln Sie mit Hilfe des Controlling Ihren Onlinevertrieb an. Werten Sie Ihren Shop aus und formulieren Sie ein SMARTes Ziel. Danach fällt der Startschuss für die Maßnahmen, die Ihren Shop voran bringen. Tipp für Controlling-Einsteiger: Starten Sie Ihre Shopoptimierung mit folgenden Fragen: • Wie haben sich die Besucherzahlen, die Conversion Rate und der Warenkorbwert innerhalb der letzten sechs Monate entwickelt?

216

Stefan Ponitz: Mehr Umsatz im Netz: Shop-Controlling mit Köpfchen

• Nehmen die Werte zu? • Welche Kennzahlen entwickeln sich negativ? • Gibt es Auffälligkeiten im Verlauf ? Drehen Sie an den richtigen Stellschrauben Ist der Traffic rückläufig, dann lohnt es sich, die Besucherquellen kritisch zu hinterfragen, um mehr über Ihre Shopbesucher zu erfahren. Oft stellen sich die Ergebnisse von Suchmaschinen als unzureichend dar. Prüfen Sie die Aussagekraft ihrer Suchmaschinenoptimierung (Search Engine Optimization (SEO)) oder Anzeigenkampagnen in Suchmaschinen (Search Engine Advertising (SEA)). Erscheint Ihnen Ihre Conversion Rate zu niedrig? Prüfen Sie, ob Ihr Shop komfortabel und einfach zu bedienen ist. Wo steigen die Besucher aus? Welche Produkte sind Topseller und welche Waren entpuppten sich als Ladenhüter? Eine gute Möglichkeit, um die Conversion Rate zu verbessern, sind beispielsweise passend formulierte und gestaltete Landing Pages zur Produktpräsentation. Greifen Ihre Kunden tief in die Tasche oder verhindern kleine Bestellmengen einen spürbaren Umsatzzuwachs? Wenn dem so ist, dann können Sie Cross- und Upselling-Effekte anstoßen, um die Warenkorbhöhe zu verbessern. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Shopping-Kunden das Zubehör direkt mitbestellen oder sich dann doch für ein höherwertiges und teureres Exemplar ihres Wunschproduktes entscheiden. Technische Systeme, sogenannte „Recommendation Engines“, bieten zusätzliche Kaufgegenstände im richtigen Moment feil. Als absatzfördernd erweisen sich auch psychologisch geschickte Produktanordnungen. Für einen ersten Einstieg in das Controlling eignet sich die E-CommerceFormel hervorragend. Das liegt daran, dass Sie hier mit Kennzahlen operieren, die sich sofort und direkt auf den Umsatz Ihres Shops auswirken.

Der Baum der Erkenntnis Arbeiten Sie mit Kennzahlen. E-Commerce ist ein komplexes Wirkungsfeld. Aufgaben, Fragen und Ziele fordern auch Experten immer wieder aufs Neue heraus. Ein Kennzahlenbaum hilft, sich zielgerichtet im Dschungel der Auswertungsergebnisse zu orientieren.

217

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

Abb. 1: Beispielhafter Kennzahlenbaum. Das Baumschema – Kompass für Ihre Shopaktivitäten Der Baum stellt Kennzahlen und deren gegenseitige Abhängigkeiten nachvollziehbar dar. Erfahrene Controller verfeinern und erweitern diese grafische Darstellung im Laufe des Shopbetriebs immer weiter. Der Gewinn, also: Umsatz abzüglich Kosten, des Unternehmens bildet die Spitze der Baumkrone. Wer seine Produkte und Dienstleistungen ausschließlich im Internet verkauft, ermittelt den Umsatz aus der ECommerce-Formel abzüglich der Retouren. Die Summe der Shopbesucher setzt sich aus neuen und wiederkehrenden Besuchern zusammen. Oft locken Newsletter Stammkunden in den Shop. Auch Paketbeileger leisten wertvolle Dienste. Wie Sie den Ist-Zustand Ihres Shops ermitteln Füllen Sie alle Kennzahlen in Ihrem Kennzahlenbaum aus. Die Werte dazu liefern Ihre Analyse-Systeme. Sind die Zahlen korrekt, lassen sich nun beliebige Rechnungen abbilden Ein Beispiel: Angenommen, der Umsatz Ihres Shops soll bis Ende Oktober um tausend Euro steigen. Sie entscheiden deshalb, die Zahl der Empfänger für Ihren Newsletter zu erhöhen. Anhand des Kennzahlenbaums können Sie ermitteln, wie viele neue Empfängeradressen Sie brauchen, um Ihr Umsatzziel zu erreichen: Bei gegebener Klickrate

218

Stefan Ponitz: Mehr Umsatz im Netz: Shop-Controlling mit Köpfchen

und Conversion Rate des Newsletters und deren Anteil an der Gesamtbesucherzahl des Shops, können Sie nun leicht ermitteln, wie vielen potenziellen Kunden Sie Ihren Newsletter schicken müssen.

Probleme erkennen, Lösungen benennen Controlling wird landläufig häufig als Kontrollfunktion interpretiert. Das greift jedoch zu kurz. Controlling umfasst vielmehr die Planung, Steuerung und die Erfolgskontrolle. Für den Erfolg eines Onlineshops ist es wichtig, alle Maßnahmen kontinuierlich zu messen und die Entwicklungen fortlaufend zu beobachten. Den Fokus nur auf eine einzelne Kennzahl zu richten, ist dabei nicht erfolgversprechend. Wenn erforderlich, steuern Shopbetreiber mit zusätzlichen Aktivitäten und Veränderungen ihrer Strategie die Shop-Performance. Auch Onlinehändler orientieren sich an dem klassischen Controlling-Kreislauf aus der Betriebswirtschaftslehre [4]. Der Controlling-Prozess ist in fünf Schritte gegliedert. • Maßnahmen planen. Hier werden Schwachstellen untersucht, Ziele definiert und Maßnahmen zur Erreichung der Ziele festgelegt.

Ziele definieren

• Maßnahmen umsetzen. In diesem Schritt werden die Maßnahmen technisch umgesetzt und das Tracking der Maßnahmen implementiert. • Maßnahmen kontinuierlich messen und Kennzahlen erfassen. Erstellen Sie geeignete Reports, um Ihre Kennzahlen regelmäßig ohne viel Aufwand einsehen zu können. • Regelmäßige Auswertung der Kennzahlen. Prüfen Sie, ob die gestarteten Maßnahmen noch zielführend sind. Gegebenenfalls gibt es Veränderungen der Kennzahlen, die zur Zielerreichung beitragen. • Maßnahmen anpassen, wenn Sie vom Kurs abgekommen sind. Hinterfragen Sie, ob die laufenden Aktivitäten noch sinnvoll sind. In diesem Stadium treffen Sie die Entscheidung, ob Sie neue Wege gehen oder Ihre.Instrumente anpassen. Läuft alles planmäßig, müssen Sie vorerst nicht steuernd eingreifen.

219

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

Erfolgreiche Onlinehändler richten die Shopstrategien, Marketingmaßnahmen und technischen Features fortlaufend an diesen fünf Punkten aus. Wer einen festen Zeitplan einhält, findet sich im Optimierungsprozess besser zurecht.

Kennzahlen, die Sie kennen müssen Richtige Kennzahlen zu finden, ist eine Herausforderung

Analytic-Systeme liefern eine Vielzahl von Kennzahlen. Dabei den Überblick zu behalten, fällt schon schwer. Nun aber noch die richtigen Kennzahlen zu finden und diese zu bewerten, das ist auch für erfahrene Onlinehändler oftmals eine Herausforderung. In diesem Abschnitt gebe ich Ihnen einen Überblick über die Top 10 der Kennzahlen und erläutere kurz, welche Bedeutung sie haben und wie diese zu interpretieren sind. 1. Umsatz in Euro Der Umsatz in Euro ist die Kennzahl, die sicher jeder Händler täglich im Blick hat. Massive Veränderungen nach oben oder nach unten können unterschiedliche Ursachen haben. Veränderungen können mit der Conversion Rate, dem Traffic oder dem durchschnittlichen Warenkorbwert zusammenhängen. Prüfen Sie hier auch, ob es Besuchergruppen gibt, die im Besonderen für Umsätze verantwortlich sind. 2. Conversion Rate in Prozent Die Conversion Rate (kurz CR), die für den Umsatz relevant ist, beschreibt im Allgemeinen den relativen Anteil der Käufer im Verhältnis zu den Besuchern des Shops. Grundsätzlich erfolgt immer eine Conversion, wenn ein Besucher eine gezielte Aktion durchführt. Dies kann auch die Anmeldung zum Newsletter sein, die Nutzung des Kontaktformulars oder auch nur der einfache Klick auf einen Button. Deswegen muss darauf geachtet werden, welche Conversion Rate die vorliegende Kennzahl abbildet. 3. Traffic in absoluter Anzahl Der Traffic beschreibt die Anzahl der Besucher im Shop. Oftmals wird der Traffic auch in PI (Page Impressions) angegeben. Achten Sie hier immer genau auf die Einheit, sind es Besucher oder PI.

220

Stefan Ponitz: Mehr Umsatz im Netz: Shop-Controlling mit Köpfchen

4. Durchschnittliche Warenkorbhöhe in Euro Die durchschnittliche Warenkorbhöhe gibt den Netto-Warenkorbwert aller Kunden Ihres Onlineshops an. Sie können sich diesen auch leicht errechnen, indem Sie den Umsatz durch die Anzahl der Käufer teilen. Die durchschnittliche Warenkorbhöhe ist, wie der Traffic und die Conversion Rate, eine der spannenden Kennzahlen in der Optimierung, da sie hier einen direkten Einfluss auf den Umsatz hat. 5. Bounce Rate in Prozent Die Bounce Rate gibt den relativen Anteil der Besucher an, welche direkt auf der Startseite wieder abspringen. Dies ist deswegen von Bedeutung, weil jeder, der gar nicht erst in den Shop eingestiegen ist, auch nicht von Optimierungen im Rest des Shops profitieren kann und damit auch die CR negativ beeinflusst. Die Bounce Rate zu senken, ist ein großer Hebel zur Steigerung Ihrer Shop-Performance. Tiefer gehende Analysen können zeigen, ob es beispielsweise eine spezielle Traffic-Quelle gibt, aus der die Besucher abspringen. 6. Absprungrate in Prozent Die Absprungrate bezeichnet wie die Bounce Rate ebenfalls Besucher, die den Shop verlassen, im Verhältnis zu allen Besuchern. Im Gegensatz zur Bounce Rate geht es hierbei jedoch nicht um die Startseite, sondern um alle weiteren Seiten im Shop. Je nach Analytics-System kann diese Kennzahl auch anders heißen, zum Beispiel Ausstiegsrate et cetera. 7. Besucherquellen Die Besucherquellen zeigen auf, wo die Besucher Ihres Shops herkommen. Hier sehen Sie schnell, wie gut die AdWord-Werbung (im Sinne von Traffic) funktioniert oder ob die Suchmaschinenoptimierung wirkt. Schauen Sie auch, wie sich die unterschiedlichen Benutzergruppen (Trennung nach Quelle) im Shop verhalten. Kauft vielleicht eine Gruppe mehr als die andere? 8. Topseller Die Topseller sind eine Auswertung, die für den Händler immer sehr interessant und aufschlussreich ist. Welche Produkte laufen gut im Shop und welche weniger gut? „Tote Pferde sollte man nicht mehr reiten“. Die Topseller-Übersicht gibt Ihnen erste Anhaltspunkte das Sortiment zu optimieren ohne dabei Umsatz einbüßen zu müssen.

Welche Produkte laufen gut im Shop?

221

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

Produkttexte optimieren

Prüfen, auf welcher Stufe der Kunde abbricht

9. Suche ohne Treffer in absoluter Anzahl Einige Analytics-Systeme geben Ihnen die Möglichkeit, die Suchanfragen und damit verbundenen Ergebnisseiten des Onlineshops auszuwerten. Besonderes Augenmerk sollten Sie dabei auf die Suchanfragen werfen, welche zu keinem Ergebnis in der Suche führten. Hier verlieren Sie Kunden! Optimieren Sie Ihre Produkttexte, um auch zu weiteren relevanten Suchwörtern gefunden zu werden. 10. Kaufprozessabbrüche Analysesysteme, welche auf E-Commerce spezialisiert sind, bieten meist auch eine Auswertung der Abbrüche im Checkout-Prozess. Abbrüche im Checkout-Prozess sind besonders ärgerlich, da sich der vermeintliche Kunde ja bereits entschieden hat zu kaufen. Prüfen Sie, auf welcher Stufe der Kunde abbricht. Woran könnte es gelegen haben? Typische Gründe sind nicht vorhandene Zahlungsarten, Ablenkungen durch Cross-Selling oder auch Formulare, die den Nutzer überfordern.

Der richtige Zeitpunkt ist jetzt: Legen Sie los! Zögern Sie nicht: Legen Sie gleich mit der Shopoptimierung los. Mit diesen Ansätzen können Sie die Conversion Rate verbessern: • Erstellen Sie mit Hilfe Ihres Webtracking Systems einen Report, der Ihnen die Absprungrate Ihrer Shopseiten ausweist. Wenn Sie Glück haben, hat Ihr Anbieter die Auswertung schon vorkonfiguriert. • Sortieren Sie die Seite mit der höchsten Absprungrate nach oben. 5 Flop-Seiten festlegen

• Halten Sie die fünf Flop-Seiten fest, die am häufigsten weggeklickt werden. • Schauen Sie sich die Seiten im Shop an und stellen Sie Ihr erstes Ziel auf: „Verringerung der Absprungrate um x Prozent innerhalb von acht Wochen". Und nun heißt es: Feuer frei für einen erfolgreicheren Onlineshop und höhere Umsätze.

222

Stefan Ponitz: Mehr Umsatz im Netz: Shop-Controlling mit Köpfchen

Literatur [1] Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/SMART_(Projektmanagement) [2] Google Analytics: http://www.google.com/analytics/ [3| Webanalyse-Tools: http://t3n.de/magazin/marktuberblick-web-analysecontrolling-tools-wissen-232033/ [4] Controlling Kreislauf: http://www.mediencommunity.de/system/files/wbts/ projektmanagement/le04/13_controllingkreislauf.html Hassler, M.: Web Analytics. – mitp 2010. Kaushik, A.: Web Analytics 2.0: The Art of Online Accountability and Science of Customer Centricity. – John Wiley & Sons 2009.

223

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 4 Aufbau und Gestaltung eines Onlineshops

224

LEITFADEN DIGITAL COMMERCE

MEHR KÄUFER DURCH PROFESSIONELLES ONLINEMARKETING

5

Marketingsteuerung mit kanalübergreifenden KPIs

227

Gewinnmaximales Suchmaschinenmarketing

241

SEA: Kampagnenmanagement macht den Unterschied

249

Anzeigentexte im Suchmaschinenmarketing richtig gestalten

259

Affiliate Akquise – Neue Partner gewinnen

267

AUTOREN Erik Siekmann spricht aus langjähriger Anwendererfahrung, wenn er die wichtigsten Online-Marketing-Kennzahlen beschreibt und kommentiert. Besondere Bedeutung misst er kanalübergreifenden KPIs zu, die in Ergänzung zu den kanalspezifischen KPIs ein Gesamtbild ergeben. Besonderes Augenmerk geht an die Kosten pro Bestellung (CPO), Kosten-Umsatz-Relation (KUR) und den Kundenwert. Der CPO wird im Bestfall auf Kampagnenebene ermittelt. Auch der Kundenwert sollte gezielt nach Werbekanal analysiert werden. Bernd Skiera und Nadja Abou Nabout erläutern, wie man die genauen Akquisekosten und den Gewinn für Suchmaschinenanzeigen optimiert. Sie brechen diese Zahlen herunter auf einzelne Suchworte und erhöhen damit die Effizienz der gesamten Kampagne. Andreas Reiffen beschreibt detailliert alle Aspekte des SEA-KampagnenManagements. Das reicht von der Auswahl der richtigen Suchbegriffe über die Gestaltung der Anzeige bis zur richtigen Verlinkung. Manuel Marini und Bernd Skiera gehen auf den Aspekt der Anzeigentexte im Detail ein. Sie empfehlen eine größere Vielfalt von Anzeigen, die dann jeweils auch mit speziellen, passenden Stichworten beworben werden sollten. Markus Kellermann erklärt, wie die nach Suchmaschinen zweitwichtigste Onlinequelle neuer Kunden funktioniert: Affiliate Marketing. Er betont dabei die große Bedeutung, die der Akquise der richtigen Partner zukommt.

5

MEHR KÄUFER DURCH PROFESSIONELLES ONLINE-MARKETING

Marketingsteuerung mit kanalübergreifenden KPIs Erik Siekmann

5

Mit den aktuell zur Verfügung stehenden Technologien und Systemen können alle Online-Marketing-Aktivitäten bis auf die kleinste Ebene gemessen und analysiert werden. Dies macht eine Steuerung der OnlineMarketing-Aktivitäten jedoch nicht zwingend einfacher. Aufgrund der Vielzahl an zur Verfügung stehenden Kennzahlen (KPIs) kann der Überblick über die relevanten Steuerungsgrößen schnell verloren gehen. Des Weiteren ist es häufig noch tägliche Praxis, dass die Kanäle unabhängig voneinander gemessen, analysiert und gesteuert werden. Für ein effizientes Online-Marketing ist es jedoch unerlässlich, ausschließlich die wesentlichen kanalübergreifenden und kanalspezifischen KPIs und Steuerungsgrößen zu identifizieren und diese mittels einer TrackingTechnologie zu erfassen und zu reporten. Dies stellt die Grundlage einer ganzheitlichen Steuerung und Optimierung dar.

Die Basis: Das richtige Tracking-System Ein erfolgreiches und effizientes Performance-Marketing ist nur mit einem validen Tracking der eingesetzten Marketingkanäle möglich. Die Basis für eine kanalübergreifende Steuerung ist dementsprechend die Auswahl einer geeigneten Tracking-Technologie. Die Vielfalt an Technologieanbietern am Markt ist riesig, sodass der Überblick schnell verloren gehen kann und sich die Entscheidung für das richtige System schwierig gestaltet. Zumal die Entscheidung meist für die nächsten Monate, sogar Jahre getroffen wird und damit in der Regel eine nicht unerhebliche finanzielle Verpflichtung eingegangen wird. Mit dem folgenden Vier-Schritte-Plan stellen wir einen einfachen, schnellen und sicheren Weg der erfolgreichen Technologieauswahl vor:

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Erik-Siekmann

Auswahl eines geeigneten Tracking-Systems wichtig

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

1. Definition der Ziele und Anforderungen 2. Auswahl potenzieller Technologien und Systeme 3. Anbieterevaluierung 4. Entscheidung Die Reihenfolge dieses Vier-Schritte-Plans muss zwingend eingehalten werden. Wird in der Praxis hiervon abgesehen, so begibt sich das Projekt bereits zum Start auf einen erfolgskritischen Pfad.

Von Beginn an alle relevanten Stakeholder einbeziehen

Definition der Ziele und Anforderungen Der erste und wichtigste Schritt bei der Auswahl eines neuen Systems ist die Definition von Zielen und Anforderungen. In diesem Schritt ist es wichtig, sehr detailliert und strukturiert vorzugehen und bereits zu Beginn alle relevanten Stakeholder einzubeziehen, da hier die Weichen für die folgenden Entscheidungen gelegt werden. Je detaillierter die Anforderungen an das neue System definiert werden, umso genauer kann im Anschluss ein Soll-Ist-Vergleich bei der Anbieterevaluierung erfolgen, welcher die Basis für die Entscheidung darstellt. Vor der Erstellung der Anforderungs- beziehungsweise Feature-Liste muss die gewünschte Sicht bestimmt werden: Wird eine Marketing- oder Controlling-Sicht, Kunden- oder Kanal-Sicht angestrebt? Bei der Erstellung der Anforderungs- beziehungsweise Feature-Liste empfiehlt es sich, die einzelnen Anforderungen in übergeordnete Kriterien zu unterteilen, sodass ein strukturierter Überblick gewährleistet ist. Zu den folgenden sieben Bereichen sollten bei der Auswahl einer neuen Tracking-Technologie detaillierte Anforderungen definiert werden (siehe Abb. 1). Weitere individuelle, übergeordnete Kriterien können selbstverständlich hinzugefügt werden. Auswahl potenzieller Technologien und Systeme Bei der Technologie- beziehungsweise Systemauswahl werden potenzielle Anbieter auf Basis eines umfangreichen Marktscreenings recherchiert. Zur Informationsbeschaffung stehen hierbei exemplarisch folgende Möglichkeiten zur Verfügung: öffentliche Quellen und Internetrecherche (insbesondere über Anbieterreferenzen), Unternehmensseiten und Blogs, internes und externes Netzwerk/Kontakte oder die direkte Kontaktaufnahme mit dem Anbieter.

228

Erik Siekmann: Marketingsteuerung mit kanalübergreifenden KPIs

Abb. 1: Ziele und Anforderungen bei der Technologieauswahl. Eine Nutzung möglichst vieler Informationswege garantiert hierbei eine sichere Vorauswahl der Anbieter, die für eine detailliertere Anbieterevaluierung infrage kommen. Für die Anbieterevaluierung sollten maximal fünf Systemanbieter ausgewählt werden, sodass eine objektive Vergleichbarkeit möglich ist. Anbieterevaluierung Nachdem eine Auswahl von potenziellen Anbietern getroffen wurde, müssen diese Anbieter im folgenden Schritt anhand der definierten und gewichteten Anforderungskriterien einheitlich und unabhängig voneinander bewertet werden. Ziel ist es, den Anbieter mit dem größten Nutzwert zu ermitteln. Hierfür wird die Anforderungsliste allen ausgewählten Unternehmen zur Bearbeitung zur Verfügung gestellt. Je nach Umfang der Anforderungsliste sollte eine Bearbeitungszeit von zwei bis drei Wochen zur Verfügung gestellt werden. Durch dieses Vorgehen vermeiden Sie den nicht zielführenden Austausch von oberflächlichen Standard-Vertriebspräsentationen. Nach Rücksendung der bearbeiteten Anforderungslisten erfolgt die Auswertung und Bewertung. Hierfür werden die Antworten zu den einzelnen Anforderungen anhand eines zuvor definierten

229

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

Bewertungsmodells für jedes Unternehmen bewertet. Durch die Multiplikation der Bewertung mit der zuvor definierten Gewichtung ergibt sich ein Score, der in Summe am Ende den Nutzwert darstellt. Je höher der Nutzwert, desto höher der Anforderungserfüllungsgrad.

Abb. 2: Bewertungsmatrix der Anbieterevaluierung. Entscheidung Auf Basis der Anbieterevaluierung kann dann eine Entscheidung für den Anbieter mit dem größten Nutzwert beziehungsweise dem größten Anforderungserfüllungsgrad getroffen werden. In unserem Beispiel in Abb. 2 würde die Entscheidung auf Anbieter 1 fallen.

Definition relevanter KPIs Die Entscheidung für eine Technologie ist getroffen, das System wurde zielgerichtet auf der Website implementiert und die ersten Daten und Kennzahlen werden erhoben. Doch was kommt jetzt? Für eine effiziente Steuerung der Online-Marketing-Kanäle sind nicht alle Kennzahlen relevant und sinnvoll. Dementsprechend ist es erforderlich, die wesentlichen KPIs pro Kanal sowie kanalübergreifende KPIs zu definieren, diese korrekt zu erfassen und regelmäßig auszuwerten.

230

Erik Siekmann: Marketingsteuerung mit kanalübergreifenden KPIs

Abb. 3: Auswahl an gängigen Kennzahlen und Steuerungsgrößen. Kanalübergreifende KPIs Die folgenden KPIs dienen einer kanalübergreifenden Steuerung und sind somit für alle eingesetzten Online-Marketing-Kanäle relevant. Sie bilden die Grundlage für eine erfolgreiche Steuerung und Optimierung der Online-Marketing-Aktivitäten sowie für das Erreichen der (Unternehmens-)Ziele. Kosten pro Bestellung (CPO): Der CPO wird in vielen Unternehmen als kanalübergreifende Steuerungsgröße eingesetzt und gibt die durchschnittlichen Kosten für eine Bestellung wieder. Häufig wird der Fehler begangen, dass ein kanalübergreifender Maximal-CPO definiert wird und alle Marketingkanäle auf dieser Basis geplant und gesteuert werden. Da sich die durchschnittlichen Umsätze, Margen und Kundenwerte zwischen den einzelnen Online-Marketing-Kanälen unterscheiden, sollte der CPO nicht kanalübergreifend, sondern mindestens für jeden Kanal individuell definiert werden. Im Bestfall erfolgt eine Definition des CPOs auf Kampagnenebene, sodass eine optimale und effiziente Aussteuerung der Mediabudgets erfolgen kann.

CPO für jeden Kanal individuell definieren

Return on Investment (ROI)/Kosten-Umsatz-Relation (KUR): Für eine Steuerung nach dem ROI wird das Marketingbudget als Investition und nicht als Ausgabe interpretiert, sodass sich analog zu

231

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

anderen Investitionen ein ROI berechnen lässt. Für eine effiziente Aussteuerung und Optimierung sollte diese Steuerungsgröße ebenfalls auf Kanal- und bestenfalls auf Kampagnenebene berechnet werden. Für eine korrekte Betrachtung sollten hierbei die Kosten für Retouren hinzugezogen werden. Ein hoher ROI spricht für eine effiziente Kampagnenplanung, die Budgets werden gewinnbringend eingesetzt. Kanäle mit niedrigen ROIs sollten detaillierter hinsichtlich der Optimierungspotenziale analysiert und Investitionen in Form von Mediabudgets genauer überprüft werden.

Ein hoher CLV rechtfertigt höhere Akquisitionskosten

Kundenwert/Customer Lifetime Value (CLV): Der CLV ist eine wirtschaftliche Kundenlebenszeitbetrachtung und beschreibt den durchschnittlichen Ertrag, den ein Kunde im Laufe seiner Kundenbeziehungszeit generiert. Hierbei kann sich der CLV unter Berücksichtigung des Akquisitionskanals unterscheiden. Liegt der CLV auf Kanalebene vor, kann dieser ebenfalls als Steuerungsgröße genutzt werden, sodass entsprechend der Höhe des durchschnittlichen CLVs die individuellen, maximalen Akquisitionskosten (CPO) pro Kanal/Kampagne definiert werden können. Ein hoher CLV rechtfertigt dementsprechend höhere Akquisitionskosten, während der Einsatz von Kanälen mit niedrigem CLV hinterfragt werden sollten. Wachstum: Das Wachstum als Steuerungsgröße dient insbesondere der Analyse von Optimierungs- und Ausbaupotenzialen einzelner Kanäle. Zudem lassen sich mit einer kanalübergreifenden Analyse des Wachstums korrelierende Effekte erkennen (zum Beispiel Wachstum im SEA-Brand zu Lasten des generischen Suchmaschinenmarketings), die für eine ganzheitliche Steuerung und Optimierung genutzt werden können. Kanalspezifische KPIs Neben den kanalübergreifenden KPIs, die für alle Kanäle in gleichem Maße relevant sind, gibt es weitere kanalspezifische KPIs, die für eine effiziente Steuerung der einzelnen Kanäle relevant sind und zur Erreichung der kanalübergreifenden Ziele beitragen. Im Folgenden werden für die wichtigsten Online-Marketing-Kanäle die drei relevantesten kanalspezifischen Steuerungskennzahlen dargestellt. Search Engine Advertising (SEA): In der Regel ist SEA der Online-Marketing-Kanal mit dem höchsten Anteil am Marketingbudget. Dementsprechend muss insbesondere in diesem Kanal eine strukturierte und präzise Steuerung erfolgen.

232

Erik Siekmann: Marketingsteuerung mit kanalübergreifenden KPIs

• Klickrate/Click-Through-Rate (CTR): Die CTR beschreibt das Verhältnis zwischen Impressions und Klicks bei einer Anzeige. Eine gute, sprich hohe CTR führt zu einem besseren Qualitätsfaktor, langfristig zu geringeren Klickpreisen und in Summe zu einer effektiven Werbemaßnahme. Ursachen einer schlechten CTR können zum Beispiel niedrige Anzeigenpositionen oder irrelevante Anzeigentexte sein.

Hohe CTR führt zu einem besseren Qualitätsfaktor

• Sales-Verteilung: Im SEA sollte eine Analyse der Sales-Verteilung nach Brand-Sales und Non-Brand-Sales erfolgen, um zu analysieren über welche Keywords und Anzeigen die Bestellungen generiert werden. Ein hoher Brand-Anteil sorgt zwar für einen geringen CPO, jedoch können diese Sales bei einer erfolgreichen Suchmaschinenoptimierung auch zum Großteil kostenlos über die organischen Suchergebnisse generiert werden. Die eingesparten Kosten können dann gegebenenfalls in den Ausbau des Non-Brand-Bereichs investiert werden. • Wachstum: Bei einer Analyse des Wachstums sollte analog zur SalesVerteilung immer eine Analyse der Wachstumsherkunft (Brand/NonBrand) stattfinden. Denn ein reales Wachstum kann in der Regel nur über Non-Brand, sprich über die generischen Suchanfragen erfolgen. Ein Wachstum im SEA-Brand hat meist einen Rückgang im generischen Suchmaschinenmarketing oder der Direkteinsprünge (über Direkteingabe) zur Folge. Search Engine Optimization (SEO): Der SEO-Kanal muss bei einer ganzheitlichen Marketingsteuerung in der Analyse ebenfalls berücksichtigt werden. Insbesondere aufgrund der bereits kurz zuvor erwähnten Korrelation mit SEA und Direkteinsprüngen. • Sichtbarkeitsindex/Visibility: Der Sichtbarkeitsindex gibt darüber Aufschluss, wie häufig und präsent die Website in den organischen Suchergebnissen sichtbar ist. Eine hohe Visibility beziehungsweise eine Steigerung der Visibility wirkt sich positiv auf alle weiteren SEO-Kennzahlen wie Klicks, Umsatz et cetera aus. Die Visibility ist abhängig von der Größe der Website, der Anzahl relevanter Keywords und dem Suchvolumen. • Backlinks: Backlinks sind Verweise in Form von Links von fremden Websites auf die eigene Website. In vielen Suchmaschinen werden Anzahl und Qualität der Backlinks in den Such- und Wertungsalgorithmus miteinbezogen. Eine hohe Anzahl an hochwertigen

233

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

Backlinks hat dementsprechend einen positiven Einfluss auf die Platzierung im Suchergebnis und analog zur Visibility auf alle weiteren SEO-Kennzahlen. • Keyword Efficiency Index (KEI): Der Keyword Efficiency Index beschreibt das Verhältnis zwischen der Anzahl von Suchanfragen und der Anzahl von Suchergebnissen. Je höher der KEI ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit mit den entsprechenden Keywords eine höhere Platzierung in der Suchmaschine zu erzielen. Affiliate-Marketing: Eine häufige Herausforderung im Affiliate-Marketing ist die Zusammenarbeit mit mehreren Affiliate-Netzwerken. Dies kann eine ganzheitliche Kanalsteuerung erschweren. Zur Bewertung und Steuerung sollten dementsprechend immer die Kennzahlen und Daten aller Netzwerke berücksichtigt werden.

Verteilung der Publisher möglichst homogen

• Publisher-Struktur: Eine Analyse der Publisher-Struktur gibt Aufschluss über die Zusammensetzung der einzelnen Publisher innerhalb eines Netzwerkes. Diese können beispielhaft in folgende Gruppen unterteilt werden: Content-Publisher, Gutschein-Publisher, Cashback-/Loyalty-Programme, Vergleichs-Publisher, Post-ViewPublisher und E-Mail-Publisher. Die Verteilung der Publisher sollte möglichst homogen sein. Denn ein hoher Anteil an GutscheinPublishern kann beispielsweise den CPO oder die KUR deutlich nach oben treiben. • Stornoquote: Die Stornoquote spielt im Affiliate-Marketing eine besondere Rolle, da das Betrugspotenzial hier deutlich erhöht ist. Wenn möglich sollte die Stornoquote auf Publisher-Ebene analysiert werden, sodass Publisher mit hoher Stornoquote identifiziert, detaillierter analysiert und gegebenenfalls von dem Partnerprogramm ausgeschlossen werden können. • Gutscheinanteil: Der Gutscheinanteil im Affiliate-Marketing kann aufgrund einer Vielzahl von Publishern mit Gutscheinseiten (zum Beispiel gutscheine.de, gutscheinpony.de et cetera) sehr hoch sein. Da die Gutscheine erlösmindernd sind, sollten diese Kosten bei der Planung und Kalkulation von Provisionen und Aktionen zwingend mit einfließen.

234

Erik Siekmann: Marketingsteuerung mit kanalübergreifenden KPIs

Performance-Display-Marketing: Display-Advertising ist aufgrund technologischer Innovationen (Real Time Bidding, Big Data, Retargeting) in den letzten Jahren einer der dynamischsten Kanäle im Online-Marketing und unterliegt vielen Veränderungen hinsichtlich des Media-Einkaufs und der TargetingMöglichkeiten. Außerdem ist Display-Advertising für viele Advertiser ein immer wichtiger werdender Kanal, da er (abgesehen vom Retargeting) ein reiner PushKanal und damit für die Neukundenakquise von besonderer Bedeutung ist.

DisplayAdvertising wichtiger PushKanal

• Klickrate/Click-Through-Rate (CTR): Die CTR ist das Verhältnis von Klicks zu Werbemittel-Impressionen in Prozent und dient dem Marketer als Kenngröße für die Qualität der Werbemittel/Banner und der Qualität der gebuchten Reichweite. Je höher die CTR, desto besser spricht das Werbemittel die Zielgruppe an beziehungsweise desto besser wird die Zielgruppe im gebuchten Umfeld erreicht. Besondere Vorsicht ist allerdings bei stark überdurchschnittlichen Klickraten geboten, da dies auch ein Indikator für ungewollte Klicks aufgrund der Positionierung oder auch Klickbetrug sein kann. • Post-View/Post-Click Verteilung: Einige Advertiser betrachten nicht nur die Anzahl der Conversions, die infolge eines Klicks auf ein Werbemittel erfolgen (Post-Click), sondern auch jene, die in einem definierten Zeitfenster nach dem Sichtkontakt mit einem Werbemittel stattfinden (Post-View). Wenn man als Werbetreibender diese PostView-Effekte betrachtet, dann ist es besonders wichtig, das Verhältnis von Post-View und Post-Click Conversions zu betrachten. Ist dieses zu hoch, so kann dies ein Indikator dafür sein, dass die Werbemittel gegebenenfalls gar nicht den gewünschten Werbeeffekt erzielen, sondern nur zufällig (oder systematisch) den Käufern angezeigt wurden, die auch ohne diesen Kontakt gekauft hätten. Hierbei sollte auch die Entwicklung des Verhältnisses über die Zeit betrachtet werden. • Frequency/Frequency-Capping (FC): Die Frequency beschreibt die Häufigkeit eines Werbemittelkontakts pro User und wird in aller Regel pro 24h angegeben, also zum Beispiel 3/24. Hier gilt es, ein gesundes Mittel entsprechend der Kampagnenziele zu finden. Ist die Frequency zu hoch, so besteht die Gefahr einer Übersättigung, die vom User als störend wahrgenommen wird. Ist die Frequency zu gering, wird die

235

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

Anzeige gegebenenfalls gar nicht aktiv wahrgenommen und kann damit keinen Werbeeffekt erzielen. E-Mail-Marketing: Im E-Mail-Marketing kann zwischen abverkaufs-/performanceorientierten Kampagnen an potenzielle und bereits bestehende Kunden sowie Transaktionskampagnen (zum Beispiel Bestellbestätigung und Versandbestätigung) unterschieden werden. Die folgenden Kennzahlen und Steuerungsgrößen beziehen sich hierbei auf die abverkaufs-/ performanceorientierten Kampagnen. • Empfängeranzahl: Die Anzahl der Empfänger spiegelt die Reichweite der Werbung über E-Mail-Marketing wieder. Eine hohe Empfängeranzahl sorgt dementsprechend für eine große Reichweite. Möglichkeiten zur Reichweitensteigerung gibt es über die Generierung von neuen Empfängern über die eigenen Website, Kooperationen oder beispielsweise den Einkauf in externe E-Mail-Marketing-Verteiler. • Abmelderate: Eine gewisse Anzahl an Abmeldungen pro versandter E-Mail-Kampagne ist durchaus normal. Eine steigende Abmelderate ist jedoch in der Regel ein Indiz für irrelevante Inhalte oder eine zu hohe Versandfrequenz und sorgt für eine Verringerung der Reichweite. Eine gute und gängige Praxis bei der Identifizierung möglicher Ursachen ist die Befragung aktiver Empfänger sowie der Abmelder auf der Abmeldeseite. Hohe Bounce Rate beeinflusst Reputation des Versenders

• Bounce Rate: Die Bounce Rate gibt das Verhältnis an, wie viele E-Mails bei dem Versand einer E-Mail-Kampagne nicht zugestellt werden konnten. Eine hohe beziehungsweise steigende Bounce Rate beeinflusst die Reputation des Versenders negativ, was auf Dauer zu einer insgesamt schlechteren Zustellrate führt. Für eine dauerhaft erfolgreiche Zustellung der E-Mail-Kampagnen muss der Verteiler mithilfe eines optimierten Bounce-Managements von nicht erreichbaren und fehlerhaften E-Mail-Adressen bereinigt werden.

Kanalübergreifendes Reporting und Steuerung Wie bereits beschrieben, ist für eine effiziente Steuerung und Optimierung der Online-Marketing-Kanäle eine kanalübergreifende Analyse zwingend erforderlich. Häufig wird der Fehler begangen, dass jeder Kanal separat ausgewertet und analysiert wird. Der Nachteil einer ausschließlich

236

Erik Siekmann: Marketingsteuerung mit kanalübergreifenden KPIs

kanalspezifischen Betrachtung ist allerdings, dass beispielsweise Synergieeffekte oder korrespondierende Effekte nicht erkannt werden und infolgedessen falsche Rückschlüsse, Optimierungsmaßnahmen und Budgetverteilungen vorgenommen werden. Für eine effiziente Analyse, Steuerung und Optimierung der Marketing-Aktivitäten ist daher eine ganzheitliche Betrachtung unter Berücksichtigung aller eingesetzten Marketingkanäle erforderlich. Hierfür werden die zur Verfügung stehenden Daten und Reportings nach einer umfangreichen Analyse des Ist-Zustandes (Systeme, Daten, Reportings et cetera) nach individuellen Anforderungen und Steuerungsgrößen in einem ganzheitlichen Reporting-Dashboard zusammengeführt. Wichtig ist hierbei selbstverständlich die Hinzunahme der definierten kanalübergreifenden Steuerungsgrößen.

Abb. 4: Auszug eines ganzheitlichen Reporting-Dashboards (Beispiel).

237

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

In einem Reporting-Dashboard sollten neben der kanalübergreifenden Sicht auch detaillierte kanalspezifische Reportings inklusive der spezifischen KPIs zur Verfügung stehen, die eine individuelle Kanalsteuerung ermöglichen (siehe Abb. 5). Mithilfe eines erfolgreich implementierten ganzheitlichen ReportingDashboards lassen sich alle Marketingkanäle sowie Budgetentscheidungen gewinn- und umsatzmaximierend auswerten, steuern und optimieren.

Abb. 5: Auszug eines kanalspezifischen SEA-Dashboards (Beispiel).

Erfolgsfaktoren Zusammenfassend lassen sich fünf Erfolgsfaktoren für eine effiziente kanalübergreifende Steuerung und Optimierung der Online-MarketingKanäle festhalten: Richtige Technologie/Systemanbieter auswählen Die Auswahl der richtigen Technologie und des richtigen Anbieters ist der Grundstein für ein korrektes Messen der Daten, welche die Basis aller weiteren Auswertungen und Analysen darstellen.

238

Erik Siekmann: Marketingsteuerung mit kanalübergreifenden KPIs

Relevante Ziele und Steuerungsgrößen definieren Für eine effiziente Steuerung müssen kanalübergreifende und kanalspezifische KPIs definiert werden. Wichtig ist hier die Konzentration auf die wesentlichen KPIs, statt eines unübersichtlichen Datendschungels. Kanalübergreifende und -spezifische Analyse Für eine ganzheitliche Steuerung der Marketingkanäle sind ein kanalübergreifendes sowie ein kanalspezifisches Reporting mit den wesentlichen KPIs und Steuerungsgrößen notwendig. Inhouse-Kompetenz schaffen Eine erfolgreiche Steuerung der Kanäle sowie die Bewertung der Daten und die Ableitung von möglichen Optimierungsmaßnahmen sind nur durch den Aufbau von Inhouse-Kompetenz möglich. (Reporting-)Wissen breit verfügbar machen Zur Unterstützung der Inhouse-Kompetenz sollte der Zugriff auf die Daten und Reportings für alle Beteiligten möglich sein, sodass breites internes Wissen optimal genutzt werden kann.

Alle Beteiligten sollten auf die Daten und Reportings zugreifen können

Literatur http://www.digitalantrieb.de

239

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

240

Gewinnmaximales Suchmaschinenmarketing Bernd Skiera, Nadja Abou Nabout

5

Immer noch glauben viele Entscheider, dass die vor rund hundert Jahren gemachte Aussage von John Wanamaker: „Ich weiß, die Hälfte meiner Werbung ist hinausgeworfenes Geld. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte”, heute immer noch gültig sei. Ein Irrtum, denn immer häufiger kann Werbewirkung, vor allem im Online-Marketing, sehr gut gemessen werden. Besonders Suchmaschinenmarketing, das derzeit beliebteste Online-Marketing-Instrument, erlaubt Unternehmen die Wirtschaftlichkeit ihrer Ausgaben sehr genau zu messen.

Suchmaschinenmarketing Im Jahr 2012 wurden für das Suchmaschinenmarketing in Deutschland knapp 2,3 Milliarden Euro und somit rund 35 Prozent der OnlineWerbebudgets ausgegeben [1]. Der deutsche Markt wird derzeit von einem Suchmaschinenanbieter dominiert: 96 Prozent aller Suchanfragen wurden im Jahr 2012 an Google gestellt [2]. Damit lässt Google seine größten Mitbewerber Yahoo! und Bing mit 0,7 Prozent und 1,4 Prozent aller Suchanfragen klar hinter sich. Suchmaschinenmarketing ist vor allem deswegen attraktiv, da ein werbendes Unternehmen Konsumenten erreichen kann, die nach Informationen zu einem bestimmten Produkt suchen und damit Kaufinteresse signalisieren. Werbetreibende kaufen dabei Anzeigenplätze in der Anzeigenliste (auch „bezahlte Suchergebnisse”) oberhalb und rechts neben den eigentlichen Suchergebnissen (auch „organische Suchergebnisse”). Die Plätze oberhalb (Ränge 1 bis 3) werden am stärksten wahrgenommen, gefolgt von den Anzeigenplätzen auf der rechten Seite (Ränge 4 bis 11). Siehe dazu auch Abb. 1. Klickt nun ein potenzieller Kunde auf die Textanzeige des werbenden Unternehmens, so wird er auf eine sogenannte Landing Page, vielfach

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Bernd-Skiera http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Nadja-Abou-Nabout

Google dominiert mit 96 % Marktanteil

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

die Webseite des werbenden Unternehmens, weitergeleitet, wo er sich über das mit dem Suchbegriff verbundene Produkt informieren und es erwerben kann. Layout der Anzeige einheitlich

Das Layout der nicht mehr als vierzeiligen Anzeigen ist einheitlich, weicht nur geringfügig von dem der Suchergebnisse ab und besteht aus drei Teilen: einer Überschrift, die mit einem sogenannten „Deep Link” (einer bestimmten Stelle auf einer Webseite, auch „Landing Page” oder „Einsprungstelle” genannt) verlinkt ist, einem höchstens zweizeiligen Werbetext und der URL der Webseite des werbenden Unternehmens. Für das werbende Unternehmen ist es aufgrund der Digitalität des Mediums Internet einfach möglich, das Verhalten der Konsumenten und damit den Erfolg der eigenen Kampagne zu messen: Die Anzahl der Einblendungen der Textanzeige und das Klickverhalten werden von den Suchmaschinenanbietern ebenso zur Verfügung gestellt wie die Anzahl der Käufer beziehungsweise Kunden, sofern das werbende Unternehmen für Letzteres sogenannte „Zählpixel” oder „Checkpoints” auf der eigenen Webseite einfügt.

Abb. 1: Darstellung der Suchergebnisse und der Anzeigenliste in Google.

242

Bernd Skiera, Nadja Abou Nabout: Gewinnmaximales Suchmaschinenmarketing

Dynamische Preisbestimmung Im Gegensatz zu traditioneller Werbung erfolgt im Suchmaschinenmarketing die Bepreisung für Werbung nicht über den in der Offlinewerbung gängigen Tausender-Kontakt-Preis (TKP), sondern pro Klick. Der Preis pro Klick und auch der Rang der Textanzeige in der Anzeigenliste (Abb. 1) werden durch die sogenannte Keyword-Auktion bestimmt. Werbende Unternehmen geben Gebote über den Preis pro Klick ab, den sie maximal zu zahlen bereit sind. Allerdings wird nur der Preis berechnet, welcher für das Überbieten des Wettbewerbers auf dem nächst niedrigeren Rang um einen Cent notwendig ist. Derzeit weist die Finanzdienstleistungsbranche in Deutschland mit durchschnittlich 5,91 Euro für populäre Suchbegriffe und Anzeigenplätze die höchsten Preise pro Klick aller Branchen auf [3]. Im Gegensatz zur Finanzdienstleistungsbranche muss für populäre Suchbegriffe in der Modebranche deutlich weniger pro Klick ausgegeben werden, im Durchschnitt 1,01 Euro. Bei einer durchschnittlichen Konversionsrate (= Anzahl an Klicks / Anzahl an Kunden) von einem Prozent (laut einer Studie von Google), die bedeutet, dass einhundert Klicks für das Gewinnen eines Kunden verantwortlich sind, führt das zu Akquisitionskosten pro Kunde von 591 Euro in der Finanzdienstleistungsbranche und 101 Euro in der Modebranche. Werte, die sicherlich für einige, aber nicht alle Kunden gerechtfertigt sind.

Optimales Suchmaschinenmarketing Viele Werbetreibende verlassen sich beim Festlegen der Gebote im Suchmaschinenmarketing immer noch auf regelbasierte Systeme. Dabei sehen die in der Praxis häufig zum Einsatz kommenden Regeln üblicherweise wie folgt aus:

Regelbasierte Systeme haben große Nachteile

• WENN der Gewinn nach Akquisitionskosten eines Suchbegriffs höher ist als zwanzig Euro, DANN erhöhe das Gebot um zwanzig Prozent, • WENN der Rang schlechter ist als Rang 6, DANN erhöhe das Gebot um 15 Prozent, • WENN der Gewinn nach Akquisitionskosten eines Suchbegriffs negativ ist UND die Anzahl an Klicks größer ist als einhundert Klicks UND der Rang besser ist als Rang 3, DANN senke das Gebot um dreißig Prozent. 243

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

Hohe Anzahl an Regeln

Software ermöglicht Gebote zu optimieren

Nachteil einer solchen Vorgehensweise ist jedoch, dass die Anzahl an Regeln sehr schnell steigt und mitunter sogar mehr als fünfzig Regeln pro Kampagne umfassen kann. Dies wird schnell unübersichtlich und kann zu Inkonsistenzen führen, wenn verschiedene Regeln zu unterschiedlichen Gebotsempfehlungen kommen. Letztlich ist auch die Festlegung der Regel schwierig. So ist es vielfach nicht einfach zu entscheiden, ob das Gebot etwa um zehn Prozent oder dreißig Prozent gesenkt werden oder der Gewinn eine Grenze von zehn Euro, zwanzig Euro oder vielleicht siebzig Euro überschreiten soll. Mit Hilfe des softwaregestützten Entscheidungsunterstützungssystems PROSAD (PRofit Optimizing Search engine ADvertising) ist es allerdings möglich, optimale Gebote im Suchmaschinenmarketing abzugeben, welche den Gewinn nach Akquisitionskosten maximieren. Das softwaregestützte Entscheidungsunterstützungssystem wurde Ende 2011 im weltweiten Wettbewerb für den "Gary L. Lilien ISMSMSI Practice Prize" gemeinsam mit einem australischen und einem amerikanischen Projekt als eine der drei weltweit besten wissenschaftlich geprägten Anwendungen in der Praxis ausgewählt.

Abb. 2: Zusammenhang zwischen Gebot und Gewinn nach Akquisitionskosten.

244

Bernd Skiera, Nadja Abou Nabout: Gewinnmaximales Suchmaschinenmarketing

Der dabei berücksichtigte Zusammenhang zwischen Gebot und Gewinn nach Akquisitionskosten ist schematisch in Abb. 2 dargestellt. Der Gewinn nach Akquisitionskosten ergibt sich aus der Differenz von Gewinn pro Kunde und Akquisitionskosten pro Kunde, multipliziert mit der Anzahl der Kunden. Die Akquisitionskosten pro Kunde ergeben sich aus dem Preis pro Klick (in Abb. 2 dem Gebot gleichgesetzt) dividiert durch die Konversionsrate. Wenn also drei Euro pro Klick bezahlt werden und die Konversionsrate ein Prozent beträgt, dann müssen einhundert Klicks à drei Euro bezahlt werden um einen Kunden zu akquirieren. Die Akquisitionskosten sind demnach dreihundert Euro. Abb. 2 zeigt, dass die Gebote den Rang und über den Rang vor allem die Klickrate beeinflussen. Hohe Gebote führen zu oberen Rängen, welche für werbende Unternehmen einerseits attraktiv sind, da sie zu einer höheren Anzahl an Klicks und somit sehr wahrscheinlich zu einer größeren Anzahl an Kunden führen. Andererseits sind aber auch die pro Klick zu bezahlenden Preise auf oberen Rängen und damit die Akquisitionskosten pro Kunde höher. Deswegen muss zwischen den Akquisitionskosten pro Kunde und der Anzahl der Kunden genau abgewogen werden. Die Anzahl der Kunden ergibt sich aus der Anzahl der Suchanfragen bei der die Werbung eingeblendet wird, die mit der Klickrate und der Konversionsrate multipliziert wird. Der Gewinn nach Akquisitionskosten ergibt sich dann durch die Multiplikation der Anzahl der Kunden mit der Differenz aus erwartetem Gewinn pro Kunde und Akquisitionskosten pro Kunde.

Gewinn nach Akquisitionskosten sollte das Entscheidungskriterium sein

Abb. 3 verdeutlicht dabei, wie unterschiedlich das Gewinnmaximum für verschiedene Suchbegriffe ausfallen kann (Suchbegriff 1: Rang 4 ist gewinnmaximierend; Suchbegriff 2: Rang 1 ist gewinnmaximierend). Aus diesem Grund sollte die Erfolgsgröße „Gewinn nach Akquisitionskosten” stets auf der Ebene einzelner Suchbegriffe betrachtet werden, da eine aggregierte Betrachtung leicht deutliche Verluste für einzelne Suchbegriffe kaschiert.

245

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

Abb. 3: Exemplarische Gewinnmaxima für zwei verschiedene Suchbegriffe.

Ergebnisse eines optimalen Suchmaschinenmarketing Nachfolgend wird ein Beispiel für optimales Suchmaschinenmarketing dargestellt, das mit Hilfe des Entscheidungsunterstützungssystems PROSAD erzielt wurde [4]. Die Gebote werden so gesetzt, dass der Gewinn nach Akquisitionskosten maximiert wird, sofern gewünscht sogar vollautomatisch. Dabei werden auf Basis von historischen Kampagnendaten die zu schätzenden Zusammenhänge zwischen Geboten und Rängen sowie Rängen und Klickraten kalibriert. Auf dieser Basis wird dann ein optimales Gebot berechnet [5]. Um die Verbesserungspotenziale einmal detailliert zu ermitteln, wurde das System einem zwanzigwöchigen Feldexperiment unterworfen, in dem die Ergebnisse vor (die ersten zehn Wochen) und nach dem Einsatz (zweiten zehn Wochen) gegenübergestellt wurden (siehe Abb. 4). Hierbei zeigt sich, dass der Werbetreibende ohne den Einsatz von PROSAD deutlich zu hoch geboten hat. Die Gebote wurden daher mit dem System gesenkt. Dies führt zwar zu einer niedrigeren Anzahl an Klicks, Kunden und auch gesunkenen Gewinnen vor Akquisitionskosten. Allerdings konnten die Akquisitionskosten so stark gesenkt werden, dass der Gewinn nach Akquisitionskosten mit dem Einsatz von PROSAD

246

Bernd Skiera, Nadja Abou Nabout: Gewinnmaximales Suchmaschinenmarketing

deutlich höher lag als vorher. Insgesamt konnte der Return-on-Investment um 19 Prozentpunkte gesteigert werden. Durchschnittliche Werte pro Suchbegriff

Ohne PROSAD

Mit PROSAD

Anzahl an Suchbegriffen

20

20

Anzahl an Suchanfragen

4.510,60

4.510,60

Anzahl an Klicks

185,30

107,58

Klickrate

4,11 %

2,39 %

Preis pro Klick

0,19 €

0,13 €

Rang

2,97

3,78

Anzahl an Kunden

3,50

1,12

Gewinn vor Akquisitionskosten

48,65 €

36,29 €

Akquisitionskosten

48,78 €

30,05

— 0,19 €

+ 6,24 €

0%

19 %

Gewinn nach Akquisitionskosten Return on Investment

Abb. 4: Ergebnisse des Feldexperiments.

Fazit Entscheider für Suchmaschinenmarketing sollten sich darüber im Klaren sein, dass der Erfolg relativ genau gemessen werden kann. Wir empfehlen den Gewinn nach Akquisitionskosten als zentrale Größe zu verwenden. Dessen Maximierung kann durch den Einsatz von Entscheidungsunterstützungssystemen erleichtert werden. Dabei sollte der Gewinn nach Akquisitionskosten für jeden Suchbegriff separat gemessen werden, da eine Gesamtbetrachtung leicht den Blick auf einzelne unprofitable Suchbegriffe verdecken und somit deutliche Verbesserungen verhindern kann.

Erfolg kann relativ genau gemessen werden

Vom Befolgen einfacher Gebotsregeln ist in der Regel abzuraten, da sich die Wettbewerbssituation und die Anzahl an Suchanfragen, Klickund Konversionsraten zwischen Suchbegriffen erheblich unterscheiden können und die oft hohe Anzahl an Regeln schnell zu inkonsistenten Gebotsvorschlägen führen kann. Zudem sind die Preise pro Klick für gute Positionen in den Suchergebnissen aufgrund der hohen Konkurrenz in Keyword-Auktionen mittlerweile so hoch, dass schnell sehr hohe Akquisitionskosten erreicht werden, die nicht immer gerechtfertigt sein 247

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

müssen. Mit einer Betrachtung des Gewinns nach Akquisitionskosten können derartige Investitionen aber sinnvoll beurteilt werden.

Literatur [1] OVK (2013): OVK Onlinereport 2013/01: Zahlen und Trends im Überblick. – http://www.ovk.de/ovk/ovk-de/online-werbung/daten-fakten/ downloads.html. [2] comScore (2013): 2013 Future in Focus - Digitales Deutschland. – http:// www.comscore.com/ger/Insights/Presentations_and_Whitepapers/2013/2013_ Future_in_Focus_Digitales_Deutschland. [3] Abou Nabout, Nadia, Lilienthal, Markus, Skiera, Bernd: Empirical Generalizations about Prices and Search Engine Advertising Effectiveness across Countries and Industries. – Arbeitspapier, Universität Frankfurt, 2013. [4] www.prosad.de [5] Eine vereinfachte Form der Darstellung des Entscheidungsunterstützungssystems für einzelne Suchbegriffe, mit dem auch optimale Gebote ermittelt werden können, gibt es unter www.prosad.de.

248

SEA: Kampagnenmanagement macht den Unterschied Andreas Reiffen

5

An kaum einem anderen Ort werden Bedürfnisse transparenter als in einer Suchmaschine im Internet. Menschen fassen ihr Anliegen in Worte, tippen es in das Suchfeld und erwarten Antworten. Der erfolgreiche Unternehmer, Journalist und Herausgeber John Battelle hat es einmal sehr treffend formuliert: „The search all starts with you: your query, your intent – the desire to get an answer, find a site, or learn something new“ [1]. Beim Search Engine Advertising (SEA) geht es darum, dieser Erwartung gerecht zu werden. Für Werbungtreibende bedeutet dies, dem Nutzer mit Hilfe von Textanzeigen zu verstehen zu geben, dass seine Erwartung in Erfüllung geht, wenn er die Suchwortanzeige anklickt. Anders als TV-, Radio- oder Print-Anzeigen ist Search kein Push-, sondern ein Pull-Medium. Hier stellt die Zielgruppe eine konkrete Anfrage. Dies ist Chance und Herausforderung zugleich. Zum einen formuliert der Nutzer sein Bedürfnis – im besten Fall sogar ein konkretes Kaufinteresse. Zum anderen gibt es Millionen möglicher Suchbegriffe, die zwischen einem potenziellen Kunden und einem Onlineshop stehen. Die Herausforderung ist, möglichst alle relevanten Suchbegriffe durch eingebuchte Keywords abzudecken und sie richtig zu strukturieren, um dem Nutzer eine zu seinem Bedürfnis passende und richtig verlinkte Anzeige auszuspielen. Spätestens an diesem Punkt wird deutlich: SEA ist nichts, das ein Unternehmen nebenbei erledigen kann. Es ist zeit- und personalaufwendig, aber es lohnt sich. Vor allem, wenn es intelligent angepackt wird. Längst gibt es Technologien, die viele Prozesse im Kampagnenmanagement automatisieren, die Zielgruppenansprache präzisieren und das Budget optimal einsetzen. Die richtige Keyword-Auswahl und ein effizientes Gebotsmanagement sind für den Kampagnenerfolg unerlässlich. Doch erst mit einem intelligenten Management der SEA-Kampagnen ist es möglich, die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage zuverlässig und vollumfänglich zu schließen. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Andreas-Reiffen

SEA ist zeitund personalaufwendig

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

das SEA-Kampagnenmanagement und liefert dafür zahlreiche Tipps und Tricks, die sich in der Praxis bewährt haben.

Kampagnen sinnvoll strukturieren Basis des Kampagnenmanagements sind die richtigen Keywords. Für die Auswahl der passenden Schlüsselbegriffe können neben dem eigenen Produktkatalog auch Suchbegriffe aus dem Shop, der Suchanfragenbericht von AdWords, das AdWordsKeyword Tool sowie diverse andere Quellen herangezogen werden. Auch das Ausschließen von bestimmten Begriffen darf nicht vergessen werden.

Abb. 1: Legen Sie für jede Marke eine eigene Kampagne an, um Sitelinks zu erstellen und die Marken-Keywords unterschiedlich zu bepreisen. Feingranulare Kampagnenstruktur Voraussetzung für performante Anzeigen

250

Wurden die passenden Schlüsselwörter für die Angebote identifiziert, ist das Keyword-Portfolio zunächst unübersichtlich und unhandlich. Wichtig ist es daher, diese Keywords richtig zu strukturieren. Anzeigen, die auf einer sauberen Struktur basieren, sind erfahrungsgemäß relevanter und erzeugen höhere Klickraten. Sie verbessern die Kampagnenqualität, was wiederum die Kosten senkt. Ziel sollte eine möglichst feingranulare Kampagnenstruktur sein. Denn sie ist die Voraussetzung für performante Anzeigen, leistungsstarke Kampagnen und besseres Bid Management.

Andreas Reiffen: SEA: Kampagnenmanagement macht den Unterschied

Eine feine Kampagnenstruktur mit klaren Anzeigengruppen bietet außerdem den Vorteil, dass Anzeigen leichter verfasst werden können. Tipps für die Kampagnenstruktur In der Praxis haben sich einige Aspekte als besonders wichtig erwiesen. Die folgenden Punkte sollten Sie beim Anlegen einer SEA-Kampagnenstruktur daher unbedingt beachten: • Jede Marke benötigt ihre eigene Kampagne. Für jede Marke sollten Sie eine separate Kampagne anlegen. Das bietet gleich mehrere Vorteile: Dadurch ist es Ihnen möglich, auf Kampagnenebene Sitelinks anzulegen, die einen direkten Bezug zur Marke haben. Das erhöht in der Regel automatisch die Klickraten. Außerdem können die Marken im Rahmen des Bid Managements unterschiedlich bepreist werden, beispielsweise erfolgsabhängig. Nicht zuletzt wird mit dieser Herangehensweise schnell ersichtlich, ob eine Marke bereits im Sortiment vorhanden ist oder noch aufgenommen werden muss.

Sitelinks erhöhen die Klickraten

• Erstellen Sie auf Basis der Produktkategorien Anzeigengruppen. Achten Sie darauf, dass Sie innerhalb einer Kampagne für die verschiedenen Produktkategorien jeweils eine Anzeigengruppe bilden. Lauten die Kategorien einer Markenkampagne beispielsweise „Bademode“, „Winterjacken“ und „Sneaker“ könnte eine Anzeigengruppe entsprechend „Marke XY-Sneaker“ heißen. Eine solche Struktur hilft Ihnen, passendere Anzeigen zu texten und nur die relevantesten Zielseiten zuzuordnen, was wiederum dazu führt, dass diese Anzeigen von Google einen hohen Qualitätsfaktor erhalten. • Ordnen Sie Keywords anhand ihrer Länge zu. Es empfiehlt sich, Keywords in Abhängigkeit ihrer Länge verschiedenen Anzeigengruppen zuzuordnen. Maximal drei längenabhängige Anzeigengruppen sind ausreichend. Zum Beispiel gehören alle Keywords der Marke XY und der Kategorie „T-Shirt“ bis zu einer Länge von 15 Zeichen in eine separate Anzeigengruppe. Tipp: Nutzen Sie den dynamischen Keyword-Platzhalter (Keyword Insertion), dann sehen Sie stets auf einen Blick, wie viel Zeichen für Überschrift und Text noch zur Verfügung stehen.

Dynamischen KeywordPlatzhalter nutzen

• Buchen Sie Vertipper ein. Immer wieder tippen Nutzer fehlerhafte Begriffe in den Suchschlitz. Egal ob Buchstabendreher oder bewusst falsche Schreibweise – „Misspellings“ – haben im SEA das gleiche Potenzial wie normale

251

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

Keywords. Sie sollten deshalb ebenso eingebucht werden, wie die richtig geschriebenen Schlüsselwörter. Achtung: Auf den dynamischen Keyword-Platzhalter sollte man bei Misspellings allerdings verzichten. Er führt in diesem Fall zu fehlerhaften Anzeigentexten. Es ist zudem empfehlenswert, Anzeigengruppen mit Falschschreibungen entsprechend zu kennzeichnen. • Nutzen Sie das Potenzial der Kaufanreizwörter. Wer bei Google nach „Produkt XY kaufen“ sucht, bekundet ein konkretes Kaufinteresse. Damit hat er in der Regel eine deutlich höhere Konvertierungswahrschein lichkeit als jemand, der nur „Produkt XY“ in die Suchzeile tippt. Kaufanreizwörter verdienen Ihre ganz besondere Aufmerksamkeit und sollten in gesonderten Anzeigengruppen geführt werden. Sind die Kaufanreizwörter auf diese Weise separiert, ist es einfacher, differenzierte KeywordGebote abzugeben. Abb. 2: Strukturieren Sie Keywords in Anzeigengruppen anhand von Produktkategorien sowie Keyword-Länge und kennzeichnen Sie Misspellings und Buywords.

Anzeigenoptimierung Anzeigen sind die Schnittstelle zwischen Kunde und Angebot

252

Anzeigen in Suchmaschinen sind die Schnittstelle zwischen Kundenbedürfnis und Angebot. Und sie fungieren quasi als „Rutschbahn“ zwischen einer mühevoll aufgesetzten Kampagne und der Landing Page, auf welcher der Nutzer die gesuchten Informationen findet. Ist die Bahn stumpf, werden Kampagnen ineffektiv. Im schlimmsten Fall war alle Arbeit umsonst und der Interessent schaut beim Wettbewerber vorbei. Fakt ist: Gestaltung und Aussagekraft der Suchwortanzeigen

Andreas Reiffen: SEA: Kampagnenmanagement macht den Unterschied

tragen maßgeblich zum Erfolg oder Misserfolg einer Kampagne bei. Sie müssen daher konsequent analysiert, gepflegt und optimiert werden. Hinzu kommt: Je passender eine Anzeige, desto stärker wird Google diese Relevanz belohnen. Höhere Qualitätsfaktoren und eine bessere Kampagnen-Performance sind der Lohn einer konsequenten Anzeigenoptimierung. In der Praxis können Sie verschiedene Hebel ansetzen, um Anzeigen zu optimieren.

Je passender die Anzeige, desto höher der Erfolg einer Kampagne

Die Basisarbeit AdWords-Anzeigen müssen schnell funktionieren; der Interessent sollte sofort erkennen können, ob diese Anzeige für ihn nützlich ist oder nicht. Das gesuchte Keyword (Marke, Produkt, et cetera) muss daher aufmerksamkeitsstark in der Anzeige platziert werden. Es empfiehlt sich, den gesuchten Begriff in der Headline und im Text zu wiederholen. Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen können Sie auf die dynamischen Keyword-Platzhalter zurückgreifen. Dazu muss folgender Code in Ihren Anzeigentext eingefügt werden: „{Keyword: Standardkeyword}“. Verwendet ein Nutzer dann eines Ihrer Keywords in seiner Suchanfrage, ersetzt AdWords den Code automatisch durch das Keyword, das die Schaltung Ihrer Anzeige ausgelöst hat. Das zuvor festgelegte Standard-Keyword kommt nur zum Einsatz, wenn die dynamische Ersetzung nicht möglich ist. Zum anderen können Sie manuell die für Ihre Keywords perfekt passenden Anzeigen schreiben. Das hat den Vorteil, dass Sie mit selbst geschriebenen Texten die Qualität Ihrer Anzeigen unmittelbar beeinflussen können. Der Nachteil: Es ist sehr zeit- und damit kostenaufwendig. Hier gilt es, Aufwand und Nutzen im Vorfeld abzuwägen.

Manuell geschriebene Anzeigen sehr zeitaufwendig

Generell verzichten sollten Sie auf Keyword-Platzhalter, wenn: • das Keyword in der Anzeigengruppe zu lang ist, denn Google erlaubt nur maximal 25 Zeichen in der Überschrift und 35 Zeichen je Zeile im Anzeigentext. • Sie Keyword-Segmente verwenden möchten, denn Google AdWords versucht nur komplette Keyword-Strings dynamisch einzufügen. • Kaufanreizwörter (Buy Words) wie „günstig“ oder „Shop“ verwendet werden, da die Anzeigen mit solchen Wortfüllungen oftmals keinen Sinn mehr ergeben. • falsch geschriebene Keywords (Misspellings) enthalten sind, denn in den Anzeigen sollten die Begriffe immer korrekt geschrieben sein. 253

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

Abb. 3: Greifen Sie bei der Anzeigenoptimierung auf dynamische KeywordPlatzhalter zurück, um Suchanfragen in der Anzeige zu wiederholen.

Interessent überzeugen

Der Feinschliff Ist das Keyword aufmerksamkeitsstark in der Anzeige platziert, haben Sie die Grunderwartung des Users erfüllt und im besten Fall seine Aufmerksamkeit auf Ihre Anzeige gezogen. Nun kommt es darauf an, den Interessenten zu überzeugen. Hier kommen diverse weiche Faktoren ins Spiel, die mit darüber entscheiden, ob der Nutzer Ihre Anzeige auch anklickt. Die folgenden Tipps helfen Ihnen, die Klickwahrscheinlichkeit zu erhöhen: • Nutzen Sie die Markenbekanntheit. Der Shopname und/oder Markenname sollten innerhalb der Anzeige in der dort angegebenen Anzeigen-URL erscheinen. Die Reihenfolge hängt davon ab, ob die Marke oder der Shop bekannter ist (zum Beispiel bogner.navabi.de oder navabi.de/bogner). • Schaffen Sie Vertrauen und bleiben Sie glaubhaft. Sie führen ein Ranking an oder haben einen Preis gewonnen? Kommunizieren Sie solche Auszeichnungen, um beim Nutzer Vertrauen zu schaffen. Versprechen Sie im Anzeigentext zudem nichts, was nicht wahr ist. Der Kunde wird kein zweites Mal auf eine solche Anzeige klicken. • Heben Sie die Aktualität hervor. Betonen Sie, wenn möglich, die Aktualität Ihres Angebots. Gibt es nur einen bestimmten Vorrat? Läuft das Angebot nur bis zu einem bestimmten Tag? Heben Sie diese Faktoren hervor! So reduzieren Sie die Möglichkeit, dass der Nutzer zögert und Sie ihn dadurch verlieren.

Zahlen im Anzeigentext einsetzen

254

• Lassen Sie Zahlen wirken. Denken Sie daran: „Die Zahl ist das Wesen aller Dinge“ [2]. Setzen Sie daher im Anzeigentext Zahlen ein („Sie sparen 20 Prozent“, „Jetzt um 35 Prozent reduziert“) und vermitteln Sie dadurch den wirtschaftlichen Mehrwert eines Klicks beziehungsweise des Kaufs.

Andreas Reiffen: SEA: Kampagnenmanagement macht den Unterschied

• Animieren Sie zum Klicken. Der Kunde soll sich nicht nur von der Anzeige angesprochen fühlen, er soll auch das Bedürfnis haben, sie anzuklicken. Daher sollten Sie immer einen sogenannten Call-to-Action wie „Jetzt kaufen!“ oder „Versandkostenfrei bestellen!“ einbinden.

Call-to-Action einbinden

• Strahlen Sie Seriosität aus. Ein Registered Sign oder Trademark Logo im Anschluss an den Marken- oder Shopnamen strahlt Seriosität aus, weckt Vertrauen und hilft, sich von anderen abzuheben und aufzufallen, beispielsweise „Schuhe von Marke™. Jetzt versandkostenfrei bestellen!“ • Testen Sie Anzeigenvarianten. Es sollten stets zwei Anzeigenvarianten parallel gegeneinander getestet werden. Die bessere Anzeige wird weiter geschaltet, die schlechtere wird gegen eine neue Variante ausgetauscht. So kristallisieren Sie mit . Anzeige heraus. der Zeit die beste

Anzeigen testen

Erfolgsfaktor Verlinkung Für den Kampagnenerfolg ist die optimale Suchwortanzeige nur die eine Seite der Medaille. Die passende Landing Page die andere. Egal wie gut und relevant eine SEA-Anzeige ist: Wenn der potenzielle Kunde nicht auf der richtigen Seite landet, ist das Werbegeld fehlinvestiert. Es ist also wichtig, dass die Suchenden auf der verlinkten Seite schnell finden, wonach sie gesucht haben. Wenn jemand Winterstiefel sucht, der Shop aber ein Vollsortiment an Mode anbietet, sollte man die Besucher beispielsweise direkt auf die Seite mit den Winterstiefeln leiten. Wenn die Shopstruktur solche Unterseiten nicht vorsieht und es sich auch nicht lohnt, dafür eine eigene Landing Page zu erstellen, kann die Anzeige alternativ in die Shopsuche geleitet werden.

Angebot muss schnell auffindbar sein

Generell sollten Anzeigen möglichst genau auf das gesuchte Produkt verlinken. Die Startseite des Shops sollte nur in Ausnahmenfällen als Zielseite ausgewählt werden, da Interessenten dort erneut suchen müssten und eventuell aufgeben, falls sie das Produkt nicht schnell genug finden. Die passenden Ziel-URLs können in Excel oder direkt in AdWords für ein einzelnes Keyword, aber auch für mehrere Keywords gleichzeitig festlegt werden.

255

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

Abb. 4: Ändern Sie Ziel-URLs für ein oder mehrere Keywords bequem in Google AdWords.[3]

Anzeigen halbautomatisiert erstellen

Keywords, Anzeige und Zielseite optimal miteinander verknüpfen

256

Technologie hilft Die ideale Verlinkung ist jedoch sehr aufwendig und erfordert, wie die Optimierung der Anzeigen, große Zeit- und Personalressourcen. Vor allem bei sehr großen AdWords-Konten mit mehreren hunderttausenden Keywords ist eine Optimierung nur mit großem Aufwand möglich. Lösungen für das Kampagnenmanagement können dieser Problematik entgegenwirken (AdChemy, camato, deltamethod, DataPop). Ihr Ansatz ist oft ähnlich: Suchbegriffe enthalten häufig bestimmte Attribute wie eine Marke, eine Produktart oder eine Farbe. Anhand dieser Attribute können solche Tools Keywords systematisch analysieren und entsprechend Kampagnen, Anzeigen und Zielseiten halb automatisiert erstellen. Struktur, Anzeigen und Verlinkungen basieren auf den Attributen. So stellen solche Lösungen sicher, dass große Keyword-Mengen verwaltet werden und die Relevanz gewährleistet ist. Doch egal, ob Sie gerade erst mit AdWords beginnen, Konten mit wenigen Keywords betreuen oder Technologien für das Kampagnenmanagement einsetzen: Eines sollte das Ziel jedes SEA-Kampagnenmanagements sein: Keyword, Anzeige und Zielseite müssen optimal miteinander verknüpft werden. Nur so werden Kampagnen erfolgreich und die SEA-Budgets optimal eingesetzt.

Andreas Reiffen: SEA: Kampagnenmanagement macht den Unterschied

Abb. 5: Anzeigen sollten möglichst genau auf das oder die gesuchten Produkte verlinken, in diesem Fall Mode von Elena Miro.

Literatur [1] John Battelle: „The Search. How Google and Ist Rivals Rewrote the Rules of Business and Transformed Our Culture.“ – Penguin, 2005 – S. 20. [2] Pythagoras von Samos. Online unter: http://www.zitate-online.de/ literaturzitate/allgemein/16788/die-zahl-ist-das-wesen-aller-dinge.html – Abgerufen am 13.05.2013. [3] Quelle: Google AdWords. Beck, A.: Google AdWords. – Mitp, 2011 – S. 143 - 180, 233 - 270. Gergey, A.: Google AdWords: Anzeigen-Optimierung. Online unter http://www.gergey.com/adwords-optimieren.pdf – 2012.

257

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

Kopp, O./Langel, T./ Grübel, T./De Wals, K.: AdWords-Optimierung. S. 19 - 29, 33 - 45. Online unter http://www.sem-deutschland.de/google-adwordstipps/gratis-e-book-adwords-optimierung/ – 2013. Borgwardt, J.: Keyword Insertion richtig nutzen. Online unter http://www.sempraxis.de/keyword-insertion-richtig-nutzen/396 – 11.06.2010. Webseite der Google AdWords-Hilfe: https://support.google.com/adwords/?hl=de Webseite der Firma AdChemy: http://www.adchemy.com/ Webseite der Technologie camato: http://www.camato.de Webseite der Firma DeltaMethods: http://www.deltamethod.com/ Website der Firma DataPop: http://www.datapop.com

258

Anzeigentexte im Suchmaschinenmarketing richtig gestalten Manuel Marini, Bernd Skiera

5

Für das Suchmaschinenmarketing wird in Deutschland etwa jeder zweite des in Online-Marketing investierten Euro ausgegeben und rund neunzig Prozent aller Suchanfragen werden gegenwärtig an Google gestellt. Damit lässt Google seine größten Mitbewerber Yahoo! und Bing klar hinter sich. Ein werbendes Unternehmen kann durch das Suchmaschinenmarketing Konsumenten erreichen, die nach Informationen zu einem bestimmten Produkt suchen und damit Kaufinteresse signalisieren. Klickt ein potentieller Kunde auf die Textanzeige des werbenden Unternehmens, wird er auf die Landing Page des Unternehmens weitergeleitet. Das einheitliche Layout der nicht mehr als vierzeiligen Anzeigen besteht aus drei Teilen: einer Überschrift, die mit einem sogenannten „Deep Link“ (einer bestimmten Stelle auf einer Webseite, auch „Landing Page“ oder „Einsprungstelle“ genannt) verlinkt ist, einem höchstens zweizeiligen Werbetext und der URL der Webseite des werbenden Unternehmens. Viele Werbetreibende widmen dem nur zweizeiligen Werbetext zu wenig Aufmerksamkeit. Der Grund ist häufig, dass die Erstellung von Werbekampagnen in Suchmaschinen ein aufwändiger Prozess ist, da Suchmaschinenkampagnen schnell Tausende an verschiedenen Suchbegriffen enthalten und der Prozess der Erstellung von Anzeigentexten bislang kaum durch Software unterstützt worden ist. So wird entweder eine Vielzahl an Mitarbeiter für das Eintippen von häufig nur leicht unterschiedlichen Anzeigentexten eingesetzt. Mitunter erfahren diese Mitarbeiter Unterstützung durch rudimentäre, häufig auf Excel-Spreadsheets aufbauende Software-Lösungen. Damit wird viel Geld verschenkt, denn eine gute Textanzeige motiviert den Suchenden zum Klicken, zeigt aber auch klar an, was der Suchende erwartet. So werden unnötige und damit teure Klicks vermieden.

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Manuel-Marini http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Bernd-Skiera

Gute Textanzeigen motivieren den Suchenden zum Klicken

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

In Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Electronic Commerce von Prof. Dr. Bernd Skiera an der Goethe-Universität Frankfurt wurde von Marini Media „Appealing Ads“ eine Softwarelösung für das Erzeugen von ansprechenden Anzeigentexten im Suchmaschinenwerbung entwickelt. Damit können Kampagnen klar strukturiert, exakt passende Textanzeigen erstellt, Textanzeigen regelmäßig aktualisiert und somit die Kosten erheblich reduziert und der Erfolg im Suchmaschinenmarketing erheblich erhöht werden.

Fehler beim Erstellen von Anzeigentexten Im Folgenden beschreiben wir zunächst einmal typische Fehler, die beim Erstellen von Anzeigentexten im Suchmaschinenmarketing auftreten. Richtige Kampagnenstruktur wichtig für den Erfolg

Fehlende Struktur der Kampagnen Die richtige Kampagnenstruktur wird häufig unterschätzt. Sie ist jedoch die Voraussetzung für eine erfolgreiche Kampagne und baut bei Google AdWords auf folgenden Überlegungen auf [1].

Abb. 1: Struktur einer Kampagne bei Google AdWords. Ein AdWords-Konto besteht aus verschiedenen Kampagnen. Für jede Kampagne kann ein eigenes Budget festgelegt werden. Zudem kann bestimmt werden, wo die Anzeigen geschaltet werden sollen (zum Beispiel nur in Deutschland). Eine Kampagne umfasst unterschiedliche Anzeigegruppen, wie „branded keywords“, also Suchbegriffe, die den Markenname des Unternehmens beinhalten, und „non-branded keywords“, also Suchbegriffe, die keinen Markennamen des Unternehmens beinhalten. Die Anzeigengruppe beinhaltet eine Anzeige, aber viele

260

Manuel Marini, Bernd Skiera: Anzeigentexte im Suchmaschinenmarketing richtig gestalten

Suchbegriffe, für die die Anzeige geschaltet werden sollen. Möglich ist es auch, mehrere Anzeigen pro Anzeigengruppe zu haben, so dass Google experimentell die für diese Anzeigengruppe beste Anzeige ermittelt. Der häufigste Fehler ist, dass zu viele Suchbegriffe einer Anzeigengruppe und damit einer Anzeige zugewiesen werden. Beispielsweise macht es wenig Sinn, Suchbegriffe für „SAP Berater in Frankfurt“ mit Suchbegriffen für „Java-Programmierer in Leipzig“ in einer Anzeigengruppe zusammenzufassen, zumal wenn auch unterschiedlich hohe Budgets für die Suchbegriffe beziehungsweise die dahinter liegenden Personalanzeigen vorliegen. Damit werden zwei verschiedene Personengruppen angesprochen, die in jeweils einer Kampagne zusammengefasst werden sollten. Mangelnde Aktualität von Anzeigentexten Bei einem Webshop ändern sich regelmäßig das Sortiment, die Verfügbarkeit der Produkte und die Preise. Häufig werden Änderungen aber nur langsam in die Kampagnen übertragen, so dass beispielsweise für Produkte geworben wird, die gegenwärtig überhaupt nicht auf Lager sind oder überhaupt nicht mehr vertrieben werden. Häufig ist es auch sinnvoll, den Preis für ein Produkt in den Anzeigentext aufzunehmen. Ist dem Suchenden der Preis zu hoch, dann klickt er erst gar nicht auf die Anzeige, was dem Werbetreibenden Geld spart. Schlechte Texte Vielfach werden die Texte in Suchanzeigen sehr allgemein gehalten. So wird beispielsweise für den Suchbegriff „Hotel in Frankfurt“ nur damit geworben, dass „online gebucht“ werden kann. Wesentlich besser wäre es, wenn der Anzeigentext schon Hinweise auf die Lage, die Ausstattung oder den Preis enthalten würde. So würde vermieden werden, dass kostenpflichtige Klicks entstehen, die nachher nicht zu einer Buchung führen. Hoher manueller Aufwand Obwohl die Erstellung von Tausenden an Anzeigentexten ein sehr mühsamer Prozess ist, bieten die meisten Suchmaschinenanbieter, auch Google, bislang nur wenig Hilfestellung bei der Erstellung der Anzeigentexte an. Die Folge ist, dass Heerschaaren an Mitarbeiter mit dem Erstellen von Textanzeigen tagelang beschäftigt sind, deren Arbeit mitunter durch selbstgestrickte Excel-Tools unterstützt wird. Das ist nicht nur teuer, sondern führt auch dazu, dass einmal erstellte Texte auch kaum noch angepasst werden.

Bislang wenig Hilfe für die Erstellung von Anzeigentexten

261

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

Folgen schlechter Anzeigentexte Die Folgen schlechter Anzeigetexte sind, dass die Suchenden nicht das finden, was sie letztlich suchen. Das ist nicht nur für den Suchenden ein großes Problem, sondern auch für den Werbetreibenden. Dieser muss ja für jeden Klick auf seine Anzeigen bezahlen und sich stets vergegenwärtigen, dass jeder Klick auf einen falsch verstandenen Anzeigentext letztlich dazu führt, dass er unnötigerweise für Klicks bezahlt. Bei Preisen pro Klick auf gut platzierten Suchbegriffen von über einen Euro kann so schnell eine beachtliche Summe zusammenkommen [2].

Schlechte Anzeigentexte führen zu niedrigem Qualitätsfaktor

Dazu kommt, dass der Qualitätsfaktor, den der Suchmaschinenanbieter, vielfach also Google, der Anzeigengruppe zuweist, zurückgeht. Das bedeutet, dass der Werbetreibende entweder schlechter platziert wird oder für die gleiche Platzierung mehr bezahlen muss. Ein Rückgang von einem Punkt auf der bis zehn gehenden Skala des Qualitätsfaktors führt dazu, dass ein um mindestens zehn Prozent höherer Preis pro Klick bezahlt werden muss, damit die gleiche Platzierung weiterhin erreicht wird [3].

Bessere Anzeigentexte erstellen Auch wenn nur ein zweizeiliger Werbetext erstellt werden kann, so zeigen die vorangegangen Ausführungen, dass dessen Erstellung doch große Aufmerksamkeit gewidmet werden. Dafür wurde die Software „Appealing Ads“ entwickelt, die folgende Funktionalität aufweist. Ein Konto kann viele Kampagnen erfassen

Klare Struktur und Ausrichtung jeder Kampagne Die Grundidee ist, dass ein Konto viele Kampagnen umfassen kann und damit jede einzelne davon eine klare Ausrichtung erhält. Das GoogleAdWords-Konto eines Personaldienstleisters sollte also so aussehen, dass jede offene Stelle, für die der Personaldienstleister wirbt, eine Kampagne darstellt. Für die Suche nach einem „SAP-Berater in Frankfurt“ würde also eine eigene Kampagne eingerichtet werden, ebenso wie für die Suche nach einem „Datenbank-Spezialisten in München“. Die Struktur des AdWords-Kontos orientiert sich daher an folgenden Leitsätzen: • Jede Kampagne sollte eng ausgerichtet sein. • Jede Kampagne sollte nur wenige Anzeigengruppen umfassen. • Eine Anzeigengruppe sollte nur wenige Suchbegriffe umfassen.

262

Manuel Marini, Bernd Skiera: Anzeigentexte im Suchmaschinenmarketing richtig gestalten

Formulierung der Textanzeige In einem weiteren Schritt werden die grundlegenden Formulierungen der Textanzeigen festgelegt. Welche Ausrichtung diese haben, ist von der anzusprechenden Zielgruppe und den zu bewerbenden Produkten abhängig. Die Formulierung kann beispielsweise auf die Merkmale der Produkte oder die Preise ausgerichtet sein. Ein regionaler Bezug sollte ein fester Bestandteil einer Kampagne sein, die für eine Zielgruppe aufgebaut wird, die sich in einem festgelegten geografischen Raum befindet. Soweit es möglich ist, sollten Alleinstellungsmerkmale des werbenden Unternehmens oder des zu bewerbenden Produkts in die Textanzeigen aufgenommen werden. Softwaregestützte Erzeugung der Textanzeige Ein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal von „Appealing Ads“ ist die softwaregestützte Erzeugung der Texte und die automatische Einbuchung in das Google AdWords-Konto. Der Trick besteht darin, dass sehr einfach alle denkbaren Kombinationen an Suchbegriffen erzeugt werden. So steht beispielsweise ein Webshop für Modellbauflugzeuge vor der Herausforderung, dass für ein Produkt „x-123“ nach „x-123“, „x-123 ferngesteuert“ und „x-123 RC“ (RC steht für „Remote Controlled“) und „x-123 remote controlled“ gesucht werden kann.

Regionaler Bezug sollte fester Bestandteil einer regionalen Kampagne sein

Softwaregestützte Erzeugung der Textanzeigen bietet Vorteile

Ähnliches gilt für die Produkte „x-253“ und „y-330“. Der manuelle Aufwand zum Erstellen aller Kombinationsmöglichkeiten ist sehr hoch, so dass viele Anbieter einfach nur Suchbegriffe wie „x-123“, „x-253“ und „y-330“ mit „broad match“ bewerben. Mitunter gibt es aber Produkte aus ganz anderen Bereichen, die gleiche Produktnamen haben. Viel besser ist es daher, alle Kombination aus „x-123“, „x-253“ und „y-330“ und „ferngesteuert“ und „RC“ und „remote controlled“ automatisch zu erzeugen und dann ein „exact match“, also nur die Anzeige bei genau der Eingabe dieses Suchbegriffs, zu verwenden. Über die obigen Produktbezeichnungen hinaus können zudem noch geografische Informationen (zum Beispiel die Region oder die Stadt) oder Preise mit aufgenommen werden. Außerdem wird geprüft, ob die Restriktionen, also zum Beispiel die maximale Länge von 35 Zeichen oder die Vermeidung bestimmter Satzzeichen oder Worte, wie Markenbegriffen, eingehalten werden. Bei Überschreitung der Länge wird beispielsweise automatisch ein kürzerer Text aufgenommen. Letztlich ist „Appealing Ads“ so gestaltet, dass die gesamten Textanzeigen vollständig automatisiert und variabel zusammengesetzt werden. Es ist also ein

Maximale Länge von 35 Zeichen nicht überschreiten

263

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

leichtes, auch Angaben über die Höhe des Lagerbestands eines Produktes oder die Dauer der Lieferzeit mit aufzunehmen.

Mit Preisangabe Kosten sparen

Regelmäßige Aktualisierung der Anzeigentexte Die automatische Erstellung aller Anzeigentexte und deren Einbuchung in das AdWords-Konto ermöglicht es, die Anzeigentexte täglich (oder häufiger) zu aktualisieren. Diese ermöglicht es beispielsweise auch, Informationen, die sich häufig ändern, zum Beispiel der Preis oder die Verfügbarkeit eines Produkts im Lager, immer wieder anzupassen. Wenn beispielsweise der Preis mit in den Anzeigentext aufgenommen wird, kann der Suchende vor dem Klick sich bereits überlegen, ob er das Produkt zu dem angebotenen Preis überhaupt kaufen will. Erscheint ihm der Preis als zu hoch, dann wird er nicht klicken und der Werbende muss für diese nicht erfolgten Klicks auch nicht bezahlen und spart damit Geld. Appealing Ads kann auch automatisch prüfen, ob ein Produkt aus dem Sortiment genommen wurde oder das Produkt vorübergehend nicht verfügbar ist. In dem Fall können die zugehörigen Anzeigengruppen sofort deaktiviert beziehungsweise pausiert werden.

Bei Neuerstellung und Anpassung von Textanzeigen Geld sparen

Schnelle Erstellung der Textanzeigen Die Erstellung neuer Textanzeigen und die Anpassung bestehender Textanzeigen ist ein sehr zeitaufwändiger und damit auch teurer Prozess. Appealing Ads kann aufgrund der softwaregestützten Erstellung hier erhebliche Verbesserungen erzielen, da neue Kampagnen in kürzester Zeit erstellt werden können.

Anwendungsbeispiel Beispiel Personalvermittler

Appealing Ads ist beispielsweise bei einem Personalvermittler im Einsatz. Dessen Herausforderung bestand darin, dass für Kunden sehr gezielt nach neuen Mitarbeitern gesucht werden sollte. Vor dem Einsatz von Appealing Ads sah der Prozess des Personaldienstleisters in etwa so aus. • Es gab lediglich breit angelegte Kampagnen, die mehrere Stellenausschreibungen umfassten, weil der Aufwand für die Erstellung einzelner Kampagnen pro Stellenausschreibung zu hoch war.

264

Manuel Marini, Bernd Skiera: Anzeigentexte im Suchmaschinenmarketing richtig gestalten

• Eine räumliche Begrenzung der Suchbegriffe war kaum möglich, weil mehrere Stellenausschreibungen in einer Kampagne zusammengefasst wurden. • Der Klick hat den Suchenden nicht zu einer Personalanzeige, sondern einer Überblicksseite mit vielen Personalanzeigen gebracht hat. • Der Preis pro Klick war sehr hoch, da die Kampagne keinen guten Qualitätsfaktor bei Google hatte. • Es gab viele Klicks, aber wenige Bewerbungen, da die Suchenden andere Informationen auf der „Landing Page” erwarteten. • Zusammenfassend wurde über die Kampagne kein Return on Investment erzielt. Mit der Einführung von Appealing Ads wurde der Prozess der Erstellung der Textanzeigen massiv verbessert. Appealing Ads erstellt feingliedrige und übersichtliche Kampagnen mit einer guten Struktur. Sie können besser verwaltet und gesteuert werden und ermöglichen so eine gezielte Bewerbung einzelner Stellenanzeigen. Es muss nun zu Beginn nur noch festgelegt werden, in welchen Regionen und mit welchem Budget eine Anzeigengruppe erscheinen soll. Für jede Personalanzeige wird eine Anzeigengruppe eingerichtet, die im Schnitt etwa 25 Anzeigengruppen mit mehreren Suchbegriffen umfasst. Für jede Anzeigengruppe, aber natürlich abhängig von der Art der Personalanzeige, werden automatisch die Textanzeigen erzeugt.

Massive Verbesserungen durch Appealing Ads

• Die Qualität der Anzeigentexte konnte erheblich gesteigert werden. Dies führt zu besseren Qualitätsfaktoren und deutlich niedrigeren Preisen pro Klick. • Der zeitliche Aufwand für die Erstellung der Kampagne liegt bei wenigen Minuten. • Die Kosten pro Bewerber sind um rund neunzig Prozent gesunken. • Tippfehler in Anzeigentexten werden komplett vermieden. • Der Return on Investment wurde dramatisch gesteigert und Suchmaschinenmarketing ist mittlerweile eines der besten Marketinginstrumente um neue Bewerber zu erhalten.

265

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

Fazit Verbesserungspotenziale werden verschenkt

Viele Werbetreibende widmen dem nur zweizeiligen Werbetext im Suchmaschinenmarketing nur wenig Aufmerksamkeit und verschenken damit erhebliche Verbesserungspotenziale. Die Software Appealing Ads kann diese Verbesserungspotenziale realisieren. Appealing Ads gestattet die automatische Erzeugung und Anpassung von Textanzeigen, die damit schnell und kostengünstig erzeugt und permanent angepasst werden können. Das Ergebnis sind Kampagnen, die aufgrund der deutlich höheren Qualitätsfaktoren bei Google deutlich niedrige Preise pro Klick aufweisen und zudem Suchende wesentlich gezielter ansprechen. Im Ergebnis muss weniger Geld für Suchmaschinenmarketing bei deutlich höherem Erfolg ausgegeben werden, was eine erhebliche Steigerung des Gewinns bewirkt.

Literatur [1] https://support.google.com/adwords/answer/1704396?hl=de [2] About Nabout, Nadia, Lilienthal, Markus, Skiera, Bernd: Empirical Generalizations about Prices and Search Engine Advertising Effectiveness across Countries and Industries. – Arbeitspapier Universität Frankfurt, 2013. [3] About Nabout, Nadia, Skiera, Bernd: Return on Quality Improvements in Search Engine Marketing. – Journal of Interactive Marketing, Vol. 26, Issue 3, 141 – 154, 2012.

266

Affiliate Akquise − Neue Partner gewinnen Markus Kellermann

5

Bei 440 Millionen Euro Umsatz hat der Online-Vermarkterkreis OVK im Bundesverband Digitale Wirtschaft für den Affiliate-Markt in 2013 ein Wachstum von sieben Prozent prognostiziert. Die Wachstumstreiber dürften dabei neben dem Umsatztreiber Mobile Affiliate-Marketing auch neue Publisher-Modelle wie Realtime-Advertising oder auch Erkenntnisse der Datenerhebungen via Big Data sein. Ein wichtiger Faktor ist aber auch weiterhin die Akquise neuer leistungsstarker Affiliates. Knapp 71 Prozent der Werbetreibenden im Affiliate-Marketing planen in den nächsten drei Monaten weitere Akquisemaßnahmen. Das ist das Ergebnis einer Erhebung, die MK: NETmedien unter 101 Advertisern und Affiliate-Agenturen durchgeführt hat [1]. Demnach haben zudem 64 Prozent der Werbetreibenden schon einmal Akquisemaßnahmen umgesetzt. 39 Prozent haben allerdings den Erfolg der Akquise nicht ausgewertet, was den häufig immer noch fehlenden Strategieansatz für Akquiseumsetzungen verdeutlicht.

39 Prozent haben Erfolg der Akquise nicht ausgewertet

Als Erfolgsquote haben 21 Prozent der Advertiser angegeben, dass sich durch die Akquise 25 bis 50 Prozent der angeschriebenen Affiliates bei dem Partnerprogramm angemeldet haben, von denen die meisten Werbetreibenden allerdings weniger als 100 potentielle Partner kontaktiert haben (69 Prozent). Die Hauptstrategie für die Gewinnung neuer Partner war für die meisten Werbetreibenden die Erhöhung der Marktdurchdringung durch möglichst viele neue Affiliates (39 Prozent), gefolgt von der Programmentwicklung durch den Ausbau bestehender Publisher-Kanäle (30 Prozent) und der Marktentwicklung durch den Aufbau neuer Publisher-Segmente (14 Prozent). Die Kontaktaufnahme erfolgte hauptsächlich über E-Mail (53 Prozent) und Telefon (30 Prozent) sowie persönlich über Events (14 Prozent).

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Markus-Kellermann

Jede zweite Kontaktaufnahme über E-Mail

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

Problematische Ausgangslage Das größte Problem einer nachhaltigen Affiliate Akquise entsteht oftmals bereits in der Planung. Viele Marketingleiter oder Vorgesetzte unterschätzen die Bedeutung und den notwendigen Aufwand einer professionellen Partnergewinnung. Aktionen werden unzureichend vorbereitet, zu ungünstigen Zeitpunkten durchgeführt oder sie richten sich an die falschen Personen. Oftmals sind Erfolge oder Misserfolge auch durch mangelnde Dokumentation von Durchführung und Reaktion nicht vollständig nachvollziehbar oder messbar. Schnell ist dann die Rede davon, dass Akquiseaktionen nichts bringen. Häufig fehlt auch die langfristige Auswertung und Analyse der Partnerakquise. Affiliate Akquise ist ein ganzheitlicher Prozess

Tatsächlich ist die moderne Form der Affiliate Akquise ein ganzheitlicher Prozess und eine der größten Herausforderungen im AffiliateManagement. Sie ist mehr als nur mal schnell „Kontakte machen“, oder tausend E-Mails an potentielle Affiliates zu versenden. Daher sollte die Akquise auch nicht als lästige Pflicht angesehen werden, sondern als Chance, mit Partnern ins Gespräch zu kommen und so das Partnerprogramm für den Markt weiterzuentwickeln. Denn wenn ein potentieller Affiliate aufgrund der Akquisemaßnahmen nicht als neuer Partner akquiriert werden kann, dann hat das oftmals auch einen bestimmten Grund. Durch die genaue Kenntnis dieser, hat man die Möglichkeit das Partnerprogramm entsprechend zu optimieren.

Die 5 Etappen der Affiliate Akquise Ausgangsbasis für eine erfolgreiche Akquisestrategie ist eine umfassende Akquiseplanung. In fast allen Unternehmen wird für das Geschäftsjahr eine Umsatzplanung mit Zielvorgaben erstellt. Diese Umsatzziele sollten Bestandteil der Akquisestrategie sein, denn um den geplanten Umsatz im Kanal Affiliate-Marketing bis zum Jahresende zu erreichen, bedarf es natürlich auch neuer Affiliates. Weitere Bestandteile der Jahresplanung ist eine mögliche Fluktuation von Bestands-Affiliates, sowie saisonale Schwankungen.

268

Markus Kellermann: Affiliate Akquise — Neue Partner gewinnen

Schritt 1: Festlegung der richtigen Strategie Des Weiteren sollte man zwischen quantitativen und qualitativen Zielen unterscheiden. Quantitative Ziele sind klar messbar und über einen Erfüllungsgrad gut zu kontrollieren, da sie oftmals auch einen betriebswirtschaftlichen Hintergrund haben. Diese könnten beispielsweise sein: Steigerung der Affiliate-Umsätze, Anzahl neuer Affiliates, Umsatz pro Affiliate im Monat, Anzahl der durchgeführten Kontakt-E-Mails/Telefonat/Gespräche oder Steigerung des Marktanteils des Partnerprogramms. Bei qualitativen Zielen geht es hauptsächlich darum, aus den gewonnenen Erkenntnissen in den Gesprächen mit den Partnern das Affiliate-Programm zu verbessern und weiterzuentwickeln. Denn durch das Feedback der Affiliates, erhält man häufig aufschlussreiche Informationen, die zu folgenden Programmoptimierungen führen können: Verkürzung des Sales-Bearbeitungszeitraums, Optimierung des Provisionsmodells oder des Werbemittel-Portfolios, Verbesserung des Publisher-Services, bis hin zur Produktoptimierung im Onlineshop selbst. Sobald die Strategie soweit entwickelt wurde, geht es im nächsten Schritt darum, das Jahresziel in kleine leicht erreichbare Teilschritte zu unterteilen. Wichtig dabei ist, die Jahresziele soweit herunterzubrechen, bis sie eine überschaubare Größe bilden, die motivierend wirkt. Denn nur wenn die Zielerreichung für den ausführenden Affiliate-Manager auch realistisch ist, kann sie zielführend umgesetzt werden. Hierzu sollte berechnet werden, wie viel Umsatz man im Halbjahr, im Monat, in der Woche und am Arbeitstag grundsätzlich benötigt, damit man am Ende beim errechneten Ergebnis ankommt. Hierzu sollte man diese vorläufigen Teilschritte auf das Gesamtjahr verteilen. Zudem sollte man auch den Urlaub oder saisonale Peaks berücksichtigen und auch Pufferzeiten mit einberechnen.

Feedbacks geben aufschlussreiche Informationen

Jahresziele herunterbrechen

Urlaub und Pufferzeiten mit einbeziehen

Schritt 2: Das richtige Akquiseanschreiben Um einen Affiliate von dem eigenen Partnerprogramm zu überzeugen, ist eine der wichtigsten Voraussetzungen die genaue Kenntnis aller Faktoren. Der Affiliate-Manager sollte deswegen ein umfassendes Wissen über sein Partnerprogramm, den Markt und vor allem den Produkten und Leistungen seines Programms haben. Hinzu kommt der Überblick über die Konkurrenz mit seinen Angeboten, Provisionen und Aktionen.

269

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

Nur wenn der Affiliate-Manager alle Fragen des potentiellen Affiliates beantworten kann, ist die Basis geschaffen, um den Partner von dem Affiliate-Programm zu überzeugen. Grundlegend ist daher auch die genaue Analyse des Affiliates und dessen Publisher-Modells. Wichtige Faktoren sind daher zum einen ein umfangreiches Know-how über den eigenen Onlineshop beziehungsweise den Dienstleistungen des Advertisers. Auch wenn man der Meinung ist, den eigenen Shop perfekt zu kennen, sollte man sich dennoch von Zeit zu Zeit wieder mit dem eigenen Unternehmen beschäftigen, da es ja regelmäßig auch Änderungen beim Produkt- oder Leistungsportfolio gibt. Details, die man kennen sollte, sind Produktpreise, Anzahl der Produkte, Produktkategorien, kostenlose Artikel, Rabatte oder Gutscheine, Versandkosten, Lieferzeiten, Storno- und Zahlungsausfallquote, Umsatzstornoquote, durchschnittlicher Warenkorbwert, Neukundenquote, Reichweite des Shops und Zielgruppen. Dies sind nur ein paar Faktoren, die immer wieder von potentiellen Affiliates hinterfragt werden, um dadurch auch das Potential des Advertisers abschätzen zu können. Natürlich sind in der Überzeugungsarbeit gegenüber dem Affiliate auch Argumente wichtig, warum dieser genau dieses Partnerprogramm bewerben sollte. Hier helfen Alleinstellungsmerkmale wie USPs (Unique Selling Proposition), Joker-Artikel, eventuell patentgeschützte Innovationen und weitere Vorteile für den Affiliate. Und zuletzt sollte man sich auch umfangreich über das AffiliateProgramm selbst auskennen, also was sind die Eigenschaften des Partnerprogramms wie Stornoquoten, Angabe von Stornogründen, Sales-Bearbeitungszeitraum, Cookie-Lifetime, Einstellung der CookieWeiche, eCPM (Effektive Cost per Mille), Premium-Provisionen, Endkundenaktionen, Conversion-starke Werbemittel. Analyse des Direktbewerbers

Marktchancen erkennen

270

Aber auch die Betrachtung und Analyse der direkten Wettbewerber im Affiliate-Marketing gehört zu einem guten Programmmanagement dazu. Hierzu sollte man regelmäßig folgende Leistungen des eigenen Partnerprogramms, mit denen der Konkurrenten vergleichen: Provisionen, Aktionen, Sales-Rallyes, Gutscheine, Produkte im Shop, Unterschiede in den Angeboten und Marktanteile. Und erst wenn man wirklich alle Kenntnisse über sein Partnerprogramm hat, den Markt analysiert und die eigenen Stärken herausgestellt hat, kann man festlegen, welche Schwerpunkte man in den nächsten Werbemaßnahmen setzen möchte. Wo liegen die Marktchancen, die

Markus Kellermann: Affiliate Akquise — Neue Partner gewinnen

bislang vielleicht ungenutzt waren und welche potentiellen Affiliates kann man daraus ableitend ansprechen.

Schritt 3: Instrumente der Akquise Meist kommen bei der Affiliate Akquise verschiedene Instrumente zum Einsatz. Der optimale Ablauf ist, dass der potentielle Affiliate zuerst einen Brief oder eine Kontakt-E-Mail mit der Vorstellung des Partnerprogramms, mit den aus Schritt 2 gewonnenen Informationen, erhält. Zudem sollte dabei bereits ein weiterführender Anruf angekündigt werden. Anschließend erfolgt das Telefonat mit einer Terminvereinbarung und bestenfalls kommt nach dem persönlichen Gespräch die Partneranmeldung zustande. Bei einem Akquiseanschreiben per Post hat man den Vorteil, dass man dabei eventuell sogar gleich ein kleines Geschenk oder ein TopsellerProdukt mitschicken kann, um einen positiven Eindruck zu hinterlassen und zudem den Affiliate schon einmal von der Produktqualität überzeugen kann. Bei einem telefonischen Akquiseanruf ist darauf zu achten, dass werbliche Anrufe bei Privatpersonen generell nicht erlaubt sind. Daher sollte man sich vorher die Erlaubnis per E-Mail einholen, auf Grundlage eines Terminvorschlages. Wenn man es dann bis zu einem persönlichen Gespräch geschafft hat, und dabei dem Affiliate zum Beispiel anhand einer PowerpointPräsentation alle Vorteile des Partnerprogramms vermitteln konnte, dann ist die Chance sehr groß, dass der potentielle Partner sich auch für das Programm anmeldet. Vor allem Affiliate-Stammtische oder -Konferenzen bieten natürlich eine gute Gelegenheit um darüber Kontakte zu Affiliates zu knüpfen. Allerdings geht es dabei oft mehr um informelle Gespräche und ein erstes Kennenlernen. Die konkrete Akquise wird dann meistens im Nachgang vereinbart.

AffiliateStammtische und Konferenzen bieten gute Kontaktpunkte

Natürlich kann man bei der Kontaktaufnahme auch bestimmte Tools nutzen. So bietet sich für die Kontaktaufnahme per E-Mail zum Beispiel das E-Mail-Tool SuperMailer an. Mit der Newsletter-Software wird die Erstellung und der Versand von personalisierten Akquiseanschreiben und Newslettern zum Kinderspiel. Das Newsletter-Programm ermöglicht

271

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

es einfach Newsletter im Text- und HTML-Format (mit WYSIWYGEditor) zu erstellen, Empfänger leicht aus verschiedenen Quellen (zum Beispiel Microsoft Outlook, SQL-Datenbanken, Dateien) zu importieren und die E-Mails schnell zu versenden. Das Tool ist als kostenlose Freeware-Version erhältlich und mit erweiterten Funktionen auch als kostenpflichtiges Tool. Um den Erfolg der Akquise zu dokumentieren, empfehlen sich verschiedene CRM-Tools. Sehr sinnvoll ist dies auch für das Anfragemanagement in der Akquise. Ein Tool, das diesen Ansprüchen gerecht wird, ist zum Beispiel Highrise von 37signals. Durch eine E-Mail-Adresse an einen potentiellen Affiliate wird dabei ein neuer Kontakteintrag im System angelegt und an eine vom jeweiligen Highrise-Account generierte E-MailAdresse weitergeleitet. Sobald der Kontakt dann integriert ist, erkennt Highrise die E-Mail-Adresse und ordnet weitere E-Mails automatisch zu, sobald diese vorzugsweise auf BCC auch an Highrise geschickt wird. Wenn man dieses System konsequent nutzt, entsteht rund um den Kontakt eine lückenlose E-Mail-Dokumentation, in der sich dann auch später noch Informationen wiederfinden lassen. Zudem kann man auch Gesprächsnotizen hinterlegen oder im Team Informationen zu Angeboten und Abstimmungen diskutieren.

Schritt 4: Finden von neuen Affiliates Nachdem man also eine umfassende Strategie festgelegt, die Programmvorteile und -details herausgearbeitet hat und verschiedene Akquiseinstrumente definiert hat, geht es nun darum, potentielle neue Affiliates zu finden, um diese dann auch kontaktieren zu können. Suchstrategie nach neuen Affiliates definieren

Auch bei der Suche nach neuen Affiliates gilt es allerdings vorab eine Strategie zu definieren. Man unterscheidet nämlich auch bei der Akquise zwischen vier grundlegenden Marketingstrategien: 1. Marktdurchdringung Wenn die Strategie vorsieht, den Marktanteil im Affiliate-Marketing für die Produkte des Advertisers zu steigern, dann sollte es das Ziel sein, mehr Marktanteile und mehr Affiliates als die Konkurrenz zu haben. Hierzu könnten dann auch kleine und lokal orientierte Affiliate-Webseiten eine Lösung sein. Für die Akquise heißt das, dass möglichst viele Affiliates angesprochen werden sollen und größere Differenzierungen entfallen. Der Nachteil ist, dass sich Affiliates oftmals nicht mehr individuell

272

Markus Kellermann: Affiliate Akquise — Neue Partner gewinnen

und zufriedenstellend betreut fühlen und dadurch große Streuverluste entstehen könnten, das heißt, es werden viele Affiliates angesprochen, für die das Angebot nicht interessant ist. 2. Marktentwicklung Das Ziel ist es dabei, neue Märkte und Publisher-Segmente zu erschließen. Wenn ein Advertiser sich zum Beispiel als Spezialist für bestimmte Produkte in einem kleinen Markt mit sehr speziellen Anforderungen positioniert. Die Schwierigkeit besteht dann darin, die Affiliates mit diesen besonderen Interessen zu erreichen. Hier ist die Adressqualifizierung von besonderer Bedeutung. Wer sich aber einmal als Anbieter einer außergewöhnlichen Lösung etabliert hat, kann auf Mund-zu-MundPropaganda bauen und viel Akquisebudget sparen.

Adressqualifizierung wichtig

3. Programmentwicklung Ein Advertiser möchte sein Wachstum dadurch sichern, dass er sich auf bestehende Publisher-Kanäle konzentriert. Möglichst viele neue Affiliates müssen hier möglichst schnell gewonnen werden. Oft ist das Auftreten am Markt dadurch aggressiv. Da in der Regel wenig Erfahrung mit den neuen Affiliates und deren Anforderungen vorliegen, ist das Risiko groß, die falschen Ansprechpartner anzusprechen. 4. Diversifikation Der Advertiser versucht dabei mit neuen Produkten auf einem neuen Markt Fuß zu fassen. Diese mit hohem Risiko verbundene Strategie bedeutet also, dass das Sortiment des Shops erweitert wird und neue Kundengruppen und somit auch Affiliates angesprochen werden. An die Akquisestrategie stellt die Diversifikation daher sehr hohe Anforderungen. Nachdem man dann die Strategie der zu akquirierenden Affiliates festgelegt hat, geht es darum, diese zu finden. Hierzu ist es hilfreich erst einmal ein ausführliches Brainstorming durchzuführen um, über die Zielgruppen des Advertisers aufbauend, die entsprechenden Affiliates zu identifizieren. Bei einem Brainstorming empfiehlt es sich, mit einem inneren Bild die potentiellen Käufers des Advertiser-Shops zu identifizieren. Vielleicht ist es auch hilfreich, für das Brainstorming weitere Kollegen hinzuzunehmen, oder auch Verwandte oder Bekannte, die noch nicht voreingenommen für das Thema sind und den Advertiser-Shop eventuell mit ganz anderen Augen sehen.

273

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

Es gibt natürlich zahlreiche Möglichkeiten für ein effektives Brainstorming. Hierzu muss sicherlich jeder seine eigene Methode herausfinden, sei es über ein „Mind-Mapping“ oder auch andere kreative Ansätze. Das Ergebnis sollte letztendlich sein, alles aufzuschreiben, was einem im Zusammenhang mit der Zielgruppe und der vorab definierten Marketingstrategie dazu einfällt. Anschließend wird man bemerken, dass sich aus den Ideen und Erkenntnissen eine natürliche Ordnung einstellt und sich darüber natürliche Beziehungen ergeben. Nachdem man anschließend eine bestimmte Struktur geschaffen hat, kann man daraus potentielle Affiliate-Modelle erkennen.

Beispiel Zalando

Nehmen wir als Beispiel das Partnerprogramm des Modehändlers Zalando. Zalando verkauft in seinem Onlineshop nicht nur Schuhe, sondern eine Vielzahl weiterer Produkte. Durch das Brainstorming ergeben sich dabei gegebenenfalls Schlagworte wie Sportschuhe, Babyschuhe, Taschen, Jacken und weitere Ideen, von denen man anschließend verschiedene potentielle Affiliates ableiten kann. Nachfolgend ein paar Beispiele von möglichen Publisher-Gruppen, welche durch das Brainstorming ermittelt wurden: Sportschuhe: Hierzu wären zum Beispiel Webseiten geeignet, die sich auf das Thema Joggen, Fitness, Fußballvereine fokussiert haben. Babyschuhe: Es gibt eine Vielzahl von Webseiten, die sich auf Themen wie Kindererziehung, Ratgeber für werdende Mütter, Kindergärten spezialisiert haben. Alle Besucher dieser Seiten brauchen früher oder später auch Babyschuhe und sind somit die perfekte Zielgruppe für die Produkte von Zalando. Taschen: Modeblogs, Webseiten über VIPs oder auch Frauenseiten durchleben derzeit einen regelrechten Hype. Die perfekte Zielgruppe also für taschenaffine Onlinekäufer. Jacken: In den letzten Jahren erleben vor allem Outdoor-, Wander- und Kletterseiten ein großes Wachstum. Auf solchen Seiten lassen sich perfekt Jacken und Outdoor-Klamotten verkaufen.

274

Markus Kellermann: Affiliate Akquise — Neue Partner gewinnen

Man kann dabei nun schon gut erkennen, dass Zalando also nicht nur für Affiliates mit schuhaffinen Websites in Frage kommt, sondern dass es noch hunderte und tausende potentieller Partner-Websites gibt, die man ebenfalls akquirieren könnte. Die Frage ist nun natürlich, wie findet man diese potentiellen Affiliates. Hierzu hat die Studie „Affiliate Akquise“ ergeben, dass als Basis für die Ermittlung neuer Partner hauptsächlich die Recherche anhand von Keywords über Suchmaschinen (31 Prozent) dient, gefolgt von der Nutzung von Netzwerk-Tools wie affilinet match master oder zanox Marketplace (16 Prozent), der direkten Partner-Empfehlung der AffiliateNetzwerke (16 Prozent) sowie der Nutzung von SEO-Tools wie Xovi, Searchmetrics oder Sistrix (16 Prozent). Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, um Affiliate-Webseiten zu finden. Hierzu haben sich mittlerweile auch einige Dienstleister spezialisiert. Das Suchmaschinen-Tool Xovi bietet zum Beispiel mit dem Affiliate-Feature eine Möglichkeit an, anhand der Publisher- und Werbemittel-ID die Bestands-Affiliates der Wettbewerber zu analysieren. Oder Scoutixx.de, einem Anbieter, der eine Datenbank mit über 48.753 themenaffinen Publisher-Adressen anbietet, kategorisiert nach 46 Themenkategorien wie Familie, Kosmetik, Automotive oder Finanzen aus derzeit sieben Ländern. Qualifizierung der Adressen Egal wie man an die URLs der potentiellen Affiliates gelangt, entscheidend ist vor allem eine Qualifizierung der Adressen. Nicht die Anzahl der Kontakte ist für den Erfolg entscheidend, sondern vielmehr das Detailwissen über die einzelnen Affiliates. Je intensiver die vorhandenen Daten mit weiteren Informationen angereichert werden, desto wertvoller werden sie für die Akquisemaßnahmen.

Entscheidend ist Detailwissen über die einzelnen Affiliates

Hilfreiche Informationen könnten dabei sein: der richtige Ansprechpartner, Durchwahlnummern, Hobbys des Affiliates als Gesprächsaufhänger, Vorlieben des Affiliates (zum Beispiel mehr Provision, schnelle Sales-Freigabe, persönlicher Kontakt) um nur ein paar Beispiele zu nennen. Wer eine große Akquiseaktion mit mehreren hundert Aussendungen plant, wird den Aufwand, die Adressen einzeln zu qualifizieren, vermutlich nicht auf sich nehmen. Handelt es sich aber um eine überschaubare

275

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 5 Mehr Käufer durch professionelles Online-Marketing

Menge, lohnt sich die Arbeit – spätestens dann, wenn die Einladung zu einem persönlichen Gespräch vorliegt.

Schritt 5: Erfolgreiche Umsetzung und Neujustierung Nachdem nun in den Schritten 1 bis 4 die Grundlagen für eine nachhaltige Affiliate Akquise geschaffen wurde, geht es dann um die Umsetzung.

Umsetzung benötigt Zeit, Geld, Personal und Technik

Dabei ist zu bedenken, dass vorab auch die benötigten Ressourcen und Zeiten festgelegt werden müssen. Jede Maßnahme verlangt den Einsatz gewisser Mittel: Zeit, Geld, Personal und Technik. Deswegen ist die Umsetzbarkeit in Bezug auf die Ressourcen zu überprüfen. Keine Strategie nutzt etwas, wenn die Umsetzung an mangelnden Reserven scheitert, wenn zum Beispiel das Geld oder die Zeit für individuelle Gespräche fehlt. Sind dann die einzelnen Schritte sinnvoll aufeinander abgestimmt, die Kontrollinstrumente und die Ressourcen geklärt, dann sollte man sich bewusst für die ausgearbeitete Akquisestrategie entscheiden und diese – zeitnah – umsetzen.

Bilanz ziehen

Und der letzte Schritt der Affiliate Akquise ist gleichzeitig auch wieder der erste Schritt in der Neujustierung. Man sollte regelmäßig Bilanz über die zurückliegenden Akquisetätigkeiten ziehen und kann sich anhand der Ergebnisse kontinuierlich verbessern. Eine Rückschau ist dabei allerdings nur so gut, wie die Konsequenzen, die man daraus zieht. Wenn die Schlussfolgerung aus den Daten vorliegt, ist es an der Zeit, diese auch umzusetzen. Alleine schon um Eintönigkeit in den Mailings, langweilige Formulierungen in Telefonaten und uninteressante Folien in Präsentationen zu verhindern, sollte jedes Instrument nach der Akquiseaktion, aber mindestens einmal im Jahr auf den Prüfstand gestellt werden.

Literatur: [1] Download der Studie unter: http://www.mknetmedien.com/studie-affiliateakquise/

276

LEITFADEN DIGITAL COMMERCE

ALLES OPTIMIEREN FÜR MEHR KONVERSIONEN

6

Conversion Optimierung – zwei Wachstumstreiber

279

E-Mail-Retargeting: So funktioniert es

289

Vertrauen als Konversionsfaktor

301

Erfolgsfaktor Retourenmanagement

307

SEPA – eine unterschätzte Herausforderung

313

AUTOREN André Morys beginnt seinen Beitrag über Conversion Optimierung mit dem Thema Relaunch. Heute wird immer weniger mit einem kompletten Redesign gearbeitet. Stattdessen wird in kleinen Schritten geändert und immer gleich anschließend getestet, inwiefern sich die Konversionsrate ändert. Antoine Devos erläutert das Thema E-Mail-Retargeting. Wer auf der Webseite Interesse an bestimmten Produkten zeigt, erhält anschließend personalisierte Angebote per E-Mail. Devos geht am Fallbeispiel Havas Voyage auf Details zum Einsatz dieser Technik ein. Ulrich Hafenbradl widmet sich einem Aspekt, der großen Einfluss darauf haben kann, ob ein Kunde schließlich den Bestellknopf drückt oder nicht: Vertrauen. Nach dem Preis sind Sicherheit, Vertrauenswürdigkeit und Datenschutz die wichtigsten Argumente, sich online für oder gegen einen Anbieter zu entscheiden. Ernst Stahl und Robert Torunsky gehen auf ein Thema ein, dass so manchem Onlinehändler schon das Leben schwer gemacht hat: Die Retourenquote. Insbesondere im Modebereich ist die Beherrschung dieses Themas erfolgsentscheidend. Der Beitrag zeigt auf, mit welchen Maßnahmen Retouren vermieden werden können. Ernst Stahl und Robert Torunsky nehmen sich noch eines weiteren wichtigen Themas an, nämlich der Bezahlung. Durch die Einführung der europaweit einheitlichen Zahlungsverfahren SEPA-Überweisung und SEPA-Lastschrift kommen neue Herausforderungen auf Händler zu.

6

ALLES OPTIMIEREN FÜR MEHR KONVERSIONEN

Conversion Optimierung − zwei Wachstumstreiber André Morys

Sie haben es getan. Ihr Wettbewerber hat es getan. Und jeder wird es wieder tun: Ein großes Projekt starten, um den Onlineshop neu zu gestalten. Durchschnittlich alle drei bis fünf Jahre steht ein Redesign oder ein Facelift an. Früher hielt man das Design nicht mehr für zeitgemäß. Heute ist es meist eine Sammlung konkreter Optimierungsideen, die zu dem Vorhaben führt.

6 Alle drei Jahre steht ein Redesign/ Facelift an

Wie es bislang ist: Launch und Relaunch Tatsache ist: Die wenigsten dieser Projekte führen zu einem profitablen Ergebnis. Sie sind teuer und sie dauern lange. Zeit- und Kostenbudgets werden oft überschritten. Oft lässt sich ein betriebswirtschaftlicher Erfolg des Projekts nicht nachweisen. Schlimmer noch: Viele Redesigns führen sogar zu einem betriebswirtschaftlichen Verlust. Auf bis 25 Prozent weniger Konversionsrate belaufen sich die größten Misserfolge, die mir persönlich berichtet wurden. Derartige Projekte können Versandhändler angesichts weniger Prozent Umsatzrendite in eine echte Bredouille bringen. Gibt es daher nicht bessere Wege zur Optimierung? Doch, die gibt es. Stellen Sie sich vor, eine kleine Box mit Hinweisen über verschiedene Kundenservices würde zu acht Prozent mehr Umsatz führen. Oder ein Hinweis auf die Alleinstellungsmerkmale des Shops im Header würde elf Prozent mehr Bestellungen liefern. Solche kleinen Optimierungen lassen sich in der Regel ganz einfach mit Testing-Tools durchführen. Das besondere dabei ist: Kein Programmierer muss am System arbeiten. Die gängigen Testing-Tools lassen eine Manipulation des Frontends über Code-Injection zu. Ich möchte jetzt nicht wie der Vertreiber eines Testing-Tools wirken, aber: Diese Möglichkeit der Umsetzung führt zu einer enormen

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Andre-Morys

Viele Redesigns führen zu betriebswirtschaftlichem Verlust

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

Testing-Tools führen zu einer enormen Agilität

Agilität. Solche „Optimierungs-Sprints” können innerhalb weniger Wochen durchgeführt werden. Es braucht keine IT, keine serverseitigen Programmierungen, keine Projektmanager und keine Deployments. Jeder Sprint liefert dennoch in kurzer Zeit ein messbares Ergebnis. Am Schluss werden nur die Änderungen umgesetzt, die sich wirklich rechnen. Viele kleine Verbesserungen geben mehr Sicherheit und schonen die Ressourcen.

Was A/B-Testing wirklich macht: Agilität Zurzeit fristet A/B-Testing im Alltag vieler Händler noch ein Schattendasein. Mancherorts wird noch mit IT-Aspekten der Implementierung gekämpft, an anderen Stellen gibt es datenschutztechnische Unsicherheiten. Viele Unternehmen setzen aufgrund solcher Barrieren das A/BTesting zunächst nur auf Landing Pages ein. Unterschiedliche Teams haben verschiedene Standpunkte zur Methodik des Testing. All diese Herausforderungen führen dazu, dass die eigentlichen Vorzüge der inkrementellen Optimierung nicht wirklich genutzt werden können.

Testing zentraler Baustein der Wachstumsstrategie

Jede Veränderung einer Website oder eines Onlineshops liefert ein betriebswirtschaftliches Resultat und verändert den Optimierungsspielraum. Testing ist ein Weg aus der „Starre“. Jedes positive Ergebnis, jeder Uplift – auch wenn er im einstelligen Bereich ist – verändert die Wachstumskurve des Unternehmens. Testing ist also ein zentraler Baustein einer Wachstumsstrategie, die ohne Traffic-Vergrößerung auskommt. Es ist die Grundlage für evolutionäre Innovationsprozesse, die der Onlinehandel in Zukunft braucht, um seine Umsatzrendite zu sichern. Es geht um viel mehr als um ein Tool zur statistischen Auswertung von Testresultaten. Wenn jeder A/B-Test nun durchschnittlich X Prozent Uplift bringt, drängen sich jedem strategisch denkenden Unternehmer sofort zwei Fragen auf: 1. Was wäre, wenn wir das alle vier Wochen machen? 2. Was wäre, wenn wir zehn Tests gleichzeitig machen könnten? Es ist klar, dass diese beiden Fragen auf die Agilität und damit auf die Effizienz der Optimierungsprozesse eingehen. Genügend Optimierungsideen („Hypothesen“) vorausgesetzt, liegt die primäre Herausforderung in der möglichst effizienten Abarbeitung dieser

280

André Morys: Conversion Optimierung — zwei Wachstumstreiber

Hypothesen. „If you double the number of experiments, you double your inventiveness!“ hat Jeff Bezos, CEO von amazon.com, als eines seiner Erfolgsrezepte schon vor Jahren verraten. Dabei ist mit „Experiment“ das Testen einer Optimierungshypothese gemeint. Was Bezos meint: Wer vierzig Mal im Jahr einen durchschnittlichen Uplift von fünf Prozent schafft, der wächst schneller als jemand mit nur vier Experimenten pro Jahr. Ist also „Experimente pro Jahr“ die Erfolgskennzahl der Conversion Optimierung? Nein, nicht allein. Denn dieser Vergleich geht davon aus, dass beide Unternehmen durchschnittlich über alle Experimente hinweg einen Uplift von fünf Prozent schaffen. Es gibt jedoch keinen unendlich großen Fundus erfolgversprechender Optimierungshypothesen. Im Gegenteil: Verbesserungsideen, die signifikante Uplifts auf die Konversionsrate oder den Umsatz haben, müssen sorgfältig entwickelt, bewertet und priorisiert werden. Der Prozess soll schließlich mit sinnvollen Hypothesen gefüttert werden und nicht mit Dingen, die „man mal ausprobieren könnte“. Die beiden ebenso wichtigen Fragen der Conversion Optimierung lauten also: 3. Wie entwickeln wir möglichst gute Optimierungshypothesen? 4. Woran erkennen wir (vor dem Test), was gut ist und was nicht? Diese beiden Fragen zielen auf die Effektivität der Optimierung ab. Die Menge der zur Verfügung stehenden Hypothesen wird stark eingegrenzt, wenn Unternehmen wirklich gute Hypothesen umsetzen und testen wollen. Die Aufgabe, möglichst viel zu testen, steht also im Konflikt mit dem Ziel, nur erfolgsversprechende Tests durchführen zu wollen. Es ist weder das Ziel, möglichst viele sinnlose Dinge zu testen, noch ist es sinnvoll zwei bis drei Tests mit Erfolgsgarantie durchzuführen. Onlinehändler müssen also die richtige Mischung aus Quantität und Qualität finden. Nachfolgend möchte ich verschiedene Gedanken zeigen, wie sich beide Aufgaben besser bewältigen lassen.

Richtige Mischung aus Quantität und Qualität finden

Aufgabe Nummer Eins: Agiles Marketing Was wird überhaupt benötigt, um eine Optimierungsidee zu testen? Eigentlich ist es doch ganz einfach. Wir messen ja bereits die Leistung der Onlineshops mit Hilfe von Web Analytics. Über die Zahlen lässt sich feststellen, an welcher Stelle des Shops ein Problem besteht. Es wird

281

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

also ein Web Analytics-Experte benötigt. Ferner können Probandentests und Expertenevaluationen einen qualitativen Blick auf den Onlineshop werfen. Dadurch werden die Ursachen für ein Problem gefunden. Ein Usability- oder besser noch ein UX-Experte helfen dabei weiter, diese Probleme zu erkennen und Hypothesen zur Verbesserung aufzustellen. Ein guter Informationsarchitekt und ein guter Designer sind auf Basis dieser Informationen dazu in der Lage, eine passende Lösung für das Problem zu entwickeln. Wenn alle Experten Hand in Hand arbeiten, ist innerhalb weniger Wochen bereits das Konzept bereit für den Test. Ein versierter Frontend-Entwickler wird in der Lage sein, das Konzept mit Hilfe von HTML, JavaScript, CSS und DOM-Manipulation im Testing-Tool umzusetzen. Der Test ist bereit, gestartet zu werden. Ein guter Web-Analyst kann die Testergebnisse nach durchschnittlich zwei Wochen Laufzeit auswerten.

Conversion-Killer: ineffiziente Organisation

Mut zur Lücke

Erfolgsrezept: „Done is better than perfect”

282

Klingt einfach? Wäre es auch, wenn die oben genannten vier bis fünf Experten nicht alle in unterschiedlichen Abteilungen arbeiten würden. Einer der wahren Conversion-Killer in Unternehmen ist also eine ineffiziente Organisation in Form von Silos. Teilweise führt die Abteilungsdenke sogar zu Abgrenzung und Unverständnis für die jeweils anderen Methoden. In der Zukunft des Digital Commerce müssen Unternehmen also die Grenzen starrer Abteilungen beseitigen. Experten müssen mit kurzen Wegen interdisziplinär zusammenarbeiten um echte Agilität gewährleisten zu können. Dem gegenüber steht der in vielen Organisationen verankerte Perfektionismus. „Wenn wir jetzt den Warenkorb anfassen, dann machen wir es aber gleich richtig,“ heißt es oft. Dann wird die ursprüngliche Optimierungshypothese noch ergänzt um unzählige andere Dinge. Die Entwickler haben in absehbarer Zeit gar keine Kapazitäten zur Umsetzung. Nach mehreren Monaten ist der erste „Optimierungs-Sprint“ schnell im Tagesgeschäft einer größeren Organisation stecken geblieben. Die Realität zeigt, wie weit weg man von der gewünschten Agilität in Wirklichkeit ist – selbst wenn das Projekt in „Scrum-Mentalität“ umgesetzt wurde. Echte Agilität bedeutet nämlich auch Mut zur Lücke – und diesen Mut lassen die wenigsten Organisationen zu. „Done is better than perfect,“ hat Mark Zuckerberg, Gründer und CEO von Facebook, als eines seiner Erfolgsrezepte preisgegeben. Das Zitat spricht aus, welche Bedeutung wahre Agilität als Wachstumstreiber

André Morys: Conversion Optimierung — zwei Wachstumstreiber

hat. Es zeigt, warum Startups ihr Wachstum scheinbar leichter steuern können. Dabei bietet die inkrementelle Wachstumsoptimierung mit Hilfe von A/ B-Testing einen entscheidenden Vorteil: Jedes Experiment endet in einem messbaren Erfolg oder Misserfolg. So lange überdurchschnittlich viele Experimente erfolgreich enden, lässt sich der Erfolg dieser vielen kleinen Maßnahmen in Form von echtem Deckungsbeitrag kommunizieren. Der Investition eines Optimierungssprints von beispielsweise vier Wochen – also zwanzig bis dreißig Personentage – steht dann ein Mehrumsatz von mehreren hunderttausend oder Millionen Euro entgegen. Jedes Experiment liefert einen belegbaren Return-on-Investment als Kennzahl. Wird diese Kennzahl im Unternehmen kommuniziert, wird sie der Antrieb für einen Veränderungsprozess. ROI und Deckungsbeitrag sind die härtesten Währungen im unternehmerischen Alltag und sorgen für den Buy-in einer agilen Optimierungskultur. Sechs einfache Tipps für einen einfachen Weg zur Optimierungskultur lauten daher: 1. Starten Sie möglichst einfach mit den ersten Tests. 2. Bilden Sie ein interdisziplinäres, abteilungsunabhängiges Team. 3. Kommunizieren Sie Erfolge im gesamten Unternehmen.

Erfolge im Unternehmen kommunizieren

4. Sichern und vergrößern Sie die Budgets für Optimierung über den messbaren Erfolg. 5. Fördern Sie agile Optimierungskultur im Unternehmen. 6. Bauen Sie über diese Buy-in-Strategie ein festes Optimierungsteam auf. Unternehmen mit agiler Optimierungskultur haben in Zukunft höhere Überlebenschancen, weil sie sich schneller anpassen können. Es fehlt jedoch noch die Antwort auf die Frage, wie die Qualität der Optimierungshypothesen gesichert wird. Darum geht es im nächsten Abschnitt.

283

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

Aufgabe Nummer Zwei: Effektive Innovation Die Idee des A/B-Testing führt oft leider zu einem falschen Ansatz: Ausprobieren. Sobald das Tool zur Verfügung steht, fragen sich die Verantwortlichen „Was könnten wir denn einmal testen?“ Das Risiko, oberflächlich Farbe oder Größe von Buttons zu testen, ist dann sehr groß. Reines Ausprobieren führt zu keiner Innovation

Auch wenn es verlockend klingt: Das Motto „Durch Testen zum Besten“ funktioniert nicht, denn reines Ausprobieren führt zu keiner echten Innovation. Im Gegenteil. Die Tools verführen dazu, viel zu kleine Schritte zu gehen – inkrementelle Veränderung führt dann auch bei hoher Geschwindigkeit nicht wirklich zu Fortschritt. Ein wirklich wirksamer Optimierungsprozess basiert daher auf Hypothesen, die permanenten Uplift sicher stellen. Doch wie lässt sich vorhersagen, welche Optimierungsideen gut sind und welche nicht? Dazu braucht es zunächst Klarheit über den umsetzbaren Optimierungsspielraum. Vielen Marketern und Designern ist überhaupt nicht klar, welche Veränderungen mit Hilfe von Testing-Tools überhaupt möglich sind. Zum anderen braucht es Wissen darüber, wie Nutzer einer Website ihre Entscheidung treffen. Ein Beispiel dafür stammt von Facebook. Hier sollte bereits vor einigen Jahren die „Deactivation Page“ optimiert werden. Das Ziel: die Reduzierung der Nutzer, die Facebook verlassen. Es handelt sich dabei um eine einfache Seite, auf der Facebook ein Feedback wünscht, warum man den Dienst verlassen möchte und erneut „Sind Sie sicher?“ fragt. Eine oberflächliche Optimierung würde sich damit beschäftigen, diesen Vorgang in irgendeiner Form funktional zu erschweren.

Appell an emotionale Konsequenz

Viele Internetprovider verstecken zum Beispiel den Link mit Hinweisen zur Kündigung einfach. Doch Facebook hat etwas viel Intelligenteres getan. Sie haben nicht die funktionale sondern die motivationale Ebene der Seite verändert. Facebook hat die Motivation der Nutzer genutzt, in dem die wichtigsten „Freunde“ auf der Deaktivierungsseite mit Namen und Bild aufgeführt wurden. Darunter stand jeweils „XY wird dich vermissen“. Dieser Appell an die emotionalen Konsequenzen hat die Deactivation-Rate stärker verändert als jede grafische Veränderung dazu im Stande gewesen wäre. Dieses Beispiel zeigt plakativ, was zu tun ist, denn ebenso verhält es sich umgekehrt mit dem Kauf-Button im E-Commerce. Die Frage

284

André Morys: Conversion Optimierung — zwei Wachstumstreiber

„Warum klicken die Kunden nicht?“ ist der Schlüssel zu effektiven Optimierungshypothesen. Während viele Unternehmen noch auf der funktionalen und grafischen Ebene testen, haben einige wenige bereits die Kraft emotionaler Optimierungen erkannt. „Persuasive Design“ ist daher eines der neuen Buzzwords der Conversion Optimierung und meint den Eingriff in die verkäuferische Überzeugungsleistung eines Onlineshops. („Persuasion“ ist englisch für „Überzeugung“). Dabei werden altbekannte Verkaufstechniken, wie zum Beispiel die Verknappung von Angeboten oder das Herausstellen sozialer Bewährtheit, neu entdeckt und für das Medium Internet übersetzt. Conversion Optimierung findet daher immer stärker an der Schnittstelle zwischen Technologie, Ökonomie und Psychologie statt. In den Fokus der Optimierer geraten Erkenntnisse aus Verhaltensökonomik, Konsumpsychologie und Neuromarketing. Diese Disziplinen beschäftigen sich allesamt mit der Frage, welche Faktoren bei Kundenentscheidungen eine Rolle spielen. Die folgenden Beispiele entstammen dem 7EConversion-Framework und sollen einen ersten Einblick in die Thematik geben: Relevanz: Die menschlichen Informationsfilter werden immer stärker. Es gelangen nur wirklich relevante Informationen in das menschliche Gehirn. Marketer müssen sich immer stärker damit auseinandersetzen, was für Nutzer relevant ist, um überhaupt angeklickt zu werden. Dabei zählt die explizite inhaltliche Ebene ebenso wie implizite Signale zur Positionierung des Angebots. Tipp: Mit Hilfe von Personas lässt sich die Welt der Nutzer besser verstehen als mit demografischen Durchschnittsdaten über Zielgruppen. Vertrauen: Onlinenutzer sind weiterhin sehr kritisch. Fehlendes Vertrauen führt häufig zum Abbruch des Besuchs (Bounce Rate). Forscher haben entdeckt, dass ein Gefühl des Vertrauens bereits nach einer halben Sekunde entsteht. Vertrauen entsteht aufgrund guter Gestaltung, bekannter Marken, Gütesiegel und sozialer Bewährtheit („347.238 Menschen mögen diesen Anbieter“). E-Commerce-Manager müssen lernen, diese Werkzeuge besser zu benutzen.

Emotionale Optimierung mit „Persuasive Design“

Faktoren bei Kundenentscheidungen identifizieren

Menschliche Informationsfilter werden immer stärker

Vertrauen entsteht bereits nach einer halben Sekunde

Orientierung: Viele E-Commerce-Systeme überfordern Nutzer mit einem zu großen Angebot. Das große Angebot ist zwar ein Leistungsfaktor des Handels,

285

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

kann jedoch in Auswahlsituationen zu einem Problem werden. Der sogenannte “Paradox-of-Choice-Effekt” besagt, dass eine zu große Auswahl zu weniger Umsatz führt. Onlineshops müssen also in Zukunft viel mehr Wert auf beratende und filternde Systeme legen, die die mögliche Auswahl effizient einschränkt. Stimulanz: Der Versandhandel ist per se eine wenig alleinstellende Tätigkeit. Daher ist es eine der größten Herausforderungen, für echte Alleinstellung zu sorgen. Dank Überangebot und Transparenz des Mediums Internet fragen sich Nutzer nämlich häufig „Warum sollte ich ausgerechnet hier kaufen?“. Strategien zur Differenzierung vom Wettbewerb (Serviceund Leistungsfaktoren, Preispolitik, Eigenmarken) sind aufwändig und sollten sorgfältig auf ihre Wirksamkeit untersucht werden, bevor sie zum Einsatz kommen.

Sicherheitseinwände des Kunden ausräumen

Simplifizierung bringt Erfolg

Sicherheit: „Sind meine Daten sicher?“ oder „Wo rufe ich an, wenn es ein Problem gibt?“ sind typische Nutzerfragen kurz vor Abschluss eines Kaufs. Fehlende Antworten auf diese Fragen sind oft das Resultat fehlender Kundenorientierung und entsprechender Services. Onlinehändler werden sich in Zukunft viel stärker damit beschäftigen müssen, die Einwände ihrer Kunden auszuräumen, wenn sie zum Abschluss kommen möchten. Komfort: Onlinekäufer werden just im Moment höchster Motivation mit langweiligen und komplizierten Formularen und Checkout-Prozessen konfrontiert. Dieser Tatsache ist es unter anderem geschuldet, dass mehr als die Hälfte aller kaufwilligen Nutzer ihre Entscheidung überdenken und den Kauf abbrechen. Erfolgreiche Versandhändler müssen sich mit der Simplifizierung ihrer Systeme beschäftigen um erfolgreich zu bleiben. Bewertung: Die psychologischen Folgen der Nutzerinteraktion sind vielen Designern und Onlinehändlern noch nicht bekannt. Systeme sind zum Beispiel meist fehlerorientiert und liefern nur Rückmeldungen für den Fall, dass Nutzer etwas falsch gemacht haben. Dabei bewerten Menschen permanent ihre Handlung. Diese Bewertung hat Einfluss auf die Handlungsmotivation. Anbieter müssen sich in Zukunft verstärkt darum kümmern, das Resultat dieser Bewertungen positiv zu gestalten.

286

André Morys: Conversion Optimierung — zwei Wachstumstreiber

Abb. 1: Das 7E-ConversionFramwork. Diese sieben Faktoren sind ein einfaches Framework, das simplifiziert erklärt, unter welchen Bedingungen eine Konversion vom Nutzer zum Kunden stattfindet. Wer sicher stellen möchte, dass Optimierungs-hypothesen effektiv sind, der kann einfach überprüfen, ob die Veränderung auf einen dieser Faktoren einzahlt. Diese sechs konkreten Tipps sorgen für mehr Effektivität bei der Erzeugung von Optimierungshypothesen: 1. Trennen Sie quantitative und qualitative Analyse. 2. Lernen Sie von echten Nutzern, die ihr System bedienen.

Lernen Sie von echten Nutzern

3. Beschäftigen Sie sich mit Verhaltensökonomik und Konsumpsychologie. 4. Vereinen Sie Erkenntnisse aus mehreren Disziplinen. 5. Analysieren und priorisieren Sie Optimierungshypothesen im Team. 6. Lernen Sie aus Tests der Vergangenheit.

Fazit Conversion Optimierung ist mehr als das Testen unterschiedlicher Buttonfarben. Echte Conversion Optimierung ist ein strategischer Wachstumshebel, wenn die richtigen Faktoren verstanden und eingesetzt wurden. Erfolgreiche Unternehmen des “Digital Commerce” der Zukunft werden effizient ihre Optimierungsspielräume austesten. Agile Prozesse und effektive Optimierungshypothesen sorgen für profitables Wachstum unabhängig von der bisher üblichen Skalierung über Traffic.

287

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

Literatur http://www.konversionskraft.de/checklisten/die-7-ebenen-der-konversionuberblick.html

288

E-Mail-Retargeting: So funktioniert es Antoine Devos

6

E-Mail-Retargeting oder Targeting per E-Mail ist eine E-Mail-basierte Werbeform, die an dem Verhalten eines Nutzers ausgerichtet ist, der eine Internetpräsenz besucht, ohne einen Kauf zu tätigen. Dies ist in 98 Prozent der Besuche der Fall. Die Methode besteht darin, den Nutzern einer Internetpräsenz eine Werbe-E-Mail zu schicken, die Sonderangebote enthält und auf Produkte hinweist, die auf das noch nicht lange zurückliegende Verhalten der Nutzer auf den Seiten der entsprechenden Internetpräsenz abgestimmt sind. Es kann sich um Produkte handeln, die angesehen oder in den Einkaufskorb gelegt wurden, aber auch um Produkte, die in den Kategorien, die sich der Nutzer angesehen hat, am häufigsten gekauft werden oder um Sonderangebote für Produkte in den Kategorien, die sich der Nutzer angesehen hat.

E-Mail-Retargeting: unverzichtbar beim E-Mail-Marketing E-Mail-Retargeting funktioniert dank des Einsatzes von Cookies, die automatisch durch das Öffnen einer E-Mail, durch das Anklicken eines Links oder durch den Besuch einer Partnerseite in der Browsersoftware gesetzt werden. Die Daten, die ein Cookie erhebt, ermöglichen es nicht, einen Nutzer zu identifizieren, bieten aber die Möglichkeit, Informationen in Bezug auf sein Navigationsverhalten auf einer Internetpräsenz zu speichern. Die Informationen zu dem Nutzungsverhalten des Internetnutzers werden erst verwendet, nachdem dieser aktiv und ausdrücklich seine Zustimmung dazu gegeben hat. Die E-Mail-Retargeting-Methode nutzt keine namentlichen, personenbezogenen Daten, um Verhaltensanalysen durchzuführen. Wenn ein Nutzer auf die Internetseite eines Werbetreibenden aus dem ECommerce-Bereich geht, werden diese Informationen von der Lösung, die die Produkte auswählt, die am besten zu dem jeweiligen Nutzerprofil passen, anonymisiert zusammengetragen.

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Antoine-Devos

Namen und personenbezogene Daten werden nicht genutzt

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

Das System richtet sich nach den Verhaltensmerkmalen, die der Werbetreibende festgelegt hat und kann vielen unterschiedlichen Szenarien gerecht werden: Der Nutzer hat ein Produkt in seinen Warenkorb gelegt und keinen Kauf getätigt. Eine Person hat die Seite drei Mal innerhalb der letzten fünf Tage besucht, ohne einen Kauf zu tätigen. Die Person hat nur die Startseite besucht und die Internetpräsenz dann verlassen.

Ausgezeichnete Ergebnisse in allen Berufsbranchen Die Methode erbringt ausgezeichnete Ergebnisse: Die Ergebnisse, die mithilfe des E-Mail-Retargeting erbracht werden können, sind mit keiner anderen Form des E-Mail-Marketings möglich.

Mehr als 40 % der potentiellen Käufer können erreicht werden

Personalisierte E-Mails überraschen die Nutzer

Reaktionsrate liegt bei 30 %

290

Die Anzahl der geöffneten Mails ist von dem Aktivitätsbereich sowie dem festgelegten Merkmal abhängig. In der Regel ist es jedoch möglich, bis zu mehr als vierzig Prozent der potenziellen Käufer zu erreichen, im Vergleich zu fünf bis zehn Prozent bei Marketingmaßnahmen, die nicht an eine exakt definierte Zielgruppe gerichtet sind. Die Höhe dieser Anzahl geöffneter E-Mails steht einerseits mit der sorgfältigen Auswahl der Nutzer und andererseits mit der Relevanz des Angebots in Zusammenhang. Denn in der Tat ist es kaum möglich, ein ansprechenderes Angebot zu unterbreiten, als das mit dem sich der Nutzer gerade sowieso auseinandersetzt. Zudem führt die Relevanz des Angebots nach und nach zu sehr zufriedenstellenden Zustellraten. Tatsächlich überraschen solche personalisierte E-Mails den Nutzer manchmal, führen aber sehr oft dazu, dass die entsprechende E-Mail geöffnet wird und der Inhalt angeklickt wird. Beschwerden verursachen diese Art von E-Mails in der Regel nicht. Die erfolgreiche Zustellung ist folglich entscheidend. Die Reaktionsrate liegt durchschnittlich bei dreißig Prozent. Die Reaktionsrate ist von der Art und Weise abhängig, in der das Angebot unterbreitet wird sowie von dem Angebot selbst. Mithilfe des Angebots eines personalisierten Rabattcoupons, der einen Tag gültig ist, kann die Reaktionsrate beispielsweise verdoppelt werden. Da ein großer Prozentsatz dieser Coupons in der Regel nicht verwendet wird, wirken sich diese Rabattcoupons für gewöhnlich nur bedingt auf die Rentabilität der Aktion aus.

Antoine Devos: E-Mail-Retargeting: So funktioniert es

Die Konversionsraten verdoppeln oder verfünffachen sich. In Bezug auf manche Kinematiken erreichen sie mehr als zehn Prozent und über alle Kategorien verteilt erreichen sie einen Wert von 3,9 Prozent!

E-Mail-Retargeting im Vergleich zu anderen Maßnahmen? TEDEMIS hat eine Studie durchgeführt, die untersucht hat, wie vorteilhaft sich das E-Mail-Retargeting auswirkt, indem eine Vergleichsgruppe herangezogen wurde, bei der die Zielgruppenauswahl nicht gezielt erfolgte. Beim E-Mail-Retargeting waren die Verkaufszahlen im Vergleich zu denen der Vergleichsgruppe um dreißig Prozent höher. Es ist folglich eine tatsächliche Auswirkung auf die Verkaufszahlen festzustellen. Die Gesamtauswirkungen auf die Verkaufszahlen können heutzutage bis zu fünf bis zehn Prozent betragen. Sicherlich steht die Methode in gewissem Maße in Konkurrenz zu anderen Methoden, wie dies in Bezug auf alle Marketingmethoden der Fall ist, aber die Auswirkung ist deutlich und tatsächlich nachweisbar.

E-Mail-Retargeting oder Retargeting auf dem Bildschirm? Bei dem E-Mail-Retargeting und dem Retargeting auf dem Bildschirm handelt es sich nicht um gegenläufige Maßnahmen. Beide ergänzen sich.

E-MailRetargeting und Retargeting ergänzen sich

Das E-Mail-Retargeting baut das Ziel, das beide Methoden anstreben, dadurch noch weiter aus, dass • es Ihnen die Möglichkeit bietet, Ihren Werbedruck zu koordinieren. Es ist einfacher, den Werbedruck anhand von Push-Strategien in Form von E-Mail-Versendungen zu koordinieren, als mit Hilfe von Pull-Strategien. • es Ihre Werbebotschaft sehr stark personalisiert: Bei der Push-Strategie ist es möglich, die Botschaft für jeden einzelnen Nutzer anzupassen. Im Falle eines Bounce Back ist es beispielsweise von größerem Interesse, auf die Vorteile hinzuweisen, die die Seite für den Konsumenten bereithält, als auf die Produkte.

291

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

• es Ihnen die Möglichkeit gibt, sehr viel umfangreichere Inhalte zu kommunizieren. Es ist schwierig, auf einem Banner eine ausführliche Werbebotschaft zu platzieren. Eine E-Mail bietet mehr Gestaltungsund Ausdrucksmöglichkeiten in Bezug auf die zu vermittelnde Botschaft. • es Ihnen die Möglichkeit bietet, Kunden und potenzielle Kunden unterschiedlich anzusprechen. Die Push-Methode bietet die Möglichkeit, Ihre potenziellen Kunden und Ihre Kunden unterschiedlich zu behandeln, mit Ihnen unterschiedlich zu kommunizieren und zu vermeiden, dass Sie Ihre eigenen bestehenden Kunden erneut akquirieren.

E-Mail-Retargeting für die Kundenbindung Erinnerungsmail reicht nicht aus

Viele Marketingverantwortliche sind der Meinung, sich des E-MailRetargetings zu bedienen, weil sie E-Mails zur Erinnerung daran versenden, dass sich Produkte im Einkaufskorb befinden. Dies genügt nicht. Der Versand solcher Einkaufskorb-Erinnerungsmails ist in der Tat Teil des E-Mail-Retargetings und eine durchaus interessante Maßnahme, da es hohe Rücklaufquoten erzielt. Dennoch machen die Verkaufszahlen, die auf Einkaufskorb-Erinnerungsmails zurückzuführen sind, nur 25 Prozent der Verkaufszahlen aus, die insgesamt von dem E-Mail-Retargeting erwirkt werden. Die Wirkung einer E-Mail-Retargeting-Lösung, die auf allen Seiten der Internetpräsenz implementiert wird, hat folglich eine X Mal stärkere Wirkung, als der einmalige Versand von Einkaufskorb-Erinnerungsmails! Das E-Mail-Retargeting funktioniert ganz besonders gut in Bezug auf die Anzahl der Besuche der Katalogseite und sogar in Bezug auf die Anzahl der Besuche der Startseite. Der ROI ist selbstverständlich niedriger, kann jedoch durchaus als positiv interpretiert werden. Damit das EMail-Retargeting für die Kundenbindung seine volle Wirkung entfalten kann, ist es somit notwendig, dies auf allen Seiten der Internetpräsenz zu implementieren.

292

Antoine Devos: E-Mail-Retargeting: So funktioniert es

Beispiel: Datenverkehrssteigerung für Havas Voyage Havas Voyage ist ein großes Reisebüro, das sowohl über physische Niederlassungen, als auch über eine Verkaufsseite im Internet verfügt. Wie alle Reiseveranstalter und genereller gesagt, alle Verkaufsseiten im Internet, sieht sich Havas Voyage nach profitablen Datenverkehrsquellen um, die alternativ zu Google genutzt werden können. Hintergrund Die Internetseiten von Reiseanbietern stehen unter anderem vor dem Problem, dass die potenziellen Käufer sorgfältig mehrere Wettbewerber vergleichen und viele unterschiedliche Internetseiten von Reiseanbietern besuchen, bevor sie eine Entscheidung treffen. Dies liegt darin begründet, dass eine Reise eine beträchtliche Ausgabe für einen Haushalt darstellt. Mehr als neunzig Prozent derjenigen, die eine Internetseite besuchen, verlassen diese wieder, ohne etwas gekauft zu haben. Eines der Ziele dieser Seiten ist daher, die Internetnutzer dazu zu bringen, wieder auf ihre Seite zurückzukommen, um ihren Kauf zu tätigen, unabhängig davon, ob sie sich auf der Seite angemeldet haben, oder nicht. Vor diesem Hintergrund hat Havas Voyages begonnen, eine Strategie zur Steigerung des Datenverkehrs auf der Seite des Anbieters umzusetzen, die darauf abzielt, die Internetnutzer mithilfe von E-Mails als Werbeinstrument auf die Seite zurückzuholen. Zielgruppe In diesem konkreten Fall besteht die Zielgruppe aus allen Internetnutzern, die die Seite des Anbieters besuchen. Dies ist selbstverständlich die relevanteste Zielgruppe, die angesprochen werden kann, da sie durch die Tatsache, dass sie die Seite besucht hat, bereits ein Kaufinteresse signalisiert hat. Das E-Mail-Retargeting basiert folglich auf einer Tautologie: „Die Menschen interessiert, was sie interessiert! “ Die Besucher der Internetseite von Havas Voyages sind per Definition an dem Angebot, das die Seite bietet, interessiert. Außerdem geht es um ein Interesse, das aktuell besteht. Es geht nicht darum, Personen anzuschreiben, die grundsätzlich an Reisen interessiert sind, sondern darum, Personen anzuschreiben, die sich aktuell für eine bestimmte Reise interessieren! In dieser gezielten Ansprache liegt der Erfolg des E-Mail-Retargeting begründet. Diese Methode bietet die Möglichkeit, der richtigen Person im richtigen Moment die richtige Nachricht zukommen zu lassen! In

Der richtigen Person im richtigen Moment die richtige Nachricht senden

293

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

diesem konkreten Fall spricht Havas Voyage auf diesem Wege sowohl seine aktuellen als auch seine potenziellen Kunden an, unabhängig davon, ob sie sich auf der Seite angemeldet haben, oder nicht. Ziel Ziel ist es, von den Personen, die die Seite besuchen, jedoch nichts gekauft haben, so viele wie möglich wieder auf die Seite zurückzuholen und dazu zu bringen, etwas zu kaufen. Die Zahl der Personen, die zu der Zielgruppe gehören, ist per Definition von dem Datenverkehr abhängig, der auf der Seite herrscht. Umso mehr Besucher die Seite verzeichnet, desto wirkungsvoller wird die Methode des E-Mail-Retargeting. Das grundlegende Ziel besteht folglich darin, die Verkaufszahlen zu steigern, indem die Konversionsrate der Besucher, die die Seite besuchen, gesteigert wird.

Die Wahrnehmung als zusätzlicher Mehrwert wichtig

Havas Voyages möchte zudem kommunizieren, dass das Unternehmen über eine ausgezeichnete Beziehung zu seinen Kunden verfügt und einen exzellenten Kundendienst bietet. Die Kommunikation mithilfe des E-Mail-Retargeting muss diesen Vorgaben entsprechen. Es geht darum, darauf zu achten, dass die Kommunikation mithilfe des EMail-Retargeting als zusätzlicher Mehrwert und nicht als lästige Werbemaßnahme wahrgenommen wird. Lösung der Agentur – Strategische Überlegungen Das E-Mail-Retargeting bietet die Möglichkeit, die Besucher anzusprechen, die die Seite verlassen haben, ohne etwas gekauft zu haben. Dies bezieht sich auf alle Bereiche der Internetpräsenz (Startseite, Katalogseite, Produktseite, Einkaufskorb). Diese Lösung eignet sich sowohl für die Kundenakquise, als auch für die Kundenbindung. Dank einer Partnerschaft zwischen den wichtigsten Anbietern des Marktes bietet diese Lösung die Möglichkeit, auf unterschiedliche Art und Weise an die Besucher heranzutreten, deren E-Mail-Adressen in der Datenbank des Kunden erfasst sind sowie an die Besucher, deren E-Mail-Adresse nicht in der Datenbank des Kunden erfasst sind.

Nachricht wird an Nutzerverhalten angepasst

294

Die Nachricht, die versendet wird, wird entsprechend jeder einzelnen Seite an das Nutzerverhalten angepasst und personalisiert. Ziel ist es, die Marketingbotschaft an die Absicht des Käufers anzupassen. Ein Käufer, der die Internetpräsenz bereits nach einem Besuch auf der Startseite wieder verlassen hat, sendet andere Signale an Havas Voyages bezüglich seines Verhaltens, als jemand, der ein Produkt in seinen Einkaufskorb gelegt

Antoine Devos: E-Mail-Retargeting: So funktioniert es

hat. Die verschiedenen Käuferprofile müssen daher auf unterschiedliche Weise angegangen werden. Innovative Gestaltungsmerkmale und Differenzierung Havas Voyages verfügt über eine intern von der Agentur entwickelte SaaS-Technologieplattform, die es den Kunden erlaubt, die Ergebnisse des E-Mail-Retargeting kontinuierlich zu verfolgen. Diese Lösung respektiert die Rechte der Nutzer sowie die geltenden Rechtsvorschriften unter anderem dadurch, dass die personenbezogenen Daten von den Daten bezüglich des Nutzerverhaltens getrennt werden. Vor dem Hintergrund einer strengeren rechtlichen Reglementierung hinsichtlich Cookies und personenbezogener Daten geht die eingesetzte Lösung sogar über die geltenden Vorschriften hinaus, da alle Internetnutzer im Voraus über den Einsatz von Cookies informiert werden und diesen ablehnen können. Somit wahrt das E-Mail-Retargeting die Rechte der Internetnutzer besser, als andere verhaltensbasierte Werbeformen, insbesondere die, die auf dem Bildschirm angezeigt werden. Das Retargeting in Form von Anzeigen auf dem Bildschirm existiert seit einigen Jahren. Das E-Mail-Retargeting stellt eine wirksame Ergänzung zu diesem Instrument dar, da es die Möglichkeit bietet, den potenziellen Kunden eine ausgereiftere Werbebotschaft zu übermitteln. • Das E-Mail-Format ermöglicht es, die Produkte, die angesehen wurden, mit einer Beschreibung zu versehen, die an den potenziellen Kunden angepasst wird. • Die Botschaft soll eher als Dienstleistung, denn als Werbung empfunden werden. Auf diese Weise wird die Kundenbindung verstärkt.

Verstärkung der Kundenbindung

• Die Botschaft orientiert sich sowohl an den Produkten, die angesehen wurden, als auch an den unterschiedlichen Seiten, auf denen sich der Kunde aufgehalten hat. • Die wirtschaftlichen Zwänge sind vollständig unter Kontrolle und vermeiden somit, dass es zu einer Sättigung kommt.

295

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

Die Leistungskennzahlen (KPIs) Die wichtigsten Indikatoren für das E-Mail-Retargeting sind: • Die Reichweite: die prozentualen Besucherzahlen, durch das E-MailRetargeting generiert werden können. Die bereitgestellte Lösung verfügt über die bei weitem größte auf dem Markt verfügbare Reichweite und diese erhöht sich kontinuierlich.

KlickKonversionsrate misst die Wirksamkeit der Kampagne

• Die Anzahl der Klicks auf den E-Mail-Inhalt: Die Anzahl der Klicks auf den Inhalt der versendeten E-Mails und die Click Through Rate (CTR), die Anzahl der Klicks auf den Inhalt der gelesenen E-Mail zeugen von einem Interesse an der Kampagne. • Konversionsrate: Die Klick-Konversionsrate bemisst die Wirksamkeit der Kampagne • Anzahl der Direktverkäufe: Dieser Wert vergleicht die Anzahl der Verkaufsvorgänge, die während der Internetsitzung oder über den Tag hinweg getätigt werden mit der Anzahl derer, die innerhalb der nächsten dreißig Tage getätigt werden • Steigerung der Verkaufszahlen: Dieser Indikator bemisst die Auswirkung auf die Verkaufszahlen und ermöglicht es, zu beurteilen, ob die Nutzung dieses Kanals dazu beiträgt, die Verkaufszahlen tatsächlich zu steigern. .

Einrichtung dauert zwischen 2 bis 4 Wochen

Operationelle Umsetzung – Dauer Die Einrichtung des E-Mail-Retargeting nimmt in Abhängigkeit der Reaktionsschnelligkeit der Mitarbeiter des technischen Bereiches zwischen zwei Wochen und einem Monat in Anspruch. Dann ist das System ein Jahr lang durchgehend im Einsatz. Die Mitarbeiter von Havas Voyages und die Mitarbeiter der Agentur achten darauf, dass die Templates und die Kinematik regelmäßig aktualisiert werden, um eine stetige Optimierung zu gewährleisten. Das E-Mail-Retargeting wird in der Regel nicht im Zuge einer Kampagne eingesetzt, sondern eher als Maßnahme, die sich über ein ganzes Jahr erstreckt, da sie sich das ganze Jahr über als profitabel erweist. Dafür variieren der monatliche Umfang sowie die monatlichen Kosten je nach Saisonabhängigkeit der Seite. Erläuterungen zu der kreativen Gestaltung der E-Mails Havas Voyages und die Agentur haben in Abhängigkeit der Seiten, die der Internetnutzer besucht hat, unterschiedliche E-Mails erstellt.

296

Antoine Devos: E-Mail-Retargeting: So funktioniert es

Sobald die Information zu dem besuchten Produkt oder der besuchten Produktkategorie vorliegt, wird die E-Mail anhand des Namens der entsprechenden Person und des oder der besuchten Produkte personalisiert. Ein Incentivierungsangebot im Rahmen der E-Mail-Aktion (wie beispielsweise ein Erlass der Bearbeitungsgebühren) bietet die Möglichkeit, die Wirkung der E-Mail zu potenzieren und die Anzahl der Direktverkäufe zu steigern. Zudem wird das E-Mail-Retargeting dadurch von dem Kunden, der diese E-Mail erhält, als Dienstleistung verstanden, da ein größerer Mehrwert geboten wird. Der Inhalt der E-Mails kann bei Bedarf in Abhängigkeit der besuchten Produkte personalisiert werden. Dies erhöht die Zweckmäßigkeit der E-Mail in den Augen des Internetnutzers und erhöht die Anzahl der E-Mails, die gelesen werden, merklich. Havas Voyages hat sich dafür entschieden, in diesen Mails auf den „Verein für Verkaufsseiten im Internet“ (Club des Sites Marchands) hinzuweisen, auch wenn das Unternehmen insbesondere im Hinblick auf die E-Mails, die der Datenbank des Werbetreibenden entstammen, nicht dazu verpflichtet ist. Bei dem „Verein für Verkaufsseiten im Internet“ (Club des Sites Marchands) handelt es sich um die Dachmarke des E-Mail-Retargeting der Agentur. Die Bitte darum, den Nutzer per EMail-Retargeting zu kontaktieren, geht von diesem Verein aus. Dieser Hinweis ermöglicht es dem Nutzer zu verstehen, wie und weshalb es dazu kommt, dass er eine solche E-Mail erhält und bietet ihm bei Bedarf die Möglichkeit, sich dem zu verweigern. Der Hinweis bietet dem Internetnutzer folglich eine höhere Transparenz.

Hinweis in Mails auf „Verein für Verkaufsseiten im Internet“

Am oberen Rand des Textes wird die Katalogansicht angezeigt. Diese zeigt die Produkte, die die Nutzer sehen, wenn sie die Internetseite besuchen. Darunter wird die Startseite dargestellt. So sieht die E-Mail aus, die versendet wird, wenn die entsprechende Person nur die Startseite besucht hat. Da keine Informationen zu besuchten Produkten vorliegen, bietet diese E-Mail-Version eine generelle Übersicht über die Vorteile der Seite und hält ein Sonderangebot bereit. Es bietet sich an, die Startseite darzustellen, selbst wenn der potenzielle Kunde per Definition nicht so vielversprechend zu sein scheint, wie ein Kunde, der über die Startseite hinausgekommen ist, da sich dies dennoch als profitabel erweist und eine nicht unbedeutende Anzahl an Besuchern betrifft.

297

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

Abb. 1: E-Mail mit Katalogansicht im oberen Rand.

298

Antoine Devos: E-Mail-Retargeting: So funktioniert es

Die Vorgehensweise Havas Voyage und die Agentur haben folgende Vorgehensweise zur Einrichtung des E-Mail-Retargeting gewählt: 1. Platzierung von Tags auf der Seite: In diesem Zusammenhang wird auf jede Seite der Internetpräsenz ein Tag platziert, um die Informationen darüber, welche Seiten und Produkte sich der Internetnutzer angesehen hat, zu kennzeichnen. Dieser Arbeitsschritt kann durch den Einsatz eines Tag-Containers beschleunigt werden. 2. Bereitstellung eines aktualisierten Produktflusses: Dieser Fluss ermöglicht es, E-Mails zu versenden, die an die Produkte angepasst sind, die besucht wurden. Er wird von der Agentur auf der Plattform der Agentur integriert. 3. Erstellung der E-Mails: Die E-Mails werden gemeinsam mit dem Werbetreibenden erstellt, damit diese dem Erscheinungsbild und abgestimmten Marketingbotschaften entsprechen. Die gesamte Umsetzung hat etwa einen Monat gedauert. Seitdem werden regelmäßige Kontrollen statt und ab und zu werden Änderungen vorgenommen, um die Abläufe zu optimieren. Ergebnisse • Die Reichweite: Die prozentualen Besucherzahlen, durch das EMail-Retargeting generiert werden können. Die implementierte Lösung verfügt über die bei weitem größte auf dem Markt verfügbare Reichweite und diese erhöht sich kontinuierlich. • Die Anzahl der Klicks auf den E-Mail-Inhalt: Diese sind zwei bis fünf Mal höher als bei einer herkömmlichen Kampagne. • Konversionsrate: Havas Voyage ist mit den Ergebnissen sehr zufrieden, gibt jedoch keine Auskunft über die Konversionsrate. Die globale Konversionsrate der mithilfe der gewählten Lösung per EMail-Retargeting versendeten Nachrichten liegt durchschnittlich bei 3,9 Prozent. • Anzahl der Direktverkäufe: Sie liegt oberhalb eines Prozentsatzes von 55 Prozent. Innerhalb einer Sitzung werden mehr als einer von zwei Käufen getätigt.

Anzahl der Direktverkäufe liegt oberhalb von 55 %

299

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

• Steigerung der Verkaufszahlen: Das E-Mail-Retargeting ermöglicht es, die Verkaufszahlen merklich zu erhöhen. Alle untersuchten Merkmale sind zu gleichen Teilen an der Erhöhung der Verkaufszahlen beteiligt. Das Ergebnis der E-Mail an Personen, die nicht über die Startseite hinausgekommen sind, ist interessant, weil es sich um eine große Gruppe handelt, auch wenn sie sich als weniger profitabel erweist, als die E-Mail an die Personen, die ein Produkt in den Einkaufskorb gelegt haben.

Schlussfolgerung Vor dem Hintergrund der stetig steigenden Kosten des Suchmaschinenmarketings (SEM) sollten E-Commerce-Seiten, die monatlich mehr als 200.000 Einzelbesucher aufweisen, in Erwägung ziehen, diese Methode für die Kundenbindung und die Kundenakquise einzusetzen, da sie profitabel ist und eine Alternative dazu darstellt, den allmächtigen Dienstleister Google zu nutzen.

300

Vertrauen als Konversionsfaktor Ulrich Hafenbradl

6

Jahr für Jahr wachsen die Umsätze im Onlinehandel im zweistelligen Bereich. Denn es steigt sowohl die Anzahl an Verbrauchern, die im Internet einkaufen als auch die Anzahl an Unternehmen, die das Geschäftsmodell für sich entdecken. Daraus erwächst für den Onlinehändler eine große Herausforderung: Am Ende des Tages muss der Verbraucher auf den Bestellbutton in seinem Shop klicken und nicht zwei Klicks weiter bei dem der Konkurrenz. Wie Shopbetreiber durch den Einsatz von vertrauensbildenden Maßnahmen ihre Konversion nachhaltig erhöhen können, zeigt dieser Beitrag.

Drei Praxis-Tipps für mehr Konversion im Onlineshop Über viele Jahre hinweg hatte der Onlinehandel ein starkes Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem stationären Einzelhandel. Durch schlanke Prozesse und geringe Kosten konnten die Onlinehändler einen einzigartigen Verkaufsvorteil für sich erzielen, den sie direkt in Form günstiger Preise an den Kunden weitergeben konnten. Der Kunde kaufte im Netz, weil es dort die besseren Preise gab. Der Preis ist nicht mehr alles Doch seit einiger Zeit findet bei den Onlineshoppern ein Umdenken statt. Durch die beständig wachsende Anzahl an Onlineshops ist der Preis zwar nach wie vor wichtig aber nicht mehr allein entscheidend, wenn es um die Auswahl eines Onlineshops geht. Das zeigt eine Verbraucherumfrage, die das Marktforschungsinstitut infas im Winter 2012 in fünf europäischen Ländern durchgeführt hat. Das Ergebnis vorweg: Neben dem Preis sind Sicherheit und Vertrauen in die Seriosität des Shops die Top-Argumente, warum online gekauft wird oder der Klick auf den Bestellbutton ausbleibt. Das gaben rund neunzig Prozent der über fünftausend befragten Verbraucher in Deutschland,

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Ulrich-Hafenbradl

Sicherheit und Vertrauen wichtig

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

Frankreich, Großbritannien, Spanien und Polen an. Das bedeutet also für den Händler: Er muss den Nutzer davon überzeugen, dass er in seinem Shop sicher einkaufen kann. Dabei fordern die Onlineshopper weitaus mehr als nur technische Sicherheitsstandards in der IT. Dass ein Onlineshop seine Server mit den Kundendaten gegen unerlaubte Zugriffe absichert, wird von den Verbrauchern erwartet und vorausgesetzt. Ein viel größeres Augenmerk legen die Käufer auf die Vertrauenswürdigkeit des Angebotes, den Datenschutz sowie eine Geld-zurück-Garantie.

Abb. 1: Produktpreis und Sicherheit sind die wichtigsten Auswahlkriterien [1]. Genau an diesem Punkt setzen vertrauensbildende Maßnahmen an. Die bejahende Antwort auf die Verbraucherfrage: „Kann ich diesem Shopbetreiber vertrauen und in seinem Shop sicher einkaufen?“ kann zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil für einen Web-Shop werden und damit zu einem mächtigen Konversionstreiber. Mehr Vertrauen, bedeutet mehr Umsatz Warum ist das Kundenvertrauen im Onlinehandel ein so großer Konversionsfaktor? Der Onlinehandel ist ein schnelllebiges Geschäft.

302

Ulrich Hafenbradl: Vertrauen als Konversionsfaktor

Jeden Monat werben neue Unternehmen um die Kaufgunst der Kunden. Und ebenso häufig verschwinden auch Onlineshops aus dem Markt. Zudem konkurrieren Shopbetreiber in den weltweiten Suchmaschinen, Google, Bing oder mittlerweile auch YouTube, mit vielen anderen Shops, die dieselben Produkte anbieten. Der Klick auf den Bestellbutton ist für den Kunden die letzte psychologische Barriere vor dem Kauf. Das Ziel des Shopbetreibers muss es also sein, diese Barriere zum Zeitpunkt des finalen Klicks – der letzten Konversionsstufe – so niedrig wie nur eben möglich zu gestalten. Vertrauensbildende Maßnahmen haben sich für diesen Zweck besonders bewährt. Denn sie setzen ihre positive Wirkkraft auf die Kaufbereitschaft bereits schon vor Beginn des Einkaufes frei.

Vertrauensbildende Maßnahmen haben sich bewährt

Tipp 1: Gütesiegel In dem sich ein Onlineshop durch einen anerkannten Gütesiegelanbieter prüfen lässt und nach bestandener Prüfung das Siegel in seinem Shop anzeigt, signalisiert der Händler dem Kunden, dass er sich der Autorität des Zertifizierungsunternehmens unterstellt hat. Dies führt zu einer gesteigerten Kaufbereitschaft auf Seiten des Verbrauchers. Diesen Effekt hat das Kölner Wirtschaftsforschungsinstitut ECC Handel in einer experimentellen Studie im Jahr 2012 umfassend unter die Lupe genommen. Dazu wurden fast 12.000 Onlinekäufe analysiert. Die Ergebnisse sind eindeutig: War ein Onlineshop mit einem Gütesiegel ausgezeichnet, so ließ sich eine Zunahme der Konversion und damit eine Umsatzsteigerung feststellen. Im Durchschnitt lag die Konversionsrate um 23 Prozent höher als in Web-Shops ohne dieses Siegel.

Gütesiegel bringen 23 % mehr Konversionsrate

Der Onlineshop profitiert somit von dem Vertrauen, das der Gütesiegelanbieter bei den Verbrauchern hat. Seine vertrauensbildende Wirkung kann ein Online-Gütesiegel also nur dann erzielen, wenn es beim Verbraucher bereits bekannt und akzeptiert ist. In Deutschland erfüllen nur wenige Gütesiegel diese Voraussetzungen, wie ein Test der Zeitschrift Computer Bild gezeigt hat: Der europäische Marktführer Trusted Shops, ferner Safer Shopping und EHI. Tipp 2: Garantien Internetnutzer werden beim Onlinekauf mit unbewussten Ängsten konfrontiert – der zuvor bereits beschriebenen Kaufbarriere: Bekomme ich meine Ware? Erhalte ich bei einer Retoure auch wirklich mein Geld zurück? Kann ich meine Bestellung zurückschicken, wenn sie mir nicht

303

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

gefällt und so weiter. Durch den Einsatz von Garantien können Händler diese Ängste bei Shopbesuchern und Kunden abbauen. Denn die Garantie ist die konkrete Lösung für die Ängste der Verbraucher. Garantierte Lieferzeiten im Weihnachtsgeschäft vorbildlich

So können Shopbetreiber beispielsweise eine Geld-zurück-Garantie anbieten. Auch eine Rückgabegarantie über die gesetzlich vorgeschriebenen 14 Tage hinaus, hilft das Vertrauen zu steigern. Manche Shopbetreiber können ihren Kunden sogar konkrete Lieferzeiten garantieren. Vor allem im Weihnachtsgeschäft ein großer Servicevorteil. Je nachdem, welche Leistung ein Shopbetreiber seinem Kunden garantiert, fällt auch der Vertrauenseffekt unterschiedlich stark aus. Wie die Umfrage von infas zeigt, schätzen die Verbraucher vor allem eine Geld-zurück-Garantie. Besonders im Neukundengeschäft bieten viele Händler den Shoppern bei der Erstbestellung nur die Zahlung per Vorkasse oder Nachnahme an, um das Risiko des Zahlungsausfalls gering zu halten. Das Problem der Vorkasse ist Folgendes: Ein Kauf im stationären Handel folgt dem Prinzip, das der Käufer die Ware bereits in den Händen hat, bevor er Geld zahlt. Bei der Vorkasse ist es genau anders herum. Hier fließt zuerst das Geld und erst dann erhält der Kunde die Ware.

PayPal und Trusted Shops bieten Geldzurück-Garantie

Eine Geld-zurück-Garantie sichert beispielsweise die Einkäufe der Shopper gegen Nicht-Lieferung und Nicht-Erstattung ab. Sollte es – unabhängig der gewählten Zahlart – zu Problemen kommen, bekommt der Kunden das Geld in jedem Fall erstattet. Allerdings bieten bislang nur zwei E-Commerce-Dienstleister einen solchen Käuferschutz an: PayPal und Trusted Shops. Tipp 3: Kundenbewertungen Vertrauensbildung findet wie gesagt bereits vor dem eigentlichen Kauferlebnis statt; und zwar in Form von Kundenbewertungen. Denn viele Shopper suchen auf Google und Co. nach den Produkten ihrer Wahl und nicht in einem zuvor angesurften Onlineshop. Auf den Ergebnisseiten integrieren immer mehr Suchmaschinenanbieter Ergebnisse aus Systemen zur Kundenbewertung.

Bewertungen beeinflussen das Kundenvertrauen

304

Indem Kunden ihre Meinungen und Erfahrungen über einen Onlineshop über solche Bewertungsdienste öffentlich machen, schaffen sie gleichsam eine soziale Akzeptanz des Shops, was zu einem Anstieg des Kundenvertrauens führt. Diese Akzeptanz zu erreichen ist jedoch nur

Ulrich Hafenbradl: Vertrauen als Konversionsfaktor

möglich, wenn die Meinung der Käufer auch nach außen und damit für jeden Shopbesucher sichtbar kommuniziert wird. Das E-Commerce-Center Handel hat ebenfalls untersucht, welchen Effekt Kundenbewertungen auf die Kaufbereitschaft haben. Wurden Kundenbewertungen in einem Shopping angezeigt, so stieg die Konversionsrate um 25 Prozent gegenüber Shops, in denen auf die Anzeige verzichtet worden war. Welche Relevanz Kundenbewertungen für die Verbraucher haben, haben die Marktforscher von Fittkau & Maas untersucht. Fast achtzig Prozent der befragten Internetnutzer gaben an, dass sie vor einem Kauf im Internet die Meinungen anderer Nutzer lesen und davon ihre Kaufentscheidung abhängig machen [2].

Abb. 2: Anzeige der Kundenbewertungen als stärkste vertrauensbildende Maßnahme [3].

Literatur [1] Studie des Marktforschungsinstituts Infas im Auftrag von Trusted Shops unter 5.016 Verbrauchern in Deutschland, UK, Frankreich, Spanien und Polen 2013. [2] http://www.fittkaumaass.com/presse/fm_pm_17082011.html [3] E-Commerce Center Handel (ECC Handel): Vertrauensbildende Maßnahmen im E-Commerce auf dem Prüfstand. – S. 3, 2012, http://www. gs1-germany.de/fileadmin/gs1/basis_informationen/ECC-Vertrauensbildende_ Massnahmen_im_E-Commerce_auf_dem_Pruefstand.pdf

305

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

306

Erfolgsfaktor Retourenmanagement Ernst Stahl, Robert Torunsky

Deutschland ist eine Retouren-Republik: In keinem anderen Land Europas werden so viele Warensendungen zurückgeschickt wie in Deutschland. Über alle Branchen verteilt, beträgt die Retourenquote hierzulande laut unserer aktuellen Studie „Retourenmanagement im Onlinehandel – Das Beste daraus machen“ rund 13 Prozent – ein stattlicher Wert. Kein Wunder, denn in der Bundesrepublik ist die Rücksendung – zumindest in den meisten Fällen – kostenlos. Im Gesetz ist bisher klar geregelt: 14 Tage kann man die Ware zurückschicken und die Retoure muss kostenlos sein, wenn der Warenwert über vierzig Euro liegt. Das soll sich jedoch ändern: Das EU-Parlament hat zahlreiche neue Verbraucherschutzvorschriften für den Onlinehandel beschlossen. Betroffen sind die Bereiche Widerrufsrecht, Rücksendekosten bei Widerruf und die notwendigen Belehrungen vor Vertragsschluss. Der Gesetzesentwurf soll am 13. Juni 2014 in Kraft treten.

Platzhirsche: Textil-Retouren bleiben kostenfrei Eine Änderung bei der Umlage der Retourenkosten ist aber eher unwahrscheinlich – denn wenn alle Onlinehändler davon Gebrauch machen, besteht die Gefahr, dass Kunden weniger im Internet bestellen und zurück zum Einzelhandel gehen. Die Platzhirsche Amazon, Otto und Zalando haben ohnehin bereits unisono in diversen Medien angekündigt, dass die Rücksendung von Bekleidungsstücken auch nach der Gesetzesänderung für ihre Kunden kostenfrei bleiben wird.

Rücksendekosten-Umlage ein Pyrrhussieg So plant laut der Studie zum Beispiel nur jeder zehnte große Onlinehändler die Kosten für die Warenrücksendung auf seine Kunden zu http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Ernst-Stahl http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Robert-Torunsky

6 Retourenquote in Deutschland liegt bei rund 13 %

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

übertragen. Hintergrund dafür ist mehrheitlich, dass diese großen Anbieter über Rahmenverträge mit Versanddienstleistern verfügen und damit deutlich bessere Konditionen als kleine Unternehmen anbieten können. Für diese wäre die Umlage der Rücksendekosten auf die Kunden dann ein Pyrrhussieg, da sie im doppelten Wettbewerb mit den OnlineMarktführern und dem Einzelhandel kaum mehr bestehen könnten. Folglich müssten auch kleine Onlineshops dem Beispiel folgen und die Kosten übernehmen, um konkurrenzfähig bleiben zu können. Es ist also ratsam, unnötige Retouren bestmöglich zu vermeiden.

Kostenlose Retouren steigern Bestellanreiz

Kunden bestellen gern mehrere Varianten

Retouren sind trotz allem per se nichts Schlechtes. Die Möglichkeit, Artikel bei Nichtgefallen zurückzuschicken, ist einer der Gründe, warum der E-Commerce so floriert. Die Kehrseite der Medaille: Kostenlose Retouren steigern den Bestellanreiz zwar deutlich, gleichzeitig aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Kunden dies auch tatsächlich in Anspruch nehmen. So kalkulieren vier von zehn Kunden bereits beim Kauf die Rücksendung der Ware bewusst mit ein und bestellen sich mehrere Varianten zur Auswahl (siehe Abb. 1). Das Problem für den Anbieter ist dabei, dass im Durchschnitt bei jeder zehnten Retoure die Ware nicht mehr wiederverwendbar ist. Hier machen sich allerdings Unterschiede bei den Branchen bemerkbar. In der Bekleidungsbranche können beispielsweise vier Prozent der Retouren nicht mehr wiederverkauft werden, in den restlichen Branchen hingegen sind es 13 Prozent. Der Hauptgrund für Retouren in der Textilbranche ist, dass der Kunde die Ware erst nach Lieferung anprobieren kann.

Textilbranche hat die Höchstwerte Textilbranche mit 26 % Retourenquote

308

Laut der Studie ist deswegen dieser Bereich – getreu der Faustregel „Je näher die Ware am Körper, desto höher ist in der Regel die Retourenquote“ – mit 26 Prozent am rücksendungsintensivsten. Während im Einzelhandel der Gewinn hauptsächlich im Einkauf generiert wird, kann er im Onlinehandel auch durch intelligentes Retourenmanagement realisiert werden. Ein wichtiger Ansatzpunkt, denn ein Drittel der Befragten gab an, dass bei zehn Prozent weniger Retouren, der Gewinn vor Steuern um fünf Prozent ansteigen würde (siehe Abb. 2).

Ernst Stahl, Robert Torunsky: Erfolgsfaktor Retourenmanagement

Abb. 1: Die häufigsten Retourengründe aus Händlersicht.

Abb. 2: Eine niedrigere Retourenquote hat Auswirkungen auf den Gewinn.

309

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

Tipp: Aktiv gegen Retouren vorgehen Shopbetreiber sollten daher aktiv gegen Retouren vorgehen. Fragt man Onlinehändler danach, welche Faktoren ihrer Meinung nach den größten Einfluss auf die Verringerung der Retourenquote haben, so stellt sich heraus, dass Warenrücksendungen durch eine detaillierte Produktbeschreibung und genaue Darstellung sowie durch Produktbewertungen durch Käufer und Hilfestellungen wie Hotlines deutlich reduziert werden können. So können beispielsweise die drei am häufigsten genannten Gründe für Rücksendungen, die überproportional oft in der Textilbranche auftreten – „Artikel gefällt nicht“ (59 Prozent), „Artikel passt nicht“ (52 Prozent) und „Mehrere Varianten zur Auswahl bestellt“ (38 Prozent) – im Vorfeld verringert werden (siehe erneut Abb. 1).

Umfangreiche Produktdetails schützen vor Retouren

Produktbeschreibung an Zielgruppe anpassen

Da der Kunde im Internet die Ware nicht wie im Geschäft anfassen und testen kann, sollte der Onlinehändler dieses Manko mit möglichst vielen Informationen für den Käufer ausgleichen. Dies kann zum Beispiel durch viele aufschlussreiche Bilder erfolgen, die den Artikel von allen Seiten zeigen. Hilfreich sind ebenfalls eine Detailansicht oder eine professionelle 360-Grad-Darstellung. Oftmals ist es auch sinnvoll, Produktvideos zu integrieren. Doch Bilder geben nicht über alles wie zum Beispiel über das Material des Produktes Aufschluss. Deswegen ist es wichtig, die Produktbeschreibungen an die Zielgruppe anzupassen und möglichst eigenhändig zu formulieren. Dies wirkt sich zusätzlich positiv auf die Suchmaschinenoptimierung aus. Detaillierte Produktseiten mit teuren 3-D-Ansichten der Artikel sind freilich eine Frage des Budgets, dennoch können auch kleinere Onlinehändler beispielsweise mit eigenen Fotos und Kundenbewertungen ihre Retourenquote merklich reduzieren. Beschädigte Artikel, ebenfalls ein häufiger Rücksendungsgrund, lassen sich mit einer ordentlichen Qualitätssicherung vor dem Versand sowie einer professionellen Verpackung häufig vermeiden.

Retourenkosten werden oftmals nicht erfasst Erstaunlich ist außerdem, dass über ein Drittel der Onlinehändler die bei ihnen durch Retouren verursachten Kosten nicht einschätzen können. Auch bei einer separaten Betrachtung nach Branchen, Bestellvolumina,

310

Ernst Stahl, Robert Torunsky: Erfolgsfaktor Retourenmanagement

Warenkorbhöhen oder auch Unternehmensgrößen ergibt sich kaum ein anderes Bild.

Abb. 3: Diese Faktoren könnten die Retourenquote verringen. Ebenfalls bemerkenswert: Obwohl im Durchschnitt etwa vier von zehn Onlinehändlern einen Zusammenhang zwischen Retourenquote und genutztem Zahlungsverfahren sehen, stellen Onlinehändler aus der Textil- und Bekleidungsbranche dies noch häufiger als Händler aus den restlichen Branchen fest.

Fazit Wer seine Retouren im Unternehmen quantifiziert und analysiert, zudem die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Höhe der Retouren kennt und auch Zusammenhänge mit beispielsweise eingesetzten Zahlungsverfahren versteht, kann ein gezieltes Retourenmanagement als Stellschraube für den eigenen Erfolg einsetzen und gegebenenfalls auch seine Zahlungswegesteuerung daraufhin anpassen.

Retourenmanagement Stellschraube für den Unternehmenserfolg

311

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

Proaktives Retourenmanagement nutzen Ein wichtiger Schritt, ein proaktives Retourenmanagement für sein Unternehmen zu nutzen und damit auch seinen Internetvertrieb effizienter zu gestalten, wäre daher zuerst einmal eine genauere Überwachung der Retourenvolumina und der dafür verantwortlichen Gründe, um dann im Umkehrschluss die Zahl der Retouren minimieren zu können. Allerdings gilt auch hier, dass das Thema differenziert betrachtet werden muss. Denn je nach Branche, Unternehmensgröße, durchschnittlicher Warenkorbhöhe et cetera ist eine andere Retourenhöhe realistisch, sind andere Faktoren zur Vermeidung besser geeignet und muss deshalb eine andere Strategie gewählt werden.

Große Optimierungspotenziale vorhanden

Aber gerade auch die Bedeutung des Retourenmanagements für den Erfolg im Onlinehandel muss vielen erst noch stärker ins Bewusstsein gerufen werden, und dieses wird vermutlich in den nächsten Jahren noch weiter an Bedeutung zunehmen. Denn hinsichtlich Retourenmanagement stehen deutsche Onlinehändler demnach noch großen Optimierungspotenzialen gegenüber. Diese gilt es in den nächsten Jahren anzugreifen und auszuschöpfen, um nicht nur dem Kunden einen bestmöglichen Service garantieren zu können, sondern auch in der Lage zu sein, ein effizientes und damit gewinnbringendes Onlinegeschäft aufzubauen.

Literatur [1] Studie „Retourenmanagement im Onlinehandel – Das Beste daraus machen“ von ibi research an der Universität Regensburg GmbH. [2] E-Commerce-Leitfaden (3. Auflage), Kapitel 6.2, Universitätsverlag Regensburg, 2012, www.e-commerce-leitfaden.de

312

SEPA – eine unterschätzte Herausforderung Ernst Stahl, Robert Torunsky

Durch die Einführung der europaweit einheitlichen Zahlungsverfahren SEPA-Überweisung und SEPA-Lastschrift wird der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr im SEPA-Raum erheblich vereinfacht. Um eine ausschließliche Nutzung dieser bereits seit Jahren eingeführten Zahlungsverfahren weiter zu erhöhen, werden durch die europäische Gesetzgebung zum 1. Februar 2014 die bestehenden nationalen Überweisungs- und Lastschriftverfahren abgeschafft. Deshalb müssen sich insbesondere Unternehmen, Behörden und Vereine auf starke Veränderungen im Zahlungsverkehr einstellen, die sie zum Teil zu umfangreichen organisatorischen und technischen Anpassungen zwingen.

Studie erfasst Status quo von SEPA in Deutschland Das Thema SEPA ist brisant und von großer Tragweite, doch bislang gab es nur wenige Erkenntnisse darüber, wie der tatsächliche Status quo der Vorbereitungen auf die erforderlichen Umstellungen in den Unternehmen, Verbänden, Kammern und Vereinen in der Bunderepublik ist. Deshalb wurde mit der Studie „SEPA-Umsetzung in Deutschland“ der Stand der Vorbereitungen in den Unternehmen, die Auswirkungen der SEPA-Einführung auf den Zahlungsverkehr in Deutschland sowie den jeweiligen Zeitplan für die Umstellung auf die ausschließliche Nutzung untersucht [1].

SEPA ist einem knappen Drittel nicht bewusst Bislang beschäftigten sich noch viel zu wenige Unternehmen und Vereine mit dem Thema SEPA intensiv. SEPA ist einem knappen Drittel der Befragten noch nicht einmal bewusst (siehe Abb. 1). So haben 26 Prozent nach eigenen Angaben nur vage Vorstellungen von SEPA und sechs Prozent sogar noch nie etwas davon gehört. Vor allem kleine http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Ernst-Stahl http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Robert-Torunsky

6

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

Unternehmen haben einen hohen Informationsbedarf zu SEPA: Hier haben sogar 38 Prozent vage Vorstellungen, während für zehn Prozent SEPA noch eine völlige Unbekannte darstellt.

Abb. 1: Knapp einem Drittel der Befragten ist SEPA nicht bewusst [1]. Laut der Umfrage – Mehrfachnennungen waren möglich – nehmen die Hausbanken (sechzig Prozent) sowie die Tages- und Fachpresse (vierzig Prozent) und die Software-Hersteller (34 Prozent) mit großem Abstand die führenden Positionen bei den Informationsquellen über SEPA ein. Gerade die Qualität der von Banken und Sparkassen bereitgestellten Informationen als Unterstützung für die Einschätzung des notwendigen Handlungsbedarfs im Rahmen von SEPA bewerteten die Befragten insgesamt sehr positiv. Die Hausbanken erhalten von 19 Prozent die Note „sehr gut“, 37 Prozent bezeichneten die Leistung als „gut“, 22 Prozent als „befriedigend“.

Viele Unternehmen sehen mittelfristigen Handlungsbedarf Obwohl es bis zur Abschaffung der bestehenden nationalen Überweisungs- und Lastschriftverfahren am 1. Februar 2014 nur noch relativ wenige Arbeitstage sind und die Zeit drängt, sehen viele Unternehmen nur mittelfristigen Handlungsbedarf: Bei den kleinen Unternehmen sind es 48 Prozent, bei den mittleren 41 Prozent und die großen 314

Ernst Stahl, Robert Torunsky: SEPA — eine unterschätzte Herausforderung

Unternehmen kommen immerhin noch auf einen Wert von 24 Prozent. 14 Prozent der befragten kleinen Unternehmen gehen sogar von dem Irrtum aus, dass SEPA für sie nicht relevant sei und sehen daher keinen Handlungsbedarf.

Enorme Tragweite wird unterschätzt Ein Trugschluss, denn SEPA wird – unabhängig von der fehlenden oder nicht ausreichenden Wahrnehmung – kommen. Eine HauruckUmstellung Ende 2013 oder sogar Anfang 2014 ist angesichts der teilweise enormen Tragweite alles andere als sinnvoll. Denn: Die Auswirkungen von SEPA auf zahlreiche Unternehmen und ihre Prozesse sind in technischer sowie betriebswirtschaftlicher Hinsicht komplex und nicht zu unterschätzen. Gerade dies tun aber immer noch zahlreiche Firmen.

Prozessumstellungsprozesse sind komplex

Den empfohlenen sofortigen Handlungsbedarf haben sich zwar 71 Prozent der großen Unternehmen, allerdings nur 47 Prozent der mittleren und 21 Prozent der kleinen Unternehmen auf die Agenda gesetzt (siehe Abb. 2).

Abb. 2: Nur 21 Prozent der kleinen Unternehmen sehen sofortigen Handlungsbedarf [1].

315

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

Ein Drittel hat SEPA-Überweisung bereits genutzt Erst ein Drittel – jeweils 34 Prozent der kleinen und großen sowie 32 Prozent der mittleren Unternehmen – hat die bereits seit Januar 2008 existierende SEPA-Überweisung schon einmal genutzt. Immerhin 22 Prozent der großen Unternehmen wollen von ihr im ersten Halbjahr 2013 Gebrauch machen, während dieses Vorhaben bei den mittleren Unternehmen (16 Prozent) und vor allem bei den kleinen Unternehmen (acht Prozent) deutlich geringer ausgeprägt ist (siehe Abb. 3). Das zweite Halbjahr 2013 ist von 23 Prozent der großen sowie 14 Prozent der mittleren und neun Prozent der kleinen Unternehmen als Einführungszeitraum für die SEPA-Überweisung vorgesehen. Durchschnittlich knapp fünf Prozent aller befragten Unternehmen planen, die Einführung der SEPAÜberweisung erst zur Deadline am 1. Februar 2014 durchzuführen. Bei 29 Prozent der kleinen Unternehmen, 21 Prozent der mittleren sowie sieben Prozent der großen Unternehmen steht der Termin, an dem die SEPA-Überweisung im Betrieb eingeführt werden soll, noch gar nicht fest. Zudem wissen 13 Prozent der kleinen Unternehmen nach eigenen Angaben aktuell noch nicht, wie sie mit der Thematik umgehen sollen.

Abb. 3: 33 Prozent der befragten Unternehmen haben die SEPA-Überweisung bereits für ausgehende Zahlungen benutzt [1].

316

Ernst Stahl, Robert Torunsky: SEPA — eine unterschätzte Herausforderung

Unterschiedliche Nutzung der SEPA-Überweisung Der tatsächliche Anteil der SEPA-Überweisung unter den Anwendern ist im Vergleich zu dem bisherigen Überweisungsverfahren derzeit aber noch sehr gering: Bei fast der Hälfte (46 Prozent) der SEPA-Überweisungsnutzer beträgt der SEPA-Anteil weniger als fünf Prozent des Gesamtaufkommens. Insgesamt siebzig Prozent der befragten Unternehmen nutzen die SEPA-Überweisung in 25 oder weniger Prozent aller Fälle. Doch es gibt auch gegenläufige Resultate: 16 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, dass der Anteil der SEPA-Überweisungen bei ihnen bereits 75 oder mehr Prozent an allen anfallenden Überweisungen ausmacht.

Das Gros der Unternehmen stellt zu spät um Betrachtet man die ausschließliche Nutzung der SEPA-Überweisung für ausgehende Zahlungen innerhalb Deutschlands und der EU, planen 18 Prozent der großen, zwölf Prozent der mittleren und 16 Prozent der kleinen Unternehmen dies noch im ersten Halbjahr 2013. Das zweite Halbjahr haben sich 38 Prozent der großen sowie 21 der mittleren und 22 Prozent der kleinen Unternehmen als Ziel für die komplette Umstellung auf die SEPA-Überweisung gesetzt. Erstaunlich: Jeweils 22 Prozent der kleinen und großen Unternehmen und sogar 38 Prozent der mittleren Unternehmen wollen oder können (zum Beispiel wegen SoftwareAnpassungen) die ausschließliche Nutzung der SEPA-Überweisung erst bis zum 1. Februar 2014 einführen.

SEPA-Basislastschrift führt Schattendasein Gefragt nach nennenswerten Schwierigkeiten bei der Einführung der SEPA-Überweisung geht der Vorgang bei 85 Prozent der kleinen Unternehmen reibungslos vonstatten (siehe Abb. 4). Diese Erfahrung teilen noch 65 Prozent der mittleren, aber nur die Hälfte der großen Unternehmen: Von den großen Unternehmen mit Schwierig-keiten bei der Einführung gaben 45 Prozent beziehungsweise 22 Prozent (mittlere Unternehmen) der Teilnehmer an, dass insbesondere größere Anpassungen an den internen Systemen erforderlich waren, um die SEPA-Datenformate verarbeiten zu können. Speziell der verkürzte

Bei kleinen Unternehmen geht die SEPAÜberweisung meist reibungslos vonstatten

317

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

Verwendungszweck bei der SEPA-Überweisung hat bei 49 Prozent der großen Unternehmen Auswirkungen auf die Prozesse und dadurch einen Mehraufwand verursacht – bei den Studienteilnehmern der mittleren (33 Prozent) und kleinen Unternehmen (23 Prozent) ist diese Erfahrung deutlich weniger ausgeprägt.

Abb. 4: 85 Prozent der kleinen Unternehmen hatten keine nennenswerten Schwierigkeiten bei der SEPA-Einführung [1].

Fokus liegt auf zweitem Halbjahr 2013 Ein sogar noch wesentlich größeres Schattendasein in der betrieblichen Praxis als die SEPA-Überweisung führt bislang die SEPA-Basislastschrift: Die Befragung ergab, dass neun Prozent der großen, 14 Prozent der mittleren und nur sechs Prozent der kleinen Unternehmen sie schon genutzt haben (siehe Abb. 5). Auch das erste Halbjahr 2013 spielt für die ersten Zahlungseinzüge in dieser Form mit durchschnittlich acht Prozent bei den Unternehmen eine untergeordnete Rolle. Der Fokus auf die Einführung der SEPA-Basislastschrift liegt auf dem zweiten Halbjahr: 43 Prozent der großen Unternehmen sowie dreißig Prozent der mittleren und 22 Prozent der kleinen Unternehmen haben sich dies vorgenommen. Die Deadline am 1. Februar 2014 ist für durchschnittlich

318

Ernst Stahl, Robert Torunsky: SEPA — eine unterschätzte Herausforderung

16 Prozent aller Unternehmensgrößen die interne Vorgabe, während bei zwanzig Prozent der großen, 24 Prozent der mittleren und sogar 39 Prozent der kleinen Unternehmen noch gar kein Termin feststeht. Der Anteil der SEPA-Lastschriften, im Vergleich zum gesamten betrieblichen Lastschriftaufkommen, liegt aber bei fast der Hälfte der wenigen Unternehmen, die bereits die SEPA-Lastschrift nutzen, bei unter fünf Prozent.

Abb. 5: Die SEPA-Basislastschrift führt ein Schattendasein in der betrieblichen Praxis [1].

Liquiditätsprobleme durch späte Umstellung Die ausschließliche Nutzung der SEPA-Lastschrift soll bei 36 Prozent der großen Unternehmen im 2. Halbjahr 2013 erfolgen. Zahlreiche mittlere (22 Prozent) und kleine Unternehmen (16 Prozent) wissen noch nicht wie sie damit umgehen sollen oder haben sich noch nicht auf Termin festgelegt (38 Prozent der kleinen und 25 Prozent der mittleren Unternehmen). Den letztmöglichen Termin 1. Februar 2014 als Startpunkt für die ausschließliche Nutzung der SEPA-Lastschrift

319

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

gaben 34 Prozent der großen, 33 Prozent der mittleren und zwanzig Prozent der kleinen Unternehmen an (siehe Abb. 6) – und riskieren damit unwissentlich, wie alle, die zu spät die Umstellungen vornehmen, mögliche Liquiditätsprobleme und im schlimmsten Fall aus diesem Grund die Insolvenz.

Abb. 6: 36 Prozent der großen Unternehmen folgen der Empfehlung der EZB und wollen im 2. Halbjahr 2013 die SEPA-Lastschrift ausschließlich für Zahlungseinzüge nutzen [1].

Schriftliche Einzugsermächtigungen fehlen Die Erhebung verdeutlicht, dass nicht vorliegende schriftliche Einzugsermächtigungen die Umstellung auf die SEPA-Lastschrift erheblich erschweren und deren Anteil bei den Unternehmen sehr hoch ist: 15 Prozent haben überhaupt keine schriftlichen Einzugsermächtigungen vorliegen, bei vierzig Prozent beträgt der Anteil der nicht schriftlich vorliegenden Einzugsermächtigungen mindestens 75 Prozent aller Einzugsermächtigungen (siehe Abb. 7).

320

Ernst Stahl, Robert Torunsky: SEPA — eine unterschätzte Herausforderung

Viele Unternehmen offenbaren Beratungsbedarf Gerade im Bereich der nicht schriftlich vorliegenden Einzugsermächtigungen offenbaren viele Unternehmen mitunter großen Beratungsbedarf. 26 Prozent der großen, 31 Prozent der kleinen und sogar 39 Prozent der mittleren Unternehmen wissen noch nicht, wie sie mit der Thematik umgehen sollen. 22 Prozent der kleinen, elf Prozent der mittleren und sieben Prozent der großen Unternehmen haben noch keinerlei Planungen betrieben. Während knapp drei Zehntel der Studienteilnehmer den sicheren Weg planen und sich schriftliche Mandate einholen möchten, gehen bemerkenswerte 33 Prozent der großen Unternehmen davon aus, so weitermachen zu können wie bisher.

33 % der großen Unternehmen denken, sie können weitermachen wie bisher

Abb. 7: Etwa ein Drittel der Befragten weiß noch nicht, wie sie die SEPA-Mandate bei bestehenden nicht schriftlich vorliegenden Einzugsermächtigungen einholen sollen [1].

321

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 6 Alles optimieren für mehr Konversionen

Fazit: Unternehmen und Vereine haben noch einen langen Weg vor sich

Um für SEPA gerüstet zu sein, haben die meisten Unternehmen und Vereine noch einen langen Weg vor sich. In Anbetracht der noch zur Verfügung stehenden Arbeitstage bis zum Stichtag 1. Februar 2014 sollten sich Unternehmen und Vereine jetzt nicht nur umfassend informieren, sondern auch mit der SEPA-Umsetzung beginnen. Die Umstellung erfordert Zeit und Vorbereitung und sollte in vielerlei Hinsicht nicht ad hoc erfolgen. Die Herausforderung SEPA ist aber zu bewältigen und bietet nach der Umstellung zahlreiche Vereinfachungen und Vorteile. Einige Studienteilnehmer wünschen sich daher ein Ende der Anti-SEPAStimmung und viele dass das Verfahren pragmatisch und sachgemäß in Deutschland angewendet wird.

Literatur [1] Studie „SEPA-Umsetzung in Deutschland“ von ibi research an der Universität Regensburg GmbH in Zusammenarbeit mit van den Berg und dem Bank-Verlag, 2012. [2] E-Commerce-Leitfaden (3. Auflage), Kapitel 7.3, Universitätsverlag Regensburg, 2012. [3] Website www.sepa-wissen.de von ibi research an der Universität Regensburg GmbH. Die komplette Studie „SEPA-Umsetzung in Deutschland“ sowie weiteres Informationsmaterial steht unter www.sepa-wissen.de als Download zur Verfügung.

322

LEITFADEN DIGITAL COMMERCE

PRAXISBEISPIELE

7

Big Data revolutioniert das CRM

326

Daten steuern E-Mails

330

Social Media liefert Daten

336

Online neue Kunden gewinnen

340

Professionelles E-MailMarketing wird Pflicht

346

Online den Umsatz steigern

358

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 7 Praxistipps

In diesem Kapitel wird an konkreten Fallbeispielen innovativer Unternehmen gezeigt, wie neue digitale Technologien eingesetzt werden können, um den Umsatz nachhaltig zu steigern. Big Data revolutioniert das CRM Big Data ist eines der wichtigsten aktuellen Themen im digitalen Handel. Immer mehr Kundenkontakte finden elektronisch statt. Bei jedem Kontakt fallen Daten an, mit denen die Ansprache persönlicher gestaltet werden kann. Volker Wiewer zeigt, wie diese Daten in der Praxis genutzt werden, um den richtigen Kunden im richtigen Moment die richtige Nachricht zukommen zu lassen. Immer mehr Unternehmen verbinden ihre Kundendatenbank (CRM) mit den Online-systemen wie Webshop, Webanalyse und EMail-Marketing. Steve van den Berg beschreibt, wie Thomas Cook hier vorgeht, um Kunden persönlichere E-Mails zu senden. Die Zahl der automatisiert verschickten, individuellen Varianten wurde verzehnfacht und führte zu erheblichen Umsatzsteigerungen. Daten steuern E-Mails Eine innovative Form der Individualisierung von E-Mails erläutert Andreas Landgraf. Er zeigt, wie mit nachladbaren Bildern in Echtzeit errechnet wird, welches Angebot bei welchen Kunden am besten ankommt. Kommt also die aktuelle Krimi-DVD bei einer Zielgruppe nicht an, werden einfach andere Produkte gezeigt. Und wer seinen Newsletter ein zweites Mal ansieht, wundert sich vielleicht über neue Produkte. Beim Besuch auf einer Website wird durch das Klickverhalten Interesse dokumentiert. Norbert Rom demonstriert, wie dieses Interesse datenschutzkonform erfasst und für Aktionen verwendet werden kann. Interessenten eines Reiseportals konnten über E-Mail auch nach dem Besuch der Website noch angesprochen und zu Käufern gemacht werden. Dieses Retargeting per E-Mail verfünffachte den Umsatz. Moderne B2B-Unternehmen wie Cisco setzen für die Gewinnung neuer Kunden heute auf Marketing Automation. Reinhard Janning legt dar, wie automatisierte E-Mails sowohl bei der Leadgenerierung wie auch beim Lead-Warming eingesetzt werden können. Daten werden dazu automatisch anhand definierter Geschäftsregeln analysiert und die Inhalte den Verkaufschancen zugeordnet. Social Media liefert Daten Social Media liefert Unternehmen auf zwei verschiedenen Wegen Daten. Der direkte Weg führt über eine Schnittstelle, wenn der Nutzer der Weitergabe der Daten zustimmt. Der indirekte Weg geschieht durch Social Media-Monitoring. Dabei werden Inhalte von Kommentaren systematisch ausgewertet, um mehr über die Einstellung der Kunden zu den Produkten des Unternehmens zu erfahren. Nur 13 Prozent der Unternehmen nutzen Social Media-Daten auch für interaktive Kampagnen. Sebastian Fleischmann beschreibt, wie ein internationaler Sportbekleidungs-hersteller Geburtstage und Umzüge für passgenaue Nachrichten nutzt. Auch Social Influencer, also Personen, die besonders oft auf der Unternehmensseite posten oder kommentieren, werden gezielt angesprochen. 324

Torsten Schwarz: Praxistipps

Das Social Web liefert ungefilterte Meinungen über Produkte und Unternehmen. Ralf Teuber dokumentiert den Fall der Patentrechtsklage von Apple gegen Samsung. Während in den klassischen Medien die Berichterstattung neutral war, deutet sich in den sozialen Medien schon früh ein Stimmungsumschwung mit Kritik an Apple an. Manuelle Tonalitätsanalysen liefern somit ein wertvolles Frühwarnsystem. Online neue Kunden gewinnen E-Mail spielt zunehmend die wichtigste Rolle bei der Neukundengewinnung. Martin Philipp erläutert, wie es einem Versandhändler gelungen ist, den gesamten Prozess zu automatisieren. So wurde das E-Mail-Marketing-System an das hauseigene CRM-System angeschlossen, um einen kontinuierlichen Datenabgleich sicherzustellen. Über eine Begrüßungskampagne werden neue Adressen inklusive wertvoller Profilinformationen produziert. Die Auswahl der richtigen Adressen ist einer der wichtigsten Faktoren bei Mailings. Stefan Appenrodt entlarvt eine Reihe vermeintlicher Regeln als wirkungslos. Tests zeigen, dass Versandzeitpunkt und Personalisierung weniger wichtig sind als die Zielgruppenauswahl. Er dokumentiert, wie bei einem Versandhändler die Verkaufsrate verdoppelt werden konnte. Der Tierfutterhersteller Josera erreichte in einer crossmedialen Kampagne sieben Prozent Probebestellungen. Thomas Vetter beschreibt, wie zunächst Hunde- und Katzenbesitzer über eine Umfrage angesprochen wurden, die auch gleich zur Datenanreicherung genutzt wurde. Teilnehmer erhielten dann eine Sequenz bildpersonalisierter Postkarten und Nachfassmails, die auf die persönlichen Interessen abgestimmt waren. Professionelles E-Mail-Marketing wird Pflicht Mobile Geräte laufen dem PC beim Lesen von E-Mails den Rang ab. Maya Reinshagen verrät, was Raiffeisen alles unternommen hat, damit die E-Mails sowohl am PC als auch auf dem Smartphone optimal gelesen werden können. Durch den Einsatz von „Responsive Design“ passen sich die Inhalte dem jeweiligen Lesegerät an. Wer am PC liest, hat viele Inhalte und wer das Smartphone nutzt, hat weniger Inhalt und größere Schrift. An dreihundert Millionen Empfänger den gleichen Newsletter zu versenden, ist keine Lösung. David Niemann zeigt, wie das Spieleportal Bigpoint die Relevanz seiner E-Mails durch Lifecycle-Marketing gesteigert hat. Zunächst wurde eine Begrüßungskampagne aufgesetzt. Automatisch werden Spielpräferenzen erkannt und Inhalte entsprechend personalisiert. Inaktive Nutzer werden reaktiviert. Das kennt jeder: Irgendwann wird der Newsletter nicht mehr gelesen. Ulf Richter demonstriert, wie Condor inaktive Abonnenten in vier Schritten reaktiviert. Der Hebel dabei ist der natürliche Spieltrieb. Dabei wird mit einer Sequenz von Mails gearbeitet,

325

Halfords nutzt Big Data Marketing aus der Cloud Volker Wiewer

7

Big Data ist kein Hype, sondern längst Realität. Hunderte Millionen von Menschen hinterlassen tagtäglich ihre Daten in den Marketing-Systemen. Gleichzeitig wachsen die Möglichkeiten, das Nutzerverhalten in allen Facetten zu erfassen. Für Marketer bedeutet die gigantische Datenexplosion Herausforderung und Chance zugleich. Das enorme Potenzial dieser riesigen Datenmengen muss für das digitale und speziell das E-Mail-Marketing nutzbar gemacht werden – strategisch und technologisch. Strategische Voraussetzungen für erfolgreiches Big Data Marketing Die Zeit des Gießkannen-Marketings ist in Zeiten von Big Data endgültig vorbei. Die strukturierte Verarbeitung extrem großer Datenmengen bietet Unternehmen die große Chance, Mehrwert aus den vorhandenen Informationen zu ziehen. Durch die selektive und gezielte Nutzung der Daten werden Umsätze gesteigert. Einfache Integrationen über alle relevanten Marketing-Systeme hinweg führen zu mehr Unabhängigkeit von der hauseigenen IT. Statt Push-Kommunikation heißt die Maxime intelligente, gezielte und aktive Einbindung der Endverbraucher und Automation über Triggered Message-Programme. Erfolg verspricht dabei die Kombination hochdynamischer Tools: Echtzeit-Reports erlauben Ad-hoc-Reaktionen auf individuelles Userverhalten – E-Mail-Analysen sowie weitgehend automatisierte Testverfahren ermöglichen schnellere, gezieltere und effektivere Nachrichten. Ganz entscheidend ist auch die Multichannel-Fähigkeit. Schließlich werden Verbraucher heute nur noch durch eine einheitliche Ansprache über alle Kanäle und Endgeräte effektiv angesprochen. Umfassende Datennutzung, integrierte Planung sowie die zentrale Steuerung und Auswertung der Kampagnen sind die Schlüsselfaktoren für größtmögliche Effektivität. Personalisierte Customer Lifecycle-Nachrichten erhöhen den Umsatz Im Fokus muss jedoch zu jeder Zeit der Verbraucher stehen. Marketing-Verantwortliche müssen ihre komplette E-Mail-Kommunikation am Lebenszyklus jedes einzelnen Kunden ausrichten. Mit der Entwicklung maßgeschneiderter Angebote lässt sich so jeweils ein maximaler ROI erzielen. Das A und O ist dabei das konkrete „Wissen um den Kunden“, also die Nutzung aller Kundendaten. Ziel ist die richtige Botschaft zur richtigen Zeit im richtigen Umfeld an die richtige Zielperson.

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Volker-Wiewer

Volker Wiewer: Halfords nutzt Big Data Marketing aus der Cloud

Für den Verbraucher ist eine Nachricht nur dann relevant und wird wahrgenommen, wenn die enthaltenen Informationen ihn tatsächlich persönlich ansprechen. Ein effektives technisches Zusammenspiel von Kundendaten und Content-Pools ist daher unerlässlich. Cloud-basierte Marketing-Lösungen holen das Optimum aus Big Data Aber nur die richtigen Tools und technischen Infrastrukturen versetzen den modernen Marketing-Manager in die Lage, zukünftig die Umsätze in einem immer komplexer werdenden Marketing-Umfeld zu steigern. Erfolgreiche Businessmodelle, die auf der Verarbeitung von großen Datenmengen basieren, sind zum Beispiel Facebook, Google und Amazon. Diese nutzen schon lange Cloud-Infrastrukturen für die Datenverarbeitung. Auch E-Mail-Marketer werden zukünftig nicht auf die Hilfe der Cloud verzichten können. Über definierte Schnittstellen und Protokolle werden die extrem großen Datenmengen unabhängig von Formaten und Quellen einfach, komfortabel und schnell für Kampagnen nutzbar gemacht. Für das E-Mail-Marketing bietet die Cloud den Zugriff aus verknüpften Informationen – Stichwort „Related Data“. So wird eine neue und bislang unerreichte Qualität in der Kundenkommunikation möglich. Das Ergebnis: eine essentielle Steigerung der Relevanz und des Kampagnenerfolgs. Halfords generiert bis zu 150 Prozent mehr Umsatz dank Cloud Wie groß der Einfluss cloudbasierter Lösungen auf den Erfolg kompletter E-Mail-Strategien sein kann, zeigt Halfords. Dank E-Mail-Cloud-Architektur machte der führende Retailer für Automobil-, Fahrrad- und Freizeit-Equipment in Großbritannien Schluss mit pauschalen Massen-E-Mails. Der komplette Produktkatalog wird in der Cloud gespeichert. Die automatische Cloud-Datenanalyse liefert relevante Produktvorschläge. Warenkorbabbrecher können gezielt angesprochen und Templates dynamisch befüllt werden. Der Erfolg: Die Öffnungsraten stiegen in kürzester Zeit auf über 60 Prozent, die ClickThrough-Raten auf 14 Prozent. Die wöchentlichen Verkaufsumsätze liegen dank der E-MailStrecke zwischen 80 Prozent und in Hochzeiten bis zu 150 Prozent über den ursprünglichen Zahlen. Ein beeindruckender Erfolg, an dem die Cloud maßgeblich beteiligt ist.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

327

Thomas Cook steigert mit Retargeting den Umsatz Steve van den Berg

7

Jedes Jahr verreisen über 1,8 Millionen Belgier mit Thomas Cook. Zu dem Unternehmen gehören Marken wie Neckermann, Pegase, Thomas Cook, Travelbox und Thomas Cook Airlines. Urlaub und Reisen sind wichtige Erlebnisse, die einen personalisierten Marketingansatz erfordern. Die Konsumenten von heute nutzen zudem unterschiedliche Kanäle. E-Mail ist ein Teil der Customer Journey, die zur Buchung des Urlaubszieles führt. Konversion mit einem datengesteuerten, persönlichen Ansatz steigern Thomas Cook wollte die Interaktionen mit den Kunden stärker personalisieren und das Kundenerlebnis über eine Vielzahl von Touchpoints optimieren – und gleichzeitig die Effizienz und Konversion verbessern. Dabei ging das Unternehmen schrittweise vor. Anfangs wurden das Design und der Aufbau aller E-Mails der verschiedenen Marken verändert. Die Integration von Kampagnenmanagement und CRM-Plattform eröffnete neue Möglichkeiten der Personalisierung. In einem weiteren Schritt wurde das System mit den Webanalysedaten der Onlinehandelsplattform angereichert. Das Nutzerverhalten auf der Webseite steht so für die gezielte Auswertung zur Verfügung. Nun weiß das Unternehmen genau, was den Onlinekunden interessiert, welche Links er anklickt oder welche Urlaubsziele er bevorzugt. Ebenso wird registriert, wie viel Zeit ein Internetsurfer im Durchschnitt auf der Seite verbracht hat, bevor er eine Reise bucht. Dank dieser Erkenntnisse kann Thomas Cook wesentlich zielgerichteter agieren. Retargeting und kanalübergreifendes Marketing Nicht nur Transaktionen sondern auch abgebrochene Aktionen werden genau erfasst und analysiert. Wenn Internetnutzer einen Buchungsprozess durchlaufen ohne ihn abzuschließen, wird dies registriert und eine Aktion veranlasst. Es wurden spezielle Retargeting-Kampagnen entwickelt, um einige dieser abgebrochenen Transaktionen zu retten. E-Mail ist nicht der einzige Kanal, der von Thomas Cook eingesetzt wird. In Belgien liegt die Marktdurchdringung von Handys bereits bei über einhundert Prozent. Daher wird im Marketing-Mix auch Mobile berücksichtigt.

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Steve-van-den-Berg

Steve van den Berg: Thomas Cook steigert mit Retargeting den Umsatz

Dadurch kann alles integriert werden, was auf der Website, in E-Mails und über mobile Kommunikationskanäle stattfindet. All das wird schließlich mit den sozialen Medien verknüpft, deren Nutzung für eine noch stärker personalisierte Kommunikation eingesetzt werden soll. Touchpoints besser managen Thomas Cook verfügt in Belgien über eine Datenbank mit über einer Million Kontakten. Derzeit werden über dreißig personalisierte Kampagnen pro Woche verschickt. Darüber hinaus suchen Interessenten aktiv auf den Websites nach ihrem nächsten Urlaubsziel. Dadurch bekommt das Unternehmen eine enorme Anzahl von Kontaktmomenten. Bekannt ist, dass etwa die Hälfte der Kunden dasselbe Urlaubsziel wie beim letzten Mal auswählt. Dank dieser enormen Datenmenge aus allen möglichen Kanälen kann die an die Kunden versandte Information sehr relevant und personalisiert gestaltet werden. Das steigert den Umsatz erheblich. Deutliche Umsatzsteigerung Bereits wenige Monate nach der Migration von der bisherigen Kommunikationsplattform zu einem integrierten System konnten bereits positive Ergebnisse registriert werden. Die ersten Auswirkungen zeigten sich auf operativer Ebene. Zuvor konnten im besten Fall vier E-Mail-Versionen pro Woche versendet werden. Zwei Monate nach der Umstellung waren es bereits 16. Weitere zwei Monate später sind es fast vierzig E-Mail-Versionen pro Woche – mit genau derselben Anzahl von Personen und denselben Ressourcen wie zuvor. Dies steigert die Gewinnspanne eindeutig. Nach der Einführung verzeichnete Thomas Cook, verglichen mit dem Vorjahr, eine bedeutende Umsatzsteigerung alleine über EMails – und das ist gerade mal die Spitze des Eisbergs aller Möglichkeiten, die sich jetzt erschließen.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

329

DVD-Versand mit Realtime Decision Engine Andreas Landgraf

7

Bei klassischen Mailings auf Papier mussten noch alle Exemplare einer Aussendung weitgehend „inhaltsgleich“ sein, um die Portovergünstigungen der Post zu nutzen. Bei EMail-Werbung gibt es weder Porto noch solche Vorschriften, so dass hier völlige Freiheit bei der individuellen Gestaltung besteht. Individualisierung in „Losgröße 1“ per RDE Früher scheiterte es an (willkürlichen) Regeln, Mailings zu individualisieren. Heute werden in praktisch allen größeren Onlineshops „Realtime Decision Engines“ (kurz „RDE“) eingesetzt: Sie errechnen aus dem Klickverhalten des Kunden und den geleerten Warenkörben aller anderen Kunden in Sekundenbruchteilen, welches Produkt die größte Chance hat, jetzt im Einkaufskorb zu landen. Diese Shoptechnologie lässt sich in angepasster Form auch auf Newsletter übertragen. Im Onlineshop hat die RDE fünf Informationsquellen zur Verfügung: 1. Das gesammelte Wissen aus Einkäufen der anderen Kunden. 2. Die aktuelle Verfügbarkeit im Warenlager (um keine Produkte zu bewerben, die schon ausverkauft sind). 3. Die Historie der früheren Einkäufe des aktuellen Kunden. 4. Die Produkte, die bereits im Warenkorb liegen. 5. Den Klickpfad der Produkte, die sich der Kunde gerade angesehen hat. Bei einem Newsletter gibt es keinen Warenkorb und keinen Klickpfad. Dafür gibt es zusätzlich ein redaktionelles Umfeld: Geht es zum Beispiel bei einem DVD-Versand in diesem Newsletter um Krimis, Western oder Liebesfilme? Aufgrund der unterschiedlichen Ausgangsdaten ist klar, dass die Rechenergebnisse von Onlineshop und Newsletter nicht identisch sein müssen. Schnell gemacht: die technische Umsetzung Die Einbindung einer dynamischen Produktempfehlung – um beim Beispiel DVDNewsletter zu bleiben – ist einfach. Im HTML-Quelltext wird ein modifiziertes ImageTag eingebaut, mit dem ein Bild von der RDE abgerufen wird:

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Andreas-Landgraf

Andreas Landgraf: DVD-Versand mit Realtime Decision Engine

Mit dem Parameter „campaign“ wird das thematische Umfeld definiert und gleichzeitig zur späteren Auswertung protokolliert, aus welchem Newsletter die Anforderung kam. Der Parameter „customer“ identifiziert den Kunden und ermöglicht so den Zugriff auf das gespeicherte Wissen über seine individuelle Situation. Das heißt, für welche Filme er sich früher interessiert hat und welche DVDs generell im Warenkorb landen. Auf Basis dieser Angaben berechnet die RDE blitzschnell, welches Produktbild angezeigt werden soll und liefert es aus. Weiß man über den Kunden etwa, dass er vor allem DVD-Staffeln von US-Serien bestellt hat, dann kann ihm im Newsletter jeweils die neueste Staffel der Serie beziehungsweise eine andere US-Serie vorgeschlagen werden. Geheimtinte in der E-Mail? Das Verfahren hat einen interessanten Nebeneffekt, der möglicherweise noch Juristen und Datenschützer auf den Plan rufen wird. Wenn die RDE bei jedem Öffnen des Newsletters neu rechnet, ist nicht auszuschließen, dass unterschiedliche Angebote angezeigt werden. Wird zum Beispiel beim ersten Öffnen noch die optimale Empfehlung angezeigt und die DVD ist bis zum zweiten Öffnen ausverkauft, dann wird nun das zweitbeste Produkt präsentiert. Oder beim zweiten Öffnen ist bereits eine neue Staffel im Handel, so dass sie statt der vorherigen angezeigt wird. Nicht ganz unproblematisch daran ist, dass der komplette Newsletter beim Empfänger die ganze Zeit über „gefühlt“ in seiner Inbox ist – zugestellt und endgültig in seinem Besitz. Dass eine solche E-Mail sich nachträglich noch verändern kann, entspricht kaum der Erwartungshaltung eines durchschnittlichen E-Mail-Empfängers, der mit den technischen Feinheiten nicht vertraut ist. Es wäre ja auch durchaus denkbar, dass ein und dasselbe Produkt zunächst sehr günstig und später zu einem deutlich höheren Preis angezeigt wird. Oder es kann sein, dass der Start einer neuen SerienStaffel erst nach dem Versand des Newsletters liegt. Wenn diese beim späteren Öffnen des Newsletters als erstes Produkt angeboten wird, kann das verwirren – oder als Service verstanden werden, den Kunden immer auf dem Laufenden zu halten. Zumal echte Fans einem Serienstart regelrecht entgegenfiebern. Hierzu wurden bereits erste juristische Stellungnahmen eingeholt – erwartungsgemäß bilden sich zwei gegensätzliche Lager: Einige Juristen orientieren sich daran, wie die Dinge auf den Kunden wirken, nicht wie sie wirklich sind. Demnach wäre es ein unzulässiger Vertrauensbruch und Eingriff in die persönliche Sphäre des Empfängers, wenn eine einmal zugestellte E-Mail nachträglich verändert (also verfälscht) wird. Die anderen Juristen analysieren den exakten technischen Vorgang und sehen kein Problem darin, wenn beim Zugriff auf den Webserver des Werbetreibenden immer wieder andere Bilder zu sehen sind. Schließlich ist es sein Server und er kann von dort aus veröffentlichen, was er will. Dass der Abruf mit Hilfe einer E-Mail als Umrahmung erfolgt, ändert nichts.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

331

Retargeting via E-Mail bei einem Reiseveranstalter Norbert Rom

7

Von den Besuchern eines Reiseportals verlassen 98 Prozent die Website ohne eine Buchung oder Registrierung. Durch Retargeting per E-Mail können diese „Schaufensterbummler“ angesprochen werden. Ziel ist, diese Interessenten zurück auf die Webseite zu bekommen und die Kaufbereitschaft zu steigern. Retargeting funktioniert durch aktionsbezogene E-Mails und hält für einen kurzen Zeitraum Kontakt zu den Personen, die eine Website besuchen und aktuelles Interesse erkennen lassen. Bisher werden Newsletter-Abonnenten oftmals über einen langen Zeitraum mit sehr vielen E-Mails kontaktiert. Der Versender geht davon aus, dass der Empfänger laufend Interesse an den Angeboten und Dienstleistungen hat. Tatsächlich haben die Empfänger von Newslettern meist nur über einen kurzen Zeitraum ein verdichtetes Interesse an den zur Verfügung gestellten Informationen. Schon nach wenigen Wochen lässt dieses Interesse nach und es kommt mitunter dazu, dass die Empfänger sich sogar von den nun weiterhin eintreffenden E-Mails gestört fühlen. Dies wird deutlich an den rückgängigen Öffnungs- und Klickraten beziehungsweise Abmeldungen aus dem Verteiler. Retargeting-E-Mails treten erst dann in Aktion, wenn erkennbarer Bedarf vorliegt. So funktioniert das System Technisch wird ein Script-Tag (eine kleiner Dateicode) in der Fußzeile einer Website eingebaut. Wenn jemand die Webseite besucht, wird ein Cookie gesetzt. Diese Cookies werden in Echtzeit mit Cookies von markierten E-Mail-Adressen ihres Retarget-Anbieters verglichen und bei Übereinstimmung werden in Echtzeit oder zeitversetzt vordefinierte Werbemittel automatisch zum besten Zeitpunkt an die Interessenten per E-Mail ausgeliefert. Der Cookie auf der Webseite speichert keine sensiblen Daten. Jene E-Mail-Adressen, die angeschrieben werden, müssen zuvor ein Werbeeinverständnis für den Erhalt von Werbung per E-Mail und eine Erlaubnis für das Speichern und Ausliefern der Cookies abgeben. Fallbeispiel des Online-Reiseanbieters Optivel AG Mit Optivel reisen jährlich mehrere zehntausend Kunden, die über unterschiedliche Reiseportale des Anbieters gebucht haben. Die Besucher der Online-Reiseshops kommen über Suchmaschinen, Display-Werbung, Social Media und Affiliate-Kampagnen. Im

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Norbert-Rom

Norbert Rom: Retargeting via E-Mail bei einem Reiseveranstalter

günstigsten Fall buchen zwei Prozent der Besucher sofort die Angebote. Die meisten Besucher verlassen jedoch die Webseite wieder ohne zu bestellen. Werbeanalysen haben ergeben, dass nur ein geringer Teil der Interessenten in der Folgezeit auf die Webseite zurückkehrt. Branchenstudien zeigen, dass ein Interessent im Schnitt vier Reiseportale besucht, bevor er sich zu einer Buchung entschließt. Der Zeitraum vom Besuch des ersten Angebotes bis zur Buchung beträgt durchschnittlich drei Wochen. Ablauf der Kampagne mit externen Adressen Mit einer Retarget-E-Mail-Kampagne wurde wenige Minuten nach Verlassen der Webseite eine erste E-Mail-Nachricht an all jene Besucher gesendet, die zuvor über das System (AdressenBereitsteller) erfasst und identifiziert werden konnten. In dieser ersten Begrüßungs-E-Mail wurde auf die Vorteile und den Nutzen der eigenen Reiseangebote in Bezug auf Sicherheit und Angebot hingewiesen. Nach 24 Stunden wurde eine individualisierte E-Mail an die Besucher gesendet mit Angeboten auf den zuvor besuchten Seiten. Die genaue Definition der Werbemittel erfolgte nach differenzierten Regeln. 72 Stunden nach dem Besuch auf der Webseite erhielten all jene, die bisher nicht reagierten, ein spezielles Angebot mit weiteren Informationen in der jeweils individualisierten Rubrik. Am 7. Tag wurde ein Gutschein für schnellentschlossene Bucher in Höhe von 50 Euro angepriesen und zwei weitere E-Mails folgten an alle „nicht Reagierer“ am 10. und 14. Tag. Öffnungs- und Klickraten der Kampagne stiegen Normale E-Mail-Kampagnen an den eigenen Newsletter-Verteiler erreichen Öffnungsraten von 17 Prozent und Klickraten von 2,1 Prozent. Folgende Werte wurden mit der RetargetingKampagne erzielt: Erstversand (an alle):

Öffnungsrate 74 %

Klickrate 25 %

Mail nach 24 Stunden:

Öffnungsrate 68 %

Klickrate 27 %

Mail nach 3 Tagen:

Öffnungsrate 23 %

Klickrate 9 %

Gutschein am 10. Tag:

Öffnungsrate 52 %

Klickrate 16 %

Die Wandlung der Besucher aus den E-Mail-Kampagnen stieg dabei von knapp zwei Prozent Buchungen auf elf Prozent innerhalb von 14 Tagen nach dem ersten Besuch auf der Webseite. Die Inhalte der im System hinterlegten Werbemittel wurden vorab erstellt und während der ersten Wochen anhand der Ergebnisse optimiert. Die Erfahrungen aus den ersten Loops wurden für die Ergebnissteigerung herangezogen. Laut Aussagen der Optivel AG steigerten sich die Ergebnisse von herkömmlichen Besuchern zu den Besuchern aus Retargeting-Kampagnen um mehr als fünfhundert Prozent.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

333

Cisco: Marketing unterstützt den Vertrieb in Echtzeit Reinhard Janning

7

Unternehmensressourcen werden oft nicht effektiv genutzt, weil Prozesse schlecht koordiniert sind. Die Folge sind unzureichend betreute Verkaufschancen. Oft gibt es Whitepaper oder E-Books, die nicht systematisch für die Neukundengewinnung eingesetzt werden. Automatisiertes Marketing erleichtert und strukturiert die Zusammenarbeit von Marketing und Vertrieb und spart zudem sowohl Zeit als auch Geld. Cisco ist ein weltweit führender IT-Anbieter für Netzwerklösungen und hilft Unternehmen dabei, schon heute die Geschäftschancen von morgen zu nutzen sowie Innovation und Produktivität zu verbessern. Durch die Vernetzung von Menschen, Prozessen, Daten und Dingen entstehen so unvergleichliche Möglichkeiten. Zusammen ist man weniger allein Das ist nicht nur der Titel eines bekannten Buches, sondern lässt sich in seiner Bedeutung auch auf Unternehmensprozesse anwenden. Um Kunden und potentielle Kunden optimal zu betreuen und möglichst viele Verkaufsabschlüsse zu erzielen, dürfen Marketing und Vertrieb nicht alleine an ihren Aufgaben arbeiten. Vielmehr ist eine Zusammenarbeit beider Teams für den Erfolg unerlässlich. Andernfalls werden die Unternehmensressourcen nicht optimal genutzt: Kaufbereite Kunden werden nicht bestmöglich betreut, der Vertrieb kennt nicht alle Inhalte, die er seinen Ansprechpartnern zur Verfügung stellen kann, während das Marketing nicht weiß, wann der Vertrieb Unterstützung braucht. Nicht zu vergessen, spart eine effektive Absprache sowohl Zeit als auch Geld und dieser Faktor ist natürlich entscheidend. Koordination und Kooperation Für die Lösung waren bei Cisco mehrere Schritte erforderlich. Zunächst wurde eine groß angelegte Umfrage innerhalb des Vertriebs gestartet, um Feedback zur Zusammenarbeit mit dem Marketing zu bekommen. Die Ergebnisse dienten dazu, Prozesse und Regeln zu definieren und schufen die Grundlage für eine transparente Zusammenarbeit. Durch Analyse der Vertriebsprozesse, der Kaufzyklen und der potentiellen Verkaufsabschlüsse wurde definiert, welche Informationen der Vertrieb über potentielle Kunden benötigt, wo er diese schnellstmöglich findet und in welcher Phase exakte Informationen für einen Verkaufsabschluss relevant sind. Dann wurden alle vorhandenen Inhalte gesichtet und bewertet, um diese den jeweiligen Phasen der Kaufentscheidung zuordnen zu können.

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Reinhard-Janning

Reinhard Janning: Cisco: Marketing unterstützt den Vertrieb in Echtzeit

Automatisierte Prozesse Der Vertrieb bei Cisco nutzt für sein Customer Relationsship Management (CRM) die Cloud-Plattform Salesforce. Damit wird das Verkaufs- und Opportunity-Management gesteuert. Sobald es einen neuen potentiellen Verkaufsabschluss gab, war es Aufgabe des Vertriebs, die im Marketing verfügbaren Informationen passend zu diesem potentiellen Verkaufsabschluss zu recherchieren. Durch den Einsatz von Marketing Automation können diese manuellen Recherchen effizienter ablaufen. Diese Vorgänge wurden definiert und automatisiert. Alle Inhalte und Prozesse wurden in einem professionellen Marketing Automation-System dargestellt und Salesforce mit dieser Plattform integriert. Die Daten werden automatisch anhand definierter Geschäftsregeln analysiert und die Inhalte aufgrund von Schlüsselelementen, wie Stufe der potentiellen Verkaufsabschlüsse, Branche, Architektur oder Produkt sortiert und den Verkaufschancen zugeordnet. Daraufhin erhält jeder Vertriebsmitarbeiter in Echtzeit eine E-Mail mit weiterführenden Informationen über seine potentiellen Verkaufsabschlüsse und mit Vorschlägen für kontext-bezogene Inhalte, die er seinen Ansprechpartnern zur Verfügung stellen kann. Dementsprechend kann jeder Kontakt optimal betreut und alle potentiellen Verkaufschancen effektiv genutzt werden. Zusätzlich kann in Salesforce direkt festgestellt werden, ob diese Initiative den Interessenten in seiner Kaufentscheidung vorangebracht hat. Das Resultat: 33 Prozent mehr potentielle Verkaufsabschlüsse Dank Marketing Automation konnte nicht nur die Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb allgemein verbessert werden, der Erfolg lässt sich auch in Zahlen belegen: die potentiellen Verkaufsabschlüsse stiegen beispielsweise um 33 Prozent. Der Vertrieb setzt sich nun mit den vom Marketing zur Verfügung gestellten Hilfsmitteln intensiv auseinander, arbeitet mit ihnen und gibt regelmäßig Feedback. Studien belegen, dass im Vertrieb – ohne automatisierte Abläufe und Programme – circa acht Stunden pro Woche aufgewendet werden müssen, um relevante Materialien und Informationen zu recherchieren. Zwischen 1.500 und 2.000 Vertriebsmitarbeiter erhalten jetzt regelmäßig personalisierte EMail-Benachrichtigungen. Durch diese Effizienzsteigerung werden mehr als 1.000 Stunden pro Woche interner Sucharbeiten eingespart und geschätzte zehn Millionen Euro pro Jahr können dadurch für die eigentliche Aufgabe im Vertrieb eingesetzt werden: den Verkauf.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

335

Social Media-Daten für Dialog mit Sportfans Sebastian Fleischmann

7

Mit Facebook, Xing, LinkedIn und Twitter zeigt man seinen Freunden Interessen, Vorlieben und Meinungen. Obwohl Unternehmen in den sozialen Netzwerken vertreten sind, nutzen laut einer Studie von Forrester nur 13 Prozent davon diese Daten auch für ihre interaktiven Marketingkampagnen. Kunden sprechen online über Sportartikel Ein internationaler Sportbekleidungshersteller, der seine Waren auch online vertreibt, wies seine Kunden auf die bequeme Anmeldung mit ihrem sozialen Netzwerk-Login hin. Vor der Anmeldung wird dem Kunden gezeigt, welche Informationen er erteilt. Mit dem Einverständnis der Kunden stehen seitdem sehr wertvolle, aktuelle und präzise Daten zur Verfügung, mit denen nicht nur eine passgenaue Ansprache auf allen relevanten Kanälen möglich ist, sondern sich auch ein langfristiger, intensiver Dialog mit dem Kunden entwickelt hat. Wertvolle Daten für alle Kanäle Einer Studie von Blue Research zufolge geben 88 Prozent der Nutzer in OnlineRegistrierungsformularen falsche oder lückenhafte Daten an. Social Media-Profile hingegen sind vor allem für die Kontaktpflege mit Freunden konzipiert. Daten werden hier häufig aktualisiert und haben einen hohen Grad an Richtigkeit. Neben den Stammdaten wie Geschlecht, Alter und Wohnort geben Nutzer auf sozialen Netzwerken auch weitere Informationen an, die für ein passgenaues Targeting genutzt werden können. Über Hobbies, Sportarten und „Likes“ etwa zu bestimmten Marken, Vereinen oder Veranstaltungen bekommen Unternehmen ein besseres Verständnis für die Interessen der Zielperson. Der Onlinehändler hat mit diesen Daten ein vorhandenes Kundenprofil ergänzt und auch das Verhalten des Kunden im Verlauf der Zeit beobachtet. So kann er absolut passgenaue Botschaften senden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit gelesen werden und neben einer gesteigerten Kundenloyalität auch zu vermehrten Einkäufen führen. Beispiel: Geburtstage und Umzüge Der Onlinehändler nutzt die Facebook-Daten seiner Kunden nicht nur im Tagesgeschäft sondern auch für besondere Ereignisse. Mit dem automatisierten Versand eines personalisierten Geburtstagsglückwunsches kombiniert mit einem Online-Sonderrabatt etwa schafft er einen Anreiz, den Shop zu besuchen. Bei einem Umzug in eine andere

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Sebastian-Fleischmann

Sebastian Fleischmann: Social Media-Daten für Dialog mit Sportfans

Gegend wird auch die Angabe des Wohnorts auf Facebook aktualisiert. Damit der Nutzer sich in der neuen Umgebung besser einfindet, schickt der Sportbekleidungshersteller eine Nachricht mit Hinweisen zur nächstgelegenen lokalen Niederlassung des Geschäfts. Auch hier kann durch einen passenden Rabattgutschein, der vor Ort eingelöst werden kann, ein wertvoller Beitrag zum Kundendialog geschaffen werden. Der soziale Fußabdruck – Interessen, Likes und Social Influencer Mit der Anmeldung für eine Facebook-App und die damit verbundene Einwilligung auf die Social Media-Daten zugreifen zu dürfen, entsteht neben dem präzisen Profil mit der Zeit auch ein verbessertes, nachvollziehbares Verhaltensmuster des Kunden. Das ermöglicht die Identifikation von Multiplikatoren. Sogenannte Social Influencer, also Personen, die besonders oft auf der Unternehmensseite posten oder kommentieren, spricht er mit einer speziellen Kampagne an. Wenn mindestens fünf Freunde eines Influencers einen Post liken, bekommt der Influencer beim nächsten Einkauf einen Sonderrabatt von 15 Prozent. Hier wird das laut einer Studie von Aite Research bestätigte Paretoprinzip, nachdem die zwanzig Prozent der stark eingebundenen Nutzer im Gegensatz zu den achtzig Prozent der weniger engagierten Nutzer mehr als doppelt so viele Empfehlungen aussprechen und zusätzliche Angebote wahrnehmen, erfolgreich ausgenutzt. Für den Onlinehändler sind die Kontakte über die Empfehlungen des Social Influencers besonders wertvoll, da dieser als authentischer Fürsprecher und nicht wie eine Werbeanzeige wahrgenommen wird. Mit den richtigen Daten die passenden Angebote Die präzisen Angaben, die Nutzer in ihren Social Media-Profilen hinterlegen, und ihre Interaktionen mit dem Sportbekleidungshersteller, haben zu umfassenden, hochwertigen Profilen der Nutzer geführt. Basierend auf diesen Angaben findet ein Dialog mit dem Kunden statt, der an dessen aktuelle Situation angepasst ist.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

337

Apple versus Samsung − Image im Social Web Garbis Bedoian

7

Apple verkauft so viele Produkte wie nie und ist hinter Exxon Mobile das aktuell zweitwertvollste Unternehmen der Welt. Und doch wird inzwischen immer häufiger in den klassischen und digitalen Medien die Frage aufgeworfen, ob Apple den Coolness-Faktor verloren hat. In den sozialen Medien wird die Diskussion darüber schon länger geführt, wie aus einer Studie zur Social Media-Konferenz „Superweek“ hervorgeht. Die Studie beschreibt eindrucksvoll die Divergenz zwischen Wahrnehmung der Nutzer in den sozialen Medien und in der medialen Berichterstattung. Dabei beleuchtet sie das Phänomen des Stimmungsumschwungs in den sozialen Netzwerken mit Blick auf die Markenbeliebtheit von Apple zu Samsung. Systemkritische Fragen nur im Social Web Samsung wurde von Apple vor einem US-Gericht verklagt, weil Samsung gegen Patente von Apple verstoßen und durch illegales Kopieren von Apples Ideen sich einen Vorteil auf dem Smartphone- und Tablet-Markt verschafft haben soll. Im Verlauf des Gerichtsprozesses wurde Samsung zu einer Schadensersatzsumme von über einer Milliarde US-Dollar verurteilt. Im Zuge des Prozesses wurde in den Mainstream-Medien zwar auch über die Sinnhaftigkeit einiger der betroffenen Patente diskutiert, der Grundtenor jedoch war, dass Samsung durchaus Apples Ideen kopiert habe. Monitoring-Lösung vergleicht Onlinemeinungen Ziel der Studie war es, zu untersuchen, ob die Meinung der Mainstream-Medien und die Meinungen der Nutzer in den sozialen Netzwerken während der Gerichtsverhandlung deckungsgleich gewesen sind oder ob und wie sich das Meinungsbild verschoben hat. Mithilfe eines Social Media-Monitoring-Tools wurden auf Basis historischer und aktueller Daten relevante Inhalte aus einer Vielzahl von Quellen analysiert und ausgewertet. Dazu zählten sowohl Berichterstattungen auf Nachrichtenportalen als auch Meinungen, Kommentare und Posts in sozialen Netzwerken wie zum Beispiel auf Facebook und Twitter oder in Foren und Blogs. Untersucht wurde, welche Anzahl und Art von Erwähnungen („Mentions“) in welchen Kanälen sich zu Apple und Samsung vor und nach dem Prozess ermitteln ließen.

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Garbis-Bedoian

Garbis Bedoian: Apple versus Samsung — Image im Social Web

Manuelle Tonalitätsanalyse Mit Hilfe einer manuellen Analyse der Tonalität der Aussagen (positive oder negative Meinungen) wurden die Erwähnungen der Marken auf einer fünfstufigen Skala bewertet und so zur weiteren Analyse vorbereitet. Dadurch war es möglich, nicht nur die Anzahl der Erwähnungen zu beurteilen, sondern auch deren Inhalte in die Bewertung einzubeziehen. Zusätzlich wurden die Beiträge typologisch kategorisiert, um eine thematische Analyse zu ermöglichen. Apple in klassischen Medien gelobt, im Social Web kritisiert Das Ergebnis der Studie zeigt eine deutliche Verschiebung der positiven Meinungen in den sozialen Netzwerken von Apple zu Samsung. Während in den Mainstream-Medien Apple innerhalb des Zeitraums die Anzahl der positiven Erwähnungen von 17 Prozent auf 32 Prozent fast verdoppeln konnte, haben sich die Werte von Samsung von 23 Prozent positiver Nennungen auf 13 Prozent fast halbiert. In den sozialen Medien dagegen ging die Anzahl positiver Erwähnungen von Apple von 19 Prozent leicht zurück auf 16 Prozent. Die Werte von Samsung wiederum hatten eine ähnliche Tendenz wie in den Mainstream-Medien und verringerten sich von 24 Prozent auf 15 Prozent. Auch die Anzahl der negativen Meldungen für Apple in den MainstreamMedien veränderte sich während der Studie erheblich – es konnte ein Rückgang von 26 Prozent auf nur noch 9 Prozent der Erwähnungen festgestellt werden. In den sozialen Medien dagegen konnte sogar ein leichter Anstieg der negativen Erwähnungen von 40 Prozent auf 43 Prozent verzeichnet werden. Social Web gut als Frühwarnsystem Die Meinungen der Nutzer in den sozialen Medien entwickelten sich in diesem Fall anders als Meinungen der Mainstream-Medien. Dabei haben die sozialen Medien in diesem Fall die Entwicklungen in den Mainstream-Medien nur vorweg genommen. So haben später viele Mainstream-Medien ebenfalls kritische Berichte zu Apples Produktstrategie, zur Entwicklung der Marke oder zum Unternehmen im Ganzen veröffentlicht. Dies schlägt sich auch im YouGov Brandindex wieder, hier hat die Marke Apple binnen eines Jahres 20 Imagepunkte auf nunmehr 40 Punkte verloren. Als Fazit der Studie kann festgehalten werden, dass sich die Meinungen der Nutzer in den sozialen Medien nicht unbedingt deckungsgleich mit Meinungen der MainstreamMedien entwickeln. Soziale Medien waren in diesem Fall ein Frühwarnsystem für die negative Entwicklung der Marke Apple gewesen. Das Monitoring stellt somit eine wirksame Möglichkeit dar, solche Tendenzen frühzeitig zu erkennen.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

339

Marketing Automation im Versandhandel Martin Philipp

7

Bei der Neukundengewinnung spielt online heute die führende Rolle. Umso wichtiger ist es, hier nicht mit Insellösungen zu arbeiten, sondern über die vorhandene IT-Infrastruktur. Bereits seit über fünf Jahren ist E-Mail-Marketing für einen süddeutschen Versandhändler ein wichtiger Informations- und Absatzkanal. Anfang 2012 wurde die bestehende E-MailMarketinglösung abgelöst. Mitentscheidend war, dass das neue System sich über einen SAP-zertifizierten CRM-Konnektor automatisch mit der Datenbank abgleicht. Auch die statistische Auswertung spielt eine wichtige Rolle. Neben dem Einsatz für individualisierte Newsletter und zur Kundensegmentierung plant das Unternehmen, sein E-Mail-Marketing für weitere Kommunikationsstrecken zur Neukundengewinnung einzusetzen. Neue Kunden über Marketing Automation Eine erste Kampagne knüpft direkt an die bestätigte Newsletter-Anmeldung an und verfolgt mit einem mehrstufigen Kommunikationskonzept das Ziel, die Profildaten der Abonnenten mit den jeweiligen Interessen anzureichern. Über die gesamte Kommunikationsstrecke werden maximal sechs Mails mit unterschiedlichen Themen und Schwerpunkten versendet. Die Marketing Automation-Kampagne versendet vollautomatisch nach einem definierten Zeitschema und in Abhängigkeit vom jeweiligen Benutzerverhalten. Das System reagiert dabei auf die hinterlegten Interessen. Dadurch werden die Abonnenten mit passgenauen Angeboten versorgt. Begrüßungskampagne dient der Datenanreicherung Die Kampagne zur Neukundengewinnung erstreckt sich von der Newsletter-Anmeldung über die eigentliche Marketing Automation-Kampagne bis hin zu flankierenden Kommunikationsmaßnahmen. Das Kampagnenkonzept, die Newsletter-Anmeldung wie auch die flankierenden Maßnahmen sind durchgehend kundenseitig entwickelt worden. Die technische Umsetzung der Kampagne erfolgte über den Anbieter des E-MailMarketingsystems. Über einen Zeitraum von vier Wochen werden mit der E-MailMarketinglösung bis zu sechs Mails automatisch versendet:

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Martin-Philipp

Martin Philipp: Marketing Automation im Versandhandel

• In der Willkommensmail kann der Abonnent ein individuelles Interessenprofil hinterlegen. • Falls nach fünf Tagen noch keine Profildaten vorliegen, wird eine Erinnerungsmail samt Link zu einem kompakten Profil-Formular versendet. • Hat der Empfänger ein Interessenprofil hinterlegt, erhält er eine Angebotsmail für ein Versandhandelssortiment, das seinen Interessen entspricht. Sollten noch keine Profildaten vorliegen, erhält er ein allgemeines Angebot. • Alle Abonnenten erhalten ein exklusives Angebot, das ausschließlich innerhalb der Neukundenkampagne buchbar ist. • Gegen Kampagnenende erhalten die Empfänger die gesammelten Profilinformationen, um ihre persönlichen Interessen bei Bedarf anpassen zu können. • In der letzten Kampagnenmail haben die Empfänger über ein Formular die Möglichkeit, sich an Jubiläen, Fest- oder Feiertage erinnern zu lassen. Danach beginnt der reguläre Newsletter-Betrieb. Wenn ein Empfänger innerhalb der laufenden Kampagne eine Bestellung vornimmt, wird die Kampagne direkt beendet und der Newsletter-Abonnent erhält nur noch den regulären Newsletter. Unterstützt wird die Kampagne über flankierende Maßnahmen wie Website, Blogbeiträge und Social Networks. Die gewonnenen Daten werden zentral im CRM-System gehalten und in Echtzeit über einen angepassten SAP-Konnektor synchronisiert. Die Anbindung an SAP CRM dauerte dank des Konnektors nur wenige Wochen. Automatisch individuelle Angebote Durch die Kampagne zur Neukundengewinnung erhält der Versandhändler die Möglichkeit, seine Newsletter-Abonnenten stets mit relevanten Inhalten zu versorgen und dem individuellen Interessenprofil entsprechend attraktive Angebote zu erstellen, wovon natürlich auch die Abonnenten profitieren. Die gesamte Kommunikationsstrecke läuft vollautomatisch inklusive der Datensynchronisierung mit SAP CRM, so dass so gut wie kein Pflegeaufwand notwendig ist. Erste Tests sind sehr positiv verlaufen, so dass das Unternehmen insgesamt eine gute Akzeptanz erwartet. Der Anmeldeprozess soll künftig innerhalb der E-Mail-Marketinglösung stattfinden; momentan verwendet der Kunde noch ein entkoppeltes Anmeldeverfahren. Weiterhin wird überlegt, ob eine ähnliche Kampagne auch für Bestandskunden aufgelegt werden soll.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

341

Gegen die Regeln mehr Mode verkaufen Stefan Appenrodt

7

Ein international bekanntes Bekleidungshaus will über den Newsletter neue Kontakte generieren und den Umsatz erhöhen. Das Modeunternehmen ist in allen deutschen Mittelund Großstädten vertreten: Ein großer Player mit über 1.500 Filialen in zwanzig Ländern, davon rund 500 in Deutschland. Mit den monatlichen Newsletter-Kampagnen für den Versandhändler wird ein Jahr lang bewiesen, dass sich im gut geklickten Fashion-Segment noch einiges optimieren lässt. Nicht nur auf technischen, sondern auch auf zwischenmenschlichen Faktoren liegt der Fokus. Um in diesem High-End-Bereich aus den Mailings die beste Kampagne aller Zeiten zu machen, wurde an vielen kleinen, vermeintlich unscheinbaren, Stellschrauben gedreht. Dass Newsletter-Empfänger Versandhandels-Kampagnen interessant finden, ist kein Geheimnis. Ist der Absender eines der großen, weltweit bekannten Modehäuser, sind hohe Klick- und Öffnungsraten programmiert. Wo lässt sich auf diesem hohen Niveau noch optimieren? Lassen sich solche Erfolgsgaranten überhaupt verbessern? Die Templates liefert der Kunde, sie bleiben unverändert und sind auch bereits optimal gestaltet. Das Know-how der E-Mail-Marketing-Agentur kommt bei den Kriterien zur Verteilerauswahl, dem Versandzeitpunkt, der Betreffzeile, dem Für und Wider von Personalisierungen und dem unterschätzten Preheader zum Tragen. Qualitätsdaten: Interessierte Leser klicken mehr Das größte Potenzial für hohe Klick- und Öffnungsraten liegt in der Auswahl des Verteilers. Für das Modehaus wird ein Empfängerkreis ausgewählt, der sich aus Co-SponsoringAdressen sowie einer Million Newsletter-Empfängern aus Verteilern anderer Modehäuser zusammensetzt. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Frauen jeglichen Alters. Zudem werden Newsletter-Empfänger, die bei anderen Kampagnen geklickt hatten, ausgewählt. So stellt die Agentur von Anfang an sicher, dass es sich um versandhandelsaffine Leser handelt. Beim Versand werden die Listen an einigen Stellen gesplittet und Newsletter gezielt an unterschiedliche Kunden verschickt. Damit ist die Kampagne aus der Regelkommunikation ausgebrochen und punktet mit Aktionen wie einem Women‘s-Day und Geburtstagsrabatten. Der Schlüssel zur erfolgreichen Kampagne liegt klar darin, seine Empfänger zu kennen und ihnen dann zu liefern, was sie und wann sie es brauchen.

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Stefan-Appenrodt

Stefan Appenrodt: Gegen die Regeln mehr Mode verkaufen

Personalisierungen mit Vorsicht anwenden Nur bei wenigen Rabatt-Aktionen kommen personalisierte Betreffzeilen wie „50 % Rabatt für Stefanie Mustermann“ gut an. Grundsätzlich gilt es zu testen. Aktionen wie „versandkostenfreie Lieferung“ oder „reduzierte Einzelteile“ bringen mit personalisierten Betreffzeilen zwei Prozent weniger Resonanz. Das deckt sich mit der Erfahrung aus zahlreichen anderen Kampagnen. Zu der Frage, ob und wo Personalisierungen vorteilhaft sind, wurde von der Agentur im September 2012 eine Umfrage erhoben. Sie ermittelte, dass beispielsweise das häufig angewandte sogenannte Prefilling das Vertrauen der Kunden eher schmälert. Viele Kunden stehen vorausgefüllten Formularen extrem skeptisch gegenüber. Weniger Personalisierung führt zu mehr Performance. Erfolgsformat Preheader Ganz anders verhält es sich mit Personalisierungen im sogenannten Preheader: Das ist der kleine Textpart oberhalb des Headbereichs, der in der Regel mit den Worten „Wenn Sie diesen Newsletter nicht anzeigen können, klicken Sie bitte hier“ aufschließt. Die Agentur editiert den Preheader. Mit Hilfe einer persönlichen Ansprache kommuniziert sie vor dem Klick und „verlängert“ somit den Betreff: „Das neue Jahr fängt gut an für Sie, Herr Mustermann! 70 % Rabatt bei Modehaus XY bis zum xx.xx.2013!“ So lässt sich dem Empfänger der Inhalt des Newsletters kurz und knapp vorab mitteilen. Der unschlagbare Vorteil: Die meisten E-Mail-Clients ohne Vorschau-Modus zeigen beim Empfangen des Mailings neben dem Betreff den Text des Preheaders an. Prominentes Beispiel ist Outlook. Mailings nicht während der Arbeitszeit verschicken? Im B2C-Bereich ist es allgemein sinnvoll, Mailings morgens und abends – also vor und nach dem Arbeitstag – zu verschicken. Das konnte mit vielen Casestudies bestätigt werden. Die Mailing-Kampagnen für das Bekleidungshaus straften jedoch alles Vorwissen Lüge. Die durchweg interessanten Angebote werden von den Newsletter-Empfängern zu jeder Zeit gut angenommen. Fazit: Eine kumulierte Liste, hartnäckiges Optimieren und anhaltendes Testing brachten die Klick- und Öffnungsraten bei den Mailings des Modehauses auf ein Allzeit-Rekordhoch. Die Klick- und Öffnungsraten liegen einhundert Prozent über den üblichen Kampagnen.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

343

Josera setzt auf crossmediale Bildpersonalisierung Thomas Vetter

7

Gut 23 Millionen Heimtiere leben in deutschen Haushalten, davon über fünf Millionen Hunde. Die Liebe zu Hund und Katze ist ein großes Geschäft, das vor allem im Internet wächst. Allein mit Hunde- und Katzennahrung wurden in 2012 nach Angaben des Industrieverbands Heimtierbedarf gut 2,6 Milliarden Euro umgesetzt. Nach Einschätzung des Zentralverbands zoologischer Fachbetriebe ist der Tiermarkt in Deutschland eigentlich gesättigt. Josera ist ein mittelständischer Hersteller von Premium-Tiernahrung mit Firmensitz in Kleinheubach bei Aschaffenburg. Das Unternehmen setzt in der Neukundenansprache auf crossmediale Kampagnen. Herausragende Resultate durch Verknüpfung von Print und Online Die Zielsetzung bestand darin, durch den Versand von Futtermittelproben neue Kunden zu gewinnen. Testkunden sollten zu Stammkunden gemacht werden. Die Ansprache richtete sich an Hunde- und Katzenbesitzer. Die Mailingstufen gliederten sich wie folgt: • • • •

Versand einer bildpersonalisierten Erstkontaktkarte an 22.000 Empfänger. Einladung auf die Landing Page. Auslösen von Response. Versand von drei aufeinanderfolgenden bildpersonalisierten Nachfass-E-Mails an Nichtreagierer.

Bildpersonalisierung – emotional und persönlich Auf der verschickten Postkarte war der Name des Interessenten in Form eines Bildes dargestellt. Der eigene Name als Bildmotiv ist ein starker Werbemittelverstärker, der auch mit einem flüchtigen Blick innerhalb von Zehntelsekunden erfasst wird. Bildpersonalisierte Mailings stechen aus der grauen Masse hervor, hinterlassen einen nachhaltigen Eindruck und führen zu Responsequoten, die oft im zweistelligen Prozentbereich liegen. Neue Interessenten durch Co-Sponsoring Das für die Kampagne eingesetzte Adressmaterial bestand aus Hunde- und Katzenbesitzern, die über eine incentivierte Haustierumfrage generiert wurden. Bei der Teilnahme an der Umfrage machte der User auch konkrete Angaben zur Art des Haustieres, den monatlichen Ausgaben für das Haustier und zum Ort der Haltung. So wurden Hunde- und

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Thomas-Vetter

Thomas Vetter: Josera setzt auf crossmediale Bildpersonalisierung

Katzenbesitzer differenziert und das passende Werbemotiv, Hund oder Katze, gewählt. Die gewonnenen Adress-Attribute umfassten neben der Postadresse auch die E-MailAdresse und Telefonnummer. Alle Adressen wurden noch im Registrierungsprozess auf postalische Korrektheit validiert. Die E-Mail-Adresse wurde mittels Double-Opt-inVerfahren gewonnen. Landing Page zum Anbeißen Danach wurde eine bildpersonalisierte Mailingkarte verschickt. Für Hundebesitzer war die Drucksache mit Hundemotiv, für Katzenliebhaber mit Katzenmotiv sowie den entsprechenden Angeboten individualisiert. Mit der Aussicht auf bis zu zwei Futterproben sowie einem 5-Euro-Gutschein animierte das Mailing dazu, über die aufgedruckte sogenannte Persönliche URL (PURL) auf die Landing Page zuzugreifen. Dort erwartete den Besucher eine reichhaltige Auswahl an Leckereien für das Haustier zum Probebestellen. Mit zusätzlichen Informationsabfragen wurden weitere Kundendaten gewonnen, unter anderem zu Rasse, Alter und Futtervorliebe des Haustiers. Zusätzlich wurde der Name des Haustiers erfasst, um weitere Marketingmaßnahmen noch persönlicher gestalten zu können. Ergebnis: Jeder Zehnte der angeschriebenen Kunden besuchte die Landing Page. 75 Prozent der Besucher orderten ihre Futterproben sowie Gutscheine. Bildpersonalisierte Gutscheine Neben dem bildpersonalisierten 5-Euro-Gutschein erhielten die Besteller die gewünschten Futterproben sowie eine Überraschung. Einlösen konnte der Empfänger seinen Gutschein entweder beim Fachhändler um die Ecke oder per Gutschein-Code direkt in einem Onlineshop. Reminder per bildpersonalisierter E-Mail-Kampagne Zwei Wochen nach dem Paketversand erhielten alle, die nicht auf die Mailingkarte reagiert hatten, bis zu drei Erinnerungs-E-Mails. Jede E-Mail wurde ebenfalls mit Hunde- oder Katzenmotiv bildpersonalisiert und mit der Persönlichen URL (PURL) versehen, um den Empfänger auf die persönliche Landing Page zu lotsen. Hohe Quoten auf vier Pfoten Gemessen an den Besuchern der Landing Page, konnte mit der Kampagne eine Responsequote von insgesamt zehn Prozent erzielt werden. Damit war die Aktion für Josera sehr erfolgreich – zumal drei Viertel dieser Besucher tatsächlich Gutscheine und Futterproben bestellten. Konkret: Von 22.678 Adressaten besuchten 2.231 ihre persönliche Landing Page, davon reagierten 1.659 mit einer Probebestellung. Die Kampagne zeigt anschaulich, wie intelligente Crossmedia-Kommunikation funktioniert – von Print über Web direkt zum Onlineshop oder in den Handel.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

345

Vom PC aufs Smartphone: Raiffeisen wird mobil Maya Reinshagen

7

Es ist so weit: Mobile Geräte laufen dem stationären PC oder Laptop beim Lesen von E-Mails den Rang ab. Damit Marketing-Mails „im Kopf ankommen“, ist die benutzerfreundliche, mediengerechte Darstellung der Nachricht entscheidend. Leseverhalten auf mobilen Geräten Auf mobilen Geräten werden E-Mails anders gelesen als am PC. Die meisten mobilen Nutzer lesen ihre E-Mails, wenn sie außer Haus sind und einen kurzen Moment Zeit haben, ihre Inbox zu checken. Mobile Leser sind rund um die Uhr aktiv: E-Mails werden früh morgens noch im Bett, tagsüber im Bus oder Zug, abends in einer Bar und sogar mitten in der Nacht gelesen. Die Nutzungsstatistiken verraten, wann die meisten E-Mails geöffnet werden. Responsive Design macht E-Mail auch mobil lesbar Wenn E-Mails nur für den PC gestaltet werden, sind sie auf dem Smartphone oft nur schwer lesbar. Durch den Einsatz von „Responsive Design“ passt sich die Darstellung der Inhalte dem jeweiligen Lesegerät an. Wer am PC liest, dem wird die E-Mail in 600 Pixel Breite angezeigt; wer die E-Mail mobil öffnet, sieht eine für den kleinen Bildschirm optimierte Version. Der gleiche Newsletter wird damit am PC anders dargestellt als auf dem iPhone. Die Software erfasst dazu das Lesegerät und ändert die Darstellung der Inhalte.

Der Raiffeisen-Newsletter in Outlook und auf dem iPhone

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Maya-Reinshagen

Maya Reinshagen: Vom PC aufs Smartphone: Raiffeisen wird mobil

Raiffeisen zeigt sich innovativ Raiffeisen ist die drittgrößte Bankengruppe der Schweiz und führend im Retail-Geschäft. Um einen nachhaltigen Erfolg zu sichern, kommuniziert das Unternehmen auf allen Kanälen entsprechend des jeweiligen Standes der Technik. Raiffeisen entschied sich für seinen Newsletter für Responsive Design. Dazu wurden alle E-Mail-Templates so aufgebaut, dass die E-Mails automatisch geräteoptimiert dargestellt werden. Die Vorteile dieses Vorgehens liegen auf der Hand: Mobile Nutzer erhalten eine MailVersion, die ihrem Gerät entspricht, während die PC-Leser ihren Newsletter „wie immer“ erhalten. Öffnet der gleiche Nutzer seine Mail einmal auf dem mobilen Gerät, einmal am PC, sieht er jeweils die optimale Version. Das klingt einfach und überzeugend. Der Einsatz von Responsiveness in E-Mails hat jedoch seine Tücken, deren man sich bewusst sein sollte. Nicht jedes Template lässt sich „responsive“ gestalten. Experten können analysieren, welches die Voraussetzungen und Grenzen von Responsive Designs sind. Responsive Designs sind immer auf einen mobilen Client optimiert, hierzulande zumeist das iPhone. Technisch ist das nicht anders möglich. Für die Nutzer anderer mobiler Geräte wird die E-Mail so dargestellt, wie sie auch auf dem PC angezeigt wird; sie profitieren nicht vom „Responsive Design“. Mit dem „Responsive Design“ für die E-Mail ist es nicht getan. Wenn die E-Mail mobil optimiert ist, erwartet der Nutzer dies auch von den nachfolgenden Seiten. Landing Pages müssen für die mobile Nutzung optimiert sein. Denn eine E-Mail steht nie allein, sondern öffnet lediglich die virtuelle Tür zu weiteren Aktionen des Lesers. Generell gilt – auch für E-Mails ohne Responsive Design: Nutzen Sie den Preheader und präsentieren Sie bereits dort die erste Marketingbotschaft (natürlich mit Link)! Insbesondere auf mobilen Geräten wird kaum gescrollt. Der Kopfbereich Ihrer E-Mail ist dementsprechend wichtig! Bieten Sie einen mobilen Rückkanal an! Der Leser hält ein Telefon in der Hand – also muss er Sie auch anrufen können! Mobil optimierte E-Mails ohne Telefonnummer sind etwa so nützlich wie E-Mails ohne Links. Und zu guter Letzt: Testen Sie, und zwar immer und immer wieder. Die Entwicklung mobiler Geräte geht rasant weiter, und nur weil Ihre Mails heute mobil funktionieren, bedeutet dies nicht, dass sie es morgen auch noch tun. Prüfen Sie regelmäßig die einwandfreie Darstellung, jedoch auch die fehlerfreie Funktion aller Links und Formulare für die mobile Nutzung (Abmelden, Daten ändern, Social Sharing).

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

347

Bigpoint personalisiert mit Lifecycle-Marketing Anthony Wilkey

7

Die Welt der Onlinespiele ist groß. Umso wichtiger ist es für Spieleplattformen, ihre Nutzer aktiv zu halten und sie langfristig an das eigene Angebot zu binden. Eine Herausforderung, die Unternehmen wie das internationale Web 2.0-Spielportal Bigpoint mit gezieltem EMail-Marketing angehen: Die Kommunikation via E-Mail-Kampagnen nimmt bei Bigpoint während des gesamten Lebenszyklus (Customer Lifecycle) eines registrierten Spielers längst eine zentrale Rolle ein – sei es zur Bindung an das Spiel und das Portal oder zur Promotion neuer Spiele oder Spielerweiterungen. Das Problem bei der Sache: Bei einer weltweiten Community von rund dreihundert Millionen Spielern war es Bigpoint aus technischen Gründen lange Zeit nicht möglich, seinen umfangreichen Bestand an Kundendaten zu analysieren. Die E-Mail-MarketingStrategie konnte so nur unzureichend an den Customer Lifecycle und die individuellen Interessensgebiete der Spieler angepasst werden. Ein Großteil der Newsletter wurde flächendeckend und unpersonalisiert an alle aktiven Spieler gesendet. Für Abhilfe sorgte die Implementierung einer speziellen E-Mail-Marketing-Software, die eine intelligente Kundenansprache ermöglicht und dem Empfänger über detaillierte Auswertungen der Kundendaten einen ganz persönlichen Mehrwert bietet. Mit einem klaren Ergebnis: Der Erfolg der E-Mail-Kampagnen konnte sehr schnell deutlich gesteigert werden. Leistungsstarke Software spricht Gamer persönlich an Mit über siebzig Onlinespielen bietet Bigpoint ein umfangreiches Portfolio, das in mehr als 150 Ländern auf PCs, Laptops, Tablets und Smartphones genutzt wird. Entsprechend groß war die Herausforderung, eine personalisierte Kommunikation so zu automatisieren, dass sie ohne großen Aufwand und absolut sicher im Posteingang des jeweiligen Endgerätes platziert wird. Zu bedenken war nicht zuletzt die Kreation und der Versand von E-Mails in 22 Sprachen. Eine effektive Lösung fand Bigpoint in einer SaaS-basierten Software, die in den Bereichen E-Mail und Mobile eingesetzt wird. Sie verhalf dem Unternehmen dazu, seine komplette Strategie im Online-Relationship-Marketing zu revolutionieren.

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Anthony-Wilkey

Anthony Wilkey: Bigpoint personalisiert mit Lifecycle-Marketing

Automatisch immer das richtige Spieleangebot Nach der Implementierung der Software war Europas führender Entwickler und Publisher von Onlinespielen erstmals in der Lage, unterschiedliche Spieler mit verschiedenen Spielpräferenzen persönlich und vollautomatisiert anzusprechen. Hierzu passt die Software den dynamischen Content nach zuvor festgelegten Kriterien an den jeweiligen Empfänger an. Dadurch steigerte Bigpoint die Relevanz der E-Mail-Kommunikation immens und hält die Kundenansprache über die dynamische Anpassung der Inhalte auf einem gleichbleibend hohen Niveau. Der Welcome Cycle – Kundenbindung von Anfang an Die neuen Möglichkeiten der Datenverwertung boten zudem die Chance, einen „Welcome Cycle“ in das Online-Relationship-Marketing einzuführen, der sich speziell an neu registrierte Spieler richtet. Denn besonders während der ersten Tage nach der Registrierung ist es sehr wichtig, den Kunden aktiv in den ersten Levels zu begleiten und eine Beziehung mit ihm aufzubauen. Die guten Öffnungsraten dieser Reflexkampagnen – die ReminderE-Mails erreichen Öffnungsraten von bis zu vierzig Prozent – sprechen für den Erfolg dieser Kampagnen. Die Reaktivierungs-E-Mail – Kunden gezielt zurückgewinnen Ähnliche Erfolge werden über Reaktivierungs-E-Mails erreicht. Das ReflexkampagnenSystem der SaaS-Lösung spricht die Spieler dafür in vorher definierten Zeitabständen an. Die Spieleransprache erfolgt nach 3, 7, 18 oder 27 Tagen ohne Login. Dadurch gewinnt Bigpoint jeden Monat einen Großteil an inaktiven Spielern zurück. Um die unterschiedlichen Spieler inhaltlich personalisiert ansprechen zu können, wird zudem eine Switch-Dynamik genutzt: Sie erlaubt es, dynamische Inhalte nach zuvor festgelegten Kriterien an den jeweiligen Empfänger anzupassen. Ziel ist es, die E-Mail-Kommunikation so relevant wie möglich zu halten sowie die Kundenzufriedenheit und den Return-On-Investment zu steigern. Fazit: Gezielte Datenanalyse steigert den Marketingerfolg Über die Softwarelösung für erfolgreiches E-Mail-Marketing konnte Bigpoint sehr schnell und ohne großen Aufwand einen deutlichen Mehrwert aus bereits bestehenden Daten generieren. Die Datenverarbeitung und -nutzung verbesserte sich erheblich und ermöglichte so eine persönliche und damit erfolgreiche Kundenansprache über relevante Inhalte. Dadurch steigerten sich die Kundenzufriedenheit, die Kundenbindung und letztendlich auch der ROI der Kampagnen.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

349

Welcome back: Wie Condor erfolgreich reaktiviert Ulf Richter

7

Die Condor Flugdienst GmbH fliegt jährlich über sechs Millionen Passagiere in rund 75 Destinationen in Europa, Asien, Afrika und Amerika. Der Ferienflieger betreibt seit vielen Jahren ein sehr erfolgreiches E-Mail-Marketing, mit Newslettern in den Sprachen Deutsch, Englisch und Spanisch. In einem 14-tägigen Rhythmus wird über Flugangebote, Reiseinspirationen sowie Hotel- und Mietwagenangebote informiert. Mit einer durchschnittlichen Öffnungsrate von 45 Prozent erfreut sich der Newsletter großer Beliebtheit. Lange nicht mehr den Newsletter geöffnet Wie andere professionelle Versender machte aber auch Condor die Erfahrung, dass die Aufmerksamkeit der Empfänger immer wieder Schwankungen unterliegt. Analysen ergaben, dass 195.000 Abonnenten vier Monate oder länger keinen Newsletter mehr geöffnet hatten. Daraus entstand der Wunsch, dieses „schlummernde“ Potenzial zu wecken. Hierbei sollten möglichst viele inaktive Abonnenten für die Regel-Kommunikation und die Condor Angebote zurück gewonnen werden. Bei inaktiven Empfängern den Spieltrieb wecken Deshalb sollten inaktive Empfänger gezielt auf den Condor Newsletter aufmerksam gemacht werden und zu erneuten Öffnungen animiert werden. Zudem wurde das Projekt in der Konzeption um ein weiteres Ziel ergänzt: Die Aufmerksamkeit der Abonnenten sollte auch im Anschluss an die erfolgreiche Reaktivierung hoch bleiben – und diese in die RegelKommunikation überführt werden. Konzipiert wurde eine mehrstufige Kampagne, die den Condor Claim „Wir lieben Fliegen.“ aufgriff. Gemäß dem Gamification-Prinzip sollten die Empfänger spielerisch reaktiviert werden („Die große Fliegenjagd!”). Die Kampagne wurde in vier Phasen ausgerollt: 1. Identifikation der inaktiven Abonnenten Abonnenten, die seit mindestens 120 Tagen keinen Newsletter geöffnet hatten, wurden identifiziert und mit dem Status „inaktiv“ versehen. Bei dieser Gruppe wurde der alle zwei Wochen versendete Regel-Newsletter ausgesetzt. Dadurch sollten die anschließenden Reaktivierungsmaßnahmen in ihrer Wirkung verstärkt werden.

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Ulf-Richter

Ulf Richter: Welcome back: Wie Condor erfolgreich reaktiviert

2. Mehrstufige Aktivierung Die erste Reaktivierungsmail enthielt die Aufforderung zur Teilnahme an der großen Fliegenjagd. Diese E-Mail wurde durch einen Gewinngutschein in Höhe von zehn Euro incentiviert. Für eine maximale Response wurden zudem Betreffzeilentests durchgeführt. Nach vier Tagen wurden alle Nicht-Öffner der ersten Reaktivierungsmail erneut angeschrieben. Der Inhalt der E-Mail blieb unverändert, die Betreffzeile wurde jedoch zugespitzt, wobei der Handlungsdruck erhöht wurde. Nach weiteren fünf Tagen wurden alle inaktiven Abonnenten angeschrieben, die bis dato noch nicht geöffnet hatten. Die E-Mail-Inhalte blieben unverändert. Neben einer neuen Betreffzeilenvariation kam ein veränderter Absendername zum Einsatz. Diese Vorgehensweise zeichnete sich durch eine sehr gute Response aus. Bei mehr als zwanzig Prozent der Öffner zeigte sich eine starke Interaktion, indem sie das Spiel per Mausklick starteten und somit in die nächste Reaktivierungsphase eintraten. 3. Überführung in die Regel-Kommunikation Die Spielteilnehmer erhielten in den Folgewochen zwei Newsletter aus der RegelKommunikation. Die Empfänger sollten in dieser Phase alle abgebildeten Fliegen in den Newslettern zählen. Alle Inhalte waren identisch mit jenen, die an die aktiven Abonnenten versendet wurden. Condor eröffnete sich dadurch die Möglichkeit, durch interessanten Content zu überzeugen und einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. 4. Spielabschluss und Belohnung Vier Wochen nach der ersten Reaktivierungsmaßnahme wurde an alle Spielteilnehmer eine abschließende Kampagnenmail gesendet. Diese bot den Empfängern drei mögliche Antworten auf die Frage, wie viele Fliegen in den beiden regulären Newslettern gezählt wurden. Die Frage wurde anschließend auf einer Landing Page aufgelöst. Um das gezeigte Engagement zu belohnen, erhielt jeder Teilnehmer – unabhängig von seiner Antwort – zum Abschluss seinen 10-Euro-Buchungsgutschein per E-Mail. Jeder Sechste liest nach einem Jahr Inaktivität wieder Newsletter Die Ergebnisse der Reaktivierungskampagne überzeugten. Condor konnte bei den bis zu zwölf Monaten inaktiven Abonnenten eine Reaktivierungsquote von mehr als 17 Prozent erreichen. Inklusive der seit mehr als zwei Jahren inaktiven Empfänger lag diese Rate immer noch bei sieben Prozent. Der Erfolg wurde auch von dem US-Branchendienst MarketingSherpa bestätigt, der die Kampagne mit dem Email Award in Gold auszeichnete. Die durch die Kampagne gewonnenen Erkenntnisse sollen künftig in ein automatisiertes Reaktivierungsprogramm einfließen.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

351

Namenstags-Mails bringen dem Handel Umsatz Manuela Meier

7

Der Namenstag ist eine christliche Tradition: Kinder wurden am Tag nach der Geburt getauft und erhielten den Namen des jeweiligen Heiligen. Der Tauftag war früher weit wichtiger als der Geburtstag. Er und nicht das Datum der Geburt wurde im Kirchenbuch eingetragen. Dieses Prinzip gilt heute kaum noch. Gerade deshalb genießen heute Glückwünsche zum Namenstag in Rückbesinnung auf diese alte Tradition eine besondere Aufmerksamkeit. Diese positive Erfahrung haben auch Onlineshops beim Einsatz von Namenstags-E-Mails gemacht. Mailings zum Namenstag erwiesen sich als ein erfolgreiches Marketinginstrument. Verknüpft mit Offerten wie Gutscheinen oder Rabatten sind sie ein sympathischer Anlass zur Kontaktaufnahme mit dem Kunden. Noch dazu läuft das Mailing voll automatisiert ab. Zum Namenstag einen Gutschein oder ein Geschenk per E-Mail Bei einer reinen Onlinekampagne erhielt der Empfänger an seinem Namenstag eine personalisierte E-Mail. Damit wurden überdurchschnittliche Responsewerte bei den Öffnungen erzielt. Enthielt die E-Mail einen Coupon für ein Namenstagsgeschenk oder freies Porto für die nächste Bestellung, erhöhte sich zudem die Klickrate. Wurden einzelne Zielgruppen mit spezifischen Angeboten angesprochen, konnten noch weitere Steigerungen erzielt werden. So kamen zum Beispiel Blumen bei Frauen und Pralinen bei Herren gut an. Postkarte mit personalisierter Landing Page Bei dieser Variante erhielten die Kunden eine Postkarte mit Glückwünschen zum Namenstag. Die Postkarte diente als Trigger – das heißt, sie sollte eine Handlung des Empfängers auslösen: Sie animierte zum Weiterlesen im Internet auf einer personalisierten Landing Page. Die Seite wird beim entsprechenden Dienstleister für E-Mail-Marketing-Software gehostet und ist wiederum mit einer Datenbank verknüpft. 23.500 Vornamen auf 730 Heilige und 365 Tage referenziert Hintergrund dieses Erfolgsrezepts ist die Datenbank von MarAnCon. Sie referenziert rund 23.500 Vornamen genau zum entsprechenden Heiligen. Die Datenbank liefert auch jeweils eine kurze Geschichte des Namenspatrons und eine Erläuterung der sprachlichen Bedeutung des Vornamens. Da die Zahl der Heiligen viel größer ist als das Jahr Tage hat,

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Manuela-Meier

Manuela Meier: Namenstags-Mails bringen dem Handel Umsatz

liegen Überschneidungen nahe. Als Maßstab für den Namenstag wird daher als Regel immer der Bedeutendste unter den gleichnamigen Heiligen auserkoren. Bei einer repräsentativen Datenbank in Deutschland können mehr als 93 Prozent der Vornamen angereichert werden. Über zehn Prozent mehr Response Die Umsetzung in der Praxis ist denkbar einfach: In der jeweiligen Kundenprofildatenbank werden die gewünschten und individualisierten Namenstaginformationen zu den Vornamen ergänzt. Der Versand erfolgt am Namenstag automatisch und zu einer frei definierbaren Uhrzeit. Das Layout des E-Mailings kann ganz nach Wunsch und dem Corporate Design des Unternehmens gestaltet werden. Auch die Namenstaginformationen selbst können individuell bestimmt werden. Bei den Kampagnen der Onlineshops standen zwei Optionen zur Auswahl. Die Basisversion beinhaltete Vorname, Datum des Namenstags und den Namenspatron. In der Vollversion waren diese Angaben noch um die Kurzbiografie des Heiligen ergänzt. Die Aktualisierung der Informationen in der Namensdatenbank erfolgte quartalsweise. Neue Abonnenten wurden automatisch bei der Anmeldung mit der Namensdatenbank verknüpft. Das Ergebnis: Die besagten Onlineshops verbuchten durch dieses Kundenbindungsinstrument höhere positive Reaktionsquoten. Die Responseraten steigerten sich im zweistelligen prozentualen Bereich im Vergleich zum klassischen Newsletter. Auch die Bestellungen nahmen zu. Das übertraf die Erwartungen bei Weitem. Zudem stieg die Öffnungsrate des regulären Newsletters und anderer Mailings durch die Namenstagskampagne wieder an. Fazit: Aus der Not zur Tugend Namenstags-E-Mails machen aus der Not eine Tugend. Denn nicht immer sind in den CRM-Systemen der Unternehmen die Geburtstage der Kunden erfasst. Die Vornamen in aller Regel schon. Das ist ein willkommener Anlass für ein spezielles Geschenk. Ein weiterer Vorteil: Onlinepost zum Namenstag konkurriert nicht mit den vielen anderen privaten und geschäftlichen Nachrichten, die den Kunden am Geburtstag erreichen. Eine höhere Aufmerksamkeit ist also vorprogrammiert. Langfristig steigt nicht nur die Kundenzufriedenheit, sondern auch der Umsatz.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

353

Newsletter-Redesign bei Jochen Schweizer Elmar Büttner

7

Jochen Schweizer ist der deutsche Marktführer für einzigartige Erlebnisse und Erlebnisgeschenke. Über die Online-Plattform www.jochenschweizer.de und in über 3500 Verkaufsstellen in Deutschland und Österreich können Kunden sich selbst oder ihren Lieben außergewöhnliche Erlebnisträume erfüllen. Standalone – Get together Um noch mehr Menschen mit außergewöhnlichen Erlebnissen glücklich zu machen, sollte die Neukundengewinnung mit Hilfe einer optimierten E-Mail-Marketing-Kampagne (Standalone) kurz vor Weihnachten ganz neu angegangen werden. So wie die Erlebnisse im Onlineshop unter anderem nach Frauen und Männern sortiert werden können, sollten nun auch die Newsletter deutlicher den Geschlechtern entsprechend gestaltet werden. Dafür wurden drei Newsletter-Templates erstellt und in drei verschiedenen Mailings versandt. Die Templates für die erste Kampagne wurden komplett von Jochen Schweizer angeliefert. Für die Kampagnen zwei und drei konzeptionierten und erstellten Designer – unter Berücksichtigung des Corporate Designs – die Newsletter-Templates. Die Gestaltung der Templates nach Geschlecht Die von Jochen Schweizer erstellten Newsletter-Templates entsprachen optisch genau dem Corporate Design der Webpräsenz, was einen hohen Wiedererkennungswert garantierte. Die angelieferten Templates zeichneten sich durch einen geradlinigen Aufbau und eine schlichte weiße Hintergrundfarbe aus. Die geschlechtliche Ausrichtung erfolgte über die Erlebnisangebote. Für die zweite E-Mail-Kampagne erhielten der Aufbau und die Gestaltung des bisherigen Newsletters ein grundlegendes Redesign. Das Corporate Design wurde beibehalten, das Layout jedoch neu strukturiert. Neben

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Elmar-Buettner

Elmar Büttner: Newsletter-Redesign bei Jochen Schweizer

den kräftigen, geschlechter-spezifischen Hintergrundfarben (blau; purpur), wurden die Grafiken mit auffallend gestalteten und mit prominent platzierten Störern versehen. Damit versandte Jochen Schweizer eine für das Unternehmen optisch neuartige E-Mail-Kampagne: Der Newsletter zeichnete sich nun durch ein aufmerksamkeitsstarkes und harmonisches Farbenspiel aus. Die Ausrichtung am Geschlecht erfolgte damit erstmals über die farbliche Gestaltung. Das Newsletter-Template für die dritte Kampagne sollte geschlechtsneutral und weihnachtlich gestaltet werden. In Anlehnung an die Headergrafik und die Firmenfarben wurde der Hintergrund in einem warmen Braunton gehalten. Der Störer und die Call-toAction-Buttons hoben sich durch ein gut sichtbares Gelb-Gold ab. Ziel war es, den Blick der Kunden auf die weihnachtliche Grafik und den dort integrierten „20 Euro Rabatt“Störer zu lenken. Auswertung der Templates mittels Eyetracking Die Heatmaps, die mittels einer Eyetracking-Software generiert wurden, zeigten deutlich, dass durch den weißen, großräumigen Hintergrund des Templates die Erlebnismotive besonders hervorstachen, deren Bilder durch ihre kräftige Farbgebung einen deutlichen Kontrast bildeten. Durch das kräftigere Farbenspiel der blauen und purpurfarbenen Templates konzentrierte sich der Blick nicht ausschließlich auf die farblich aufmerksamkeitsstarken Erlebnismotive. Die Heatmap zeigte deutlich, dass alle fünf Grafiken von den Kunden fast gleichermaßen wahrgenommen wurden: je eine Headergrafik mit „20 Euro Gutschein“Störer, eine „Gutschein einlösen“-Grafik, zwei geschlechtsspezifische und ein gegengeschlechtliches Angebot. Neben den Angeboten wurden auch die Call-to-Action-Buttons und der Gutschein-Hinweis gleichermaßen wahrgenommen, ohne dass der Kunde lange danach suchen musste. Die Auswertung des Weihnachtstemplates zeigte, dass die Ziele, den Blick der Kunden auf die weihnachtliche Grafik und den dort integrierten „20 Euro Rabatt“-Störer zu lenken, absolut erreicht wurden. Fazit: Mehr Verkauf dank Newsletter-Optimierung Das Reporting und die Verkaufszahlen sprechen für sich: Mit dem Redesign seines Newsletters konnte Jochen Schweizer nicht nur höhere Öffnungs- und Klickraten verzeichnen, sondern verbuchte auch mehr Umsatz. Durch die persönliche Codierung der Gutschein-Codes war genau ersichtlich, welche Bestellung auf welches Template zurückging. Die Weihnachtskampagne war ein voller Erfolg, zu dem die mittels Eyetracking optimierten Templates erheblich beitrugen. Der Versand der dritten Kampagne führte zu einer weiteren Umsatzsteigerung von sieben Prozent gegenüber dem bereits äußerst erfolgreichen zweiten E-Mailing.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013. 355

Mit Datenanalytik Luxusgüter verkaufen Marko Gross

7

Wie kann Business Intelligence zur Optimierung digitalen Direktmarketings eingesetzt werden? Um darzustellen, welche Auswirkungen E-Mail-Marketing auf das Umsatzwachstum haben kann (sowohl online über E-Commerce als auch vor Ort im Laden), werden Daten zu Verhalten und Reaktionen des Kundenstamms ausgewertet. Business Intelligence hilft dabei, Informationen zu Kundschaft und Markt zu erhalten, diese zu verstehen, zu analysieren und zu bewerten, um so Entscheidungsprozesse optimieren und aus der Datenanalyse einen echten Wettbewerbsvorteil entwickeln zu können. Mit der Erhebung von Daten und deren statistischer Auswertung stellt man unter anderem fest, welche Wirkung E-Mail-Marketing auf die Geschäftstätigkeit hat. Aussagekräftige Trends können herausgearbeitet und Ursache-Wirkungs-Beziehungen festgestellt werden, um den Wert operativ-strategischer Maßnahmen zu maximieren und letztlich den Geschäftserfolg zu optimieren. Die Herausforderung besteht immer wieder darin, durch sorgfältig geplante E-MailMarketingkampagnen schnell maßgeschneiderte Strategien zur Steigerung von Umsatz und Kundenzufriedenheit zu entwickeln. Von der Datenanalyse zur Strategie Der erste Schritt ist die Bestimmung und Messung von Leistungskennzahlen (KPI) zu Käufen infolge versandter E-Mails. In der Folge geht es um die Festlegung von Clustern/Segmenten, die für Käufe und E-Mail-Interaktionen aussagekräftig sind. Weiter geht es, je Cluster, mit den Ausarbeitungen von passenden E-Mail-Marketingstrategien. Diese dienen dann letztlich als Marketing-Hebel und können (a) Veränderungen des Unternehmensabsatzes (Up-Selling und Cross-Selling) herbeiführen, (b) zur Optimierung des an jeden Kunden verkauften Produktmixes (Maximierung der Bandbreite) beitragen und last not least natürlich auch (c) zur belegbaren Steigerung der Kundenzufriedenheit führen. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Verwendung von E-Mail als einen in On- und Offline-Werbeaktivitäten integrierten Kanal im Rahmen einer Multichannel-Strategie. Luxusgüter im E-Commerce und im In-Store Um besser verstehen zu können, wie eine Datenanalyse zur Optimierung der E-MailMarketingaktivitäten beitragen kann, wurden Praxisbeispiele großer internationaler Luxusmode-Unternehmen, die allesamt weltweit tätig sind, analysiert. Bei all diesen

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Marko-Gross

Marko Gross: Mit Datenanalytik Luxusgüter verkaufen

Unternehmen laufen im Hintergrund ausgeklügelte E-Mail-Marketingsysteme: Durchschnittlich wird an jeden Kunden eine E-Mail pro Woche verschickt, wobei die Kommunikation mit den Kunden – mehr oder weniger – auch auf diese persönlich zugeschnitten ist. Für jede einzelne Kampagne wurden Analysen durchgeführt, um festzustellen, welchen Einfluss eben diese Kampagne auf Kaufvorgänge hat. Zum Erhalt einer aussagekräftigen Datenübersicht werden in der Regel sowohl E-CommerceKäufe als auch Einkäufe im Laden (In-Store) in einem Zeitraum von sieben Tagen nach Öffnen der E-Mails (Einflussfenster) berücksichtigt. Im Luxussegment erstreckt sich dieser Einfluss auf sieben bis zehn Tage bei Onlinekäufen und auf zwanzig bis dreißig Tage bei Einkäufen im Laden. Ergebnisse belegen, dass mehr als fünfzig Prozent aller Offlinekäufe innerhalb von sieben Tagen nach dem Öffnen der E-Mail erfolgen. In diesem durchaus repräsentativen Fall setzt sich der Umsatz des Unternehmens wie folgt zusammen: 10 Prozent (E-Commerce) und 90 Prozent (In-Store). Die weitere Analyse hat ergeben, dass der Einfluss von E-Mails auf Ladenverkäufe prozentual geringer ist, als beim ECommerce: 2 bis 4 Prozent offline versus 16 bis 20 Prozent online! Absolut betrachtet sind Ladenverkäufe sehr viel stabiler und machen 6 bis 8 Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes aus. Dies ist vor allem in Bezug auf den betriebenen Aufwand und erforderliche Investitionen von Bedeutung. Takeaways für Ihr E-Mail-Marketing In Kombination mit Business Intelligence können mit E-Mail-Marketing unter anderem folgende Ziele erreicht werden: • • • • •

Branding Interessenten als Kunden gewinnen Analyse der Kundenbetreuung Information und Werbung Einflussnahme auf beides: Online- und Ladenverkäufe

Drei Thesen zum Thema E-Mail-Marketing These 1: E-Mail-Marketing ist eine sowohl online als auch offline wirksame Marketingmethode; eine gut geplante und kreierte E-Mail kann die Klickzahlen verdoppeln. These 2: E-Mail-Marketing kann eine ausgesprochen hohe Wirkung auf den Online- und Offlineabsatz haben. These 3: E-Mail-Marketing kann einen Einfluss auf die Rentabilität eines Unternehmens haben.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

357

Sport-Fleck: Vom Laden zum E-Commerce-Profi Kristin Heimerich

7

Als der ehemalige Fußballprofi Stefan Fleck und sein Partner Sven Lamberty 2006 in Saarbrücken ihr erstes Ladengeschäft eröffneten, konnte noch niemand ihren unbeschreiblichen Erfolg erahnen. So sah es zu Beginn auch vielmehr nach einer kleineren Handelstätigkeit aus. Denn die beiden Gründer bedienten persönlich ihre Kunden auf durchaus überschaubaren sechzig Quadratmetern Verkaufsfläche von Sport Fleck. Wer damals den Laden betrat, sah jedoch sofort, dass es sich nicht um eines der üblichen Sportgeschäfte handelte, in denen man von der Skiausrüstung bis zum Volleyball alles bekommt. Die konsequente Spezialisierung auf Fußballartikel von Anfang an unterschied sie deutlich von dem Gros der Mitbewerber. Positiv wirkte sich zudem aus, dass sie durch ihre frühere Fußballkarriere stets ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit bei ihren Kunden genossen: Hier konnten sich Fußballer von erfahrenen Fußballern kompetent beraten lassen. Sicher wäre Sport Fleck auf diese Weise in den kommenden Jahren kontinuierlich gewachsen. Doch dann kam alles ganz anders. Ein zweites Standbein mit eBay? Ohne große Erwartungen erkundeten Fleck und Lamberty auf eBay versuchsweise die Welt des E-Commerce. Schließlich waren sie jetzt zwei Jahre auf dem Markt und hatten bei einem fünfstelligen Jahresumsatz noch keine Angestellten. Schnell zeigte sich jedoch, dass eBay weit mehr Potenzial hatte. Denn mit einem Mal kauften immer mehr Kunden aus ganz Deutschland bei ihnen. Um die gestiegene Kundenzahl zu bewältigen, nutzten sie den Verkaufsmanager Pro von eBay sowie ein einfaches ShopTemplate. Der Internetverkauf hatte sich dadurch tatsächlich zu einem zweiten und lohnenden Standbein entwickelt. Die beiden Jungunternehmer merkten, dass sich der Erfolg ihres eBay-Shops auch auf weitere Marktplätze wie Amazon übertragen ließe. Die Aussichten waren gut, doch der Aufwand, der bereits zur Pflege eines einzelnen Shops nötig war, wurde mit der Zeit zu viel für zwei Personen. Wie man wächst und dabei eine kleine Mitarbeiterstruktur behält Um das volle Potenzial des Internethandels ausschöpfen zu können, benötigte Sport Fleck folglich eine Softwarelösung für E-Commerce. Nur so konnte das Unternehmen die verschiedenen Absatzkanäle möglichst effizient managen. Gleichzeitig suchten sich

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Kristin-Heimerich

Kristin Heimerich: Sport-Fleck: Vom Laden zum E-Commerce-Profi

die jungen Unternehmer eine Agentur für Multichannel-Lösungen, die auf innovatives Templatedesign für die gewählte Software sowie für eBay spezialisiert ist. Nach einer kurzen Einarbeitungsphase war nun Zeit vorhanden, um das Geschäft strategisch weiterzuentwickeln. Die Investition in eine professionelle Onlineshopberatung begann sich nicht nur auszuzahlen, sondern übertraf die Erwartungen. Durch die neuen Multichannelaktivitäten auf eBay, Amazon, sowie dem Web- und stationären Shop kletterte der Umsatz innerhalb nur eines Jahres vom fünfstelligen in den oberen sechsstelligen Bereich. Seit 2010 liegt der Umsatz sogar im siebenstelligen Bereich. Natürlich wirkte sich diese Entwicklung auch auf die Mitarbeiterzahl aus: Bestand Sport Fleck 2008 nur aus den beiden Gründern und einem kleinen Ladengeschäft, waren es 2012 bereits 25 Festangestellte und zwei große Ladengeschäfte mit 350 beziehungsweise 1000 Quadratmetern. Ohne den Einstieg in den E-Commerce wäre dies in einer solch kurzen Zeit nicht möglich gewesen. Facebook & Co zum direkten Kundenaustausch Um mit dem ständig wachsenden Kundenkreis immer in direktem Kontakt bleiben zu können, betreibt Sport Fleck für jedes der beiden Geschäfte jeweils eine Facebook-Fanpage, einen Blog und einen Newsletterservice. Ein YouTube-Kanal ist für 2013 angedacht – immerhin gilt YouTube nach Google als zweitgrößte Suchmaschine. Unerwartete Probleme und neue Ziele Im Januar 2013 trat ein Verkaufsverbot von Nike und Adidas auf eBay und Amazon in Kraft. Der Umsatz brach auf beiden Marktplätzen erwartungsgemäß ein. Daher wird sich Sport Fleck in Zukunft auf die Stärkung der eigenen Onlineshops und die Erweiterung des Filialnetzes konzentrieren. In diesem Zuge ist auch ein gedruckter Katalog mit integrierten QR-Codes in Planung. Die Basis für Geschäftsabsicherung und -ausbau bildet also eine umfangreiche Multichannel-Strategie, bei der kompetente Dienstleister auch in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen werden.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

359

Produktempfehlungen im digitalen Handel Timo von Focht

7

Kunden kaufen dort, wo sie sich gut beraten fühlen – das gilt im stationären Handel und ist im E-Commerce nicht anders. Ein wesentlicher Aspekt einer guten Beratung ist die Empfehlung alternativer oder komplementärer Artikel zu dem Produkt, für das sich der Kunde gerade interessiert. Entsprechend hoch ist im Onlinehandel die Akzeptanz solcher Produktempfehlungen. Nach einer im Mai 2012 veröffentlichten Studie haben 44,5 Prozent aller Onlinekäufer schon einmal ein Produkt gekauft, das ihnen in einem Onlineshop vorgeschlagen wurde. Zum Zeitpunkt der Studie setzten hingegen nur zwanzig Prozent der Onlinehändler ein System für personalisierte Produktempfehlungen ein, 23,1 Prozent planten es immerhin. Knapp fünfzig Prozent wollten keine Produktempfehlungen implementieren. Grund ist oft, dass die Systeme früher zu komplex waren. Mittlerweile gibt es gute Lösungen für automatisierte Empfehlungen. Produktempfehlungen sind eine der Schlüsselfunktionen eines Onlineshops, wenn es darum geht, Cross- und/oder Up-Selling zu fördern und eine stärkere Kundenbindung zu erreichen. Denn je relevanter die Produkte, die dem Onlinebesucher vorgeschlagen werden, desto zufriedener ist dieser. Komplexe Algorithmen und umfassende Datenbasis Personalisierte Empfehlungen sind auf allen Seiten sinnvoll, auf denen sich der Kunde über Produkte informiert. Beispielsweise auf Landing Pages im Rahmen von Kampagnen, auf Suchergebnisseiten und der Homepage. Voraussetzung für die zielgerichtete Aussteuerung intelligenter, personalisierter Produktempfehlungen ist das Zusammenspiel komplexer mathematischer Algorithmen und eine umfassende Datenbasis. Die Empfehlungen werden auf Basis besucherspezifischer Produktaffinitäten ausgesteuert. Diese basieren auf Regeln wie „Besucher, • die dies angesehen haben, haben auch das angesehen, • die dies angesehen haben, haben dies gekauft, • die dies gekauft haben, haben auch das gekauft“. Empfehlungen auch bei unbekannten Kunden Automatisierte personalisierte Produktempfehlungen sind auch bei Kunden möglich, die den Onlineshop erstmalig besuchen. Diesen Kunden können auf Basis ihrer geografischen Herkunft, der von ihnen gewählten Suchbegriffe sowie des verwendeten Geräts sofort

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Timo-von-Focht

Timo von Focht: Produktempfehlungen im digitalen Handel

Produkte empfohlen werden. So ist der Bestellwert bei Nutzern von Tablets, insbesondere dem iPad, in der Regel deutlich höher als bei Nutzern von PCs und Laptops. Damit können zum Beispiel Tablet-Nutzern hochpreisigere Produkte empfohlen werden. Testing ist unverzichtbar Produktempfehlungen funktionieren am besten auf Websites, die über multivariates Testing fortlaufend optimiert werden. Einerseits gilt es, das Layout, die Formulierung und Platzierung der Empfehlungen zu optimieren. Andererseits können natürlich die gesteigerten Response-Raten nicht erschlossen werden, wenn nicht der gesamte ConversionFunnel (Einkaufspfad) bis hin zum Kaufabschluss optimiert wird. Produktempfehlungen im Onlineshop von Euronics Euronics, Europas führender Einkaufsverband von Elektrofachhändlern, hat sich für die Implementierung eines Produktempfehlungssystems auf seiner Webseite entschieden. Diese dient als informatives Produktschaufenster und nützlicher Kaufratgeber. Damit verbundene Ziele waren unter anderem: • • • •

Steigerung des Warenkorbwertes Steigerung der Häufigkeit der Besuche Steigerung der Conversion Schaffung einer soliden Basis für das Retargeting

Auf einzelnen Produktseiten werden Ansichten von Produkten ausgeliefert, die in ähnlichem Zusammenhang betrachtet oder gekauft wurden. Damit sollte die Zahl der Aufrufe und der Bestellungen gesteigert werden. Strategisch unterscheidet Euronics zwischen hochpreisigen und günstigen Produkten. So werden etwa bei PC-Systemen und Laptops ähnliche Produkte im Vergleich angeboten, während bei günstigen Artikeln sinnvolle Ergänzungen vorgeschlagen werden. Nach der Einführung des Systems enthielten zwölf Prozent der Bestellungen ein empfohlenes Produkt. Auch die Zahl der Produktansichten pro Besucher stieg signifikant. Als besonders erfolgversprechend haben sich folgende Vorgehensweisen herausgestellt: • ein Ansatz, der auf den Affinitäten der Besucher basiert, ist wirksamer, als die Nutzung reiner Produktaffinitäten, • bei hochpreisigen Produkten bevorzugen Kunden Empfehlungen vergleichbarer Produkte, • bei günstigen Produkten bevorzugen Kunden Empfehlungen ergänzender Produkte. In Summe führten die Maßnahmen zu einer deutlichen Steigerung des durchschnittlichen Warenkorbwertes. Damit ließ sich der enorme Einfluss von Produktempfehlungen auf Kaufentscheidungen eindrucksvoll belegen.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013. 361

Vertrauen beim OnlineSchuhkauf auf Rechnung Nico Müller

7

Ein Startup-Unternehmen im Onlinehandel muss sich von Anfang an mächtig strecken, um nicht gleich im Meer der zahlreichen Konkurrenzanbieter und letztendlich wieder in der Versenkung zu verschwinden. Zwischen dem stationären und dem Onlinehandel gibt es auf verschiedenen Ebenen erhebliche Unterschiede. Eines haben beide jedoch gemein: Nur zufriedene Kunden sind Kunden, die am Ende gern wiederkommen. Oberste Priorität sollte dabei die Bildung eines Vertrauensverhältnisses zwischen Onlineverkäufer und Käufer haben. Objektiv und schnell für mehr Kundenzufriedenheit Für den stationären Handel ist der persönliche Kundenkontakt ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt. Der physische Ansprechpartner und die Beratung „unter vier Augen“ sind durch telefonischen Support oder den Kontakt per E-Mail nicht gleichwertig zu ersetzen. Wie also können im rasanten Internethandel Vertrauen und ein erster Stammkundenkreis aufgebaut werden? Das Erfolgsrezept von tamario.de, dem Onlineshop der Schuhmarke Tamaris, lautete von Anfang an: Wahrheitsgemäße, objektive Artikelbeschreibungen kombiniert mit einem schnellen und unkomplizierten Versand. Der Kunde erwartet eine ehrliche Produktdarstellung und schnelle Bestellabwicklung. Gerade Startups können punkten, wenn sie diesen Service bieten. Hohe Retourenquote bei Damenschuhen Dennoch stand tamario.de in der Startup-Phase vor einer Herausforderung. Neben den beschriebenen Faktoren für einen guten Kundenservice ist aus Kundensicht die sichere Abwicklung der Zahlung entscheidend. In Zeiten von Internetkriminalität mit Kreditkartenbetrug und gefälschten Onlineshops will der Käufer sein Geld in Sicherheit wissen. Im Fall von tamario.de kommt hinzu: Ein Schuh will vor dem Kauf auf seine Passform und den Tragekomfort getestet werden. Der Onlinehandel mit Damenschuhen hat dementsprechend einen hohen Anteil von Käufen, bei denen die ganze oder ein Teil der Lieferung wieder zurückgeschickt werden. Laut einer Studie der Strategieberatung SMP liegt die Retourenquote im Online-Schuhhandel bei 55 Prozent. Aber wer tritt gern für Ware in Vorkasse, von der er noch nicht weiß, ob er sie behält?

http://www.marketing-boerse.de/Experten/details/Nico-Mueller

Nico Müller: Vertrauen beim Online-Schuhkauf auf Rechnung

Einkaufen auf Rechnung gibt Sicherheit Mit dieser Problematik musste sich auch tamario.de befassen. Die Lösung lag auf der Hand – die Kundinnen und Kunden sollten die Möglichkeit haben, auf Rechnung einzukaufen. Das heißt, dass sie erst bezahlen, wenn sie sich entschieden haben, die Schuhe auch zu behalten. Diese Zahlungsart wurde daher bewusst über einen Drittanbieter integriert. Der gewählte Zahlungsdienstleister bietet ein kostengünstiges Full-Servicepaket, mit dem das Startup Zeit und Geld sparen konnte: kein Verwaltungsaufwand mit Mahnungen oder Inkassoprozess, keine Zahlungsausfälle. Der Rechnungskaufanbieter kümmert sich um das gesamte Debitoren-Management und übernimmt das Risiko des Zahlungsausfalls. Für den Onlinehändler bedeutet das: Wenn der Kunde nicht zahlt, bekommt er trotzdem den vollen Rechnungsbetrag. Umsatzplus durch Rechnungskauf Nach einem Jahr der Zusammenarbeit konnte ein positives Fazit gezogen werden. Neben der Warenkorbhöhe ist auch die Anzahl der Kunden gestiegen, die den Kauf auf Rechnung nutzen. Mittlerweile entscheiden sich rund fünfzig Prozent der Käufer für diese Art der Zahlungsabwicklung. Zwar ist mit steigender Anzahl von Rechnungskäufen auch die der Retouren gestiegen. Jedoch lässt sich seit Einführung des Rechnungskaufs ein deutliches Umsatzplus feststellen. Viele „Stammkunden“ kehren gern zurück zu tamario.de und fühlen sich beim Kauf auf Rechnung sicher aufgehoben.

Quelle: Torsten Schwarz (Herausgeber): Praxistipps Digital Commerce. – 48 S., 2013.

363

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 7 Praxistipps

364

LEITFADEN DIGITAL COMMERCE

ANHANG

8

Autorenverzeichnis

366

Stichworte

374

AUTORENVERZEICHNIS

8

Susanne Angeli ist seit 1998 mit dem Internet vertraut und erlebte den Start des E-Commerce in Deutschland hautnah mit. Sie unterstützt Shopgründer und bietet Dienstleistungen rund um E-Commerce und Social Media-Marketing an. Neuestes Standbein ist der Verkauf von E-Books. Daneben bloggt sie auf http://wallaby.de/news und ist bei ihren drei Kindern als Familienmanagerin aktiv. Stefan Appenrodt ist Autor des E-Mail-Marketing-Blogs (http://blog.mccrazy.de) und Gesellschafter der McCrazy GmbH. Das Unternehmen verfügt über vier Millionen Adressen und betreibt mehr als zwanzig Gewinnspiele. Das Unternehmen mit Sitz im Harz wurde 1998 gegründet. Hauptgeschäftsfelder sind schlüsselfertige Gewinnspiele, Adressflatrates, schnelle Massengenerierung von E-Mail-Adressen sowie Adressvermietung. McCrazy ist Unterzeichner des freiwilligen Ehrenkodex E-Mail-Marketing. Michael Badichler ist seit mehr als 15 Jahren in der Internet- und Internet-MarketingBranche tätig. Er arbeitete bei ProSiebensat1 Media AG als Leiter Multimedia, bei der Agentur die argonauten als stellvertretender Unit-Leiter in München und als Geschäftsführer für Apia International in Amsterdam. Seit 2010 lebt und arbeitet er in der Schweiz. In seinem aktuellen Job ist er als Leiter E-Commerce bei der Office World AG (Tochterunternehmen im Migros Konzern) tätig. Garbis Bedoian ist Geschäftsführer und Vertriebsleiter bei der Replise Deutschland GmbH. Er bringt über 16 Jahre Vertriebs-, Marketing- als auch Management-Erfahrung aus der High Tech- Industrie mit. Herr Bedoian war u.a. für Intel, DELL, Iron Mountain Digital als auch für Attivio in verschiedenen Management-Positionen tätig. Die DeutschlandNiederlassung der Replise befindet sich in Eschborn bei Frankfurt. Elmar Büttner ist Diplom-Fachwirt Online-Marketing BVDW, und seit 2012 Director Online-Marketing bei der Silver Media Direct Marketing GmbH. Zuvor war er KeyAccount-Manager bei der Schober Information Group Deutschland GmbH, der Avis Budget Autovermietung GmbH & Co. KG und Verkaufsleiter bei der Rentabel GmbH und der FUNK international GmbH. Antoine Devos ist Co-Founder und CEO von Tedemis. Er kann auf über 15 Jahre Erfahrung in Internet Sales & Marketing zurückblicken und war u.a. Business Development Manager

366

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 8 Autoren

in Mobile Marketing bei der Orange Gruppe, Sales & Marketing Manager bei E-Laser, Galeries Lafayette Gruppe, Business Development Manager bei NetValue und Associate Director bei MK10, Agentur für Kommunikation. Marcus Diekmann ist Mitgründer und geschäftsführender Gesellschafter der Shopmacher eCommerce für Marken GmbH. Der kaufmännische Analyst und Online-Stratege mit weiteren Kompetenzen in strategischem Marketing und Markenführung berät vorwiegend Marken und erstellt Potenzial-Analysen im No-Line-Handel. Er ist Herausgeber und Autor des Fachbuches „eCommerce lohnt sich nicht“ und sitzt im Business-Beirat der Internet World Business. Thorben Fasching steuert seit 2007 den Bereich Marketing & User Experience bei hmmh. In dieser Funktion treibt er auch die Geschäftsentwicklung der Agentur voran. Thorben Fasching stellt in zahlreichen Vorträgen konkrete Erfahrungen aus der Agenturarbeit, Trends und Perspektiven zu den Themen Digital Commerce & Brand Communication im Web vor. Sebastian Fleischmann ist studierter Diplom-Betriebswirt. Er arbeitet seit 2010 beim amerikanischen Konzern Responsys, wo er für die Gewinnung von Neukunden und den Vertrieb in den Ländern Deutschland, Österreich und Schweiz verantwortlich ist. Zuvor war er seit 2006 u.a. Senior Sales Manager im New Business Team beim E-Mail-Dienstleister eCircle in London und München tätig. Marko Gross ist CSO & Country Director bei ContactLab und hat langjährige Beratungserfahrung aus der Online-/Medien-Branche. Zu seinen beruflichen Stationen zählen Führungspositionen in der VM Gruppe (Vorarlberger Medienhaus), der Mediengruppe M. DuMont Schauberg und der dänischen North Media A/S. Zuvor war er für verschiedene Unternehmen in der Versicherungsbranche leitend tätig. ContactLab bietet Consulting, Kreativität und Technologie aus einer Hand. Martin Groß-Albenhausen ist seit Dezember 2011 beim Bundesverband des Versandhandels für Marketing und Social Media verantwortlich sowie Geschäftsführer der BVH-Services GmbH. Zuvor war er mehr als zehn Jahre im FID Verlag (Verlagsgruppe Rentrop) tätig, wo er 1998 die wirtschaftliche Verantwortung für die „Brancheninformationsdienste“ übernahm und seit 2000 als Chefredakteur des „Versandhausberaters“ den Aufschwung des Onlinehandels begleitete. Martin Groß-Albenhausen berät im bvh interaktive Händler in Fragen der Multichannel-Strategie. Ulrich Hafenbradl ist Mitgründer und Geschäftsführer der Trusted Shops GmbH. Sein Studium an den Universitäten Mannheim und Köln schloss er als DiplomWirtschaftsinformatiker ab. Vor der Gründung der Trusted Shops GmbH war er Partner einer IT-Beratung und zuständig für E-Commerce und Marketing. Er verantwortet bei Trusted Shops die Bereiche Marketing/PR, Finanzen, HR, Zertifizierung und Recht.

367

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 8 Anhang

Judith Halbach (Dipl.-Kff.) ist seit Januar 2012 Projektmanagerin am ECC Köln. Ihr Studium der Betriebswirtschaftslehre absolvierte sie an der Universität zu Köln mit den Schwerpunkten Marketing, Unternehmensentwicklung und Wirtschaftspsychologie. Zwei Jahre lang war Frau Halbach als studentische Mitarbeiterin beim IFH angestellt. Aktuell ist sie beim ECC Köln für die Themen Mobile, Multichannel und Marktplätze sowie für die Branche Lebensmittel tätig. Kristin Heimerich ist Marketing-Managerin bei der plentymarkets GmbH. Sie ist neben der Planung der unternehmenseigenen E-Commerce-Academy und der Social Media-Aktivitäten für die Pressearbeit des Unternehmens verantwortlich und hat in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Partnern der plentymarkets GmbH bereits diverse E-Commerce-Whitepaper und Case-Studies veröffentlicht. Prof. Dr. Gerrit Heinemann leitet das eWeb Research Center der Hochschule Niederrhein. Nach langjähriger Handelspraxis auch bei Douglas und Kaufhof begann er 2004 seine wissenschaftliche Laufbahn. Er bekleidet verschiedene Beirats- und Aufsichtsfunktionen, u.a. als stellvertretender Aufsichtsrat-Vorsitzender der buch.de. Neben mehr als einhundert Fachbeiträgen zu aktuellen Themen des Handels ist er Autor bzw. Herausgeber verschiedener Fachbuch-Bestseller. Im Januar 2013 ist sein neues Buch „No-Line-Handel“ im GablerSpringer-Verlag erschienen. Andreas Herde leitet seit April 2012 die Geschäfte der UDG Tochter Bassier, Bergmann & Kindler (BB&K) am Standort Oberhausen. Als Head der UDG E-Commerce Specialists übernahm er parallel die Verantwortung für die Ausweitung des Geschäftsfeldes innerhalb der UDG. Vor seinem Einstieg bei BB&K war Andreas Herde bei Vodafone Deutschland als Head of User Experience u.a. für den Aufbau der Cross-Channel-Aktivitäten innerhalb der E-Commerce Unit verantwortlich. Dr. Kai Hudetz ist seit August 2009 Geschäftsführer der IFH Institut für Handelsforschung GmbH Köln. Zuvor leitete er seit 2000 das dort angesiedelte E-Commerce-Center. 2003 wurde er in den Beirat des BMWi-Förderprojekts PROZEUS, im Mai 2007 in den Beirat des Projekts „e-Business Market Watch – The Retail Industry“ der Europäischen Union berufen. Er war Mitglied des vom BMWi initiierten Ausschusses für Definitionen zu Handel und Distribution. Zudem ist Dr. Hudetz Gastdozent u.a. bei der Europäischen Fachhochschule Brühl, der Universität St. Gallen und der Berufsakademie Heidenheim. Reinhard Janning ist seit mehr als 25 Jahren in Vertriebs- und Marketingpositionen in der IT-Branche. Als Mitgründer und Vorstand der DemandGen AG hat er maßgeblich bei der Definition und Umsetzung der Marketing- und Vertriebsprozesse für viele Kunden der DemandGen mitgewirkt. Seit Anfang März 2012 ist auch Reinhard Jannings Buch „Kunden machen, was Sie wollen - Lead Management im Spannungsfeld zwischen Marketing und Vertrieb“, das sich genau mit diesen Themen befasst, im Handel erhältlich.

368

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 8 Autoren

Markus Kellermann ist Geschäftsführer der MK:NETmedien und als Consultant für nationale und internationale Kunden im Bereich Online- und Affiliate-Marketing tätig. Primäre Tätigkeitsschwerpunkte der MK:NETmedien sind die Konzeption und Umsetzung von Online-Strategien. Als Autor hat Markus bereits eine Vielzahl von Artikeln in Fachmagazinen publiziert. Zudem organisiert er mit der Affiliate NetworkxX, der Affiliate Conference und der Affiliate TactixX drei der bedeutendsten Affiliate-Veranstaltungen. Auch betreibt er affiliateboy.de, affilixX.com und den Podcast Affiliate MusixX. Andreas Landgraf, Dipl.-Ing. Univ., ist Gründer und Geschäftsführer der defacto software GmbH in Erlangen. Sein Softwarehaus ist seit 19 Jahren spezialisiert auf Marketing, Vertrieb und E-Commerce. Mit seinem Team entwickelt er innovative und zuverlässige Lösungen für internationale Auftraggeber. Seine Erfahrung beruht auf CRM-Projekten mit mehreren Millionen Endkunden in 120 Ländern, über 500 Millionen Kundenkontakten und einem verarbeiteten Umsatzvolumen von über einer Milliarde Euro pro Jahr. Wolfgang Lux studierte Mathematik und Physik an der Universität Mainz. Danach folgten Tätigkeiten bei der IBM Deutschland GmbH, VEBA AG und Metro AG. Im Dezember 2001 wechselte er als Geschäftsführer zur Media-Saturn Holding GmbH nach Ingolstadt. Nach seinem Ausscheiden aus der Media-Saturn Holding Ende 2010 verfasste er das Buch „Innovationen im Handel – Verpassen wir die Megatrends der Zukunft?“, welches Mitte 2012 im Springer-Gabler-Verlag erschien. Seit dieser Zeit arbeitet er als selbständiger Berater im Bereich Handel, IT und Konsumgüter. Dominik Maaßen ist Pressesprecher von NuBON, ein Anbieter der gleichnamigen Plattform für Loyalty-, Couponing-, Payment-Services und digitalen Kassenbon. Vorher war er 15 Jahre mit internationaler Erfahrung für zahlreiche PR-Agenturen und Redaktionen in Norddeutschland tätig. Manuel Marini ist seit den späten 1990er Jahren in den Bereichen Marketing und OnlineTechnologien aktiv. Er war zunächst über Jahre in Technologieunternehmen tätig und wechselte 2008 an die Goethe-Universität Frankfurt, wo er zahlreiche Projekte im OnlineMarketing konzipierte und in leitender Funktion verantwortete. Zusammen mit Prof. Dr. Skiera gründete er 2011 die Marini Media GmbH. Das Unternehmen bietet umfassende Beratungsleistungen und entwickelt innovative Online-Marketing-Technologien. Manuela Meier ist seit 2011 Leiterin E-Marketing beim E-Mail-Marketing-Anbieter Agnitas. Davor war sie über acht Jahre bei Conrad Electronic, einem E-Commerce-Unternehmen, für den Bereich E-Mail-Marketing verantwortlich. André Morys ist Gründer und Vorstand der Web Arts AG. Mit 35 Mitarbeitern und über drei Milliarden Euro betreutem Lead-/Retailvolumen ist Web Arts inzwischen Deutschlands führende Agentur für Conversion Optimierung. André Morys ist Dozent

369

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 8 Anhang

für User Experience, Autor für diverse Fachpublikationen und Herausgeber des Blogs www. konversionsKRAFT.de. Nico Müller absolvierte in Berlin das Diplomstudium der Betriebswirtschaftslehre. Über kleine Abstecher im Konzernmarketing der Deutschen Bahn AG und das Verlagsmarketing der B.Z. Ullstein GmbH (Axel Springer AG) arbeitet er seit 2009 bei der PayPal Deutschland GmbH. Hier zeichnete er sich bereits für verschiedene Ressorts verantwortlich, u.a. Business Development Marketplaces, Customer Insights Management, M&A Integration Management. Seit 2011 leitet er als Teamlead den Bereich Marketing & Communications für den Rechnungskauf-Service BillSAFE. Dr. Nadja Abou Nabout ist Habilitandin an der Goethe-Universität Frankfurt. Ihre Forschung adressiert praxisrelevante Fragen im Online-Marketing. Zusammen mit Prof. Dr. Bernd Skiera ist sie in dem Wettbewerb um die beste wissenschaftliche Anwendung in der Praxis, dem “The Gary L. Lilien ISMS-MSI Practice Prize”, in das Finale des Wettbewerbs gelangt. Ihre Dissertation hat zahlreiche Dissertationspreise gewonnen. Martin Philipp hat über zehn Jahre Erfahrung bei der Vermarktung und dem Vertrieb von beratungsaufwendigen webbasierten Produkten und Dienstleistungen im B2B-Umfeld. Der diplomierte Betriebswirt ist Marketing- und Vertriebsleiter bei SC-Networks und verantwortlich für die internationale Vermarktung von EVALANCHE, eine der modernsten E-Mail-Marketing-Technologien Europas. Dirk Ploss war bis Mai 2012 Bereichsleiter Markenführung und Marketingkommunikation bei OTTO und damit zuständig für sämtliche Werbeaktivitäten des E-CommerceRiesen – von TV über E-Mail-Marketing bis hin zu Social Media. Er ist seit 1991 im Marketing aktiv mit den Schwerpunkten Kundenbindung und Online-Marketing. Aus seiner Feder stammen u.a. die Bücher „Handbuch E-Mail-Marketing”, „Das LoyalitätsNetzwerk“ und „Intelligentes Couponing“. Er ist gefragter Redner auf Kongressen und Seminarveranstaltungen. Stefan Ponitz gilt als Spezialist im E-Commerce und Onlinehandel. Mit den Schwerpunkten Controlling, Vermarktung und Optimierung von Onlineshops referiert Ponitz auf Kongressen und Branchenevents. In Blogs und Fachmagazinen veröffentlich der Autor regelmäßig Artikel und Fachbeiträge. Ponitz leitete die E-Commerce-Abteilung des Versandhändlers BALDUR-Garten (Bensheim), baute zuletzt das Consulting-Team der E-Commerce-Agentur Netz98 (Mainz) aus und leitet heute die E-Commerce-Agentur Schommer E-Commerce (Stuttgart). Bertold Raschkowski ist Gründer und Herausgeber von future-commerce.de, Speaker und Moderator zu den Zukunftsthemen in Retail und E-Commerce. Er identifiziert und analysiert Trends und Innovationen für namhafte Unternehmen und unterstützt sie als

370

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 8 Autoren

klartextredender und ideologiefreier Sparringspartner bei der kunden- und marktorientierten Ausrichtung ihrer Aktivitäten. Andreas Reiffen ist Gründer und Geschäftsführer der crealytics GmbH, dem Spezialisten für Search Engine Advertising. Als leidenschaftlicher Search Marketer und Data-driven OnlineMarketing-Stratege mit über fünf Jahren Markterfahrung treibt er einen Paradigmenwechsel in den Bereichen Optimierungsstrategie und Technologie voran. Maya Reinshagen ist Mitgründerin und CEO der Mayoris AG in Root/Luzern. Die Mayoris AG gehört in der Schweiz zu den führenden Anbietern für Software und Services im Bereich E-Mail-Marketing. Neben ihrer Beratungstätigkeit unterrichtet Maya Reinshagen an verschiedenen Fachhochschulen das Fach E-Mail-Marketing. Ulf Richter verantwortet alle betriebswirtschaftlichen Aspekte und die Außendarstellung des E-Mail-Marketing-Spezialisten optivo. Vor der Gründung von optivo hat er bereits das Online-Auktionshaus versteigern.de ins Leben gerufen. Weitere berufliche Stationen waren der Multimedia-Dienstleister Aperto sowie Bertelsmann. Ulf Richter setzt sich aktiv für hohe Qualitäts- und Transparenzstandards im E-Mail-Marketing ein. Norbert Rom ist Gründer und seit über zehn Jahren alleiniger Inhaber der adRom Media Marketing GmbH und der adRom Holding AG. Darüber hinaus hält er Beteiligungen an einigen internationalen Unternehmen im Online-Sektor. Rom ist als Autor zahlreicher Fachbeiträge und Referent auf Branchenveranstaltungen zum Thema E-Mail und DialogMarketing europaweit unterwegs. Als Berater und Experte entwickelt er für Unternehmen Online-Marketing-Strategien und verantwortet u.a. den Bereich Kooperationen. Dr. Torsten Schwarz ist Buchautor, mehrfacher Lehrbeauftragter und gehört laut der Zeitschrift acquisa ( Juni 04) zu den Vordenkern in Marketing und Vertrieb. Der Onlinepionier war Marketingleiter eines Softwareherstellers und berät heute internationale Unternehmen. Als Trainer wurde er von der Dialog-Akademie DDA als „Dozent des Jahres 2009“ ausgezeichnet. Oliver Schwartz ist Mitglied der Geschäftsleitung und verantwortlich für die Unternehmenskommunikation der IntelliShop AG. Er verfügt über 18 Jahre Erfahrung als kommunikationsverantwortlicher Manager für börsennotierte Aktiengesellschaften, internationale Hightech-Konzerne, mittelständische Unternehmen und auch Start-Ups. Seine Aufgaben umfassten die nationale und internationale Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Investor Relations, Public Affairs und das Marketing. Zu den beruflichen Stationen zählen 3Com, Palm Computing und U.S. Robotics, ELSA, WEB.DE, ComBOTS und Netviewer. Erik Siekmann gründete 1999 den Internet-Blumenversand Valentins (Exit an Burda 2004) und leitete von 2005 bis 2010 die Blume 2000 new media AG. 2011 akquirierte er die DIGITAL FORWARD GmbH in Hamburg, eine auf E-Commerce-Marketing

371

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 8 Anhang

spezialisierte Unternehmensberatung. Er hat an der TU Berlin studiert und lebt mit seiner Frau und vier gemeinsamen Kindern in Hamburg-Blankenese. Prof. Dr. Bernd Skiera hat seit 1999 den Lehrstuhl für Electronic Commerce an der GoetheUniversität Frankfurt am Main inne. Seine Forschungsschwerpunkte sind Social MediaManagement, Online-Marketing, Marketing-Analytics, Electronic Commerce und Pricing. Das aktuelle Handelsblatt-Ranking zählt ihn gegenwärtig zu den vier forschungsstärksten, betriebswirtschaftlichen Professuren im deutschsprachigen Raum. Er ist Mitgründer von Marini Media GmbH. Dr. Ernst Stahl ist Research Director der ibi research GmbH und verantwortet das Competence Center „E-Business”, das gemeinsam mit namhaften Lösungsanbietern den E-Commerce-Leitfaden entwickelt hat. Das Institut bildet seit 1993 eine Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis und forscht bzw. berät zu Fragestellungen rund um das Thema „Finanzdienstleistungen in der Informationsgesellschaft“. Björn Tantau ist seit Ende der 1990er Jahre im Online-Marketing aktiv. Er arbeitet als Senior Manager Inbound Marketing für die Testroom GmbH in Hamburg und ist als Blogger, Autor, Trainer und Speaker auf nationalen und internationalen Konferenzen, Messen und Branchenevents unterwegs. Seine Schwerpunkte sind SEO, Linkaufbau, Content Marketing und Social Media. Er hat unter anderem ein Buch über Google+ verfasst, schreibt für Fachmagazine wie die WebsiteBoosting, betreibt eine eigene Kolumne bei t3n und wurde von ARD, ZDF und RTL2 zu aktuellen Online-Marketing-Themen interviewt. Robert Torunsky ist Consultant der ibi research GmbH. „Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen im E-Business stärken” – unter diesem Motto bietet das Competence Center E-Business maßgeschneiderte Lösungen für die Praxis an. Ziel des Instituts ist es, auf Basis fundierter Marktanalysen und Befragungen konkrete Fachkonzepte für Finanzdienstleister zur Unterstützung ihrer Firmenkunden zu entwickeln. Steve van den Berg fungiert beim internationalen Software-Hersteller Selligent seit 2011 als Vice President Strategic Sales & Partnerships. Van den Berg bekleidete über zwanzig Jahre lang bei mehreren Software-Firmen (GoldenGate, Sagent, Verity & BMC Software) Führungspositionen mit internationaler Verantwortung. Davor war der gebürtiger Niederländer von 2004 bis 2011 bei IBM als InfoSphere Sales Manager wo er die Vertriebsaktivitäten in Frankreich leitete. Steve van den Berg hat in Deutschland Wirtschaft studiert. Thomas Vetter ist Wirtschaftsinformatiker und E-Mail-Marketing-Experte mit über zehnjähriger Erfahrung. Er ist Autor zahlreicher Fachartikel zum Thema OnlineMarketing. Seit September 2010 verstärkt er als Vertriebs- und Marketingdirektor das Team der SuperComm Data Marketing GmbH in Bonn. Schwerpunkt der Aktivitäten von SuperComm bildet ein breites Angebotsportfolio in den Bereichen E-Mail-Marketing

372

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 8 Autoren

und Online-Leadgenerierung. Die Aktivitäten erstrecken sich dabei auf Deutschland, Österreich, die Schweiz und zahlreiche weitere europäische Länder. Timo von Focht leitet seit April 2011 als Regional Director DACH die deutschsprachigen Niederlassungen des Customer Experience Optimierungsspezialisten Maxymiser. In dieser Funktion beschäftigt er sich insbesondere mit den Themen Digitale Optimierung und Personalisierung von Onlineinhalten. Zuvor war von Focht bei AT Internet, bei CHIP Online GmbH sowie CNET Networks, InfraForces (Paris) und Compubase beschäftigt. Der dreisprachige Diplomkulturwirt ist dabei immer wieder in einer Scharnierrolle im interkulturellen Management zwischen verschiedenen Ländern tätig gewesen. Volker Wiewer ist CEO der eCircle GmbH und verantwortet europaweit die Bereiche Vertrieb und Marketing. Wiewer ist Autor zahlreicher Artikel zum Thema E-Mail- und Multichannel-Marketing sowie einer der führenden Referenten auf branchenrelevanten Kongressen und Messen wie z.B. Dmexco, Email Expo, Online-Marketing-Kongress, Europäischer Online-Handelskongress und vielen anderen in Deutschland und Europa. Thorsten Wilhelm, Dipl.-Kfm., war wissenschaftlicher Leiter der Usability-Forschungsgruppe am Institut für Marketing & Handel an der Universität Göttingen. Im Jahr 2000 gründete er zusammen mit drei Kollegen/-innen die eResult GmbH. Er ist zuständig für die Umsetzung von beratungsorientierten Vertriebskonzepten, das Coaching von Mitarbeitern, Abwicklung von Investitionsprojekte und das Unternehmensmarketing. Auch ist er im Marketing-Club Göttingen und Berufsverband der Usability aktiv tätig und betreibt Themenportal Usabilityblog.de. Anthony Wilkey ist seit über 15 Jahren in den Bereichen CRM und Marketing-Intelligence tätig, die letzten drei davon bei Emailvision. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Arbeit mit kollaborativen, multinationalen Digital Ventures und ist auf das Testen von Kampagnen im Online Relationship-Marketing und Customer Intelligence spezialisiert. Er ist darüber hinaus Mitglied in der Direct Marketing Association DMA und dort im E-Mail-Marketing-Rat sowie dem Benchmarking Hub aktiv.

373

8

STICHWORTE

1-A-Lage 29 1-Click-Bestellbutton 193, 309 3-D-Ansichten 47 3-D-Rundumansicht 188 7E-Conversion-Framwork 287 Abbildung 188 Abholung 48 Abmelderate 236 Abonnent 350 Absatz 187 Absprungrate 221 Abstimmung 61 Abteilung 114, 117 Adidas 47, 49, 359 AdWords 142, 260 Affiliate 265, 234, 271 After Search-Navigation 101 After-Sales-Phase 54 AGB 192, 210 Airwalk 49 Akquisitionskosten 244 Aktion 169 Aktualität 254 Algorithmus 360 Alter 25 Always-in-Touch 147 Always-On 143 Amazon 27, 33, 37, 84, 92, 94, 101, 104, 198, 359 Anbieterevaluierung 229 Anbieterkennzeichnung 192 Angebot 92, 255 Anleitung 190 Anregungsphase 54 Anzeige 242 Anzeigengruppe 260 Anzeigenliste 242 Anzeigenoptimierung 252

374

Anzeigentext 255 Anziehungskraft 181 App 52, 59, 94, 165, 171 Appealing Ads 260, 265 Apple 33, 338 Apranet 137 Artikel 53, 187 Artikelstammdaten 101 Augmented Reality 47, 146, 152 Außendienst 163 Außenwerbung 13 Authentizität 159 B2B 17, 129, 164, 167 B2C 167 Backlinks 233 Bandbreite 45 Barcode 145 Baumarkt 26 Begrüßungskampagne 340 Bekanntheit 40 Belohnung 351 Beratung 8, 27, 30, 47 Beratungssystem 193 Best Buy 30 Best Practices 76 Bestandskunde 129 Bestandsmanagement 62 Bestellabwicklung 198 Bestellanreiz 308 Bestellprozess 192 Bestellstatus 53 Besucher 182, 184 Besucherquelle 221 Bevölkerung 24, 51 Bewertung 136, 141, 230, 286 Bezahlart 191 Beziehungsdenke 98 Bieterwettbewerb 96

Big Data 16, 73, 111, 324, 326, 119 Bigpoint 348 Bild 105, 181, 186 Bildpersonalisierung 344 Blue Rays 31 BMP-Format 189 Bonussystem 53 Bounce Rate 221, 236 Branding 357 Breadcrumb 185 Breitband-Internet 160 Breuninger 62 Buch 26, 31, 92 Business Process Reengineering 67 Button 182 Buzz 40 Callcenter 53, 65, 113 Call-to-Action 181, 255 Chance 40, 43, 95, 112, 167 Change-Kommunikation 66 Change-Management 67 Channel-Hopping 54, 143 Cisco 334 Click & Collect 53 Click-Map 124 Click-Through-Rate CTR 233 Community 158, 348 Condor 350 Connected World 46 Consumer Analytic 67 Content 106, 124 Content Management System CMS 105 Content Marketing 14, 108 Convenience 27 Conversion 96, 109, 216, 220

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 8 Stichworte

Conversion-Killer 282 Cookie 332 Copyright 186 Co-Sponsoring 344 Cost per Click CPC 96 Cost per Order CPO 101, 231 Coupon 48, 290 Cross-Channel 16, 37, 40, 48, 59, 65, 207 Cross-Channel-Journey 210 Cross-Channel-Management 57, 68, 143 Cross-Channel-Retailing 47, 50, 56 Cross-Distribution-Modus 62 Crossmedia 15, 21, 62, 67 Cross-Selling 95, 190, 356 Curated Shopping 72 Customer Acquisition Cost CAC 98 Customer Experience Optimization CXO 124 Customer ExperienceOptimierung 123 Customer Journey 41, 53, 141 Customer Lifecycle 326 Customer Lifetime Value CLV 98, 232 Customer Relationship Management CRM 13, 53, 62, 87, 97, 128, 165, 324, 335 Daten 102, 105, 111, 215, 324, 340, 360 Datenanalyse 117, 349, 356 Datenblatt 190 Datenmanagement 112 Datenrettung 193 Datenschutz 19, 116, 192 Datensicherheit 192 Demografie 24 Demokratisierung 92 Dialog 114, 336 Dialogmarketing 13 Dienstleister 130 Differenzierung 16, 81, 101 Digital Borns 51 Digital Business 45 Digital Natives 147 Digitalisierung 17, 27, 164

Direktvertrieb 163, 299 Diskriminierung 116 Distanzhandelsvolumen 101 Distributionskanal 62 Diversifikation 273 Douglas 63 Drive-In 60 eBay 92, 101, 358 E-Book 32, 94 Echtzeit 53, 112, 151, 334 E-Commerce-Formel 216 E-Commerce-Umsatz 26 Effizienz 88 Einkauf 330 Einkaufsberater 46 Einkaufserlebnis 69, 161, 197 Einkaufshilfe 45 Einkaufskanal 52 Einkaufsprozess 94 Einkaufsverhalten 57 Einkaufverband 163 Einzelhandel 37, 84 Einzugsermächtigung 320 Elektronik 26 E-Mail 52, 113, 265, 324, 331, 352, 356 E-Mail-Marketing 13, 236, 289, 325, 340, 357 E-Mail-Newsletter 141 E-Mail-Ordner 169 E-Mail-Retargeting 289 Emotion 8, 284 Emotional Shopping 197 Empfänger 236, 350 Empfehlung 49, 54, 79, 158 Endgerät 45 Enterprise-Resource-Planning ERP 164 Entscheidungsfindung 204 E-Procurement 164 E-Reader 94 Erfolg 77, 79, 282 Erfolgsfaktor 59, 67, 198, 238 Erinnerungsmail 292 Erlebnisvorteil 73 Erlebniswelt 160 Ernsting’s family 48 Erregung 204 Erwartung 179, 201

Esprit 47 Etsy 92 European Article Number EAN 102 Evaluationsphase 54 Eyetracking 124, 355 Fab.com 159 Facebook 48, 52, 107, 158, 173, 336, 359 Facebook-Commerce 138 Facebook-Kampagnen 142 Facelift 279 Fachhandel 28, 56 FAQ 191 Farbe 181 Fashion 26 Fehlversuchen 76 Fernsehen 54 Filiale 46, 53, 84 Filtersuche 190 Finanzbranche 127, 210 Fixkosten 91 Flagship-Stores 47 Flat Design 182 Flexibilität 88 Flop 222 Foto 105, 188 Frankonia 65 Frequency 235 Freunde 49 Frühwarnsystem 339 Future Commerce 46 Gamer 348 Garantie 303 Gartner 70 Gebot 244 Gebr. Heinemann 49 Geburtstag 336 Geolocating 151 Geschäftsmodell 97 Geschenk 202, 352 Geschichte 109 Gestaltung 18, 200, 354 Gewinn 244 Global Trade Item Number GTIN 102 Google 8, 52, 158, 186, 215, 241 Google Brille 160

375

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 8 Anhang

Görtz 37, 40 Großhandel 157 Gütesiegel 192, 303 Gutschein 202, 234, 352 H&M 158 Haftung 210 Halfords 326 Handel 28, 37, 51, 59, 113, 168, 174, 352, 360 Handelslandschaft 83 Handelsmarkenauftritt 53 Handelsverband 163 Handelswelt 54, 70 Handlungsbedarf 314 Handydisplay 59 Hautleitwiderstandsmessung 205 Havas Voyage 293 HD-Information 107 HD-Produktdaten 104 Heat-Map 124 Hierarchie 66 Home-Delivery 60 Hype 70, 111 IBM 161 Icon 184 Igel-Technik 105 Individualität 88, 330 Infobox 191 Informationskanal 40 Informationssuche 38, 56 Infotelefon 191 Innenstadt 84 Innovation 79, 284 In-Store 207, 356 Integration 53, 114, 168 Interesse 337 Interessenprofil 341 Internetwirtschaft 45 In-Time-Belieferung 166 Investition 61 iPad 167 IT 61, 211 Jochen Schweizer 354 Josera 344 JPG 188 Kalkulation 73, 166

376

Kampagne 260, 295, 333, 355 Kampagnenmanagement 249 Kampagnenstruktur 250 Kanal 13, 38, 42, 45, 47, 61, 113, 207, 336 Kanalabstimmung 58 Kanaldenken, klassisch 68 Kanaleffekt 59 Kanalverknüpfung 66 Kanalwechsel 38, 58 Kannibalisierung 42, 57 Karstadt 40 Kassenbonübersicht 171 Kassendaten 62 Kassenschlange 28 Kassensystem 48, 175 Katalog 40, 42, 54, 113, 164 Kategorie 184 Kauf 38, 46 Kaufabbruch 179 Kaufanreizwort 252 Kaufentscheidung 139 Käufer 54, 108, 225, 290 Kaufimpuls 38, 41, 141 Kaufphase 54, 58 Kaufprozess 9, 138, 139, 145, 222 Kaufverhalten 27, 55 Kaufzyklus 334 Kennzahl 117, 219 Kennzahlenbaum 218 Key Performance Indicator KPI 18, 97, 117, 208, 227, 295, 356 Keyword 96, 189, 251 Keyword Efficiency Index KEI 234 Killerargument 86 Kindle 94 Klickrate 233, 245, 251, 333 Kommissionierung 73 Kommunikation 79, 148 Kommunikationspolitik 61 Konsument 37, 42, 52, 57 Konsumentenverhalten 27, 37, 40, 54, 63, 72 Konsumkultur 52 Kontakt 265, 271 Konversion 19, 277, 301, 328 Konversionsrate 72, 182, 299, 305 Kooperation 208

Kosten 73, 201 Kosten-Umsatz-Relation KUR 231 Kreativität 33 Kulanz 202 Kunde 34, 45, 51, 53, 59, 64, 77, 85, 87, 112, 140, 163, 170, 349 Kundenanforderung 166 Kundenansprache 113, 172 Kundenaustausch 359 Kundenberater 49 Kundenbewertung 84, 304 Kundenbeziehungsmanagement 53 Kundenbindung 40, 94, 292, 349 Kundendenke 97 Kundendienst 163 Kundenerlebnis 53 Kundenfeedback 113 Kundeninspiration 63 Kundeninteraktionsmöglichkeit 53 Kundenkarte 171 Kundenkommentare 105 Kundenkontakt 61, 165 Kundenprozess 144 Kundensicht 53, 56, 55 Kundenvertrauen 304 Kundenwert 232 Kundenwunsch 47 Kundenzentriertheit 97 Kundenzufriedenheit 47, 362 Ladengeschäft 58, 113 Ladenöffnungszeit 210 Ladezeit 189, 200 Lagerbestand 168 Landing Page 345, 352 Launch 279 Layout 242 Lebensmittel 26, 61 Lebensmittelpunkt 135, 152 Lecturio 97 Leistungsversprechen 73 Leitmedium 51 Lensbest.de 194 Leser 342, 346 LeShop 59 Letsbuyit.com 157 Lieferung 46, 48, 73

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 8 Stichworte

Lifecycle-Marketing 348 Likes 337 Linkbuilding 108 Local 133 Location Based Advertising 48 Location Based Marketing 169 Logistik 73, 210 Long Tail 18, 91 Loyalitätszunahme 57 Loyality-Cards 48 Lupenfunktion 188 Luxusgüter 356 Luxusuhr 73 Mainstream 93 Managementprozess 118 Mangelware 197 Marke 87 Markenbekanntheit 54, 98, 254 Markenkontinuität 85 Marketing 68, 124, 211 Marketing Automation 340 Marketingdaten 101 Marketingeffizienz 96 Marketingerfolg 349 Marketinginstrument 62 Marketingsteuerung 227 Markt 23, 27, 29, 34, 76, 83 Marktchance 270 Marktdurchdringung 272 Marktentwicklung 273 Marktforschung 62 Markttransparenz 84 Massenmarkt 174 Maßnahme 61, 219 Media-Saturn 62 Medien 54, 339 Medienbruch 165 Mehrertrag 61 Mehrfachkäufer 54 Mehrkanalnutzung 58 Mehrwert 294 Merkliste 190 Meta-Tag 187 Methodik 38 Me-Too-Mythos 75 Mitarbeiter 66, 68, 77, 358 Mittelstand 122, 163 Möbel 9, 27, 107 Mobile 2.0 146

Mobile 46, 59, 113, 133, 346 Mobile Commerce 15, 58, 77 Mobile Coupons 17, 169 Mobile Internet 160 Mobile Revolution 59 Mobile-Shop 52 Mobilität 25 Mobiltelefon 48 Mode 107, 342 Monitoring 173, 338 Montageservice 193 Multichannel 16, 33, 37, 48, 103, 163, 359 Multichannel-Anbieter 85 Mythos 70 Nachfrage 83, 92, 105 Nachhaltigkeit 46 Namenstags-Mail 352 Navigation 45, 179, 183 Near Field Communication 48 Netzwerk 116, 118 Netzwerkkompetenz 67 Neuigkeitswert 108 Neukunde 129, 340 Newsletter 109, 215, 342, 346, 350, 354 News-Stream 49 Nike 359 Nischenanbieter 85 Nischenprodukt 91 No-Line 87 Non-Food-Multichannel-Handel 57 Nutzen 108, 287 Nutzer 105, 107, 116, 199, 289, 294 Nutzungshäufigkeit 58 Nutzungsphase 54 Office World 64 Offlinehandel 83 Öffnungsrate 333 Omni-Channel 15, 21, 52, 143 One-to-One-Marketing 87 Onlinehandelsumsatz 59 Onlinekatalog 193 Online-Panel 38 Online-Pure-Player 40 Onlineshop, Aufbau 177

Onlineshop, Gestaltung 177 Onlineshop-Terminals 47 Onlinespiel 348 Onlinewerbung 52 Onpage-Optimierung 189 Onpicture 189 Optimierung 46, 227, 277 Optivel AG 332 Organisationsstruktur 66 Orientierung 183, 285 Outdoor 107 Page Impression PI 220 Partner 66 PayPal 304 PC 48, 346 Performance-Display-Marketing 235 Personalisierung 343 Perspektive 157 Persuasive Design 285 Pflichtdatum 103 Pick-Up at Rail 60 Pinterest 107 Planung 61, 69 Plus-Garantie 193 Point of Decision 141 Point of Sale PoS 139 Pop-up-Store 72 Positionierung 98 Post-Click 235 Postkarte 352 Post-View 235 Potential 46 Preheader 343 Preis 19, 42, 46, 54, 58, 62, 186, 198, 243, 301 Preisdruck 54 Preisentwicklung 51 Preisinformation 53 Preisliste 164 Preispolitik 61, 88 Preissuchmaschine 96, 157 Preistransparenz 84, 88 Preisvergleich 28, 46, 54 Premium 47 Print 249 Print-Anzeige 13, 54 Print-Katalog 58 Privatsphäre 116

377

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 8 Anhang

Product Information Management PIM 102 Produkt 46, 51, 59, 91, 107, 140, 160, 200, 330, 356 Produktbeschreibung 186, 200 Produktbewertung 190 Produktdarstellung 179, 186 Produktdaten 16, 101, 108 Produktdenke 97 Produktdetail 310 Produkteigenschaft 42 Produktempfehlung 52, 330, 360 Produktinformation 28 Produktionsmittel 92 Produktivität 24 Produktkatalog 163, 168 Produktkritiken 105 Produktliste 188 Produktverfügbarkeit 42, 201 Produktvergleich 190 Produktverzeichnis 96 Produktvideo 106 Programmentwicklung 273 ProMarkt 30 PROSAD 246 Prosument 136 Prozess 53, 68, 86, 164, 166 Prozess-Engine 165 Prozessoptimierung 167 Publisher-Struktur 234 Pulldown-Menü 185 Pull-Medium 249 Pure Player 59, 85 Push-Medium 249 QR-Code 64, 74, 173 QR-Wall 49 Qualität 46, 114, 342, 342 Qualitätsversprechen 73 Quelle 141 Rabatt 53, 146 Radio 54, 249 Raiffeisen 346 Reaktionsrate 290 Reaktivierungsprogramm 351 Realität 77 Realtime 151 Realtime Decision Engine 330 Recherche 46

378

Rechnung 362 Recommendation Engine 217 Redaktion 150 Redcoon 37 Redesign 279 Regalbewirtschaftung 91 Reichweite 299 Reisebranche 126 Reisemagazin 49 Reiseveranstalter 332 Reklamation 73 Relaunch 115, 279 Relevanz 77, 114, 285 Rendite 85 Reorganisation 68 Reporting 237 Response 351 Responsive Design 48, 166, 180, 346 Ressourcenknappheit 67 Retail 47, 51, 71, 208 Retarget-E-Mail-Kampagne 333 Retargeting 328, 332 Retoure 30, 48, 53, 126, 201 Retourendaten 105 Retourenkosten 310 Retourenlager 53 Retourenmanagement 307 Retourenquote 47, 85, 307, 362 Return on Investment ROI 231, 246, 292 REWE 30 Rhapsody 91 Risiko 40, 43, 96 Rohertrag 94 Rohstoff 93 ROPO-Effekt 58, 104, 173 Rückgabe 46, 191 Samsung 338 SAP 341 Schlecker 29 Schlichtheit 182 Schnäppchenjäger 169 Schuhhändler 105 Schuhkauf 362 Schuhpass 126 Search Engine Advertising SEA 232, 249 Search Engine Optimization

SEO 233 Second Screen 49 Selbstbedienung 47 SEPA 313 Service 46, 53, 58, 136, 97, 136, 198 Service-Exzellenz 65 Service-Umsatz 59 Shitstorm 116 Shop-Controlling 213 Shop-Layout 179 Shopoptimierung 216 Shopstruktur 179 Showroom 33, 42 Sicherheit 19, 191, 286, 301 Sichtbarkeitsindex 233 Simplifizierung 286 Single-Channeling 52 Siri 9 Sitelink 251 Site-Performance 105 Skalierbarkeit 95 Smarter Commerce 161 SMART-Formel 213 Smart-Natives 145 Smartphone 8, 28, 38, 42, 45, 49, 51, 60, 145, 148, 346 smatch.com 107 Social Commerce 17, 72, 157 Social Influencer 337 Social Internet 135 Social Media 48, 53, 106, 136, 324 Social Media-Button 190 Social Shopping 158 Social Web 113, 338 SoLoMo 17, 135, 148 Sortiment 46, 62, 198 Sortimentspolitik 61 Spam 169 Spiel 79, 350, 351 Sportartikel 336 Sport-Fleck 358 Sport-Scheck 63 Sprungmarke 187 SSL-Verschlüsselung 191 Stakeholder 228 Standardfilterung 103 Standardisierung 102 Standardwerkzeug 167

Torsten Schwarz: Leitfaden Digital Commerce / Kap. 8 Stichworte

Standort 29 Steuerung 237 Stichprobe 38 Stimulanz 286 Stornoquote 234 Streuverlust 97 Strukturvertrieb 163 Suche 58, 84, 222 Suchmaschine 40, 96, 181, 187, 189 Suchmaschinenmarketing 241, 259 Systemanbieter 238 Tabelle 187 Tablet 8, 45, 51, 164 Tablet Commerce 163 Tag 299, 123, 332 Takeaway 357 Targeting 116 Team 283 Technologie 45, 67, 76, 227 Template 354 Terminzusage 166 Test 84, 206, 280, 361 Text 186, 187, 261 Textanzeige 249, 259 Textilbranche 85, 308 Thalia 32, 37, 40 thelook.com 182 Thomas Cook 328 Thumbnail 188 TIFF-Format 189 Toilette 136 Tonalitätsanalyse 339 Topseller 221 Touchpoint 53, 329 Tracking-System 227 Traffic 220 Transaktionsmöglichkeit 102 Transformationsprozess 67 Transparenz 51 Transportkosten 73 Treue 15, 38 Trusted Shops 192, 304 TÜV SÜD 192 TV 13, 49, 249 Überschrift 187 Umfeldkommunikation 108

Umsatz 28, 52, 57, 83, 91, 216, 220, 326, 352 Umsatzpotential 65 Umtausch 48, 105 Umwelt 76 Unterhaltungselektronik 26, 28 Unternehmensprozess 61, 168 Up-Selling 356 Urbanisierung 25 Usability 8, 203 Use-Lab 205 User Styles 107 Veränderungsprozess 51 Verantwortlichkeit 118 Verfügbarkeit 47, 53 Verkaufsabschluss 335 Verkaufsassistent 47 Verkaufsdenke 98 Verkaufsförderung 174 Verkaufsgenie 49 Verkaufsraum 54 Verkaufsverbot 359 Verkaufszahl 300 Verlag 14 Verlinkung 255 Vernetzung 46, 52 Verpackung 73 Vertikalisierung 84 Vertipper 251 Vertrauen 19, 46, 65, 254, 285, 301, 362 Vertrieb 52, 92, 124, 209, 334 Vertriebsmitarbeiter 163 Vertriebsprozes 334 Verzahnung 113 Verzeichnis 185 Video 105, 188 Virtuell 47, 49, 95 Visibility 233 Vorentscheidung 54 Vorkaufsphase 58 Vor-Ort-Service 193 Vorschaubilder 188

Warenbeschaffung 73 Warenkorb 53, 95, 175, 221, 330, 361 Warenlieferung 201 Warenrücksendung 216 Warensegement 27 Warenverfügbarkeit 103 Warenwirtschaft 48, 62, 62 Web 2.0 136 Webanalyse 116, 214 Website 113, 115 Wechselwirkung 39 Welcome Cycle 349 Werbebanner 141 Werbebotschaft 54 Werbekampagnen 63 Werbemittel 108 Werbemittelverstärker 344 Werbetext 109 Wertschöpfungskette 73, 140 Wertsteigerung 173 Wettbewerb 51 Wettbewerber 57 Wettbewerbsvorteil 48, 197, 205 Whole Foods Market WFM 146 Widerrufsbelehrung 192 Wirtschaftlichkeit 96 Wohlfühl-Feature 179 Wunschliste 190 Zahlen 254 Zahlung 46 Zahlungsabwicklung 73 Zalando 27, 33, 37, 158, 274 Zertifizierungssiegel 191 Ziel 77, 213 Zielgruppe 43, 249, 293, 310, 179 Zoom 105 Zooplus 37 Zukunft 61 Zusatzfeature 186 Zusatzkauf 48

Wachstumspotenzial 57 Wachstumstreiber 279 Wahrnehmung 294 Ware 53, 201 Warenangebot 58

379

Leitfaden Online Marketing Jetzt auch als eBook!

Band 1 des Leitfaden Online e Marketing gehörte mit über 10.000 verkauften elesenen Marketingbüchern in Deutschland. Exemplaren zu den meistgelesenen Band 2 ist ein völlig neues Werk. 166 Experten verraten auf 1.120 Seiten Tipps und Tricks zu SEO, AdWords, Targeting und Social Media. Es ist aktuell das umfassendste Handbuch für Unternehmen, die online Kunden gewinnen und binden. Herausgeber Torsten Schwarz

Stimmen zu Band 2 Wie Band 1 eine sichere Bank im Bücherregal. acquisa Unverzichtbares Standardwerk für Marketer. Dieter Weng, Präsident DDV e.V. Geballtes Wissen der Branche – auch für Laien. Helfrecht Chefbrief Mir ist kein englischsprachiges Buch bekannt, das so umfassend über aktuelle Online-Marketing-Trends und -Methoden berichtet. E-Werkstatt Aktuell, praxisnah und umfassend. Mit diesem Leitfaden gelingt innovatives Online-Marketing. Prof. Dr. Lothar Seiwert, Keynote-Speaker, Bestsellerautor Umfassendes Expertenwissen zu den Hintergründen und mit vielen Tipps für die Praxis im Online-Marketing. Der Handel Band 1 Band 2

858 Seiten, 2007, geb., ISBN 978-3000209048, 39,90 Euro 1.120 Seiten, 2011, geb., ISBN 978-3000327988, 49,90 Euro, als eBook 39,99 Euro

125-seitige Gratisleseprobe von Band 2 unter www.lfom.de

Praxis-Ratgeber für Online-Marketing ich Holen Sie s er d das Wissen

en Top-Expearcth! in Ihrem F

Leitfaden Online Marketing Band 2 Der zweite Band des Standardwerks liefert aktuelle Trends der Online-Kundengewinnung. 166 Top-Experten verraten Tipps und Tricks zu SEO, AdWords-Kampagnen, Targeting und Social Media.

Neu: Leitfaden Digital Commerce Der Umsatz im deutschen E-Commerce stieg 2012 um über 27 % auf nun 27,6 Mrd. Euro. In diesem Buch zeigen innovative Unternehmen auf was es ankommt und wie sie Digital Commerce umsetzen.

T. Schwarz, 1.120 Seiten, 49,90 Euro, 2011 Jetzt auch als eBook für 39,99 Euro!

T. Schwarz, 384 Seiten, 34,90 Euro, 2013

Leitfaden E-Mail-Marketing 2.0 Das umfassende deutschsprachige Fachbuch zum Top-Thema der US-Marketer. T. Schwarz, 500 Seiten, 34,90 Euro, 2009

Leitfaden WOM Marketing Die neue Empfehlungsgesellschaft des „Wordof-Mouth-Marketing“: Wie Sie neue Kunden gewinnen und zielsicher den „Buzz“ steuern und gestalten. A. M. Schüller & T. Schwarz, 448 Seiten, 39,90 Euro, 2010

Leitfaden Digitaler Dialog Das Buch zeigt Risiken aber auch Chancen des Kundenkontakts via Social Media, E-Mail und Mobile auf. G. Braun, 444 Seiten, 39,90 Euro, 2012 Jetzt auch als eBook für 29,99 Euro!

shop.marketing-boerse.de

      

                

    $   ! !  #% "& ! '     &!(##$#(#))# #'%&&# "%)!'"&()#'& )'.(-!"#!#''#' %$&(!/&(.#  !'(#)# ,%&(#(%%' -)" $+#!$ &## ,%&(# +'''#/& &#!#"%## #$#(#) ##+' )(#$)# ($#&( ##"$&#'$#*&!(('#

 %     

###   $ 

marketing-boerse.de

Das

Dienstleisterverzeichnis für Marketing Unternehmen. Experten. Jobs. Ausschreibungen. Produkte. Termine. News. Fachartikel.

Das reichweitenstärkste Spezialverzeichnis für Marketing mit 15.000 Anbietern bietet Ihnen: • pfiffige Marketingprofis für Ihr Kommunikationskonzept • kompetente Anbieter aus allen Branchen von Außenwerbung über Suchmaschinenoptimierung bis Zielgruppenanalyse • interessante Jobangebote und Projektausschreibungen • wertvolle Fachartikel und Pressemeldungen • alle Marketingtermine des Tages – iPhone-App MB-Termine • wichtige Branchentreffs – auch mobil • nützliche Marketingtipps und -tricks • spannende Webinare für Ihr Marketingwissen

marketing-boerse.de DAS DIENSTLEISTERVERZEICHNIS INFO-TELEFON +49 7254 / 95773-0

Jetzt ! en g a r t n i e

Ihre Notizen

384

View more...

Comments

Copyright � 2017 SILO Inc.