Zum 300. Geburtstag von Friedrich dem Großen: Berichte, Kommentare, Glossen und Despektierliches

April 1, 2018 | Author: Gretel Holst | Category: N/A
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1 No. 4 /Januar 2012 Zum 300. Geburtstag von Friedrich dem Großen: Berichte, Kommentare, Glossen und Despektierlic...

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No. 4 /Januar 2012

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Zum 300. Geburtstag von Friedrich dem Großen: Berichte, Kommentare, Glossen und Despektierliches

Wort des Monats

Vorweg…

Die nützlichsten Bürgertugenden sind Menschlichkeit, Billigkeit, Tapferkeit, Wachsamkeit und Arbeitslust. Derartige Eigenschaften müssen belohnt werden. Friedrich der Große, 1752

…zunächst eine Bitte: Die Ihnen per Mail zugesandten Monatsbriefe lassen sich unter dieser Internet-Adresse aufrufen:

Inhalt Seite 2: Friedrich II., Helmut Schmidt und Max Otte zur gegenwärtigen Krise Seite 5: Preußen-Pflege in Frankfurt an der Oder Seite 6: Patrioten-Passagen Seite 8: Preußische Daten Seite 9: Impressum Seiten 10 bis 14 als Zugabe: Der Musiker Friedrich und sein Lehrmeister Quantz  Zuschriften  Archiv  Bestellung  Abbestellung

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www.Preussische-Monatsbriefe.de Bitte geben Sie diese Adresse an interessierte Freunde, Bekannte, Geschäftspartner und überhaupt an alle wachen Geistes weiter. Für ermunternde Zuschriften sei herzlich gedankt. So teilte uns Finanzexperte und Wirtschafts-Kassandra Professor Dr. Max Otte mit: „Ich habe den ganzen Brief bis auf den letzten Teil aufmerksam gelesen und spreche mein Kompliment aus.“ Zitat aus einer weiteren Zuschrift: "Mit Freude und reichlichem Vergnügen habe ich jetzt zum dritten Male die Preußischen Monatsbriefe bekommen. Da ist es denn höchlich an der Zeit, Ihnen auf Land-Preußisch mitzuteilen: ICH TU MIR SCHÖN BEDANKEN!“ Das neue Jahr liegt vor uns – mit dem 300. Geburtstag von Friedrich dem Großen, dem 775. Jubiläum Berlins und viele, vielen Unwägbarkeiten. Grundsätzlich aber: Wenn auch der wirtschaftliche Entwicklungsprozess global verläuft, darf er die globale Ausrichtung von Politik, Kultur im weitesten Sinne etc. NICHT miteinschließen. Im Gegenteil: Nationales MUSS gepflegt werden, um Ureigenes zu erhalten. Die Gefahr, eine Mini-Ausgabe der USA zu werden, ist größer als eine Überfremdung etwa durch Hugenotten, Italiener, Griechen oder Türken. Sich mit dem preußisch-deutschen Erbe zu beschäftigen und es zu bewahren, ist eine nationale Pflicht und eine große Aufgabe. Auf denn! Die Schriftleitung Preußische Monatsbriefe

Rapport zur Lage Was König Friedrich II., Alt-Kanzler Schmidt und Professor Otte über Finanzen zu sagen haben Die uns alle (be-)treffende haarsträubende Jahres-Bilanz des Finanz- und Wirtschaftssektors wirft einen tiefschwarzen Schatten auf das neue Jahr. Man muss keinen Teufel an die Wand malen – er ist längst da. Nicht einmal die Politiker- und Medientünche in Form von gesteuerten Mies-Kampagnen gegen das deutsche Staatsoberhaupt und von Gesundbetereien zum Anfachen der Kauflust zum fröhlichen Fest auf dem sinkenden Schiff können ihn verdecken. Er grinst uns frech ins Gesicht: „Ich habe Euch im Griff.“ Und verspricht: „Es wird höllenheiß hergehen.“ Genannt seien nur diese der vielen schockierenden Zahlen: Die USA-Staatsverschuldung hat einen historischen Höchststand erreicht: Erstmals sind Bruttoinlandsprodukt und Staatsverschuldung gleich groß. Nach Angaben des US-Handelsministeriums betrug das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal des Vorjahres 15,180.900.000,00 Dollar. Im selben Zeitraum weisen die USA 15,182.756.264.288,80 Dollar an offiziellen Schulden auf. Die bundesrepublikanische Staatsverschuldung beträgt ca. 2, 63 Billionen Euro, das Bruttoinlandsprodukt rd. 2, 5 Billionen Euro (2010). Kurzum: Schulden, Schulden, Schulden. Wir baten drei namhafte Persönlichkeiten nationalen Profils, sich zu uns bekannten und zwängenden Problemen zu äußern. Ihre punktuellen Äußerungen lassen das eigene Bild von dem ergänzen, was gegen die Allgemeinheit geschieht und was um Teufel komm raus verschleiert werden soll, Licht aus, Spot an:

Friedrich der Große, König von Preußen 

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Der Fürst soll sparsam und freigebig sein. Sparsam, weil er die Güter des Staates verwaltet, weil das Geld, das er empfängt, Blut und Schweiß des Volkes ist und er es zum Besten des ganzen Staatskörpers verwenden muss…Die Freigebigkeit ist eine scharfsichtige Tugend, die mit Sachkenntnis handelt. Sie ist bereit, den Unglücklichen zu helfen, Hab und Gut mit ihnen zu teilen.  Soll das Land glücklich sein, will der Fürst geachtet werden, so muss er unbedingt Ordnung in seinen Finanzen halten.  Die Finanzwirtschaft beruht auf Pünktlichkeit in den Einnahmen und auf Ordnung in den Ausgaben. 300. Jahre alt  Der Wert unserer Einrichtungen besteht darin, dass aktuell geblieben die Kassen niemals vermengt werden. Infolgedessen leben wir nicht auf Vorschuss, sondern legen jedes Jahr zurück…Wir ändern im Laufe des Jahres nichts an der Ordnung des zu Beginn des Rechnungsjahres festgestellten Voranschlages. Preußische Monatsbriefe



Jeder Provinzialeinnehmer hat das Geld aus der Kontribution in seiner Kasse. Damit er das Land nicht bestehlen kann, wird seine Kasse alle Monate revidiert, und ergibt sich der geringste Betrug von seiner Seite, so wird er auf der Stelle verhaftet. Jetzt ist es bei Todesstrafe verboten, einen Groschen Kontribution mehr ohne einen Befehl von meiner Hand aufzuerlegen, und den Befehl hüte ich mich wohl zu geben.  Freie Einfuhr für die Rohstoffe, die unsere Manufakturen verarbeiten, wie ausländische Wolle, Seide usw. Zollfreie Ausfuhr für alle bei uns hergestellten Produkte, um ihren Absatz im Ausland zu steigern und entsprechend mehr Arbeiter bei uns zu halten. Hohe Zölle auf ausländische Produkte, die im Lande selbst angefertigt werden. Diese Auflagen belasten nur die Wohlhabenden, verhindern stillschweigend die Ausfuhr von Geld und beleben die Manufakturen.  Die Provinzialbehören erstatten dem König jeden Monat eingehenden Bericht über …den Stand der Kasse…Am Schlusse des Rechnungsjahres schickt mir jede Provinz und jede Kasse ihre Generalabrechnung…Ein Herrscher muss soviel Menschenkenntnis besitzen, um wenigstens an die Spitze der Provinzen ehrliche Männer zu stellen. (Aus „Finanzwesen“ und „Regierungsformen und Herrscherpflichten“ und „Politisches Testament von 1752“)

Helmut Schmidt, Altkanzler der BR Deutschland 

Ich habe die Auswüchse, die sich hier (in den globalisierten Finanzmärkten) seit einigen Jahren erkennen lassen, Raubtierkapitalismus genannt…  Aus ein paar Spekulanten wurden inzwischen Zehntausende, die international auf alle nur denkbaren künftigen Ereignisse spekulieren…Derartige Spekulationsgeschäfte werden heute weltumspannend binnen Sekunden abgeschlossen.  Auf den globalisierten Finanzmärkten sind fast ausschließlich relativ junge private Institute tätig. Viele sind auf feindliche ÜberSicher im Urteil, selbstbewusst nahmen ganzer Firmen spezialisiert, die sie und hoch geachtet nach Übernahme zerlegen, ausschlachten und verkaufen; andere verkaufen Derivate, deren Risiken kunstvoll verschleiert sind; fast alle dienen der persönlichen Bereicherung ihrer Gründer und Manager.  Aus dem aggressiven Gebaren des Raubtierkapitalismus auf den globalen Finanzmärkten ergeben sich für uns Deutsche zwei strukturpolitische Aufgaben. Zum einen…Eintreten für wirksame transnationale Finanzsaufsicht und Transparenz und die Austrocknung der teilweise steuerfreien Inseln, die keiner Aufsicht unterstehen. Zum anderen ist es im deutschen Interesse erforderlich, im eigenen Land den Konzentrationsprozess innerhalb unseres traditionell zerklüfteten Gefüges kleiner öffentlich-rechtlicher, genossenschaftlicher und privater Bankinstitute voranzutreiben. Dagegen steht bisher der kommunale und ideologische Eigensinn in den Verwaltungsund Aufsichtsräten dagegen, dazu der partikularistische Egoismus der Bundesländer. Preußische Monatsbriefe 3



Die anstreckende Habgier hat bei uns inzwischen ein hohes Maß an Unbehangen, Unzufriedenheit und auch Neid ausgelöst. Wer gleichzeitig mit der Erhöhung der Gewinne und Dividenden die Absicht zur Entlassung von Zehntausenden Arbeitnehmern bekannt gibt, muss es sich gefallen lassen, dass sein soziales Verantwortungsbewusstsein und seine Moral in Zweifel gezogen werden. (Entnommen dem Buch „Ausser Dienst –Eine Bilanz“, von Helmut Schmidt)

Professor Max Otte, Finanzexperte und Krisen-Kassandra 





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Nachdem Banken und Finanzdienstleister uns unter Umgehung der Marktwirtschaft die Finanzkrise eingebrockt hatten, wurden sie von der Allgemeinheit, dem Steuerzahler, gerettet, ohne selber größere Kosten tragen zu müssen. Als Folge stiegen die Staatsschulden. Deswegen, und weil im Staatsanleihensektor die Marktwirtschaft durch die Ratingagenturen ebenfalls außer Kraft gesetzt ist, haben wir nun eine Staatsschuldenkrise.  Wir stehen alleine da! Die Politik wird nicht uns helfen, sondern den großen spekulativen FiScharf in der Analyse nanzmarktakteuren. Es ist viel schlimmer, als es und klar im Wort sich Normalbürgerinnen und Normalbürger jemals erträumt haben. In dieser Situation gibt es keine Sicherheiten mehr. Der Schutz des Eigentums von Bürgerinnen und Bürgern wird durch die rechtlose Gesellschaft zunehmen ausgehöhlt. Schulden, die Sie als Privatperson machen, etwa um ein Haus zu finanzieren, bleiben wohl in der einen oder anderen Form erhalten. Auch in der Währungsreform nach 1948 wurden die Hypothekenschulden nur 2:1 reduziert, die Geldvermögen aber drastisch um 10:1 geschrumpft. Ich kann nur immer wiederholen: Sachvermögen in Form von Edelmetallen, hochwertigen Immobilien, Agrar- und Forstland sowie Aktien sind die Basis für einen gesunden Vermögensaufbau, nicht Papierforderungen oder Bankprodukte. Gesellschaftlich unerträglich wird es, wenn es zweierlei Systeme von Regeln gibt – eines für Gläubiger und eines für Schuldner. Das ist wieder so: Wenn heute von Privatpersonen Schulden gemacht werden, müssen diese auf jeden Fall zurückgezahlt werden. Staaten, Banken und Superreiche können aber oftmals sehr billig Schulden aufnehmen, um Ausgaben zu finanzieren oder mit den Schulden Geld zu verdienen. Und wenn sie dann nicht zurückzahlen können, erhalten sie einen Schuldenerlass oder öffentliche Unterstützung wie im Fall der Banken und hoch verschuldeten Länder (wo wir eigentlich wieder nur die Banken und Superreichen retten). So haben in der Geschichte meistens Revolutionen angefangen!

(Aus eigenen Kolumnen und www.privatinvestor.de)

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Preußische Monatsbriefe

Freundeskreis in Frankfurt / Oder pflegt preußisches Erbe Seit Jahren schon besteht in Frankfurt an der Oder ein Freundeskreis, der sich mit der Geschichte Preußens und ihrer aktuellen Bedeutsamkeit beschäftigt. Zunächst orientiert auf die Preußische Gesellschaft e.V. in Berlin, versteht er seit 2005 seine Tätigkeit als Teil der Wirksamkeit des Kulturbundes Frankfurt/Oder. Ohne sich damit auf lediglich regionale Themen zu beschränken, will er insbesondere zur Pflege des kulturhistorischen Erbes der Oderegion beitragen, das sich wie überall in der Mark Brandenburg weitgehend in materiellen und geistigen Zeugnissen Preußens manifestiert. Vortragsthemen wie „Preußen vor und unter dem Deutschen Orden bis zur Bildung des Herzogtums", „Kolberg 1907 - 200 Jahre Friedensdiktat von Tilsit", „Das Kontrollratsdekret vom 25. Februar 1947 und seine Auswirkungen", „Die DDR und Preußen" zeugen von der inhaltlichen Breite seiner Wirksamkeit. In einer Reihe „Preußens Herrscher" - beginnend mit dem Vortrag „Die Hohenzollern als Herrscher BrandenburgPreußens - Glücksfall oder Problem?" - wurden der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm, Preußens erster König Friedrich l., der Soldatenkönig und Friedrich Wilhelm III. vorgestellt; am 15. März 2011 hatte noch der dann im September verstorbene Preußenexperte Prof. Dr. Wolfgang Stribrny zum Thema „Die Hohenzollern in der Mark" referiert.

Die Friedensglocke am Ufer der Oder

Aber auch Vortragsveranstaltungen zu so speziellen Fragen wie dem prägenden preußischen Einfluss auf die Entwicklung der städtebaulichen Planung im Unterschied zu deren angelsächsischer Ausformung oder der Thematik „Preußen - Kunst und Architektur (nach der repräsentativen Veröffentlichung im Könemann-Verlag von 1999)" fanden breites Interesse und lösten lebhafte Diskussionen aus. Hauptanliegen der Mitglieder des Frankfurter Freundeskreises ist es, Verzerrungen des Preußenbildes entgegen zu treten und für eine unvoreingenommene Sicht auf die Geschichte unseres Volkes zu werben. Einziger Maßstab dafür ist die Orientierung an den unumstößlichen historischen Fakten. Die Mitglieder organisieren übrigens ihre Arbeit selbständig und planen die Vortrags- und Gesprächsveranstaltungen halbjährlich. Am 22. November des vergangenen Jahres wurde mit „General von Steuben, ein Preuße in Amerika" eines Mannes gedacht, der in den USA (an jedem 3. September!) noch immer als ganz entscheidende Persönlichkeit ihres Befreiungskrieges gefeiert wird, und am 13. Dezember wurde das Thema „Die Reformation und ihre Bedeutung für Brandenburg-Preußen", schon im Blick auf den 500. Jahrestag 2017, diskutiert. Als spezifischer Beitrag zum 300. Geburtstag von Friedrich beschäftigen sich vier Kurzvorträge mit verschiedenen Aspekten des Lebens und Wirkens des großen Königs. Alle Veranstaltungen des Freundeskreises sind öffentlich, und eingeladen ist jedermann. Hans-Joachim Winter 5

Preußische Monatsbriefe

Patrioten-Passagen Aus Anlass des 300. Geburtstages von Friedrich dem Großen am 24. Januar veröffentlichen wir in diesem Monatsbrief ausschließlich Zitate des Staatsmannes, Philosophen, Künstlers und Feldherrn. Nichts ist wahrer und handgreiflicher, als dass die Gesellschaft nicht bestehen kann, wenn ihre Mitglieder keine Tugend, keine guten Sitten besitzen. Sittenverderbnis, herausfordernde Frechheit des Lasters, Verachtung der Tugend und derer, die sie ehren, Mangel an Redlichkeit im Handel und Wandel, Meineid, Treulosigkeit, Eigennutz statt Gemeinsinn - das sind die Vorboten des Verfalls der Staaten und des Untergangs der Reiche. Denn sobald die Begriffe von Gut und Böse verwirrt (vermengt) werden, gibt es weder Lob noch Tadel, weder Lohn noch Strafe mehr. Aus „Die Eigenliebe als Moralprinzip“ (1770) ▼▲▼ …denn aus großen Versammlungen (gemeint sind Ministerrate resp. Kabinette) gehen keine weisen Beschlüsse hervor. Auch sind die Minister, die meist gegeneinander intrigieren, uneins; Persönliches, Hass und Leidenschaft wird in die Staatsangelegenheiten hineingetragen; die mündliche Debatte mit ihrem oft heftigen Widerstreit der Meinungen verdunkelt die Sachlage, die sie aufklären soll, und schließlich bleibt das Geheimnis, die Seele der Geschäfte, bei so vielen Mitwissern nie völlig gewahrt. Aus dem politischen Testament von 1752 ▼▲▼

Kann das Vaterland das Opfer unsres Lebens von uns fordern, so kann es erst recht verlangen, dass wir uns ihm durch unsre Dienste nützlich machen: der Gelehrte durch Unterricht, der Philosoph 6

durch Enthüllung der Wahrheit, das Finanzamt durch treue Verwaltung der Einkünfte, der Jurist, indem er der Sache die Form zum Opfer bringt, der Soldat, indem er sein Vaterland eifrig und tapfer verteidigt, der Staatsmann durch kluges Kombinieren und Schlussfolgern, der Geistliche durch Predigen der reinen Sittenlehre, der Landmann, der Handwerker, der Fabrikant, der Kaufmann durch Vervollkommnung des erwählten Berufes. Jeder Bürger, der so denkt, arbeitet für das Allgemeinwohl. Diese verschiedenen Zweige vereint und auf das gleiche Ziel gerichtet, bringen das Gedeihen der Staaten, ihr Glück, ihre Dauer und ihren Ruhm hervor. Aus den Briefen von 1779 über die Vaterlandsliebe ▼▲▼ Man muss ein stumpfes Herz haben, um undankbar zu sein… Es gibt keine Tugend ohne Dankbarkeit; sie ist die Seele der Freundschaft... Im „Dialog über die Moral“ (1770) ▼▲▼ Doch das abscheulichste, schwärzeste und ruchloseste von allen Lastern ist der Undank. Der Undankbare, gegen Wohltaten Unempfindliche, begeht ein Majestätsverbrechen an der Gesellschaft. Denn er verdirbt, vergiftet und zerstört die Süßigkeit der Freundschaft. Beleidigungen empfindet er, aber Dienstleistungen nicht. Indem er Gutes mit Bösem vergilt, setzt er der Niedertracht die Krone auf. Aber eine so entartete, unter die Menschheit herabgesunkene Seele, handelt gegen ihren eigenen Vorteil; denn jeder Mensch ist – so hoch er auch stehen mag – von Natur schwach und bedarf des Beistandes seiner Preußische Monatsbriefe

Nächsten. Ein Undankbarer aber, den die Gesellschaft ausstößt, macht sich durch seine Herzlosigkeit unwürdig, je wieder Wohltaten zu empfangen… Aus der philosophischen Schrift „Eigenliebe als Moralprinzip“ (1770) ▼▲▼ Katholiken, Lutheraner, Reformierte, Juden und zahlreiche andere christliche Sekten wohnen in Preußen und leben friedlich beieinander. Wenn der Herrscher aus falschem Eifer auf den Einfall käme, eine dieser Religionen zu bevorzugen, so würden sich sofort Parteien bilden und heftige Dispute ausbrechen.

Die erste Tugend jedes ehrenwerten Menschen und, wie ich glaube, auch jedes Christen, muss die Humanität sein. Die Stimme der Natur, die die Grundlage der Humanität ist, will, dass wir uns alle lieben und wechselseitig unser Wohlergehen fördern. Das ist meine Religion. An Kardinal von Sinzendorff ▼▲▼

Aus dem politischen Testament von 1752 ▼▲▼ "Alle Religionen sind gleich und gut, wenn nur die Leute, die sie ausüben, ehrliche Leute sind; und wenn Türken und Heiden kämen und wollten das Land bevölkern, so wollen wir Moscheen und Kirchen bauen." Auf die Anfrage des Direktoriums, ob ein Katholik Bürger einer preußischen Stadt werden dürfe (1740) ▼▲▼ Der menschliche Geist ist schwach. Mehr als drei Viertel der Menschen sind für die Sklaverei des absurdesten Fanatismus geboren. Die Furcht vor dem Teufel und vor der Hölle macht sie blind, und sie verwünschen den Weisen, der sie aufklären will. Der große Haufe unseres Geschlechts ist dumm und boshaft. Vergebens suche ich in ihm jenes Ebenbild Gottes, von dem es nach der Versicherung der Theologen den Abdruck in sich tragen soll. (An Voltaire)

Der Feldherr in Kunersdorf Die Vorliebe der Verfasser für das Wunderbare, ihr Vorurteil, ihr blinder Eifer für ihr Vaterland, ihr Hass gegen die Völker, die dem eignen widerstanden, all diese verschiedenen Eigenschaften, die ihnen die Feder führen…haben die Tatsachen so entstellt und verschleiert, dass man sie auch mit Luchsaugen jetzt nicht mehr zu durchschauen vermöchte. Der Nachwelt kommt es zu, uns zu richten; doch wenn wir weise sind, müssen wir ihr zuvorkommen, indem wir uns selbst streng beurteilen. Aus „Geschichte meiner Zeit“ (1775)

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Preußische Monatsbriefe

Preußische Daten 1. Januar 1834: 18 Staaten des Deutschen Bundes heben untereinander die Zollschranken auf, einigen sich über die Zölle an den Außengrenzen und teilen die Einnahmen nach einem vereinbarten Schlüssel auf. Es entsteht erstmals ein umfassender einheitlicher deutscher Wirtschaftsraum. 1. Januar 1877: Premiere der Berliner Pferdebahn Alexanderplatz – Weißensee. 2. Januar 1861: König Friedrich Wilhelm IV., 1795 als ältester Sohn Friedrich Wilhelms III. und dessen Gemahlin Luise in Berlin geboren, stirbt in Potsdam. Die Revolution von 1848/49 empfand er als Umkehr der bestehenden Ordnung. Er lehnte die ihm von der

2. Januar 1777: Christian Daniel Rauch, Bildhauer des deutschen Klassizismus und Schüler von Schadow, in Arolsen geboren. Werke u. a.: Reiterstandbild von Friedrich dem Großen, Grabdenkmal für Königin Luise, Denkmale für Blücher und Scharnhorst. 6. Januar 1776: Major Ferdinand von Schill geboren. Als Freikorpsführer in den Kriegen von 1806/07 und 1809 wurde er eine Symbolfigur im Kampf gegen Napoleons Truppen. 7. Januar 1861: König Wilhelm I., der sich nach dem Tode seines Bruders in Königsberg krönen ließ, bekennt sich in der Proklamation „An mein Volk“ zur preußischen Verfassung von 1850. 9. Januar 1902: Hoch zu Ross und mit Trillerpfeife regelt der erste Berliner Verkehrspolizist an der Kreuzung Friedrichstraße / Unter den Linden den Verkehr. Ab 1903 bediente er sich einer Trompete. 13. Januar 1505: Kurfürst Joachim II. Hektor in Berlin geboren. Er führte am 1. November in der Spandauer Nikolaikirche 1539 die Reformation in Brandenburg ein. Nach seinem Tode am 3. Januar 1571 im Schloss Köpenick hinterließ er einen riesigen Schuldenberg.

Karikatur auf die Ablehnung der Kaiserwürde durch FW IV. Frankfurter Nationalversammlung angebotene Kaiserkrone ab. Nach 18-jähriger Regentschaft war er aus gesundheitlichen Gründen am 7. Oktober 1858 zu Gunsten seines jüngeren Bruders Wilhelm I. zurückgetreten. Er wird als „Romantiker auf dem Thron“ bezeichnet. 8

14. Januar 1874: In Folge wilder Börsenspekulationen beschließen die Aktionäre der Berliner Stadtbank deren Auflösung, weiteren Banken droht der Konkurs, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit nehmen zu. 17. Januar 1701: Kurfürst Friedrich III. stiftet am Vorabend seiner Krönung zum „König in Preußen“ in Königsberg den Hohen Orden vom Schwarzen Adler. Der höchste preußische Orden musste täglich angelegt werden. Er trug das Motto "Suum cuique". Als Fehlgriff wird die Verleihung des Ordens durch den preußischen Preußische Monatsbriefe

König Friedrich Wilhelm III. am 8. April 1805 an Napoléon I. angesehen.

23. Januar 1841: Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. unterbricht eine Ausfahrt, um winterlicher Kälte an der heutigen Bundesstraße 158 in der Nähe von Neuenhagen (nördlich von Bad Freienwalde) zu frühstücken. Daran erinnert heute noch ein Gedenkstein (unser Foto). 24. Januar 1712: König Friedrich II., der Große, geboren. Mehr an anderen Stellen dieses Preußischen Monatsbriefes. 25. Januar 1878: Hofprediger Stoecker gründet die konservative Christlich-Soziale Arbeiterpartei (ab 1881: Christlich-Soziale Partei). Bei den Wahlen am 30. Juli 1878 erhielt sie lediglich 2 310 Stimmen, davon 1 422 aus Berlin.

Königlicher Frühstücksstein an der B 158 18. Januar 1701: Gründung des Königreichs Preußen in Königsberg durch Standeserhebung des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. zum König in Preußen Friedrich I. Universalgenie Gottfried Wilhelm Leibniz urteilte: „Die Aufrichtung des Neuen preußischen Königreichs ist eine der größten Begebenheiten dieser Zeit/ so nicht/ wie andere/ auf wenige Jahre ihre Wirkung sich erstrecket/ sondern etwas nicht weniger beständiges als vortreffliches herfür gebracht. Sie ist eine Zierde des neuen Seculi so sich mit dieser Erhöhung des Hauses Brandenburg angefangen.“ 18. Januar 1871: Gründung des Deutschen Reiches mit Kaiserproklamation des preußischen Königs Wilhelm I. zum deutschen Kaiser im Spiegelsaal zu Versailles. Otto von Bismarck verliest eine entsprechende Proklamation an das deutsche Volk. Die Reichsgründung krönte sein politisches Lebenswerk. 9

26. Januar 1786: General der Kavallerie Hans Joachim von Zieten stirbt in Berlin. Er war einer der populärsten preußischen Generale und Vertrauter von Friedrich dem Großen. Dieser erklärte nach dem Tod des grandiosen Husaren: "Im Krieg hat er meist die Vorhut geführt, ich die Hauptarmee. Nun ist er mir auch im Tod vorausgeritten, ich werde ihm bald folgen." So kam es: Ein halbes Jahr später starb auch Friedrich der Große. Besuchenswert das Zieten-Museum – korrekt: Brandenburg-Preußen Museum Wustrau – in Zietens Geburtsort. Bankier Ehrhardt Bödecker hatte es im Herbst 2000 gegründet.

IMPRESSUM CHEFREFDAKTEUR (V.I.S.D.P.): PETER MUGAY [email protected] ( 0173 7089448 )

Preußische Monatsbriefe

Sonderbeilage aus Anlaß des 300. Geburtstages

Wer eigentlich brachte dem großen Friedrich die Flötentöne bei? 1741 folgte Lehrmeister Quantz dem königlichen Ruf nach Berlin Man wünschte sich eine Lichtgestalt wie Friedrich den Großen in unsere heutige Zeit. Er beherrschte die Staatskunst, empfand sich als „ersten Diener im Staate“, lieferte sich geistige Duelle mit dem französischen Philosophen Voltaire und gewann kriegerische im Siebenjährigen Krieg, die letztlich Preußens Großmacht in Europa begründeten. Dass der aufgeklärte Repräsentant des Absolutismus außerdem Gedichte schrieb und andere literarische Schriften verfasste, rundet das Bild eines Großen der preußisch-deutschen Vergangenheit ab. Nicht ganz; denn er war zudem hochmusikalisch, spielte virtuos die Traversflöte (Querflöte) und komponierte heute noch aufgeführte Flötenkonzerte in C-, D- und G-Dur. Friedrich hatte am 24. Januar 1712 im Hohenzollernschloss zu Berlin das Licht der Welt erblickt. Er starb am 17. August 1786 im Potsdamer Schloss Sanssouci.

Friedrich im Flötenkonzert – Gemälde von Adolph Menzel Verweilen wir bei seinem musikalischen Talent und Können. Neben den erwähnten Konzerten hinterließ er mehr als einhundert Flötensonaten und zwei Sinfonien. Rühmende Kunde gegeben wird immer noch von der reichen Musikszene im Schloss Rheinsberg und in Sanssouci, die sein und des Hofes Leben bereicherte. Das von Gästen aus nah und fern nicht minder. Adolph von Menzels Gemälde „Das Flötenkonzert Friedrichs des Großen in Sanssouci“ vermittelt der Nachwelt einen Eindruck von der damaligen musischen Atmosphäre. Das 1850

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Preußische Monatsbriefe

bis 1852 entstandene Bild ist in der Berliner Nationalgalerie zu sehen, Friedrichs Musizierzimmer wie einst in Sanssouci. Wer aber brachte Friedrich die Flötentöne bei? Die Rede sei nicht von seinem amusischen gestrengen Vater, dem Soldatenkönig, der seinen Sohn in des Wortes abgewandelter Bedeutung ungehörig traktierte, sondern von Johann Joachim Quantz (1697 bis 1773). Der Flötist, Flötenbauer und Komponist gilt als Flötenlehrer Friedrichs des Großen. Zu ihm gleich mehr. Der gottesfürchtige Friedrich Wilhelm I. frönte einer speziellen Leidenschaft: Er begeisterte sich an seinen „langen Kerls“. Sein größter Soldat soll der Ire James Kirkland mit 2,19 Meter gewesen sein – zum Vergleich: Der deutsche Basketballspieler Dirk Nowitzki misst von Kopf bis Fuß 2, 13 Meter. Kaum hatte der spätere Soldatenkönig die Regierungsgeschäfte von seinem prunkfreudigen Vater, dem ersten Preußenkönig, übernommen, feuerte er die Hofkapelle. Lediglich Musikus Gottfried Pepusch durfte bleiben und die Stelle eines Kapellmeisters beim ersten Bläserkorps des königlichen Leibregiments einnehmen und dem König ab und an mal das selbst komponierte sogenannte „Schweinestück“ vorspielen. Damit hatte Pepusch voll den Geschmack des Potentaten getroffen; dieser hielt sich jedes Mal den Bauch vor Lachen. Alle andere Musik sah der König als Verweichlichung an. Dauerte während des Gottesdienstes ein Musikstück für seinen Geschmack zu lange, drohte er kräftig mit dem Knotenstock. Aus Furcht vor Prügel flohen die Herren Musikusse mitunter Hals über Kopf aus der Kirche. Und nun stelle man sich vor, dass sein ohnehin nicht gerade herkulische Fritz ein so zartes Instrument wie die Flöte zu lernen begehrte. Der Kronprinz hatte Quantz bei einem Besuch in Dresden kennengelernt. Die musikliebende preußische Königin machte es hinter dem Rücken ihres despotischen Gemahls möglich, dass Quantz mit Erlaubnis des sächsischen Königs August mehrmals jährlich nach Berlin reisen durfte, um Friedrich im Flötenspiel zu unterrichten. Dass dies nicht gefahrlos geschah, schildert Schriftsteller Franz Kugler in seiner FriedrichBiographie: „Einst saß der Kronprinz in aller Gemächlichkeit mit seinem Lehrer beisammen; statt der beklemmenden Uniform hatte er einen behaglichen Schlafrock von Goldbrokat angelegt, die steife Frisur war aufgelöst und die Haare in einen bequemen Haarbeutel gesteckt. Plötzlich sprang der Freund des Kronprinzen, der Leutnant von Katte, herein und meldete, dass der König ganz in der Nähe sei. Die Gefahr war groß. Katte ergriff rasch den Kasten, welcher Flöten und Musikalien enthielt, nahm den Musikmeister bei der Hand und flüchtete mit diesem in ein Kämmerchen. Friedrich hatte eben nur Zeit, die Uniform anzuziehen und den Schlafrock zu verbergen. Der König wollte selbst einmal Revision im Zimmer des Sohnes halten. Der zitternde Flötenist blieb glücklicherweise unentdeckt.“ 1741 – ein Jahr nach des Vaters Tod - folgte Quantz dem Ruf Friedrichs II. nach Berlin, und zwar zu außergewöhnlichen Bedingungen. Er bekam eine feste Bezahlung in Höhe von 2 000 Talern im Jahr und dazu aus des Königs Privatschatulle Geld für jede Komposition. Pflichten im Orchesterdienst der Hofkapelle hatte er nicht; er stand dem König exklusiv zur Verfügung. Quantz tat viel für den König. So komponierte er etwa fünfhundert Musikstücke eigens für den hochherrschaftlichen Bläser, der allerdings nur über einen schwachen Atem verfügte. Das führte erklärlicherweise dazu, dass die Tempi nach diesem schmalen Lungenvolumen 11

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bestimmt wurden, worauf sich die - sagen wir - Stammbesetzung diszipliniert einstellte. Zwischen 1740 und 1767 war Bach-Sohn Carl Philipp Emanuel Friedrichs Cembalist, jedoch recht ungern. Er konnte mit dem eigensinnigen König nicht warm werden. Friedrich II. spielte vornehmlich Werke von Quantz, eigene Kompositionen und Stücke der Brüder Graun. Anderes nahm er nicht zur Kenntnis. Mozart, Gluck, Haydn blieben ihm so gleichgültig wie etwa deutsche Sänger. In seinem rühmenswerten Werk „Versuch einer Anweisung, die Flöte traversiere zu spielen“, das er seinem „allergnädigsten Könige und Herrn“ widmete, machte der König. Preußische Kammermusikus Quantz „verschiedene, zur Beförderung des guten Geschmacks in der praktischen Musik dienliche Anmerkungen“.

Klug im Wort, genial mit der Flöte: Quantz Was er auf seinen bekrönten Musterschüler bezogen haben wollte oder was er aus dessen Verhalten abstrahierte, das verschwieg er vorsichtshalber. Obwohl er als einer der wenigen bei Hofe galt, der dem König nahezu zu jeder Zeit seine Meinung sagen durfte, wäre er mit einem gedruckt-belehrenden Wort sicher nicht gut angekommen. Friedrich nahm es Quantz nicht übel, wenn er einen seiner derben Scherze gekonnt mit gleicher Münze heimzahlte. Als Quantz eines Flötenabends auf seine Noten schaute, las er zu seiner Verwunderung folgende handschriftliche Notiz darauf: „Quantz ist ein Esel. Friedrich II.“ Äußerlich ruhig, spielte er das Stück herunter. Die ausbleibende Reaktion reizte den König. Er befahl, die Notiz vorzulesen. Darauf Quantz vor versammelter Hofgesellschaft mit erhobener Stimme: „Quantz ist e i n Esel, Friedrich der z w e i t e.“ 12

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Es lohnt sich immer noch, in Quantz Lehrbuch zu lesen, obwohl es aus dem Jahre 1752 stammt. Schmökern wir ein wenig. Dringend warnte Quantz die Eltern davor, ihre Kinder zu einer Sache zu zwingen, „wozu sie, die Kinder, weder Lust noch Geschicke haben“. Sein folgender Ratschlag wird weiter erfolgreich missachtet: „Gäbe man aber auf die Neigung junger Leute fleißig Achtung; suchte man zu erforschen, womit sie sich aus eigenem Antriebe am allermeisten zu beschäftigen pflegen; ließe man ihnen die Freyheit, selbst zu wählen, wozu sie die größte Lust zeigen: so würden sowohl mehr nützliche, als glückliche Leute in der Welt gefunden werden.“ Was sollte ein künftiger Musikus mitbringen? Quantz Ratschläge ins geneigte Ohr all derer, die sich heutzutage beispielsweise in „Deutschland sucht den Superstar“ versuchen: Zuvörderst „ein besonders gutes Talent, oder Naturgaben“. Wer glaubt, Komponist werden zu können, „muß einen muntern und feurigen Geist, der mit einer zärtlichen Empfindung der Seele verknüpft ist; eine gute Vermischung der sogenannten Temperamente, in welchen nicht zu viel Melancholie ist; viel Einbildungs-, Erfindungs-, Beurtheilungs- und Entscheidungskraft; ein gut Gedächtniß; ein gutes und zartes Gehör; ein scharfes und fertiges Gesicht; und einen gelehrigen, alles bald und leicht fassenden Kopf besitzen“. Ach, Dieter Bohlen… Genau müsse erforscht werden, wohin sich das musikalische Talent am meisten neige, ob zum Gesang, zu einem bestimmten Instrument, zur Komposition. „Geschähe dieses allezeit mit rechtem Bedacht; so würde die Unvollkommenheit in der Musik nicht so groß seyn. Denn wer sich in der Musik auf etwas leget, wozu er die Gaben nicht hat; der bleibt bey aller guten Anweisung und Bemühung doch nur immer ein mittelmäßiger Musikus.“ Auf denn zum nächsten Eurovision Song Contest (ESC) oder wie diese schlimme Veranstaltung gegenwärtig heißt. Dem musikalischen Talent rät Quantz, sich nur einem guten, einem anerkannten Meister zur Ausbildung anzuvertrauen. Unerlässlich sei neben Talent und einem guten Lehrmeister der Fleiß, „der eine brennende Liebe und unersättliche Begierde zur Musik zum Grunde hat“. Er müsse allerdings, um voll wirksam zu werden, „mit einem beständigen und eifrigen Nachforschen und reifem Nachdenken und Untersuchen verknüpfet werden“. Der angehende Musikus dürfe sich nicht einer Eigenliebe ergeben. „Ist eine unmäßige und übel geordnete Eigenliebe überhaupt sehr schädlich; indem sie leichtlich den Verstand verdunkeln und an der wahren Erkenntnis hinderlich seyn kann: so ist sie es gewiss auch bey der Musik, und zwar dieses um so viel mehr, je mehr sie sich bei dieser einzuschleichen pfleget.“ Sicher kannte Quantz den Begriff „Starallüren“ nicht, doch er warnte eindringlich vor ihnen: „Man will durchaus keinen Widerspruch, keine Erinnerungen oder Verbesserungen leiden.“ Quantz predigte Bescheidenheit. „Obwohl der Beyfall der Zuhörer zu einer Aufmunterung dienen kann, so muß man, dessen ungeachtet durch das überflüssige Loben, welches bey der Musik zum Misbrauche worden ... sich nicht verführen lassen.“ Und er wandte sich gegen Schmeichelei: Man müsse Beifall, erhält man welchen von guten Freunden, eher als Schmeichelei, denn als Wahrheit nehmen. „Die rechte Wahrheit kann man eher durch vernünftige Feinde, als durch schmeichlerische Freunde erfahren. Findet man aber einen verständigen, 13

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treuen und von der Schmeicheley entfernten Freund, welcher gleich durchgeht, das was zu loben ist, lobet, und das was zu tadeln ist, tadelt: so hat man solchen billig als einen großen Schatz anzusehen, seinen Aussprüchen zu trauen und nach denselben entweder ein Herz zu fassen oder auf Besserung bedacht zu seyn.“ Zurück zum Flötisten Friedrich. Es wird gesagt, dass er im Tagesdurchschnitt zwei bis drei Stunden flötete oder komponierte, dichtete oder deklamierte. Sein Credo stimmte mit dem

Auch ein König muss üben überein, das Goethe 1794 in „Wilhelm Meisters Lehrjahren“ so formulierte: „Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige Worte sprechen.“ Wer Musik von Friedrich dem Großen hören möchte, sei auf die Neueinspielung seiner vier Flötenkonzerte mit dem Berliner Flötisten Christoph Huntgeburth und dem Ensemble Sans Souci Berlin verwiesen. Bereits 1984 hatte der VEB Deutsche Schallplatten auf Eterna eine Platte mit Sinfonien und zwei Flötenkonzerten des musischen Königs herausgegeben. Sie ist vielleicht noch antiquarisch erhältlich. Peter Brenner 14

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